Cover

Urheberrecht

 

 

Im und um das Internet herum tobt gerade ein erbitterter Streit um das Urheberrecht. Die Piraten fordern fast die komplette Abschaffung, obwohl sie ihr Logo rechtlich schützen lassen, andere sind für eine Verschärfung, fordern etwa Up-Load-Filter von Facebook, Youtube & Co, und wiederum andere haben null Ahnung, was Urheberrecht eigentlich sein soll.

Also: Was ist das Urheberrecht?

Da fängt es schon beim Begriff an. 'Recht' ist ziemlich klar, aber was ist ein Urheber? Das Deutsche Wörterbuch von 1996, © Isis Verlag AG, schreibt dazu wörtlich:

 

Urheber: der; -s; ~ weibl. Urheberin: die; ~ ; -nen Person, die etw. geschaffen, gegründet, hergestellt, veranlasst hat » Sie ist die Urheberin der Flugblätter.«

 

Hilft uns das weiter, zumal die Erklärung mit ihren Abkürzungen und Sonderzeichen mich doch sehr verwirren? ( der; -s; ~ weibl. die; ~ ; -nen …Wie bitte?)

Aber egal. Sie ist die Urheberin der Flugblätter. Gut. Aber hat sie auch das Urheberrecht an den Flugblättern? Wahrscheinlich. Doch mit ihren Flugblättern hat sie etwas veranlasst. Sie ist die Urheberin der Tumulte, die dadurch hervorgerufen wurden. Hat sie das Urheberrecht an den Tumulten? Der Bombenleger, hat er ein Urheberrecht an seinem oder auf sein Produkt, er hat es ja hergestellt? Vielleicht ist es wie bei den Patenten. Da gibt es auch Geheimpatente, also ein Patent auf etwas, das nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf. Waffenpatente z.B.

 

Zurück zum Urheberrecht.

Im Mittelalter kopierten Mönche fließbandmäßig Schriften und scherten sich einen Dreck um ein Urheberrecht. Auch nach der Erfindung Gutenbergs war noch keine Rede davon. Zum Glück, denn wie wäre es sonst zur Aufklärung gekommen? Zwar gab es den Vorwurf des Plagiats schon bei den Römern, und in der Renaissance wurden 'Privilegien' geschaffen, von denen auch Albrecht Dürer und seine Witwe profitierten, aber erst 1952 wurde in Genf das Welturheberrechtsabkommen beschlossen. Auch Fotos sind jetzt geschützt, obwohl die Fotografie noch nicht allzu lang als Kunstform anerkannt ist.

Jetzt gilt bei uns in Deutschland eben das mehrfach modifizierte Urheberrecht. Punkt. Auch wenn es manchmal seltsame Blüten treibt.

 

Beispiel 1, Dan Brown

 

Die Schriftsteller Lincoln, Baigent und Leigh, Autoren einiger sehr interessanter (pseudo?)-wissenschaftlicher Bücher, verklagten Dan Brown, weil er für seinen Roman The Da Vinci Code (verfilmt mit Tom Hanks) ganz offensichtlich ihr Buch Der Heilige Gral und seine Erben als Grundlage benutzt hat. Forderung: 15 Millionen! Verrückt? Es geht noch besser: Lewis Perdue hat Brown, bzw. die Verlagsgruppe Random House ebenfalls verklagt. Forderung: 150 Millionen! Aber beide Forderungen wurden vom Londoner High Court als unbegründet abgelehnt.

Baigent und Leigh hatten übrigens auch überlegt, Umberto Eco zu verklagen, da er in seinem Buch Il pendolo il Foucault (Das Foucault'sche Pendel) auf ihr Buch Bezug nimmt, aber sie hatten dann davon abgesehen, weil sie den Spott der Öffentlichkeit fürchteten. Im Übrigen hat Eco die Autoren namentlich erwähnt, Brown nicht.

 

Beispiel 2, Martina Schwarzmann

 

Die Plattenfirma der Kabarettistin erhebt "urheberrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche" gegen eine Lenggrieser Modefirma, die Klamotten mit bayerischen Sprüchen vertreibt. Auf einem T-Shirt steht: " Mia langts, dass i kannt, wenn i woin dad."

Dieser Satz sei aus einem Lied von Martina Schwarzmann geklaut.

Aber der Spruch ist in Bayern schon lange bekannt und in einer Liste unter dem Titel "Bayern in 100 Sprüchen" als "bayerische Lebensweisheit" aufgeführt. Auch die österreichische Band Folkshilfe hat diesen Satz schon lange vor der Kabarettistin verwendet.

Eigentlich mag ich die Schwarzmann ganz gern, aber damit hat sie bei mir verschi… verscherzt.

 

Beispiel 3, Kraftwerk

 

Es geht noch schräger. Die Elektropop-Gruppe Kraftwerk hat 1977 ein Stück mit dem Titel "Metall auf Metall" veröffentlicht und verklagte zwanzig Jahre später den Produzenten der Sängerin Sabrina Setlur, weil sie einen Zwei-Sekunden-Schnipsel! daraus in einem Schlager verwendet hatte. Das OLG urteilte, dass das Album nicht verkauft werden dürfe, wogegen wiederum der Produzent Moses Pelham klagte.

OLG> BGH> wieder OLG> wieder BGH, von dort zum Bundesverfassungsgericht. Nach 17 Jahren bekommt Pelham endlich Recht. Vorläufig, denn der Streit um das Sampeln und Remixen von Musikteilen geht schon seit bald 30 Jahren. Hätte Pelham den Zwei-Sekunden-Schnipsel nicht sampeln sondern nachklappern lassen, wäre eine Klage gleich abgeschmettert worden. Der Vaterlandsliedersänger Heino hat ja schließlich auch auf Rocker umgesattelt und bekannte Pop-, Hip-Hop- und Rocklieder gecovert.

Wer den Kraftwerkstreit nachlesen will, hier ist der Link dazu:

 

https://www.welt.de/kultur/pop/article155844575/Wie-das-Verfassungsgericht-Popgeschichte-schreibt.html

 

Um Himmels Willen! Ich habe die Adresse kopiert! Verklagt mich jetzt Welt?

Verletzung des Copyrights? Apropos Copyright.

Lieber Herr K.-T. M. N. J. P. F. J. S. Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg! Hätten Sie (und andere bekannt gewordenen Plagiator*innen) bei Ihrer Doktorarbeit nicht einfach kopiert, sondern etwas umformuliert, dann wäre es vielleicht gar nicht aufgefallen. Nix Copy & Paste! Außerdem war es früher üblich, alle verwendeten oder auch nur angelesenen Schriften im Anhang aufzuführen. Unter Doktoranten galt: je mehr, desto besser!

Aber das Copyright © gibt es in Deutschland ja gar nicht. Das Urheberrecht ist viel komplizierter. Fragen über Fragen tun sich auf.

Ist ein Tattoo geschützt? Darf sich der Tätowierte fotografieren lassen und das Tattoo so verbreiten? Kann man sich seinen Bierbauch schützen lassen? Blöde Sprüche aus dem Internet einfach übernehmen? Den Graffiti-Kopierer wegen Sachbeschädigung verklagen oder wegen Urheberrechtsverletzung?

Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, angesichts der neuen Medien und Techniken das monströse Gesetzeswerk zu überarbeiten, sonst geht der Schutz der wirklich zu schützenden Werke den Bach runter.

 

*****

 

 

 

 

 

 

UHR und © Text und  die 5 Sterne mittig darunter:

BRieser.6319

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.03.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /