© Albert Kemmeier
In einem Erotikforum fand ich die interessante
Geschichte einer gewissen ‚Minnimaus‘
Mit einem wohlwollenden Kommentar bedankte
ich mich für ihren Beitrag
Sie schrieb mir zurück … es entwickelte sich
ein anregender Mailkontakt
Dabei erfuhr ich, dass sie einen schrecklichen
Unfall erlebt hatte und nun entstellt ist
Dennoch verspürte ich gewisse Sehnsüchte,
sie bescherte mir süße Träume
Widerwillig stimmte sie einem Treffen zu …
Mein Beitrag zum Wettbewerb September 2024
Thema: Sweet Dreams
Cover: Bild von Freepik
© Albert Kemmeier
Eine Autorin in einem Erotikforum brachte mich zum Träumen
Peter Kremmer, Abteilungsleiter, war auf einem Schildchen an meiner Bürotüre zu lesen. Als verantwortlicher Mitarbeiter einer großen Versandhandelskette hatte ich für die reibungslose Auslieferung der Bestellungen an unsere Kunden zu sorgen.
Zu meinen Untergebenen zählten zurzeit 22 Mitarbeiterinnen, vom kaum volljährigen Küken bis hin zur gestandenen Frau. Eifrig packten sie alles, vom Puderdöschen bis hin zum Hometrainer in die Kartons und stapelten die Pakete in den LKW, der mehrmals pro Tag zur Post gefahren wurde.
Geschickt gelang es mir, meine Kolleginnen stets zu motivieren und bei Laune zu halten. Dadurch genoss ich ein ruhiges Leben und blieb weitgehend von größeren Problemen verschont. Doch die üblichen kleinen Reibereien forderten dennoch ihren Tribut. Dieser zeigte sich darin, dass ich mir einfach nicht vorstellen konnte, mich jemals fest an eine Frau zu binden.
Dennoch brauchte ich nicht als Mönch zu leben. Dank meiner sportlichen Figur gelang es mir trotz meinen 32 Jahren fast nach Belieben, ab und an ein williges Häschen zu einem Date zu überreden.
Meine einsamen Abende verbrachte ich oft an meinem Computer. Neben den täglichen Nachrichten und Mails interessierte ich mich speziell für mein Erotikforum. Vor einigen Wochen hatte ich dieses entdeckt und mich gleich unter dem Pseudonym Norbas angemeldet.
Auf Anhieb fesselten mich die dort veröffentlichten heißen Geschichten der diversen Hobbyautoren und Autorinnen. Die Themen erstreckten sich über den ganzen Bereich, vom braven Blümchensex bis zu Ferkeleien, Quälereien und Horrorgeschichten.
Eine besondere Autorin, Minnimaus, hatte es mir besonders angetan. Ihre Beiträge entsprachen weitgehend meinem Geschmack. Ihre Geschichten drehten sich fast immer um Frauen beim Ehebruch, Voyeurismus und sklavenartigen, devoten Unterwerfungen.
In ihren Beiträgen achtete sie stets darauf, dass sich die Beteiligten einig waren und niemand zu etwas gezwungen wurde. Geschickt formulierte sie ihre Beiträge so, dass sich die Opfer zwar insgeheim vor diesen zum Teil perversen Abartigkeiten fürchteten, sich diesem Nervenkitzel jedoch nicht entziehen wollten. Somit gaben sie sich diesen Spielereien hin und konnten diese auf wundersame Weise dennoch mit allen Sinnen genießen.
Dieser scheinbare Widerspruch, wie sich die Frauen freiwillig und voll bewusst all diesen Ängsten und Genüssen hingaben, boten mir genau den gesuchten Reiz. Zeitweise träumte auch ich von solchen erotischen Abenteuern. Nur war ich mir sicher, dass ich diese niemals durchziehen könnte.
*****
Eines Abends stöberte ich also wieder einmal in meinem Forum herum und suchte nach Geschichten. Dabei stieß ich wieder einmal auf einen neuen Beitrag meiner Lieblingsautorin Minnimaus. Natürlich machte ich mich sogleich über ihr neuestes Werk her. Hier ein Auszug in geraffter Form:
Ein heißer Fernsehabend
Es ging dabei um ein Ehepaar, Karl und Elsa, beide 30 Jahre alt. An einem Freitag brachte der Mann unerwartet einen Kollegen, Robert, zum Abendessen mit. Elsa ahnte gleich, was das zu bedeuten hatte … sie kannte ihren Mann …
Robert entsprach zwar ihrer Kragenweite, aber sie fühlte sich nicht in Stimmung. Deshalb wollte sie gleich alles klar machen, worauf sie ihrem Unmut mit deutlichen Worten Luft machte.
Robert zeigte sich peinlich berührt und wollte sogleich wieder gehen.
