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LESEPROBE

Tolle Aussichten

 

- Jeffrey -

 

Ende April

 

 

»Du solltest zu uns kommen«, brummt Dad hinter seinem Schreibtisch.

Ich bin im Grunde zufällig im Shard, das mit 310 Meter das höchste Gebäude Londons ist und in der 25. Etage die Kanzlei Cunningham & Cunningham beherbergt, in der ich gerade im Büro meines Vaters Montigue Cunningham sitze.

Mom und ich gingen am Vormittag shoppen, nur musste sie frühzeitig zurück ins Nightingale House. Ein Altenpflegeheim, in dem sie seit fünfundzwanzig Jahren arbeitet. Da ich heute keine Vorlesungen habe, dachte ich, ich schau einfach mal bei Dad vorbei. Er freute sich mich zu sehen und erkundigte sich, was ich in Sachen Praxisjahr erreicht hätte. Ich erzählte ihm von einigen Vorstellungsgesprächen, die ich in den letzten zwei Wochen wahrgenommen, jedoch bisher von niemand eine Rückmeldung erhalten hatte.

Mir wäre im Traum nicht eingefallen, ihn diesbezüglich zu fragen. Von Spencer weiß ich, dass der »Nachwuchs« das Jahr bis zur anwaltlichen Zulassung grundsätzlich in anderen Sozietäten absolvierte – er und seine Schwester inbegriffen. Erstaunt über Dads Einwurf blicke ich ihn an. »Wie jetzt?«

»Bevor du irgendwo in einer Kanzlei landest, die dich im Archiv versauern lässt, kommst du lieber zu C&C.«

Trotz der Tragweite seines Angebots muss ich grinsen. »C&C?« Normalerweise sieht Dad rot, wenn jemand die Frechheit besitzt, seine über alles geliebte Kanzlei dahingehend zu verunglimpfen, indem ihr Name Cunningham & Cunningham abgekürzt wird. Er beschwert sich permanent, es würde sich hierbei nicht um irgendeinen Snack handeln.

Dad verdreht die Augen und winkt ab. »Kein Wort, sonst überlege ich es mir doch noch anders.«

»Ist das dein Ernst? Das wäre wundervoll. Aber … was sagen deine Partner dazu?« Partner ist in diesem Fall gleichzusetzen mit meinem Onkel Milton und dessen Kindern Spencer und Bethany. Soweit ich mitbekommen habe, sind sie auf der Suche nach Ersatz für Spencers verstorbenen Mann Paul. Paul war ein netter Kerl. Und es tat mir in der Seele weh, zu erfahren, wie er vor einigen Monaten den zweiten Schlaganfall innerhalb eines halben Jahres erlitt, den er leider nicht überlebte. Eine wirklich schreckliche Sache, die Spencer ziemlich mitgenommen hat. Mom und ich waren auf Pauls Beisetzung. Es war grauenhaft, Spencer in seiner tiefen Trauer zu sehen.

Wie dem auch sei. Cunningham & Cunningham liegt seit Generationen in Familienhand. Und der Neue wird sich erst bewähren müssen, um die Seniorpartnerschaft angeboten zu bekommen. Geschweige denn, dass zuvor eine Juniorpartnerschaft fällig wäre. Tja, seinen Platz hätte ich einnehmen können, hätte ich mich nicht so spät für eine juristische Laufbahn entschieden. Mit meinen neunundzwanzig Jahren hätte ich längst über die anwaltliche Zulassung verfügen können.

Es ist, wie ist. Alles Jammern hilft nichts. Immerhin kann ich mich glücklich schätzen, meinen leiblichen Vater kennengelernt zu haben, der mich nun mit allem, was ihm zur Verfügung steht, unterstützt. Und ja, Montigue Cunningham verdanke ich es, umgesattelt zu haben. Meine schulischen Leistungen waren gut. Nichtsdestotrotz war ich mir lange unsicher, was ich aus meinem Leben machen wollte. Es mangelte mir nicht an einem Job. Gott sei Dank eröffnete mein bester Freund vor Jahren seine Biker-Werkstatt. Er fing klein an. Allerdings war er in der Bikerszene kein unbeschriebenes Blatt, da er bereits an Maschinen herumschraubt, seitdem er einen Drehmomentschlüssel halten kann. Trenton überredete mich, meine paar Kröten, die ich mir mühsam auf die Seite gelegt hatte, zu investieren und bei ihm einzusteigen. Perfekt, dachte ich. Denn immerhin konnte ich das tun, was mir am meisten Spaß machte – an Motorrädern basteln und diese dann ausreiten. Unser Geschäft schrieb binnen weniger Monate schwarze Zahlen.

Das ging einige Zeit gut, bis mich die Arbeit nicht mehr ausfüllte. Hobby hin oder her – ja, in meiner Freizeit bin ich zu neunundneunzig Prozent auf zwei Rädern unterwegs und schraube in jeder freien Minute an meinem Schätzchen herum –, mir fehlte etwas. Plötzlich trat mein Vater in mein Leben und veränderte alles.

»Ich hab mit Milton gesprochen«, durchbricht Dad die Stille, die sich zwischen uns ausbreitete. »Er sieht da kein Problem.«

»Spencer und Beth ebenfalls nicht?«

Er zuckt mit den Schultern. »Sie waren anfangs skeptisch. Allerdings sehen sie die Notwendigkeit.«

»Notwendigkeit? Ich verstehe nicht.«

»Du weißt, wir sind auf unterschiedlichen Fachbereichen spezialisiert. Ich auf Erb- und Familienrecht. Milton auf Arbeitsrecht. Spencer hat das Vertragsrecht unter sich und Beth ist Strafverteidigerin.«

»So wie Paul. Ja, ich kenne eure Aufgabengebiete. Dennoch sehe ich jetzt keine Notwendigkeit für meine Person. Nicht dass du mich falsch verstehst. Ich würde mich glücklich schätzen, bei euch arbeiten zu dürfen. Nur werde ich sicher nicht viel einbringen.«

»Jeff, in deinem Fall geht es in erster Linie nicht darum, Mandanten an Land zu ziehen. Das ist uns allen bewusst. Immerhin stehst du noch am Anfang. Und außerdem ist das unser Part.«

»Okay, worum geht’s dann?«

»Ich verstehe die Frage nicht, Sohn. Du wirst praktische Erfahrung sammeln und dich auf die Zulassung vorbereiten.«

Ich kenne Dad zwar nicht mein Leben lang, erkenne jedoch, wenn er versucht, mir etwas vorzuenthalten. »Raus mit der Sprache!«

Dad grinst mich an, als wäre er stolz darauf, dass ich ihn bei was auch immer erwischt habe. »Porter, Pauls Nachfolger … Wie soll ich es ausdrücken? Ich hätte gern, dass du ihm zuarbeitest

»Du willst, dass ich ein Auge auf ihn habe? Dad! Ich bin kein Spion in geheimer Mission. Im Ernst, ich bin wirklich froh, wenn ihr mir eine Chance gebt, aber ich werde den Teufel tun und den Mann hintergehen.«

»Blödsinn. Das habe ich nicht gesagt.«

»Musst du nicht. Ich seh’s dir an der Nasenspitze an, was du im Schilde führst. Warum holt ihr euch den Mann ins Haus, wenn du ihm nicht vertraust?«

Wieder winkt Dad ab. »Ach, das hat weniger mit seiner Person als damit zu tun, dass er nicht zur Familie gehört.«

Ich lache. »Du merkst schon, dass das ein Widerspruch ist, oder?«

»Himmel, Jeff! Du weißt, was ich meine.«

Hört sich total verrückt an. Dennoch muss ich zugeben, ich kann ihn verstehen. Dad ist so erfolgreich in seinem Job, weil er ein vorsichtiger Mensch ist. Mit seinen dreiundsiebzig Jahren ist er geistig absolut auf der Höhe. Ich würde was drum geben, in seinem Alter noch so fit zu sein. Er ist kein seniler, gebrechlicher Mann. Er strahlt Stärke und Dominanz aus, ist charismatisch. Als Mom ihm das erste Mal über den Weg lief, war er Mitte vierzig und sie in den Zwanzigern. Irgendwie kann ich nachvollziehen, warum sie ihm trotz des doch recht beträchtlichen Altersunterschieds sofort verfallen ist.

Oha, das klingt jetzt leicht schräg. Aber im Ernst. Würde mir heute jemand wie Dad im damaligen Alter vor die Flinte laufen, ich könnte für nichts garantieren. Ich kenne inzwischen alte Bilder von ihm. Und ja, er wäre voll mein Beuteschema. Himmel, was denke ich da nur? Ich schüttle innerlich den Kopf und konzentriere mich wieder auf meinen Vater. »Verlang nicht von mir, irgendwen auszuspionieren.«

»Deine Loyalität einem Fremden gegenüber ehrt dich. Dennoch wäre ich froh, wenn du mir Unregelmäßigkeiten melden würdest. Und ich rede nicht davon, ob er fünf Minuten später kommt oder eher geht.«

»Vergiss es! Das kommt nicht infrage. Warum teilst du mich nicht Beth zu? Sie ist brillant und kann mir eine Menge beibringen. Porter hat genug zu tun, um sich einzuleben. Meinst du nicht?«

»Oh, die Idee gefällt mir. Du wirst einfach für beide arbeiten. Das ist unauffälliger.«

Ich stöhne verzagt. »Ernsthaft? Dad, hörst du mir überhaupt zu?«

»Porter hat eine ziemlich interessante Vita. Und er ist kein Dummkopf. Aber mir ist klar, warum er zu uns will. In seiner jetzigen Kanzlei sind seine Zukunftsaussichten schlecht. Wenn er so gut ist, wie ich denke, wird eine Juniorpartnerschaft früher zur Debatte stehen als gedacht. Und ich will keinen Fehler begehen.«

»Du vergisst, dass du die Verantwortung nicht allein trägst.«

Dad wischt meinen Einwand mit einer fahrigen Geste weg, ehe er mit dem Bürostuhl zurückrollt. Daraufhin steht er auf und lenkt seine Schritte in Richtung Sideboard, auf dem ein Meer von Pflanzen seinen Platz findet. Unwirsch schiebt er sie zur Seite, um an ein dahintergelegenes Wandpanel zu gelangen, das von einigen Efeuranken verdeckt ist. »Das Gestrüpp macht mich noch wahnsinnig. Wenn Corey nicht bald Abhilfe schafft, schmeiße ich die Dinger im hohen Bogen aus dem Fenster.«

»Du weißt schon, dass die nicht geöffnet werden können, oder?«, ziehe ich Dad auf.

