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Surprise, surprise ...

 

 

Nein, ich bin nicht verrückt, auch wenn ich mich nach sogenannten 'menschlichen' Maßstäben etwas merkwürdig verhalten habe.

Wenn ich Mücken erschlage, weil sie mich nerven, wäre das in Ordnung. Wenn ich als Jäger Rehe und Hasen abknalle auch. Als Angler einen kapitalen Hecht an Land ziehe? Super! Wenn ich aber eine Frau umbringe, weil ich sie nicht leiden kann, dann lande ich im Knast, bei mehreren hintereinander in der Psychiatrie. Sind Tiere weniger wert als Menschen? Ach ja? Wieso? Was ist das für eine überhebliche Einstellung, die zudem der Evolutionstheorie widerspricht? Das Nützlichere, Bessere, Stärkere muss sich durchsetzen!

Irgendein Freak hat vor ein paar tausend Jahren mal postuliert, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei, aber schauen Sie sich doch mal um; Krone der Schöpfung, dass ich nicht lache!

Aber nun ist es einmal so. Es ist normalerweise verboten, Menschen zu töten, sagen Menschen, die Gesetze machen. Das ist akzeptabel. Das regelt irgendwie das Zusammenleben. Ich habe dagegen verstoßen, also will ich entsprechend verurteilt werden. Das Todesurteil gibt es leider nicht mehr, aber das Gefängnis. Das ist mein Los. Doch ich will nicht in die Klapsmühle, weil ich da nicht hingehöre, verstehen Sie?

Ja, zugegeben, ich habe Menschen umgebracht. Genauer gesagt Frauen. Wie viele? Keine Ahnung. Ich habe nicht mitgezählt. Wenn es in diesem Land noch unaufgeklärte Frauenmorde gibt, dann habe ich nichts dagegen, wenn sie mir angehängt werden. Ist völlig egal. Aber einfacher Totschlag oder Mord im Affekt – das geht nicht, das passt nicht zu mir, das glaubt kein Staatsanwalt, auch wenn er den Fall damit endlich vom Tisch hätte.

Meine Opfer habe ich nicht gezielt rausgesucht, eher zufällig erwählt, wenn man so will. Und wenn ich sie in meiner Gewalt hatte, habe ich sie gequält, langsam, ganz langsam zu Tode gebracht. Nicht, weil es mir ein perverses Vergnügen bereitet hätte, nein. Ich habe keine Frau je vergewaltigt, allein bei dem Gedanken daran wird mir übel. Diese ganze Erotik- oder Pornoscheiße kotzt mich an, wirklich! Ich kann auch nicht sagen, dass es projizierte Rache für irgendwas war, na ja, vielleicht doch irgendwie. Es ist aber ganz einfach so, dass ich Frauen hasse. Alle weiblichen Wesen, genauer betrachtet. Ich hatte mal Haustiere. Hunde und Katzen… nein, Rüden und Kater. Keine weiblichen Tiere. Die mag ich einfach nicht.

Wahrscheinlich denken Sie jetzt, dass ich nun mit der Nummer von der schweren Kindheit komme, umgekehrter Ödipus-Komplex oder ähnliche Scheiße. Und dass ich professionelle Hilfe brauche. Verflucht noch mal! Ich HATTE eine schwere Kindheit! Meine Mutter war die Pest! Sie hat meinen Vater vertrieben, hat sich die Birne mit Shit und Alkohol verblödet und nur an sich gedacht. Ich, ich, ich! So wie alle Frauen! Wenn Sie wissen wollen, wie Frauen ticken, dann schauen Sie sich doch nur die Magazine an, die sie lesen: Barbara, Bella, Brigitte, Elle, Grazia, Laura, Lisa, Petra, Tina … was weiß ich, wie viel von diesem Zeug es noch gibt. Kennen Sie Männerzeitungen, die Hans, Hubert, Kevin oder Vincent-Brutus heißen? Sehen Sie! Nein, nein, natürlich haben Sie recht, das ist nicht der Grund, Frauen gewaltsam ins Jenseits zu befördern. Das ist nur ein Grund von vielen. Ganz kurz gefasst ist es so: Ich. Mag. Keine. Frauen.