Doch Karl überredete ihm zum Bleiben. „Mach dir nichts draus, sie ist zuweilen etwas kratzbürstig“, erklärte er, „ich werde ihr wohl wieder einmal zeigen müssen, dass sie zu gehorchen hat"
Elsa sagte keinen Ton, aber wenn Blicke töten könnten, wäre Karl auf der Stelle umgefallen ...
Beim Essen ertappte Karl seinen Kollegen wiederholt dabei, wie er seine Elsa auffällig musterte. Natürlich, ihre üppige Oberweite, die kaum zu ihrer schlanken Statur zu passen schien, war sicher mehr als nur einen flüchtigen Blick wert.
Offensichtlich behagten Elsa seine schamlosen Blicke in keiner Weise, ihr Unbehagen war deutlich zu erkennen. Dennoch zwang sie sich zur Ruhe. Die unmissverständlichen Worte ihres Ehemannes hatten ihren Willen gelähmt, ihr war völlig klar, was sie erwartete …
Nach dem Essen hatte Elsa den Tisch abgeräumt und sich in die Küche verzogen.
„Na, ich sehe, meine Frau gefällt dir. Ich habe dir bestimmt nicht zuviel versprochen“, meinte Karl grinsend zu seinem Kollegen.
Robert fühlte sich ertappt und fand das gar nicht lustig, aber was sollte er darauf antworten? „Na ja, sie ist nicht ohne“, gestand er schließlich, „da hast du eine Superbrumme erwischt. Pass bloß auf, dass sie dir nicht abhandenkommt.“
„Niemals“, beschwichtigte Karl seinen Gast, „das wird nicht geschehen. Mach dir um mich keine Sorgen. Du kannst sie haben, sie gehört dir … Zieh sie aus und nimm sie ordentlich her. Halte dich nicht zurück, sie nimmt die Pille.“
Robert blickte daraufhin seinen Kollegen erschrocken an. „Nein, auf keinen Fall! Das kannst du nicht machen!“, rief er erschrocken aus. „Ich dachte, du machst nur Spaß.“
„Elsa, komm mal her!“, rief Karl nach seiner Frau, „Bring mal zwei Bier und setz dich zu uns. Robert ist ein prima Kumpel. Dass du ihm gefällst, hast du ja bemerkt. Er hat keine Frau zuhause … und da dachte ich …“
Elsa wusste natürlich gleich, was gemeint war und dass ihr Mann sie seinem Kollegen angeboten hatte. Genau dieses hatte sie bereits befürchtet. Mit sichtlichem Unwillen setzte sie sich neben Robert auf das Sofa.
Karl saß in seinem Sessel, so hatte er die Beiden und auch den Fernseher in seinem Blickfeld. Während sich die Fußballer gegenseitig den Ball abjagten, forderte er seinen Kollegen auf, die Zeit zu nutzen: „Los, mach schon! Fasse sie an, greif ihr unter den Rock, mach sie heiß!“
Elsa hatte ihre Abscheu überwunden. Sie wusste, dass sie ihrem Mann gehorchen musste. Nein, es war kein ‚Müssen‘, ihr Mann kannte ihre gewissen devoten Neigungen. Das schon längst aufgekommene Kribbeln, das durch ihren Bauch zog, ließ gar keine Bedenken und Schamgefühle mehr zu. So war sie eben, ab sofort war sie nicht mehr zu halten und bemühte sich, ihre Aufgabe bestmöglich zu erfüllen.
Während Robert fassungslos in Karls grinsendes Gesicht blickte, griff Elsa völlig überraschend nach seiner Hand und legte sie auf ihr nacktes Knie.
Damit war der Punkt erreicht, ab dem er sich wohl geschlagen gab. Zielstrebig schob er seine Hand über ihren Schenkel, erreichte Elsas Höschen. Sie wiederum öffnete ihre Beine und gewährte ihm freien Zugriff.
Nun gab es kein Halten mehr. Gegenseitig machten sie sich an ihren Kleidern zu schaffen. Schließlich waren beide nackt. Elsa spielte etwas an Roberts Schniedel herum, erhob sich und ließ sich langsam und genüsslich auf ihm nieder.
Daraufhin rammelten sie wie die Kaninchen, Elsa kannte keinerlei Tabus mehr. Ohne jede Scham schrie sie ihre Lust hinaus, ließ sich zu ihrem Orgasmus treiben. Unbeirrt hoppelte sie weiter auf seinem Schoß herum, bis Robert sein Sperma in ihr ergossen hatte.
Karl hatte inzwischen seine Hose geöffnet und spielte an sich herum. Elsa wandte sich nun ihrem Mann zu, kniete sich vor ihn hin und befriedigte ihn mit ihrem Mund.
