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Laute Musik



Es dröhnte aus großen Boxen, die Lippen der Freundin bewegten sich nur noch; die Laute gingen im Gedränge unter. Dann verschwand ihr blonder Schopf und Cee drehte sich nur einmal, passte auf, dass sie nicht auf ihren Stöckelschuhen umfiel und zog den Rock über ihre Oberschenkel, um zur Bar zu trippeln, um ihre Freundin und einen herrenlosen Drink zu finden - Oder einen mit Herrn, aber dann einem Netten. Unglücklicherweise fand Cee keinen an der Bar. Also setzte sie sich allein an das dunkle Holz, fuhr so lange in scheinbarer Geistesabwesenheit mit dem Finger in Kreisen auf der Fläche herum bis der Kellner kam und mit einer Drehung und dem Schütteln von seiner blöden Mixdose sie zu beeindrucken versuchte, während er ihre Bestellung aufnahm. Er war neu im Geschäft.
„Einen Margarita Swirl bitte, Schätzchen.“
Ein betörender Blick unter langen, dichten und vor allem stark getuschten Wimpern und schon war er ihr verfallen. Nur die Hälfte musste sie bezahlen und sie schlürfte ihren Margarita genussvoll. Am Rand klebte eine Zuckerschicht und an der Seite war ein kleines Gefäß befestigt, welches Alkohol enthielt, sollte man noch etwas nachkippen wollen. Entschlossen kippte sie dieses in ihren creme- und rotfarbenen Margarita und nahm einen tiefen Zug. Süß lief das mit Wein versetzte alkoholische Süßgetränk ihre Kehle hinab. Cee spielte noch eine Weile mit dem Schirmchen bis ihre Füße aufhörten zu pochen und wollte dann zurück auf die Tanzfläche, als etwas ihr Auge fing. An den wänden waren Sitzplätze eingerechtet. Kleine Sitznischen mit ledernen Bänken und Tischen aus dunklem Holz mit grell leuchtenden Getränkekarten. Dort saß ein einzelner Mann. Heute war Disco Abend. In der Regel kamen die Pärchen, die sich sonst in diesen Sitznischen niederließen, nicht hier ein. Also erregte er ihre Aufmerksamkeit. Nun, eigentlich mochte sie, dass er eine Rolex trug und dass seine Schuhe und Knöpfe blitzten, sein Haar streng zurückgekämmt war. Wahrscheinlich einer dieser großen Leute, die ihre eigene Firma geerbt hatten, auf einem Haufen Geld saßen und nichts damit anzufangen wussten, weshalb sie oft in solche Etablissements gingen, nur um dann doch in der Ecke zu sitzen und zu rauchen und scheinbar unauffällig an ihrer Brieftasche zu nesteln bis ein junges hübsches Ding zu ihnen herübergetrippelt kam. In diesem Fall war Cee das junge hübsche Ding. Sie war dankbar, dass es diese Leute gab. Sie finanzierten ihr praktisch das Leben, neben dem kleinen Sekretärinnenjob, den sie tagsüber bewerkstelligte, und ihren diversen anderen Arbeiten. Welch ein Glück, dass sie sich nicht lieber in Striplokalen herumtrieben. Offenbar dachten sie, dass es wahrscheinlicher war, dass es einen Skandal geben würde, wenn sie eine Affäre mit einer Stripperin hätten als mit irgendeinem dahergelaufenen Mädchen, das seinen Konkurrenten nur Wochen zuvor gevögelt hatte.
„Na, Süßer? Langer Arbeitstag?“, fragte sie bezirzend und beugte sich über den Tisch, stützte die Unterarme auf den Tisch und schaute ihn an, verzog die langgetuschten Wimpern. Dann stützte sie ihre aufgepuschte Oberweite auf den Tisch, sodass die größer wirkenden Brüste, die schon aus dem BH kullerten, beinah aus dem Top und über den Netzüberhang ihm vor die Nase fielen. Er sah Cee einfach nur reglos an, nachdem er die Augen von der Tanzfläche genommen hatte.
„Ja, in der Tat war es ein langer Arbeitstag. Und darf ich mich über Ihren erkundigen, sofern sie einen Beruf ausüben?“
Seine Stimme war untypisch kühl und Cee richtete sich automatisch wieder auf, streifte ihre Haare hinter ein Ohr, verfing sich in dem mit Haarpspray aneinander gepappten Strähnen, zog kräftig daran und riss sich ein paar Haare aus, ehe sie hastig antwortete:
„Ehm, doch, doch, ich hab’ einen. Ja, sehr anstrengend. Doch. Schönen Tag noch, Mister.“ Und damit war sie weg. Sie spürte keine Blicke auf ihrem Arsch, wie gewöhnlich, aber sie machte sich auch keine Mühe mit den Hüften zu wackeln. Was war das bloß für ein ekelhafter Typ gewesen?
Sie setzte sich schnell wieder an die Bar und bestellte sich einen Drink, um das scheußliche Erlebnis von sich zu schütteln … bzw. zu ersäufen.
