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Leseprobe

Venetian Affair

Rhiana Corbin

Inhalt

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Danksagung

10. Leseprobe

Deutsche Neuveröffentlichung

Ausgabe Mai 2018

Copyright © 2016, 2018 Rhiana Corbin

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet

1. Auflage

Covergestaltung: Andrea Wölk

Foto: © Renzo79 – Getty Images,

Rhiana Corbin

www.mybooklove.de

Zitat

Die Tage werden unterschieden,

aber die Nacht hat einen einzigen Namen.

(Elias Canetti)

Kapitel 1

Die Touristenschauplätze versuche ich, so gut es geht, zu vermeiden. Was gar nicht so einfach ist, denn jetzt, Ende Februar, ist Carnevale. Genau diese Woche muss ich mir aussuchen, um meine Tante zu besuchen. Doch eigentlich besuche ich nicht Tante Lucia, sondern vielmehr ihre Wohnung.

Vollkommen ausgelaugt von den letzten Modeljobs, komme ich in Venedig an und will nur noch eines - ein Bett! Ich weiß nicht, wie viele Tage an einem Stück ich gearbeitet habe, vermutlich mehr als einhundert. Doch jetzt ist Schluss. Ich mache Urlaub. Schon früh am Morgen habe ich den Zug in Rom bestiegen und schleppe nun meinen Koffer die gefühlten zweihundert Stufen des alten Palazzo hinauf, in dem meine Tante Lucia ihr Zuhause hat. Sie verbringt die ersten drei Monate des Jahres in Cannes, sodass ich die Wohnung ganz für mich haben werde. Ich habe sie schon mehrmals besucht, daher habe ich einen eigenen Schlüssel. Lucia hat außer mir keine lebenden Verwandten, also werde ich die Wohnung sowieso irgendwann erben. Sie ist wirklich wunderschön. Hoch über den Dächern, im fünften Stock, ohne Fahrstuhl wohlgemerkt. Doch Treppensteigen ist gut für Po und Oberschenkel. Aber muss es unbedingt mit einem Koffer sein?

Ich wuchte das große Teil in die fünfte Etage, schließe die Tür auf und lasse sie hinter mir ins Schloss fallen.

Zuhause!

Diese Wohnung ist wirklich ein Paradies. Die Wände zieren keine Tapeten, sondern Wandbemalungen, die Michelangelo nicht schöner hätte zaubern können. Lucia hat ein Faible für antike Möbel, schöne Gemälde und auch das passende Kleingeld dazu. Überall stehen Einzelstücke, die sie aus der ganzen Welt zusammengetragen hat. Ich werde es nicht leid, mir bei meinen Besuchen ihre Geschichten darüber anzuhören. Die Wohnung verfügt über zwei Schlafzimmer, wobei eines ständig für mich reserviert ist. Dann gibt es eine große, modern eingerichtete Küche, einen grünen Salon mit Flügel und ein riesiges Wohnzimmer. Das Badezimmer ist im letzten Jahr modernisiert worden und sehr chic. Doch das Beste an dieser Wohnung ist die Dachterrasse, die fast hundert Quadratmeter misst. Die Blumen sind zum Überwintern im kleinen Gewächshaus untergebracht, doch im Sommer ist dies hier eine wunderbare Oase der Erholung.

Schnell packe ich den Koffer aus, damit meine Kleidung nicht knittert, denn ich muss noch mal runter, weil der Kühlschrank leer ist.

Das Haus liegt auf der Riva Ferro, ganz in der Nähe der Rialto Brücke, direkt am Canale Grande; dementsprechend lebhaft ist das Treiben auf der Straße. Zu dieser Jahreszeit gehen die Besucherzahlen normalerweise zurück, aber eben nicht im Karneval. Überall laufen kostümierte Menschen herum, sie tragen wundervolle venezianische Masken, aufwendige Gewänder; man könnte meinen, ich hätte eine Zeitkapsel bestiegen und wäre im achtzehnten Jahrhundert gelandet.

Ich laufe einige Türen weiter zum Gemüsehändler und decke mich dort für das Wochenende ein. Viel brauche ich nicht, aber auch wenn ich ein Model bin und auf meine Figur achten muss, esse ich gerne. Lucia sagt immer: Kind du bist nicht dick, nur an den richtigen Stellen gut proportioniert. Gut, mein Busen ist üppig, aber das hat bisher noch jedem Mann gefallen. Auch wenn es nicht viele Männer in meinem Leben gibt, denen ich zugestehe, darüber ein Urteil abgeben zu dürfen. Aber ich registriere ihre Blicke. So wie den des Gemüsehändlers, der gleich Stielaugen bekommen hat und seinen Blick gar nicht mehr von meinem Ausschnitt losreißen konnte.

