Cover

Leseprobe

Kajsa Arnold

Worte Verlangen

Rhys by night

7. Teil

7 WORTE VERLANGEN

RHYS BY NIGHT

KAJSA ARNOLD

Deutsche Neuveröffentlichung

Copyright © 20123 Kajsa Arnold

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet

1. Auflage

Covergestaltung: Andrea Wölk

Foto Copyright: Cat back G - Adobe Stock

Tresjoli, Lutherstr. 16, 46414 Rhede

www.kajsa-arnold.de

INHALT

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Danksagung

Bücher von Kajsa Arnold

Leseprobe You call my heart

ZITAT

Und schließlich gibt es das älteste und

tiefste Verlangen, die große Flucht

dem Tod zu entrinnen.

(J.R.R. Tolkien)

1

Mein Blick geht zur Decke und ich bin gefangen von den blauen Reflexionen des Wassers. Einen Pool, der in die Decke des Wohnzimmers eingelassen ist, so etwas kann sich nur Rhys Cunningham einfallen lassen.

»Das ist unser Pool«, erklärt er mir leise und berührt von hinten meine Oberarme, spricht leise in mein Ohr.

»Ich weiß«, gebe ich zu und wende den Kopf, blicke ihm tief in die Augen. »Und ich weiß auch noch alle Einzelheiten, was wir darin getrieben haben.«

Ein feines Lächeln huscht über seine Züge. Er lässt mich los, geht an mir vorbei und fasst sich verlegen ans Ohrläppchen. »Jetzt, wo du es erwähnst, fällt es mir auch wieder ein.«

Er ist verlegen, wie süß ist das denn? Sein schwarzes Haar schimmert fast blau und seine Augen blicken unergründlich.

»Was ist mit unserem Haus passiert, das wir gekauft haben?« Irgendwie scheine ich doch noch Gedächtnislücken zu haben.

»Wir haben es verkauft. Schon vor langer Zeit, als klar war, dass wir auf Hawaii leben wollen.«

Ich versuche, mich zu erinnern, doch dieser Rückblick scheint tief vergraben zu sein. Zu tief, dass ich mich daran erinnern kann.

»Das wird schon.« Rhys schließt mich in seine Arme.

Ich nehme seinen wunderbaren Duft wahr. Ein Duft, der in meinen Erinnerungen tief verankert ist. Intensiv atme ich ihn ein und fühle mich geborgen. Obwohl meine Erinnerungen mehr und mehr zurückkehren, habe ich Probleme damit, mich ihnen zu stellen. Mein Kopf weiß, dass ich Rhys liebe, doch wie es sich anfühlt, das scheine ich vergessen zu haben. Ich habe Angst, mich meinen Gefühlen zu stellen, denn jede Empfindung birgt eine Gefahr, sich selbst zu verlieren und das kann ich mir im Moment nicht leisten. Nicht, solange ich nicht weiß, wer hinter diesem Anschlag auf mein Leben und der Entführung unserer Kinder steckt. Leise seufze ich. »Ja, irgendwann werde ich mich erinnern.«

»Willst du deine Sachen auspacken? Soll ich dir helfen? Sonst gehe ich hinunter ins Büro, ich habe noch einige Dinge zu erledigen.«

Ich blicke mich unsicher um. »Nein, geh ruhig. Ich richte mich erst mal ein.«

Rhys blickt mich unsicher an. Er scheint zu überlegen, ob er mich allein lassen kann, doch als ich ihn aufmunternd anlächele, nickt er und gibt mir einen Kuss und legt seine Stirn an meine. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass ich dich gefunden habe. Ich bin durch die Hölle gegangen, doch ich würde es immer wieder tun, um dich zu finden.«

Der Blick in diese sagenhaften blauen Augen, deren viele Schattierungen sie so ungewöhnlich erscheinen lassen, zeugen von seiner Liebe zu mir. Ich müsste etwas sagen, doch meine Lippen bleiben stumm.

»Wir sehen uns später, Darling.« Rhys wendet sich ab und verlässt die Wohnung.

