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"Und die Sonne ward finster wie ein schwarzer Sack,
und der Mond ward wie Blut,
und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde..."


Offenbarung 6.12,13




Wann sich die Zweifel in seinem Gehirn eingenistet hatten, wusste Fynn K131154/47A nicht mehr. Er war 25 Jahre alt, sah ziemlich gut aus mit seinen roten Haaren und der weißen, sommersprossigen Haut und hatte eine steile Karriere vor sich. Der Buchstabe K seines Namens bezeichnete seine Clanzugehörigkeit, die fünfstellige Zahl war seine Identitätsnummer und 47 wies ihn als Angehörigen der Kontroll- und Wartungstruppen aus mit Zusatzberechtigung A. Bald würde er zu B befördert werden, dann konnte er heiraten und aus der Gemeinschaftsunterkunft mit seiner Frau in ein eigenes Zimmer ziehen. Schöne Aussichten, wenn da nicht diese Zweifel gewesen wären.
Er hätte sich sofort seinem Betreuer anvertrauen müssen, aber er tat es nicht. Sie wurden täglich gedrillt, nicht nachzudenken, außer darüber, wie man der Gemeinschaft besser dienen konnte. Überleben war ihre wichtigste Aufgabe. Überleben, um den Fortbestand der menschlichen Rasse zu sichern. Eine so kleine Gemeinschaft von gerade mal 20.000 Individuen in dem beengten Raum der Hemisphäre konnte nur durch strengste Regeln dauerhaft funktionieren. Nörgler, Spötter, Querulanten, Selbstdenker, Zweifler konnten, nein würden den endgültigen Untergang der Menschheit bewirken. Deshalb wurden alle Inhabitanten täglich zum 'Gebet

' gerufen. Es war nicht zu umgehen. Überall montierte Lautsprecher und Kameras sorgten dafür, dass keiner vergaß, was seine Aufgabe war: zu Überleben und der Großen Aufgabe

zu dienen. Die Strafen für Abweichler waren hart, aber gerecht. Waren nicht die Spötter und Lästermäuler schuld daran gewesen, dass nur so Wenige den Weltuntergang überlebt hatten? Was hatten sie gelacht und gespottet, als der 21. 12. 2012 folgenlos verstrichen war, der Tag, den die Maya als den letzten dieser Erde berechnet hatten. Ein simpler, idiotischer Rechenfehler im 19. Jahrhundert war schuld daran gewesen. Das, wie das Hexeneinmaleins, auf dem Neunersystem basierende Rechensystem der Maya durfte nur auf den Haab-Kalender

angewandt werden und nicht auf den Tzolkin-Kalender

, den die Maya gleichzeitig benutzten.
Nur einer hatte den Fehler bemerkt: der Große Rechner

Harp Smithwick. Er war es, der durch seine charismatische Persönlichkeit die führende Elite seines kleinen Landes dazu gebracht hatte, das neu errechnete Datum 11. September 2019 ernst zu nehmen und die notwendigen gigantischen Mittel für ein einziges Projekt locker zu machen. Mehr aber nicht. Und so wurden statt der weltweit geplanten 25.000 Hemisphären nur eine rechtzeitig fertig gestellt: HEMISPHERE ÉIRE WEST

. Sie entstand im fast menschenleeren Hochmoor im County Maigh Eo

, etwa im Schnittpunkt der Linien zwischen Ros–Dunhach

, Kilgalligan

und ´Beal an Átha

. So lehrte es die Geschichte.
Als die Zeit des Armageddon gekommen war, eilten ihrer aller Urväter und -mütter in die gigantische Halbkugel, versiegelten sie und ergaben sich in ihr Schicksal. Nur Harp Smithwick, der Große Rechner

, hatte es nicht geschafft. Der erste Märtyrer des Restes der Menschheit.


