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Einfach ein Schmarrn

 

 

 

Staatliche Kulturförderung ist ein Thema, das vermeintlich ganz einfach zu behandeln ist. Der Staat fördert die Kultur, und man kann sich trefflich streiten, ob das nötig ist oder nicht und wenn ja, mit wie viel Steuerzahlergeld.

Aber so einfach ist das – für mich – nicht. Es geht eigentlich schon los, um was für einen Staat es sich denn handelt. Um eine Wischiwaschi-Demokratie wie die Türkei, um eine klassische Diktatur wie Saudi-Arabien, um eine Terrorbande wie der Islamische Staat oder gar um den Freistaat Bayern? Egal, denn jeder wird seine Kultur für die beste halten und sie fördern, wie es beliebt.

Dass Bayern jetzt gerade in der Liste der Unstaaten auftaucht, war nicht beabsichtigt, auch weil die Preußen, (das sind alle Nicht-Bayern incl. Franken, bayerische Schwaben und Pfälzer), bayerische Kultur mit Trachtlern, Blasmusik, Oktoberfest, Kini Ludwig II, Jodlerdiplom und verhaltensauffälligen Politikern verbinden. Weniger mit Laptops.

Jeder versteht unter Kultur halt etwas anderes. Wenn wir Wikipedia bemühen, macht uns das nicht wirklich schlauer:

Kultur, im weitesten Sinne alles vom Menschen Geschaffenes und Gestaltetes.

Also auch Fichtenmonokulturen, Bakterienkulturen, Diskussionskultur, Bauhaus, Wattestäbchen und SUVs.

In Deutschland besteht Kulturhoheit der Länder. Das Grundgesetz hält sich da einfach raus. In der bayerischen Verfassung steht im Artikel 10, 4:

Das (…) kulturelle Eigenleben im Bereich der Gemeindeverbände ist vor Verödung zu schützen. Ich meine, statt Verödung sollte da manchmal besser Verblödung stehen!

In NRW steht im Gesetz:

Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu fördern.

Das sind also offenbar drei völlig verschiedene Bereiche, der Gesetzgeber wird es ja wissen. Und das ist gut für mich, denn nun muss ich nicht über 'Kunst am Bau' nachdenken, was in der LH München durch die Organisation 'Quivid Kunst' (was immer das heißen mag…) bewerkstelligt wird. Ich muss mich nicht fragen, wie die Wettbewerbsabwicklung erfolgt, wer welche Künstler warum auswählt, klar ist nur, dass die Projektfinanzierung bis zu 2% der Bausumme betragen kann. 'Du muast oan kenna / der wos oan kennt / sonst konst nix wearn / im Amigo-Land …'

 

Ich muss auch nicht nachdenken, was der Nippel, der sich in der Regensburger Innenstadt aus dem Pflaster wölbt, mir sagen will und auch nicht, was wohl der Künstler Dumitru Oboroc gesagt hat, als man den Nippel knallrot angestrichen hat, damit nicht ständig die Fußgänger darüber stolpern. Auch brauche ich mir keine Gedanken über Wissenschaftsförderung zu machen, denn das ist ja anscheinend nicht Teil der Kultur in NRW. Und böse Zungen behaupten ja auch, dass das nur den Kapitalisten nützt, was natürlich Blödsinn ist.

Und wenn ich mir Kunstprojekte in anderen Ländern anschaue, zum Beispiel in Berlin, das arm, aber sexy sein soll, dann brauche ich mich jetzt und heute auch nicht zu fragen, ob die wirklich drei Opern samt exorbitant bezahlter Intendanten brauchen, finanziert von Leuten, die nie da rein wollen. "Musik von Toten für Alte", hat mal ein Lästermaul gesagt.

Nein, über all das muss ich jetzt nicht nachdenken, denn es geht um Kultur und nicht um Kunst. Und das ist der Knackpunkt.

Der Staat ist Teil der Kultur. Es ist bezeichnend für menschliche Kulturen, dass Menschen Staaten bilden, in welcher Form auch immer, ob freiwillig oder unter Zwang. Und wenn Staaten Kulturförderung betreiben, dann fördern sie sich doch selbst, oder?

"Das macht keinen Sinn, das lehne ich ab", würde der Schweizer Kabarettist Michael Elsener sagen. Recht hat er.

Und deshalb ist der Begriff 'Staatliche Kulturförderung' auch kein Skandal sondern einfach ein Schmarrn.

Ach ja, eines noch. Wenn oft Kunst als Synonym für Kultur oder umgekehrt verwendet wird, kann ich nur der Definition von Kunst durch Amrose Bierce in seinem 'Wörterbuch des Teufels' folgen:

Kunst, die: Für dieses Wort gibt es keine Definition.

Und das Wort Kultur führt er in seinem Wörterbuch gar nicht erst auf.

 

Nix für ungut!

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 26.10.2018

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