Im Hausflur treffe ich auf einen Mann, der vor Lucias Wohnungstür steht.

»Möchten Sie zu Lucia Randolfo?«, frage ich freundlich.

»Oh, nein. Sie ist nicht da. Ich wollte ihr nur die Zeitung vor die Tür legen. Ich bin ihr Nachbar, wohne eine Etage tiefer.«

»Oh, buon giorno! Ich bin Layla, Lucias Nichte. Sie hat mich eingeladen, eine Woche in ihrer Wohnung zu wohnen. Ich habe Sie hier im Haus noch nie gesehen.«

»Lucias Nichte?«, fragt er verblüfft und schaut mich überrascht an. »Ich bin neu im Haus. Wohne erst seit einigen Monaten hier. Lucia ist eine sehr nette Frau, wir trinken oft einen Espresso zusammen.« Er lächelt und scheint nett zu sein.

»Dann bin ich also für die nächste Woche ihre Nachbarin. Ich trinke zwar keinen Espresso, aber vielleicht haben Sie Lust auf einen Kaffee?«

Sein Lächeln wird breiter und er hält mir die Hand hin. »Sehr gerne, ich bin Umberto, schöne Frau. Lucia hat Sie glaube ich erwähnt, Sie sind doch ...!«

»Das Model.« Ich ergreife seine Hand und er zieht mich an sich, drückt mir zwei Küsse auf die Wangen. Er hilft mir, nimmt meine Einkaufstüte und ich schließe die Wohnung auf.

»Richtig. Das Model.« Umberto schleppt alles in die Küche, räumt die Lebensmittel in den Kühlschrank, während ich den Kaffee zubereite. Er scheint sich hier gut auszukennen, was mir zeigt, dass er schon öfter hier zu Gast war.

»Wie trinken Sie Ihren Kaffee?«

»Schwarz, wie meine Seele.« Er schenkt mir ein weiteres Lächeln. Eigentlich sieht er sehr gut aus. Braune Locken, die ihm in die Stirn fallen. Dunkelbraune Augen, die fast schwarz wirken. Eben ganz Italiener. Ich schätze ihn auf Mitte dreißig. Natürlich besitzt er auch eine ganze Portion Charme, an der ich nicht vorbei komme. Ich reiche ihm eine Tasse, und er greift danach, umschließt dabei meine Hand. »Sie müssen mir einen Gefallen tun, Layla!« Seine Stimme ist ganz rau, mein Herz setzt eine Sekunde aus. Im Moment bin ich sehr empfänglich für solche Art von Männern.

»Es kommt auf den Gefallen an«, wispere ich und muss mich räuspern, damit mir meine Stimme nicht vollends versagt.

»Ich bin heute Abend auf eine Party eingeladen und benötige noch eine Begleitung. Bitte seien Sie mein Gast.« Er hat so einen gewissen Augenaufschlag, der mir verrät, dass diese sieben Tage keineswegs ruhig verlaufen werden.

»Oh, mir steht der Sinn überhaupt nicht nach Feiern. Ich möchte ein wenig ausspannen, weil ich in den letzten Monaten nur gearbeitet habe.«

»Dann ist eine Party doch genau die richtige Abwechslung. Bitte Layla, Sie können mich unmöglich im Stich lassen.« Seinem Hundeblick ist kaum zu widerstehen.

»Was muss ich anziehen?« Ich ergebe mich.

»Abendgarderobe, und Sie benötigen eine Maske. Ich werde Sie um halb neun abholen.«

Schneller, als ich sehen kann, hat er sich erhoben und schlendert zur Tür. Mir fällt auf, dass er im Flur eine Sekunde länger als nötig vor dem großen Gemälde verweilt, das ich selbst dort noch nie gesehen habe. Bevor ich etwas sagen kann, ist er aus der Tür und ich stehe ohne Schirm im Regen.