Doch es gab eine Ausnahme. Wir waren zu zweit der Willkür und der Gewalt einer Frau ausgesetzt, die unsere Mutter war. Ich und meine zwei Jahre ältere Schwester Linda. Und meine Schwester war immer das einzige weibliche Wesen, das ich geliebt habe. Oh Gott, wie habe ich sie geliebt! Sie hat immer zu mir gehalten. Sie hat mir geholfen, wo sie nur konnte, hat mich gegen die Willkür unserer Mutter versucht zu verteidigen, sie hat immer zu mir gestanden – bis das Jugendamt zu uns gekommen ist. Das hat uns unserer widerlichen, bösartigen Mutter weggenommen, hat uns von ihr befreit. Dafür bin ich Herrn Muketschnik dankbar bis heute.

Aber dann kam der nächste Horror. Eine Frau Müller hat ihn ausgelöst. Sie hat meine Schwester von mir getrennt, uns in verschiedenen Kinderheimen untergebracht, und ich habe Linda nie wieder gesehen. Als ich erwachsen war, habe ich sie verzweifelt gesucht. Aber ich stieß nur auf Mauern, auf Schweigen und höchstens auf bedauerndes Achselzucken. Die 'Müller-Frauen' waren immer gegen mich. Immer nur Frauen. Und irgendwann habe ich begonnen, meinen Hass auf dieses Geschlecht zu konzentrieren. Frauen mit Kindern, die unter ihnen zu leiden haben … Wie bitte? Nein, ich habe nicht beobachtet, ob die Blagen wirklich unter ihnen gelitten haben. Egal. Frauen halt. Egal, ob Mütter oder nicht. Ich denke einfach, Frauen sind das Übel der Welt. Und deshalb bringe ich sie um. Oder genauer gesagt brachte sie um. Jetzt kann ich das ja nicht mehr.

Ach ja, meine Schwester, die einzige Frau, die ich je geliebt habe. Ich habe sie gesucht wie ein Ertrinkender den Rettungsring, wie ein Verdurstender die Oase. Wie vom Erdboden verschwunden. Aber ich bin sicher, dass sie mich genauso sehnsüchtig gesucht hat, ich weiß das.

Meine Taten, meine Morde, ja ich spreche jetzt aus, was es war: brutale Morde. Dazu stehe ich, obwohl ich, wie vorhin gesagt, keinen wirklichen Unterschied zu Schlachthofbetreibern, Jagdgesellschaften oder Kammerjägern sehen kann. Der Mensch ist nur ein Teil der Schöpfung, nicht die verdammte Krone! Aber ich verstehe, dass die Gesetze der Menschen für Menschen gültig sind. Das akzeptiere ich, so, wie ich die Gesetze der Natur akzeptiere. Rabenvölker haben ihre Gesetze, Affenhorden, Löwenrudel, Haischwärme auch. Und ich will nach dem Gesetz der Gattung Mensch verurteilt werden, weil ich Menschen ermordet habe. Aber ich will keinesfalls, dass mir durch meine Kindheit Sonderrechte eingeräumt werden, Schuldunfähigkeit sogar, weil ich ein psychisch kranker Mensch sei. Ich gehe keinesfalls in eine geschlossene Anstalt, das schwöre ich! Ich bin nicht krank!

Es ist sowieso seltsam, dass es so lange gedauert hat, bis man mich gefasst hat. Man hat zwar DNA-Spuren von mir gefunden, vielleicht auch Fingerabdrücke, aber nichts davon konnte einer bekannten Person zugeordnet werden. Erst meine letzte, schrecklichste Tat ergab einen Treffer. Die Spuren hatten eine hohe genetische Übereinstimmung. Mein letztes Opfer war - Linda, meine Schwester.

Offensichtlich ist sie erst kürzlich aus den USA eingereist, vielleicht weil sie endlich etwas über mich herausgefunden hat. Sie hat sich wahrscheinlich mir genähert, und ich habe sie als Opfer auserwählt, sie … niedergeschlagen …, sie… Entschuldigen Sie bitte, geht gleich wieder. Also, ich habe das gleiche Prozedere wie immer durchgeführt, fesseln und knebeln - ich wollte mir nie das Geschrei und Geflenne anhören -, dann weiter im Programm.

Die DNA hat die Ermittler dann natürlich auf einen näheren Verwandten gebracht, wahrscheinlich hatte sie Unterlagen ihrer Nachforschungen bei sich, der Rest war einfach.

Das ist meine Geschichte, mein Schicksal, meine Nemesis. Ich habe, ohne es zu ahnen, meine geliebte Schwester ermordet, als sie gerade zu mir zurückkehren wollte. Ich werde dafür büssen. Aber vielleicht finde ich einen schnelleren Weg zu ihr …

 

 

 

Impressum

Texte: BRieser.26919
Bildmaterialien: Günther Gumhold/pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2019

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