Cover

Leseprobe Kapitel 1-3

 

Kapitel 1

- William -

 

»Und wenn ihr mich noch tausendmal fragt, ich werde mich nicht zum Affen machen«, grummle ich in mein Bier. Ich hasse Karaoke.

»Ach, jetzt komm schon!« Carlo kann es einfach nicht lassen. »Peter und Chase haben sich auch getraut.«

»Was willst du mir damit sagen? Etwa, dass ich feige bin?«

Trotz des Katzengejammers, das im Hintergrund läuft, erschlägt mich beinahe die plötzliche Stille am Tisch. Ich blicke auf und sehe alle drei fies grinsen.

Verdammt noch mal, sie wissen ganz genau, dass sie mich bei den Eiern haben. Äußerlich gebe ich mich weiterhin mürrisch. Innerlich freue ich mich auf ihre dummen Gesichter. Ich mag mich zwar wie immer sträuben und wäre lieber an einem anderen Ort, aber heute Abend stehe ich nicht unvorbereitet dort oben. Was keiner weiß: Ich habe zu Hause geübt, bis mir die Stimme versagte. Ich wollte es ihnen endlich einmal heimzahlen, was sie mir die ganzen Jahre über angetan haben. Diese kleinen Mistkerle. Ich schiebe das Bierglas von mir und brumme »Idioten«, bevor ich mich erhebe und den sich vor Scham windenden Kerl auf der Bühne von seinen Qualen erlöse.

Mir folgt das Gejohle meiner Begleiter, während Buhrufe meinen Leidgenossen dazu ermutigen sollen, dem Elend ein Ende zu setzen. Als ich ihm das Mikrofon und die Fernbedienung für den Monitor aus der Hand nehme, seufzt er erleichtert auf. Offensichtlich scheint er ebenso wie ich ein Opfer boshafter Kumpane zu sein.

Ich lächle ihn mitfühlend an. »Gönn dir einen Drink. Sag dem Barkeeper, der geht auf mich.«

Applaus brandet auf. Nicht da ich anfange zu singen, eher weil der bemitleidenswerte Typ mit hängenden Schultern von der Bühne stapft.

Ich wende mich an die grölende Menge. »Hey, lasst die arme Seele in Frieden und ich entschuldige mich im Voraus. Aber ich bin nicht freiwillig hier oben.« Ich deute auf unseren Tisch. »Ihr könnt euch bei meinen lieben Freunden bedanken.« Ich blicke auf den Monitor, suche ein bestimmtes Lied in der Playlist und erkläre beiläufig: »Wie lange sie das noch sind, wird sich herausstellen.«

»Ich nehme sie dir ab, falls du für sie keine Verwendung mehr hast«, posaunt ein ganz Gewitzter quer durch die Bar. Allgemeines Gelächter.

»Er würde uns vermissen«, entgegnet Carlo im Brustton der Überzeugung.

»Das lasse ich gern auf einen Versuch ankommen«, kontere ich und halte wie ein Rockstar die Hände hoch, um für Ruhe zu sorgen. »Und jetzt aufgemerkt und so …«

Erneutes Gegröle. Diesmal nicht nur aus unserer Ecke.

Die ersten Takte von Pharrell Williams Happy erklingen und frenetischer Applaus schallt durch den Saal, begleitet von Buhrufen eines Dämlacks zu meiner Linken, der bereits den ganzen Abend auf Krawall aus ist.

Dem mosernden Kerl strecke ich meinen Mittelfinger entgegen, während ich die ersten Zeilen singe und im Rhythmus des Liedes auf der Bühne umherspringe, um das Publikum zum Mitmachen zu animieren. Für den Moment blende ich alles um mich herum aus und sehe vor meinem inneren Auge das Musikvideo ablaufen, das ich gefühlt eine Million Mal angesehen habe, um mich nicht wie ein Volltrottel zu bewegen. Es dauert nicht lange und mich packt die Gute-Laune-Stimmung, die der Song mit sich bringt und auf einen überträgt, ob man will oder nicht. Die ersten Zeilen sind gesungen, ohne dass ich auf den Text schauen muss. Ich kann ihn im Schlaf singen. Was ich vielleicht sogar getan habe. Aber selbst wenn, würde das niemanden stören, da ich allein lebe.

Als ich ganz in meiner Show bin, öffne ich die Augen und sehe, wie meine Freunde mit herabhängenden Kinnladen dasitzen und erstaunt glotzen. Tja, wenn ihr denkt, ihr könnt mich auflaufen lassen – schon wieder –, dann habt ihr euch geschnitten.

Der Text sitzt. Meine Performance ist 1A und es hält niemanden mehr auf den Sitzen. Ich schwitze wie ein Schwein, aber sämtliche Gäste stehen um ihre Tische herum und brüllen mit mir im Einklang aus Leibeskräften: »Because I’m happy …« Zum Ende hin übernehmen sie sogar den Background und trällern vergnügt »Yeah!« an den passenden Stellen.

Der Saal tobt und mittlerweile haben sich Peter, Chase und Carlo von ihrem Schock erholt und stimmen begeistert mit ein, bis die letzten Töne verklingen.

Ich stecke grinsend und überaus selbstzufrieden das Mikro in die Halterung. Es herrscht absolute Stille. Eine Stille, die mich für einen Wimpernschlag verunsichert. Plötzlich erklingt ein einsames Klatschen. Carlo. Dann schließt sich der Rest an und tosender Applaus lässt mich erleichtert bis über beide Ohren strahlen. Ich spüre, wie meine Mundwinkel beinahe die Ohrläppchen berühren. Die Sache artet in Standing Ovations aus. Ich verneige mich wie ein Star und beuge mich zum Mikrofon vor. »Es war mir eine Ehre, Leute. Aber jetzt habe ich mir einen Drink verdient. Also, wer will als Nächster?« Ich blicke zu Carlo und grinse fies, ehe ich in seine Richtung zeige und rufe: »Da haben wir schon einen Kandidaten.«

»Entweder ich singe oder geb dir einen aus«, entgegnet er mit schwerer Zunge, wirkt dabei aber total gelassen. Das ist so typisch für den Mann. Ich werde es wohl nie schaffen, ihn mal so richtig aus der Reserve zu locken.

Erneut wende ich mich an das Publikum. »Ihr habt’s gehört.«

Die Moserbacke von zuvor gesellt sich zu mir auf die Bühne und klopft mir anerkennend auf den Rücken. »Nichts für ungut. Ich übernehme hier und du genießt deinen wohlverdienten Drink, Kumpel.«

Ich nicke ihm dankend zu und deute auf die Leute vor uns. »Sie gehören dir.« Daraufhin eile ich von den Brettern, die mir absolut gar nichts bedeuten, und quäle mich durch bewundernde Zuschauer. Allmählich tauche ich aus dem Adrenalinrausch auf und werde mir umso klarer bewusst, was ich da gerade getan habe. Gott, wie peinlich.

»Verdammt, Bill, das war … Ich finde keine Worte dafür«, nimmt mich Carlo voller Begeisterung und leicht angesäuselt in Empfang, als ich es endlich schaffe, an unseren Tisch zu gelangen. Er ist der Einzige, der mich je Bill genannt hat. Früher viel öfter. Warum auch immer, in den letzten Jahren passiert ihm das nur noch sehr selten. Eigentlich so gut wie gar nicht mehr. Weshalb ich einen Moment stutze und ihn überrascht ansehe. Carlo steht neben mir und runzelt die Stirn, als würde er überlegen, was er Absonderliches getan haben soll, um bei mir diese Reaktion zu bewirken. Dann weiten sich für eine Sekunde seine Augen, ehe er kommentarlos die Schultern zuckt und sich Peter und Chase zuwendet. »Wir gehen Getränke holen, was soll’s für euch sein?«

»Bier«, erklärt Peter, während Chase zeitgleich »Wein« sagt. Sie wechseln einen kurzen Blick, als würden sie mit einer dusseligen Bemerkung des jeweils anderen rechnen. Dann grinsen sie sich dämlich verliebt an und küssen sich.

Carlo stöhnt. Ich stöhne.

»Ob das jemals aufhört?«, fragt Carlo mich.

»Nach anderthalb Jahren sollte man das annehmen. Aber die zwei scheinen den Rekord in Frischverliebt aufstellen zu wollen.«

Carlo hakt sich bei mir unter und zieht mich vom Tisch in Richtung Bar. »Komm, lassen wir ihnen ein bisschen Privatsphäre. Kannst mir beim Tragen helfen.«

»Privatsphäre? Du bist witzig. Falls es dir nicht aufgefallen ist … Wir befinden uns mitten in der Gold Dust Lounge. Von Privatsphäre kann wohl kaum die Rede sein.«

»Haarspaltereien.« Carlo nickt über seine Schulter. »Schau sie dir doch an. Sie fänden selbst mitten im Black-Friday-Gedrängel Zeit und Platz zum Knutschen. Und ich finde das so …«

»Eklig?«, bin ich ihm behilflich.

Entsetzt schaut er mich an. »Glaubst du das ernsthaft?«

»Ich? Nein. Aber du.«

»Das ist Bullshit. Ich dachte nur …«

Ich stoppe, was dazu führt, dass Carlo ebenfalls ruckartig stehen bleibt, da seine Hand immer noch in meiner Armbeuge liegt. »Was?«

»Was was?«, erkundigt sich Carlo scheinheilig.

»Spuck’s schon aus!« Um uns herrscht weiterhin Trubel und dennoch scheint die Lautstärke abzunehmen, als ich Carlo heftig schlucken sehe.

