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Bildungszentrum Kloster Banz



Unsere Mitarbeiter heißen Sie herzlich willkommen!

(Wir bitten Sie, die personlized Stickers zwecks Foundierung der Corporate Identity stets face-to-face zu tragen)


Programm der Hans Seidel Stiftung für den heutigen 01.04.2011


18.00 c.t. Meeting together
19.00 s.t. Upwarming-Vortrag: Ravi Schanker, Weltphilosoph


Thema: 'Mein freier Wille' oder: 'Ich .. die Marionette meines Unterbewusstseins.'



19.30 kurze Pause mit Wellcome-Drinks, natürlich full biological!


"Hallo, ist neben Ihnen noch Platz, ja? Danke schön. Hmm. Bin schon gespannt, was uns hier erwartet. Ravi Schanker – klingt irgendwie indisch, exotisch, interessant, finden Sie nicht? Kennen Sie den?"
"Nein, nicht wirklich. Ich glaube das ist so ein ehemaliger Musiker, der schon mit den Beatles zusammengearbeitet hat; ist aber schon 'ne Weile her. Hat so eine Musik gemacht, wie Gamelan

in Bali. Das ist eine Musik, wo ein Ton hier ist, der andere da, der dritte dort, und die Töne versuchen sich zu finden, aber es gelingt ihnen nie, verstehen Sie?"
"Äh, nein, aber Sie sagten ehemaliger

Musiker?"
"Ja, und das ist auch besser so. Hoffentlich … Ah! Wenigstens ist er pünktlich, exakt 19.00 s.t. Hören wir mal, was er uns zu sagen hat!"


"Hallo und herzlich willkommen, meine Damen und Herren!

Ich bin entzückt, dass sie hier in dieser wunderschönen, zu dieser wunderbaren, an diesem wundersamen … Aber ich will Sie nicht langweilen.
Ich will Ihnen lieber eine Geschichte erzählen, eine einfache Geschichte. Sind Sie bereit dazu? Ja? Aber wissen Sie auch, was Sie dazu brauchen? Das ist nicht so wie auf diesen grellen Geräten, die Sie so lieben, wo Ihnen alles vorgekaut wird, wo Sie zwar Augen und Ohren brauchen, um zu sehen und zu hören, aber sonst nichts. Nicht das Gehirn. Und auch nicht so wie bei den Spielen, die Sie so gern spielen, die mit dem kleinem Stift, den Sie nur hin und her bewegen, und mit den Knöpfen, auf die Sie drücken, und dann fallen die Bösen um, ohne dass es jemand weh tut. Nein, für eine richtige Geschichte brauchen Sie mehr – egal, ob ich sie Ihnen erzähle, oder ob Sie sie in meinen zahlreichen Büchern lesen. Also: Was braucht man, um eine Geschichte wirklich zu 'hören'?
Genau! Man braucht Phantasie! Und Phantasie ist besser, als alles, was Ihnen sonst vorgekaut wird, denn sie kommt aus Ihnen selbst!
Haben Sie Phantasie? Ja? Dann lauschen Sie meiner Geschichte und lassen Sie Ihre Phantasie spielen."