Ich schaue mich um, es scheint sich nichts verändert zu haben. Alles sieht aus, wie ich es in Erinnerung habe. Ich blicke zur Couch, an der Rhys mich geküsst hat, dann schaue ich aus den Fenstern, die zum Park hinausgehen. Plötzlich fühle ich mich uralt. So viel liegt hinter uns, und das Chaos scheint kein Ende zu nehmen. Es kommt mir vor, als wäre das Universum gegen unsere Verbindung. Egal wie gut wir sind, es gibt immer wieder einen Rückschlag. Wie konnte ich nur zulassen, dass mir die Kinder genommen wurden? Warum bin ich nicht eingeschritten? Ich habe Angst, zweifele an meinem Wissen. Ohne Anhaltspunkte, wie sollen wir auf die Spur der Kinder kommen?

Das Klopfen an der Tür unterbricht meine düsteren Gedanken und ich mache mich auf, um zu öffnen.

»Verflucht, du bist es wirklich! Ich habe es Rhys nicht geglaubt.«

»Matt«, kommt es mir leise über die Lippen und bevor ich noch etwas sagen kann, zieht er mich in seine Arme.

»Ich danke Gott, dass du lebst.«

»Ja, ich lebe und Rhys hat mich gefunden«, murmele ich an seinem Hals. Er fühlt sich so vertraut an. Matt ist Rhys bester Freund und mit den Jahren auch mir ein Vertrauter geworden. Ich ziehe ihn in die Wohnung. »Komm rein, ich muss mit dir sprechen.«

Wir lassen uns auf dem Sofa nieder, sitzen uns nah gegenüber, ich halte seine Hand.

»Jaz, ich habe dich für tot gehalten«, stammelt Matt und lässt seinen Blick über mein Gesicht wandern.

Er sieht immer noch so gut aus und an dieses Lächeln kann ich mich gut erinnern.

»Ich habe mich selbst für tot gehalten, nachdem ich mein Gedächtnis verloren hatte. So viel verlorene Zeit. Matt ...« Ich drückte seine Hand. »... du musst uns helfen, die Kinder zu finden. Ich habe keine Ahnung, wer und warum man sie entführt hat, doch ich werde nicht eher ruhen, bis wir sie gefunden haben.«

Matt blickt mich ruhig an, schlägt dann die Augen nieder, als er spricht. »Was ist, wenn sie nicht mehr am Leben sind?«, fragt er mit leiser Stimme.

Die Frage habe ich mir in den letzten Stunden selbst tausendfach gestellt. »Es ergibt keinen Sinn. Warum sollte man die Kinder entführen und dann töten? Nein, jemand verfolgt einen Plan. Die Kinder sind wichtige Figuren in einem Spiel, das wir noch nicht kennen und ich werde herausbekommen, wer dahintersteckt. Wirst du mir helfen, Matt?«

»Du weißt, ich bin nicht mehr für Rhys Sicherheit zuständig. Ich arbeite mit Alexander zusammen, aber wenn du mich brauchst, ich bin für dich da. Rhys hat mir etwas für dich mitgegeben. Ich glaube, da wartet jemand auf deinen Anruf.« Matt legt mir ein Smartphone in die Hände. »Alex‘ Nummer ist gespeichert, so wie alle anderen wichtigen auch. Ich muss zurück an die Arbeit. Komm erst mal wieder an. Wir sehen uns.«

Ich nicke Matt zu und er küsst meine Wange. »Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Baby. Rhys hätte niemals aufgegeben, nach dir zu suchen.«

Ja, das glaube ich auch, doch ein Gedanke schwirrt mir im Kopf herum, auf den ich keine Antwort habe.

»Matt, warte. Ich habe noch eine Frage: Warum habe ich damals Rhys mit den Kindern überhaupt verlassen? Daran kann ich mich nicht erinnern.«

Sein Blick geht unruhig im Raum herum, er schaut überall hin, nur nicht in meine Augen.

»Matt, bitte.« Fast flehe ich.

»Frag Rhys danach. Das geht mich nichts an, Jazman.« Damit macht er kehrt, und lässt mich ahnungslos zurück.