„Wow, das war wieder einmal voll geil!“, schwärmte sie, nachdem er seine Ladung in ihren Rachen geschleudert hatte. Ihr hochrotes, schweißnasses Gesicht und ihre strahlenden Augen verrieten eindeutig, dass sie diesen Dreier trotz anfänglichem Widerwillen vollumfänglich genossen hatte.
*****
Fasziniert las ich Minnimauses heißen Beitrag zu Ende … fast unbewusst griff ich mir in die Hose. In Gedanken versuchte ich, mich in die betreffenden Personen hineinzuversetzen.
Wollte ich der Macho sein, der seine Frau dazu zwang, sich vor seinen Augen einem anderen Mann zum Missbrauch, zum Ficken und Besamen, hingeben zu müssen?
Oder wollte ich doch eher die Frau sein, die sich ihrem Herrn und Gebieter unterordnen und all seinen Wünschen und Forderungen bereitwillig Folge leisten musste? Könnte ich mich wirklich als untervögelte, gelangweilte Ehefrau vorstellen, deren Lust sie dazu trieb, sich freiwillig derartigen ungewissen Abenteuern hinzugeben …
Wie musste sich wohl Robert gefühlt haben, als er Karls Aufforderung nachkommen, seine Ehefrau vor seinen Augen ausziehen, ficken und sogar besamen musste?
*****
Wie bereits erwähnt, war Minnimaus meine Lieblingsautorin. Diesmal hatte sie sich sogar selber übertroffen. Ihre Geschichte war mir total eingefahren, hatte mich gefesselt!
Tatsächlich hätte ich mich problemlos in alle drei Beteiligten hineinversetzen können. In die Herren sowieso und auch in die Frau, die ihrem Mann zu gehorchen hatte.
Darum entschloss ich mich, dieser mir völlig unbekannten Minnimaus meine Begeisterung über ihre Idee in einem entsprechenden Kommentar auszudrücken. Obwohl von den Autoren stets erwartet, konnte ich mich bisher noch nie dazu hinreißen lassen, ihnen auf diesem Weg für ihre Arbeit zu danken.
Also schrieb ich:
„Liebe Minnimaus,
Deine Geschichte hat mich total fasziniert! Vielen Dank für Deine geniale Idee und Deine wirklich packende und ergreifende Schreibweise.
Ich konnte alles genau miterleben, die Gedanken der Protagonisten spüren. Am liebsten wäre ich einer der beiden Männer gewesen. Natürlich nur in Gedanken, in Wirklichkeit schätze ich die Frauen und könnte ihnen nie ein Leid zufügen.
Auch das Verhalten dieser Frau konnte ich verstehen. Sie wollte zwar nicht, aber sie hatte diese devote Veranlagung und dieses Kribbeln in ihr.
Liebe Grüße…..Norbas“
*****
Bereits am folgenden Tag hatte sie sich für meinen Kommentar bedankt. Zwar nur mit wenigen, stereotypen Floskeln, aber immerhin. Umso mehr wunderte ich mich über die kleine „Eins“ auf der Kommandoleiste des Forums. Das bedeutete, ich hatte eine „PN“ (persönliche Nachricht) erhalten.
„Lieber Norbas“, schrieb mir Minnimaus, „zuerst einmal vielen herzlichen Dank für Dein Lob und Deinen tollen Kommentar. Leider ist Deiner seit langer Zeit der Erste, den ich erhalten habe.
Bitte erlaube mir doch eine etwas indiskrete Frage: Wie meintest Du das ‚Du wärst gerne einer der drei Protagonisten gewesen‘? Welcher denn …?
Bist du nun ein Macho und könntest es nicht lassen, deine eigene Ehefrau deinem Kollegen zum Ficken zu überlassen, ohne dich um ihre Gefühle zu kümmern?
Oder bist du derart gewissenlos, dass du das unerwartete Angebot deines Freundes annehmen würdest und dich dazu überwinden könntest, diese Frau vor ihrem Ehemann hemmungslos zur Befriedigung Deiner Sexlust zu benutzen?
Und als Frau? Könntest Du diese devote Sklavin sein, die ihrem Mann blindlings gehorcht und sich alles gefallen lässt. Dass sie sich nicht dagegen sträubt und sogar Spaß daran findet, passt anscheinend zu ihrem Wesen.
Bitte verzeih mir diese Fragen, aber Deine Antwort würde mich brennend interessieren …
Diese bitte über PN … das brauchen die anderen Leser ja nicht zu erfahren.
Bitte schreibe mir, ich würde mich unheimlich darüber freuen!
Liebe Grüße Deine Minnimaus
*****
Natürlich hatte mich ihr Interesse total fasziniert, ihr abschließendes „Deine Minnimaus“ brachte meine Gedanken gleich ins Rotieren. Offenbar schien sie sich für mich zu interessieren, deshalb wollte ich ihr nichts schuldig bleiben. Alles in mir drängte darauf, ihr absolut ehrlich zu antworten.