Es

war einmal ein weiser Mann, der hieß Thalisuah, und er lebte zwischen den zwei Strömen, wo es immer warm war und bunt und friedlich und schön. Nicht so kalt und grau, wie bei euch. Er hatte viele, viele Bücher gelesen, die des Volkes, das sich selbst als das 'Auserwählte' bezeichnet, die Bücher der Anhänger des Propheten, den sie ans Kreuz genagelt haben und natürlich auch die Bücher des wahren, des einzigen Propheten.
Und der weise Mann war unschlüssig, wer Recht hatte. Danach las er auch noch die Bücher der Griechen, die einst die gesamte Welt beherrscht hatten, und dann beschloss er schließlich, sich nach keinem Buch, nach keiner Religion und nach keiner Vorschrift mehr zu richten. Er hatte erkannt, dass alle wichtigen Bücher, Vorschriften und Religionen in ihm selbst waren. Sein eigener Wille sollte künftig die einzige Richtschnur seines Handelns werden.
Eines Tages hörte er von einem weiteren weisen Buch, das alle Klugheit der ganzen Welt enthielte und das von einem Händler in der großen Stadt zum Verkauf angeboten würde.
"Das will und das werde ich besitzen! Das ist mein fester Wille!", schrie er in die Dunkelheit seines Gartens hinein und machte sich am nächsten Morgen sofort auf den Weg, obwohl er doch eigentlich kein Buch mehr lesen wollte.
Er warf das Gepäck auf sein Pferd und trieb es auf den weiten Weg durch die heiße Wüste in Richtung der großen Stadt. Und er wollte schnell sein, bevor Konkurrenten das Buch kaufen würden. Er trieb sein Pferd zu Höchstleistungen an, quälte es mit der Reitpeitsche, knallte ihm die Hacken in die Flanken, und das Tier rannte und rannte, bis es in der höchsten Mittagshitze tot zusammenbrach.
"Ich will, dass du läufst, du verdammte Mähre", schrie Thalisuah und schlug auf den Kadaver ein, während ihm der Schweiß aus allen Poren schoss.
Ein Kamelzug kam schließlich entgegen, und der Karawanenführer blickte verwundert auf das seltsame Schauspiel.
"Willst du das Tier zum Leben peitschen?", fragte er schließlich.
"Wenn es gehen würde, ja.", antwortete der Weise. "Aber der Zosse hat seinen eigenen Willen!"
"Da irrt Ihr Euch, Herr! Das Tier hatte keinen festen eigenen Willen. Ihr habt ihm Euren Willen aufgezwängt." Missmutig starrte der Weise in die Ferne und fragte schließlich:
"Wie komme ich jetzt in die Stadt?"
"Ihr könnt mir den Esel abkaufen", antwortete der Karawanenführer, "für zwanzig Goldstücke."
"Das will ich wirklich nicht", sagte der Weise empört. "Mein freier Wille führt mich auch so in die Stadt!"
Der Karawanenführer wartete grinsend ab, schob dann die 20 Goldstücke ein und beobachtete den Weisen, wie der auf seinem neu gekauften Esel in Richtung Stadt ritt.
Der Wasserschlauch war fast leer, als Thalisuah ein dringendes Bedürfnis verspürte.
"Ich will das nicht, ich will weiter, ich habe einen freien Willen, ich will, ich will nicht …" quäkte der Weise, mit der Folge, dass er seinen Kaftan vollpisste. Er biss die Zähne zusammen und ritt weiter. Doch plötzlich wurde der Esel langsamer und blieb schließlich stehen. Thalisuah tobte wie ein Dschinn auf seinem Rücken herum, hieb ihm die Hacken in die Seiten, aber es nutzte nichts. Der Esel ging keinen Schritt weiter und schnaubte nur unwillig.
"Du blöder Esel!", schrie Thalisuah "Mein Pferd ist wenigstens gerannt, bis es tot war!"
"Da siehst du mal, wer da dumm ist", sagte eine Alte, die plötzlich des Weges kam und zahnlos lachte. "Der Esel hat seinen eigenen freien Willen. Der nützt ihm zwar nichts, wenn du ihn zu Tode prügelst, weil er dann ebenso tot ist wie dein Pferd, aber er quält sich wenigstens vorher nicht so blöd. Und dir nützt sein Tod gar nichts!"
Zähneknirschend stieg Thalisuah von dem bockigen Reittier, funkelte die Alte böse an und fragte dann: "Wie weit ist es bis zur Stadt?"
"Das musst du schon selbst herausfinden, du dummer Tor!", antwortete die Alte und ging ihres Weges. Ein unbändiger Zorn erfasste Thalisuah. Er ergriff seine Reitpeitsche, drehte sie um, sodass der silberne Knauf als Schlagwaffe dienen konnte und rannte der Alten nach, um ihr den Schädel einzuschlagen. Doch plötzlich hielt er inne. "Es ist mein freier Wille, die Hexe zu erschlagen, aber es ist auch mein freier Wille, nicht am Galgen zu enden. Verdammt, was mach ich nun?"
Wütend schleuderte er die Peitsche Richtung Esel, der hämisch iiihaaaahiiiihaaah brüllte und das Weite suchte.
Bald erkannte Thalisuah, dass die Stadt nicht mehr weit war. Die Zinnen leuchteten im Abendrot, als er schließlich durchs Stadttor trat. Er dankte Allah, Jehova und Gott und allen anderen Göttern die ihm so einfielen und fragte sich nach dem Laden des Buchhändlers durch. Bald hatte er das Geschäft gefunden.
Der Händler betrachtete ihn lange und wollte endlich wissen, warum er dieses Buch haben wolle.
"Weil ich es haben will, verdammt noch mal! Es ist mein Wille, es zu besitzen, mein freier Wille!", plärrte der Weise genervt, "und jetzt nenn mir deinen Preis und fertig!"
"Dein freier Wille?", sagte der Händler und schüttelte den Kopf. "Was hätte dir dein freier Wille gesagt, wenn du nie von diesem Buch erfahren hättest?
Dagegen sagt mir mein freier Wille, dass ich dir das Buch nicht verkaufen werde."
Thalisuah stand vor Zorn wie versteinert. Schließlich wandte er sich um und verließ grußlos den Laden. Doch sein freier Wille war ein widerborstiger, eherner. Er wollte das Buch, egal wie.
Als die Dunkelheit hereingebrochen war und der Händler seinen Laden versperrt hatte, bestieg der Weise einen Feigenbaum hinter dem Haus und versuchte von dort auf den Balkon zu gelangen, um das Buch aus dem Laden stehlen zu können. Doch der Ast brach, und der Weise landete unsanft auf seinem Hintern. Nachbarn, durch die seltsamen Geräusche aufgeschreckt, rannten aus ihren Häusern, hielten ihn fest und übergaben ihm dem Kadi.
Dieser hörte die Geschichte an, die der Weise ohne Beschönigungen, aber mit den ganzen Gedanken und Erklärungen zu seiner Vorstellung des freien Willens von sich gab, und dann sagte er:
"Weiser Mann, wie oft hast du auf deiner Reise erlebt, dass es nichts Falscheres, nichts Dümmeres gibt, als die These vom freien Willen? Du hast mit dieser Prämisse gegen jede Logik dein Pferd zu Tode getrieben, dein freier Wille scheiterte am freien Willen deines Esels, er scheiterte an dir selbst oder den dir eingefleischten Regeln unserer Gesellschaft, als du die alte Frau erschlagen wolltest, er scheiterte an deinem eigenen Körper, der sich seiner Notdurft entgegen deines freien Willens entledigte, er scheiterte am 'Nein' des Händlers und an der mangelhaften Standfestigkeit des Feigenbaums. Deine These des freien Willens scheiterte an allen Ecken und Enden. Und du solltest für deine Dummheit büßen." Der Kadi machte eine lange Pause, während dem Weisen das Herz in seinen Kaftan rutschte. Endlich sprach der Richter weiter: "Aber mein eigener Wille sagt mir jetzt: Lass diesen Narren gehen! Er möge hoffentlich etwas gelernt haben.
Mariam, führe diesen 'Weisen' hinaus!"
Thalisuah hatte nicht gehofft und nicht gewollt, Gnade zu finden, denn er war sich sicher, dass er im Recht war und wollte noch aufbegehren, als ihn Mariam, die Tochter des Kadis, am Arm nahm und ihm tief in die Augen schaute. Und da war es um den Weisen geschehen. Ohne Widerstand ging er mit nach draußen. Er vergaß alles, was er verkörpert hatte, er vergaß alle Vorsätze, alle Philosophien, alle Einwände, alle Besserwisserei. Er war plötzlich verliebt.
Und letztendlich siegte die Liebe über alle Philosophie, Psychologie und über den freien Willen sowieso.