Im Schlafzimmer finde ich einige Kleidungsstücke, die in der Wohnung geblieben waren, als wir umzogen. Ich suche mir ein Kleid heraus, das bürotauglich ist und dusche schnell. Eine innere Unruhe lässt mich nicht rasten. Ich muss wissen, was Rhys unternimmt, um die Kinder zu finden.

Als ich mir die Haare föhne, wird mir klar, dass ein Friseurbesuch längst überfällig ist. Mein Mann hat Millionen, da werde ich es mir leisten können. Doch erst muss ich mit Rhys sprechen.

Mit dem Aufzug fahre ich in die Büroetage und stehe einer neuen Mitarbeiterin gegenüber.

»Sie müssen Mrs Cunningham sein«, meint sie mit einem aufmerksamen Blick. »Ihr Mann hat mir erzählt, dass er Sie gefunden hat, und ist mächtig stolz auf sich.« Sie lächelt und ihre weißen perfekten Zähne stehen ganz im Gegensatz zu ihrer schwarzen Hautfarbe.

Diese Frau ist mir auf Anhieb sympathisch.

»Hallo, ich bin Janice Wallace, die Sekretärin Ihres Mannes.« Sie hat sich erhoben und hält mir die Hand entgegen.

»Janice, wie schön, Sie kennenzulernen. Ich bin Jazman, oder Jaz, wenn es Ihnen lieber ist. Ich war auch mal die Sekretärin von Rhys Cunningham und weiß, was Sie leisten.« Ich ergreife ihre Rechte und der Händedruck ist fest und angenehm.

»Ich freue mich, dass Sie wieder da sind. Er hat so fest daran geglaubt, dass er Sie findet, dass er selbst mich überzeugt hat«, erklärt Janice und meint etwas leiser, »und Ihre Kinder werden Sie auch finden. Gehen Sie ruhig hinein, Ihr Mann ist allein.«

Ich betrete das Büro und sofort stürmen hunderte von Eindrücke auf mich ein.

»Darling!« Rhys erhebt sich und kommt auf mich zu, schließt mich in seine Arme. »Hier hat alles begonnen«, murmelt er an meinem Hals und küsst meine Haut.

»Nein, es hat schon viel früher begonnen. Es begann, als ich dich zum ersten Mal sah, damals in Alexanders Haus in Frankfurt. Als du ihn abgeholt hast und mich mit deinem Blick fast ausgezogen hast.« Diese Szene steht mir vor Augen, als wäre es erst Wochen her. Mein ganzes Leben kommt mir wie Monate anstatt Jahre vor. Alles, was wir durchgemacht haben, kommt mir so gering vor, gegen die Tatsache, dass die Kinder entführt wurden. »Was hast du veranlasst, um die Kinder zu finden?«, will ich wissen und winde mich aus seiner Umarmung. Ich brauche diesen Abstand, denn jede seiner Berührungen schürt das Feuer in mir und mein Verlangen wächst nach diesem Mann.

»Ich habe Walter darauf angesetzt. Erinnerst du dich, er hat uns schon oft zur Seite gestanden und ist sehr erfolgreich in den Dingen, die er anpackt. Er hat dich gerettet, damals vor Burke«, erklärt mir Rhys und nimmt wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. Er wählt eine Nummer und stellt das Mobiltelefon auf Lautsprecher, sodass ich mithören kann.

»Walter«, meldet sich eine tiefe Stimme.

»Rhys hier. Scott hat Sie bestimmt schon informiert, ich habe Jazman hier bei mir.«

»Ja, Scott hat die gute Nachricht bereits weitergegeben. Hallo Jazman, ich freue mich, dass Sie wohlauf sind«, höre ich aus dem Apparat.

»Walter, ich freue mich auch, Ihre Stimme zu hören. Haben Sie schon etwas über den Verbleib der Kinder herausbekommen?« Ich kann mich nicht zurückhalten, die Frage platzt quasi aus mir heraus.