»Okay, du willst es hören? Dann sage ich es hier und jetzt. Ich dachte, du hättest ein Problem damit.«

»Warum zum Henker sollte ich?«

»Na, weil …«

»Stopp mal! Du hast all die Jahre ernsthaft geglaubt, zwischen Peter und mir liefe was?«

Carlo zuckt die Achseln. »Nicht?«

Ich deute mit dem Zeigefinger auf sein Gesicht. »Das ist Bullshit. Verdammt, Carlo, wie lange sind wir befreundet? Sechsundzwanzig Jahre? Ein gottverdammtes Leben lang und du kennst mich immer noch nicht?«

Er winkt beiläufig ab. »Ist doch unwichtig. Los komm!«

Ich lasse mich von ihm mitziehen, da mir klar ist, dass es nicht der richtige Ort ist, ein ernsthaftes Gespräch mit ihm zu führen, schon gar nicht in seinem duseligen Zustand. Aber eins wird mir bewusst: Ich habe mir all die Jahre, die wir uns kennen, etwas vorgemacht und Carlos Bemerkungen als Fopperei abgetan, die Wahrheit dahinter nicht sehen wollen. All die Anspielungen von Peter zog ich absichtlich ins Lächerliche. Und warum? Weil ich einfach nicht wahrhaben wollte, was ich schon immer tief in mir drin ahnte. Hinter alldem steckte viel mehr.

Die Erkenntnis beschert mir ein schlechtes Gewissen. Wenn dem so ist und Carlo für mich Gefühle hegt, dann tut es mir verdammt leid, so ein ignorantes Arschloch gewesen zu sein. Denn er quält sich bereits eine Ewigkeit damit und auch wenn ich es jetzt weiß, könnte ich sie nicht erwidern. Er ist ein Freund – mein bester Freund. Aber nicht mehr. Und das ist … Was für ein Mist.

»Hey, blas hier keine Trübsal«, holt mich Carlo aus meinen Gedanken. Er hat offensichtlich zu seiner altbewährten Gelassenheit zurückgefunden. Im Gegensatz zu mir, dem scheinbar der Schock ins Gesicht geschrieben steht. Wir sind zwischenzeitlich an der Bar und an der Reihe. »Also, was darf’s sein?« Erneut winkt er ab. »Du siehst aus, als könntest du was Stärkeres vertragen.« Er wendet sich dem Barkeeper zu. »Einen Weißburgunder, ein Lager und vier Scotch.«

»Vier?!«, rufe ich erstaunt aus.

Carlo nickt. »Zwei davon werden wir uns gleich hier genehmigen. Den Rest nehmen wir mit an den Tisch.«

Der Barmann reiht die Gläser vor uns auf und schenkt fleißig ein. Er schiebt uns die ersten zwei Scotch rüber und Carlo reicht mir einen, um sich dann ebenfalls zu bedienen. Daraufhin atmet er einmal tief durch und sagt im feierlich ernsten Tonfall: »Ich wollte nie, dass du es erfährst. Tja, nun ist es so. Ich kann’s nicht ändern, sorry.« Ich will gerade etwas erwidern. Sein Blick lässt mich jedoch innehalten und er fährt leise fort: »Und ja, du kannst es ebenso wenig ändern. Ich weiß, dass du niemals das Gleiche für mich empfinden wirst wie ich für dich. Das ist Scheiße, aber okay. Also lass uns nie wieder drüber reden.« Carlo hebt sein Glas und ich stoße mit ihm an, bevor er hinzufügt: »Auf unsere Freundschaft.«

»Auf unsere Freundschaft«, entgegne ich um einen fetten Kloß im Hals herum.

Ich trinke den Whisky auf ex und könnte gleich den nächsten hinterherkippen. Aber Carlo zwinkert mir zu und deutet auf unsere Getränke.

»Mal sehen, ob die zwei fertig sind.«

 

*

 

Es muss gegen drei Uhr morgens sein, als ich endlich im Bett liege und leise vor mich hin jammere, es möge bitte jemand die Welt anhalten, da sich alles um mich herum dreht. Aber da ist niemand, der das für mich erledigen könnte, also wimmere ich weiter und hänge Arm und Bein über die Bettkante, in der Hoffnung, sie würden mich verankern und mir das Gefühl der Seekrankheit nehmen. Zwei Bier und fünf Scotch waren wohl doch zu viel. Nur nach Carlos Offenbarung …

Trotz des immensen Alkohols im Blut komme ich nicht in den Schlaf. Denn außer, dass mein Magen unschlüssig ist, ober er alles bei sich behalten will oder nicht, geistert mir permanent das Gespräch mit ihm durch den Kopf. Nicht mit meinem Magen. Wer unterhält sich schon mit seinen Innereien? Dafür fehlen mir dann wiederum weitere Scotch. Ich meine natürlich Carlo. Wie blind war ich, wenn ich nie gerafft habe, dass er etwas für mich empfindet, das über Freundschaft hinausgeht? Immerhin kennen wir uns eine halbe Ewigkeit. Wäre Carlos Zunge nicht vom Alkohol gelockert gewesen und hätten die Umstände ihn nicht zu seinen Äußerungen animiert, wer weiß, ob er es mir je erzählt hätte.

 

Wir waren süße achtzehn, als wir aufeinandertrafen. Beide hatten wir nur eins im Sinn: so schnell wie möglich weg von zu Hause.

Carlo rückte nie mit dem Grund seiner Flucht heraus, nur dass er aus Bakersfield stammt. Im Laufe der Jahre reimte ich mir allerdings einen zusammen. Hin und wieder ließ er durchblicken, sein Vater wäre ein aggressives Arschloch, was natürlich alles bedeuten konnte. Aber ich denke, er hat Carlo ziemlich zugesetzt – nicht nur emotional. Scham stand ihm ins Gesicht geschrieben, als ich durch Zufall seinen blanken Rücken sah, der voller Narben ist, die nicht aussehen, als wären sie Folgen eines Unfalls. Ich sprach ihn ein einziges Mal darauf an, erhielt jedoch keine Antwort. Also akzeptierte ich, dass er über was auch immer nicht reden wollte, und fragte nie wieder nach. Von sich aus schnitt Carlo nie das Thema Familie an. Was den Teil seines Lebens anbelangt, der liegt für mich bis heute im Dunkeln.

Meinen Grund, von zu Hause fortzugehen, könnte man Egoismus nennen. Endlich Ruhe zu haben war mein größter Wunsch. Nicht falsch verstehen, ich liebe meine Eltern. Zugegebenermaßen waren sie seit jeher anders als alle anderen. Ich war fünfzehn, als sie auf die glorreiche Idee kamen, ein weiteres Kind in die Welt zu setzen. Ich möchte hiermit in aller Klarheit betonen, keine Vorurteile gegenüber Spätgebärenden zu hegen. Aber mal ehrlich, Mom war bei meiner Geburt bereits nicht mehr die Jüngste, wenn es darum geht, sein erstes Baby zu bekommen. Mit über vierzig kann man das mit Fug und Recht behaupten. Okay, vielleicht empfinde ich das nur so. Dad … tja, er war damals auch nicht mehr der Frischeste. Es lag nicht daran, dass es bei ihnen zuvor nicht geklappt hätte. Nein, sie haben ihr Leben in vollen Zügen genossen, Karriere gemacht und dann entschieden, es wäre an der Zeit, einen Stammhalter zu produzieren.

Kinder sind zum Glück kein Thema, über das ich mir Gedanken machen muss.

Aber zurück zum zweiten Kind. Es blieb nicht bei einem Bruder oder einer Schwester. Zur großen Freude aller kamen Zwillingsbrüder zur Welt.

Juhu!

Natürlich liebe ich die zwei bezaubernden Trottel ebenso sehr wie meine Eltern, seitdem sie mich beim Windelwechseln das erste Mal synchron angepieselt haben. Immerhin sind sie meine Familie. Nur ertrage ich sie alle auf einem Haufen maximal zehn Minuten. Dann erwächst in mir der Wunsch, die nächstbeste Wand mit meiner Stirn Bekanntschaft schließen zu lassen, und zwar mit Anlauf.

Mom war nicht begeistert, als ich ihr verklickerte, ich würde ausziehen, aber sie verstand mich und bot mir jedwede Unterstützung an. Geld war nie ein Thema für sie.

Dad willigte schon immer in alles ein, was sie für in Ordnung befand. Dass die zwei so cool reagierten, lag vielleicht ein Stück weit an ihrer eigenen verrückten Vergangenheit. Womöglich war es auch mein Glück, dass sie in ihren Entscheidungen dermaßen unkonventionell handelten. Aus heutiger Sicht würde ich dem zustimmen. Jedenfalls boten sie mir an, für mich ein kleines Appartement anzumieten, was ich kategorisch ablehnte. Ich wollte zumindest für meinen Lebensunterhalt und ein Dach über dem Kopf selbst aufkommen. Also willigten sie ein, mir die Ausbildung zu zahlen, und ließen mich den Rest auf eigene Kappe nehmen.

Man könnte jetzt natürlich behaupten, mit einem derartigen Sicherheitsnetz im Rücken sei es immer leicht, so zu tun, als wäre man unabhängig. Aber das war ich, und zwar vom allerersten Tag an. Ich suchte mir einen Job beim Chronicle in der Druckerei und verdiente mir dort mein Geld zum Leben. Eine körperlich nicht zu unterschätzende Arbeit, da ich im Lager anfing. Ich studierte in Berkeley Journalismus und schloss mit Bestnoten ab, was mir zusätzlich zu meinem Job ein Volontariat bei den Lokalnachrichten einbrachte, wo ich dann mein Handwerk von der praktischen Seite erlernte. Ich brauchte knapp fünfzehn Jahre, um es vom Wuchten druckfrischer Ausgaben bis zum Chefredakteur zu schaffen, der ich heute bin. Ja, ich habe ganz unten angefangen, obwohl meine Eltern sicher etwas für mich hätten drehen können. Das war aber nicht, was ich wollte.