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Der Feuerschweif des Kometen umhüllte am 11. September 2019 den Planeten, brachte die Meere zum Kochen, die Lebewesen zum Platzen und die Luft zum Glühen. Nach zwei Tagen war es vorbei – die Erde war nur noch ein leblos im All taumelnder Gesteinsbrocken, umwabernd von tödlichen Gasen.
HEMISPHERE ÉIRE WEST

hatte standgehalten. Und in ihr 20.000 Menschen. Und sie hielten immer noch stand – jetzt schon in der 4. Generation. Und das nur, so wussten alle und bekamen es täglich immer wieder aufs Neue eingebläut, durch äußerste Disziplin, die strenge Beschränkung auf zwei Kinder pro Paar und bedingungslose Liebe zum Großen Rat

, der ihrer aller Geschicke leitete. So lehrte es die Geschichte.
Die Außensensoren meldeten auch der 4. Generation nur giftige Gase, und die Menschen wussten nicht, ob sie jemals wieder ihre Hemisphäre würden verlassen können. Den meisten war es auch egal geworden. Umso wichtiger war es, den Zustand der fast 5 Kubikkilometer umfassenden Stahlbetonhülle ständig zu kontrollieren. Das kleinste Leck würde das Ende bedeuten. Deswegen genossen auch die Mitglieder der Kontroll- und Wartungstruppe 47 höchstes Ansehen im Volk.


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Am Ende seiner Donnerstagsschicht kontrollierte Fynn K131154/47A wie immer die Außenmauern der Großen Versorgerin

.
Die Große Versorgerin

war eine gewaltige Fabrik, die vollautomatisch alles herstellte, was das Volk zum Leben brauchte. Täglich öffnete sich ein Tor zu einer Halle, die alle Produkte freigab und ein zweites, kleineres, durch das alle Abfälle gebracht werden mussten, auch die Toten. In der 4. Generation betrachteten die Kinder ihre Erzeuger nicht anders, als alle anderen Mitglieder des Volkes. Sie waren betrübt wegen jedem, der starb, wussten aber, dass dieser nach der Verarbeitung durch die Große Versorgerin

als Proteinnachschub wieder zum Überleben der Gemeinschaft beitragen würde. Genau wie die Fäkalien, die Abluft, die Abwässer. Negative Emotionen waren unangebracht. Der Große Rechner

hatte diese Fabrik meisterlich geplant. Die Hemisphäre war ein perfektes, geschlossenes System.
Ausgerechnet bei der Großen Versorgerin

, dieser für das Leben so fundamentalen Einrichtung, kamen Fynn K131154/47A die ersten Zweifel. Er hatte als Wartungsmechaniker ständig mit Problemen zu kämpfen. Morsche Betonstellen, rostende Stützkonstruktionen, klemmende Luftverteiler – nicht umsonst hatte seine Truppe den Wahlspruch: 'Ich schraube, also bin ich!'

, und diese wunderbare Große Versorgerin

sollte seit 4 Generationen klaglos und ohne jede Reparatur und Wartung funktionieren? Oder der Atommeiler, der angeblich die Energieversorgung sicherstellte? Keine Wartung nötig? Aber diese Gedanken waren nahezu blasphemisch, und Fynn schob sie schnell beiseite. "Verzeih mir, Großer Rechner

", murmelte er und bekreuzigte sich.
An diesem Donnerstag wollte er seinen Rundgang schon beenden und seiner Kollegin Li folgen, die bereits zum E-Car zurückgegangen war, als ihm etwas auffiel. In einer versteckten Ecke der verwinkelten Außenwand des Gebäudes sah er verborgen hinter einem Luftschacht etwas blitzen. Er trat näher, ging in die Knie und tastete nach dem Spalt, durch den ein Lichtstrahl kroch. Verdammt, ein Leck! Instinktiv wollte er nach seiner Blitzzementpistole greifen, zögerte aber. Bilder von an Giftgas sterbenden Menschen, von qualvoll verzerrten Gesichtern, von durch die Haut platzenden Arterien, wie er sie vom Staatsunterricht kannte, gingen ihm durch den Kopf, als er noch näher zu Boden ging, die Wange auf den Asphalt legte und durch den Spalt linste. Ungläubig ruckte er hoch, blinzelte und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Konnte er seinen Augen trauen? Pfeifend sogen seine Lungen Luft ein. Er spähte wieder durch den Spalt. Was er sah, brachte sein Weltbild völlig ins Wanken.
Er sah Fahrzeuge, die er nur aus alten Bilddateien kannte, Maschinen, die genau die Dinge abluden, welche das Volk zum täglichen Leben von der Großen Versorgerin

erhielt und dazwischen: Menschen! Es konnte nicht sein. Er zweifelte an seinem Verstand. Keine Maschine, die vollautomatisch aus Scheiße Hüttenkäse produzierte, aus Leichen Proteinpillen, nein, richtige Menschen!
"Fynn?" Der suchende Ruf seiner Kollegin riss ihn hoch. Er drückte die Blitzzementpistole an den Spalt und drückte ab.
"Ja Li, alles okay, hier war noch ein kleiner Riss. Alles erledigt. Feierabend!"