So

,

das war sie, meine Geschichte. War sie gut? Haben Sie erkannt, dass sie vor tausend und tausend Jahren gespielt hat, oder vor hundert und hundert Jahren, oder gestern oder übermorgen? Haben Sie die Wüste gespürt, den Durst? Haben Sie Mitleid gehabt oder wenigstens Verständnis, oder haben Sie über den dummen Weisen den Kopf geschüttelt? Wenn ja, dann habe ich sie gut erzählt.
Wenn nein, dann denken Sie sich doch, verflixt noch mal, selbst eine bessere aus. Sie haben das Zeug dazu: Ihre Phantasie!"


Die Kongressbesucher erhoben sich und klatschten begeistert Beifall.
Nur Josef Gneraw nicht. Er blickte seine Nachbarin zur Rechten, die auch sitzen geblieben war an und sagte halblaut:
"Und, was halten Sie denn davon?"
"Nun ja", antwortete die Blonde, "Ich sag mal so: allgemeine Pseudophilosophien, Blahblah, Geschwafel, wie ich es in diversen anderen Symposien schon erlebt habe. Egal ob bei Paulo Coelho

, beim Dalai Lama

, bei den Scientologen

, oder, ganz schlimm, bei Pater Anselm Grün

. Aber mit seiner Aussage hat er schon Recht. Der freie Wille ist doch ein perfides Konstrukt der Theologen, die damit erklären, warum Gott soviel Boshaftigkeit auf der Welt zulässt. Ja geht’s noch? Gott gibt uns einen eigenen Willen, um uns dann mit höllischen Qualen zu überziehen, wenn wir uns darauf berufen wollen.
'Ja, ja, du blöder Mensch, natürlich darfst du sündigen,ICH habe dir schließlich einen freien Willen gegeben, aber wehe, wenn du es wirklich tust. In der Hölle wirst du schmoren!'

Und dann noch der schmalzige Schluss von der Liebe, die alle Logik überwindet. Würg! Aber egal. Meine Firma glaubt, dass ihre Mitarbeiter von diesen Plattheiten profitieren, und ich habe nichts dagegen. Zwei Tage frei, das Hotel ist okay und die Bar absolut Spitze. Haben Sie Lust, mich dahin zu begleiten?"

"Ist der Papst katholisch?", fragte Josef Gneraw zurück und lachte. "Und mein freier Wille und die Marionette meines Unterbewusstseins sagen mir, dass jetzt ein 15-jähriger Single Malt oder ein gut gezapftes Pils das Richtige wären."
"Darauf sind Sie aber erst gekommen, als ich Ihnen von der Bar erzählt habe, freier Wille hin oder her, nicht?", grinste die Blonde.
"Da haben Sie wohl Recht. Über Philosophie kann man nicht genug streiten. Gehen wir!"



©Garlin81010


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Tag der Veröffentlichung: 10.10.2010

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