 

Zurück zu Carlo und mir. Wir waren also beide auf der Suche nach einer bezahlbaren Bleibe. Witzigerweise trafen wir uns innerhalb eines Tages bei drei verschiedenen Besichtigungen, beäugten uns aus der Ferne und sahen in dem jeweils anderen einen Konkurrenten, als wir ein Appartement fanden, das uns gleichermaßen gefiel. Der Typ vom Maklerbüro zuckte mit den Schultern und meinte: »Es ist zwar nicht riesig, aber hier kann man durchaus zu zweit oder zu dritt wohnen.«

Kurzum, wir beschlossen eine Wohngemeinschaft zu gründen und suchten uns einen weiteren Mitbewohner. Das war Peter Sullivan. Ein schlaksiger Kerl aus dem nahe gelegenen Napa Valley und ebenso auf der Flucht vor seiner Familie wie wir. Wobei seine Beweggründe wiederum gänzlich anders lagen als bei Carlo und mir.

 

Tja, das waren unsere Anfänge und daraus ist eine lebenslange Freundschaft entstanden, die es, wie es scheint, in sich hat. Vielleicht sollte ich doch noch mal versuchen, mit Carlo zu reden. Ich würde die Sache ungern einfach im Raum stehen lassen. Auch wenn es ihm so wahrscheinlich lieber wäre.

Aber das bekomme ich sicher nicht mehr heute Nacht geklärt.

Es war eine saudämliche Idee, mitten in der Woche auszugehen. Früher hat mich das nie gestört. Ich konnte nächtelang durchfeiern und am nächsten Tag ohne Probleme aufstehen und meinem Job nachgehen. Heute? Gott, mich graut davor, sobald ich darüber nachdenke, dass in drei Stunden der Wecker klingelt und ich ins Büro muss.

Aber was soll ich sagen? Ich kann Peter und Chase einfach nichts abschlagen. Und wenn die zwei schon von ihrem Weinberg heruntersteigen, um San Franciscos arme Seelen zu besuchen – ihre Worte, nicht meine –, freue ich mir jedes Mal ein Loch ins Knie und setze alle Hebel in Bewegung, um Zeit mit ihnen zu verbringen.

Zumal mir ihre Anwesenheit in meiner Stadt gerade recht kommt, da ich einiges mit ihnen zu besprechen habe.

Worum es dabei geht? Hm, wie soll ich das erklären? Chefredakteur ist eine wunderbare Sache und war auch immer mein Ziel, nur eben nicht das einzige. Da gibt es noch einen Wunsch, den ich mir unbedingt erfüllen möchte: mein eigenes Buch. Ich muss jedoch gestehen, bisher nicht den Schneid gehabt zu haben, es in Angriff zu nehmen. Etwas, das ich gerne ändern würde und wozu ich Peters und Chase’ Hilfe benötige. Weshalb ich mich in unserem letzten Telefonat mit ihnen für den morgigen Mittag zum Essen im Zunis verabredete. Überraschenderweise konnte Peter sich an unser Gespräch vor anderthalb Jahren erinnern. Damals sagte ich ihm bereits, dass die Familiengeschichte der Sullivans und insbesondere die Hintergründe von Joel Sullivans Ableben ein perfektes Thema für einen Roman abgäben. Er und Carlo sind die Einzigen, die seit Ewigkeiten wissen, dass ich ein Buch schreiben will. Ich muss gestehen, es des Öfteren erwähnt zu haben. Na ja, sie nahmen es immer mit einem gutmütigen Lächeln zur Kenntnis. Aber diesmal klang Peter ernsthaft begeistert und bot mir diesbezüglich in jeder Hinsicht Unterstützung an.

Ich seufze verzagt, denn mir wird gerade klar, dass ich im Zunis automatisch Carlo über den Weg laufe. Voller Vorfreude, endlich mein langersehntes Projekt in Angriff nehmen zu können, und verunsichert, was Carlo angeht, kuschle ich mich mit einem kellertiefen Brummen unter die Decke – Arm und Bein natürlich weiterhin über die Bettkante gehängt – und drifte allmählich in den Schlaf.

 

Kapitel 2

- Jeremy -

 

»Elliot, hatten Sie mir nicht gesagt, das psychologische Profil von Hancock läge vor?«, rufe ich zur offenen Bürotür hinaus. »Ich kann es nicht finden.«

»Weil ich es habe«, gibt Dunbar lässig zurück.

Mein Blick folgt seiner Stimme und ich sehe ihn zurückgelehnt und mit auf dem Tisch gekreuzten Fußknöcheln in einer Akte blättern. Was erwartet er jetzt von mir? Etwa, dass ich zu ihm gehe und sie mir selbst hole, obwohl ich ihn gebeten habe, sie mir sofort auf meinen Schreibtisch zu legen? Das könnte ich tun, wäre mir absolut nicht zu fein dafür. Ich brauchte nie einen Wasserträger. Auch wenn ich mich inzwischen Supervisory Special Agent Jeremy Vega schimpfen darf und meine eigene Abteilung leite, die im Augenblick in einem Kunstraub ermittelt, kann ich mir meinen Kaffee durchaus allein holen. Mir ist stets wichtig, meinen Leuten auf Augenhöhe zu begegnen. Wir müssen einander schließlich vertrauen können.

Aber Agent Elliot Dunbar reizt eine Seite in mir, die mittlerweile immer schwerer unter Kontrolle zu halten ist, wenn es um ihn geht. Seine ständigen Provokationen und unterschwelligen Sticheleien bringen mich irgendwann in naher Zukunft dazu, meine jahrelang antrainierte Selbstbeherrschung zu verlieren. So wie in diesem Moment.

Er sitzt da und blättert ungerührt durch die Unterlagen, obwohl er weiß, dass ich auf ihn warte. Ignoranz ist für mich die schlimmste Form von Respektlosigkeit. Nicht die kleinste Reaktion ist zu sehen, die darauf schließen lassen würde, dass er sich in naher Zukunft von seinem Stuhl bequemt.

Der Kerl ist seit knapp zwei Jahren in meinem Team und ich bekomme ihn partout nicht dazu, mit statt gegen uns zu arbeiten. Ich schob es darauf, dass er gern der Rudelführer wäre und seine ausgeprägten Alphagene hin und wieder die Oberhand gewinnen. Man muss nicht alle Menschen mögen, aber mit Kollegen sollte man zumindest zusammenarbeiten können. In den letzten Monaten wurde genau das aus unverständlichen Gründen noch problematischer als zu Beginn. Allmählich schaufelt er sich sein eigenes Karrieregrab. Ich war bisher geduldig. Nun fehlt nicht mehr viel und ich veranlasse seine Versetzung ins Nirgendwo. Sein Verhalten wiegt sein ermittlerisches Geschick bei Weitem nicht mehr auf.

Ich atme tief durch und entscheide mich, Dunbars Spielchen nicht mitzumachen. Mit meinem Jackett über dem Arm trete ich zu ihm, nehme ihm kommentarlos die Unterlagen aus der Hand und wende mich an Agent Driscoll. »Sie begleiten mich.«

Die junge Frau nickt, springt enthusiastisch auf und schlüpft sofort in ihre Anzugjacke. »Natürlich, Sir.«

Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Dunbar sich verspannt und mich von der Seite anfunkelt. Diesmal bin ich es, der ihn ignoriert. Ich kann ihn heute wirklich nicht gebrauchen.

Auch wenn ich mich nicht über ihn geärgert hätte, Driscoll ist bei der bevorstehenden Befragung die bessere Wahl, da es sich bei unserem Gesprächspartner um eine ältere Frau handelt, deren Sohn seit Wochen verschwunden sein soll. Ihre gestrige Vermisstenanzeige fiele nicht in unseren Zuständigkeitsbereich, wäre er nicht ausgerechnet ein Verdächtiger in dem Fall, den wir aktuell bearbeiten. Es geht um einen Kunstraub im San Francisco Museum of Modern Art – kurz MoMa –, bei dem zwei Jackson Pollocks im Wert von mehreren Millionen Dollar gestohlen wurden.

»Dunbar, kümmern Sie sich bis zu unserer Rückkehr um die Aufarbeitung der fehlenden Berichte. Sie wissen schon, die, auf die ich seit drei Tagen warte«, erinnere ich ihn gelassen. In mir brodelt es allerdings.

»Ach, kommen Sie …«, begehrt er auf. Ich blicke zu ihm zurück und sehe, wie er mit einem herablassenden Grinsen auf Frances deutet. »Das kann der Frischling übernehmen.«

Ich wirbele auf dem Absatz herum, trete erneut auf ihn zu und beuge mich vor, sodass nicht jeder im Büro sofort hört, was ich ihm zu sagen habe. Es ist nicht meine Art, mir unterstellte Agents vor anderen zu maßregeln. Hier und jetzt ist das Fass jedoch kurz vor dem Überlaufen. Im autoritären Tonfall gebe ich ihm leise zu verstehen: »Sie können und Sie werden. Sollte bei meiner Rückkehr nicht alles auf meinem Tisch liegen, ziehe ich Sie zur Verantwortung. Also überlegen Sie sich genau, was Sie als Nächstes tun oder sagen.« Ich richte mich ruckartig auf, wende mich ab und lächle Frances zu. »Es kann losgehen, meine Liebe.«

Betretenes Schweigen folgt uns zum Aufzug. Die Türen fahren auf, wir treten ein und ich werfe einen letzten Blick ins Großraumbüro. Dunbars Miene ist wutverzerrt, während die anderen bemüht sind, ihr schadenfrohes Grinsen zu unterdrücken. Was mir einmal mehr Dunbars Stand bei ihnen zeigt. Sympathien scheint er jedenfalls keine hervorzurufen. Ja, ich denke, es wird Zeit, über seine Zukunft hier bei uns nachzudenken. Er schwächt das Team. Und das kann und will ich mir nicht zumuten. Uns allen kann ich das nicht zumuten.

