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Leseprobe "the Truth behind" Kapitel 1-3

  1. Schmerzliche Erinnerungen

- Richard -


Richie?“

Was ist denn jetzt schon wieder? Ich will nur meine Ruhe haben. Ist das so schwer zu verstehen? Da verkrümele ich mich in die hinterste Ecke der Werkstatt, suche seelenruhig Ersatzteile zusammen, um die Verkaufsregale zu bestücken, und dann das. Ich habe wirklich keine Lust mich mit Lewis zu unterhalten, also gebe ich nur ein mürrisches „Hm?“ von mir.

Könntest du mir bitte einen Gefallen tun? Mat und ich haben noch einen Termin und draußen wartet ein potenzieller Kunde, der sich gern alles anschauen würde. Wärst du so nett ihn herumzuführen?“

So viel zu meiner erhofften Ruhe. „Wir haben doch noch nicht mal eröffnet. Kann er nicht kommen, wenn wir fertig sind?“, meutere ich und hoffe, er sieht es ein und zieht unverrichteter Dinge wieder ab. Er wäre allerdings nicht Lewis, wenn er so reagieren würde, also bleibt er stur, sieht mich bittend an und versucht mir begreiflich zu machen, wie wichtig es ihm ist. „Na ja, wir können jeden Kunden gebrauchen. Wenn er anbeißt, haben wir schneller den ersten Auftrag in der Tasche, als gedacht. Also bitte, sei freundlich zu ihm, ja?“

Herrje, den Dackelblick muss er stundenlang vor dem Spiegel geübt haben. Lewis ist einer meiner besten Freunde und ich könnte ihm im Leben nichts abschlagen, auch wenn er mir gelinde gesagt in letzter Zeit mächtig auf den Zeiger geht. „Ja, ja. Ich werde ihm schon nicht den Kopf abreißen.“ Meine Miene muss meine Laune eindeutig zum Ausdruck bringen, denn ich höre ihn „Dein Wort in Gottes Gehörgang“ nuscheln, als er das Lager verlässt. Auf dem Weg in die Werkstatt ruft er mir noch zu: „Danke, Richie. Wir sind gegen Abend wieder zurück. Bis dann.“ So euphorisch, wie er sich für den anstehenden Termin beim Anwalt anhören sollte, klingt er nicht. Matthew und Lewis sind auf dem Weg ihre Unterschriften unter einen Teilhabervertrag zu setzen. Ich weiß, es bedeutet ihm sehr viel, Mat an seiner Seite zu haben. Bisher war ich der Meinung, es wäre nicht nur geschäftlich motiviert. Jedoch scheint Lewis Mat immer noch keinen reinen Wein eingeschenkt zu haben.

Nun gut, er muss wissen, was er will. Es geht mich nichts an. Und um ehrlich zu sein, mein Leben ist schon kompliziert genug, um mir noch die Probleme anderer aufzuhalsen. Mag sich egoistisch anhören, ist aber leider so. Nicht erst seit gestern, sondern bereits seit einem Jahr.

Ich reiße mich aus meinen Gedanken, räume einige Kartons zurück ins Regal und folge Lewis in den zukünftigen Verkaufsraum, wo ich ihn sagen höre: „Das wird dann Richard sein. Mr. Harper, wir müssen wirklich los. Kaffee gibt es im Pausenraum. Sollte unser Freund vergessen, Ihnen einen anzubieten, bedienen Sie sich einfach. Es würde uns freuen, Sie an einem anderen Tag noch einmal begrüßen zu dürfen.“

Harper? Ich stehe hinter Lewis und erstarre, traue meinen Augen nicht, als ich einen Blick über die Schulter meines Freundes werfe. Mein Herz stolpert und springt mir, beim Versuch seine Arbeit wieder aufzunehmen, beinahe aus dem Brustkorb. Und dann höre ich sie, seine Stimme, als er Lewis antwortet: „Das lässt sich sicher einrichten.“ Es ist die Stimme, die ich seit einem Jahr nicht gehört habe und dachte, nie wieder zu hören. Das kann nicht wahr sein!

Lewis und Mat verabschieden sich und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sie mit misstrauischen, auf mich gerichteten Blicken durch die Vordertür verschwinden. Womit sie mich mit dem Mann alleine zurücklassen, der mir das Herz aus der Brust gerissen hat.

Grant wendet sich mir zu und schaut mich an, als hätte er erwartet, mich hier anzutreffen. Ich kann das nicht! Ja okay, ich sagte, ich würde für Lewis so ziemlich alles tun, aber das… nein, das kann ich nicht. Harper kann nicht einfach aus heiterem Himmel hier auftauchen und so tun, als wäre nie etwas vorgefallen. Ich werde es keinesfalls zulassen, dass er sich mir auch nur auf zehn Schritte nähert.

Erinnerungen entfachen eine Wut in mir, die mich am ganzen Körper zittern lässt. Gefühle wallen in mir auf, die mir meine damalige Machtlosigkeit über ein unabänderliches Ereignis, das meine Welt aus den Fugen gehoben hat, abermals vor Augen führen. Also straffe ich meine Schultern, mache auf dem Absatz kehrt, gehe in Richtung Lager und quetsche unter Aufbietung all meiner Willenskraft hervor: „Du weißt, wo der Ausgang ist!“

Ich komme keine drei Schritte weit, als sich zwei Stahlklammern um meine Oberarme legen und an Ort und Stelle festhalten. „Richie, warte doch!“

Mit einem heftigen Ruck entwinde ich mich seinem Griff, drehe mich zu ihm, baue mich drohend vor ihm auf und brülle: „Fass mich nicht an und nenn mich nicht so!“

Erschrocken zieht Grant seine Hände zurück, hält sie mir beschwichtigend entgegen und schaut mich bestürzt an. „Okay, aber kann ich mit dir reden?“ Seine Frage kommt leise und vorsichtig, was meinen Zorn nur noch mehr hochkochen lässt.

Ich stehe kurz davor, ihm körperliche Gewalt anzutun. Das darf ich nicht zulassen, so bin ich nicht. Mit geschlossenen Augen atme ich einmal tief durch, konzentriere mich auf meine innere Mitte, so wie ich es in all diesen beschissenen Therapiesitzungen gelernt habe und schaue ihn mit einem hoffentlich emotionslosen Blick an. „Geh! Du kommst zu spät. Es gibt nichts mehr zu bereden.“

Als ich sehe, wie der hoffnungsvolle Ausdruck aus seinem Gesicht weicht, er entmutigt in sich zusammensackt und seine Miene pure Verzweiflung widerspiegelt, reißt es mir abermals mein Herz entzwei.

Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und lasse ihn allein zurück. Endlich die Lagertür in Griffweite öffne ich sie leise, schlüpfe hindurch und schließe sie ebenso lautlos. All meine Kraft sickert aus meinem Körper und ich sinke von innen am Türblatt zu Boden. Aus Angst, mein Innerstes löst sich in seine Bestandteile auf, ziehe ich meine Knie eng an meinen Körper und umschlinge sie so fest ich kann mit den Armen. Vielleicht ist noch etwas zu retten, bevor ich den Verstand verliere.

Es ist schwer, dagegen anzukämpfen. Eisige Leere macht sich in mir breit. Erfüllt mich mit einsamer Dunkelheit, der ich glaubte entkommen zu sein. Aber dem ist nicht so. Es war alles nur eine Fassade. All die guten Ratschläge meiner Therapeutin gehen zum Teufel und ich stehe innerhalb eines Augenblicks wieder vor einem Abgrund, der mich damit lockt, allem ein Ende zu bereiten. Es hat mich das letzte Mal so viel Kraft gekostet, mich aus dieser Abwärtsspirale zu befreien, ich darf es nicht wieder zulassen. Ich konzentriere mich auf meine Atmung. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Ein einfaches Mantra, was mich aber auf meinen Körper fokussiert. Ich erspüre meine Gliedmaßen. Bewege jeden Finger, die Hände, Arme, Beine, Füße. Spüre meiner Selbst nach. Straffe meinen Rücken, der gegen die harte Tür lehnt. Spüre meinen Hintern, der bereits kribbelt, weil der Betonboden eiskalt ist. Dieses ‚sich seinem Körper bewusst werden‘ gibt mir die Möglichkeit, aus der Dunkelheit aufzutauchen. Das Rauschen in meinen Ohren nimmt ab und ein klapperndes Geräusch dringt zu mir durch. Ich schaue auf und bemerke trotz meiner Bemühungen erst jetzt, dass ich am ganzen Körper zittere und meine Zähne vor Anspannung aufeinander schlagen. Es ist ein Schock, Grant zu sehen.

Meine Atmung wird ruhiger und ich beginne mich zu entspannen. Gut, denn es wäre äußerst peinlich, wenn mich jemand in diesem Zustand hier vorfinden würde.

Niemand weiß von Grant. Ich habe zwar nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich schwul bin, aber irgendwie hat es sich trotz unserer langjährigen Freundschaft nicht ergeben, es den Jungs zu sagen. Womit Scott und Lewis, was das angeht, ahnungslos sind. Es war nicht notwendig für mich, sie darüber zu informieren. Zumal ich vor Grant jahrzehntelang rettungslos in Scott verschossen war, dem die Frauen nur so um den Hals gefallen sind. Ich spüre, wie meine Mundwinkel sich unfreiwillig in die Höhe bewegen. Ja, Scott war immer ein Frauenheld. Bis vor ein paar Wochen Vicky mit einem Blech voller Scones in sein Leben gestolpert kam. Seit dem Zeitpunkt gibt es keine andere Frau mehr für ihn. Es ist toll. Ich freue mich auch für sein Glück. Und doch konnte ich nicht aus meiner Haut und war eifersüchtig. Weiß der Geier, was mich da geritten hat. Rückblickend ist die Sache mit Scott nur oberflächlich, war sie schon immer. Ich wollte es mir nur nie eingestehen, bis ich Grant kennenlernte, der mich wie Abfall wortlos aus seinem Leben entfernt hat.