Kapitel 2

Das Abendkleid ist nicht das Problem. Ich habe immer welche dabei, als würden sie zu meinem Leben gehören. Mit einer Maske sieht es schon anders aus. Ich mache mich auf die Suche und finde in Lucias Wäscheschrank eine schwarze Maske mit Goldapplikationen. Bingo, wer sagt es denn! Es wäre auch ein Wunder, wenn meine Tante keine Maske im Haus hätte, wo sie doch in Venedig wohnt. Die Maske ist aus einem zarten Material und sitzt recht gut. Sie passt zu meinen grauen Augen und dem dunkelgrauen Abendkleid. Wenn ich mit dieser Einladung so überfallen werde, will ich auf jeden Fall gut aussehen.

Schnell springe ich noch unter die Dusche, esse ein wenig Obst und mache mich für den Abend fertig. Sorgfältig schminke ich mich, suche besonders schöne Dessous aus und nach knapp einer Stunde schlüpfe ich in meine High Heels.

Pünktlich klopft es an der Tür.

»Signora Layla! Sie sehen umwerfend aus.«

Etwas übertrieben, doch ich bedanke mich höflich für dieses Kompliment. Umbertos schlanker Körper steckt in einem schwarzen Smoking. Das weiße Hemd strahlt und seine Fliege sitzt perfekt.

»Wo ist ihre Maske?«

Er zeigt auf die Innentasche der Smokingjacke. »Ich trage sie unter meinem Herzen.« Dabei lächelt er wieder dieses verheißungsvolle Lächeln, das mich zum Schmelzen bringt. »Können wir?«

Ich werfe mir die Stola über die Schultern und schnappe meine Clutch, in der ich Handy, Schlüssel und einen Lippenstift untergebracht habe, für mehr ist einfach kein Platz.

Anstelle eines der Vaporetto zu nehmen, führt mich Umberto durch ein Labyrinth von Straßen. Wir laufen über die Rialto Brücke, landen irgendwann in der Calle Toscana. Die Gasse ist so eng, dass wir kaum nebeneinander laufen können. Die Häuser sind alt, wie fast alle in Venedig, doch sie scheinen hier auch verfallen und kaum bewohnt. Für einen Moment bekomme ich ein mulmiges Gefühl. Wie kann ich nur einem Mann folgen, den ich kaum kenne? Lucia hat Umberto noch nie erwähnt, dabei gehören die Mitbewohner zu ihren engsten Freunden. Meine Schritte werden zögerlicher.

»Signora Layla. Sie brauchen keine Angst zu haben. Es sind gute Freunde, die diese Party veranstalten. Einen italienischen Abend.«

»Was bedeutet das?«

»Es werden nur italienische Speisen gereicht und Lieder gespielt. Wir werden einen schönen Abend verbringen.«

Er strahlt so viel Zuversicht aus, dass ich mein Misstrauen ablege. Vor einer blauen Holztür bleiben wir stehen. Umberto klopft und sofort öffnet sie sich einen Spalt breit. Er reicht eine Einladung weiter, und ein Mann, der fast zwei Köpfe größer als Umberto ist, prüft sie mit einem unfreundlichen Gesichtsausdruck.

»Umberto Cavalli und Layla ...«, er blickt mich fragend an.

»Randolfo, wie meine Tante«, flüstere ich ihm zu.

»Und Layla Randolfo.«

»Haben Sie Ihre Masken dabei?«

Umberto nickt und wir setzen die Verkleidung vor unsere Gesichter.

Der unfreundliche Kerl in einem schwarzen Anzug nickt und öffnet die Tür ein Stück weiter, bittet uns mit einer Geste herein.

Italienische Klänge empfangen uns, als wir die hohe Treppe in den ersten Stock hinauf gehen. Hinter einer Tür kommt ein großer Ballsaal zum Vorschein. Mag das Haus von außen auch noch so verfallen wirken, von innen ist der Palazzo gut erhalten, vermutlich kernsaniert. Große Lüster hängen von der Decke, die Wände sind mit teuren Samttapeten behangen. Bodenlange Spiegel säumen die Wände zwischen den Fernstern. In einem Nebenraum ist ein großes Büfett aufgebaut, eine Pyramide mit Champagnergläsern. Es gibt sogar eine Eisskulptur - in der Form eines fliegenden Engels.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Rhiana Corbin
Bildmaterialien: © Renzo79 – Getty Images,
Cover: Andrea Wölk
Tag der Veröffentlichung: 19.09.2021
ISBN: 978-3-7487-9498-1

Alle Rechte vorbehalten

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