Die Fahrstuhltüren schließen sich, die Anspannung fällt ein wenig von mir ab und ich entlasse den angehaltenen Atem.

»Danke«, flüstert Frances neben mir. Sie lächelt mich verhalten, aber eindeutig mitfühlend an.

Verwirrt über ihre Reaktion und verärgert über mich selbst, vor Driscoll meine Erleichterung nicht verbergen zu können, frage ich: »Wofür?«

»Dass Sie mir den Rücken stärken. Wollte ich Ihnen schon seit Wochen sagen. Heute passt es ganz gut, denke ich. Also: Danke!«

»Das ist doch selbstverständlich. Sie machen Ihre Arbeit hervorragend. Was man nicht unbedingt von jedem behaupten kann.«

»Darf ich offen sprechen, Sir?«

Ich blinzele verdutzt. »Immer.«

»Gut. Ich war mir nicht sicher.« Frances schluckt. Offensichtlich fallen ihr die folgenden Worte nicht leicht. »Dunbar hat ein Problem mit Autorität.«

»Da erzählen Sie mir wirklich nichts Neues.«

»Das ist mir klar, Sir. Aber ich denke, Sie sollten sich vor ihm in Acht nehmen.«

Ich stutze, setze einen Schritt zurück und mustere Frances eindringlich. »Agent Driscoll, wollen Sie mir etwas Bestimmtes sagen?«

Die Fahrstuhltüren gleiten vor uns auf. »Wir reden besser im Auto weiter«, erklärt Frances, bevor sie zur Eingangshalle hinaustritt.

Oha, das klingt nicht gut. Ich folge ihr vor das Gebäude.

»Wer fährt?«, will sie wissen, als ich an ihre Seite trete. Sie scheint ihr gewohntes Selbstvertrauen wiedergefunden zu haben, das ihr im Aufzug für einen Wimpernschlag abhandengekommen war.

»Mein Wagen steht gleich da hinten.« Ich wende mich nach links und gemeinsam gehen wir den Fußweg entlang, auf dem um diese Uhrzeit Scharen von Passanten unterwegs sind. Es ist gegen neun Uhr morgens, dennoch knallt die Sonne erbarmungslos auf uns herab und ich verteufle einmal mehr den Dresscode, dem wir Agents unterliegen.

Generell ist es hier nicht so heiß. Das Klima in San Francisco wird durch den kalten Kalifornienstrom geprägt, eine pazifische Meeresströmung, die der Bucht von San Francisco im Sommer Wassertemperaturen von bis zu sechszehn und maximale Lufttemperaturen von ungefähr vierundzwanzig Grad beschert. Allerdings leidet unsere Stadt seit Tagen unter einer Hitzewelle, die wirklich ungewöhnlich ist.

»Gute Güte, heute ist es wieder unerträglich«, bestätigt Frances schnaufend meinen Eindruck, als wir den anthrazitfarbenen Suburban erreichen und sie sich sofort aus ihrer Jacke schält.

Ich betätige die Zentralverriegelung. »Ein Hoch auf Klimaanlagen, auch wenn es einen Moment dauert, bis es angenehm wird.«

Sie springt auf den Beifahrersitz, hängt ihre Jacke am Haken der Rücklehne auf und schnallt sich an. »Wahre Worte. Verraten Sie mir, wohin es geht?« Frances ist im Gegensatz zu mir winzig. Dabei bin ich für einen Mann mit einem Meter achtzig nicht wirklich riesig. Was ihr an Körpermasse fehlt, macht sie mit ihrer Wendigkeit und Schnelligkeit allemal wett. Denn sie ist drahtig und flink wie ein Wiesel.

Ihr beruflicher Werdegang war sicher steinig. Nicht, dass sie mir je von ihrer Vergangenheit berichtet hätte. Ich kenne rein die Fakten, die ich ihrer Personalakte entnehmen konnte. Agent Frances Driscoll ist einunddreißig Jahre und entstammt einer Familie, deren Männer schon immer auf die eine oder andere Art ihrem Land dienen. Ihr Vater ist ein hochdekorierter General und ihre Brüder haben sich der Navy verpflichtet. Was bemerkenswert ist, da Army und Navy seit jeher eine naturgegebene Rivalität ausfechten – mehr oder weniger freundschaftlich, um es mal vorsichtig zu formulieren.

Ich selbst leistete meinen Beitrag in der Army. Nach Jahren bei den Special Forces nahm ich meinen Abschied, um zum FBI zu wechseln. Ich könnte so einiges aus dem Nähkästchen plaudern, was zwischen Soldaten und Marines abgelaufen ist.

Warum sich Frances ausgerechnet für die Air Force entschied, ist mir schleierhaft. Vielleicht, um ihren Dickkopf durchzusetzen, der wohl ihre hervorstechendste Eigenschaft ist. Sie wäre jedoch nicht angeworben und nach Quantico geschickt worden, verfüge sie nicht über Fähigkeiten, die für das FBI von unschätzbarem Wert sind.

Auch wenn sie noch etwas unerfahren ist, was unsere Arbeitsweise betrifft, ist sie aufgeweckt und lernt extrem schnell. Ich arbeite gern mit ihr zusammen. Soweit ich das beurteilen kann, geht es den anderen Agents wie mir. Sie mag nach außen süß und lieb wirken, zeigt jedoch Krallen, wenn es die Situation erfordert. Sie hat in den letzten Monaten mehr als einmal bewiesen, dass sie taff ist und selbst vor zwei Meter großen, muskelbepackten Hünen nicht haltmacht und diese notfalls auf die Bretter schickt, um ihnen Handschellen anzulegen. Ein wirkliches Schauspiel, das ich durchaus mit einem Lächeln auf den Lippen genossen habe.

Auf dem Schießstand ist sie exzellent und kann mit jedem von uns mithalten. Ihre Intelligenz und Auffassungsgabe ist überragend und doch lässt sie nicht die Besserwisserin raushängen. Ja, sie ist absolut patent und ich würde ihr mein Leben anvertrauen. Was ich im Grunde bereits damit beweise, dass ich sie nicht wie üblich die ersten Monate im Innendienst versauern lasse, sondern ebenso im Außendienst einsetze. Sie ist mir hier draußen eine größere Hilfe. Und noch etwas, sie bringt mich auf andere Gedanken, wenn Dunbar mal wieder Kapriolen schlägt. Ich mag ihre unkomplizierte Art, die Dinge zu sehen.

Wir befinden uns zwischenzeitig auf dem Weg raus aus San Francisco und mir fällt plötzlich die extreme Stille auf. Was hatte sie gleich wissen wollen? Ah ja, wohin die Reise geht.

»Sorry, ich war in Gedanken«, entschuldige ich mich.

Frances winkt ab. »Schon okay. Ich verfalle selbst manchmal in spontanes Grübeln.«

Ich lache. »Das war eben eine glatte Lüge.« Mir ist nicht entgangen, dass Frances, egal worum es geht, immer hoch konzentriert ist.

»Wie dem auch sei.«

»Ich sage Ihnen, was unser Ziel ist, und Sie erzählen mir den Rest von Dunbar.« Ich werfe ihr einen Blick zu. »Nicht, dass ich das vergessen hätte.«

»Deal.« Sie klingt angespannt. Ihre lockere Art ist verflogen. Was ist das nur mit Dunbar? Wobei, sie wird sich Gedanken darüber machen, wie ich darauf reagiere, dass sie Informationen über einen ihrer Kollegen preisgibt, und das, wo sie erst kurz bei uns ist.

»Wir fahren nach Yountville, um die Mutter von Elias Partel zu befragen.«

»Ist er neben Hancock nicht einer der Verdächtigen im Raub der Pollock Bilder? Da fällt mir ein, wie sind wir überhaupt an den Fall gekommen? Ich meine, sonst ermitteln wir doch nur in Mordfällen, nicht wahr?«

»Richtig. Die Abteilung für Kunstraub aus Washington bat darum, dass wir uns der Sache annehmen. Im Laufe des Tages wird ein Kontaktmann eintreffen, der mit uns zusammenarbeitet. Sie wollten dennoch, dass wir so schnell wie möglich die Befragung durchführen.«

»Washington?«

»Ja, für einen derartigen Fall fehlen uns die Ressourcen, um nicht zu sagen, die Fachleute. Ich kann einen Pollock nicht von einer Terrazzoplatte unterscheiden. Falls Sie verstehen, was ich meine. Jedenfalls läuft wegen Partel eine Fahndung. Als Mrs. Partel ihren Sohn als vermisst meldete, kontaktierte uns Washington. Den Rest kennen Sie.«

»Seltsam, oder?«

»Na ja, die arme Frau muss ja nichts von den Machenschaften ihres Sprösslings wissen. Wovon ich ausgehe, da sie ihn sonst sicher nicht als vermisst gemeldet hätte.«

»Auch wieder wahr. Helfen Sie mir auf die Sprünge, wo liegt Yountville noch mal?«

»Im Napa Valley.«

Ruhe.

Erneut blicke ich zur Seite. »Was ist?«

Frances starrt mich mit riesigen Augen an. »Ähm, sorry. Ich habe Sie nur noch nie so reden hören.«

»Was meinen Sie? Ich sagte doch nur, wohin es geht.«

»Das ist es nicht. Aber wie Sie es gesagt haben. Na ja, also das klang irgendwie …«

»Hm?«

»Ach, vergessen Sie es.«

»Nein, nein, das will ich jetzt genau wissen.«

»Mist, ich hätte nichts sagen sollen«, murmelt Frances.