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Aber nichts war erledigt. Nach jedem Schichtschluss zog es ihn zu dem Spalt. Als Angehöriger des 47ers kannte er natürlich die wechselnden Standorte der Kameras und konnte ihnen ausweichen. Seine Reparaturstelle war stahlhart, aber der Beton um sie herum bröslig wie wochenaltes Weißbrot. Täglich vergrößerte er vorsichtig die Öffnung und beobachtete den Rhythmus der Arbeiten in der Großen Versorgerin

, die An- und Abfahrten der Fahrzeuge, die Abladeprozeduren, einfach alles und speicherte es in seinem Gehirn.
Am 11. September, als alle Inhabitanten den Tag der Großen Trauer

begingen, konnte er sich durch die Öffnung zwängen. Auf dem Bauch kroch er zu einem dieser Fahrzeuge, die Lorries hießen, wie er in den Geschichtsdateien gefunden hatte, und quetschte sich über die Hinterachse. Niemand bemerkte ihn, als der Lastwagen die Hemisphäre verließ.
Als seine Muskeln nicht mehr mitspielten, nutzte er einen kurzen Stop, ließ sich auf die Teerstrasse fallen, rollte links weg und verschwand im Unterholz eines kleinen Wäldchens.
Wald! Farne! Gras! Frische, köstliche Luft! Fynn wollte vor Freude explodieren. Die alten Dateien hatten die verlorene Erde genau so dargestellt und er hatte es nicht glauben wollen. So sah die Welt draußen also aus. Kein toter, glühender Steinhaufen mit giftigen Gasen, und was da vom Himmel fiel, war keine Säure, sondern echter Regen. Gierig leckte er die Lippen und kreischte vor Vergnügen. Durch den mannshohen Farn stapfte er auf eine quietschende Hochmoorebene hinaus und sah zurück. Dort, am Horizont ragte die gigantische Kuppel von HEMISPHERE ÉIRE WEST

in den Himmel, grau, düster, bedrohlich. Nie wieder, dachte Fynn, nie wieder!
Der Regen hatte unvermittelt aufgehört und ein grelles Etwas schickte warme Strahlen auf ihn herunter. Er wusste: Das war die richtige Sonne, nicht dieser monströse Strahler am Scheitelpunkt der Hemisphäre, der 12 Stunden lang brannte, Tag für Tag unverändert. Alle Sinne Fynns waren überlastet. Er wusste nicht, was er fühlen, denken, träumen sollte. Er spürte keinen Hass auf den verlogenen Großen Rat

, er hatte keine Fragen, keine Vergangenheit mehr, keine Zukunft. Er genoss nur das Jetzt. Und die Ruhe. Es war unglaublich still. In der Hemisphäre war es nie still gewesen. Stille – welch köstliches Gut!
Doch was war das? Fynn schaute verunsichert umher. Ein platterndes Geräusch wurde immer lauter, näherte sich schnell und als er es erfasste, erkannte Fynn nur noch einen Blitz, ein mörderischer Schmerz fuhr in seine Schulter und er fiel um wie ein Stock.


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Glatt, weiß, niedrig, eng.
Als Fynn K131154/47A wieder zu sich kam, saß das Grauen tief in seinen Knochen. Er hatte es verdient. Er hatte das Volk, den Großen Rechner

und den Großen Rat

verraten. Das hier war seine Strafe. Die Hölle.
Der Würfel war so niedrig, dass Fynn nicht stehen konnte. Er wäre auch nicht dazu in der Lage gewesen. Fünf weiße, glatte Flächen und eine schwarze Glasfront. Von dort ertönte auch plötzlich eine kalte Stimme, die ihn bis ins Mark erzittern ließ.

