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Das Treffen der drei Freunde

 

Das Treffen der drei Freunde

„Willkommen, wir hatten uns ja für heute bei mir verabredet. Schön, dass Ihr es nicht vergessen habt“, ruft Peter seinen zwei Freunden Richard und Kurt zu. Peter lebt in einem beschaulichen und eleganten Häuschen am Stadtrand. Ein kleiner Park umgibt das eher zierlich anmutende Anwesen, dessen übergroß wirkende Mansarde das einzige Stockwerk wie eine große Haube krönt. Die drei Männer treffen sich nun gemäß der Vereinbarung, die sie getroffen hatten, um eine weitere Geschichte zu hören. Jetzt ist Peter an der Reihe. Peter ist ein in die Jahre gekommener Ingenieur, der seinen relativ bescheidenen aber glücklichen Lebensabend genießt. Oft verbringt er mit seinen beiden Freunden diverse Abende beim Schach. Das Kaminfeuer im viktorianisch anmutenden Wohnzimmer flackert niedrig, als wollte es erlöschen. Um so wärmender wirken der hölzerne Kronleuchter im Zentrum der mit Stuck verzierten Decke sowie die gelblichen Flammen der vier hohen Wachskerzen, die auf dem schwarzen, eisernen Rundtisch inmitten des Raumes stehen. Das alles ist umrahmt von drei schönen Landschaftsgemälden und einem dunkelroten, reichverzierten Wandteppich. Schwarze Ledersessel mit weichen Sitzkissen bieten den drei Freunden einen bequemen Aufenthalt bei gut temperiertem spanischen Rotwein und Gebäck. Allgemein ist die Atmosphäre im Wohnzimmer sehr angenehm und lädt zur Besinnlichkeit ein. Peter legt noch ein paar Holzscheite in den Kamin und zündet fünf Räucherstäbchen an, die er in einem Glas auf die Vitrine stellt. Ein angenehmer Duft nach Lavendel zieht durch den Raum. Richard räuspert sich.

„Meine Geschichte, die ich bei unserer ersten Zusammenkunft erzählte, gefiel euch so, dass dieses spezielle Treffen wieder zustande kommt. Darüber freue ich mich. Ich bin sehr auf deine Geschichte gespannt, die du uns heute erzählen willst, Peter.“

Kurt sah gut gelaunt in die Runde und ergänzte: „Auch ich überlege mir fürs nächste Mal etwas Spannendes.“

Peter lächelte: „Der transzendentale Bereich gibt unserer Fantasie mehr Möglichkeiten, als wir uns vorstellen können. Man muss die Gedanken nur packen und zur Erzählung oder Geschichte formen.“  

Seine zwei Freunde stecken ihre Pfeifen an und hören gespannt der Geschichte zu, die Peter nun zu erzählen beginnt.

 

Die Überraschung

Die Überraschung

Die Fachschule lag auf einem Hügel oberhalb der kleinen Stadt, zu der Tommy jeden Morgen mit der stündlich verkehrenden Buslinie 13 fuhr. Es war ein verschneiter Wintertag im Dezember 75, und nicht nur der Schnee, sondern auch die eisige Kälte weckte in Tommy die Erinnerung an sein warmes Bett im 40 km entfernten Dorf Waldfrieden, dem Dorf seiner Eltern. Tommy war ein zurückgezogener, in sich gekehrter Junge, der nach der Mittelschule nun seit zweieinhalb Jahren eine Fachausbildung zum Bauzeichner absolvierte. Jetzt war er 17 und turnte nicht wie andere Jugendliche seines Alters mit Freundin auf Partys herum. Der Schulstoff strengte ihn sehr an, so dass er ein eher durchschnittlicher Schüler war, wenn man die Nachhilfestunden durch seinen Hauslehrer mit einbezog. Immer öfter dachte Tommy daran, die Schule abzubrechen, zumal einige praktische Fächer sein mathematisches Verständnis überstiegen. Die Schule machte einen für diese Zeit typisch kasernenähnlichen Eindruck.

„Heute ist Donnerstag, bald ist es wieder geschafft“, sagte sich Tommy.

Der Unterricht gestaltete sich von Stunde zu Stunde schwierig, was zum Teil auch an der Strenge der Lehrer lag, die ihren Stoff im Frontalunterricht vor Großklassen von 30 Schülern durchzogen.

„Jetzt ist es erledigt!“, stöhnte Tommy gegen vier Uhr nachmittags, als er wieder durch den Schnee zur Bushaltestelle watete. „Noch eine Stunde warten“.

Aber diese Zeit war auch bald herum. Tommy bekam zwar immer Taschengeld, um die Wartezeit bei einem Kaffee zu überbrücken, aber er ging nirgendwo hin. Immer hielt er sich mit seinem Schulranzen stur im Bereich der Haltestelle auf. Er hatte zu viele Ängste um wegzugehen und war immer recht müde. Auch heute war wieder ein solcher Tag.