Ich grinse vergnügt, bin dennoch neugierig, was sie damit meinte. »Das ist ein Befehl, Agent Driscoll.«

»Ach, was soll’s. Sie haben irgendwie so sehnsüchtig geklungen.«

Ich runzle unwillkürlich die Stirn. »Hab ich das?«

»Ja, als Sie Napa Valley erwähnten.«

Tja, da haben wir wohl noch einen Punkt, weshalb sie in unserem Team ist: ihre Beobachtungsgabe.

»Ist mir gar nicht aufgefallen.« Ist es tatsächlich nicht. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, woher meine Reaktion rührt. Napa Valley und im Besonderen ein ganz bestimmtes Weingut beschert mir seit etlichen Monaten Erinnerungen, die mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Denn als ich in einem vermeintlichen Mordfall ermittelte, traf ich dort auf einen Mann. Was im Grunde nichts Außergewöhnliches ist. Aber …

Wir haben uns nicht gesprochen, nur ein einziges Mal gegenübergestanden – vielleicht dreißig Sekunden, wenn es hoch kommt. Und dennoch kann ich ihn nicht vergessen. Ich weiß bis heute nicht, wer er war. Ich weiß nur, dass er ein Freund von Peter Sullivan sein muss.

Ich war in Sachen Joel Sullivan auf Eagle Rock – dem Familiensitz der Sullivans. Der Patriarch – ein unangenehmer Zeitgenosse – starb an einem Herzinfarkt und es stellte sich heraus, dass es kein natürlicher Tod war. Als ich bei Mrs. Sullivan war, um sie darüber zu unterrichten und erneut zu befragen, hielt sich dieser gut aussehende Mann dort auf. Er zog sich jedoch sofort zurück, um mich mit Mrs. Sullivan unter vier Augen reden zu lassen. Anschließend war er wie vom Erdboden verschluckt.

Sicher, ich hätte ganz einfach nach ihm fragen können. Aber irgendwie hatte es sich nicht ergeben. Tja, was also meinen sogenannten sehnsüchtigen Tonfall betrifft, er rührt daher, dass ich immer noch ums Verrecken gern wissen würde, wer er war.

»Wir hatten einen Deal«, erinnere ich Driscoll und lenke so hoffentlich von mir ab.

»Stimmt.« Sie blickt aus der Frontscheibe und lächelt wissend in sich hinein.

»Dunbar. Was ist mit ihm? Und nur fürs Protokoll, alles, was Sie mir jetzt erzählen, bleibt unter uns, wenn Sie das wünschen.«

»Danke, das weiß ich zu schätzen. Ich hoffe, Sie wissen, dass ich normalerweise nicht über Kollegen tratsche.«

»Wir kennen uns zwar noch nicht allzu gut, aber ja, das ist mir durchaus bewusst. Also raus mit der Sprache.«

»Ich kann meinen Finger nicht drauflegen, bin allerdings überzeugt, dass Agent Dunbar irgendein krummes Ding am Laufen hat, das Ihnen über kurz oder lang schaden wird. Wie gesagt, ich weiß im Einzelnen nicht, worum es geht. Mir ist nur das eine oder andere Telefonat aufgefallen, das er führte, als er dachte, er wäre allein im Büro.«

Wieder stutze ich. »Sie sitzen keine fünf Schritte von Dunbar entfernt, er muss sie doch gesehen haben.«

Frances lacht. »Ich zähle für ihn nicht.«

»Wie meinen Sie das?«

Sie zuckt beiläufig die Schultern. »So wie ich es gesagt habe. Er sieht mich nicht. Soll heißen, ich bin für ihn kein vollwertiges Mitglied des Teams. Ich denke, er stuft mich maximal als Assistentin ein, gut genug, um ihm Kaffee zu holen. Ich meine, sie haben ihn vorhin gehört, oder nicht?«

Ich setze den Blinker und werfe einen Blick in den Rückspiegel und zur Seite, um mich in den Verkehr auf der Interstate 80 in Richtung Napa Valley einzufädeln. »Ja, das ist mir aufgefallen.«

»Erst vor zwei Tagen saß ich abends im Büro und hörte, wie er Ihren Namen nannte, als er abermals ein langes Gespräch mit wer weiß wem führte. Sicher, es hätte unverfänglich sein können, aber mir gefiel sein seltsamer Tonfall nicht. Er klang irgendwie gefährlich und respektlos.«

Was hat Dunbar vor? Ich blinke erneut und fahre auf die Überholspur. »Und Sie konnten nicht raushören, worum es ungefähr ging?«

Schweigen.

Ich werfe Frances einen kurzen Blick zu. Sie schaut weiterhin geradeaus und kaut nervös auf ihrer Unterlippe.

»Fran … Ich darf doch Fran sagen?«

Sie lächelt und nickt. »Ist zwar ungewohnt, da mich nur meine Mutter so nennt. Aber ja, das ist okay, Sir.«

»Jeremy.«

Ein überraschtes Schnauben. »Sind Sie sicher, Sir? Niemand nennt Sie so.«

Sie hat recht. Ich wünsche mir einerseits Vertrauen, will andererseits die Grenze des Respekts nicht verwaschen, indem ich jedem erlaube, mich beim Vornamen zu nennen. »Wenn wir unter uns sind, sollte das kein Problem sein, oder?«

Sie strahlt über das ganze Gesicht. »In Ordnung. Das finde ich sehr fair, Jeremy.«

Ihr fröhlicher Tonfall bringt mich zum Lachen. »Fran, ich mag Sie.«

»Dito.«

»Zurück zu Dunbar. Liege ich richtig, wenn ich behaupte, da ist noch etwas, das sie mir sagen wollen?« Sie würde nicht grundlos auf ihrer Unterlippe rumkauen.

Fran verzieht den Mund und seufzt. »Na ja, ich muss zugeben, ein wenig nachgeforscht zu haben.«

»Inwiefern?«

»Dunbar hat die Telefonate bisher über sein Handy geführt. Außer vor zwei Tagen.«

»Okay«, hake ich skeptisch nach.

»Er nutzte das Festnetztelefon. Und na ja, ähm. Also, nachdem er das Büro verließ, übermannte mich die Neugierde und ich drückte an seinem Apparat auf Wahlwiederholung.«

»Und?«

»Sagt Ihnen der Name Roland Banks was?«

»Was?!« Ich bin so erschrocken, dass ich um ein Haar das Steuer verreiße. Was Fran dazu veranlasst, den Angstgriff zu packen und sich mit einem Aufschrei festzukrallen.

»Herrje, jetzt bin ich wach«, kommentiert sie knochentrocken mein halsbrecherisches Manöver.

Vorsichtshalber wechsele ich zurück auf die rechte Spur. »War er selbst am Telefon?« Das kann ich mir nicht vorstellen, da er einsitzt.

»Nein, es war die Nummer vom Strafvollzug in Folsom. Der Kollege dort erklärte mir, ein Roland Banks hätte kurz zuvor einen Anruf erhalten.«

»Was zum Henker hat Dunbar mit Banks zu schaffen?«, sinniere ich leise vor mich hin.

»Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Aber vielleicht sollten wir diesem Banks einen Besuch abstatten, um bei ihm auf dem Busch zu klopfen. Was meinen Sie? Ich kann das gern für Sie übernehmen. So halten wir Sie aus allem raus.«

»Es wird Fragen aufwerfen, warum unsere Abteilung plötzlich Interesse an einem Mann zeigt, dessen Fall seit einem Jahr abgeschlossen ist.«

»Dann hatten Sie mit ihm zu tun?«

»Dunbar und ich ermittelten gegen ihn.«

Fran zuckt gelangweilt die Schultern, winkt ab und zwinkert mir zu. »Ich kann ja als neugieriger, frischgebackener Agent dort aufschlagen, der sich gern über abgeschlossene Fälle informiert, um etwas daraus zu lernen. Und wenn ich einmal vor ihm sitze. Tja, wer weiß …«

»Das kann ich nicht von Ihnen verlangen.«

»Doch, können Sie.«

Ich seufze. »Also gut. Aber ich möchte, dass Sie keine Dummheiten machen. Halten Sie mich auf dem Laufenden und lassen Sie uns eventuelle Schritte gemeinsam entscheiden.«

»Selbstverständlich.«

Mir geistern tausend Dinge durch den Kopf. Was Fran offensichtlich bemerkt, denn sie holt ihr Handy hervor und scheint sich mit irgendetwas abzulenken, um mich in Ruhe nachdenken zu lassen. Sehr einfühlsam, denke ich, als ich auch schon wieder bei Banks bin.

Er war der Grund dafür, dass ich überhaupt nach Napa Valley fuhr und mit den Sullivans in Kontakt getreten bin. Banks ist der Mann, den wir vor gut einem Jahr wegen schwerer Erpressung hinter Schloss und Riegel brachten – inklusive seiner Auftraggeber. Lange genug hatte es gedauert. Und ich begreife bis heute nicht, warum das der Fall war, warum es uns so schwerfiel, Banks festzunageln. Jetzt zu hören, dass Dunbar mit ihm telefoniert, und das womöglich regelmäßig, obwohl wir rein gar nichts mehr mit ihm zu tun haben, lässt Alarmglocken in mir schrillen.

Kann es sein, dass Dunbar die damaligen Ermittlungen behinderte? Vorsichtig, Jeremy! Du darfst keine voreiligen Schlüsse ziehen.