»Klugscheißer«, mosert Dad und öffnet eine unsichtbare Klappe, um zwei Whisky-Tumbler und eine Karaffe mit goldgelber Flüssigkeit herauszuholen.

»Du trinkst während der Arbeit? Ich bin entsetzt.«

Er füllt in jedes Glas einen Fingerbreit des Getränks und hält mir eins entgegen. »Ich hoffe doch nicht, du bist mit dieser halsbrecherischen Monstrosität hier.«

Ich greife zu und frage: »Redest du von meinem Baby?« Mein wahr gewordener Traum, eine Norton F1 Baujahr 1990, die ich in Eigenregie neu aufbaute, nachdem ich sie aus ihrem traurigen Dasein auf einem Schrottplatz erlöste. Eine zeit- und geldintensive Angelegenheit, die ich mir niemals hätte leisten können, wenn Trentons Beziehungen nicht gewesen wären, um an preiswerte Ersatzteile zu gelangen. Allein den Kreiskolben-Wankelmotor zu beschaffen, hätte ein Vermögen verschlungen.

Dad nickt, bevor ich auf meine Kleidung deute. »Wäre ich sonst in Jeans unterwegs? Also nein. Mom hat mich heute früh abgeholt und musste vorhin zur Arbeit. Ich wollte mit der Bahn nach Hause fahren.«

»Gut. Dann lass uns auf deine Zukunft bei C&C anstoßen.«

Ein gläsernes Klirren folgt. »Auf mein Praxisjahr«, erwidere ich und genieße das rauchige Aroma.

Dad hält inne und meint pikiert: »Du hörst nicht zu, Jeff. Ich sagte Zukunft.«

»Ist das nicht ein wenig voreilig?«

»Keine Diskussionen!«

Ich nicke zustimmend, bevor wir jeder einträchtig die Gläser leeren.

 

 

Ein Hoffnungsschimmer

 

- Niles -

 

Anwälte sind ein seltsames Völkchen – die reinsten Tratschweiber. Einerseits gut, andererseits muss man aufpassen, nicht für Gesprächsstoff zu sorgen. Was ich bisher zu vermeiden wusste. Mein Privatleben ist genau das: privat.

Als ich jedoch hörte, eine der renommiertesten Kanzleien Londons suche jemanden für Strafrecht, konnte ich gar nicht so schnell Kontakt aufnehmen, wie ich gern wollte. Denn auch das würde nur dazu führen, Gerüchte anzuheizen, die mir eher geschadet als genützt hätten. Also atmete ich einmal tief durch, konzentrierte mich auf meinen Job und brachte nach Feierabend meine Unterlagen auf den neusten Stand.

Drei Tage später rief ich bei Cunningham & Cunningham an, um mich vorab bei Paige zu erkundigen, ob denn schon jemand in die engere Wahl gezogen wurde.

Paige Jensen ist zwar in Anführungszeichen nur Empfangsdame und Rechtsanwaltsgehilfin bei C&C, aber in Anwaltskreisen eine Institution. Bekannt für ihre Verbindungen, Diskretion und ihr Organisationstalent. Fällt ihr Name, versinkt selbst der hartgesottenste Jurist in ehrfürchtige Bewunderung. Nicht selten wird gemunkelt, sie hätte hellseherische Fähigkeiten. Keine Ahnung, ob dem so ist. Eins ist jedoch klar, stände sie auf dem freien Arbeitsmarkt zu Verfügung, würde sie sich vor Angeboten nicht retten können. Was mich betrifft, sie ist mir das eine oder andere Mal über die Füße gelaufen und ich mag sie. Und na ja, sie würde nicht für C&C arbeiten, wäre sie unfähig. Jedenfalls kennen wir uns von einigen Events und späteren Treffen in einschlägigen Clubs. Wir freundeten uns recht schnell an, ließen allerdings unsere Jobs vor der Eingangstür. Sobald diese geschlossen war, galt: kein Sterbenswörtchen über berufliche Belange.

Natürlich verriet sie mir nicht wirklich den Stand der Dinge betreffend Neubesetzung, sondern meinte lässig: »Niles, mein Lieber, glaubst du ernsthaft, es würde dich umbringen, wenn du uns einfach deine Unterlagen zuschickst?«

Was so viel bedeutete wie: Mach, dass du in die Puschen kommst, sonst ist es zu spät. Daraufhin musste ich versprechen, ihr einen Drink zu spendieren, sobald wir uns das nächste Mal begegnen.

Ehe ich auflegte, schob sie noch nach: »Du weißt, ich liebe Mai Tais. Ach, und nur so am Rande. Ich bin am Samstag in meinem Lieblingsclub. Ich denke, du weißt, welcher das ist.« Dann legte sie kichernd auf und ich grinste siegessicher. Gott sei Dank tätigte ich den Anruf von zu Hause aus. Andernfalls wäre ich in Erklärungsnöte geraten, wenn jemand das Telefonat mitbekommen hätte.

Somit weiß ich, wo ich diesen Samstagabend verbringen würde. Um ehrlich zu sein, passt mir das sehr gut, da ich eh vorhatte, mal wieder Dampf abzulassen. Und welcher Club eignete sich da besser als das The Crown?

 

Nachdem ich ein Anschreiben verfasste und alles ordentlich eintüte, rufe ich einen Eilboten, der den Umschlag heute noch bei C&C vorbeibringt.

Gegen halb elf – ich sitze seit Stunden daheim in meinem Büro und arbeite intensiv an einem aktuellen Fall – klingelt mein Telefon und ich nehme den Anruf gedankenverloren an. »Porter.«

»Einen schönen guten Abend, Mr. Porter. Hier ist Milton Cunningham. Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«

Vor lauter Schreck fällt mir der Kugelschreiber aus der Hand, mit dem ich nebenher Notizen niederschreibe, poltert über die Tischplatte und zwischen meinen Beinen zu Boden. Wie paralysiert schaue ich ihm hinterher.

»Mr. Porter?«

Milton Cunningham bemüht sich höchstpersönlich, um mich anzurufen? Ich straffe die Schultern und entgegne souveräner, als ich mich innerlich fühle: »Guten Abend, Mr. Cunningham. Was kann ich für Sie tun?« Der Mann ist bekannt für seine schroffe und fordernde Art, weshalb ich glaube zu spinnen, als ich ihn am anderen Ende lachen höre.

»Das werden wir noch sehen. Vorerst würde es ausreichen, wenn Sie es einrichten könnten, morgen früh in der Kanzlei zu erscheinen.«

Innerhalb eines Wimpernschlags gehe ich in Gedanken meinen Terminkalender durch. Keine Chance, der ist gerammelt voll. »Selbstverständlich. Wann?«

»Ist Ihnen acht Uhr dreißig recht?«

»Natürlich.«

»Gut, dann sehen wir uns morgen. Und seien Sie bitte pünktlich.«

Ehe ich etwas erwidern kann, ist die Leitung tot und ich starre den Hörer an, als hätte ich gerade eine Unterhaltung mit dem Weihnachtsmann höchstselbst gehabt.

»Scheiße!«

Zwei Minuten später sind sämtliche Termine gecancelt und auf nächste Woche verschoben. Ich muss wohl mit ein paar sauertöpfischen Mienen rechnen. Dennoch werde ich nicht meine Chance auf ein Gespräch mit Mr. Cunningham in den Wind schreiben.

 

*

 

Die Nacht war die Hölle. Wenn ich eine Stunde Schlaf bekam, ist es viel. Aber mir schwirrten tausend Dinge im Kopf herum, die ich von links nach rechts und wieder zurück wälzte – allen voran die Unsicherheit, das Richtige zu tun. Unterm Strich änderte sich jedoch nichts an meiner Entscheidung. Trotz der Erfolge, die ich mittlerweile vorzuweisen habe, bliebe ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber weiterhin ein kleines Licht. Von einer Juniorpartnerschaft ganz zu schweigen. Demzufolge bleibt mir nur der Schritt nach vorn. In diesem Fall in Richtung C&C.

Kurz nach acht öffnen sich vor mir die Fahrstuhltüren in der 25. Etage des Shard. An der gegenüberliegenden Wand prangt unübersehbar der Kanzleiname und ich versuche bei diesem beeindruckenden Anblick meine Nervosität in den Griff zu bekommen. Zum Glück bin ich allein im Aufzug, weshalb ich mir eine Sekunde nehme, um durchzuatmen, mein Jackett zu richten, den Riemen meiner Tasche zu schultern und erhobenen Hauptes hinauszutreten.

