Neulich
hat Edi am Stammtisch erzählt, dass seine Nachbarin endlich die Aufmerksamkeitsdefizitstörung ihrer Tochter in den Griff bekommen habe. Mit Homöopathie von der Heilpraktikerin. Sie habe es selbst nicht geglaubt, aber es habe schlagartig funktioniert – ein paar Kügelchen, und weg war der Spuk.
"Das bräuchten wir auch, damit wir von deinem Bier nicht immer so einen Brummschädel bekommen!", rief Manni zu Egon, dem Wirt hinüber. Dieser verdrehte nur die Augen und polierte weiter seine Gläser. Und gleich kreiste das Gespräch wieder um etwas anderes.
Doch ich dachte bei mir: Whow! That's it!
Gleiches heilt Gleiches, hat der alte Doktor Hahnemann vor 200 Jahren gesagt und damit die Homöopathie begründet. Und bis heute gibt es keinen wissenschaftlich anerkannten Nachweis der Wirksamkeit.
Es ließ mir keine Ruhe. Ein aberwitziger Gedanke hatte sich in meinem Kopf festgesetzt, und ich verließ früh die schon etwas angeheiterte Runde. Ein Experiment musste her. Ein Experimentum crucis
.
Skeptisch gegenüber Heilsversprechen aller Art, aber allem Neuen aufgeschlossen, insbesondere was die maroden Kassen unseres Gesundheitssystems entlasten könnte, beschließe ich, an diesem Wochenende, wie weiland 1810 der Doctoris Samuel Hahnemann, einen heroischen Selbstversuch zu starten, streng nach dem Organon.
Also, ein Stoff, der beim Gesunden ähnliche Symptome hervorruft, wie eine Krankheit, wird, in Verdünnung gegeben, die Krankheit heilen. Chinarinde erzeugt Symptome wie Malaria, also kann sie verdünnt, potenziert
, Malaria heilen. Das Simile-Prinzip. Der Trick dabei ist das Potenzieren
. Nicht einfach Verdünnen, sondern Verschütteln. Am besten auf einer Bibel, wie mir einmal ein führender Homöopath aus Beroltzheim erklärt hat. Oder gen Mekka, für die Muslime.
Ich habe mir also eine Pipette besorgt, einen Erlenmeyerkolben und einen Kasten Bier. Augustiner Edelstoff.
Letzteres ist allerdings für Muslime nicht so empfehlenswert. Ich denk mal über Alternativen nach.
Die Verdünnungen werden in der Homöopathie in Potenzen angegeben. 1:10= D1, 1:100= D2, 1:1000= D3 usw.
Obwohl es mir fast körperlich wehtut, verdünne ich im Erlenmeyerkolben 10 Kubikzentimeter Edelstoff mit 100 Kubikzentimeter Wasser. Ich hätte auch Glyzerin nehmen können oder Milchzucker, oder gar Alkohol, aber Augustiner in Alkohol verdünnen? Ich weiß nicht. Jetzt schüttele ich das Gebräu zehn Mal.
Von dieser Substanz nehme ich wieder 10 ccm und verschüttle sie mit 100 ccm Wasser und so weiter, ganz nach Hahnemannscher Vorschrift. Nach fünf Schritten habe ich D9 erreicht. Das entspricht einem Tropfen der Ursubstanz auf zwei Heizöltanklastern. Das muss reichen.
Und jetzt, Freunde, kommt der erfreulichere Teil des Experimentum crucis: Das Leeren des Kastens Augustiner Edelstoff. Unverdünnt.
I'll do my very best.
Den halben Kasten habe ich schon geschafft und fühle mich noch schiemlich gut! Doch kurz bevor's mich nach hinten umschlägt, darf ich nischt vergessen, mein holeo… homöopathisches Präparat zu schlucken. Wenn ich dann schlagartig wieder nüchtern werde: Bingo! Der ultimative Beweis für die Wirksamkeit der Lehre. Similia similibus curentur. Prost! Wenn dasch funktschioniert, potenziere ich morgen Prosecco, Jägergeister, Pizza marinara, Döner und Cabernet Sauvignon und verlauf, verkauf diese Globulisch an Resch… Reschtaaurants und im Internetz. Wirksam gegen Brromille und Bfunde. Ich werd pff… ballld pfff… stinkereich. Und krieg den Nobelpreis. Schimilia… Schmimilia… Pff…
Wo tschum Deibel ischd denn mein Schimilia?
KLIRRR.
NEINNN!!!
Texte: HOMÖOPATHIE.
Das ultimative Experiment zur Verifizierung der Wirksamkeit der Homöopathie. Durchaus ernst gemeint...
Tag der Veröffentlichung: 02.11.2008
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Noch 'ne Glosse (Nr. 9)