Gleichzeitig aber brachte mich ihre Frage zum Nachdenken … Was war ich nun wirklich? Macho oder Loser? Ehrlich gesagt, ich wusste es nicht. Ich dachte an meine Arbeitsstelle: Unter mir arbeiteten 22 Frauen, für diese war ich der Boss. Meine Vorgesetzte war ebenfalls eine Frau … dieser musste ich mit Respekt begegnen. Also kam es eben auf die Situation an …
„Liebe Minnimaus“, begann ich zu schreiben, „Deine Antwort hat mich sehr gefreut.
Nun zu Deiner Frage, über die ich erst mal selber nachdenken musste. Hier also meine ehrliche Antwort …
In Wahrheit bin ich ein durchwegs normaler, ehrlicher Mann. Ich schätze und mag Frauen, allerdings ohne unlautere Absichten. Anders ist es im Forum, da kann ich meine zuweilen finsteren Fantasien hemmungslos ausleben. Aber nichts davon könnte ich jemals in die Wirklichkeit umsetzen. Und, so denke ich mal, das wird auch auf Dich zutreffen.
Nun, ich bin 29 Jahre alt und Abteilungsleiter in einem größeren Betrieb in Brandorf. Meine Vorgesetzte ist eine Frau. Damit ist klar, dass ich ihr zu gehorchen habe. In Sachen Sex läuft da gar nichts.
Andererseits bin ich der Boss über 22 Frauen jeder Altersklasse. Da kann es schon mal zu Aussprachen und Kontakten in meinem Büro kommen.
Ab und an kriege ich auch eindeutige Angebote. Aber die muss ich leider alle ablehnen, obwohl ich eigentlich lieber anders reagieren würde. Das kann ich mir einfach nicht erlauben. Ich würde meine Autorität verlieren, es könnte zu Eifersüchteleien oder sogar zu Erpressungen führen.
Deshalb kann und will ich mich auf keine nähere Beziehung einlassen. Unter anderem ist das ein Grund, dass ich ledig bin und auch keine feste Freundin habe.
So, ich hoffe, deine Frage damit beantwortet zu haben.
Liebe Grüße Dein Norbas“
*****
Ihre Antwort ließ nicht lange auf sich warten …
„Mein lieber Norbas“, schrieb mir Minnimaus zurück, „ich danke Dir für Deine Offenheit. So, wie Du mit diesem Thema umgehst, musst Du ein wohl ein allseits beliebter Vorgesetzter sein.
Ich stelle mir einfach mal vor, dass Du ein vitaler, sportlicher Typ bist und mit Frauen umgehen kannst.
Als ‚Hahn im Korb‘ wird es Dir bestimmt schwerfallen, all diesen Verlockungen zu widerstehen.
Wohl deshalb genießt Du die Geschichten in unserem Forum, das bietet dir wenigstens ein Ventil für Deine leider ungenutzte Manneskraft.
Mir geht es ebenso, ich bin auch solo. Aber aus einem anderen Grund, ich habe keinen Freund und werde wohl auch nie einen finden. Daher fühle ich mich glücklich, mich im Forum mit anderen Autoren tummeln zu können und meine geheimen Fantasien auszuleben.
Als einfache Angestellte bin ich dankbar für meinen Job und gehorche meinen Vorgesetzten. So gesehen bin ich eher etwas devot veranlagt, aber niemals so, wie diese Elsa in meiner Geschichte. Auf sowas würde ich mich niemals einlassen.
Ehrlich, ich freue mich ungemein, Dich getroffen zu haben. Wie mir scheint, ticken wir auf gleicher Wellenlänge.
Irgendwie sehe ich Dich vor mir … aber ich möchte doch zu gerne wissen, wie Du wirklich aussiehst. Über ein Bild von Dir würde ich mich riesig freuen.
Und, welch ein Zufall, ich wohne auch in Brandorf … So, jetzt gehe ich schlafen, ich denke an Dich und werde bestimmt von Dir träumen
Liebe Grüße Deine Minnimaus“
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Natürlich schrieb ich sofort zurück. Aber zuerst scannte ich drei Fotos für meine liebe Maus ein. Eines zeigte mich im Anzug, eines in meiner Sportmontur und eines … nein, nicht nackt … ich trug meine knapp geschnittene Badehose.
„Meine liebe Minnimaus, vielen Dank für Deine Antwort. Ich denke schon, dass ich ein umgänglicher Mensch bin.
Und sportlich, na ja, irgendwie muss ich mich fit halten. Immer nur am Schreibtisch zu sitzen ist für die Gesundheit nicht gerade förderlich.
