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Leseprobe

GOLDEN PRINCESS & SILVER PRINCE

KAJSA ARNOLD

Inhalt

Zitat

Golden Princesss

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Silver Prince

Zitat

Ohne Titel

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Danksagung

Leseprobe

Deutsche Neuausgabe 2021, Kajsa Arnold

Erstausgabe 2019 unter dem

Autorennamen Rhiana Corbin

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung

1. Auflage

Covergestaltung: Andrea Wölk

Foto: © tomertu – Shutterstock.com

© dekazigzag – Shutterstock.com

Kajsa Arnold ./. Andrea Wölk, Lutherstr. 16, 46414 Rhede

www.kajsa-arnold.de

Zitat

Es ist mein Geschäft,

König zu sein.

(Vittorio Emanuelle II.)

Dies ist ein Märchen. Doch wer sagt, dass Märchen nicht auch wahr werden?

Golden Princesss

Kapitel 1

Eine Stripperin aus der Torte!

Echt jetzt? Ich kann es nicht glauben. Wo bitte ist das nächste Mauseloch, in das ich mich verkriechen kann. Warum zum Teufel hat Mary mich nur zu dieser furchtbaren Geburtstagsparty mitgeschleppt. Nicht nur, dass das Geburtstagskind einen Kuss von mir einforderte, weil ich kein Geschenk dabeihatte, jetzt wurden uns hier auch noch nackte Tatsachen präsentiert, an denen ich so gar kein Interesse hatte. Wie ein gut gebauter Frauenkörper aussieht, weiß ich, da brauche ich nur in den Spiegel zu schauen. Okay, meine Oberweite ist nicht sehr üppig, aber ich habe Modelmaße, was vermutlich daran liegt, dass ich eines bin. Allerdings versuche ich es heute unter einem weiten Pulli, und einer Jeans zu verstecken, die mir eindeutig eine Nummer zu groß sind. Auch habe ich auf aufwendiges Make-up verzichtet, weil ich mit einem gemütlichen DVD-Abend bei Mary gerechnet habe. Wer konnte denn Wissen, dass sie mich zu einer Party schleppt, deren Höhepunkt eine blonde Stripperin ist?

Rob Fitz-Roy, das Geburtstagskind, ist nicht nur adelig, sondern auch ein enger Freund des Thronfolgers, wenn man Marys Worten Glauben schenken darf. Sie wollte mich in diesem Aufzug auf keinen Fall mitnehmen, erst als ich beweisen konnte, dass die Sachen von Chanel und Gucci stammen, hat sie mich gnädigerweise mitgenommen. Nun stehe ich ganz alleine am Türbogen gelehnt und sehe zu, wie sich die Stripperin aus der Torte helfen lässt, dabei das Gleichgewicht verliert und sich beinah ein Bein bricht. Oh Gott, das hätte noch gefehlt.

Ich schnappe mir ein Champagnerglas, fülle es bis zum Rand und verlasse den Raum. Zum Glück sind alle Gäste damit beschäftigt, der Stripperin dabei zuzusehen, wie sie sich aus dem Bikinioberteil schält, das man als solches kaum betiteln kann. Ich frage mich, warum sie es überhaupt angezogen hat.

Die Villa ist riesig, der großen Treppe nach zu urteilen, die in die obere Etage führt. Der Vater von Rob ist ein Mitglied des britischen Oberhauses und gehört der Regierung an, demnach viel beschäftigt und kaum zu Hause. Selbst dem Geburtstag seines Sohnes kann er nicht beiwohnen, weil er sich irgendwo in Europa aufhält. Seine Eltern sind geschieden, was wohl auch seine schlechte Erziehung erklärt, denn dieser eitle, arrogante Typ, ist mir einfach unsympathisch. Mary hingegen, ist wie gefangen von ihm. Das wird ihr erneut ein gebrochenes Herz bescheren, aber sie will ja nie auf mich hören und ich habe es satt, das Orakel von Delphi zu spielen, also sage ich lieber nichts dazu.

