Cover




 

 

Lockvögel

Schaufensterpuppen lächeln nicht,
üben ganz bewusst Verzicht
auf Grübchen im Gesicht.
Blicken durch des Glases trüber
Scheibe ungerührt hinüber
auf ihr lebend Gegenüber.
Locken nur mit schönem Schein.
Gefangene in ihrem Schrein
sind kalt sie wie Gestein.

Ohne Wimpern, die sich regen,
Lider, die sich nicht bewegen
schauen Augen überlegen.
Träger nur, ganz still und stumm,
Bekleidungsständerindividuum
stehen sie für uns herum.
Körperbau im Ebenmaß
verheißen Glück und Spaß
dem, der sich ihrem Stil anpasst.

Doch zeigen sie uns leider
des Kaisers neue Kleider,
und nur der böse Neider
hat es sogleich entdeckt,
was hinter der Fassade steckt -
die Hand, die sich nach Mammon streckt

© Henriette Jakob

ICH

Als ich
heute morgen vor dem Spiegel stand,
starrte mich
ein Gesicht an, unverwandt,
mir völlig fremd und unbekannt.

Es war keines
von den vielen andern,
die ich sonst so trug,
sondern meines !

Völlig verschreckt
suchte ich mir ein altes, andres,
das nicht so echt und wahr
und hab´mich dahinter neu versteckt.

Als ich
dann wieder vor dem Spiegel stand,
blickte ich
in ein Gesicht, irgendwie bekannt,
unauffällig und entfernt verwandt.

So war es gut, ich verließ mich und ging.

© Patrik Dickers





Mauerpein

Mauersteine
Sie zieren mich
In Ebenmäßigkeit
Geworfenen Lichtes der Seele

 

 

 

 

 

Bin ich so hart aus Stein
Nur durch ein Fenster
Mit dem Inneren verbunden

Oder
Ist alles Abbild
Der eigenen Unvollkommenheit
Zerrbild
Gepeinigter Seele
Des nicht Herauskönnens
Aus den Mauersteinen

Gefangen sein
In einem Werk
Des Misstrauens
Eigener Fähigkeiten

Ich verstehe nicht
Was ich bin
Was mich
Gefangen hält

Doch ich hoffe

© René Deter

 

 

Was ich in deinen Augen las

Dem Regen gleich
klopfst du ans Glas
und wartest auf mein Tun.
Was ich in deinen Augen las,
war Leben..
Ja!

Und nun...?.

So still und starr und steif,
stabil,
so stetig und staccat.
Wer will, sieht in mir alles!
Viel
für den, der desolat.

Was du in meinen Augen liest
ist Kunst
und niemals wahr.

Was du in meinen Augen liest
ist das,
was niemals war.





Was ich in deinen Augen las...

Als spiegle sich die Welt im Glas.

© Frank Seidel


Aus dem Dunkel

Wenn dann das Grellheiß erlischt
und der schweigende Maler verwischt
jede Grenze,
malt Katzen und Leben grau,
sprüht seinen dunklen Pinseltau,
dann ruft mich die Nacht.

Wenn die Gedanken zergeh'n,
in neblichten Bildern verweh'n
an der Grenze
dort am Bewusstseinsrande
in Schlafes geheime Lande,
umfängt mich die Nacht.

Wenn die Geister entschweben
in mythische Anderleben
jenseits der Grenze,
raum-, zeitlos und erdenfrei
zwischen Mittnacht und Hahnenschrei,
ist dunkelste Nacht.

Schwarze Verkleidung des Lichts,
du führst aus vergänglichem Nichts
über Grenzen
an Orte, die niemand nennt,
während mein Blick entgegenbrennt
dem Ende der Nacht.

© Elisabeth Schwaha

 

 

 

 

 

Fremde, du dort hinter Glas

Was, Fremde, denkst du wohl,
wohin geht dein sanfter Blick?
Schaust du weise in die Zukunft,
oder leis´ und still zurück?
Dein Gesicht scheint eingemeißelt
von Künstlerhand in edles Holz.
Zart getönt sind deine Wangen,
und dein Kinn gereckt vor Stolz.

Führst ein Leben hinter Glas,
deine Welt ist kalt und leer.
Würde dich jetzt gern entführen,
sag mir, kennst du schon das Meer?
Fremde, ich muss weitergehen,
schenke dir noch einen Gruß.
Und ich ziere dir zu Ehren
kaltes Glas mit heißem Kuss.