»Wir haben noch keine konkrete Spur, aber einige kleine Anhaltspunkte, über die ich jetzt noch nicht sprechen kann. Sobald ich mehr habe, bekommen Sie einen Bericht. Ich weiß, dass Sie sehr ungeduldig sind und wir schnell arbeiten müssen, doch einige Spuren sind bereits kalt, sodass wir sie erst wieder aufwärmen müssen.«

Ich nicke. »Ja, das verstehe ich. Wir sind über jede Neuigkeit dankbar.«

»Natürlich, Jazman, aber kommen Sie erst einmal zur Ruhe. Sie werden Ihre Kräfte noch brauchen, wenn wir eine heiße Spur haben.«

Rhys bespricht noch ein paar Details, dann beendet er das Telefonat. »Möchtest du dir vielleicht ein paar neue Kleider kaufen? Scott wird dich begleiten. Ich will nicht, dass du allein in der Stadt herumläufst.«

Ich überlege kurz und will es verneinen, doch da wir im Augenblick dazu verdammt sind, abzuwarten, kann ich die Zeit nutzen. »Ich würde gerne zum Friseur gehen.«

»Das ist eine gute Idee. Janice wird dich anmelden und Scott fährt dich. Ich werde in der Wohnung auf dich warten und mich um das Essen kümmern.«

Dass ich im Augenblick gar keinen Appetit verspüre, behalte ich lieber für mich. Einen Vortrag am Tag, dass ich meine Kräfte behalten muss, reicht mir.

»Gut, wir sehen uns später.« Ich küsse ihn auf die Lippen und wende mich der Tür zu. Bevor ich den Raum verlasse, bleibe ich kurz stehen. »Ach Rhys, ich habe eine Frage. Warum habe ich überhaupt Hawaii mit den Kindern verlassen, so ganz ohne dich?«, will ich wissen.

Rhys hält in der Bewegung inne und blickt mich groß an. Sein breiter Brustkorb hebt und senkt sich. Er sieht wie immer so verboten gut aus, mit seinem Dreitagebart und dem weißen Hemd, mit der dunkelblauen Krawatte, die so gut zu seinen Augen passt. Er streicht über den Kragen seines Jacketts, dann meint er: »Lass uns später darüber sprechen, okay?«

Es scheint wohl etwas zu sein, dass man nicht mit einem Satz erklären kann, also nicke ich besonnen und verlasse den Raum. Ich muss erst mal wieder ankommen, in einem normalen Leben.

2

Ich kann Jazmans Frage nicht beantworten. Mir bleibt die Zeit eines Friseurbesuchs, um mir eine plausible Antwort darauf einfallen zu lassen. Sollte sie sich jemals daran erinnern, und das wird sie unweigerlich irgendwann, bin ich am Arsch. Die Angst davor schnürt mir die Kehle zu. Ich kann mich auf nichts konzentrieren und verabschiede mich für heute von Janice.

In der Wohnung angekommen, gehe ich ins Obergeschoss und ziehe mich aus. Ohne lange zu überlegen, springe ich in den Pool. Das Wasser ist angenehm und ich ziehe meine Bahnen, power mich so richtig aus. Keine Ahnung, wann ich mich das letzte Mal so verausgabt habe. Doch, dann fällt es mir wieder ein. So habe ich mich bei meinem letzten Kampf gefühlt. In der Nacht, bevor ich beschlossen habe, dass ich mein Leben ändern muss, dass ich zurückkehren will. Nur, dass mich der ganze Mist wieder eingeholt hat.

Mit langen Zügen gleite ich durch das Wasser, es teilt sich seicht. Als ich ein lautes Platschen höre, wende ich mich um, doch niemand ist zu sehen. Erst als sie wenige Meter vor mir auftaucht, sehe ich sie. Jazman.

»Gott, Darling! Hast du mich erschreckt.«

Sie schwimmt mit mir um die Wette und erreicht zuerst den Beckenrand.

»Hey, Cunningham, du lässt nach. Du solltest etwas mehr trainieren«, meint sie lächelnd und kämmt sich das

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Kajsa Arnold
Bildmaterialien: © Cat back G - Adobe Stock
Cover: Andrea Wölk
Tag der Veröffentlichung: 27.02.2022
ISBN: 978-3-7554-0867-3

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