Bisher glaubte ich, über ihn hinweg zu sein. Es lief doch alles recht gut. Warum musste er ausgerechnet jetzt auftauchen? Ich habe ihn nie zuvor angebrüllt. Natürlich erschreckt ihn meine Reaktion. Aber was bitte hat er denn erwartet?

Das Bild, wie er völlig entmutigt vor mir steht, schleicht sich in meine Gedanken. Ob er schon gegangen ist? Ich lausche, spitze meine Ohren, nehme aber keine Geräusche aus der Werkstatt wahr. Meine Stirn auf die Knie gelegt denke ich an das Ende, unser Ende, zurück.


*


Ohne ein Wort, ohne eine Andeutung, etwas würde zwischen uns im Argen liegen, oder den Wunsch unsere Beziehung nicht mehr weiterführen zu wollen, hat er mich verlassen.

Ich bereitete alles für einen schönen Abend vor, freute mich, ihn nach mehreren Tagen Abwesenheit, die sein Beruf mit sich bringt, endlich wiederzusehen. Er rief mich noch am Morgen an und fragte, ob wir uns treffen könnten, denn er würde sich unheimlich auf mich freuen und hätte mich extrem vermisst. Dieses Telefonat zauberte mir ein seliges Lächeln ins Gesicht, mit dem ich wahrscheinlich jedem, der mir begegnete, auf den Nerv ging. Es war das erste Mal, dass er seine Gefühle für mich so offen äußerte. Ich hatte Pläne und zog sie auch durch, bis zu einem gewissen Punkt.

Ich saß aufgeregt an meinem festlich gedeckten Esstisch. In gewisser Weise war es mir schon fast peinlich, dermaßen romantische Anwandlungen an den Tag zu legen. Aber mir war es dann doch egal, denn ich liebte ihn, wollte ihm zeigen, wie viel er mir bedeutete. An diesem Abend wollte ich es ihm sagen und ihn bitten zu mir zu ziehen. Ich wartete bis spät in die Nacht, wurde unruhig, machte mir unendlich viele Sorgen. Angefangen von „Er wird sicher einen spontanen Einsatz haben“, bis hin zu „Hoffentlich lebt er noch“ ging mir alles Mögliche durch den Kopf. Selbst am darauffolgenden Tag machte ich mir höllische Sorgen, ihm könnte etwas passiert sein, weil er mich nicht anrief. Nachdem ich zwei Tage nichts von ihm hörte, fuhr ich zum Flugplatz und lauerte einem seiner Kollegen auf. Jim erzählte mir, Grant hätte einen dringenden Anruf bekommen und sei innerhalb kürzester Zeit nach San Francisco geflogen. Seit dem hätte auch er nichts mehr von ihm gehört. Die Kollegen würden sich ebenfalls sorgen und hätten versucht Kontakt zu ihm aufzunehmen, er ginge jedoch nicht ans Telefon.

Da Grant mir nie etwas über seine Familie erzählte, ergab sich für mich auch keine Gelegenheit, bei seinen Eltern oder Geschwistern nachzufragen, was denn mit ihm wäre. Mir blieb also nichts anderes übrig als abzuwarten. Das tat ich. Ich ging meinem Job nach, versuchte zu funktionieren, bis Selbstzweifel in mir zu schwelen begannen.

Ein weiteres Gespräch mit Jim beförderte mich dann vollends in die Hölle, denn er berichtete mir: „Grant rief letzte Woche an. Kündigte seinen Job und bat darum, ihm keine weiteren Fragen zu stellen. Er hätte sich entschieden und wolle ab sofort in San Francisco für seine Familie da sein. Ich wusste nicht einmal, dass er verheiratet ist.“

Der Schock saß tief. Er hatte mich also tatsächlich für seine Frau verlassen.

Die folgenden Wochen verbrachte ich in Lethargie. Meinen Freunden fiel es natürlich auf. Sie taten alles Erdenkliche, um mich aus meinem Loch wieder rauszuholen. Es gelang ihnen nicht. Logisch gab es Gespräche. Ich umschiffte viele Fragen, die ich nicht beantworten konnte oder wollte, denn es änderte rein gar nichts an meiner Situation. Ich war unglücklich verliebt in einen Mann, der mich nur ausgenutzt hat, mir etwas vorspielte.

Einen Ausweg, der mich von meinem seelischen Schmerz befreien konnte, fand ich nicht. Das Einzige, was mir blieb, war ihn zu betäuben. Was ich dann auch regelmäßig jeden Abend aufs Neue tat.

Eines Tages saß ich auf meiner Couch, mein neuer Freund Jacky vor mir auf dem Glastisch, ein gut gefülltes Glas mit der goldenen Flüssigkeit in meiner Hand und schaute irgendeinen Blödsinn in der Glotze. Wobei der Fernseher eher zur Untermalung meiner Trübsinnigkeit herhielt, denn so wirklich nahm ich nichts mehr auf. Ich schaute mich um und plötzlich waren wieder diese Szenen in meinem Kopf. Grant und ich. Wir lachten miteinander, redeten und liebten uns. Ich sah all das, was ich nicht mehr haben konnte.

Ist das Unterbewusstsein nicht ein Miststück? Meine tiefen, wochenlang unterdrückten Gefühle für ihn schlugen wie Wellen abermals über mir zusammen. Ich war wie ein Ertrinkender, der nach Luft schnappte und doch immer wieder von einem neuen Sog in die Tiefe gezogen wurde. Ich wollte keine Verzweiflung mehr spüren, wollte endlich frei von ihm sein und fällte in meinem vernebelten Zustand eine verheerende Entscheidung.

Ich ging ins Bad, kramte in meinem Spiegelschrank, bis ich fand, was ich suchte. Zurück im Wohnzimmer, kippte ich den Rest aus dem Glas mit einem großen Schluck hinunter, schnappte mir die auf dem Tisch stehende Flasche, schüttete den Rest der Schlaftabletten auf die Hand… und starrte sie an.

Keine Ahnung, wie lange ich so dasaß, es müssen Stunden gewesen sein, denn es wurde bereits hell. Langsam, aber stetig tauchte mein Verstand aus dem allumfassenden Alkoholnebel auf, als ich mir der Endgültigkeit meines Vorhabens bewusst wurde.

Entsetzt von mir selbst sprang ich auf, lief ins Bad, schüttete die Tabletten ins Klo, den Whisky hinterher, betätigte die Spülung und schwor mir, etwas zu unternehmen. So ging es nicht mehr weiter.


*


Kalter Schweiß lässt mein T-Shirt am Rücken kleben, als ich mich langsam berapple und wieder an meine Arbeit begebe. Es gibt genug zu tun, womit ich mich von meinen düsteren Gedanken ablenken kann. Ich habe es einmal geschafft – zumindest dachte ich es bisher – mich von Grant zu befreien, also werde ich es wieder schaffen. Wenn möglich, sollte ich ihn diesmal restlos aus meinem System entfernen.

Wer war der nette junge Mann?“ Plötzlich steht Vicky wie aus dem Nichts mit einem Teller dampfendem Gebäck hinter mir und beschert mir damit den nächsten Beinaheinfarkt.

Bist du unter die Ninjas gegangen?“, fahre ich sie an, was mir im selben Augenblick leidtut, denn sie ist eine herzensgute Frau.

Zum Glück zeigt mir ihr gutmütiges Kichern, dass sie nicht sauer über meine Reaktion ist. „Schwarz würde mir sicher stehen, oder?“ Sie fächelt mir den intensiven Duft entgegen und grinst. „Ich hab dir was zu Futtern mitgebracht. Wenn du schon die ganze Arbeit alleine machen musst, solltest du wenigstens ordentlich verpflegt werden. Also setz dich und iss!“

Frischen Scones kann ich einfach nicht widerstehen und nach dem Stress von eben muss ich wirklich meine Reserven auffüllen, also nehme ich den Teller entgegen und setze mich auf eine Holzkiste. „Wenn ich noch einen starken Kaffee von dir bekomme, bin ich wunschlos glücklich.“

Über meinen Wunsch ist sie so erfreut, dass ihr Gesicht zu strahlen beginnt. „Oh, gern. Einen Moment“, flötet sie und rennt aus dem Lager, um keine zehn Sekunden später mit einer Tasse Kaffee wieder aufzutauchen. „Ich glaube, du magst ihn schwarz wie die Nacht, ohne Zucker, stimmt‘s?“

Den Teller auf die Seite gestellt nehme ich den ebenfalls duftenden Topf Kaffee entgegen. Es ist herrlich, so verwöhnt zu werden. Ich lehne mich entspannt ans Regal und genieße ihre Fürsorge in vollen Zügen. „Ja, danke. Du glaubst gar nicht, wie nötig ich den habe.“

Vicky lehnt mit verschränkten Armen und zur Seite geneigtem Kopf an der Türzarge und beobachtet mich eindringlich, wie ich ihre Scones vertilge. „Und?“, fragt sie aus heiterem Himmel.

Ich schaue kauend zu ihr auf. „Was und?“, nuschele ich.