Begrüßt werde ich von Paige, die mich angrinst, als hätte sie bereits am frühen Morgen zu tief ins Glas geschaut. »Guten Morgen, Mr. Porter. Sie sind früh dran.«

Ich blinzele Paige verwirrt an. Meint sie das jetzt ernst? Andeutungsweise schüttelt sie den Kopf. Aha, wir kennen uns offiziell nicht persönlich. Nun, wenn sie es so möchte. Ich werfe einen kurzen Blick auf ihr Namensschild. Man weiß ja nie, wer alles zusieht, vor allem wenn jede verdammte Trennwand vollverglast ist. »Guten Morgen, Ms. Jensen. Ja, der Verkehr hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen.« Oder anders ausgedrückt, ich war so nervös und hatte Angst, zu spät zu kommen, dass ich lieber drei Bahnen früher nahm. Zu meiner großen Freude gibt es von Orpington eine Direktverbindung zur London Bridge Station. Keine zwanzig Minuten und man ist quasi im Shard, das direkt am Bahnhof angrenzt.

Paige deutet auf eine kleine Sitzecke bestehend aus vier modernen Ledersesseln und einem nierenförmigen Glastisch. »Nehmen Sie doch bitte einen Moment Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Tee, Kaffee?«

Ich stelle meine Tasche neben einen der Sessel und setze mich. »Wenn Sie Wasser hätten?«

»Natürlich.«

Sie hebt den Telefonhörer ab und meldet meine Ankunft, bevor sie hinter eine Trennwand verschwindet, die oh Wunder blickdicht ist. Dort geht es wohl zur Teeküche. Keine zehn Sekunden später steht sie neben mir, legt eine Serviette auf den Tisch und serviert mir ein Glas Wasser. Dann beugt sie sich ein wenig vor und flüstert: »Es ist besser so. Ich würde mir Vorwürfe machen, wenn meine Chefs denken, wir wären befreundet, und du dadurch Nachteile hättest. Wenn alles klappt und du bekommst die Stelle …« Sie zuckt mit den Schultern und ich nicke.

»Versteh schon. Du hast vollkommen recht. Danke, ich hätte es sicher in der ersten Sekunde vermasselt, wenn du nicht eingegriffen hättest.«

»Paige, mein Vater hat mir Bescheid gegeben, dass … Ah, da sind Sie ja.« Bethany Cunningham schwebt auf mich zu und streckt mir ihre Hand entgegen. Sie sieht toll aus in ihrem Businesskostüm, das wirkt, als wurde sie darin eingenäht. Auf ihren High Heels muss sie beinahe meine Größe erreichen. Zumindest wenn ich das aus meiner sitzenden Position richtig einschätze. Erstaunlich. Ich kenne keine Frau, die mindestens einen Meter achtzig ist und hochhackige Schuhe trägt. Ihr Selbstvertrauen ist bewundernswert. Wobei sie nicht Bethany Cunningham wäre, hätte sie kein Ego, das an das ihres Bruders heranreicht. Spencer Cunningham ist bekannt für seine beherrschte und kühle Art. Womit er wiederum ganz nach seinem Vater schlägt. Mein schlechtes Gewissen tritt mir unversehens in den Hintern und erinnert mich daran, dass dieser Mann im Moment eine schwere Zeit durchlebt. Denn ich wäre nicht hier, wenn sein Ehemann Paul noch leben würde. Mist!

 Paige geht zur Seite und zurück an ihren Platz. Womit sie mich aus meinen Gedanken reißt und ich mich eiligst aus dem Sessel erhebe, um Mrs. Cunninghams Hand zu ergreifen.

»Bethany Cunningham. Schön Sie zu sehen, Mr. Porter.«

»Guten Morgen. Ich wollte keine Hektik verbreiten. Ich weiß, ich bin zu früh und warte gern.«

»Nein, nein. Kommen Sie. Gehen wir in mein Büro.«

Verwundert blicke ich erst zu Paige, die offensichtlich genauso erstaunt ist wie ich, dass nicht Mr. Cunningham mich zu sich bittet, und schnappe mir dann meine Tasche, um Mrs. Cunningham zu folgen. Mir schwirrt jetzt schon der Kopf bei dem ständigen Gebrauch des Familiennamens. Cunningham hier. Cunningham dort. Hoffentlich gewöhne ich mich daran.

»Nur hereinspaziert. Nehmen Sie Platz. Ich hole kurz Ihre Unterlagen.« Ich komme ihrer Aufforderung nach und setzte mich in eine weitere Besprechungsecke, die mit denselben Sesseln ausgestattet ist wie die vorn in der Anmeldung.

»Ich würde Ihnen gern etwas zu essen anbieten, allerdings kommt der Caterer erst in einigen Minuten. Ich hoffe, Sie entschuldigen das Chaos und sind damit einverstanden, wenn ich mit Ihnen das Gespräch führe. Mein Vater hat einen dringenden Termin, von dem er gestern noch nichts ahnen konnte.«

Ich lächle sie an. »Kein Problem. Wir wissen doch alle, wie schnell in unserem Job etwas über den Haufen geworfen werden kann.«

Mrs. Cunningham lacht. »Wem sagen Sie das.« Mit meinen Unterlagen setzt sie sich mir gegenüber, legt sie geschlossen vor sich auf den Tisch und faltet ihre Hände darüber. »Oh, wo habe ich bloß meine Manieren? Darf ich Ihnen wenigstens eine Erfrischung anbieten?«

Mir ist im Moment nach gar nichts zumute, egal ob im flüssigen oder festen Zustand. Mein Magen ist kurz davor, Salti zu schlagen. »Das ist nett. Aber nein danke. Mrs. Jensen war bereits so freundlich.« Wobei ich das Wasser nur angefragt habe, um meine Nerven zu beruhigen, da ich davon ausging, einige Zeit überbrücken zu müssen.

»Nun gut. Dann erzählen Sie mir doch bitte ein wenig über sich.« Sie klopft auf die Unterlagen. »Ich weiß, das Wichtigste steht hier drin. Und ich habe Ihren Werdegang mit großem Interesse gelesen. Aber ich würde Sie gern etwas näher kennenlernen. Wo sind Sie aufgewachsen? Was sind Ihre Hobbys? Sie verstehen schon. Ich möchte mir ein Bild von Ihnen machen, das nicht ausschließlich daraus besteht, wer Sie als Anwalt sind.«

Ich schlucke. Das ist ungewöhnlich und steht im absoluten Widerspruch zu meinen Prinzipien, Privates für mich zu behalten. »Ich weiß nicht wirklich, wo ich anfangen soll. Wie Sie wissen, bin ich fünfunddreißig Jahre alt und Strafverteidiger. Da bleibt nicht viel Zeit für Hobbys.«

»Das ist wahr und spricht im Grunde für Sie. Schließlich ist man nicht so erfolgreich wie Sie, wenn man sich nicht vollkommen auf seine Fälle konzentriert. Aber dennoch muss es doch etwas geben, das einen kleinen Ausgleich zu Ihrem Berufsleben bietet.«

Scheiße, ich kann ihr wohl kaum erzählen, dass dieser Ausgleich, von dem sie da spricht, darin besteht, in Clubs heiße Kerle aufzugabeln, um ihnen das Hirn rauszuvögeln. »Nun ja, wissen Sie, um ehrlich zu sein, ist das ein heikles Thema.«

Mrs. Cunningham nickt ernst. »Darf ich fragen warum?«

Das wird jetzt der Freiflugschein aus diesem Büro. Aber ich kann und will mich nicht offenbaren. Eine Entscheidung, die ich bereits vor vielen Jahren getroffen habe, nachdem ich dachte, wenn ich zu meinem Leben stehe und stolz darauf bin, wäre alles wundervoll. Bullshit! Es verkompliziert alles nur.

»Meine Antwort wird Ihnen nicht gefallen. Und mir ist klar, dass dieses Gespräch sehr schnell mit einem Wir melden uns endet.«

Mrs. Cunningham verschränkt die Arme, lehnt sich zurück, neigt den Kopf und lächelt mich plötzlich an. »Das kann durchaus möglich sein. Aber ich denke, Sie sollten es auf einen Versuch ankommen lassen. Meinen Sie nicht?«

»Ich bin nicht der Mensch, der gern etwas von sich preisgibt. Schon gar nicht Fremden gegenüber.« Ich erwidere ihr Lächeln und füge hinzu: »So nett sie auch sein mögen.«

»So so, dann werde ich heute wohl nichts weiter über Sie erfahren, als …«

Ich deute auf die vor ihr liegenden Unterlagen. »Als das, was dort drinsteht. Richtig.«

»Mr. Porter, sind Sie sich sicher?« Ihre Miene ist schlagartig verschlossen. Und ich bekomme annähernd einen Eindruck, wie Mrs. Cunningham vor Gericht wirkt, wenn sie eine härtere Gangart einschlägt, um einen Fall zu gewinnen.

Ich stütze mich auf beide Armlehnen vom Sessel ab und erhebe mich mit den Worten: »Das bin ich. Nur eins sollte Ihnen klar sein.« Die Angelegenheit habe ich eh in den Sand gesetzt, nun kommt es darauf nicht mehr an.

»Und das wäre, Mr. Porter?« Sie rührt sich kein Stück vom Fleck. Sitzt weiterhin mit verschränkten Armen vor mir und schaut zu mir auf. Und obwohl ich mich allein durch meine stehende Körperhaltung in der überlegeneren Position befinde, scheint sie das absolut nicht einzuschüchtern. Im Gegenteil, sie strahlt Dominanz in Wellen aus. Ich schaue ihr fest in die Augen und gebe mit eiserner Stimme zu verstehen: »Ich bin Anwalt mit Leib und Seele, egal wie mein Privatleben aussieht, es beeinflusst nicht meine Arbeit. Das hat es und wird es niemals tun. Und Sie können das nur feststellen, indem Sie mir eine Chance geben, es zu beweisen.« Ich ziehe eine gleichgültige Miene. »Wenn nicht, dann nicht. Ich habe einen Job.«

»Setzen Sie sich, Mr. Porter!« Ruhig und bestimmend fordert sie mich auf, ohne über meinen dreisten Vortrag mit der Wimper zu zucken.