Ich laufe die Treppe hinauf und bestaune die Gemälde an den Wänden. Lauter Männer in großen Posen. Vermutlich alles Verwandte von Rob Fitz-Roy. Kein Wunder, dass er so ein ausgeprägtes Ego hat.

Das Haus ist wirklich schön und ich bin schwer zu beeindrucken, da ich selbst in so einem Kasten aufgewachsen bin. Ebenfalls ohne Mutter, dafür aber mit einem Vater, der auf gute Manieren eine Menge Wert gelegt hat – bis heute. Allein mein Job als Model verschafft mir die Freiheit, aus London herauszukommen, weg von ihm, der jeden Schritt von mir überwacht. Daher kehre ich selten nach Hause zurück. Ich liebe meine Wohnung in New York und London. Meine Inseln, wie ich sie nenne, dort kann ich sein, wie ich will, und muss nicht die wohlerzogene Tochter, eines milliardenschweren Goldhändlers mimen.

Ich entscheide mich für den rechten Gang, auf der Suche nach einem weiteren Salon, doch hier scheint es nur Schlaf- oder Gästezimmer zu geben. Entmutigt will ich mich schon abwenden, da höre ich plötzlich seltsame Geräusche. Ich bleibe vor der Tür stehen und lausche. Sie ist nur angelehnt und ich trete ein. Eindeutig ein Stöhnen, was sehr schmerzhaft klingt.

»Hallo? Geht es dir gut?«

Ich laufe zielstrebig auf die angrenzende Badezimmertür zu und sehe einen Mann vor der Toilette hocken, der sich übergibt.

Anstatt mich zu ekeln, versuche ich zu helfen. Immerhin habe ich Mary oder meinen Kolleginnen in solchen Situationen beigestanden.

»Kann ich dir helfen?«, frage ich erneut und berühre den jungen Mann mit den dunkelblonden Haaren an der Schulter.

»Nein«, krächzt er. »Danke, aber ich kotze lieber allein. Ich brauche keine Zuschauer«, winkt er ab. Sein Ton ist keinesfalls unfreundlich, eher beschämt.

Ich lasse mich auf dem Rand der großen Badewanne mit Klauenfüßen nieder.

Ein nächster Schwall landet in der Porzellanschüssel und danach sackt er erschöpft auf den Boden, versteckt das Gesicht hinter seinen Händen. »Könntest du bitte gehen! Und wage es nicht, Fotos von mir zu machen.«

»Keine Angst, ich weiß, wie wertvoll die Privatsphäre ist. Hier …« Ich reiche ihm ein Gästehandtuch, das ich am Waschbecken befeuchtet habe.

Nachdem er die Hände vom Gesicht genommen hat, nimmt er das Handtuch, und bedankt sich höflich. Er sieht wirklich mitgenommen aus, doch trotz seiner zerzausten Haare und der grünen Gesichtsfarbe erkenne ich ihn.

Darian Rockingham – seines Zeichens Prinz, britischer Thronfolger und Sohn von Queen Eleonora.

Für einen kurzen Moment bin ich geschockt und kann nichts sagen.

»Ich sehe beschissen aus, oder?«, fragt er mich und hält die Augen geschlossen. Sein dunkelblondes Haar ist kurz geschnitten, das Deckhaar ein wenig länger. Auch wenn es ihm nicht gut geht, sieht er umwerfend aus. Dunkle Augenbrauen, die fein geschwungen sind, geben seinen königsblauen Augen einen besonderen Ausdruck. Die schwarzen Wimpern umrahmen sie dicht. Seine Wangenknochen liegen hoch und ein Grübchen ziert sein Kinn, wo man einen leichten Bartschatten erkennen kann.