© Perdita Klimeck





Metamorphose

Die Oberflächlichen

© Alke Bolte

Menschen hasten eilig
vorbei an gläsernen Wänden.
Dahinter,
mit bizarr verrenkten Gliedern,
lauern seltsame Gestalten..

Sie starren
aus leblosen Augen
auf die hastende Menge.
Es scheint,
als warten sie,
eingehüllt
in phantasievolle Gewänder,
auf ihre Wandlung:

Von der Puppe
zum Schmetterling,
der über blühende Wiesen
im Sonnenlicht tanzt,
auf brennenden Flügeln
in seinen Tod.

Der Wandel
erfasst nur ihre Hülle,
wenn Phantasie
die Gewänder
modisch verändert,
im Lauf eines Jahres
und seiner Gezeiten.

Ihre Gesichter
verharren,
sich gleichend,
in ewiger Jugend.
Nie hat
fortschreitendes Leben
dort Furchen gezogen.

Starr blickende Augen,
die nie
eine Seele umschlossen,
blicken
voller Leere
auf die eilenden Menschen
jenseits der Mauer
aus Glas.

Sie bleiben,
verpuppt
in ihren modischen Hüllen,
gefangen
auf ewig.

Nie
werden sie
ihre Flügel entfalten.
Niemals als Schmetterlinge
im Sonnenlicht
über blühenden Wiesen tanzen,
mit verbrannten Flügeln
in ihren Tod.


Anmut

Sie schien der Sterne hellen Glanz im Haar zu tragen
und schritt so federleicht, gewandt auf weißem Kies,
doch niemand fand die Worte, arglos sie zu fragen,
wohin sie ging und was ihr Kommen nun verhieß.

So, als sei Anmut nur geliehen hier auf Erden,
uns überlassen kurz von einem fremden Stern,
der in der Silbernacht sie lässt erglühend werden,
von einer Zauberhand geleitet, die uns fern.

Und immer, wenn wir sie bei Tageslicht erschauen,
stehen ergriffen wir, erfüllt von zartem Sehnen,
als riefe sanft ein Lächeln, hieße uns vertrauen
dem Paradies, dem mild die Träume wir entlehnen.

© Ingrid Herta Drewing





Maske

Ich weine,
ohne eine Träne zu vergießen.
Ich lache,
ohne einen Mundwinkel zu verziehen.
Ich schreie,
ohne einen Ton hervorzubringen.

Meine Hand greift nach dir,
ohne sich zu bewegen.
Meine Augen suchen dich,
ohne sich zu öffnen.

Ein Schatten liegt auf mir.
Ich trage eine Maske,
eine Totenmaske.

Meine

© shifra

mein kopf

wäre mein kopf
die krone
eines baumes
ich atmete
licht


wäre mein kopf
randvoll
mit ästen
ich dächte
quer


wäre mein kopf
natürlich
leer
ich lebte
echt

© Brigitta Wullenweber





Du voller Liebe
Nur für ihn
Im Taumel
Blind für
Dunkle Seiten
Seiner Seele.

Das Scheitern
An der Welt
Erfüllte ihn
Mit Angst
Vor dir.

Sein kaltes Herz
Erwärmt
Eine Sekunde
Lang
Mehr war es
Nicht.

Von Liebe
Sprechen
Deine Tränen
Bis du
Vergisst,

Was nie geschah.

© wani


Im Schaufenster deines Lebens

Unbeweglich sein
wie eine Schaufensterpuppe -
Andere legen Hand an dich.
Dein Arm bewegt sich so,
wie es dem Dekorateur gefällt.
Dein Kopf ersetzbar, je nach Bedarf:
Passt der Kopf zur Kleidung?
Das ist die Frage.


Zu sein, wie andere dich haben wollen:
Schaufensterpuppe sein.
Für viele Menschen ist das ihr Dasein.
Man muss schon Bei-Sich-Sein,
um dem Kraft-Akt von außen
entgegenwirken zu können,
durch eigene Macht.
Nur Gott gibt dir diese Macht.
Er leiht sie dir -
als Geschenk.