Jedenfalls nahm ich zu jener Zeit an, Banks hätte etwas mit dem Tod von Joel Sullivan zu tun. Dem war nicht so. Es stellte sich heraus, dass den ein anderer zu verantworten hatte, der nun ebenfalls in Folsom einsitzt. Ein Mann, der mir unendlich leidtut.

Doktor Lance Brown hat Fehler begangen, schwerwiegende Fehler, die Mr. Sullivan das Leben kosteten. Aber er tat es aus Liebe. Sicher, das mag keine Rechtfertigung sein und er verbüßt nun auch seine Strafe dafür, dennoch kann ich Lance’ Beweggründe verstehen. Denn immerhin ging es um seine Tochter und die Liebe seines Lebens. Ich würde für meine Tochter ebenfalls so einiges auf mich nehmen, wenn ich sie vor etwas oder jemandem beschützen müsste.

Der Unterschied zwischen Lance und mir ist jedoch der, dass ich absolut keinen Kontakt zu meinem Engel habe, von dessen Existenz ich vor zwei Jahren durch Zufall erfuhr. Meine Kleine heißt Audrey und ist mittlerweile vierzehn Jahre alt. Okay, so klein ist sie nicht mehr, gleichwohl sehe ich sie als meine Kleine an, auch wenn sie überhaupt keinen Schimmer hat, dass ich ihr Vater bin.

Nun gut, eins nach dem anderen. Jetzt konzentrieren wir uns auf die Befragung von Mrs. Partel und dann auf das, was zwischen Banks und Dunbar läuft.

Ein hysterisches Klingeln reißt mich aus meinen Überlegungen und ich schaue automatisch zu Frances, die mich anlächelt und sagt: »Meins ist es nicht.«

Eilig stöpsle ich mir das Headset ins Ohr und drücke am Bordcomputer auf Rufannahme. Hätte mir auch gleich auffallen können, dass es mein Handy ist, das da quäkt.

»Vega«, melde ich mich, ohne zu wissen, wer dran ist.

»Mr. Vega, hier ist Peter Sullivan. Ich hoffe, ich störe Sie nicht bei etwas Wichtigem.«

»Mr. Sullivan?!«, frage ich idiotischerweise nach. Manchmal ist das Schicksal echt unglaublich. »Ich habe eben an Sie denken müssen«, gebe ich amüsiert zu.

»Oh gut, dann kommt mein Anruf ja nicht völlig überraschend.«

»Das tut er dennoch. Aber ich freue mich, von Ihnen zu hören. Wie geht es Ihnen und was kann ich für Sie tun?«

»Mein Mann und ich würden Sie gern treffen – in einer privaten Angelegenheit.«

»Oh!« Sein Mann? Mein letzter Stand war, dass er San Francisco verließ und nach Hause zurückkehrte. Ich dachte, der Grund wäre das Weingut seiner Familie gewesen. Andererseits, er und Chase Romero standen sich offensichtlich sehr nahe. Wer weiß, vielleicht …

»Nichts Dramatisches, versprochen«, fügt Mr. Sullivan an.

»In Ordnung. Ich bin gerade auf dem Weg ins Napa Valley.«

»Oje, wie der Zufall so will, halten wir uns im Moment in San Francisco auf.«

»Na, das ist ja ein Ding. Wie lange haben Sie vor zu bleiben?«

»Ich denke ein, zwei Tage.«

»Dann lassen Sie uns doch was vereinbaren.«

»Wirklich? Das wäre toll. Was halten Sie von Mittagessen, morgen im Zunis? Falls Sie sich freimachen können.«

»Kein Problem. Ein Uhr?«

»Perfekt. Wir freuen uns auf Sie.«

Die Verbindung bricht ab und ich staune einmal mehr über die Zufälle des Lebens.

»Scheint ein guter Anruf gewesen zu sein.«

Ach ja, ich sitze ja nicht allein im Auto.

Ich schürze die Lippen. »Ja, kann man so sagen.« Und das meine ich ernst. Die Umstände waren unschön, als wir uns kennenlernten, aber Peter und Chase bilden eine äußerst positive Ausnahme, wenn es darum geht, wie man mir als Person gegenübertritt. Als Agent wird man selten mit offenen Armen empfangen. Das bringt der Beruf mit sich. Nur, die zwei haben mich wie einen normalen Menschen behandelt. Und das ist mir in Erinnerung geblieben. Ich habe in den vergangenen Monaten mehrfach bereut, keinen freundschaftlichen Kontakt mit ihnen gehalten zu haben. Ich bin wirklich gespannt, worum es geht. Und ein Essen im Zunis ist mir allemal ein mittägliches Verkehrschaos wert.

»Haben Sie die Ermittlungsakten vom MoMA-Fall dabei?«, erkundigt sich Fran, nun wieder voll und ganz auf die vor uns liegende Aufgabe konzentriert.

»Sie können sie sich auf dem Laptop ansehen.« Ich deute mit dem Daumen nach hinten. »Liegt auf der Rücksitzbank.«

 

Kapitel 3

- William -

 

Was für ein Vormittag. Drei Stunden Schlaf sind eindeutig zu wenig. Weshalb ich wie auf Autopilot meine Arbeit erledige und immer wieder auf die Uhr schaue, da ich dem Treffen mit Peter und Chase entgegenfiebere.

Nachdem ich mir eine Pille gegen die hämmernden Kopfschmerzen einwerfe, mache ich mich auf den Weg ins Zunis, das keine zwei Kilometer entfernt liegt. Das Auto lasse ich in der Tiefgarage stehen. Ein Fußmarsch weckt vielleicht meine Lebensgeister.

Zwanzig Minuten später bin ich auch schon da und schaue mich im Gastraum um.

»Da bist du ja«, begrüßt mich Carlo freudestrahlend wie eh und je. Prompt schlägt mein schlechtes Gewissen zu.

»Hey, alles gut bei dir?«, erkundige ich mich zurückhaltend.

Carlo runzelt die Stirn, als wüsste er nicht, wovon ich rede. »Sicher. Warum fragst du?«

Kann es sein, dass er sich an gestern Abend nicht mehr erinnert? Ich meine, klar, er hatte auch einiges intus, aber so betrunken war er dann doch wieder nicht, als dass er einen Filmriss haben könnte.

»Peter und Chase sitzen da drüben. Wer ist eigentlich der Kerl, der bei ihnen sitzt? Irgendwie kommt er mir bekannt vor.« Leise vor sich hin sinnierend fügt er an: »Ich glaube, er war schon ein paar Mal hier.«

»Kerl?« Verwirrt blicke ich in die von Carlo angedeutete Richtung. Ich traue meinen Augen nicht, als ich den dritten Mann in der Runde wiedererkenne. »Was zum Teufel?!«

»Du kennst ihn?«

»Vom Sehen«, murmle ich und lasse Carlo hinter mir zurück, als ich auf den Tisch zugehe.

Peter registriert mich sofort und winkt mich zu sich. Als würde ich woanders hingehen wollen. Mein Blick liegt immer noch auf dem Mann, der Chase und Peter gegenübersitzt und nun auch in meine Richtung sieht.

Im ersten Moment entgleisen ihm die Gesichtszüge. Von Erstaunen über Freude bis hin zu keine Ahnung sind sämtliche Emotionen vertreten – durchweg positive. Er erinnert sich also an mich? Dann schaut er perplex zu Peter und Chase, bevor er sich mir wieder zuwendet.

Am Tisch bleibe ich stehen und werde von Peter, der mittlerweile aufgesprungen ist, in eine überschwängliche Umarmung gezogen. »Du kommst zur rechten Zeit. Wir wollten gerade bestellen.«

»Ich habe eure Essen schon geordert. Die Empfehlung des Hauses, wie immer«, informiert uns Carlo, der unterdessen neben uns steht und zwischen mir und Agent Vega neugierig hin und her schaut.

Peter sinkt zurück auf die gemütlich gepolsterte Eckbank und Chase lächelt mich mitleidig an. »Du siehst nicht gut aus.«

Ich winke ab. »Ignorier das.« An Carlo gewandt frage ich: »Kannst du mir einen doppelten Espresso und ein Mineralwasser bringen?«

Er klopft mir kumpelhaft auf die Schulter. »Klar doch. Kommt sofort.«

»Danke«, rufe ich ihm noch hinterher, da er bereits auf dem Weg in die Küche ist. Ich schüttle über Carlos unerwartet gelassenes Verhalten den Kopf und wende mich dem Überraschungsgast zu, um ihm meine Hand zu reichen. »Agent Vega, das ist ja eine Überraschung.«

Als er aufsteht, wandern seine Augenbrauen zur Stirn hinauf. Er erwidert den Handschlag. »Sie kennen meinen Namen.« Keine Frage. Eher eine erstaunte Feststellung.

Ich zucke die Schultern. »Peter hat mir alles erzählt. Und wir beide sind uns schließlich schon auf Eagle Rock begegnet. Auch wenn die Umstände nicht sonderlich rosig waren.«

Vega hält weiterhin meine Hand umfangen. »Daran erinnern Sie sich?« Abermals klingt er verwundert.

Gute Frage, denke ich. Aber ja, es stimmt, er ist mir zweifelsohne im Gedächtnis geblieben. Zugegeben, in den letzten Monaten ploppte sein Bild dann und wann einfach so vor meinem inneren Auge auf. Ich kann mich sogar noch genau erinnern, wie ich bei unserer kurzen Begegnung dachte: Was für ein hübscher Kerl. Daraufhin verschwand er mit Mrs. S – Chase nennt Peters Mutter immer so – im Wohnzimmer und ich zog mich zu Pamela, der Hauswirtschafterin, in die Küche zurück, um ihnen ihre Privatsphäre zu lassen.