Hahn im Korb, ja das trifft genau zu. Nur, leider sind für mich alle meine Mitarbeiterinnen tabu. Also muss ich halt … ich denke, du ahnst es …
Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht. Willst du mir vielleicht verraten, welcher andere Grund für Dein einsames Solodasein vorliegt? Und‚ warum bist Du dankbar für Deinen Job? Wie meinst Du das?
Im Anhang findest Du die gewünschten Bilder, ich hoffe, ich habe die richtigen Sujets ausgewählt. Du kannst Dir sicher denken, dass auch ich mich brennend für Dein Aussehen interessiere … und … ja … du verfolgst mich auch bis in meine Träume …
Liebe Grüße Dein Norbas“
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Bereits am nächsten Abend war ihre Antwort da:
„Mein lieber Norbas, vielen Dank für die tollen Fotos. Du siehst genau so aus, wie ich mir Dich vorgestellt hatte. Ich wundere mich, dass Du wirklich alleine leben musst. Ich jedenfalls könnte durchaus schwach werden, wenn ich Dir begegnen würde.
Natürlich sollst du wissen, was mit mir los ist. Nur, leicht fällt es mir nicht, weil es mich an das damalige schreckliche Unglück erinnert.
Vor zwei Jahren stand ich gerade an einem Wurstbratstand, als der Grill explodierte. Ich wurde voll getroffen und mit brennenden Kleidern weggeschleudert. Einige beherzte Passanten konnten mir helfen und erstickten die Flammen. Danach lag ich fast ein halbes Jahr im Krankenhaus, war näher am Tod als am Leben.
Ich bin zwar wieder da, aber nur noch als Wrack. Meine ganze linke Körperseite war verbrannt und ist jetzt total vernarbt. Ich kann mich in der Öffentlichkeit kaum mehr blicken lassen, muss immer lange Hosen und langärmlige Oberbekleidungen tragen. Dazu fehlen mir fast alle Haare, das zwingt mich dazu, mir immer eine Perücke oder eine Strickmütze aufzusetzen.
Zum Glück konnte mich mein Vorgesetzter gut leiden. Dank ihm und seinen stetig wiederholten Bitten wurde ich damals nicht entlassen und konnte nach meiner halbwegs erfolgreichen Genesung wieder an meinen Arbeitsplatz zurückkehren.
Natürlich kriegst Du die gewünschten Bilder. Das Eine zeigt mich mit 23 Jahren und ist meine letzte Aufnahme, auf der man mich noch ansehen durfte. Und das andere … erschrick bitte nicht … immerhin verspüre ich keine Schmerzen mehr. Und bitte, bitte, bitte, verachte mich deswegen nicht, auch wenn Dir das schwerfallen sollte.
Liebe Grüße Deine Minnimaus“
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Ich war heilfroh, dass sie mich gewarnt hatte. Deutlich musste ich erkennen, wie dieser Unfall ihr Leben zerstört hatte. Aus der hübschen jungen Frau auf dem ersten Foto war ein Zombie geworden. Auf der zweiten Aufnahme trug sie einen bis zum Kinn hochgezogenen Rollkragenpullover. Dazu verbarg eine XXL-Wollmütze einen Großteil ihres Kopfes. Die wenigen, nicht bedeckten Hautpartien, glichen einem frisch umgepflügten Acker.
Natürlich erschütterte mich ihr Schicksal. Aber ich sah nicht ein, weshalb ich meine liebe Maus deswegen anders ansehen sollte. Sie war ein Mensch, der Unglaubliches erleben musste. Das waren Äußerlichkeiten, die mich zwar schmerzlich berührten. Doch ich hatte schon lange erkannt, dass wir uns verstanden und uns auf eine unbestimmte, geheimnisvolle Art mochten. Ich musste mir eingestehen, dass ich oft an sie dachte und zuweilen sogar von ihr träumte.
Ihr Schicksal änderte daran nichts, im Gegenteil, ich wünschte mir nichts sehnlicher, als sie einmal persönlich treffen zu können. Ich war überzeugt davon, dass sie sich darüber freuen würde, auch wenn sie sich womöglich vor mir genieren könnte. Sollte ich sie wirklich nach ihrem Namen und ihrer Telefonnummer fragen? Würde sie mir darauf antworten?
Doch das musste sie nicht, ich hatte sie erkannt! Zumindest ihrem Aussehen nach. Der Zufall wollte es, dass wir am selben Ort arbeiteten, hier in Brandorf gab es ja sonst kaum etwas. Vor ihrem Unfall wurde sie als Nachfolgerin ihres Vorgesetzten, Herrn Krantz vorgeschlagen, der nächstens in Rente gehen wird. Ihre Zukunftspläne wurden allerdings brutal zunichte gemacht. Als Vorgesetzte wäre sie nach ihrem Unfall nicht mehr tragbar gewesen.