"Na, endlich aufgewacht? Wer weiß noch von dem Leck, Fynn K131154/47A?"
Die Stimme wartete. Fynns Gedanken rasten. War das die Stimme des Großen Rechners

? Lag er vor dem Jüngsten Gericht? Nein – seine Erinnerungen kamen zurück. Es war alles Lüge und Betrug! Mit unvorstellbarer Kraft platzte seine Wut aus ihm heraus. Sein Speichel benetzte die Glasscheibe, seine Fäuste und Füße trommelten an die Wände des Kerkers, seine Wut, sein Hass, seine Angst, sein Entsetzen schienen kein Ende finden zu wollen. Doch schließlich blieb er erschöpft am Boden liegen.
"Schöne Vorstellung", sagte die Stimme sarkastisch. Aber ich will wissen, ob noch jemand von dem Leck weiß."
"Nein." Fynn war zu erschöpft, um sich weiter zu wehren. "Niemand."
"Das ist gut. Das ist sehr gut.", sagte die Stimme. "Und weißt du, wir können deine Wut sehr gut verstehen. Aber wir haben leider keine andere Wahl, nimm' es nicht persönlich, aber um die Menschheit zu retten, müssen wir dich leider liquidieren."
"Die Menschheit retten? Das habe ich doch schon irgendwo mal gehört! Ich verstehe das alles nicht, will es auch nicht verstehen. Also los, tötet mich, ihr feigen Schweine!"
"Du wirst nichts spüren, das Gas wirkt sehr schnell", antwortete die Stimme, und jetzt klang sie sogar wirklich mitfühlend.
"Moment, Moment bitte! Ich habe es mir anders überlegt. Ich möchte doch die Hintergründe erfahren. Bitte! Habt Erbarmen! Gewährt mir den letzten Wunsch! Warum ist die Erde nicht zerstört? Wie habt ihr den Kometen überlebt? Was hat die Hemisphäre für einen Sinn? Warum wollt ihr mich töten? Bitte!"
"Äh", die Stimme zögerte und schien sich rückzuversichern. "Okay, na gut. Ich wurde bevollmächtigt, dir eine Antwort zu geben. Also. Es gab nie einen Kometen. Der Maya-Kalender ist Blödsinn. Euer Großer Rechner

ist eine Chimäre. Die Erde wurde nie vernichtet oder verseucht. Ihr…" Die Stimme zögerte.
"Ja?"
"Ihr seid das Problem."
"Was soll das heißen?"
"Na ja, eure Geschichtsdateien wurden manipuliert. Tatsache ist, dass es vor vier Generationen einen großen Krieg gab. Und eine Partei, die damals USA hieß, setzte biologische Waffen ein. Letztendlich hat keiner den Krieg gewonnen oder alle, wenn man so will. Denn seither gibt es keine Nationen mehr, keine Staaten, keine verschiedenen Währungen – es gibt nur noch eine Welt und eine Weltregierung. Seither gab es auch keinen größeren Krieg mehr."
"Und wir, wir in HEMISPHERE ÉIRE WEST