Sie deutet mit ihrem Daumen hinter sich, als würde dort jemand stehen. „Wer ist er?“

War ja klar, dass sie ihre Frage von zuvor nicht vergisst. Ich zucke mit den Schultern. „Ein Kunde.“

Aha“, entgegnet Vicky mit einem skeptischen Blick.

Ich sollte ihm den Laden zeigen. Lewis bat mich darum, da sie ja heute ihren Termin beim Anwalt haben. Du weißt schon, wegen der Teilhaberschaft und so.“

Hmhm.“

Ich seufze auf. Frauen können so anstrengend sein. „Vicky, was willst du wissen?“

Keine Ahnung. Selbst wenn ich fragen sollte, würdest du mir antworten? Bisher sind wir ja nicht sonderlich gut miteinander ausgekommen.“

Sie hat recht. Unbedingt nett war ich nicht zu ihr. Weshalb es mich wundert, dass sie immer wieder versucht mich für sich einzunehmen. Vicky ist die Frau meines besten Freundes. Das werde ich nicht ändern können. Zumal ich es auch gar nicht mehr will, da ich endlich akzeptiere, dass Scott nie im Leben mehr als freundschaftliche Gefühle für mich haben wird. „Stimmt. Ich hab’s dir auch nicht leicht gemacht“, gebe ich ehrlich zerknirscht zu und senke meinen Kopf, um die dunkelbraune Flüssigkeit in meiner Tasse zu bewundern.

Ihre zierliche Hand streicht vorsichtig über meine Schulter. Wie macht sie das nur? Eben stand Vicky noch an der Tür und im nächsten Moment spüre ich ihre Zuwendung. „Nein, hast du nicht. Aber ich kann deine abweisende Art irgendwie verstehen. Scott ist dein bester Freund und du dachtest, ich würde ihn dir wegnehmen. Richard, das wird nie im Leben passieren, denn Scott würde es nicht zulassen. Er liebt dich.“

Bei ihren Worten lache ich hart auf. „Nein, er liebt dich! Und das ist auch völlig in Ordnung. Glaub mir, es tut mir furchtbar leid, wie ich mich dir gegenüber verhalten habe.“ Ich schaue zu ihr auf und blicke in ihr offenes mitfühlendes Gesicht.

Danke, das bedeutet mir eine ganze Menge. Lass uns einfach von vorne beginnen. Was meinst du?“

Gerne. Du bist toll, weißt du das?“

Sie winkt ab. „Ach quatsch. Also, wirst du mir antworten?“ Eins ist klar, hartnäckig ist sie.

Nein“, entgegne ich kurz und knapp, schaue sie allerdings flehend an und hoffe, sie versteht meine stumme Bitte, nicht weiter nachzufragen.

Okay.“ In ihrer Antwort schwingt nur Verständnis mit, was sie mir noch sympathischer erscheinen lässt. Vicky tätschelt mir mütterlich den Rücken. „Solltest du aber reden wollen, ich bin für dich da. Jederzeit.“

Danke, vielleicht werde ich dein Angebot irgendwann wirklich in Anspruch nehmen. Aber jetzt muss ich wieder an die Arbeit.“

Ja, ich muss auch wieder rüber. Meine Kundschaft sucht mich sicher schon. Also bis später, Richie.“

Meinen Kosenamen von ihr zu hören schenkt mir ein kleines Glücksgefühl. Wir werden sicher noch gute Freunde. Ich hoffe es.


***

 

Überraschungen

- Grant -


Was für ein Desaster. Ich habe ja damit gerechnet, von Richie eine absolut gerechtfertigte Abfuhr zu erhalten. Aber sich darauf vorzubereiten oder es erleben zu müssen sind zwei Paar Schuhe. Ihn so wütend und verletzt vorzufinden, bringt mich fast um. Denn ich allein bin schuld daran.


Der Wunsch Richie zu sehen, ihn in den Arm zu nehmen und ihm zu sagen, dass es mir unendlich leidtut, was ich ihm angetan habe, besteht seit dem Moment, als ich vor zwölf Monaten in San Francisco landete. Jedoch hatte ich keine andere Wahl. Ich musste innerhalb von Minuten Entscheidungen treffen, die aus heutiger Sicht zum Teil gravierende Fehlentscheidungen waren. Eine davon fällte ich bereits zuvor. Sie war verheerend und einer der Gründe, mich ohne ein Wort abzusetzen. Denn ich hatte Richie immer nur das Nötigste von mir erzählt. Wenn ich über meinen Schatten gesprungen wäre und hätte ihm meine Vorgeschichte anvertraut, vielleicht wäre dann alles anders zwischen uns verlaufen.

Nun ja, was wäre wenn hilft mir jetzt auch nicht mehr weiter. Egal wie, ich werde Richie wieder in mein Leben… unser Leben zurückholen. Es wird sicher nicht leicht. Doch die letzten Monate haben mich gelehrt, das Leben ist nie leicht und kann schneller zu Ende gehen, als gedacht.


*


Abigails Anruf kam überraschend. Sie erwischte mich auf dem Weg zur Nachbesprechung meines Fluges für einen reichen Schnösel, der mich bereits über drei Tage in Beschlag nahm. Geplant war ein zweitägiger Einsatz. Hinflug, Passagiere an Bord holen, von A nach B chauffieren und Rückflug. Der Herr hatte allerdings andere Vorstellungen und orderte kurzerhand einen Abstecher nach Seattle, um mit seiner Geliebten einen schönen Abend in der Oper zu verbringen. Ich liebe es mit der Gulfstream zu fliegen und habe in meiner Laufbahn als Pilot schon einige Idioten kennenlernen dürfen, aber der Typ setzte allem die Krone auf. Er schaffte es sogar mir meinen Job zu vermiesen, das sollte schon etwas heißen.

Somit kam ich total entnervt in Washington an. Ich stand kaum auf dem Flugfeld, als ich auch schon mein Handy zückte und Richie anrief. Er hat mir wahnsinnig gefehlt, das tat er immer, egal wie lange ich weg war. Gesagt hatte ich ihm das nie, bis auf dieses eine Mal, unser letztes Telefonat.

Ich freute mich auf einen netten Abend mit meinem Freund. Vielleicht ein leckeres Abendessen, einen Film anschauen und auf der Couch kuscheln, in der Hoffnung mit ihm eine heiße Nacht zu verleben, um am nächsten Morgen in seinen Armen aufzuwachen.

Tja, ich beendete kaum das Gespräch mit Richie, als ich den Anruf von Abigail erhielt, der nicht nur meine Planung für diesen Abend über den Haufen warf, sondern mein Leben grundlegend verändern sollte.


*


Jetzt sitze ich total konfus auf meiner Harley und mir bleibt nichts weiter, als erst einmal in mein Hotel zu fahren. Auf dem Weg dorthin lege ich einen Zwischenstopp an einer Pizzeria ein. Eine große Fettige mit allem Drum und Dran steht nun dampfend vor mir und ich kaue genüsslich, bin in Gedanken vertieft, als mein Handy klingelt. Ich schaue aufs Display und muss lächeln, als ich den Namen lese. Den Bissen mit einem Schluck Cola heruntergespült nehme ich das Gespräch entgegen. „Hey, wie geht es dir? Alles in Ordnung bei euch?… Oh, das ist ja toll. Und wie hat es dir gefallen?… Ja, das glaube ich gern.“ Ich lasse den Redeschwall mit Freuden über mich ergehen, denn ich bin froh, aus dieser Richtung keine Probleme erwarten zu müssen, außer die Frage, wann ich wieder nach Hause komme. „Ich weiß es noch nicht so genau. Aber ich hab dir ja erklärt, dass es wichtig für mich ist, hier zu sein… Ob ich mein Versprechen halte? Na, was glaubst du denn? Natürlich machen wir den Ausflug, wenn alles geregelt ist… Sicher darfst du mich anrufen, wenn dir danach ist. Jederzeit, das weißt du doch, oder?… Gut. Ich wünsch dir einen tollen Nachmittag. Wir hören uns spätestens morgen, okay?… Ich dich auch.“

Ein paar Worte von meinem Schatz erhellen ein wenig meine Laune und ich fahre nun mit gut gefülltem Magen und frisch motiviert ins Hotel. Irgendetwas muss mir doch einfallen, um mit Richie Kontakt aufnehmen zu können, ohne von ihm sofort abgewiesen zu werden.

Es ist schwierig, denn im Grunde habe nicht nur ich nichts von mir erzählt, selbst Richard war sehr sparsam mit Informationen. Ich weiß, dass seine besten Freunde Scott und Lewis sind, denen er mich allerdings nie vorgestellt hat. Es hat mich gewurmt, das gebe ich ehrlich zu. Da ich jedoch selbst nichts preisgab, konnte ich kaum darauf beharren, dass er mich als Freund oder Partner in seinen Freundeskreis einführt. Ich kann also niemanden um Hilfe bitten, sondern muss es aus eigener Kraft schaffen.

Nach einer heißen Dusche steige ich abermals aufs Bike und treffe mich mit einem Immobilienmakler. Ja, es mag verrückt klingen, aber ich möchte, dass wir in Richies Nähe ziehen. In den nächsten Tagen werde ich noch einige organisatorische Dinge erledigen müssen, aber egal wie es ausgeht, ich kann keinen einzigen Tag mehr von ihm getrennt sein. Selbst wenn es bedeuten würde, ihn nur aus der Ferne betrachten zu dürfen. Nein, keine Bange, ich werde sicher nicht zu einem Stalker. Trotz des heutigen Rückschlages verliere ich nicht die Hoffnung, ihn zurückgewinnen zu können. Mir muss nur noch einfallen, wie.