»Dunkel«, entgegne ich abgeklärter, als es in mir aussieht. Denn ja, verdammt, der Mann beschert mir weiche Knie und meine Kopfschmerzen sind Schnee von gestern.

»Agent Vega«, klinkt sich Peter plötzlich ein, »darf ich vorstellen, William Powell.«

»Und nun habe ich auch den Namen zum Gesicht«, entgegnet Vega – meine Hand immer noch in seiner.

Er räuspert sich, lässt mich nun endlich los, was ich extrem schade finde, und deutet auf den freien Platz neben sich. »Setzen wir uns.«

Keine Sekunde später steht eine dampfende Tasse vor mir und der aromatische Duft von frisch gebrühtem Espresso steigt mir in die Nase. »Oh Gott«, stöhne ich. »Danke, Carlo. Du bist mein Held.«

»Wollt ihr auch noch was anderes als Softdrinks?«, erkundigt sich Carlo beim Rest.

»Heute keinen Tropfen Alkohol«, erklärt Chase.

»Richtig«, bestätigt Peter, der sich die Stirn reibt.

»In Ordnung. Wenn ihr was braucht, ihr wisst, wo ihr mich findet. Euer Essen müsste in zehn Minuten fertig sein.«

»War wohl ein anstrengender Abend?«, wirft Agent Vega mit einem verschmitzten Grinsen in die Runde.

Einstimmiges Seufzen, ehe ihm ein sympathisches Lachen entkommt, das bei mir ein prickelndes Gefühl am ganzen Körper verursacht. Heilige …!

»Ich fühle mich geehrt, dass Sie mich zum Essen eingeladen haben, aber ich denke, es gibt einen speziellen Grund, nicht wahr?« Vega nippt an seiner Cola.

Peter deutet auf mich. »Der sitzt genau neben Ihnen.«

Vega und ich glotzen uns entgeistert an.

Jetzt sind es Chase und Peter, die herzhaft lachen müssen.

Ich leere zwei Teelöffel Zucker in meinen Espresso und rühre geflissentlich um. »Wie es scheint, sind wir beide ahnungslos. Wir wäre es, wenn ihr uns aufklärt?«

Chase lehnt sich zurück und überlässt seinem Mann das Feld.

»Ist das für dich nicht offensichtlich? Du brauchst Informationen. Die Familiengeschichte bekommst du natürlich aus erster Hand geliefert. Und bevor du fragst, ja, ich habe mit meiner Mutter gesprochen, sie findet die Idee grandios, freut sich auf dich und ist mit von der Partie. Bei Meddy wird es schwierig, da sie durch Europa tourt und keiner so wirklich weiß, wo sie sich gerade aufhält. Aber wenn es um Banks und die Mistkerle geht, die versuchten sich Golden Dreams unter den Nagel zu reißen, bist du wohl bei Agent Vega besser aufgehoben.«

»Banks?«, flüstert der Mann an meiner Seite.

»Ja, ich dachte, Sie könnten unserem Freund bei seinen Recherchen unter die Arme greifen.«

»Recherchen?«

Ich muss mir das Grinsen verkneifen. Vega wirkt im Moment total überfordert.

»Ihr seid schon recht gemein, wisst ihr das?«, klage ich Peter und Chase an, ehe ich mich an Vega wende. »Also, es sieht so aus: Ich würde gern ein Buch über die Sullivans schreiben und benötige dafür natürlich jede Menge Hintergrundwissen«, ich deute auf Peter, »wie mein geschwätziger Freund bereits ausführte.«

»Hey, was heißt hier geschwätzig?!«, begehrt Peter gespielt beleidigt auf.

»Okay, dann eben nicht geschwätzig, sondern hintertrieben. Oder nein, das ist auch falsch, denn ich bin ja froh, dass ihr mir helft. Aber du hättest Agent Vega vielleicht vorwarnen sollen. Er sitzt jetzt hier mit drei verrückten Typen rum und wird vor vollendete Tatsachen gestellt.«

Mit einem lang gezogenen »Moment!« mischt sich Vega ein. »Ich kann Ihnen da gern behilflich sein. Also, mir macht das rein gar nichts aus. Wirklich.«

Plötzlich wirkt er ganz eifrig, was irgendwie seltsam erscheint.

Erstaunt hebe ich die Hände. »Na wenn das so ist.«

»Das ist doch super«, wirft Chase ein. »Was haltet ihr davon, wenn wir uns alle für ein Wochenende auf Eagle Rock treffen?«

»Du kannst nicht einfach …«, will ich Chase ausbremsen.

»Das ist eine wunderbare Idee, Schatz«, bekräftigt Peter. »Mom wäre begeistert, Gäste zu haben. Und sie würde sich sicher über Ihren Besuch freuen, Agent Vega.«

Mein Blick ruht die ganze Zeit auf dem Mann, der nun wiederum verlegen dreinblickt, um dann den Mund zu verziehen, als hätte er Schmerzen. »Also erstens wäre ich froh, wenn wir das Agent weglassen könnten. Jeremy reicht. Und zweitens, ich finde die Idee klasse. Allerdings stecke ich mitten in einem wichtigen Fall, weshalb ich im Moment wohl kein freies Wochenende bekommen werde.«

»Dann sag Bescheid, sobald du weißt, wann du ein paar Tage freihast.«

»Ich kann auch nicht einfach sang und klanglos verschwinden«, argumentiere ich.

»Du bist dein eigener Chef. Wer soll dir das verbieten?«

Ich stöhne. »Peter, erzähl mir nix. Muss ich dich daran erinnern, wie es bei dir war, als du noch deine Praxis hier hattest? Dich musste mach regelrecht mit dem Baseballschläger rausprügeln.«

»Der Chronicle wird nicht gleich untergehen, weil du mal zwei Tage nicht da bist.«

»Du hast ja keine Ahnung, Mann.«

»Chronicle?«, fragt Jeremy interessiert nach.

Peter grinst. »Ja, neben dir sitzt der Chefredakteur von San Franciscos auflagenstärkstem Tageblatt.«

»Jetzt übertreib mal nicht gleich«, wiegle ich ab. Ich mag es nicht, wenn Peter so auf die Kacke haut.

»Ist es etwa nicht so?«, kontert Chase.

»Dass du ihm beipflichtest, war klar«, murre ich, ehe ich Jeremy ansehe, der wiederum mich mit riesigen Augen mustert. »Es ist wirklich nichts Besonderes.«

»Also, ich habe ja bereits den einen oder anderen persönlich kennengelernt, aber einen Journalisten noch nicht. Ich finde das schon irgendwie spannend.«

Ich seufze und blicke Hilfe suchend zu Chase und Peter. Das hätte ich mir schenken können. Denn die zwei sitzen nur da und grinsen selbstzufrieden vor sich hin.

Jeremy hantiert neben mir, bis er seine Brieftasche hervorgeholt hat, und reicht mir eine Visitenkarte. »Unter dieser Nummer bin ich Tag und Nacht erreichbar.«

»Ich werde dich sicher nicht mitten in der Nacht anrufen, keine Bange«, entgegne ich, als ich ihm das Kärtchen abnehme und in meine Gesäßtasche schiebe, um es sofort wieder hervorzuholen und zu murmeln: »Blödsinn.« Aus meiner Hemdtasche fische ich mein Smartphone und gebe Jeremy als neuen Kontakt ein. Daraufhin wähle ich seine Nummer und in Jeremys Hose klingelt es.

Er grinst und befördert ebenfalls sein Handy zutage, um mich wegzudrücken und mich einzuspeichern. Ich halte ihm die Visitenkarte hin. »Kannst du wiederhaben.«

»Behalt sie. Falls du dein Handy nicht dabeihast.«

»Gute Idee. Das elektronische Zeitalter hat seine Tücken. Ich merke mir keine einzige Telefonnummer.«

»Wem geht das nicht so?«

Also stopfe ich Handy und Kärtchen in meine Hemdtasche und lächle Jeremy dankbar an. Er grinst zurück und wir wenden uns beide zur gleichen Zeit Peter und Chase zu, die uns gegenübersitzen und offensichtlich unser Schauspiel in vollen Zügen genießen.

Ich verdrehe die Augen und schicke ihnen ein lautloses »Idioten!« über die Tischdeko.

»Macht mal Platz!«, flötet Carlo, der mit vier Tellern jonglierend vor unserem Tisch steht. Wir schieben und rücken Tassen und Gläser, bis genügend Freiraum geschaffen ist und bekommen anschließend ein wunderbares Ossobuco serviert.

»Danke, Carlo, das duftet fantastisch«, lobe ich hungrig. Mittlerweile ist mein dicker Schädel verschwunden und mein Magen über die Aussicht auf Futter hoch erfreut.

»Gern geschehen. Lasst es euch schmecken.«

»Wie immer«, erwidern Peter, Chase und ich im Chor.

»Gott, ich liebe die Küche hier«, säuselt Jeremy, der die Nase über das geschmorte Kalb hält und tief einatmet.

»Dann kommst du öfter her? Hab dich hier noch nie gesehen.«

»Stimmt«, wendet Peter ein. »Und das, wo wir doch jahrelange Stammgäste sind.«

»Du nicht mehr«, kontere ich. »Du musstest ja abtrünnig werden und mit deinem Prinzen auf einen Weinberg ziehen.«

»Wir wohnen nicht auf einem Weinberg. Und das weißt du ganz genau. Also hör auf zu stänkern.«

Chase prustet und deutet anklagend mit dem Finger auf mich. »Und fang nicht wieder mit irgendwelchen rosa Elefanten an.«

»Das wirst du mir ewig vorhalten, hm?«, erwidere ich frech grinsend.