»Ja, Eure königliche Hoheit«, wispere ich leise und schlage mir dann die Hand vor den Mund. Wie kann ich das auch noch bestätigen? Hitze steigt mir die Wangen hinauf und ich werde rot. Na, das klappt ja ganz wunderbar und ich beschwere mich über mangelnde Manieren bei Rob Fitz-Roy. »Entschuldigung, ich meine natürlich nein … ich würde sagen den Umständen entsprechend.«

»Ich bin ja nicht schwanger«, meint er und versucht sich an einem Lächeln. »Du kannst mich ruhig Darian nennen, nachdem du mich ja wohl erkannt hast.«

»Sehr wohl, eure königliche Hoheit … Darian.«

»Ich sollte vielleicht keinen Tequila trinken, wenn ich ihn nicht vertrage«, murmelt er und blickt mich zum ersten Mal richtig an. »Du bist keine Freundin von Rob«, stellt er fest und fixiert mich mit einem scharfen Blick.

»Geht es dir besser?«, frage ich, anstatt ihm eine Antwort zu geben.

»Wie ist dein Name. Ich glaube, ich habe dich schon mal gesehen, obwohl wir uns noch nicht vorgestellt wurden.«

»Ich denke nicht, dass wir uns kennen.«

Er erhebt sich und wäscht sich kurz das Gesicht, spült den Mund aus und bedient sich an einem neuen Handtuch. Mit den Händen glättet er sein Haar und blickt mich über den Spiegel hinweg an.

»Alles gut bei dir, dann kann ich ja wieder gehen«, meine ich verlegen, weil sein eindringlicher Blick mir unangenehm ist.

»Mit wem bist du hier?«, will er wissen, bevor ich den Raum verlassen kann.

»Mit Mary Ashley-Cooper. Sie kennt Rob«, erkläre ich mein Berechtigungsdasein auf dieser Party.

»Was hast du heute noch vor?«

»Ich? Nicht viel. Ich war auf keine Party vorbereitet.« Ich schaue an mir herunter und mir wird wieder einmal klar, wie wenig ich hierher gehörte. »Ich werde jetzt gehen und hoffe, dass die Stripperin bereits ihre Torte wieder eingepackt hat.« Es soll ein Witz sein, doch mir geht sofort auf, dass es wohl unangebracht ist in seiner Gegenwart diese Stripperin zu erwähnen.

»Oh nein, sag nicht, dass Gipsy hier ist«, stöhnt er auf und verzieht ganz unköniglich das Gesicht.

»Sag nicht, du hast sie für Rob bestellt«, entfährt es mir.

»Nein, Gott bewahre. Gipsy ist ein wenig besessen, wenn es um meine Person geht. Ich würde sie niemals zu einem Event einladen«, erklärt er geheimnisvoll.

»Dann solltest du vielleicht gehen, bevor sie dich sieht. Du hast doch bestimmt eine Menge Leute, die sich darum kümmern.«

»Nein, leider nicht. Ich kann meine Bodyguards nicht anrufen, damit sie mich abholen. Sie erstatten meiner Mutter Bericht und wenn sie hört, dass ich mich auf einer Party betrunken habe, bis ich grün anlaufe, werde ich eine Menge Ärger bekommen.« Er sieht ziemlich unglücklich aus.

Ich kann ihn gut verstehen. Mir würde es nicht anders gehen, nur dass ich mich niemals auf einer Party betrunken habe. Erst jetzt bemerke ich, dass wir uns recht nah gegenüberstehen. Obwohl er zerknittert aussieht, verfügt er immer noch über eine enorme Präsenz. Darian ist so groß, dass ich trotz High Heels zu ihm aufblicken muss. Sein Körper ist schlank, aber nicht dürr. Wenn er lächelt, bildet sich auf der rechten Seite ein Grübchen. Die Augen sind wachsam und obwohl er getrunken hat nur leicht gerötet. Das königsblau seiner Iris mustert mich eingehend, während das Haar ein wenig durcheinandergeraten ist. Ein paar Strähnen hängen ihm in der Stirn, was ihm ein verwegenes Aussehen gibt. Mein Blick fällt auf seine Hände, die kurzen sauberen Nägel und schlanken Finger, mit leichter dunkler Behaarung, sehen gepflegt aus. Selten habe ich einen Mann gesehen, der so kultiviert ist.