„Na, hast du’s auch schon versucht. Das hätt’ ich dir gleich sagen können, dass du ’ne Abfuhr kassierst. Der sitzt schon den ganzen Abend da und du bist nicht die Erste, die gedacht hat, der wär’ zu angeln“, meinte Joe, der alteingesessene Bartender, ein Freund Cees.
Cee stützte das Kinn auf die Handfläche, nahm ihren Drink entgegen und murmelte zickig:
„Tja, vielleicht würde er ja eher auf deinen Arsch haben wollen. Geh doch hin und versuch dein Glück. ’Ne Frau kriegt der sowieso nicht ab. Schau dir den doch bloß mal an. Steht ihr Kerle auf so etwas etwa?“
Joe war schwul.
„Naja, fette Rolex, schicker Anzug, Schuhe wie Spiegel. Doch, doch, das würd’ auch mir gefallen. Aber auf so ’ne Fresse hätte ich keinen Bock. Da wär’ ich froh, wenn er mich auch wirklich nur von hinten nimmt.“
Er grinste, Cee lächelte auch matt. Dann sah sie noch mal zu dem Typ hinüber. Er hatte schwarze Haare, sie sahen irgendwie fettig aus und schmale ausgeleierte Wangen mit Brandnarben, welche bis hinab auf seinen Hals reichten. Links und rechts seines Mundes waren tiefe Furchen und die steile Falte auf der Stirn sah auch nicht so aus, als würde sie diesen angestammten Platz je verlassen. Außerdem war da etwas Unangenehmes an seinem Mund, während er sprach. Als hinge eine Seite immer etwas herab. Wahrscheinlich spukte er auch noch und auch nur die Vorstellung daran, dass diese aufgebissenen Lippen an jeder Stelle ihres Körpers herumgeleckt hätten, war ihr jetzt (da es keine Aussicht auf ein neues Auto gab, dass von seiner Brieftasche aus hätte bezahlt werden können) zuwider.
„Hey, hast ja bald aufgetrunken. Ich hab’ bald Dienstschluss und dann ... na ja, dann könnt ich dir noch so einen besorgen, was meinst du?“ Der Neue sprach sie an.
Cee richtete sich auf, strich ihre Haare glatt und bewegte ihren Oberkörper so, dass die Fülle in den Cups auch ordentlich wackelte.
„Aber sicher doch.“


„Wrum muscht du aber auch nie paschen, wennsch versuche disch darein zu stecken?“, lallte sie ihren Schlüssel wütend an. Die Fahrerseite stand zur Straße gewandt und irgendein Wagen, der an ihr vorbei sauste, schickte kühle Luftzüge unter ihren Rock und tauchte ihre Beine in eine Gänsehaut, die jeden noch so winzigen Stoppel, den die billige Enthaarungscreme übersehen hatte, sich aufrichten ließ.
„Komm’ schon!“
„Mademoiselle, erlaubt mir, Euch zu helfen.“
„Hä?“
Jemand nahm ihr fast ein bisschen barsch, was einen großen Kontrast zu der weichen Stimme darstellte, den Schlüssel, mit dem sie gerade den Lack ihres Wagens neben dem Schlüsselloch zerkratzt hatte, ab und schob sie auf Seite und weiter auf den Bürgersteig, um sie dann auf den Beifahrersitz zu setzen.
„He, wissen Sie, dass das Diebstahl ist?! Das ist mein Wagen!! Hilfe!“, kreischte sie ihn und jeden Passanten an, der aus der Diskothek wankte. Der Mann, der ihr die Schlüssel aus der Hand genommen hatte, lächelte alle verstörten Passanten an und hob begütigend eine Hand.
„Ich schätze, da hat jemand wohl zu viel getrunken.“
„Habsch gar nischt!“ Da fiel Cee plötzlich auf, dass der Mann gar nicht ihr Auto zu stehlen gedachte, weil er sie ja auf den Beifahrersitz gesetzt hatte, sondern sie zu kidnappen, wahrscheinlich zu vergewaltigen. Cee kreischte und trat mit ihren Beinen wie ein Pferd und fummelte an der Kindersicherung. Sie vernahm ein Seufzen und von hinten bahnten sich zwei Arme durch das hektische Schlagen ihrer linken Hand. Er packte ihre Handgelenke und versuchte, sie wieder auf ihren Platz zu setzen.
„Wischen Schie wasch? Ficken Schie misch ruhig, aber tun Schie’sch in irgend ’ner Gasche wie’sch schisch gehört, ja?“ Cee sah in seine Augen. Es war der hässliche Typ mit der fetten Rolex, den sie gern mit nach haus genommen hätte. Die Brandnarben konnte sie nun sogar besser erkennen, so nah wie er ihr kam, und so konnte sie auch, das tiefe Braun der dichtbewimperten Augen sehen. Sie hörte auf zu strampeln, er zog sich auf seinen platz zurück. Dann fasste sich der alte Knacker an die Schläfe. Es war still in dem Wagen, während Cee auf die beleuchtete Straße hinausschaute. Es regnete und ihr war kalt. Wenn sie ausatmete beschlug die Fensterscheibe der Beifahrertür.