?"
"Ihr, ja, eure Ahnen waren leider der Kollateralschaden der ganzen Geschichte. Die biologischen Kampfstoffe hatten eine fatale Nebenwirkung." Wieder schwieg die Stimme kurz, als wollte sie ihre Worte zurechtlegen. Endlich fuhr sie fort. "Bei einigen Menschen, egal schwarz, weiß oder gesprenkelt, hatten die B-Waffen die DNA verändert. Mit tödlicherer Konsequenz, als sich ihre Erfinder vorzustellen gewagt hätten. Jeder, der mit diesen Mutanten auch nur flüchtig in Berührung kam, starb einen tagelangen, grausamen Tod."
"Unsere Urahnen waren sozusagen Todesengel?"
"Ja. Und es vererbte sich und vererbt sich immer noch. Gegeneinander seid ihr immun, aber für uns, für die Welt, wärt ihr schlimmer, als die Pest. Unsere Urgroßväter hatten nur zwei Optionen: entweder euch Mutanten zu vernichten…"
"…oder uns zu isolieren", vollendete Fynn.
"Genau. Aus humanitären Gründen wurde damals für das Letztere gestimmt. Die Hemisphäre wurde gebaut, und jeder Mutant, den wir finden konnten, unter höchsten Sicherheitsbedingungen dorthin gebracht. Es hat drei Jahre gedauert und Hunderttausende sind noch durch den Kontakt mit euren Urgroßeltern jämmerlich verreckt."
"Mir kommen die Tränen. Warum habt ihr die Mutanten nicht gleich alle eliminiert? Eure Vorfahren hätten uns Folgegenerationen viel Leid erspart!"
"Tja, ihr wart auch nützlich. Eine Weltregierung funktioniert auch nicht anders, als die alten Diktaturen, Oligarchien, Pseudodemokratien oder Republiken. Durch Manipulation, Verblödung der Massen, Intrigen und Lenkung. Und mit euch in eurer Hemisphäre hatten wir die idealen Forschungsobjekte. Vor allem, was Massenlenkung durch Verblödung betrifft."
Fynn richtete sich auf seine Knie auf und spuckte auf das dunkle Fenster. "Ihr Mistkäfer, haltet ihr uns jetzt auch noch für verblödet?"
Die Stimme wurde kälter. " So kann man sagen, oder…" sie wurde lauter, um einen Wutausbruch Fynns zu übertönen, "…oder zeugt es nicht von ausgesprochener Blödheit, an so etwas Schwachsinniges wie den Maya-Kalender zu glauben? Gut, die erste Generation in der Hemisphäre wurde einer Gehirnwäsche unterzogen, aber ihr Nachfolgenden? Wozu habt ihr diese graue Masse im Kopf? Warum habt ihr diese Märchen geglaubt? Die Große Versorgerin

, der Große Rechner

, der Große Rat

! Was für ein Blödsinn! Du bist tatsächlich der Erste, der Zweifel bekommen hat. In der 4. Generation! Aber auch du hast dich nicht gefragt, warum, zum Teufel, deine Kollegin Li, auf die du so scharf bist, gelbe Haut hat und Schlitzaugen, während du, mit deinem roten Dach, der Urtyp des Iren bist. HEMISPHERE ÉIRE WEST

. 20.000 Iren retteten sich dort hinein. Und die Schwarzen? Die tief Pigmentierten, die Roten? Hast du je einen Gedanken daran verschwendet, wo die wohl hergekommen sind? Und wer hat wohl diese gigantische Hemisphäre bezahlt? Glaubst du etwa, das Armenhaus des alten Europas Irland? Ihr wart wunderbare Versuchskaninchen, mein Freund." Die Stimme hatte sich richtig in Rage geredet. "Was hätten wir tun sollen? Euch aufklären? Ihr hättet euch mit Gewalt in die Welt gekämpft, ohne Rücksicht auf Verluste. So ist der Mensch nun mal. Und deshalb wirst du verstehen müssen, dass wir dich… Was? Moment mal! Was höre ich gerade? Deine DNA ist sauber? Wahnsinn! Darauf haben wir gewartet. Remissionen sind immer möglich, auch nach der 4. Generation. Gratuliere, Deine Elimination ist ausgesetzt! Klasse, Du wirst freigelassen! Freust du dich?"
"Ja, klar", antwortete Fynn nach langer Pause, "ich freue mich sehr auf euch und eure Gesellschaft." Er begriff plötzlich, dass das, was er in der Abgeschiedenheit der Hemisphäre in 25 Jahren unter Beobachtung und Manipulation gelernt hatte, völlig untauglich sein würde, in dieser Gesellschaft zu bestehen. Und wie würden die Menschen auf ihn, den ehemals todbringenden Aussätzigen reagieren? Sie würden ihn ablehnen, aus der Gemeinschaft treiben, zu Tode hetzen. Nein. Das wollte er nicht.


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Aus der Seitentasche seiner Mechanikerhose zog er


den dünnen, langen Justierschraubendreher, setze ihn links zwischen zwei Rippenbögen auf sein Hemd. Es würde nicht wehtun. Es würde nur ein Übergang zwischen einer Hemisphere in eine andere sein. Er holte tief Luft, und dann trieb er das Werkzeug tief in sein Herz.




"Und ich sah und hörte einen Adler fliegen
durch des Himmels Mitte und sagen mit
großer Stimme: Weh, weh, weh denen, die auf
Erden wohnen, um der anderen Posaunen willen
der drei Engel, die nun ihre Stimme erheben!"



Offenbarung 8,13




GARLIN14710

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.07.2010

Alle Rechte vorbehalten

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