Ah, der Bus kommt endlich, dachte Tommy erleichtert, als er die große Silhouette des Fahrzeuges sah. Er stieg ein und sank in den weichen Sitz des Mercedes Benz, der mit seiner rot-weißen Lackierung und seinen Dachfenstern wie ein Schneekäfig wirkte. Thomy fühlte die zärtliche Wärme eines Sonnenstrahls über sein Gesicht streichen und das monotone Dröhnen der Maschine versetzte ihn in eine Art Dämmerschlaf. Er träumte vor sich hin, während er nur schwach das leichte, angenehme Schaukeln des Busses wahrnahm, das Tommy wie eine Kinderwiege vorkam. Nach einer Zeit sah er sich wie in Trance in einem halbdunklen kleinen Zimmer. Vor ihm saß eine Frau, deren Antlitz nur schwach, aber dennoch erkennbar aus dem Dunkel des Raumes hervortrat. Sie fixierte Tommy mit einem liebevollen Lächeln und sprach zu ihm. Er wachte nun auf. Der Bus bog bereits schon in die Dorfstraße ein. Tommy versuchte, sich an den Satz zu erinnern, den ihm die Frau im Traum zugeflüstert hatte. Er konnte sich aber nur an wenige Worte erinnern.

„Wenn die anderen eine Wolke bilden, muss ich gehen…“, hatte die Frau gesagt.

Dies brachte Tommy dazu, kurz nachzudenken, doch konnte er mit dieser Aussage nichts anfangen. Dennoch hatte er das Gefühl, an seine Großmutter väterlicherseits oder vielmehr an deren Familie erinnert zu werden, zumal die Gestalt im Traum auch eine dieser mittelalterlichen Adelstrachten trug, die für diesen Familienzweig typisch waren. - Tommy war nun zu Hause. Seine Mutter Margot machte ihm die Tür auf. Es handelte sich um eine mittelgroße, etwas korpulente und streng wirkende Frau, die neben dem Haushalt auch noch halbtags als Kindergärtnerin im katholischen Kindergarten um die Ecke aktiv war. Heute hatte sie sich allerdings frei genommen.

„Setz dich erst einmal ins Wohnzimmer, Tommy. Es gibt heute ein wenig später Essen. Wir warten noch, bis Vater zu Hause ist. Er kommt heute etwas früher. Hier hast du zwei Flaschen Kakao und Schokolade. Ruhe dich erst mal aus, wir reden dann später.“

Wenn Tommy nicht so müde und abgespannt gewesen wäre, hätte er jetzt nach der Grund der unüblichen Verzögerung gefragt.

Ob es wohl irgendetwas wegen der Schule war? Er hatte für die letzte Prüfung zu wenig gelernt, zumal er auch den Lehrer nicht mochte. Die hatten immer gesagt: „Wir ziehen dich schon irgendwie durch, damit Du wenigstens die Schule schaffst. Der Hellste bist du ja nicht gerade.“

Diese und viele andere Worte schnappte Tommy im Lauf der Zeit seitens seiner Lehrer auf, während seine Mitschüler, besonders die scheinbar intelligentesten unter ihnen ihm immer durch Belehrungen zu helfen glaubten. Doch Mutter machte eigentlich einen ganz anderen Eindruck. Sie war irgendwie viel besorgter.

Nun, egal, was kann schon passieren, ich penne jetzt erst einmal etwas. Die werden mich schon wecken, dachte Tommy ruhig und entschieden.

Er setzte sich aufs Sofa des elterlichen Wohnzimmers und ließ die angenehme, ruhige Atmosphäre der alten Möbel, Teppiche und Bilder auf sich einwirken. Leichter Geruch von Räucherstäbchen versüßte die eindringliche Stille des warmen Raumes. Tiefer Schlaf überkam ihn. -

 

Tommy spürte einen leichten Schlag auf seiner Schulter, so, als wolle ihn jemand anrempeln.

„Aufwachen Tommy!“ Eine laute, tiefe Stimme durchdrang die Stille des Raumes.

„Ah Vater!“, rief Tommy erstaunt auf. Die ganze Situation kam ihm recht eigenartig und ungewohnt vor. „Wir haben jetzt 18.00 Uhr. So früh Vater, was ist passiert?“

„Tommy, es hat sich etwas Außergewöhnliches ereignet, so dass ich mir das gesamte Wochenende frei nehmen musste. Ich habe auch bei deiner Schule angerufen. Da ihr morgen keine sehr wichtigen Fächer habt, haben dir deine Lehrer ebenfalls frei gegeben.“

Tommy schaute verdutzt nach oben.

„He?“, rief er überrascht. „Was ist denn nun los?“

Vater verließ mit gesenktem Kopf den Raum. „Erkläre du es ihm, Margot.“

Die Mutter trat mit lautem, hörbaren Schritt ein und fixierte Tommy streng, so dass auf ihrer sonst

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Inhalber des Textes ist Ralf Prager RPr24766@web.de
Tag der Veröffentlichung: 09.12.2016
ISBN: 978-3-7396-8757-5

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