Die Hausbesichtigung verläuft keinesfalls zufriedenstellend. Leider muss ich das Treffen unverrichteter Dinge beenden. Für mein Geld hatte ich mir etwas anderes erhofft, als ein heruntergekommenes Holzhaus in der schäbigsten Gegend, die man sich nur vorstellen kann. Nachdem ich meinem Makler eindringlich ans Herz lege, sich mehr Mühe zu geben, da ich mich sonst genötigt fühle mir einen anderen zu suchen, verspricht er mir, nach passenderen Immobilien Ausschau zu halten und mich sobald als möglich zu kontaktieren, sollte er das Richtige für uns finden. Auch hier hätte ich wohl nicht erwarten dürfen, beim ersten Anlauf erfolgreich zu sein. Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, er denkt, ich wäre nicht ganz bei Trost und würde mich von ihm über den Tisch ziehen lassen. Ich hoffe, mein nächster Termin wird kein Reinfall. Ich schaue auf meine Uhr und stelle erschrocken fest, ich muss mich schleunigst auf die Socken machen, denn nach Dayton fahre ich ungefähr vierzig Minuten. Ich sollte mich noch umziehen und meinen Mietwagen schnappen. In einer Stunde steht ein Vorstellungsgespräch auf dem Plan.

Meinen alten Job musste ich gezwungenermaßen aufgeben, was mir schwerfiel, aber absolut unumgänglich war. Jetzt sieht die Sache etwas anders aus. Langsam, aber sicher verläuft mein Leben wieder normal und ich möchte in Zukunft wieder fliegen. Also habe ich mich schlaugemacht und eine renommierte Charterfirma in Dayton gefunden, die dringend einen Piloten für Kurzstrecken sucht. Das würde mir sehr entgegenkommen, denn länger als einen Tag kann und will ich nicht mehr von zu Hause fortbleiben.


Nach zwei Niederlagen bin ich glücklich mit einer Zusage im Gepäck ins Hotel zurückfahren zu können. Meine neuen Chefs erklärten sich sogar damit einverstanden, dass ich meinen Job erst in ein paar Wochen antrete.

Völlig erledigt sinke ich auf mein Bett, starre Löcher in die Zimmerdecke und zerbreche mir den Kopf, wie ich an Richie herankomme. Wen könnte ich bitten, mir zu helfen? Ich kenne hier niemanden. Natürlich könnte ich ihn anrufen oder eine Nachricht schicken, aber das fühlt sich zu unpersönlich an und ich möchte gerne vor ihm stehen, wenn ich mit ihm rede.

Ich werde wohl oder übel über meinen Schatten springen müssen und einen Freund von Richie ansprechen.

Plötzlich habe ich einen Geistesblitz. War nicht ein Bücherladen neben der Werkstatt? Ich könnte ja dort vorbeischauen, mir ein paar Bücher kaufen, was eh nötig ist, da ich vergessen habe mir Lesestoff einzupacken. Natürlich könnte ich mir die Abende mit Fernsehen vertreiben, aber bei dem Programm fällt mir die Wahl für ein Buch nicht schwer.

Vielleicht kann ich während eines Gesprächs dem Ladenbesitzer einige Infos über Richie aus der Nase ziehen. Ein Hochgefühl wallt in mir auf. Mit einem Satz bin ich auf den Beinen, voll motiviert meine Idee sofort in die Tat umzusetzen, als mir einfällt, dass es bereits nach Ladenschluss ist und ich bis morgen warten muss.

Nun gut, da mir die Lust zum Fernsehen fehlt und ich wie schon erwähnt keine andere Lektüre auf dem Zimmer habe als die Bibel im Nachtschrank, krame ich meinen Laptop aus meiner Tasche, stelle ihn aufs Bett und lümmel mich ans Kopfende. Der Internetzugang ist schnell eingerichtet, zu meinem Erstaunen ist die Datenleitung nicht so langsam, wie man es in Hotels dieser Preisklasse gewohnt ist. Ich stöbere durch die Suchmaschinen, als eine Message am unteren Bildschirmrand aufploppt und ich überlege, ob ich Lust habe zu chatten. Ach egal, warum sollte ich meinem kleinen Bruder nicht antworten?

Adrian ist einundzwanzig, somit liegen wir vom Alter sehr weit auseinander. Er war für meine Eltern eine späte Überraschung. Erstaunlicherweise kommen wir ziemlich gut miteinander aus. Ich begrüße ihn kurz und frage, ob alles okay ist und er an der Uni klarkommt. Seine Antwort ist eher eine Frage und wie immer kurz und knapp.


Adrian:

Wie ist dein Internetzugang? Reicht es für eine Videokonferenz?


Grant:

Ich denke schon. Warte einen Moment, ich muss das Programm erst aktivieren und die Kamera einstellen.


Adrian:

Okay. Gib Bescheid, wenn du so weit bist.


Es dauert länger als gedacht. Mir sind Telefonate lieber, aber wenn mein Bruder mich sehen will, hat es einen triftigen Grund. Einige Einstellungen später klopfe ich virtuell bei ihm an. Das Fenster für den Videochat öffnet sich und ein breit grinsendes Gesicht erscheint auf dem Bildschirm.

Na, das sieht aber nicht nach einem ernsthaften Grund aus.

Hallo, mein Großer, wie ist das Hotel?“

Ich zucke mit den Achseln. „Hab schon Schlimmere erlebt. Glaub mir, im Gegensatz zu manch anderen kommt dieses hier dem Hilton gleich. Wie ich sehe, bist du gut gelaunt.“

Jepp. Ich habe die Zusage von einem wunderbaren Prof erhalten“, berichtet mir Adrian voller Stolz.

Ist das nicht ein wenig früh?“

Kann sein, aber warum sollte ich ablehnen?“

Stimmt.“

Stille kehrt ein und mich trifft sein fragender Blick. „Und sonst so? Wie kommst du mit Richard voran?“

Es fühlt sich immer noch merkwürdig an, meinen Bruder so selbstverständlich über Richard reden zu hören. Als ich ihn einweihte und mein Herz ausschüttete, nahm er mich in den Arm, drückte mich fest an seine Brust und meinte, ich würde es schon wieder hinbiegen, schließlich habe ich die letzten Monate auch gemeistert, dann wäre das hier ein Kinderspiel. Ich war froh, mit jemandem über Richard reden zu können.

Wie erwartet ist er mir nicht freudestrahlend um den Hals gefallen. Aber ich gebe nicht auf.“

Was ist passiert?“

Ich bin in diese Werkstatt gefahren, um mich etwas umzusehen. Du weißt schon, die sie demnächst eröffnen wollen. Aber du kennst mich, ich bin neugierig. Also bin ich rein und wurde von zwei Herren an der Tür abgefangen. Ich dachte erst, sie setzen mich sofort vor die Tür. Aber dieser Lewis Marshall war sehr nett und bat Richard darum, mir alles zu zeigen. Als Richie aus dem Lager kam und mich sah, dachte ich schon, er bringt mich um. Aber nichts dergleichen. Nachdem Marshall und Stone – das ist der andere der zwei Männer gewesen – uns alleine ließen, drehte Richard sich einfach um und verschwand wieder Richtung Lager.“ Den Rest möchte ich ihm nicht erzählen, es schmerzt viel zu sehr.

Da mich mein Bruder jedoch zu gut kennt, schaut er mich nur mit hochgezogener Augenbraue an und wartet, bis ich leise weiterrede. „Na ja, er hat mir nur gesagt, ich wüsste, wo die Tür ist. Ich hab es echt versucht, aber… er hat dichtgemacht. Weißt du, ich kann das wirklich verstehen, aber es tut scheiße weh.“

Adrian nickt, hakt nicht nach, was mir einen Stein vom Herzen fallen lässt. Ich würde nur vor seinen Augen zusammenbrechen. Das kann ich mir jetzt nicht leisten. Mit einer verständnisvollen Miene fragt er: „Was hast du jetzt vor?“

Ich hab eine Idee, weiß aber nicht, ob ich’s durchziehe. Wenn wir das nächste Mal telefonieren, sag ich dir, was bei rausgekommen ist. Okay?“

Okay.“

Womit das Thema Richard im Augenblick vom Tisch wäre. Mir fällt das Telefonat von heute Nachmittag ein und ich muss unwillkürlich lächeln. „Ich hatte heute einen Anruf.“

Adrian lacht auf. „Oh ja, ich weiß. Brad kann sehr hartnäckig sein, wenn es um dich geht.“

Ihr hattet heute viel Spaß, hat er mir erzählt. War er brav?“

Brüderchen, dein Sohn ist immer brav. Und mal ganz ehrlich, selbst wenn nicht, glaubst du wirklich, ich würde dir das erzählen?“

Na ja, du wirst schon wissen, was du tust. Wie geht es ihm wirklich? Ich hatte das Gefühl, er würde versuchen etwas zu überspielen.“

Grant! Bradley ist fünf. Wenn er was sagen will, dann tut er es auch. Mach dir keine Gedanken. Klar, er vermisst dich. Wäre ja auch merkwürdig, wenn nicht. Sieh es als Ansporn. Je eher du die Sache mit Richard geklärt hast, umso schneller kannst du deinen Sohn wieder in die Arme nehmen. Und bitte vergiss nicht, wessen Einfall das war.“

Hast ja recht. Oh, weißt du, was mir gerade einfällt? Ich hab einen Job in Aussicht. Oder besser gesagt, er ist mir sicher.“

Wow, das ging fix. Wo denn?“

Dayton. Die Charterfirma hat jemanden für Kurzstrecken gesucht.“

Toll, das passt doch super. Wie sieht’s mit einem Haus aus? Da auch schon gute Nachrichten?“

Ne, aber ich bleib dran.“ Ich will Adrian gerade erklären, was für ein Hornochse der Makler ist, als ich ein herzergreifendes Wimmern hinter ihm höre. Mein Bruder dreht sich erschrocken vom Bildschirm weg und beugt sich zur Seite. Keine Sekunde später sehe ich Brad mit hochrotem Kopf, verweinten Augen, Schnoddernase und seine kleinen Ärmchen um seinen schon fast zu Tode geknuddelten Elefanten geschlungen auf seinem Schoß sitzen. Adrian putzt ihm sein trauriges Gesicht trocken, befreit ihn mehr schlecht als recht von seiner Schniefnase und versucht ihn zu beruhigen. „Hey, kleiner Mann. Hast du schlecht geträumt?“

Brad nickt und schnieft abermals. „Ja. Wann kommt Daddy wieder?“ In seinem halbverschlafenen Zustand scheint ihm noch nicht aufgefallen zu sein, dass ich rein theoretisch direkt vor ihm sitze.