Ich bleibe, wo ich bin. »Ich wüsste nicht wieso. Ich werde Ihnen keine Auskunft über mein Privatleben geben.«

»Sie sind ein sturer Mistkerl.«

Damit erwischt sie mich eiskalt. Das hat bisher niemand gewagt zu sagen, der mir nicht nahesteht.

Mrs. Cunningham grinst und deutet abermals auf den Sessel. »Verdammt noch mal, jetzt gucken Sie doch nicht so schockiert. Setzen, habe ich gesagt. Verhandeln können wir später.«

Meine Augenbrauen wandern spontan zu meiner Stirn hinauf, während ich meinen Hintern auf dem Leder parke. »Ach.«

»Also, es wird folgendermaßen ablaufen. Vorausgesetzt, Sie hegen weiterhin den Wunsch, bei C&C einzusteigen.«

Mein Innerstes ist dermaßen in Aufruhr, dass ich mich räuspern muss, um ein halbwegs gelassenes Wort herauszubringen. »Selbstverständlich ist das mein Wunsch.«

»Gut. Ich halte Rücksprache mit den restlichen Partnern. Ich denke nicht, dass es ein Problem geben wird. Was heißt, Sie sollten sich am Montag auf einen Anruf von uns gefasst machen. Bis dahin klären Sie bitte ab, wie viel Zeit Sie benötigen, um Ihr neues Büro zu beziehen.«

Ich atme tief durch, um nicht wie das Teufelchen aus der Box zu springen. »Das hört sich für mich sehr positiv an.«

»Nun ja, sagen wir mal, Sie haben die Zusage zu fünfundneunzig Prozent.« Mrs. Cunningham steht elegant auf – eine Tatsache, die mir mit ihrer Kleidung beinahe unmöglich erscheint – und zeigt auf die Bürotür.

Heißt das nun: Wir sind hier fertig, Sie können verschwinden?

Erneut erhebe ich mich und will ihr zum Abschied meine Hand reichen, als sie hinter sich greift, eine Tasse vom Schreibtisch schnappt und sich wieder zu mir umdreht. »Jetzt gehen wir und machen uns einen schönen starken Espresso. Was halten Sie davon? Mittlerweile hat Paige Ihr Glas garantiert weggeräumt. Und seien Sie ehrlich, das war eh nur Show.«

Grinsend erwidere ich: »Ich verweigere die Aussage, um mich nicht selbst zu belasten.«

Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht lauthals los. Auf dem Weg durch den Flur gibt sie amüsiert von sich: »Ich denke, wir werden uns gut verstehen.«

Wir laufen an der Anmeldung vorbei und Paige zwinkert mir stumm zu.

»Paige, das habe ich gesehen«, flötet Mrs. Cunningham in dem Moment, als sie hinter der gleichen Wand wie vorhin Paige verschwindet.

»Keine Ahnung, was du meinst«, ruft Paige ihr hinterher.

Ich denke mir meinen Teil und folge Mrs. Cunningham, die sich mittlerweile an einem Kaffeeautomaten zu schaffen macht.

»Darf ich Sie etwas fragen?«

Sie stellt zwei Tassen unter den Auslass. »Sicher. Aber ich entscheide, ob ich Ihnen antworte.«

»Sie haben mich getestet, nicht wahr?«

»Meinen Sie die frechen Fragen nach Ihrem Privatleben?«

»Ja.«

»Natürlich. Ich hasse Leute, die kein Rückgrat beweisen, wenn man ihnen eindeutig zu nahe tritt. Wir brauchen keinen Schleimer, stattdessen einen kompetenten Anwalt, der, wenn es sein muss, Risiken eingeht. Das haben Sie bewiesen, indem Sie sich nicht nur zur Wehr gesetzt, sondern damit obendrein riskiert haben, aus der Kanzlei gejagt zu werden.«

»Verständlich. Gibt es weitere Bewerber, die Sie in die engere Wahl ziehen?«

Sie drückt mir eine Tasse in die Hand und deutet mit dem Zeigefinger auf mich. »Und das werde ich erst beantworten, wenn der Vertrag mit Ihnen unter Dach und Fach ist.«

»Das ist, denke ich, nur fair.«

»Stimmt.«

 

*

 

Gegen halb zehn sitze ich bereits wieder in meinem Büro und überlege, ob ich die abgesagten Termine eventuell doch noch aktivieren könnte, entscheide mich jedoch dagegen und wühle mich stattdessen durch eine gebetsbuchdicke Anklageschrift. Ständig geht mir das extrem kurze Gespräch bei C&C durch den Kopf und die anschließende, sehr entspannte Unterhaltung in der Teeküche.

 

Teils bei der Arbeit, teils in Gedanken woanders vergeht die Zeit wie im Flug und es ist Samstag. Mir ist klar, dass ich frühestens Montagabend Bescheid bekomme, ob ich den Job in der Tasche habe oder nicht. Dennoch steigt meine Nervosität von Stunde zu Stunde. Entweder ich unternehme etwas dagegen oder ich werde noch verrückt. Nun ja, ich hatte eh vor, nach Soho ins Crown zu gehen, von daher …

Gegen zehn kehre ich dort ein und blicke mich in aller Ruhe um. Wie immer ist es brechend voll und die Musik donnert in sphärischen Rhythmen durch den Club. Die Luft ist geschwängert mit Gerüchen wie Alkohol, Parfüm und diversen Körperausdünstungen. Eine unterschwellige Sexnote ist ebenfalls enthalten. Nichts Neues um diese Uhrzeit. In den Hinterzimmern, Gängen und Toiletten wird bereits die Post abgehen. Und wenn man sich die Mühe macht, genauer hinzusehen, bekommt man selbst in den dunklen Separees des Gastraums einiges geboten. Bevor ich jedoch auf die Jagd gehe und einen Blick riskiere, checke ich die Lage.

An der Bar ist absolut kein Rankommen. Wenn, dann nur unter Einsatz von Ellenbogen. Die Option hebe ich mir für später auf.

Ich suche nach bekannten Gesichtern. Nicht, um mich zu ihnen zu gesellen, sondern um zu entscheiden, ob ich bleibe oder nicht. Und mit bekannte Gesichter meine ich Leute, die nur im Entferntesten etwas mit meiner Arbeit zu tun haben. Mir steht wahrlich nicht der Sinn nach irgendwelchen Erklärungsorgien.

Eine zartgliedrige Hand schiebt sich unter meinen Arm. »Du siehst verloren aus.« Paige.

Sie reicht mir eben bis zur Schulter und ich grinse zu ihr hinunter. Ihre grünen Augen funkeln mich vergnügt an. »Na, Hübsche? Und du siehst aus, als könnte ich mir den Mai Tai sparen.«

Ein wenig angeschlagen nuschelt sie: »Ich wusste nicht, dass du ein Geizkragen bist.« Sie nickt in eine abgelegene Ecke. »Wollte gerade Nachschub holen.«

Ich werfe einen Blick in die von ihr angedeutete Richtung und sehe dort eine hübsche Frau mit knallroten Haaren sitzen, die im selben Moment den Kopf wegdreht, als hätte ich sie bei irgendwas erwischt. »Nett. Ist dir aufgefallen, dass sich eure Haarfarben beißen?«, stelle ich neckend fest.

Paige boxt mir spielerisch in die Seite.

»Dann komm, ich geb euch beiden einen aus. Was mag denn deine Freundin?«

Paige strahlt. »Ist sie nicht. Aber ich arbeite dran.«

Mit geballter Kraft kämpfen wir uns bis zum Tresen vor und ich winke Seth zu, der uns ein Zeichen gibt, uns ein wenig in Geduld zu üben. Mein Blick fällt wieder auf Paige, die bemüht elegant gegen mich lehnt. »Du arbeitest also dran, hm?«

»Ja, Abby ist mein wahr gewordener Traum. Für sie übrigens einen Daiquiri.«

Der schnuckelige Barmann wischt vor uns über die Theke. »Hi, Niles. Was kann ich euch zwei Zuckerschnecken bringen?«

Ich deute mit dem Daumen über meine Schulter und zwinkere Paige zu. »Für meine Ladys einen Mai Tai und einen Daiquiri. Machst du mir einen Long Island, der nicht so straff ist?«

»Oh, was vor heute?« Die Bemerkung kommt lässig, während er sich um unsere Getränke kümmert, dennoch entgeht mir der fragende Unterton nicht.

»Ich weiß noch nicht. Mal sehen. Wie sieht’s bei dir aus?«

Er versucht sein siegessicheres Schmunzeln zu verbergen. Klappt nicht wirklich, wie Paige sofort beweist. »Wenn ich richtigliege, hat Seth erst in zwei Stunden Feierabend. Bis dahin kannst du dich zu uns setzen.«

Seth und ich starren uns an, ehe er sie leichthin fragt: »Hast du meinen Schichtplan im Kopf?«

Paige zuckt die Schultern. »Und den von deiner süßen Kollegin.«

»Hey«, gebe ich erstaunt von mir. »Süße Kollegin? Wie bist du denn unterwegs. Ich dachte …«

»Hol Luft, Niles! Ich bin hier jede Woche, so was fällt mir auf.« Sie grinst Seth an. »Sorry, ich kann nichts dafür. Mein Hirn funktioniert eben so.«

Seth lacht. »Alles gut, Kleines.« Dann wendet er sich an mich. »Du hast sie gehört. In zwei Stunden bin ich hier fertig. Wenn du warten willst.«

Ach, was soll’s. Bei Seth weiß ich, was ich bekomme. Zumal ich die Wartezeit in netter Gesellschaft verbringen kann. »Wenn du nichts dagegen hast, dass ich mich zu euch geselle«, erkundige ich mich bei Paige.

