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Die Freundschaft

Sergio versuchte zu schlucken. Es fiel ihm sehr schwer. Tränen liefen über seine Wangen. Noch einmal sog er tief Luft in die Lunge und ließ sie wieder pfeifend entweichen.

"Natürlich, mein Freund", schluchzte er dann. "Natürlich bleiben wir Freunde. Das ist doch das Wichtigste: Freundschaft. Dafür muss man alles tun. Und ich werde alles tun! Ich werde unsere Freundschaft hochhalten! Versprochen!"

"Questo va bene, mio caro", antwortete der Mafioso und nahm das Stilett von Sergios Halsschlagader. "Die ´Ndrangheta hat eben ein Herz. Und deshalb beschützen wir weiterhin deinen Laden, mio caro. Aber deine Freundschaftsbeiträge müssen steigen, capito?"

Sergio nickte ergeben.

Das Geschenk

Sepp war echt sauer. Erst hatte dieser Herr Quirinius auf dem Rathaus kein Bakschisch angenommen, sondern ihn an das Einwohnermeldeamt in B. verwiesen. Dann bestand seine Frau darauf mitzukommen, obwohl sie von einem angeblich Unbekannten schwanger war. Ein Geschenk der Sonderklasse. Sepp stand trotzdem zu seiner Frau. Aber es war grenzwertig.

Dann waren alle guten Hotels überbucht, und seine Frau produzierte in einem billigen Schuppen eine Sturzgeburt vom Feinsten. Albtraum!

Und danach noch diese drei Spinner, die von einem Stern faselten und irgendwelches stinkendes Zeug mitbrachten. Aber zusätzlich noch – einen Batzen Gold!

Dieses Geschenk versöhnte Sepp wieder mit der Welt!

 

Der Wald

Nein, ich bin wirklich nicht das schönste Geschöpf unter Gottes Produkten, meinen die anderen. Aber dafür kann ich nichts.

Deshalb lebe ich tief im Wald, wo mich die 'Corona der Schöpfung' nicht sehen kann. Hier ist alles im Gleichgewicht. Ich liebe den Wald über alles.

Wald? Wo ist er hingekommen? Vor kurzem war hier noch unendlicher Wald! Dann kam das Feuer, dann kamen die Menschen mit ihren Maschinen, dann die gehörnten Vierbeiner!

Wohin soll ich Fledermaus? Wohin meine Mitbewohner, die Viren?

Sie können doch nur von mir zu den Horntieren und dann zu den Menschen springen, wenn sie überleben wollen …

 

Der Schneemann

Es war endlich richtig Winter geworden. Schneeflocken rieselten vom Himmel herab und bedeckten den gefrorenen Boden, die Dächer und Autos mit einer dicken weißen Schicht.

Charly freute sich sehr. Er holte einen weißen Bettüberzug aus der Kommode, zog ihn über den Kopf und stopfte ihn mit alten Kissen voll.

Seinen fetten Kopf schminkte er komplett weiß, mit Ausnahme seiner gewaltigen roten Säufernase. Er wurde zum perfekten Schneemann!

So verkleidet stapfte Charly zu seinem Stammplatz und stand einfach nur regungslos da. Eine perfekte Maskerade.

Die Beamten der Drogenfahndung fanden aber beim Schneemann das, was sie suchten: Schnee der ganz besonderen Sorte.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.12.2020

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