Leben erschöpft sich nicht im Dasein.
Du brauchst die Essenz, den Kern,
das Machtzentrum Ich.
Dann belebst du alles -
jede Schaufensterpuppe.
Und in den Augen derer,
die sind wie du -
erkennst du das Leben,
was mehr will als nur das Dasein:
Bei-Sich-Sein -
dann ist niemand allein.


Die toten Augen der Schaufensterpuppen -
werden es mehr?
Sehr groß ist dieses Heer.
Ich gebe dir Kredit -
ich glaube, dass in dir ureigene Kraft.
Lebendig ist, was Er erschafft.
Sieh Ihn.

Es ist wie ein Schalter,
den du umlegst in dir.
Du tötest den Tod - bist endlich im Hier.
Verbunden mit dem Unendlichen,
durchströmt von Ich-Energie.
Die Schaufensterpuppe Er dir auch lieh:
Körper und Geist verbinde sie.

Warum geistlos sein?
Geist tut weh.
Als Schaufensterpuppe kennst du nicht
den Schmerz der Welt.
Doch auch die Freude geht an dir vorüber.
Bleib nicht stehen
im Schaufenster deines Lebens.
Freue dich auf die Freuden des Gebens.


Gib dir und der Welt das Ich-Gefühl.
Power to the extreme limit.
Charged: full.
Lade dich auf mit Eigen-Kraft.
Das ist es,
worauf dein Schöpfer hofft.

© Phil Humor


Verführung in Pelz

Was magst Du denken in Deiner Sinnlichkeit
Willst verführen in edlem Pelz gekleidet
Doch in Eis verharrt Dein tiefer Blick
Als wärst Du eine kalte Femme Fatale
Die nur sich selbst in ihrer Lust genügt
Unbekannte Grenzen neu auszuloten
Einzig die Verführung selbst sich spielt

Aber wie solltest Du anders können
Da Du nur unverrückbar schaust
In Nähe und Ferne ungebrochen
Zu verführen trachtest den Betrachter
Der sich schwerlich nur erwehren kann
Pelziger Anziehungskraft ergeben will
Und doch kläglich daran scheitern wird

So unnahbar wirst Du in Allem bleiben
Weiter Dein eiskaltes Antlitz zeigen
Dich in Deiner Sinnlichkeit anpreisen
Unvergänglich der Zukunft hingewandt
Verdorben und lasziv in der Pose
Dort an jenem unerreichbaren Ort
als Puppe in dem Boutique-Schaufenster

© René Deter

Blaue Augen, rote Lippen,

mehr seh’ ich nicht.

Ganz geheimnisvoll ist das Gesicht.

Ist das eine echte Frau?

Nein, es ein Bild einer Puppe nur,

die einst geschaffen,

nach einem Vorbild der Natur.

Eine Frau stand Modell,

wurde wunderbar kopiert,

mich hat dieses Bild daher,

zu diesen Zeilen inspiriert.

© Ulf Heimann





...dat ist den hohen Tieren ganz Schnuppe...

Ich komm ja nicht furchtbar viel rum,
und doch bin ich weder blond noch dumm.
Lange, schwarze Haare und kalkweiße Haut,
wenn einer hier meinen Worten traut.
Ich seh sie an mir vorüber huschen,
die sonst vor'm Vater, dem Lehrer, dem Meister kuschen.
Ich seh auch, wie Milchzahnbubi ganz groß tut,
wenn Zahnspangen-Lola in seinem Arm ruht.
Doch egal, womit ich mich quäl,
von welchem Elend ich auch erzähl,
den Hohen Tieren ist das so was von Schnuppe,
denn ich bin ja nur – eine Schaufensterpuppe

Jeden Samstag von zwei bis um halb acht,
dann ist im Winter schon finstere Nacht,
sitzt vor mir ein junger Straßenmusikant,
von niemand beachtet, von keinem erkannt.
Abends ist oft nicht mal ein Euro im Hut,
ich hätte längst verloren allen Mut.
Er hat für jeden Cent sich bedankt
bevor er müde und hungrig von dannen wankt.
Doch egal, womit ich mich quäl,
von welchem Elend ich auch erzähl,
den Hohen Tieren ist das so was von Schnuppe,
denn ich bin ja nur – eine Schaufensterpuppe.

