Cover

"If you remember the sixties, you probably weren't there."
Robin Williams(?)


Sommer 69


Yeah, man, das waren Zeiten, damals, boah! Ich sage nur Woodstock. Man muss sich das mal vorstellen, da wird ein Festival geplant mit etwa 60.000 Besuchern, und dann machen sich über eine Million Freaks auf den Weg mit Sack und Pack, zu Fuß, im VW-Bus, als Hitchhiker und verstopfen die Zufahrtswege. Aus allen Ecken des Landes, ja der ganzen Welt kamen sie an, das heißt, nur etwa 400.000 erreichten tatsächlich die nasse Wiese bei Woodstock, der Rest wartet wahrscheinlich noch heute auf den Highways, hahaha.

Wir waren halt Hippies, uns machte das nichts aus! Aber Leute, es war der Wahnsinn, ihr könnt euch das gar nicht vorstellen. Es herrschte höllisches Chaos. Die Jungs von Woodstock Ventures

, dem Veranstalter, waren doch völlig überfordert. Die schafften es nicht einmal, die Eintrittsgelder zu kassieren. Die Versorgungslage war miserabel, man konnte nicht einmal richtig schei… seine Bedürfnisse erledigen. Aber, Mann, so what

? In Vietnam starben die Jungs einen grausamen Tod, die Schweine des Establishments hätten uns am liebsten eingesperrt und dann fing es auch noch zu regnen an.
Aber spätestens als Richie Havens zu singen anfing, war alles Nebensache. Freedom, Freeedom, Freedom, Freeeedom

– ich habe es heute noch im Ohr. Mann, war das eine Stimmung! Country Joe McDonald brachte Hunderttausende dazu,
F-U-C-K zu buchstabieren und der sturzbekiffte John Sebastian vergaß seinen Text. Drei Tage lang war Freiheit, Frieden, Liebe angesagt.
Ravi Shankar, Arlo Guthrie, Joan Beaz und Santana traten auf und versetzen uns Zuhörer in Ekstase und es spielte keine Rolle, dass die Jungs von Greadful Dead wegen des Regens öfter Stromstösse erlitten. Grace Slick spielte 'morning Maniac music'

und Pete Townsend von The Who war aggressiv, aber nicht so sehr wie sonst. Yeah, man, wir hatten die Schnauze voll von Vietnam, vom Kalten Krieg, von der ganzen ekelhaften Spießerwelt unserer Alten. Hier waren die Good Feelings, die Vibrations, wir hörten Musik, bauten monströse Tüten und wussten, wie man die Welt verbessern kann. Und unvergesslich: Jimi Hendrix' Interpretation der amerikanischen Nationalhymne. Mir läuft jetzt noch eine Gänsehaut über den Rücken, wenn ich daran denke… Es war einfach eine affengeile Zeit – wir haben der Welt gezeigt, dass es Love and Peace and Freedom geben kann!
Witzig war nur, dass Bob Dylan, dem das Festival eigentlich gewidmet war, nicht erschien, sondern lieber beim Isle of Wight Festival auftrat. Na ja, und jetzt tourt er wieder herum und nervt die früheren Fans mit einer grottenschlechte Show. Tja, so ändern sich die Zeiten.

Apropos Zeit, meine Herren. Ich muss das Gespräch jetzt leider abbrechen. Es war schön, über alte Geschichten zu plaudern, aber ich habe zu tun. Sie wissen ja, ich bin hier im Rathaus für die Vergabe der Lizenzen für die Straßenmusiker zuständig. Ja, da kann nicht einfach einer herkommen, seine Gitarre rausziehen und wild drauf los klampfen, nein, nein, das hat hier alles seine Ordnung. Der muss persönlich hier erscheinen, dann bekommt er von mir vielleicht seine Karte. Zwei Tage, je vier Stunden, dann ist Schluss. Und wenn er die Regeln auf dem Merkblatt nicht peinlichst genau befolgt, ist er weg von der Strasse. Ordnung muss schließlich sein. So, und jetzt geh' ich gleich runter auf den Platz und bring den Peruanern mal richtige Flötentöne bei. Die haben schon zehn Minuten überzogen!
Servus, meine Herren.


Garlin 111009



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Tag der Veröffentlichung: 11.10.2009

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