Ich nahm diesen Umstand als überdeutlichen Wink des Schicksals und fühlte mich gleich dazu verpflichtet, mich ein wenig um diese Frau zu kümmern.
*****
Am darauffolgenden Tag suchte ich also besagten Herrn Krantz in seinem Büro auf. Ich kannte ihn schon lange, deshalb hatte ich kein Problem damit, mich mit ihm über diese Frau zu unterhalten.
Ihr Name war Franziska Hümmeler, dazu verriet er mir auch ihre Adresse und ihre Telefonnummer. Er schilderte sie mir als eine seiner besten Mitarbeiterinnen, immer fleißig und korrekt. Nie hätte er Probleme mit ihr. Leider gäbe es da schon zeitweise Differenzen. Allerdings beträfen diese ihre Kolleginnen, die sie zum Teil einfach nicht mochten und mit ihr nicht zurechtkamen.
Ja, er mache sich ernsthafte Sorgen um sie, wenn er nicht mehr da sei. Sein Nachfolger war nicht bereit, sie zu unterstützen. Er hatte sie entlassen, um Probleme mit oder wegen ihr aus dem Weg zu gehen.
Die gehörten Worte verfolgten mich noch den ganzen Tag. So war es eben, das heutige Geschäftsleben. Wenn es wegen einer Person Probleme gab, auch wenn diese keine Schuld daran trug, wurde sie entlassen. Punkt.
Das hieß also nichts anderes, als dass meine liebe Maus auf der Straße landen würde, mit wenig Aussichten, jemals wieder Arbeit zu finden.
Natürlich setzte ich mich am Abend gleich wieder an meinen Computer …
„Meine liebe Minnimaus, vielen Dank für Deine Fotos. Natürlich hat mich Dein Aussehen schockiert, aber gleichzeitig auch tief berührt. Mit den Worten in Deinen Mailnachrichten hast Du mir schon sehr viel über Dich gesagt, mehr, als Dir bewusst ist. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, Dich schon lange zu kennen.
Ein Foto ist ja schön und gut, ersetzt aber niemals den direkten Augenkontakt. Bitte halte mich nicht für verrückt, aber Du gehst mir einfach nicht aus dem Kopf, ich muss ständig an Dich denken und möchte Dich unbedingt persönlich kennenlernen.
Keine Sorge, ich will nichts von Dir, nur ein wenig mit Dir plaudern. Trotz allem sehe ich in Dir eine liebe Frau und verspreche Dir, über Dein Aussehen einfach hinwegzusehen und mit keinem Wort zu erwähnen.
Viel wichtiger ist mir Dein Inneres, was Du denkst und wie Du Dich fühlst. Ich werde ein aufmerksamer Zuhörer sein und Dich einfach reden lassen, egal, was Du mir sagen willst.
Morgen Abend um 19 Uhr werde ich im Café Bernhard an der Mozartstraße auf Dich warten. Gerne würde ich Dich zu einem Kaffee einladen! Mir ist durchaus bewusst, dass ich Dich mit meinem Wunsch überfalle. Du brauchst Dich sicher nicht zu genieren. Falls doch, wäre ich Dir keineswegs böse, wenn Du mich versetzen würdest.
Liebe Grüße Dein Norbas“
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Besagtes Café Bernhard hatte ich natürlich bewusst gewählt, weil ich wusste, dass sich dieses in nächster Nähe zu ihrem Wohnhaus befand. Selten hatte ich derart sehnlich darauf gehofft, dass sie mir antworten würde.
Und ich war mehr als nur überrascht, als sie mir bestätigte, dass sie sich darauf freute, sich wirklich mit mir treffen zu wollen.
Bestimmt hatte ich sie mit der Wahl dieses Lokals bei ihr um die Ecke verblüfft. Darüber hatte sie kein Wort verloren. Auch sonst schrieb sie kein Wort mehr als nötig. Dazu entdeckte ich etliche Schreibfehler.
Das kannte ich von ihr bisher noch nicht und ließ eigentlich nur den Schluss zu, dass es ihr nicht besser erging, als mir selbst. Auch ich, als gestandener Mann, der sich sonst unter Kontrolle hatte, konnte meine Tränen kaum mehr zurückhalten.
*****
Eine Viertelstunde vor der Zeit saß ich schon im Lokal und hatte mir ein kleines Tischchen in der hintersten, etwas dunklen Ecke ausgesucht. Ich hatte mich absichtlich auf die Bank an der Wand gesetzt, das ermöglichte mir freie Sicht bis zur Eingangstüre.