»Ich könnte dich fahren. Vielleicht zum Hintereingang des Palasts oder zu einer Freundin. Ich bin mit dem Wagen hier.«

Er lacht und mein Herz geht auf. Obwohl er leicht schwankt, sich am Waschbecken festhalten muss, sieht er atemberaubend aus. Ein Lächeln verwandelt seinen hoheitsvollen Ausdruck in etwas vollkommen anderes. Er ist schön. Obwohl ich diesen Begriff für einen Mann selten benutze, meistens nur, wenn ich arbeite, aber Darian Rockingham ist ein attraktiver Mann. Wenn ich es auf einer Skala von Eins bis Zehn einschätzen sollte, wäre er eine Zwölf.

Da er mich die ganze Zeit nur anstarrt, komme ich mir sehr dumm vor, ihm das überhaupt angeboten zu haben. Ich setze dieses distanzierte Lächeln auf, das ich mir in den letzten Jahren in meinem Job angeeignet habe und winke ihm zu. »War nur so eine Idee, dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend. Machs gut.« Ich wende mich ab, doch Darian greift nach meiner Hand.

»Warte, doch. Nicht so schnell. Lass uns noch etwas trinken«, schlägt er vor.

»Ich denke, du hattest genug für heute.«

»Ich würde auf Wasser umsteigen.«

Ich schüttele den Kopf. »Vielleicht solltest du Gipsy fragen, die sagt bestimmt ja.«

Er verzieht das Gesicht. »Wie ist dein Name?«, will er erneut wissen.

Wieder gebe ich meinen Namen nicht preis. Schnell entziehe ich ihm dafür meine Hand. »Cinderella«, hauche ich nach einem kurzen Zögern und laufe davon.

»Hey, lass mir wenigstens einen Schuh hier«, ruft er mir hinterher.

»Der wäre zu klein für deinen Fuß«, erwidere ich und lache auf.

Kapitel 2

Ich greife nach meinem Handy, das ununterbrochen vibriert. Sechs Whats App Nachrichten, acht Kurzmitteilungen und vier Anrufe. Alle von meiner Mutter.

»Mom«, knurre ich und wische mir über die Augen, um eine klare Sicht zu bekommen.

Mir ist klar, dass ich mich sofort zurückmelden muss, allerdings habe ich dazu überhaupt keine Lust. Anstatt in den Kensington Palast zurückzukehren, habe ich es vorgezogen, mir eine Hotelsuite zu nehmen. Auf den Namen meines Bodyguards – Steven Pollock. Vermutlich will Mom wissen, wo ich bin, dabei hat sie doch sicherlich wichtigere Dinge zu erledigen. Ein Glück, dass sie zurzeit auf einer Staatsreise in Australien ist und vorerst nicht nach Hause kommt. Doch genau das ist der Grund, warum sie mich ständig kontrolliert. Sie denkt, wenn sie nicht im Land ist, tanze ich auf dem Tisch, dabei mache ich nichts anderes, als wenn sie im Palast anwesend ist – ebenfalls auf dem Tisch tanzen.

Ich schreibe ihr eine kurze Nachricht, dass es mir gut geht und ich noch geschlafen habe und hoffe, dass sie sich damit zufriedengibt und setze noch nach, dass ich jetzt Dusche, damit sie nicht auf die Idee kommt, mich erneut anzurufen. Sie behandelt mich, als wäre ich zehn Jahre alt. Dabei bin ich mittlerweile sechsundzwanzig, doch für meine Mutter werde ich wohl immer Zehn bleiben. Zu der Suite gehört ein eigener Butler und ich bestelle ein Frühstück, bevor ich Richtung Bad laufe.

Unter der Dusche lasse ich kaltes Wasser über meinen Körper fließen. Es ist so verdammt kalt, aber weckt die Lebensgeister und macht meinen Kopf wieder klar. Ich habe zu viel getrunken, viel zu viel. Eine schlechte Angewohnheit, die ich von meinem Vater habe, der bereits mit Anfang fünfzig an Leberkrebs starb. Der beschissene Krebs macht selbst vor königlichen Hoheiten nicht halt. Ich war damals erst sechzehn und konnte mit seinem Tod nicht gut umgehen. Seitdem trinke ich zu viel, was der Queen, die ganz nebenbei noch meine Mutter ist, große Sorgen bereitet.