Adrian schaut zu mir auf und zwinkert. „Schau mal zum Bildschirm. Was siehst du da?“, flüstert er in Brads Ohr.

Mein Sohn blickt sich verwirrt um, klemmt sich den armen Elefanten unter einen Arm, fährt sich mit dem Schlafanzugärmel des anderen quer über die Nase und stockt, als sein Blick an mir hängen bleibt. Am liebsten würde ich sofort meine Sachen packen und zu ihm fahren. Er fehlt mir so unheimlich und es bricht mir das Herz, ihn so traurig zu sehen. Scheinbar wird ihm klar, dass ich nicht einfach nur ein Bild bin, das sich Adrian zufällig anschaut, denn er fängt schlagartig an zu strahlen und ruft freudestrahlend: „Daddy!“

Mein Bruder hat seine liebe Not, den kleinen zappelnden Mann auf seinen Beinen zu jonglieren und zieht ihn in eine feste Umarmung.

Na sag mal, solltest du nicht schon längst schlafen?“, ermahne ich ihn liebevoll.

Ich kann nicht“, nuschelt er, zwar grinsend, jedoch mit einem eindeutig schlechten Gewissen in sein Plüschtier. Seine nun hellwachen, strahlend blauen Augen – die er von seiner Mutter geerbt hat – und mit seinen zu allen Seiten abstehenden blonden Locken sieht er einfach zuckersüß aus.

Es fällt mir nicht leicht mich unbeschwert zu geben, aber ich möchte ihn nicht wieder traurig sehen, also versuche ich ihn spielerisch wie einen Erwachsenen zu behandeln. „Na ja, ist ja auch noch früh am Abend. Was hast du für heute Nacht geplant? Willst du mit Onkel Adrian noch eine Party schmeißen? Ich hoffe, ihr habt alle deine Freunde eingeladen.“

Meine Frage bringt ihn wie erhofft zum Prusten. Voller Stolz, dass ich nicht mit ihm schimpfe, richtet er sich kerzengerade auf und erklärt mir: „Nee, Daddy! Du weißt doch, dass meine Freunde nicht so lange aufbleiben dürfen wie ich.“

Das ist aber schade.“

Brad nickt energisch mit aufgerissenen Augen und einem extrem neunmalklugen Blick. Ich muss mir dabei mächtig das Grinsen verkneifen, während Adrian hinter Brads Rücken Grimassen zieht und ihm einen Kuss auf sein Wuschelhaar drückt.

Vermutlich erleichtert meine Stimme zu hören und mich tatsächlich heute noch zu sehen, kuschelt er sich an seinen Onkel und drückt sich abermals sein Kuscheltier an die Brust. Es ist erstaunlich, wie schnell Emotionen in so einem kleinen Menschen wechseln können, denn plötzlich macht er einen todmüden Eindruck, als er gähnend und augenreibend fragt: „Daddy, wann kommst du heim?“

Ich versuche einen Kloß runterzuschlucken, was mir misslingt, und räuspere mich. „Weißt du noch, was ich dir erzählt habe?“

Brad kuschelt sich noch dichter an Adrian und murmelt: „Hmhm, du musst was Wichtiges erledigen und hast mich lieb.“

Meine Augen beginnen zu brennen und ich gebe mir alle Mühe, vor meinem Sohn nicht in Tränen auszubrechen. „Ganz genau. Aber ich werde mich wirklich beeilen, versprochen. Rufst du mich morgen an?“

Wieder ein müdes Nicken.

Schön, da freue ich mich den ganzen Tag drauf. Möchtest du jetzt von Onkel Adrian ins Bett gebracht werden?“

Brad lugt über den Kopf seines Elefanten und ich sehe, wie es in seinem kleinen schlauen Hirn rotiert. „Liest du mir morgen eine Geschichte vor, wenn ich dich am Abend anrufe?“

Natürlich! Gute Nacht, Schatz, und schlaf gut. Denk daran, ich hab dich männermäßig lieb.“

Das entlockt ihm ein Kichern, und wie immer, wenn wir uns auf diese Art gute Nacht sagen, spricht er das Wort falsch aus. „Ich hab dich auch mämmermäßig lieb, Daddy.“

Adrian beugt sich zum Bildschirm und flüstert über den beinahe schlafenden Brad hinweg. „Gute Nacht, großer Bruder. Wir hören uns morgen.“

Meine Hand wandert zur Tastatur, schiebt den Mauszeiger auf das Symbol zum Schließen des Programms und verharrt. „Gute Nacht, Brüderchen. Danke, dass du dich um ihn kümmerst.“

Bevor ich das Programmfenster schließe, höre ich noch: „Für dich doch immer.“ Dann ist es still in meinem Hotelzimmer und ich fühle mich einsamer denn je.


Ich fahre aus dem Tiefschlaf hoch und sitze mit rasendem Herzen stocksteif in meinem Bett. Was war das? Plötzlich ein Hämmern an der Tür. Ah, das hat mich also geweckt.

Zimmerservice! Mr. Harper, sind Sie schon wach?“

Völlig durch den Wind springe ich wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett. „Verdammt und zugenäht, nach dem Lärm, den Sie veranstalten, würde selbst ein Toter kerzengrade in seinem Sarg sitzen. Was ist denn?“, grummele ich auf dem Weg zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke bleibe ich wie angewurzelt stehen. Herrje, jetzt hätte ich um ein Haar im Adamskostüm die Tür geöffnet. „Einen Moment bitte.“

Vom Flur höre ich nur: „Och, lassen Sie sich ruhig Zeit, hab ja nichts Besseres zu tun, als hier herumzustehen.“

Das kann ja jetzt nicht so ganz wahr sein. Meine Jeans über den Hintern gezogen, kurz durch mein schulterlanges Haar gewuselt, um es einigermaßen aus dem Gesicht zu bekommen, öffne ich die Tür und stehe vor einer grimmig dreinschauenden, korpulenten Dame, die mich mit so einem mürrischen Blick von oben bis unten mustert, dass ich mir immer noch völlig nackt vorkomme. Mit rauer verschlafener Stimme frage ich: „Was kann ich für Sie tun?“

Eine Antwort erhalte ich nicht, denn sie stürmt kommentarlos an mir vorbei, zupft meine Bettdecke herunter und beginnt mein Bett zu richten.

Erstaunt schaue ich ihr dabei zu, bis ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann. „Ähm, Miss, entschuldigung, aber ich bin auch noch hier. Können Sie nicht später wiederkommen?“

Sie würdigt mich keines Blickes, räumt ungeniert weiter auf und murmelt in ihren doch recht beträchtlichen Damenbart: „Miss? Sehe ich aus wie eine Miss? Erst schlafen die Leute bis zur Mittagszeit und dann wundern sie sich, dass doch tatsächlich jemand freundlich anklopft und darum bittet, das Zimmer herrichten zu dürfen.“

Ihre Tirade nimmt kein Ende und ich füge mich dem Unausweichlichen. Ich schnappe mir meine Tasche und verschwinde mit den Worten „Das Bad ist tabu, bis ich wieder vor Ihnen stehe“ durch eine angrenzende Tür. So aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden macht mich aggressiv.

Was hat sie gerade gesagt? Ich hätte bis Mittag geschlafen? Fuck! Jetzt bin ich hellwach. Eine Katzenwäsche muss reichen. Denn duschen, während dieser Hausdrache in meinem Zimmer Feuer spuckt, fällt mir im Traum nicht ein. Obendrein habe ich gleich einen Termin in der Vorschule. Ich möchte auch für Brad alles in trockenen Tüchern wissen, bevor wir beide endgültig herziehen. Sicher wird es ihm nicht leichtfallen. Er hat endlich nach all den chaotischen Ereignissen der letzten Monate wieder ein stabiles Zuhause und Freunde gefunden. Das wird er sicher auch hier schaffen.

Nach meiner Morgentoilette werfe ich mir ein Hemd über und einen warmen Pulli. Wir haben es mittlerweile Herbst und es wird von Tag zu Tag kühler. In meiner Hosentasche krame ich nach einem Gummi, um mein wirres Haar nach hinten zu binden. Vielleicht ist es langsam an der Zeit, es abschneiden zu lassen. Jedoch hemmt mich das Wissen, dass Richard mein Haar immer mochte, wie es war. Ich würde alles dafür geben, seine Hände wieder auf mir spüren zu können und es zu genießen, wie er unbewusst mit meinen Locken spielt.


