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Ein Glitzern

Die Bäume sind von Schnee eingedeckt. Kein Wunder, denn es schneit. Weit und breit ist alles weiß. Jede Farbe versteckt unter einer kalten Decke. Das Sonnenlicht bricht sich in den kleinen Eiskristallen und bringt die Umgebung zum Glitzern. Sanft und leise sinken die kleine Flocken zu Boden und vereinen sich zu einem Ganzen. Aus der Ferne wird ein glockenklares Kinderlachen vom eisig kalten Wind herübergetragen. Das kleine Mädchen tobt lachend durch den Schnee. Streckt ihre Arme zur Seite aus und dreht sich lachend um die eigene Achse. Ihre Augen glitzern vor Freude, wie klitzekleine Sterne am Nachthimmel und stellen die Eiskristalle in den Schatten. Sie ist so glücklich. Ein freudiges Quietschen dringt aus ihrem Mund gefolgt von einem ,,Komm her Daddy“. Sie lässt sich in den Schnee fallen und eine kleine funkelnde Puderwolke wirbelt umher. Sie bewegt immer wieder ihre Arme und Beine durch den Schnee, ein Abdruck entsteht. Ihr Vater beobachtet das Schauspiel mit einem sanften Lächeln im Gesicht. Seine Augen, die von kleinen Falten umgeben werden, strahlen Wärme aus. Das Mädchen springt auf und rennt mit ihren kleinen, in Schneestiefeln eingepackten Füßen zu ihm hinüber. Greift mit ihrer klitzekleinen Hand in die Große und versucht ihn mit sich zu ziehen. Dabei verlassen die Worte ,,Schau mal Daddy, ein Engel genau wie du“ ihren Mund. Ihr Vater lacht, sein tiefes, raues und herzhaftes Lachen ertönt und er lässt sich mit ziehen. Er blickt zu dem Schneeengel, der durch die Sonne in allen Farben leuchtet, doch sein Blick schweift schnell wieder zu seiner Tochter, die ihn mit ihren großen unschuldigen Augen anschaut. ,,Er ist wunderschön geworden, meine kleine.“ Wenn ihre Augen vorher schon wie Sterne geleuchtet haben, strahlen sie jetzt noch heller. Diese paar Worte bedeuten ihr so viel. Sie bewegt sich ein paar Schritte von ihm weg, beugt sich runter und nimmt Schnee in ihre kleinen zierlichen Hände. Die dicken Handschuhe erschweren ihr das Formen einer Kugel, doch nach kurzer Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, hat sie es geschafft. Ihr konzentrierter Blick richtet sich auf ihren Vater, sie atmet noch einmal tief die eiskalte Luft ein und lässt sie langsam entweichen, wobei sie die kleinen Dunstschwaaben beim Verblassen beobachtet. Sie fokussiert ihren Blick wieder auf ihren Vater und den kleinen Ball. Dieser trifft auf den Rücken der dicken Winterjacke des Vaters. Mit einem Grinsen im Gesicht dreht er sich um und die Worte ,,Na warte wenn ich die kriege“ verlassen seinen Mund. Das kleine Mädchen bekommt große Augen, dreht sich um, wobei ihre langen Haare, die mittlerweile unter der Mütze hervorgekommen sind, umher wirbeln. So schnell sie es mit ihren kurzen Beinen durch den Schnee schafft, läuft sie lachend davon. Ihr Vater hinterher. Nach einer Weile schlingen sich von hinten Arme um das kleine Mädchen, sie gibt ein freudiges Quietschen von sich, als sie hochgehoben wird. Ihr Vater, der sie nun im Arm hält lässt ein warmherziges Lachen erklingen. ,,So, jetzt hab ich dich“. Das Mädchen schaut ihn mit ihren großen unschuldigen Reh-Augen an. Doch er kennt den Blick und lässt sich nicht erweichen. Gnadenlos fängt er sie an zu kitzeln und das glockenhelle Lachen erklingt wieder. Als ihr schon längst die Tränen vor lauter Lachen kommen, hört er auf, schaut sie mit seinem liebevollen väterlichen Blick an und sagt: ,,Ich hab dich lieb mein Engel.“ Mit funkelnden Augen schaut sie tief in die seinen.

Das Bild verschwimmt. Die Tränen erschweren mir die Sicht. Ich senke den Blick, nehme meine Umgebung gar nicht mehr richtig wahr. Sehe nur die in Stein eingemeißelten Worte vor mir, sie brannten sich in mein Gehirn. Ich vermisse ihn. Wieso musste er so früh von uns gehen? Noch halb in meinen Erinnerungen versunken murmle ich ein ,,Ich liebe dich auch Daddy“, während mir eine letzte Träne, die in allen Farben glitzert, die Wange hinunterfließt.

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Tag der Veröffentlichung: 17.01.2017

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