»Bis ans Ende meiner Tage, mein Freund. Bis ans Ende meiner Tage.«

Für einen Moment herrscht gefräßiges Schweigen, da wir uns über das köstliche Mahl hermachen.

Jeremy spült mit Cola nach, nickt und beantwortet meine Frage. »Ja, ich versuche so oft wie möglich herzukommen. Aber in letzter Zeit ist das schwierig.« Er zuckt die Schultern. »Und na ja, allein ist nicht so toll.«

Innerlich jubiliere ich über die Information, gebe jedoch gelassen zurück: »Auch wieder wahr.« Er ist also Single? Klingt vielversprechend. Jetzt muss ich nur noch in Erfahrung bringen, in welchem Team er spielt. Herrje, reiß dich mal zusammen, Powell!

»Wenn wir das nächste Mal in San Francisco sind, können wir das gern wiederholen«, erklärt Chase mit vollem Mund.

Peter nickt. »Super Idee.«

Ja, ganz klasse. Weil ich sicher Aufpasser benötige, schießt es mir durch den Kopf, ehe ich ebenfalls sage: »Klingt gut.«

Peter wirft mir einen stechenden Blick zu, als hätte er meine Gedanken gelesen. Was gar nicht so abwegig ist, da er mich in- und auswendig kennt.

»Dann schlage ich vor, ich durchforste meinen Terminkalender und rufe euch an. Jeremy muss ja nicht zwingend dabei sein, wenn ich auf Eagle Rock bin.« Ich sollte nicht so aufdringlich sein.

»Das wäre ich aber sehr gern«, murmelt Jeremy.

»Na ja, ich dachte, so sparst du dir den Weg da raus. Über Banks können wir schließlich auch hier in San Francisco reden.«

»Hm, und ich dachte, ich wäre eingeladen.« Er klingt beinahe so, als würde er schmollen. Dann zwinkert er mir zu, neigt den Kopf in meine Richtung und flüstert: »Ich habe Eagle Rock und Pine Valley als das romantischste Fleckchen Erde in Erinnerung.«

Was zum Geier?! Gräbt der Kerl mich etwa an? Tja, schau’n wir mal, wie er reagiert, wenn ich in dieses Spielchen einsteige. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und entgegne ebenso leise wie er zuvor: »Sehr romantisch. Es gibt ein paar abgelegene Ecken, wo man einen fantastischen Ausblick genießen kann und von niemandem gesehen wird. Perfekte Orte, um wirklich romantische Dinge tun.«

Jeremys Miene verzieht sich zu einem siegessicheren Lächeln. Als würde ihm gefallen, was er gerade gehört hat.

Ich kann nicht anders und rücke ein Stück näher zu ihm, um kaum hörbar zu fragen: »War das ein Test, Agent Vega?« Ich muss es wissen. Entweder er macht jetzt einen auf empört oder geht in die nächste Runde.

Egal, ob bewusst oder unbewusst, als er meinen Mund betrachtet, schlüpft seine Zungenspitze heraus und befeuchtet seine Lippen. Anthrazitfarbene Augen wandern langsam mein Gesicht hinauf, bis sie meinem Blick begegnen und er einen Mundwinkel nach oben schiebt.

Heiliger Bimbam! Flirten ist eine Sache, aber was hier geschieht, ist mehr als das. Es ist Austesten, Provozieren und Heißmachen in einem. Und bei Gott, mir ist heiß.

Ich versinke in seinem Antlitz und klinke mich vollends aus der Realität aus. Meine Finger zucken und ich wünsche mir nichts mehr, als den gestutzten Bart zu berühren, durch sein Haar zu streichen und herauszufinden, ob seine Haut sich so samtig anfühlt, wie sie aussieht. Ich will seine Wärme unter meinen Händen spüren und …

»Wollt ihr auch noch Nachtisch?«

Wir fahren erschrocken auseinander und wenden uns Peter und Chase zu, die sich hinter einer riesigen Menükarte verstecken.

Wenn ich richtigliege, war es Peter, der uns die Tour vermasselt hat. Scheiße, vielleicht hat er uns auch einfach nur Peinlichkeiten erspart. Mitten in einem gutbesuchten Restaurant übereinander herzufallen, ist sicher keine tolle Idee.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Jeremy unruhig auf seinem Platz hin und her rutscht und sich über den Rest des Ossobucos hermacht, ohne die beiden eines Blickes zu würdigen.

Ich versuche meinen Puls halbwegs wieder unter Kontrolle zu bringen und frage: »Seit wann bekommen wir Menükarten?« Hoffentlich ist das Ablenkung genug.

Sie senken ihre, um über den Rand zu sehen, und Chase erklärt amüsiert: »Seitdem uns der Ausblick zu sehr vom Essen ablenkt.«

Peter lacht. »Der war gut, Schatz.«

»Vielleicht sollten wir uns eine Nachspeise teilen«, bietet Jeremy schmunzelnd an, ehe er Peter und Chase einen Blick zuwirft, der mehr als deutlich aussagt, was die zwei ihn können. Allerdings in einem, wie mir auffällt, ziemlich freundlichen Tonfall, wenn man das so bezeichnen kann.

Ich bin ganz überrascht von seiner beherzten Art und springe ihm unterstützend zur Seite. »Ich glaube, da gibt es eine Süßspeise, die extra für Pärchen angerichtet wird.«

Die allgemeine Belustigung ist offen spürbar und ich finde es genial, wie relaxt Jeremy mit den Neckereien meiner Freunde umgeht und sich bei uns einfügt. Als würde er schon Jahre zu uns gehören.

»Wenn ihr jetzt Spaghetti bestellt«, erklärt Chase mit einem Augenzwinkern, »müsst ihr euch nur noch darauf einigen, wer Susi und wer Strolch ist.«

»Du bist so ein Kind«, ziehe ich Chase auf, ehe ich mich an Peter wende. »Du solltest deinem Mann Manieren beibringen. Oder Filme für Erwachsene zeigen.«

»Och, ich finde seine Manieren sehr manierlich. Und glaub mir, wir gucken ziemlich erwachsene Erwachsenenfilme an.«

Jeremy schnaubt amüsiert und klaut sich die Karte von Peter und Chase. »Lasst mal sehen.«

Das ursprüngliche Thema ist vergessen. Nicht schlimm. Alles Wichtige ist fürs Erste geklärt und mir rennt ja nichts weg. Peter und Chase haben so weit mitgedacht, mir Jeremy vorzustellen, und in absehbarer Zeit treffen wir uns auf Eagle Rock. Das stelle ich mir interessant vor. Vor allem freue ich mich nicht nur darauf, Jeremy besser kennenzulernen, sondern auf ein Wiedersehen mit Mrs. S. Die Frau ist mir in den vergangenen Monaten ans Herz gewachsen und lässt mir regelmäßig durch ihren Sohn ausrichten, dass ich jederzeit ein gern gesehener Gast bin. Diesmal werde ich das Angebot annehmen. Jetzt muss ich mir nur ein paar Tage freinehmen und hoffen, dass Jeremy es ebenfalls hinbekommt.

Ich blicke mich um und beobachte erneut erstaunt meine Freunde dabei, wie sie völlig unverkrampft einen fremden Mann in unserer Mitte aufnehmen. Hin und wieder taucht Carlo bei uns auf, um uns zu bewirten. Ich komme nicht umhin, ihn ständig misstrauisch zu beäugen, da ich mir nicht sicher bin, ob er nun wirklich das Gespräch von gestern Abend vergessen hat oder einfach nur so tut, als ob.

Die nächste halbe Stunde genießen wir die Gesellschaft der anderen. Dann ist es leider Zeit, ins Büro zu verschwinden.

Nachdem wir gezahlt und uns von Carlo verabschiedet haben, treten wir vier vor die Tür.

»Wie lange habt ihr vor, zu bleiben?«, erkundige ich mich bei Peter.

Dieser blickt Chase an, als würde er ergründen wollen, was sein Mann tatsächlich denkt. Eine Sekunde danach lächelt er verstehend. »Ich denke, wir fahren alsbald zurück.«

Sofort strahlt Chase übers ganze Gesicht und hakt sich bei Peter ein, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben und zu flüstern: »Danke.«

»Gut, dann melde ich mich bei euch in den nächsten Tagen. Bestellt Mrs. S einen lieben Gruß von mir.«

»Wird gemacht. Jeremy, ich hoffe, wir können dich bald in Pine Valley begrüßen«, verkündet Peter.

Jeremy schüttelt beiden die Hand. »Das würde mich freuen. Um ehrlich zu sein, hatte ich mich in den letzten Monaten darüber geärgert, dass ich euch nicht einfach angerufen habe.«

»Na ja, das ist ja nun geklärt. Wir hören uns und sehen uns in Kürze.«

Peter und Chase verpassen mir eine feste Umarmung und schlendern anschließend Hand in Hand die Straße entlang.

»Sie sind ein tolles Paar«, murmelt Jeremy.

»Ja, das sind sie.«

»Bist du mit dem Auto da?«, will Jeremy wissen.

»Nein, aber ich hab’s nicht weit.«

»Na ja, der Chronicle liegt auf dem Weg. Ich kann dich absetzen.«

Ein paar Minuten länger mit Jeremy? Ich könnte mir weiß Gott Schlimmeres vorstellen. »Also gut. Vielen Dank.«

 

ENDE der Leseprobe 

"KISMET-Das Leben führt Regie" ist als E-Book auf Amazon erhältlich

Impressum

Texte: Nele Betra
Bildmaterialien: Depositphotos
Cover: Nele Betra
Lektorat: Brigitte Melchers / Bernd Frielingsdorf
Satz: Nele Betra
Tag der Veröffentlichung: 22.04.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /