24/12/3009
eine Weihnachtsgeschichte
Nach
schweren Kämpfen hatte sich der Zerstörer KATAKTITÍS in ein Sonnensystem der vierten Ordnung gerettet und suchte Schutz im Ortungsschatten eines winzigen Planeten, der GHAB genannt wurde. Sie hatten böse Verluste hinnehmen müssen, Hunderte von Kämpfern dem All überlassen. Vier Decks waren zerstört und die Kommandoebene stark beschädigt.
Die Kampfbereitschaft war ungebrochen, die Feuerkraft nicht eingeschränkt, doch die Manövrierfähigkeit gestört. Admiral Xyakk hatte Rückzugsbefehl gegeben, um Zeit für die notwendigen Reparaturen zu gewinnen. Im Ortungsschatten von GHAB hoffte er, schnell wieder einsatzbereit zu werden, und er schickte ein Exploratorenteam auf die Oberfläche des kleinen Planeten hinunter, um nach den notwendigen Rohstoffen zu suchen.
Die Bordgehirne beschrieben GHAB als unbewohnten Planeten der unbedeutenden Größe 864b
, und so wie es aussah, hatte noch nie ein Expeditionschor dieses Staubkorn betreten. Man konnte nicht alles untersuchen, auch das Imperium hatte nicht unerschöpfliche Mittel. Und die feindlichen Renegaten-Republiken schon gar nicht.
Trotzdem war Xyakk froh, als das Exploratorenboot wieder angedockt hatte. Er befahl die Mannschaft sofort nach dem Ausladen der geborgenen Mineralien zum Rapport auf die Brücke. Lange genug hatte es gedauert, während die KATAKTITÍS immer versuchte, im Ortungsschatten von GHAB zu bleiben.
Xyakks Augen wurden zu kalten Schlitzen, als er die angetretene Truppe musterte. Exploratoren waren die besten Kämpfer der Armee, Krieger wie alle auf demSchiff, nur dem Kampf verschworen, nur dem Ewigen Wandel
geweiht, aber kompromissloser, härter, gnadenloser. Doch sie sahen verwirrt aus, verstört, unentschlossen.
Der Kommodore forderte den Gruppenführer auf zu berichten, und was er hörte, ließ in ihm Verständnis für die Verwirrung der Frauen und Männer, die da vor ihm standen, aufkeimen.
Sie hatten primitive, niedere Lebewesen erwartet, Pflanzen, Wasser – eben alles, was das Bordgehirn über diesen kleinen Planeten ausgespuckt hatte. Was sie nicht
erwartet hatten waren die Überreste einer offensichtlich intelligenten Lebensform. Sie fanden Gebäuderuinen, Reste von Transportsystemen, Tempelanlagen, urbane Infrastrukturen. Und seltsame andere Artefakte. Skulpturen. Mosaike.
Die Exploratoren hatten schon zahllose Planeten betreten und viele Reste von untergegangene Kulturen gesehen. Aber mit diesen Skulpturen hatte es eine sonderbare Bewandtnis. Sie sahen aus wie sie selbst!
TERRA
murmelte Xyakk mehr zu sich selbst. Konnte es sein, dass seine Exploratoren zufällig das von ewigen Mythen umwobene TERRA entdeckt hatten? Den sagenhaften Mutterplaneten, von dem sie angeblich alle abstammen sollten? Und wenn schon…
Xyakk riss sich von seinen Gedanken los. Der Kampf war sein Leben, die KATAKTITÍS musste sich wieder stellen. Trotzdem nahm er das einzige Artefakt, das seine Exploratorertruppe in der kurzen Zeit auf GHAB an sich genommen hatte in Empfang und entließ die Krieger.
Das Fundstück war ein Speichermedium, von dem er nur aus alten Erzählungen, Mythen und aus unmodern gewordenen Witzen gehört hatte. Aber er erkannte es sofort. Es waren die Reste eines Buches. TERRA…. Also doch!
Er bellte einen Befehl in Richtung einer subalternen Ordonanz und ließ den Fund zur Dechiffrierungsabteilung bringen. Verdammt! Für so etwas hatte er gar keine Zeit. Er sprach eine kurze Notiz in das Bordgehirn und vergaß die Sache. Es gab Wichtigeres zu tun.
Die Molekularmodifizierer leisteten ganze Arbeit. In Kürze würde die KATAKTITÍS wieder voll einsatzbereit sein.
Xyakk stand auf der Brücke, als ein Sergeant der Dechiffrierungsabteilung an ihn herantrat, salutierte und ihm ein portables Display überreichte. Das Artefakt war entschlüsselt worden. Unwillig winkte Xyakk den Sergeanten weg und begann zu lesen. Nach einiger Zeit ließ er sich auf den Kommandositz fallen und starrte gedankenversunken ins Nichts.
Erst das grauenhafte Heulen der Alarmsirene schreckte ihn auf. Er blickte auf den Kampfexplorer und sprang auf.
Die KATASTROPHEÚS hatte sie entdeckt! Der gefürchtete Zerstörer der Renegaten-Republiken!
Die Beleuchtung des Schiffes schaltete auf Rot um und die Mannschaften rannten zu ihren Kampfständen. Mit Ächzen und Stöhnen drehte sich die KATAKTITÍS in Kampfposition und fuhr die Schilde aus. Die Werfer fuhren wimmernd auf höchste Leistung hoch und warteten auf den Feuerbefehl. Die Brücke füllte sich mit kampflüsternen Kriegerinnen und Kriegern, jeder auf seinem Feuerstand. Und alle blickten erwartungsvoll auf Xyakk. Die Spannung wurde unerträglich. Noch hatten sie einen kleinen Feuervorteil auf den Feind - worauf wartete der Admiral ?
Quälend lange schwieg Xyakk, dann sagte er fast unhörbar:
"Ich will mit dem Kommandanten der KATASTROPHEÚS sprechen."
"Was? Wie bitte, Sir? "
"Auf den Schirm mit ihm, zum Teufel noch mal, seid ihr taub?"
Es dauerte nur kurze Zeit, dann flackerte das Bild des feindlichen Kommodore auf. Es war eine Frau.
"Was wollt Ihr, Admiral? Unsere Aufgabe ist es zu kämpfen, nicht zu reden!" Sie blickte grimmig und konnte offensichtlich ihre Truppe im Hintergrund kaum bändigen.
"Ja, Kommodore", antwortete Xyakk, "das ist unser aller Schicksal. Doch vorher möchte ich Euch eine Botschaft senden. Sie stammt nicht von uns, sondern von diesem elenden Planeten unter uns. Lest sie und entscheidet dann. Wir warten und halten Feuerpause."
Er drückte auf den Transponderknopf und lehnte sich zurück. Lange Zeit geschah nichts, nur die Spannung wurde immer unerträglicher. Xyakk hoffte auf seine Autorität, während er die Kampf- und Feuerbereitschaft seiner Truppe fast körperlich auf der Haut spürte. Mit stahlharten Blicken versuchte er seine Krieger zu bändigen.
Mit einem gebrüllten "STOPP!" konnte er gerade noch einen Laserschützen am Feuern hindern, als plötzlich an der KATASTROPHEÚS die Steuerdüsen aufflammten. Das riesige feindliche Schlachtschiff drehte sich langsam aus seiner Kampfposition, bewegte sich mit kleiner Fahrt aus dem Schatten von GHAB und zündete die Beschleunigergeneratoren.
"Jetzt können wir sie breitseits erwischen!", brüllte der Feuerleitoffizier.
"Nein! Nein, nicht feuern!", schrie Xyakk und blickte der sich mit Hyperantrieb entfernenden KATASTRTOPHEÚS hinterher. Dann reichte er das portable Display mit dem entschlüsselten Text, den er auch dem feindlichen Zerstörer übermittelt hatte dem Offizier hinüber, und der begann laut zu lesen:
Luk.2,1-14 In jener Zeit erging vom Kaiser Augustus der Befehl, das ganze Reich aufzuzeichnen................................................................
Garlin161209
Texte: Cover Wolfgang Pfensig, pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 16.12.2009
Alle Rechte vorbehalten