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Kapitel 1: Melchior

Er war schwul. Magersüchtig und Bulimisch. Selbstzerstörerisch und voller Selbsthass. Er fand seinen Bauch immer zu dick. Er hat sich nicht mehr so oft geschnitten. Dafür hat er die Kippen an seinem Körper ausgedrückt. Er war verliebt in den Jungen der ihn zerstört hat. Hatte als er gestorben ist aber einen anderen Freund. Er wusste von Anfang an, dass er ihn nicht liebt, aber er brauchte das. Sein Rücken war voller Narben. Seine Mutter alkoholabhängig und im Knast, sein Vater hat er nie kennengelernt. Sein Bruder im Heim. Er wollte immer aussehen wie Johnnie Guilbert (google mal). Er liebte es zu reisen. Er war pervers, verrückt, liebevoll, hilfsbereit und schüchtern. Aber das Wichtigste: egal was er tat, er war unglaublich selbstlos. Einmal hab ich geweint weil Baris (yes, Mel kannte und hasste ihn) mal wieder seine Stimmungsschwankungen hatte. Ich hab gesagt das ich nie jemanden finde der mich so liebt wie ich bin. Er hat mich in den Arm genommen und gesagt das er sich wünscht hetero zu sein, weil er mir dann das geben kann, was ich brauche. Er hat mir meine Angst vor Sex nur mit Worten genommen (ich habe nie mit ihm geschlafen falls du das denkst). Sein Vorname war Melchior. Er hat den Namen gehasst aber ich liebe ihn. Sein Lieblingsland war Alaska. Seine Cousine hat er sehr geliebt. Er war unglaublich kaputt und trotzdem war er immer für jeden da. Er war der einzige dem ich Komplimente geglaubt hab. Seine Arme haben sich angefühlt wie ein Brett, trotzdem hab ich sie geliebt. Ich habe ihn geliebt. Und er hat sich nicht geliebt. Er liebte Casper, Prinz Pi und Mark Forster. In der Schule wurde er gemobbt, vor allem wegen seiner Sexualität. Er tat immer so als würde ihn das nichts kümmern, aber es hat ihn innerlich kaputt gemacht. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit... Seine Schwester die damals ebenfalls im Heim war hat er oft gesehen. Sie hatten eine ziemlich enge Bindung. An Weihnachten hat er eine halbe kleine Pizza gegessen und mich damit zum glücklichsten Mensch auf Erden gemacht, obwohl ich mir sicher bin, dass er diese später wieder erbrochen hat. Er hasste so ziemlich jeden den er nicht gut kannte. Trotzdem war er ein offener Mensch. Mel wollte nie jemandem wehtun. Er war einmal in einer Klinik und so verrückt wie er war hat er sich dort den erstbesten geschnappt und den Jungen (ich glaube er hieß Luis oder Linus oder so) flachgelegt. Daraufhin haben die ihn verlegt. Seine Mum hat ihn da raus geholt. Sein Exfreund hatte vom Richter ein Verbot bekommen. Er durfte nicht näher als 20m in Mel's Umfeld sein. Alles schien bergauf zu gehen. Aber leider war das ein großer Irrtum. Denn ein gebrochenes Herz wird nie wieder ganz. Er hatte nicht wirklich Hobbies. Er lag nur im Bett. Ich weiß nicht wann er sauer wurde, er war nie sauer auf mich. Er hat sich über viel aufgeregt, aber er war nie ernsthaft sauer auf irgendwen. Ich könnte dir noch so unendlich viel erzählen, aber es gibt Sachen die man für sich behalten sollte.

Kapitel 2: Das Mädchen

 Zitternd steht sie an dem hölzernen Zaun in ihrem Garten, der zur Straße führt. Sie ballt ihre kleinen Hände zu einer Faust. Sie will nicht weinen. Die Fingerknöchel treten weiß hervor, denn das Mädchen drückt ihre Hände viel zu fest zusammen. "Bitte lieber Gott, lass Daddy noch nicht nach Hause kommen", betet sie stumm und Tränen sammeln sich in ihren großen, blauen Kinderaugen. Ihre zarten Finger zittern so sehr, dass sie den Zaun umschließt, damit sie aufhören zu zittern. Aus Entfernung hört sie ein Auto. Sie versucht sich krampfhaft zu wehren, doch die Tränen rinnen dann doch ihre Backen hinunter. Bevor das Auto in die Straße einbiegt, rennt die Kleine so schnell sie kann um das Haus herum, um sich zwischen den Mülltonnen und der Hauswand zu verstecken. Sie will Daddy jetzt nicht sehen. Sie will ihn auch nicht spüren. Die Tränen trocknen auf ihren Wangen. Ihre Oma hatte ihr damals gesagt, sie sei eine Kämpferin. "Sophie?", hört das Mädchen ihren Vater mit deiner weichen Stimme rufen. Bei dem Klang seiner Stimme wird sie sauer und ohne lang darüber nachzudenken schlägt sie mit all ihrer Kraft gegen die Hauswand, an die sie sich gerade eben noch gelehnt hat. Blut tropft auf ihr Shirt, aber es ist egal. Sie erschrickt, als sie ihren Dad hinter einer der Mülltonnen entdeckt. Sie duckt sich- doch zu spät. Er hat Sophie gesehen. "Meine Kleine, was ist passiert?" Er versucht mitleidig zu klingen, doch seine Augen verraten ihn. Sophie weiß, dass es ihm egal ist. Er streckt ihr seine Hand hin und schniefend stemmt das Mädchen sich hoch. So oft hatte sie schon versucht sich ihm zu widersetzen. Es hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Sie schwankt, ihr ist schwindelig. Seit Tagen hat sie nichts mehr gegessen. Daddy hat gesagt, sie wäre eh schon dick genug. Sophie stößt hart mit ihrem knochigen Ellbogen am Tisch an, als der Mann vor ihr, ihr Vater, sie schubst. Dabei fällt ein Glas zu Boden. Es zerbricht klirrend auf den weißen Bodenfließen. Ihr Vater holt aus und schlägt sie brutal ins Gesicht. Sophie weint stumm, als sie sich mit dem Handrücken darüber fährt. Ihre kleine Hand ist voller Blut. Noch ein Schlag, Sophie schreit. Doch er hört nicht auf. Immer schlechter bekommt sie Luft, sie keucht und schreit. Ihr wird schwarz vor Augen. Sie kann nicht mehr, sie ist zu schwach. Sie atmet ein letztes Mal ein, bevor ihr kleines Herz aufhört zu schlagen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.05.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Mel, danke für alles. Du fehlst mir mit jedem Atemzug. Hoffe es geht dir gut, da wo du jetzt bist. Ich liebe dich.

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