Das Gespräch mit Brads zukünftiger Lehrerin verlief erfreulich. Den Platz für ihn hatte ich vorsichtshalber bei unserem letzten Telefonat reservieren lassen, es fehlten nur noch ein paar Dokumente. Die Anmeldeformulare füllte sie freundlicherweise mit mir gemeinsam aus. Somit kann hier schon nichts mehr schieflaufen. Die Einrichtung ist wunderbar und Brad wird sich bestimmt wohlfühlen.

Erleichtert steige ich wieder ins Auto und überdenke abermals meine Möglichkeiten, die sich als äußerst rar gesät herausstellen. Nun ja, warum sollte sich auch seit gestern irgendetwas am Status quo geändert haben? Dann bleibt mir also nur der Plan mit dem Bücherladen.


Das Auto parke ich vor dem Geschäft und schaue vorsichtshalber zum Nachbarhaus hinüber. Im Augenblick möchte ich Richard nicht vor die Füße laufen. Die Werkstatt macht einen verwaisten Eindruck und die Türen sind geschlossen. Ich springe aus meinem Auto, verriegele es und schleiche mich wie ein Verbrecher ins Stones - Books & Scones. Ein merkwürdiger Name für eine Buchhandlung.

Kaum stehe ich im Geschäft, werde ich freundlich von einer zierlichen Mittvierzigerin mit strahlenden Augen begrüßt. „Hallo! Willkommen im Stones. Was kann ich für Sie tun?“

Ihr Lächeln ist sympathisch und verleitet mich, mit ihr zu flirten. „Das kommt ganz darauf an, was Sie mir anbieten können.“

Sie lacht auf und kommt um den Kassentresen – wenn man ihn so nennen kann, denn die Registrierkasse wird schier von einer Flut Bücher verschluckt – und schüttelt mir die Hand. „So so. Na dann lassen Sie mich kurz überlegen.“ Sie reibt sich demonstrativ das Kinn, schaut sich im Verkaufsraum um und schnippt mit den Fingern. „Ha, ich hab’s. Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen Bücher empfehle? Natürlich müssten Sie mir vorher Ihre Interessen verraten. Ansonsten hätte ich noch Kaffee und Scones im Angebot. Die können Sie …“ Sie deutet auf eine Ecke mit Ledersesseln und völlig überladenen Holztischchen. „… dort drüben in unserer Leseecke genießen, während wir uns unterhalten oder in einigen Büchern schmökern.“

Ich zwinkere ihr neckend zu. „Eine tolle Idee. Mein Name ist übrigens Grant Harper.“

Nett Sie kennenzulernen, Mr. Harper. Ich bin Victoria Stone. Aber bitte nennen Sie mich Vicky. Setzen Sie sich doch! Sie haben Glück, heute ist nicht viel los. Sie können also voll und ganz über mich verfügen.“ Und bäm, dreht Vicky den Spieß um. „Ich hole uns schnell einen Kaffee und ein paar Gebäckstücke, dann können wir uns in aller Ruhe unterhalten. Was halten Sie davon?“

Ich folge ihrer Aufforderung und lasse mich in einen der gemütlichen Sessel gleiten. „Danke Vicky, das wäre wirklich wunderbar. Ich hatte heute leider noch kein vernünftiges Frühstück. Und sagen Sie bitte Grant zu mir.“

Oh je, Sie armer Kerl. Bin sofort zurück, Grant“, flötet Vicky, als wäre sie voll in ihrem Element und schwebt zur Seitentür hinaus.

Es dauert tatsächlich keine zwei Minuten und sie kehrt mit einem voll beladenen Tablett zurück. Ich springe aus dem Sessel, will ihr die Last abnehmen, als Vicky nur den Kopf schüttelt und abwiegelt: „Nein, bleiben Sie ruhig sitzen. Das sieht schwerer aus, als es ist.“

Leicht beschämt sinke ich in die Polster zurück, nehme von ihr eine Tasse entgegen und warte, bis sie mir den Kuchen serviert. Dann schaut sie sich abermals um und zerrt umständlich einen zweiten Sessel näher an unseren Tisch, um sich an meiner Seite niederzulassen. So sitzen wir einen Moment einträchtig beisammen, als ich spüre, wie ihr Blick forschend auf mir ruht. Ich werde unter ihrer Musterung nervös wie ein kleiner Junge, der etwas ausgefressen hat, und rutsche ruhelos auf dem glatten Leder herum.

Aus heiterem Himmel fragt Vicky mich: „Also, Mr. Harper… ähm, Grant, was wollen Sie wirklich?“

Meine Überraschung scheint mir ins Gesicht geschrieben zu sein, denn sie lächelt wissend und klopft mir besänftigend aufs Knie. „Grant, ich habe Sie gestern nebenan in der Werkstatt gesehen, als Sie mit Richard gesprochen haben. Bitte verstehen Sie das nicht falsch, ich würde niemals jemandem hinterherspionieren. Es hatte sich nur gerade so ergeben, da ich genau in diesem Moment nach ihm sehen wollte.“

Ich schlucke hart und überlege, was sie alles mitbekommen haben könnte.

Keine Bange, ich bin verschwiegen wie ein Grab. Also, was kann ich nun tatsächlich für Sie tun?“

Unschlüssig, ob ich ihr vertrauen kann, kaue ich auf meiner Unterlippe herum, bis sie mir wehtut und ich resigniert aufgebe. Ich wäre ein Tölpel, sollte ich ihr Angebot ausschlagen. Wo ich doch genau darauf spekuliert habe. Sie zeigt mir nur den direkten Weg auf. Ich kann sie über Richard befragen, ohne groß eine Show abzuziehen, was sie, hätte sie später den wahren Grund erfahren, wahrscheinlich eher verletzen und beleidigen würde. Also beiße ich in den sauren Apfel und gebe mein Anliegen preis: „Ich möchte mit Richard reden. Wie Sie ja gestern sicher festgestellt haben, wehrt er sich dagegen mit Händen und Füßen. Nicht dass er kein Recht dazu hätte. Glauben Sie mir, das hat er. Es würde jetzt aber zu weit führen, die ganze Geschichte zu erzählen. Ich kann Ihnen nur versprechen, ich will ihn nicht verletzen. Das habe ich einmal getan und es war ein riesen Fehler, den ich versuche wiedergutzumachen. Können Sie mir irgendwie helfen?“

Und wieder spüre ich ihren prüfenden Blick auf mir. Ich sehe, wie sie über meine Worte nachdenkt und sich dann innerlich einen Schubs gibt. „Wissen Sie, Richard und ich hatten keinen guten Start. Mittlerweile bin ich mir aber fast sicher, es lag nicht grundsätzlich an meiner Person, sondern an etwas, das ihm widerfahren ist. Und wenn ich Ihnen so zuhöre, denke ich, dass Sie dieses Etwas sind. Selbst wenn Sie mir nicht Ihre Geschichte erzählen, was ich auch nicht erwarte, glaube ich, es wird Zeit, dass Sie diese Angelegenheit auf die eine oder andere Art klären und aus der Welt schaffen. Und darum werde ich versuchen, Ihnen zu helfen.“

Erleichtert über ihre Offenheit und Hilfsbereitschaft stiehlt sich ein Lächeln in mein Gesicht. „Das wäre wundervoll. Nur habe ich keine Ahnung, wie Sie mir helfen könnten. Sie?“

Vicky beißt herzhaft in ein Scone und kaut genüsslich, bevor sie sich vorbeugt und ihre Ellenbogen auf den Knien abstützt, um mir tief in die Augen zu schauen. „Ich kann nichts versprechen. Und ich werde mich auch nicht in Ihre Angelegenheiten einmischen. Das Einzige, was ich für Sie tun kann, ist dafür zu sorgen, dass er mit Ihnen auf neutralem Boden zusammentrifft, wo sich für Sie eventuell die Möglichkeit ergibt mit ihm zu reden. Wir sollten es natürlich so einfädeln, dass er sich nicht hintergangen fühlt. Was weiß Gott schwer genug wird.“

Ich begebe mich vertrauensvoll in Ihre Hände, Vicky. Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, Sie auf meiner Seite zu haben.“

Nicht so voreilig! In erster Linie tue ich das für Richard. Sollte sich herausstellen, dass Sie ihm schaden, werden Sie es garantiert nicht nur mit mir zu tun bekommen. Das kann ich Ihnen auf alle Fälle versprechen.“

Auch wenn es ihrerseits eine Drohung ist – so blauäugig bin ich nicht, um es nicht so zu sehen – freue ich mich für Richard, dass er so gute Freunde hat.

Damit kann und werde ich gerne leben. Danke, Vicky.“

Sie setzt zu einer Antwort an, als die Ladentür auffliegt, eine junge Frau, schätzungsweise Anfang zwanzig, hereinstürmt und aus voller Kehle ruft. „Mum, sorry, ich bin spät dran.“ Ihr Blick schweift suchend durch den Raum, bleibt an uns hängen. Sie sieht mich mit zusammengekniffen Augen an. „Wer sind Sie denn? Scotts Bruder?“

Verwirrt wandert mein Kopf zu Vicky, deren Mundwickel verräterisch zucken. Sie stemmt sich aus dem Sessel und begrüßt mit einer herzlichen Umarmung ihre Tochter. „Kein Problem, Schatz. Heute ist nicht viel los.“ Vicky zieht die junge Frau am Ellenbogen zu einem weiteren Sessel und drückt sie auf die Sitzfläche, bevor sie mit einem Kopfnicken auf mich deutet. „Darf ich vorstellen? Vor dir sitzt Grant Harper. Ein sehr neuer und sehr netter Kunde. Wir haben uns gerade angeregt über Literatur unterhalten.“ Vicky wackelt mit ihren Augenbrauen in meine Richtung, so dass nur ich es sehen kann, und bittet mich mit dieser Geste in ihre kleine Show mit einzusteigen. „Grant, diese junge Frau ist meine Tochter Charlotte, mein ganzer Stolz“, erklärt mir Vicky und es gibt keinen Zweifel an der Aufrichtigkeit ihrer Worte.