»Ach was.«

»Hier sind eure Drinks.«

Paige nimmt sich zwei Gläser, während ich Seth drei Zehner über den Tresen schiebe. »Stimmt so.« Ich beuge mich über die Bar. »Dann sehen wir uns nachher?«

Seht wackelt frech mit den Augenbrauen. »Das hoffe ich doch.«

»Komm schon, lass ihn arbeiten«, fordert Paige kopfschüttelnd, bevor ich mir mein Glas schnappe und ihr durch die wogende Menschenmenge folge.

Am Tisch angekommen stellt mich Paige vor. »Abby, das ist Niles, ein Freund.« Sie stellt Abby den Drink vor die Nase. »Den hat Niles spendiert.«

Abby nickt mir zu, verzieht aber kein Stück das Gesicht. Ich grinse in mich hinein und werfe einen demonstrativ langen Blick zur Bar, ehe ich beiläufig erkläre: »Paige war so lieb mir Asyl zu gewähren, bis mein Date Feierabend hat.«

Abbys Miene entspannt sich augenblicklich und Paige schnaubt amüsiert. Im nächsten Moment liegt ihre Hand auf Abbys Unterarm. »Er ist wirklich nur ein Freund.«

Scheinbar peinlich berührt, dass ihre Eifersucht so offensichtlich ist, nimmt sie den Daiquiri in die Hand und prostet uns zu. »Dann auf einen schönen Abend und danke.«

Die nächsten zwei Stunden verbringen wir mit tanzen, lachen und weiteren Drinks. Ich muss gestehen, Abby ist wirklich nett und ich wünsche Paige, dass sie erreicht, was sie sich vorgenommen hat. Denn obwohl Abby an Paige einen Narren gefressen zu haben scheint, wirkt sie zuweilen, als würde sie sich mit aller Kraft von ihr fernhalten wollen. Ein Widerspruch in sich, wenn man bedenkt, wie eifersüchtig sie anfangs auf mich war.

Aber gut, das soll nicht mein Problem sein. Und Gott sei Dank muss ich mich mit Beziehungsanbahnungsversuchen nicht herumquälen, da ich absolut kein solch geartetes Interesse hege. Mein Job ist stressig genug, da muss ich mich nicht noch mit jemandem auseinandersetzen, der mich womöglich unter die Haube bringen will. Spaß in allen Ehren, meinetwegen gern mehrmals und über Nacht mit anschließendem Frühstück wie mit Seth. Danach geht jeder seiner Wege. Keine Verpflichtungen, das ist mein Motto. Womit ich in den letzten dreizehn Jahren mehr als gut gefahren bin. Es heißt, Beziehungen schaden dem, der keine hat. Ja, schon klar, den Spruch habe ich jetzt zweckentfremdet. Aber mal im Ernst, sie funktionieren in den seltensten Fällen. Es ist zwar eine ganze Weile her und ist der Grund, warum ich heute so denke, allerdings habe ich diese Erfahrung am eigenen Leib machen dürfen und lege keinen gesteigerten Wert auf eine Wiederholung.

Eine warme, mir bekannte Hand landet auf meiner Schulter und holt mich aus meinen Überlegungen. »Hi!«

Ich schaue auf und blicke in Seths strahlende Augen. »Ist es schon so spät? Meine Güte, die Zeit rennt.« Ich lächle Abby und Paige an. »Vor allem bei so wunderschöner Gesellschaft.«

»Du bist ein Idiot«, kontert Abby, ehe sie zur Seite rutscht, um Seth Platz zu machen. »Oder wollt ihr gleich los?«, erkundigt sie sich grinsend.

Seth lacht, setzt sich neben sie und zwinkert mir zu. »Zwei Minuten halten wir es sicher noch aus, oder?«

Ich proste ihm mit dem Rest vom letzten Long Island Tea zu. »Oder hast du es eilig?«

Er beugt sich zu mir und flüstert: »Um in dein Bett zu kommen? Immer. Aber ich kann mich gedulden. Vorfreude und so, du weißt doch.«

 

Gegen eins ist die Atmosphäre dermaßen aufgeheizt, dass sich noch mehr Pärchen zu einem Stelldichein finden, egal wo. Selbst auf der Tanzfläche wird getanzt, als wollten sie sich jede Sekunde die Klamotten vom Leib reißen, um an Ort und Stelle übereinander herzufallen. Ja, ich gebe zu, das mit anzusehen, stachelt meine Libido an. »Ich verschwinde nur kurz aufs Klo, dann können wir los, wenn du willst«, flüstere ich Seth zu, der mittlerweile neben mir sitzt und seine Hände nicht bei sich behalten kann.

Wir verabschieden uns von den wild knutschenden Mädels – die aufgeladene Stimmung lässt auch die zwei nicht kalt. Seth rutscht von der Sitzbank und zieht mich hinter sich her. »Ich warte draußen, okay?«

»Alles klar.« Während er durch die Vordertür schlüpft, biege ich zur Linken in einen halbdunklen Gang. Wie erwartet, ist das Durchkommen mit Hindernissen gespickt in Form von an sich reibenden Leibern und mehr.

Mir schwirrt der Kopf bei dem Anblick und den eindeutigen Geräuschen, die durch eine der geschlossenen Kabinentüren dringen. Ein Umstand, der es mir nicht unbedingt erleichtert, mich auf mein Vorhaben zu konzentrieren. Ich schaffe es jedoch mit einem Grinsen und dem Wissen, heute Nacht mit Seth ebenfalls zum Zuge zu kommen.

Ich wasche mir gerade die Hände, als hinter mir eine der Türen auffliegt und gegen die Wand kracht. Im Spiegel sehe ich, wie ein hübscher Kerl seine Lederhose schließt und einem verdattert dreinblickenden Mann entgegenbrüllt: »Wenn du glaubst, ich würde ohne Gummi vögeln, träum weiter, Idiot!«

Wow, denke ich nur, nachdem er sich umdreht und sich unsere Blicke im Spiegel treffen. Ihm wie mir bleibt der Mund offen stehen und die Welt scheint schlagartig nur aus uns beiden zu bestehen. Der Moment zieht sich und ich bewundere seine sanften, schokoladenfarbenen Augen, seinen dunklen Teint, das rabenschwarze Haar. Alles an ihm lässt auf ein südländisches Elternteil schließen. Ich würde auf Italien tippen.

»Wer hat eigentlich behauptet, dass ich dich vögeln will, du Arschloch?!«, motzt der mittlerweile zu sich gekommene Typ, der nun alles zurück in seine Hose verstaut hat und wutentbrannt herausgestürmt kommt. Womit er uns eiskalt erwischt und wir aufschrecken, als wäre eine Bombe geplatzt.

Lederhose zwinkert mir frech zu, zieht dann jedoch ein höhnisches Gesicht, ehe er sich umdreht. »Wer hier wohl das Arschloch und obendrein geistig unterbemittelt ist, scheint noch nicht so wirklich geklärt zu sein. Aber sei’s drum. Du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde dir auch nur einen blasen, ohne auf Nummer sicher zu gehen?«

Der andere wirft ihm einen wütenden Blick zu und stapft kommentarlos und mehr als frustriert an uns vorbei. Wieder knallt eine Tür zu und plötzlich herrscht ohrenbetäubende Stille, die nur durch das plätschernde Wasser unterbrochen wird.

»Was für ein Knallkopf. Ich hätte es besser wissen müssen. Aber nein, ich lass mich von dem Idioten weichkochen.« So geht es weiter in einer Tour. Er redet sich regelrecht in Rage. Ohne Punkt und Komma und wie mir scheint, ohne einmal Luft zu holen.

Und was mache ich? Tja, so wirklich kann ich nicht fassen, was hier gerade passiert. Denn ich stehe wie bestellt und nicht abgeholt vor dem Waschbecken, das Wasser läuft weiterhin über meine Hände und ich starre den vor sich hin wetternden Mann neben mir an, während dieser seine Klamotten richtet und sich nun ebenfalls die Hände wäscht. Ich kann partout meinen Blick nicht von ihm abwenden. Was ist nur los mit mir?

»Scheinbar lerne ich es einfach nicht«, beendet er nun seine Tirade und lächelt mich so offen und freundlich an, dass mir die Worte im Hals stecken bleiben.

»Na dann, man sieht sich.«

Ich nicke ihm zu und sehe ihm hinterher, bis die Tür ins Schloss fällt und ich allein bin. In der Zwischenzeit sind meine Finger eiskalt. Denn ja, das Wasser fließt immer noch. Allmählich löse ich mich aus meiner Starre und schaue in mein entgeistertes Gesicht. »Was bitte war das denn jetzt?«

Gerade als ich meine Hände abtrockne, geht abermals die Tür auf und Seth’ Haarschopf schiebt sich hindurch. »Ich dachte schon, du bist reingefallen«, witzelt er, während ich damit zu tun habe, einen klaren Kopf zu bekommen.

Ich folge ihm hinaus und beobachte ihn dabei, wie er sich eine Zigarette anzündet. »Wolltest du nicht aufhören?«, erkundige ich mich leicht gereizt. Denn im Ernst, auch wenn Seth ein hübscher Kerl und eine Kanone im Bett ist, kostet es mich einiges an Überwindung, ihn zu küssen, wenn er wie ein Aschenbecher stinkt.

»Was ist los? Plötzlich schlechte Laune?«

»Gott, nein. Aber du weißt, wie ich es hasse, wenn du nach kaltem Rauch schmeckst.«

Seth zuckt gleichgültig mit den Schultern. »Musst mich ja nicht küssen.«

»Ernsthaft?«

»Sicher.«

Irgendwas passiert hier gerade und ich kann nicht den Finger drauflegen, was mich jetzt nervt. Ist es wirklich der Umstand, dass sich mein heutiger Lover eine Zigarette angesteckt hat? Irgendwie ist mit einem Mal die Luft raus. »Hör mal …«

Seth kneift die Augen zusammen, zieht genüsslich an seiner Kippe und schüttelt gelangweilt den Kopf. »Weißt du was? Vergiss es einfach.«

»Scheiße, warte.« Innerlich fällt mir aus unersichtlichen Gründen ein Stein vom Herzen.

»Ich weiß ja nicht, was da drin abgegangen ist, aber ich sehe es dir an, dass du keinen Bock mehr auf mich hast. Nein, sag nichts. Ist doch in Ordnung. Du hättest es nur ein paar Minuten eher sagen können. Das wäre mir gegenüber fair gewesen.« Er tätschelt meinen Arm. »Fahr du heim. Ich geh mich drin noch mal umsehen.«

»Seth, es ist …«

»Wir sehen uns. Bis dann.« Er drückt die Zigarette in einem Aschenbecher neben der Tür aus und winkt mir zu, bevor er ins Crown verschwindet.

Und ich komme mir wie das größte Arschloch vor. So hatte ich mir den Abend sicher nicht vorgestellt. Ich könnte es wie Seth halten und ins Crown zurückkehren, nur fehlt mir die Lust dazu. Weshalb ich mich auf den Weg zur Tube mache und die verkorkste Nacht unter Kollateralschaden verbuche.

Zumindest konnte ich Paige einen ausgeben. Und so für die Katz waren die letzten Stunden auch wieder nicht, da ich sie in netter Gesellschaft verbrachte.

 

 

Bekenntnisse

 

- Jeffrey -

 

Ich bin ein Idiot. Okay, ein Idiot vielleicht nicht unbedingt, aber offensichtlich unbelehrbar. Weshalb sonst falle ich immer wieder auf Kerle rein, die mir schöne Augen machen. Ist ja nicht so, dass es mir an Selbstvertrauen mangeln würde. Und dennoch habe ich mich abermals auf einen hirnlosen Macho eingelassen, der sich als Vollhonk entpuppte. Wie heißt es doch gleich? Dumm fickt gut? Na danke auch. Ich sollte dringend an meiner Menschenkenntnis arbeiten.

Allerdings kann ich nicht verhehlen, dass mir der Hübsche vor dem Spiegel beinahe den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Es war nicht seine Anwesenheit, die mich überraschte. Ich meine, wenn ich im Club zum Vögeln auf die Toilette verschwinde, ist mit Publikum zu rechnen. Es war sein Blick, der mich total aus dem Konzept brachte. Er hat mich dermaßen verunsichert, dass ich plappernd wie ein Wasserfall meinen Unmut von mir gab. Um mich nicht noch mehr zu blamieren, suchte ich so schnell wie möglich das Weite. Auf dem Weg hinaus lief mir dann auch noch Paige in Begleitung einer hübschen Rothaarigen über die Füße. Gott sei Dank waren die zwei zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als meine Anwesenheit zu bemerken.

Für heute habe ich die Nase voll. Ab nach Hause. Auf dem Weg zur Tube klingle ich bei Trenton durch.

»Was gibt’s?«, begrüßt dieser mich kurz angebunden.

»Nichts. Wollte nur mal horchen, ob alles okay ist.«

»Bist du betrunken?«

»Nein, warum?«

»Weil es mitten in der Nacht ist, du Blödmann.«

»Scheiße.« Mir ist es dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, Trenton anzurufen, wann immer mir danach ist, dass ich tatsächlich nicht darüber nachgedacht habe, wie spät es ist.

»Ja, so kann man’s auch sagen.«

»Sorry, Trent. Schlaf weiter. Ich melde mich morgen bei dir.«

»Wer sagt, dass ich geschlafen habe?« Leises Murmeln dringt an mein Ohr und ich kann über meine eigene Dummheit nur die Augen verdrehen.

»Himmel. Ich bin doch ein Idiot.« Das kommt irgendwie so deprimiert heraus, dass ich vor mir selbst erschrecke, als ich auch schon Trent sagen höre: »Oha. Moment mal. Gib mir ’ne Sekunde. Und wehe du legst auf!«

»Trent, lass gut sein«, beschwöre ich ihn. Es ist der absolut unpassendste Augenblick und meine Laune sinkt mit jedem weiteren Schritt, den ich mich vom Crown entferne.

»Halt die Luft an. So, ich sitze auf der Couch und du erzählst mir jetzt, was los ist.«

»Ach, du kennst mich. Ich wollte den Abend genießen und …«

»Und hast den nächstbesten Armleuchter an dich rangelassen.«

»Ich sag ja, du kennst mich.«

»Stimmt. Aber das ist es nicht, was dich so runterzieht, oder?«

Wie immer trifft er den Nagel auf dem Kopf. Nur, ich weiß ja selbst nicht, was mir die Laune verhagelt. Also schweige ich.

»Komm schon, Kumpel. Ich bin’s.«

Ich bleibe wie angewurzelt mitten auf dem Gehweg stehen. Ein Pärchen rennt um ein Haar in mich hinein, während zwei Kerle leise fluchend von hinten an mir vorbeirauschen. Warum habe ich ihn angerufen, wenn ich jetzt den Mund nicht aufbekomme?

»Wo bist du überhaupt?«, will er nun aus heiterem Himmel wissen.

»Auf dem Weg zur Victoria Station, warum?«

»Ach, ich dachte, du bist bereits in Ballham. Dann hätte ich gesagt, komm rum und wir trinken noch ein Bier zusammen. Am Telefon lässt es sich so scheiße reden. Vor allem, wenn es um wichtigere Dinge als heiße Kerle geht.«

»Du willst, dass ich zu dir komme? Wenn ich mich nicht irre, halte ich dich gerade von einem dieser heißen Kerle ab.«

»Er wird es verstehen«, flüstert Trent.

»Sei kein Arsch«, feixe ich, als ich in die riesige Vorhalle der Victoria Station trete und automatisch zur Anzeigetafel schaue.

»Also, wann kannst du hier sein? Oder musst du morgen früh raus?«

»Gib mir ’ne Dreiviertelstunde. Und nein, ich muss morgen nicht früh raus. Wäre ich sonst ins Crown gegangen?«

»Auch wieder wahr. Wobei mir einfällt, ich sollte sauer mit dir sein.«

Mittlerweile stehe ich am Gleis und meine Bahn fährt ein. Einige Passagiere steigen aus und ich schlüpfe mit zwei weiteren Fahrgästen ins Innere des Wagons. Der nächstbeste freie Platz ist meiner. »Warum das?«

»Weil du mich nicht einmal gefragt hast, ob ich mitkomme.«

»Okay«, erwidere ich übertrieben bekümmert. »Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass mich dahin gehend mein schlechtes Gewissen plagt?«

»Bullshit!«

»Stimmt. Na ja, ich wollte allein Dampf ablassen und für einen Abend meine Sorgen vergessen. Ich wäre dir keine spaßige Begleitung gewesen.«

»Ziemlich dürftig, deine Entschuldigung, aber …«

»Das war keine. Nur mal so am Rande.«

»Egal. Sieh zu, dass du deinen Knackarsch hierher schaffst. Ich werde mich in der Zeit mal von dem hübschen Kerl in meinem Bett verabschieden.«

»Alles klar. Der Empfang bricht eh gleich ab. Und hey, sei nett zu ihm – wer auch immer es ist. Er kann nichts dafür, dass du ein Arsch bist.« Ich pruste los und lege auf, ehe Trent den Hauch einer Chance hat, etwas zu erwidern.

 

Es ist kurz nach zwei, als ich bei Trenton klingle. Sein Appartement befindet sich direkt über der Werkstatt. Hat Vor- und Nachteile. Vor allem, wenn die Kunden es spitzkriegen. Denn ihnen ist offensichtlich scheißegal, dass sie zum Teil außerhalb der Öffnungszeiten bei ihm anläuten. Seit Jahren liegt Trent mir in den Ohren, ich sollte zu ihm ziehen, schließlich wäre die Wohnung für einen viel zu groß. Ich gebe zu, das eine oder andere Mal ernsthaft darüber nachgedacht zu haben. Bisher bin ich immer wieder zu dem Entschluss gekommen, dass es eine äußerst schlechte Idee wäre. So gut wir uns auch kennen und so sehr ich ihn mag, kann ich mir nicht vorstellen, mit ihm zusammenleben zu können, ohne dass wir uns gegenseitig an den Hals gehen.

Sicher ist es in gewisser Weise peinlich, in meinem Alter noch mit meiner Mutter zusammenzuwohnen. Aber ich hatte nie ein Problem damit, wenn, dann nur die anderen, die schockiert das Gesicht verziehen und denken: Ah ja, wieder ein Loser, der im Hotel Mama lebt und sich alles hinten und vorn reinblasen lässt. So ist es jedoch nicht. Mom ist resolut und im Grunde kann man unser Zusammenleben mit einer WG vergleichen. Mittlerweile sehe ich sie wirklich als Freundin und Mitbewohnerin an. Und ich denke, es geht ihr mit mir nicht anders. Zumindest gibt sie ihr Bestes, nicht ständig in den Mom-Modus abzudriften.

Der Türsummer ertönt und ich stiefle im Eiltempo die Treppe hinauf. Oben erwartet mich Trent in Jogginghose und T-Shirt, mit nassen Haaren und einem ebenso neckischen wie strahlendem Lächeln, als hätte ich ihm die Sterne vom Himmel geholt.

»Was ist los?«

Er winkt mich rein. »Oh, du hast was verpasst.«

Meine Lederjacke landet am Garderobenhaken. »Ach ja? Was hast du wieder angestellt?«

»Ich? Gar nichts. Allerdings gab es gerade eine kleine Szene. Und du weißt, wie sehr ich das liebe.« Seine Worte sprühen nur so vor Sarkasmus. Dennoch habe ich das Gefühl, er würde mir etwas vorspielen. Nur, warum sollte er?

Im Wohnzimmer falle ich erschöpft auf die Couch. »Hattest du nicht was von Bier geschwafelt? Und wie ich dich kenne, hast du den armen Kerl dermaßen zurechtgestutzt, dass er jetzt einen Seelenklempner benötigt, um über dich hinwegzukommen.«

Schummriges Licht einer gedimmten Stehlampe erhellt den Wohnraum, stelle ich erstaunt fest. Ziemlich kuschlig und absolut untypisch für Trent, der in der Küche werkelt und mir zuruft: »Bier ist auf dem Weg. Ich hätte noch Knabberzeugs. Hast du schon was gegessen?«

Ich schüttle amüsiert den Kopf. »Ja, Mom. Her mit der Flasche.«

In der nächsten Sekunde steht er bewaffnet mit zwei gut gefüllten Gläsern und einem Teller voller Cracker neben mir. »Nix Flasche«, ermahnt er mich und reicht mir mein Glas, ehe er den Rest auf dem Tisch deponiert und ebenfalls auf das Sofa sinkt – keine Handbreit entfernt. Sein intensiver Blick ruht auf mir und das plötzliche Schweigen macht mich etwas nervös. Denn es ist ebenso untypisch wie die vorherrschende romantische Beleuchtung. Eine seltsam angespannte Stille breitet sich zwischen uns aus.

Ich räuspere mich und proste ihm zu. »Auf die Zukunft, wie immer sie auch aussehen mag.«

Trent nimmt sein Glas zur Hand, stößt mit mir an und nickt gedankenverloren. »Ja, wie immer sie aussehen mag.« Da ist wieder dieser seltsame Unterton.

Nach einem kühlen Schluck platze ich mit dem erstbesten Thema heraus: »Mein Vater hat mir angeboten, meine Referendar-Zeit bei C&C zu verbringen« Es ist das Einzige, das mir im Moment neben meiner merkwürdigen Stimmung Kopfschmerzen bereitet, und dennoch bestimmt es mein ganzes Denken.

»Das ist doch super. Wo liegt das Problem?«

»Klar ist das toll. Aber hörst du mir überhaupt zu? Hier geht es um meinen Vater.« Ich muss nicht detailliert ausführen, dass ich meinen leiblichen Vater meine. Trent weiß, dass ich nie einen hatte, auch wenn sich in all den Jahren, die Mom und ich allein lebten, ein oder zwei Herren der Schöpfung bemühten, den Job zu übernehmen. Allerdings sehe ich deren Engagement mittlerweile mit gemischten Gefühlen. Ich bin mir sicher, das war nur, um bei Mom zu landen. Was niemand geschafft hat. Fragt mich nicht, woran das lag. Es waren zuweilen ein paar wirklich tolle Kerle dabei, die sie auf Händen getragen hätten. Aber nein, sie fand früher oder später immer einen Grund, sich von ihnen zu trennen.

»Hm«, brummt Trent, neigt den Kopf zu Seite und sieht mich ungläubig an. Sein Blick ist abermals so intensiv, ich komme mir vor wie unter einem Mikroskop. Weshalb ich mit jeder Sekunde, die vergeht, unruhiger werde und mich winde wie ein Aal auf dem Trocknen.

»Nun gut«, unterbricht Trent endlich die zermürbende Stille. »Pass auf, mir ist klar, dass du mir jetzt die Sache mit deinem Dad erzählst, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Muss ich so akzeptieren.«

»Nein«, widerspreche ich halbherzig. Was? Steht mir was in Leuchtschrift auf die Stirn geschrieben? Und wenn ja, würde ich es gern selbst erst einmal sehen, um zu begreifen, was mit mir nicht stimmt.

»Red keinen Scheiß. Ich kenne dich seit … Verdammt, beinahe mein ganzes Leben. Wir sind wie Brüder. Und um ehrlich zu sein, bewundere ich dich dafür, dass du den Mut aufgebracht hast, umzusatteln. Scheiße, ich hätte doch damals, als wir die Werkstatt eröffneten, nie damit gerechnet, dass du unzufrieden bist. Aber das warst du und zack, entschließt du dich Anwalt zu werden. Echt verrückt. Worauf ich jedoch hinauswill, ist … Warum stellst du dich plötzlich so an? Pack jede sich dir bietende Gelegenheit beim Schopf. Das hast du doch bisher auch immer getan. Warum plagen dich ausgerechnet jetzt Zweifel? Wie ich deinen alten Herrn kenne, wird er dich nicht mit Samthandschuhen anfassen. Also hör auf zu denken, du bekämst den Job nur, weil er dein Vater ist und dich protegieren will. Oder noch schlimmer, du nicht gut genug wärst, für eine andere Kanzlei zu arbeiten. Denn das, mein Lieber, ist totaler Schwachsinn.«

Trent so energisch reden zu hören, gibt mir ein gutes Gefühl und zaubert mir automatisch ein Grinsen ins Gesicht. »Holla, wo kam das jetzt her?«

»Och, ich dachte, ich nutze die Gunst der Stunde und sag dir meine Meinung dazu. Nein, im Ernst, ich höre deine Rädchen im Kopf rattern. Sag, wie lange brauchst du noch, um deine Zulassung zu bekommen?«

»Wenn’s gut läuft, ein Jahr.«

»Was soll’s, spätestens ab da bist du doch eh bei C&C, oder irre ich mich?«

Wie versteinert starre ich ihn an und versuche zu verdauen, was er mir da so lässig vor den Latz knallt.

»Jeff?«

»Du hast mir gerade etwas klargemacht, das ich immer wieder verdränge.«

»Willst du mich verarschen? Sag mir nicht, Montigue Cunningham hat mit dir darüber nicht ein einziges Mal gesprochen.«

»Hat er nicht. Also bis heute.« Das ist die Wahrheit. Als ich Dad kennenlernte und feststellte, dass es mir scheinbar in die Wiege gelegt wurde, eine juristische Laufbahn einzuschlagen, bot er mir jedwede Unterstützung an. Egal in welcher Hinsicht – selbst in finanzieller. Er deutete jedoch mit keinem Wort an, ich solle bei C&C einsteigen. War das für ihn von Anfang an klar und ich nur zu blind?

»Ich raff’s nicht, Jeff. Willst du mir gerade verklickern, du hast nicht darüber nachgedacht? Himmel, sogar ich weiß, dass Cunningham & Cunningham eine Kanzlei in der zigsten Generation ist. Du bist ein Cunningham, auch wenn du Gallagher heißt. Was also glaubst du, wo du in Zukunft arbeiten wirst? Ich fass es nicht!«

»Was, hast du etwa Informationen über meine Familie eingeholt?« Ich will ihn nur aufziehen. Das scheint ihm jedoch zu entgehen. Denn plötzlich erwidert er kleinlaut: »Ich sagte doch, du bist wie ein Bruder für mich. Denkst du, ich lass dich blindlings ins Verderben rennen? Ich muss doch wissen, mit wem du es zu tun bekommst.«

»Hey! Alles gut. Ich wollte dich nur hochnehmen.«

»Blödmann.«

»Du hast recht, was C&C angeht. Es wäre dumm, das Angebot abzulehnen. Und hey, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dir so viele Gedanken um mich machst.«

»Das war schon immer mein Job«, wispert Trent eher zu sich selbst.

Ich stocke einen Augenblick und stopfe mir, nur damit meine Hände beschäftigt sind, einen Cracker in den Mund und spüle mit Bier nach. Abermals breitet sich Stille aus. Warum ist er nun so in sich gekehrt? Bis eben war er noch voller Eifer, mir den Kopf zurechtrücken zu wollen. Und jetzt das?

Nach einem tiefen Schluck setze ich ab und bemerke Trents Blick weiterhin wie gebannt auf mir ruhen. »Okay, raus mit der Sprache. Was ist los? Hier ist doch was faul.«

Diesmal ist er es, der schweigt und sich scheinbar unwohl in seiner Haut fühlt. Denn er hält sich krampfhaft am Bier fest und wischt abwechselnd seine Handflächen am Stoff der Jogginghose ab. Kondenswasser vom Glas oder ist er so nervös, dass er feuchte Hände bekommt? Aber was sollte der Grund dafür sein?

Mein Blick gleitet abermals durch den Raum, der in warmen, goldenen Schein getaucht ist, und über Trent. Schlagartig sehe ich dieses Beisammensein in einem anderen Licht.

Mittlerweile schaut Trent überall hin, nur nicht zu mir. Außer dem Ticken der schrecklichsten Wohnzimmeruhr, die ich je gesehen habe – ein Erbstück seiner Oma, die er abgöttisch geliebt hat –, herrscht Grabesstille.

Ich stelle mein Getränk neben den Teller, lehne mich zurück, deute in die Umgebung und letztlich auf ihn und zähle mit sanfter Stimme auf: »Schummerlicht, Kuhaugen, frisch geduscht und …« Ich beuge mich zu ihm und nehme seinen Duft in mir auf. »Yep, du hast tatsächlich dein bestes Parfüm aufgelegt. Und verdammt noch mal, warum dieses unterschwellig knisternde Schweigen?«

Trent schluckt hart. Schüttelt jedoch vehement den Kopf und murrt: »Du laberst doch Mist.« Andererseits zieht er ein Gesicht, als hätte ich ihn mit etwas konfrontiert, das er nicht wahrhaben will.