Meine Minni fiel mir sofort auf, als sie eintrat. Trotz der immer noch herrschenden Sommerhitze trug sie lange Hosen, einen hochgeschlossenen Rollkragenpullover und ihre Mütze. Ich konnte ich sie gar nicht verwechseln.
Auf einen Wink von mir trat sie langsam und scheinbar unentschlossen an meinen Tisch heran. Scheu blickte sie in mein Gesicht und setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl. Dass sie damit den übrigen Gästen ihren Rücken zuwandte, konnte ihr eigentlich nur recht sein.
Nach unserer gegenseitigen Begrüßung, Minnimaus und Norbas und unserer Bestellung eines Kännchen Kaffees blieben wir stumm, blickten uns nur an. Zum Glück wusste ich um ihr Aussehen, sonst wäre ich tatsächlich erschrocken. Allerdings, so musste ich mir eingestehen, gar so schrecklich, wie ich mir das vorgestellt hatte, sah es dann doch nicht aus.
Ich spürte ihre Anspannung und versuchte, sie mit meinem Lächeln zu beruhigen.
„Warum hast du eigentlich genau dieses Lokal gewählt?“, lautete ihre erste Frage.
„Ich wollte es dir möglichst einfach machen“, antwortete ich grinsend, „sonst wärst du vielleicht gar nicht hergekommen.“
„A … aber … woher …“, stotterte sie.
„Versandhaus und Brandorf … da war das nicht mehr schwierig. Spielen wir mit offenen Karten … ich bin der Peter … aus eurer Versandabteilung“, lachte ich, „und du die Franziska vom Einkauf … habe ich recht?“
Sie blickte mich daraufhin aus weit aufgerissenen Augen an. „Aber woher weißt du …?“
„Gestern habe ich mit Herrn Krantz gesprochen und habe mich über dich erkundigt.“
„Und … was hat er gesagt? Mir wollte er immer weismachen, dass er mit mir zufrieden sei … aber kann ich das wirklich glauben? Ich weiß, dass er mich mag und bin ihm auch dankbar dafür …“
„Keine Sorge, er hatte dich geradezu gelobt. Nur, er geht ja nächstens in Rente … und da …“
Bestürzt musste ich daraufhin erkennen, dass sie zu weinen begonnen hatte. Was war geschehen? Hatte ich etwas Falsches gesagt. Zaghaft streckte ich meinen Arm aus und legte meine Hand auf die Ihre, die vor ihr auf dem Tisch lag.
Sie ließ mich gewähren. Langsam schloss ich meine Faust und auch sie erwiderte diese Geste. Schließlich hatten sich unsere Finger fest ineinander verhakt.
Erst nach einer Minute hatte sie sich soweit beruhigt, dass sie wieder sprechen konnte: „Das ist es ja, ein Neuer, so ein Studierter übernimmt seinen Posten. Der hat anscheinend kein Herz und keinen Sinn für die Nöte anderer. Deshalb kriegte ich die Kündigung, in sechs Wochen stehe ich auf der Straße. Was soll ich nur machen?“
Blitzschnell fiel mir die passende Antwort dazu ein. Lächelnd blickte ich in ihr Gesicht. „Weißt du, woran ich gerade denke? Schau einmal auf unsere Hände?“
Erst blickte sie auf das Knäuel unserer Finger, dann schien sie zu begreifen. Aus großen Augen starrte sie mich an und versuchte, ihre Hand aus der meinen zu lösen.
Das ließ ich aber nicht zu, ich gab sie nicht frei. „Nein, bitte, das geht doch nicht, das kannst du nicht machen …“, stöhnte sie, „was willst du überhaupt? Du schriebst, du würdest nichts von mir wollen …“
„Das stimmt, ich will wirklich nichts von dir. Aber vielleicht kann ich dir helfen … „
„Ach so, meinst du … Und was muss ich dafür tun?“, giftete sie mich an, „wenn du glaubst, dass ich dir dafür …“
„Hör bitte auf!“, unterbrach ich ihre stetig gehässiger werdenden Worte, „das siehst du völlig falsch. Ich möchte nur, dass du mir vertraust. Wir finden einen Weg, das verspreche ich dir! Vergiss deine Vorurteile, ich meine es ehrlich.“
„Wirklich? Was meinst du damit genau, worauf willst du hinaus?“, fragte sie, nun deutlich leiser und blickte mich gespannt an.
„Sagen wir es einmal so … dein Verstand fürchtet sich, weil er nichts anderes kennt. Du misstraust allem und jedem. Höre doch einmal auf dein Herz! Was sagt es dir? Fürchtet es sich auch? Traut es mir wirklich zu, dass ich dir etwas antun könnte?“
Sie dachte einen Moment nach, hörte wohl wirklich in sich hinein. Verlegen senkte sich ihr Blick gegen den Tisch, mit minimalen, kaum sichtbaren Bewegungen schüttelte sie ihren Kopf.
„Meinst du etwa, wir könnten … Freunde werden?“, fragte sie mit ganz leiser Stimme, „aber weißt du, was du dir damit auflädst? Ich bin ein Krüppel, alle Leute sehen mich schief an, wenn ich ihnen begegne. Meine Wohnung verlasse ich nur, wenn ich unbedingt muss. Also werde ich bestimmt nie mit dir ausgehen, keine Party besuchen … du müsstest überall und immer auf mich verzichten.“
Nun schüttelte ich meinen Kopf. „Das glaube ich nicht“, beruhigte ich sie, „das wird bestimmt wieder besser. Du kannst dich offenbar nicht mit deinem Leiden abfinden, hast dich und dein Leben aufgegeben. Das darfst Du aber nicht! Auch wenn du es nicht weißt, nicht begreifen kannst, es vielleicht gar nicht willst … du hast ab jetzt einen Freund, auf den du dich verlassen kannst.“
Völlig durch den Wind, aus großen Augen blickte sie mir ins Gesicht. „Jaaa … aber … ich weiß nicht …“, hauchte sie mir fast unhörbar entgegen.
„Du musst dich nicht sofort entscheiden, lass es dir erst einmal durch den Kopf gehen“, empfahl ich ihr, „wir haben Zeit.“
Daraufhin blieben wir beide stumm. Ich konnte erkennen, dass sie ihren Gedanken nachhing, dass sie mit sich, dass ihr Herz gegen ihren Verstand kämpfte. Frohen Mutes konnte ich unserer Zukunft entgegensehen. Meine Freundin zappelte an meiner Angel, so das geflügelte Wort. Ich wusste, ihr Herz würde über ihren misstrauischen Verstand siegen.
Nach weiteren Minuten verließen wir das Lokal. Natürlich geleitete ich meine Freundin nach Hause. Sie wunderte sich nicht mehr, dass ich den Weg kannte. Vor der Türe ihres kleinen Appartements wollte ich mich von ihr verabschieden, doch sie zog mich einfach mit, über die Schwelle.
Ihr Domizil bestand aus nur einem einzigen Raum. Dieser enthielt eine kleine Kochecke, ein Sofa mit einem Beistelltischchen, einen Schrank, einen größeren Tisch mit zwei Stühlen und ihr Bett. Die einzige Türe führte vermutlich in ihr Badezimmer.
Daraufhin setzten wir uns auf ihr Sofa, allerdings mit etwas Distanz. „Hier wohne ich also“, erklärte sie, „mir genügt das, mehr brauche ich nicht.“
So begann sie unser Gespräch. Nach und nach, erst stockend, dann immer freier erzählte sie mir ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte. Ich ließ sie einfach machen, unterbrach sie nicht und hörte ihr aufmerksam zu. Deutlich spürte ich ihre Erleichterung, als sie sich alles von der Seele reden konnte.
Erst ganz zum Schluss, nach bestimmt einer Stunde, sprach sie ihr wohl brennendstes Problem an: „Was denkst du, was wird aus mir werden, wenn ich keine Arbeit mehr habe, meine Wohnung verliere und auf der Straße stehe?“
„Das wirst du sicher nicht …“, beruhigte ich sie, „ich weiß schon jetzt, wo du unterkommen könntest … Ich wohne allein in einem Haus und habe jede Menge Platz …“
Es dauerte einige Sekunden, bis sie den Sinn meiner Worte begriff. Offenbar behagte ihr mein Angebot jedoch nicht, sie blickte mich erschrocken an und rückte von mir weg.
„Ich meine natürlich“, versuchte ich, mein Vorpreschen zu korrigieren, „nur als letzte Möglichkeit.“
„Hmmm … OK“, entspannte sie sich wieder, „sorry, ich bin müde und mir schwirrt der Kopf. Besser du gehst jetzt. Ich melde mich wieder, muss aber erst einmal mit mir selber klarkommen.“
Ihr spontanes, scheues Küsschen auf meinen Mund stimmte mich bei unserem Abschied allerdings zuversichtlich. Bestimmt würde sie keinen Schlaf finden können, weil ihr Herz gegen ihren zweifelnden Verstand kämpfen würde. Doch ich war zuversichtlich, dass ihr Herz gewinnen würde.
Damit war ich guter Hoffnung, dass sich meine Sweet Dreams erfüllen würden. Mein ersehntes Ziel war, sie erst einmal als liebe Freundin … und später vielleicht ganz für mich gewinnen zu können. Das durfte ich ihr natürlich nicht verraten, dafür war sie noch nicht bereit. Doch ich setzte mir zum Ziel, sie mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl aus ihrem schwarzen Loch herauszuholen und ins Leben zurückzuführen.
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2024
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