Ich beuge mich über den Tisch hinweg und reiche Charlotte meine Hand zur Begrüßung. „Schön Sie kennenzulernen, Charlotte.“

Ihr skeptischer Blick wandert zwischen ihrer Mutter und mir hin und her, als würde sie etwas herausfinden wollen. Dann zuckt sie gleichgültig mit den Schultern und heißt mich willkommen. „Wir werden sehen, ob es schön ist. Mir ist zwar nicht klar, was hier gerade gespielt wird, aber um Literatur geht es mit Sicherheit nicht.“ Sie mustert ihre Mutter und deutet anklagend mit ihrem Finger auf sie. „Mum, du wirst doch nicht Scott den Laufpass geben, oder?“

Vicky bricht in Gelächter aus und benötigt mehrere Anläufe, um wieder zu Atem zu kommen. „Schatz, ganz sicher nicht. Keine Bange, wir haben uns wirklich nur nett unterhalten.“ An mich gerichtet fährt sie fort: „Und ja, sie hat vollkommen recht. Sie sehen Scott sehr ähnlich.“ Als würde ihr etwas in den Sinn kommen, hält sie inne und runzelt die Stirn, bevor sie murmelt: „Wenn ich so darüber nachdenke, erklärt das wohl einiges.“

Mir ist schleierhaft, was sie meint, halte mich aber zurück, um mehr Details zu bitten. Ich bin schon froh, jemanden gefunden zu haben, der mir in Bezug auf Richard auf die Sprünge helfen möchte.

Mum, was ist hier los?“

Kind, nichts Dramatisches, wirklich. Wäre es schlimm, wenn ich dich bitte nicht nachzufragen? Es hat überhaupt nichts mit Scott zu tun. Stimmt’s, Grant?“

Ich verfalle in ein hektisches Nicken. „Ja, absolut.“ Unbehagen keimt in mir auf und ich hege den Verdacht, wenn ich mich nicht schleunigst vom Acker mache, werde ich auch noch Richard über den Weg laufen, was im Augenblick absolut kontraproduktiv wäre. Ich lächle Vicky an und erhebe mich mühsam aus dem extrem bequemen Sessel. „Ich werde dann mal langsam wieder verschwinden. Es sind noch einige Dinge zu regeln. Beim Makler wollte ich auch noch Druck machen. Sie können sich nicht vorstellen, wie unglücklich ich mit ihm bin. Er ist dermaßen unfreundlich, dass mir der Gedanken an ein weiteres Treffen mit ihm glatt die Laune verhagelt. Allerdings kenne ich hier niemanden, womit er Glück hat und ich ihm noch eine Chance gebe. Ich werde jetzt gleich bei ihm nachfragen, ob er schon ein passendes Objekt für mich gefunden hat.“ Warum ich so freigiebig mit Informationen bin, weiß ich nicht. Ich kann es mir nur so erklären, dass ich mich in der Gesellschaft der beiden Damen wohlfühle und sie mir das Gefühl vermitteln, ihnen vertrauen zu können.

Sie meinen es ernst, hm?“, kommt es von Vicky. Nicht anklagend, eher überrascht.

Was genau suchen Sie denn, Grant?“, klinkt sich Charlotte mit ein.

Eigentlich nichts Außergewöhnliches. Es muss kein riesiges Haus sein. Wichtig ist mir, dass es in einem netten Viertel liegt.“

Charlotte und Vicky tauschen Blicke aus, als würden sie sich unterhalten. Ich muss lächeln, denn es erinnert mich an meinen Kleinen. Wir können das auch schon sehr gut. Sicher noch nicht so ausführlich, wie es bei den beiden gerade den Anschein macht. Aber ich kann mir gut vorstellen, wenn Brad älter ist, besitzen wir ebenfalls diese Fähigkeit.

Anscheinend sind sie auf einen Nenner gekommen, denn sie blicken mich beide an. Vicky sucht in ihrer Hosentasche, bis sie ihr Handy in meine Richtung hält. „Vielleicht können wir ihnen dabei helfen. Mein Bruder besitzt einige Immobilien und sucht gerade einen Mieter für ein Haus bei uns um die Ecke. Ich weiß, er würde auch verkaufen. Wenn Sie mögen, kann ich ihn fragen.“

Oh, das kann ich nicht verlangen.“

Vicky winkt ab. „Ach was, es ist doch auch in seinem Interesse, jemanden zu finden. Also, ich gebe ihm Ihre Telefonnummer, wenn Sie möchten. Die sollten Sie mir sowieso noch nennen, da ich ja sonst nicht weiß, wie ich Sie erreichen kann.“

Wir tauschen also unsere Kontaktdaten aus. Ich nenne ihr auch gleich noch meine vorübergehende Anschrift und ernte einen mitleidigen Blick von Vicky und Charlotte.

Jetzt weiß ich auch, warum Sie ohne Frühstück unterwegs sind. Da haben Sie sich aber eine feine Unterkunft gesucht.“

Ist ja nicht für die Ewigkeit. Ich werd’s überleben“, entgegne ich und zwinkere ihr zu.

Nun gut. Wie Sie wollen. Sie sind jederzeit auf einen Kaffee und warme Scones eingeladen, Grant. Ich will ja nicht, dass Sie vom Fleisch fallen.“

Danke, das weiß ich wirklich zu schätzen.“

Wir verabschieden uns und ich begebe mich zu meinem Makler. Auch wenn ich eventuell in absehbarer Zeit über den direkten Kontakt zu Vickys Bruder verfügen könnte, sollte ich auf Nummer sicher gehen.


***

 

Anzug oder Blaumann?

- Richard -


Charly, sag deiner Mum, sie bringt mich noch ins Grab, wenn sie so weitermacht“, rufe ich ächzend und schleppe ein und denselben Küchenschrank das dritte Mal von A nach B.

Sag ihr das lieber selber. Sie ist im Augenblick unausstehlich. Und du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich mich freiwillig in ihre Schusslinie begebe?“, kontert Charly prompt.

Ich stelle das unhandliche Teil in die hinterste Ecke der Werkstatt und stütze mich erschöpft darauf ab. Ein Bier wäre jetzt genau das Richtige. Über meine Schulter hinweg grummele ich: „Na danke auch. Wenn du schon nicht mit ihr reden kannst, wer dann?“

Charlys Kopf taucht im Durchbruch, der den Zugang zum Buchladen vergrößern soll, auf und grinst mich frech an. „Scott?“

Oh, klar. Bei ihm würde sie sich selbst für die Nachricht eines Weltuntergangs mit einem Kuss bedanken.“

Die Idee, den Buchladen von Vicky mit unserem zu verbinden, ist an sich ja wunderbar, wenn da nicht die Kleinigkeit des Umbaus wäre. Kleinigkeit? Als Lewis mit dem Vorschlag rausrückte, war nie die Rede davon, dass ich die verfluchte Oberaufsicht über die Handwerker haben soll. Obendrein geht mir Vicky mit ihrer Unschlüssigkeit gehörig auf die Ketten. Es geht in einer Tour: „Richie, stell den Schrank bitte nicht zu nahe an den Durchbruch, er wird schmutzig. Richie, so weit weg ist auch nicht gut, da muss ich ja ständig einmal quer durch halb Richmond laufen, um Tassen hervorzuholen. Richie, das ist zu nah, nicht dass er noch beschädigt wird. bla bla bla …“ Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, wenn ich diesen beschissenen Schrank noch einmal anfassen muss, mache ich Kleinholz draus.

Ich drehe mich um die eigene Achse, setze mich erschöpft auf die Arbeitsplatte, bei der ich sicher jede Einkerbung mit Namen ansprechen könnte, und mag einfach nur mal fünf Minuten meine Ruhe haben.

Als hätte Charly meine Gedanken gelesen, kommt sie mit einer gekühlten Flasche Bier um die Ecke. „Du siehst aus, als könntest du einen Schluck vertragen. Leider haben wir nichts Stärkeres im Haus.“

Ich nehme sie dankbar entgegen, drücke mir die Flasche gegen die pochende Schläfe und flüstere: „Du bist ein Schatz.“

Sie zwinkert verschwörerisch, klopft mir auf die Schulter und versucht mich zu beruhigen. „Nicht mehr lange, dann ist es endlich vorbei. Ach übrigens, hat sie dich schon wegen morgen gefragt?“

Der erste Schluck tut mir gut. Leider wird der Effekt durch Charlys Frage sofort wieder zunichtegemacht. Ich stöhne auf und lasse genervt meinen Kopf in den Nacken fallen. „Oh Mann. Was gibt es jetzt wieder?“

Nichts, was durch die Gegend getragen werden muss. Sie würde gern mit mir einkaufen gehen und dachte, du könntest so lange den Laden im Auge behalten.“

Wie bitte? Ich soll den Buchhändler spielen? Deine Mutter ist verrückt!“

Charly kichert. „Da erzählst du mir nichts Neues.“ Mit lieblicher Stimme und schmachtendem Augenaufschlag fährt sie fort. „Ach komm, tu mir den Gefallen. Ich weiß zwar nicht, was in sie gefahren ist, aber wenn Mum freiwillig mit mir shoppen gehen will, muss ich es ausnutzen. Du bist meine einzige Chance, dass es auch klappt. Bitte.“ Das letzte Wort zieht sie in die Länge und schmiegt ihren Kopf wie ein Kätzchen an meine Schulter, was so überhaupt nicht zu ihr passt und mich zum Lachen bringt.

Ich schiebe Charly sanft von mir. „Also gut. Aber übertreibt es nicht. Ich habe echt keine Lust, mich stundenlang mit irgendwelchen Kaffee trinkenden, Kuchen essenden, Brillen tragenden Nerds zu beschäftigen. Wie du siehst, ist hier noch genug zu tun.“

Danke, Richie. Du wirst es nicht bereuen“, trällert Charly. Kurz bevor sie sich umdreht, drückt sie mir in Windeseile einen Kuss auf die Wange und lässt mich erstarrt mit aufgerissenen Augen auf meinem Küchenschrank zurück.


Der Tag verlief und endete genau so hektisch und anstrengend, wie er begonnen hatte. Scott meldete sich für die Nacht ab und leistet seiner großen Liebe Gesellschaft. Was an sich nicht schlimm ist, mir nur keine Gelegenheit für Ablenkung bietet und ich somit gedanklich Achterbahn fahre. Natürlich verbot ich mir einen weiteren Morgen schweißgebadet aufzuwachen, nur um festzustellen, dass mein Albtraum bereits vor Monaten Realität geworden ist, ich mittendrin bin und ihn lebe. So sitze ich zitternd in meinem Bett und versuche mich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren. Was mich sofort wieder daran erinnert, dass ich heute Vickys Laden hüten soll und mich um ihre Kundschaft kümmern muss. Ob sie tatsächlich davon ausgeht, dass ich frische Scones serviere? Mist, daran hatte ich überhaupt nicht gedacht, geschweige denn, dass sie mir irgendwelche Anweisung gegeben hat. Unser Gespräch gestern Nachmittag war kurz und ziemlich merkwürdig. Sie drückte mir genau wie Charly einen Kuss auf die Wange, tätschelte mir die Schulter und meinte: „Mein Lieber, es ist wirklich nicht schwer. Versuche zu lächeln, der Rest geht dann wie von selbst.“

Pah, lächeln? Das ist mein kleinstes Problem. Was zum Geier soll ich nur anziehen? Ich kann wohl schlecht im Blaumann zwischen Romanen herumspringen.

Nach der Dusche und den üblichen morgendlichen Bemühungen, mich halbwegs kultiviert der Menschheit zu präsentieren, stehe ich ratlos vor meinem Schrank und murmele vor mich hin. „Vielleicht sollte ich einen Anzug tragen? Sieht doch zumindest elegant aus, oder?“ Selbstgespräche, so weit ist es schon gekommen, verdammt!

Ich schüttle über mich selbst den Kopf, greife die erstbeste Hose – eine dunkelblaue Jeans im klassischen Stil –, streife mir ein weißes Hemd über und suche meinen ebenfalls dunkelblauen Cashmere-Pullover heraus. Wenn ich schon rumrenne wie ein Schnösel, will ich mich wenigstens wohlfühlen.

In der Küche brühe ich mir meinen Kaffee, ohne geht am Morgen gar nichts, und lese die Tageszeitung von gestern. Die aktuelle müsste ich erst raufholen, wozu mir die Lust fehlt. Nebenher mümmele ich an einem Stück kalter Pizza vom Vorabend und hoffe, der Tag ist bald vorüber. Ein Blick auf die Uhr und mir wird angst und bange. Warum habe ich mich überhaupt auf diesen Schwachsinn eingelassen? Ah, mir fällt es wieder ein. Weil ich ein Idiot bin.

Nachdem ich die Küche aufgeräumt habe, verlasse ich so aufgeregt wie am ersten Schultag die Wohnung durch den Seitenausgang zur Nebenstraße, wo eine Außentreppe hinabführt. Der Schlüsselbund klimpert unheilverkündend in meinen Fingern, als ich mühsam versuche den passenden zu identifizieren. Sicher, weil ich zittere wie Espenlaub. Mit gesenktem Kopf schreite ich forschen Schrittes um die Ecke und bin froh noch niemanden vor dem Eingang herumlungern zu sehen. Na ja, es ist neun Uhr, wer geht schon so früh in einen Buchladen und das noch mitten in der Woche? Erleichterung macht sich breit, ich straffe meine Schultern und schließe mutig auf. Ich schaue zu beiden Seiten die Straße hinunter, schlüpfe hinein, schließe die Tür hinter mir und lehne mich wie nach einem Marathonlauf schweratmend von innen dagegen. Erste Hürde geschafft.

Ja, es ist albern, schließlich weiß ich, wie man mit Kundschaft umgeht. Allerdings liegen zwischen Bücherwürmern und in Leder gewandeten Bikern Welten. Was mich zu einer Frage führt, die mich bereits seit der Verkündung des Geschäftsmodells durch Lewis beschäftigt. Wie soll das funktionieren, diese mehr als nur unterschiedlichen Typen von Menschen miteinander zu verbinden? Beides ist auch irgendwie eine Lebenseinstellung. Nun gut, wir werden sehen, ob es Mord und Totschlag gibt.

Ich muss grinsen. Denn plötzlich spielt mein Kopfkino eine Szene mit einem Brille tragenden Nerd im karierten Wollpullover ab, der mit einem dicken Wälzer tobend hinter einem langhaarigen Rocker hinterherläuft.

Den Lichtschalter finde ich neben der Eingangstür, betätige ihn und fühle mich gleich nicht mehr wie in einer Gruft. Wobei der leicht modrige Geruch nach alten Büchern, Staub und Leder dem sehr nahe kommt. Neben der Kasse finde ich zum Glück eine Notiz von Vicky. Ihr scheint gestern Abend auch klar geworden zu sein, dass ich noch einige Anweisungen benötige.

Ich schnappe mir den Zettel und lese ihn auf dem Weg in die Küche. Was man noch so Küche nennen kann, denn der Umbau ist in vollem Gange.


Guten Morgen Richie,

mir ist noch eingefallen, dass wir keine Einzelheiten besprochen haben. Also, der Ofen ist gestern Abend noch angeschlossen worden, du kannst ihn demnach benutzen. Ich habe dir alles soweit hergerichtet und in den Kühlschrank gestellt. Du brauchst die Scones nur bei 150° für 20 Minuten in den Ofen schieben. Sollte zu machen sein, oder? Die Kaffeemaschine dürfte auch kein Problem für dich darstellen, denn die benutzt du ja nicht zum ersten Mal.

Keine Bange, meine Kunden sind extrem pflegeleicht und sagen dir ganz genau, was sie möchten. Einfach nur freundlich sein und zuhören. Die Kasse ist bestückt. Die Preise stehen auf den Büchern. Gebäck und Kaffee sind kostenlos. Ich denke, das sollte alles sein. Vielen Dank noch mal, dass du für mich so kurzfristig einspringst. Ich werde dich spätestens gegen 11 Uhr erlösen und mach es wieder gut.

Liebe Grüße Vicky


Tja, dann werde ich wohl mal unter die Bäcker gehen. Nach fünf Minuten klingelt die Uhr und meldet, die Backröhre ist auf Temperatur. Ich schiebe das Blech auf die mittlere Schiene und stelle den Timer auf 20 Minuten ein. An der Spüle wasche ich meine Hände und trockne sie am danebenhängenden Handtuch ab. Stolz beobachte ich mit in die Hüften gestemmten Händen mein Werk und schaue dem Gebäck zu, wie es langsam aufgeht. Das wäre geschafft. War gar nicht schlimm.

Ich schlendere zurück in den Verkaufsraum und sehe mich zum ersten Mal in aller Ruhe um. Bisher bin ich nicht dazu gekommen, oder besser gesagt, hat es mich nicht sonderlich interessiert. Es erstaunt mich, wie viele Bücher auf so engem Raum Platz finden. Ich streiche mit den Fingerspitzen über die Buchrücken und bekomme ein seltsam ergriffenes Gefühl. All diese Werke sind von Menschen aus den unterschiedlichsten Epochen der Zeitgeschichte geschrieben und auch zusammengetragen worden. Ich war noch nie ein leidenschaftlicher Leser, denn mir ist die Arbeit am realen Objekt lieber. Doch plötzlich wird mir klar, was für ein unermesslicher Schatz das geschriebene Wort ist. In meine ungewohnt philosophischen Betrachtungen vertieft werde ich von der Türglocke überrascht, fahre wie ein auf frischer Tat ertappter Junge herum und sehe nur eine Silhouette im Türrahmen stehen. Die Morgensonne blendet und lässt mich blinzeln. Also trete ich näher, um die Person besser zu sehen. „Guten Morgen. Herzlich willkommen im Stones! Was kann ich für Sie tun?“ Mir fallen Vickys Worte ein und ich setze ein freundliches Lächeln auf, was mir im selben Moment gefriert, als ich erkenne, wer keine zwei Schritte vor mir steht.


***

Ende der Leseprobe

 

»the Truth behind«

© 2015 Nele Betra

 

 

Impressum

Texte: Nele Betra
Bildmaterialien: Nele Betre / fotolia / depositphoto
Lektorat: Brigitte Melchers / Bernd Frielingsdorf
Tag der Veröffentlichung: 13.12.2015

Alle Rechte vorbehalten

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