© Michael Gertges


Kalt
Vorherrschend Gefühl
Außen sichtbar und
für andere nachvollziehbar
Inwendig existentiell bedrohend
doch eben nicht
mit dem Exhibitionismus
ausgestattet
der gut tun würde
In Maßen


Impressionismus herrscht vor
Hier weniger kunstvoll
Eher autoaggressiv
in seinen Zügen
Epidemisch im Wesen
gewinnt Nihilismus
und wird zur Allgemeingültigkeit
Optimisten sind
und bleiben rar

Auf der Roten Liste
auf Platz eins gesetzt
Und dennoch
zum Abschuss freigegeben
Denn aus den Augen
aus dem Sinn
Im Museum der Befindlichkeiten
findet sich noch
der eine oder andere

Als Exponat
Hinter bruchfestem Glas

© Nadja Close

Eine Rauchwolke verpackt
in ein Gestöhn,
zylinderförmige Finger
auf der Mundebene,
pulsierend rastlos.
Menschenschale
der brechbaren Art.
Wenn deine Blicke mich treffen,
geht meine Selbstsucht verloren.
Haargenau weiß ich
wo deine Nägel liegen,
mit denen du
deine Glieder lochst.
Ich kratze an deinen Narben,
sie bluten immer noch.
In deiner erloschenen Stimmfarbe
ertrinke ich meine Wut.
Ich säubere deine Stellen
mit weißen Bäuschen.
Ich kampiere mit dir
an dem See.
Wenn es regnet,
spült der Regen
deine Plagen einfach aus.

© Nicoleta Cr. Ten'o


Narben


Meine Erinnerung an Wände,
die ich erbaute,
sie stürzen ein,
meine Kampfbereitschaft versiegt,
meine Schreie verhallen.

Ich fand einen Weg,
stehe im rechten Licht,
im Schutz deines Scheins.


Jede Regel gebrochen,
jedes Risiko genommen,
die Unsicherheit gelöscht,
egal wohin die Blicke schweifen
umschlingt mich deine Gegenwart.

Ich kann dich fühlen,
deine rettende Insel sehen.
Du bist der Halt,
die Geborgenheit,
geschrieben steht es,
in meinem Gesicht.

Das Grau der Sorgen verwischt,
du, der Boden unter den Füßen,
der Standhaftigkeit garantiert.

Aus dem Dauerschlaf erwacht,
bin ich nun frei -
für ein neues Leben.

© Petra Ewering

Ich die Puppe

Ich schau ins Licht
seh dich nicht
fühl mich dir so nah
Sehnsucht

Du schaust zurück
mit wachem Blick
nimmst mich nicht wahr
Geltungssucht

Ich fühl mich nackt
als Geschenk verpackt
für sie mein kostbares Gewand
Eifersucht

© Gitta Rübsaat





den blick nach innen gerichtet
die augen verschlossen
vor dem was war
erschrecke ich stolz


den blick nach innen gerichtet
die augen stumpf
vor dem was ist
glaube ich kurz an tod


den blick nach innen gerichtet
die augen geöffnet
vor dem was wird
hoffe ich doch noch leben

© Brigitta Wullenweber

Ansichten einer Schaufensterpuppe

Mag euch mein Horizont auch klein erscheinen,
so seh ich doch, so Aug in Aug
mit dir, du Mensch,
ein Mehr an Welt,
das nicht an Glanz verliert,
weil eilig Schritte es misshandeln.

Seh klarer wohl die Jahreszeiten,
denn kalkulierbar ist der Winkel
jedes Sonnenstrahls.

Sitz hinter Glas, brauch keine Steine,
bin eurem ew´gen Streben
längst entrückt.

Im Slapstick-Kino könnt´s nicht besser sein.

Wie gut, dass Spott nur in Gedanken weilt
und meiner Augen Ausdruck starr.

Auch ich muss meine Miete zahlen.

© Perdita Klimeck


Mein Dank gilt allen beteiligten Autoren.
Insbesondere natürlich Gerhard Bukowski.
Ohne seine wunderbaren Fotografien wäre
dieses Werk niemals zu dem geworden was
es ist - außergewöhnlich.

Eure Perdita


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Impressum

Texte: Alle Gedichte unterliegen dem copyright der jeweiligen Autoren. Alle Bilder unterliegen dem copyright von Gerhard Bukowski Covergestaltung Perdita Klimeck
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Herzlichen Dank allen Autoren für die Gedichte zu diesen außergewöhnlichen Bildern von Gerhard Bukowski.

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