Kann es sein, dass …? »Trent? Erklärst du mir bitte, was hier gerade abgeht?«

Er springt auf und stapft mit langen Schritten zum Fenster. Sein Rücken ist mir zugewandt, während er sich mit beiden Händen unwirsch durchs Haar kämmt und flüstert: »War ’ne blöde Idee.«

»Was genau meinst du?«

Trent dreht sich zu mir um und zuckt mit den Schultern. »Du hast es nie wirklich wahrgenommen, oder?«

Oh Mann, die Nacht war eh schon eine Pleite. Und wenn ich richtigliege, wird sie jetzt auch noch kompliziert. »Dass dir etwas an mir liegt?« Ein weiterer Grund, warum für mich nie infrage kam, bei Trent einzuziehen. Ja, ich wollte diesbezüglich von vornherein Konflikte vermeiden. Allerdings war mir nicht klar, wie es tatsächlich mit Trents Gefühlsleben aussieht. Es ist vielleicht nicht der idealste Zeitpunkt. Dennoch denke ich, wir müssen darüber sprechen. Entweder jetzt oder es wird wie ein Krebsgeschwür unsere Freundschaft zerstören.

Trenton lacht harsch auf. »Tja, wenn du es so ausdrückst, hört es sich lächerlich an.«

»Lächerlich? Ganz sicher nicht. Also spuck’s schon aus.«

Er nickt und setzt sich wieder zu mir. »Was soll’s, schlimmer kann es eh nicht mehr kommen, hm? Obwohl du mir womöglich die Freundschaft kündigst, wenn ich jetzt endlich mal das Maul aufmache.«

»Das, mein Freund, ist lächerlich. Immerhin gehen wir seit der Schulzeit gemeinsam durch dick und dünn, sind stets füreinander da. In meinen Augen gibt es nichts, was mich davon abhalten könnte, weiter mit dir befreundet zu sein.«

»Also gut. Du hast mich immer gefragt, warum ich jeden Kerl vergraule, der halbwegs vernünftig war.« Trent wackelt mit dem Kopf. »Gilt übrigens auch für dich.«

»Du vergisst, dass ich anders ticke als du. Ich liebe mein Lotterleben, wie Mom so schön zu sagen pflegt.«

»Richtig. Aber als du mich vorhin angerufen hast, dachte ich …«

»Daran hätte sich was geändert?«

»Ich sag ja, war ’ne blöde Idee. Nur scheint es jetzt an der Zeit zu sein, mir darüber Gewissheit zu verschaffen.«

Ehe Trent noch drei Stunden um den heißen Brei redet, werde ich ihm wohl auf die Sprünge helfen müssen. »Nun gut, erklärst du mir, warum du dich nie auf eine Beziehung eingelassen hast?«

»Weil ich nicht auf der Suche nach Mr. Right war. Denn ich hatte ihn bereits vor Jahren gefunden. Nur dummerweise sieht er das nicht so.«

»Nur fürs Protokoll, du meinst mich damit, nicht wahr?«

»Himmel, Jeff, mach’s mir doch nicht schwerer, als es eh schon ist. Ja, verdammt, ich habe all die Jahre gehofft, dass du mehr in mir sehen könntest.«

»Ich weiß echt nicht, was ich jetzt sagen soll, ohne dir zu nahe zu treten oder dich womöglich zu verletzen.«

Trenton atmet tief durch. »Scheiße! Sag einfach, dass du den Mist vergisst und wir wie bisher weitermachen.«

Ich mustere ihn, jedoch aus einem gänzlich anderen Blickwinkel. Dann horche ich in mich hinein. Kann es sein, dass ich Trent als möglichen Partner nur aus meinem Kopf verdrängt habe, eben weil wir uns seit unserer Kindheit kennen? Könnte ich mir vorstellen, von ihm mehr zu wollen?

»Oh Mann, jetzt guck mich nicht so mitleidig an!«, brummt er und setzt sein Glas an den Mund.

»Tu ich nicht. Und um deine Frage zu beantworten, irgendwie habe ich tief in mir drin geahnt, dass du etwas für mich empfindest. Aber …«

Trenton hebt Einhalt gebietend die Hand und nickt verstehend. Er lehnt sich in die Kissen zurück und schließt für einen Moment die Augen.

Ich sitze weiterhin nur da und beobachte ihn, während ich versuche, meine Gefühle für ihn zu ergründen.

»Wann fängst du bei C&C an?«, fragt Trent plötzlich.

»Trent«, flüstere ich besorgt.

Seine Augen öffnen sich und er lächelt. Es wirkt ein wenig gequält, dennoch ist mir klar, was er damit bezweckt. »Also, wann?«

Wie kann er nur so stur sein? Erst stellt er mich vor so tiefschürfende Tatsachen und dann blockt er mich einfach ab? Andererseits, was könnte ich schon sagen, um die Situation für ihn erträglicher zu machen? Nichts. Denn klar, er ist ein netter Kerl und sieht echt toll aus, aber passt so gar nicht in mein Beuteschema. Als sein Freund kann ich jetzt nur eins tun, ich akzeptiere die Art, wie er damit umgeht. Was leichter gesagt ist als getan.

»Okay, bevor wir das Thema wechseln, nur noch eins: Ich mag dich. Wirklich. Und ich wünsche dir, dass du glücklich wirst. Das würde mit uns beiden allerdings niemals der Fall sein. Und wenn du ernsthaft darüber nachdenkst, weißt du, dass es die Wahrheit ist.«

»Möglich, dass ich mich da in etwas verrannt habe.« Trent redet es klein und das sollte er definitiv nicht tun.

»Hör mal, ich bin ja vielleicht ein Arschloch, aber lass dir gesagt sein, dass es da nichts gibt, was schlechtgeredet werden muss. Ich fühle mich irgendwie geehrt, ob du es glaubst oder nicht.«

»Herrje, jetzt wird’s schwulstig«, neckt mich Trent.

Ich lache. »Hey, ich versuche hier gerade, den Seelentröster für meinen besten Freund zu spielen. Also beleidige nicht meine Fähigkeiten.«

»Hat dir schon mal einer gesagt, dass du total mies darin bist?« Und da ist er wieder, mein Trenton, wie er leibt und lebt. Natürlich bin ich nicht blöd, er hat alles, was er sagte, absolut ernst gemeint. Andererseits, wenn ich jetzt nicht auf sein Spielchen eingehe … Tja, das würde ihn sicher zutiefst verunsichern und obendrein verletzen. Und das ist das Letzte, was ich will.

»Ich kann schließlich nicht in allem gut sein. Ach, und du wolltest wissen, wann ich meine Stelle bei C&C antrete?«

Trents Miene spiegelt die unterschiedlichsten Gefühle wider, darunter Schmerz und dann wiederum Erleichterung. »Ja, ich will alles wissen. Ach, bevor du es mir haarklein erzählst … Noch ein Bier?«

»Hast du vielleicht was Stärkeres im Haus? Und sag jetzt nicht nein. Das glaube ich dir keine Sekunde.«

»Als würdest du nicht genau über meine Schnapsbestände Bescheid wissen.«

»Okay. Weißt du was? Dann hol deinen Belvedere raus, den du schon seit drei Jahren ganz hinten im Kühlschrank versteckst.«

Trent sieht mich entsetzt an. »Du schnüffelst in meiner Küche herum?«

»Klar.«

»Den hatte ich für einen besonderen Anlass aufgehoben.«

Ich deute erst auf ihn, dann auf mich. »Das hier ist ein bedeutender Anlass. Es wird Zeit, dass wir Brüderschaft trinken. Also sei kein Geizkragen und hol die Flasche.«

»Du bist der schrecklichste Kerl, den ich je kennengelernt habe.«

»Siehst du, jetzt ist dir endlich ein Licht aufgegangen.«

Trent zieht eine Augenbraue hoch, beugt sich zu mir und ich erstarre zur Salzsäule, als er mein Gesicht zwischen seine Hände nimmt und seinen Mund auf meinen presst. Es Schock zu nennen, wäre untertrieben. So schnell, wie seine Lippen auf meinen liegen, sind sie wieder verschwunden und Trent steht lauthals lachend auf. »Du hast ja keine Ahnung, was du verpasst, wenn du mich verschmähst.«

»Schätzchen, mir ist klar, dass du ein toller Hecht bist. Und glaub mir, wenn ich dir sage, du brauchst nur die Augen aufmachen und dich umsehen. Es stehen zig Kerle Schlange, die dir zu Füßen liegen, solltest du ihnen die winzigste Chance dazu geben.«

Trent blickt zu mir hinab. »Ich weiß.«

Das überrascht mich jetzt. Gibt es da etwa jemanden, von dem er mir nichts erzählt hat? Und Trent wollte nur auf Nummer sicher gehen, um keinen Fehler zu begehen, sollte er sich auf denjenigen einlassen? Verrückt. »Willst du mir von ihm erzählen?«

»Es gibt nichts zu erzählen. Außerdem gib mir ein bisschen Zeit, in Ordnung?«

»Alle Zeit der Welt. Versprochen. Jetzt geh und hol den Stoff, aus dem die Träume sind.«

 

Ende der Leseprobe

 

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Impressum

Texte: Nele Betra
Bildmaterialien: depositphotos
Cover: Nele Betra
Lektorat: Brigitte Melchers / Bernd Frielingsdorf
Satz: Nele Betra
Tag der Veröffentlichung: 06.09.2018

Alle Rechte vorbehalten

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