Nachdem ich genug von dem Eiswasser habe, stelle ich eine angenehme Temperatur ein. Warm, wie ein paar grün-braune Augen, an die ich mich erinnere. Sie gehören einer Frau, die mir zwar bekannt vorkommt, deren Name ich aber nicht in Erfahrung bringen konnte. Sie wollte ihn mir nicht verraten. Hätte sie mich nach Hause gebracht, würde ich mich zumindest an ein Autokennzeichen erinnern, um nach ihr suchen zu können. Moment! Was sind das für Gedanken? Ich werde ihr bestimmt nicht hinterherlaufen. Dennoch lässt mich der Gedanke, ihr noch einmal im nüchternen Zustand zu begegnen selbst beim Frühstück nicht los. Ich muss mich davon überzeugen, dass sie wirklich so atemberaubend ist, wie ich sie in Erinnerung habe. Oder ob mir mein alkoholvernebelter Kopf einen Streich gespielt hat.

Ich greife zu meinem Handy, suche Robs Nummer heraus und stelle eine Verbindung her.

»Gott, Darian, ich bin vor zwei Stunden ins Bett«, stöhnt mein bester Freund in sein Handy, sodass ich ihn kaum verstehe.

»Hör auf zu jammern, wie ein Waschweib, das Königreich braucht dich.«

»Warum bist du schon wieder so fit?«, knurrt er neidisch.

»Weil ich die halbe Flasche Tequila direkt aus meinem Magen in eine deiner Toiletten gekippt habe.«

»Mann! Das ist echt ekelig«, ruft er angewidert.

»Hör zu, ich brauche nur eine Information, dann bist du mich wieder los und kannst weiterschlafen. Wer war diese umwerfende Frau auf deiner Party?«

»Hast du sie noch alle. Auf meiner Party waren an die einhundert bildschönen Frauen. Wen genau meinst du?« Seine Stimme wird undeutlich, als würde er über sein Gesicht streichen.

»Groß, schwarze Haare, grün-braune Augen, umwerfende Figur. Sie trug Jeans und so einen übergroßen Pulli. Goldfarben.«

Einen Augenblick herrscht Ruhe, dass ich schon Angst bekomme, dass Rob wieder eingeschlafen ist. Doch dann schnauft er. »Ich weiß, wen du meinst. Ich habe sie geküsst. Die Kleine hatte kein Geschenk für mich.« Er lacht. »Sie hat toll gerochen.«

»Ich will nicht wissen, wie sie gerochen hat, sondern ich brauche ihren Namen.«

»Keine Ahnung, den kenne ich nicht. Sie ist eine Freundin von Mary.«

»Mary? Welche Mary?« So heißt doch in London jede zweite Frau.

»Mary Ashley-Cooper.«

Der Name kommt mir bekannt vor. Hatte sie ihn nicht gestern erwähnt.

»Dann gib mir die Nummer von dieser Mary. Sie wird ja wissen, wie ich ihre Freundin erreiche.«

»Ich schick dir die Nummer per Whats App, und dann lass mich um Himmels willen in Ruhe schlafen.«

»Alles klar, Rob. Seh zu, dass du wieder fit wirst, ich will heute Abend ins Café gehen.«

»Ins de Paris? Da ist es samstags immer so voll«, beschwert er sich.

»Jetzt sei nicht so eine Pussy. Ich habe die VIP-Bar für uns reservieren lassen. Sieh zu, dass du ein paar Freunde einlädst.«

»Geht klar, Mann. Ich haue mich jetzt aufs Ohr.«

»Und Rob … lade auch diese Mary Cooper ein und sie soll ihre Freundin mitbringen.«

Den ganzen Tag warte ich auf eine Nachricht von Mary Ashley-Cooper, doch sie scheint ihr Handy ausgeschaltet zu haben. Vielleicht ist es auch kaputt, wer weiß es schon bei diesen Frauen. Als ich mich für den Abend fertig mache, kann ich meine Ungeduld kaum noch zügeln. Ich will diese Frau wiedersehen und mich selbst davon überzeugen, wie sie riecht und schmeckt. Dass Rob sie bereits geküsst hat, gefällt mir im Übrigen überhaupt nicht. Auch wenn es nur ein Geburtstagskuss war.

Für den Abend entscheide ich mich für einen schwarzen Anzug, mit einem weißen Hemd und einer silbernen Krawatte und Einstecktuch. Ich will Eindruck auf die schöne Unbekannte machen, denn ich bin mir sicher, dass sie mit ihrer Freundin die Einladung annehmen wird. Hoffentlich übertreibt es Rob nicht wieder, denn in die VIP-Bar dürfen nur einhundert Personen und ich habe keine Lust erneut mit dem Besitzer aneinanderzugeraten, weil wir uns nicht an die Feuervorschriften halten. Ich habe auf die harte Tour lernen müssen, dass auch ein Thronfolger sich keinesfalls alles erlauben kann.

Steven, mein Bodyguard, hat bereits den Wagen vorfahren lassen und bringt mich sicher zum Club Cafe de Paris. Wir steigen am Hintereingang aus, dort warten nur wenige Paparazzi auf mich und bevor sie mit dem Blitzlichtgewitter richtig loslegen können, bin ich schon hinter der Eingangstür verschwunden.

Es ist schon weit nach neun Uhr, als ich eintreffe und der Laden ist voll. Steven bahnt mir den Weg zur Privat-Bar, die ganz in Rot gehalten ist. Zu den Räumlichkeiten gehört sogar ein Raum, in dem es zwei Kingsize Betten gibt, um es sich gemütlich zu machen.

Rob lümmelt sich auf einem der Betten und hält eine Rothaarige im Arm. Als er mich sieht, lässt er von ihr ab und kommt mir entgegen.

»Bruder!«, er umarmt mich. Wir sind seit Eaton die besten Freunde und ich kann mich ganz und gar auf ihn verlassen. Er scheißt darauf, dass ich der Thronfolger bin und genau das gefällt mir so an ihm. Für Rob bin ich ein ganz normaler Mann, der ich immer sein will, obwohl das wohl niemals wirklich möglich sein wird.

»Und ist sie da?«, frage ich statt einer Begrüßung und meine Hände beginnen zu schwitzen.

»Nun bleib mal ganz locker. Mary ist hier und sie hat ihre Freundin eingeladen, aber die muss noch einen Job erledigen und Mary ist sich nicht ganz sicher, ob sie es schafft.«

Enttäuschung macht sich in mir breit und die ist mir wohl anzusehen.

»Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Ich habe ein paar tolle Weiber eingeladen, die werden dich auf andere Gedanken bringen.«

»Rob, du weißt, ich stehe nicht auf Tussis, die davon träumen, einmal Prinzessin zu werden. Wo arbeitet Marys Freundin denn?«

»Wer sagt, dass die schöne Unbekannte nicht auch nur Prinzessin werden will?« Rob zieht eine Augenbraue in die Höhe.

»Weil ich es weiß. Wenn dir jemand den Kopf über der Kloschüssel hält, ist er ganz anders, als all die Hühner hier.«

Er verzieht angewidert das Gesicht.

»Wie ist denn ihr Name?«, will ich wissen.

Enttäuscht hebt Rob die Schultern. »Habe ich nicht aus Mary herausbekommen. Aber vielleicht fragst du sie selbst. Es ist die Braut im grünen Kleid an der Bar. Ach und Hände weg. Mary steht auf mich.« Er zwinkert mir zu und grinst breit.

»Welche Frau steht nicht auf dich?«, frage ich und boxe ihm spielerisch gegen die Schulter.

Ich setzte mich auf den Hocker neben Mary an die Bar und bestelle mir ein Wasser. Als sie mir den Kopf zuwendet, werden ihre Augen groß.

»Oh mein Gott!«, flüstert sie.

»Nein, nur Darian«, erkläre ich mit einem Lächeln und halte ihr die Hand entgegen. »Du musst Mary sein.«

Sie schaut Sekunden auf meine Hand, bevor sie diese zögerlich ergreift. Ihre Hand zittert und ich muss lächeln, weil sie aussieht, als würde sie gleich einen Herzinfarkt bekommen.

»Du bist der …«

»Pssst«, zische ich ihr zu. »Ich bin Darian, das reicht vollkommen. Die meisten Frauen hier wissen nicht, wer ich bin und wenn es sich erst einmal rumspricht, kann ich mich nur vom Acker machen.«

»Aber wirst du nicht oft erkannt?«, fragt sie neugierig.

»Natürlich. Nur habe ich meistens zwanzig Minuten Zeit, bis die Erste die Witterung aufnimmt. Also will ich diese nutzen, um mehr über deine Freundin herauszufinden. Wo arbeitet sie?«, gehe ich gleich in die Offensive.

Mary sieht mich bedächtig an, dann schüttelt sie den Kopf. »Tut mir leid, auch wenn du … du bist, aber ich gebe keine Informationen über meine Freunde preis.«

Sie greift zu ihrem Longdrink und schlürft an dem Strohhalm.

»Ich weiß loyale Freunde zu schätzen, Mary, wirklich, aber es geht hier um einen königlichen Notfall«, flüstere ich ihr ins Ohr und berühre dabei ihre Schulter. Im Normalfall wirkt so etwas immer, doch Mary ist ein Härtefall.

»Tut mir leid, ich habe es ihr versprochen.«

»Du musstest ihr versprechen, dass du keine Infos über sie rausgibst? Wer oder was ist sie?« Nun bin ich wirklich neugierig.

»Sie ist im Grund dir sehr ähnlich. Auch eine Prinzessin, nur eben nicht königlich, sondern eher die andere Seite«, erklärt sie geheimnisumwittert.

»Die andere Seite?«, frage ich skeptisch nach und überlege, was Mary mir damit sagen will. »Wie meinst du das? Ist sie von den Toten auferstanden oder was?« Ich komme nicht mehr mit.

Mary lacht auf. »Nein, sie ist noch sehr lebendig.«

»Okay, so kommen wir also nicht weiter, Mary.« Ich weiß, dass jeder käuflich ist, nur manchmal ist der Lohn eben kein Geld und Mary sieht aus, als hätte sie genug davon. »Sag mir, was ich für dich tun kann. Es wird doch sicherlich etwas geben, dass du dir wünschst, was nur ein Prinz erfüllen kann.«

Sie hebt die Schulter und zwinkert. »Nein, danke. Ich habe alles.«

»Wirklich alles?«, frage ich nach und blicke ihr intensiv in die Augen. Ich weiß, wie ich bei Frauen wirke und auch bei Mary scheint mein Charme zu wirken. Bingo!

Ihr Blick flattert, geht dann zur Seite und sie blickt nervös zu Rob hinüber. Alles klar.

»Hör zu, Mary. Wenn du mir einen Tipp gibst, wo ich deine Freundin heute Abend treffen kann, dann sorge ich dafür, dass du morgen Abend mit Rob zum Essen ausgehst.«

Mary sieht mich an, als hätte ich erklärt, ich würde gleich zum Mond fliegen. »Mit Rob?«, fragt sie leise nach und blickt wieder zu ihm, der in diesem Moment zu mir schaut und mir zuwinkt. Perfektes Timing.

Ich winke ihn zu uns heran.

»Was machst du?«, fragt Mary hektisch und kämmt mit den Fingern durch ihr feuerrotes Haar.

»Keine Angst. Rob steht auf Rothaarige«, mache ich ihr Mut.

»Rob, mein Freund. Ich habe eine Bitte. Du hast morgen Abend bestimmt noch nichts vor und ich würde mich freuen, wenn du meine gute Freundin Mary zum Essen ausführst.« Ich lege meinen Arm um seine Schultern und zwicke ihn kurz.

Er blickt erst Mary, dann mich an und lächelt. »Deine Freundin Mary? Dabei ist es doch meine gute Freundin Mary, mit der ich schon im Sandkasten gespielt habe, nicht wahr? Und es wäre mir eine Freude, wenn wir morgen Abend zusammen essen. Ich hole dich mit dem Wagen ab. Sagen wir zwanzig Uhr?«

Mary lächelt unsicher.

»Er wird dich auch nach Hause bringen«, erläutere ich die Einzelheiten der Verabredung, auch wenn Rob mich fragend anschaut. »Also sag schon ja«, dränge ich sie.

Marys Wangen glühen, als sie nickt und ein »Ja«, haucht.

Spitze!

Ich trinke einen Schluck meines Wassers, weil meine Kehle mittlerweile ganz ausgedörrt ist. »Also«, ich blicke Mary auffordernd an.

»Es könnte sein, dass das Millenium Wheel heute Abend für Besucher geschlossen ist, weil dort Aufnahmen gemacht werden«, erklärt sie mir und schaut auf ihre Uhr. »Sie müsste in einer halben Stunde fertig sein.«

Ich beuge mich hinunter und küsse ihre Wange. »Danke, du bist ein Goldstück«, murmele ich und überlasse es Rob, sich weiter um Mary zu kümmern.

Steven braucht ganze acht Minuten, um mich über die Westminster Brigde zu fahren, den Rest gehe ich zu Fuß. Es hat zu regnen begonnen, so kann ich mein Gesicht unter einem großen Schirm verstecken und werde weder von Touristen noch von Einheimischen erkannt. Steven hält sich im Hintergrund und ich laufe langsam auf das neue Wahrzeichen von London zu. Es sind eine Menge Leute unterwegs, und ich weiche an einem Kiosk einer Gruppe Frauen aus, als mein Blick zufällig auf die neuste Ausgabe der Vouge fällt. Im ersten Augenblick glaube ich an einen Zufall, als mich geheimnisvolle grün-braune Augen anblicken, doch dann erkenne ich sie auf den zweiten Blick. Das ist sie! Unwiderlegbar.

»Steven, hast du Bargeld bei dir?«, rufe ich ihm zu, der mir nun doch auf den Fersen ist.

»Wie viel brauchen Sie, Sir?«

»Ich denke zehn Pfund reichen.«

Er gibt mir einen Schein und ich nehme die Zeitung aus dem Ständer, bezahle und gebe den Rest als Trinkgeld.

Hektisch suche ich den Artikel zum Coverbild und werde fündig. Schnell überfliege ich den Beitrag und was ich zu lesen bekomme, lässt mein Herz rasen.

Kapitel 3

Eigentlich wollte ich in nächster Zeit keinen Job annehmen, zumindest für die nächsten zwei Wochen nicht, um mal auszuspannen, doch dann bekam ich einen Anruf meiner Agentur, dass ein Model ausgefallen ist und einfach nicht am Set erschienen ist. Eine Coveraufnahme für eine Fitnesszeitung, die am London Eye gemacht werden. Okay, es liegt in der Nähe, also habe ich Mary Bescheid gegeben, dass ich später zu diesem Club komme, als gedacht.

Bei kalten vierzehn Grad verrenke ich meine Beine im knappen Sportdress, während mich Touristen peinlich genau beobachten. Das Set ist zwar abgesperrt worden, dennoch nicht weit genug. Da es jetzt auch noch anfängt zu regnen, vergeht selbst mir die Lust am Posen. Mein Make-up wird andauernd aufgefrischt und es fühlt sich an, als würde ich eine Maske tragen.

»Das wars‘! Danke, Nina,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Kajsa Arnold
Bildmaterialien: © tomertu – Shutterstock.com, © dekazigzag – Shutterstock.com
Tag der Veröffentlichung: 04.02.2022
ISBN: 978-3-7554-0703-4

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