„Ich heiße übrigens Jethro. Erteilen Sie mir die Ehre mir Ihren Namen auch zu verraten?“ Cee war nicht sicher ob es Hohn in seiner Stimme war und ob er nur so eine gehobene Sprache mit ihr verwendete, weil er sie verarschen wollte.
Cee plusterte ihre Brüste mit ihren verschränkten Armen auf und schürzte die Lippen wie ein kleines Kind. Noch einige Minuten schmollte sie und dann erst antwortete sie, damit es ja nicht zu verdächtig nach Entgegenkommen oder gar Gehorsam aussah.
„Cee.“
„Hallo, Cee, wie geht es Ihnen denn heute Abend? Wollen Sie mich nicht einmal ansehen?“
„Nein“
„Und wie geht es Ihnen heute?“
„Ausgezeichnet“
„Oh ja, das ist nicht zu übersehen.“ Er zollte ihren zerrissenen Netzstrümpfen einen abfälligen Blick, welchen sie aus den Augenwinkeln auffing.
„Was? Ich treib’s nun mal gern ’was härter … “
„Natürlich. War der nette junge Mann von der Bar doch nicht so das Wahre?“
„Doch, nur sturzbesoffen.“
„Aha.“
Stille. Dann wandte sie sich abrupt um und starrte jetzt schon auf die Windschutzscheibe.
„Wollten sie mich nicht nach Hause fahren? Los, treten sie auf’s Gas; ich habe nicht den ganzen Abend Zeit.“
„Jawohl, Mademoiselle.“
„Madam.“
Er zog verwundert die Brauen hoch, äußerte sich aber nicht dazu, als er sich umsichtig in den Verkehr einmanövrierte kaum vorhandenen.

Da war eine rote Wiese mit den feinsten kleinen Grashalmen, die Cee je gesehen hatte. Inmitten der Wiese war ein riesiger brauner Fleck. Sie glaubte jedenfalls, dass er braun war. Noch ein Stückchen weiter versuchte sie die Augen zu öffnen, doch ihre Wimpern waren so verklebt, dass sie sich einfach nicht lösen wollten. Mühselig rieb sie das Gesicht an der roten Wiese und blinzelte dann so lange bis sie ihre pochenden Augen einen Spalt breit öffnen konnte. Die Grashalme waren die roten Fasern des Couchkissens und der Fleck war ein alter eingetrockneter Kaffefleck. Ja, das war eindeutig ihre Couch. Die drehte sich auf den Rücken und starrte an die unebenmäßige Decke. Ja, ihre Decke. Sie brauchte einen Augenblick bis sie sich dazu aufraffte sich aufzusetzen, das unbändige Pochen in allen Gliedern, das aber insbesondere hinter ihrer Stirn wütete, zu ignorieren und sah sich mit schmerzenden Augen in ihrer Wohnung um. Alles da, wo es sein sollte. Vertrocknete Pflanze in der Ecke, winziger Fernseher auf wackeligem Gestell, der feuchtfaulige Geruch, der vom Teppichboden ausging, weil es wohl geregnet hatte. Dann sickerte das Wasser immer unter der Türe, die zum Balkon führte, durch und breitete sich in einem großen nassen Fleck aus. Außerdem lief das Regenwasser hinter der Tapete ihre Wände hinab. Mittlerweile wusste Cee schon zu gut, weshalb die Dachwohnung billig zu haben gewesen war. Träge schlurfte sie in die Küche setzte mit mechanischen Bewegungen Wasser auf und rieb sich ihre prickelnden Augen. Dann ging es im gleichen Schneckentempo weiter ins beengte dreckige Badezimmer. Überall gab es Schimmelflecken zu finden und am Sims zur Dusche war eine Fließe heraus gebrochen. Genau wie das jetzt passiert war, wusste Cee selber nicht mehr. Die Handflächen auf das Waschbecken gestützt blickte sie in den trüben Spiegel. Scheiße, was war das denn für ein hässliches Gestell? Ach ja, das war sie selber.
Vielleicht sollte sie sich die Augenbrauen wieder einmal zupfen.
Erst einmal nahm sie all ihren Schmuck ab, in welchem sie wohl geschlafen hatte (was die merkwürdigen Druckstellen erklärte) und entfernte die grünen Kontaktlinsen. Dann sie kratzte sich an der Stirn. Ihre Haare waren verklebt mit Volumenizer und Haarspray. Außerdem fanden sich hier und da noch die kleinen Spangen mit denen ihre Frisur übersät gewesen war.
„Ich glaube, ich sollte die Tönung irgendwann ’mal auffrischen … “, murmelte sie beiläufig zu sich selber. Dann drehte sie den Kaltwasserhahn auf. Das Wasser brannte auf ihrem heißen, ausgezerrtem Gesicht; besonders auf den Augenlidern – ein grässliches und zugleich erleichterndes Gefühl. Ihre Augen waren gerötet, musste sie feststellen, als sie sich ganz nah an den Spiegel heranlehnte, außerdem verklebt mit silbrigem Lidschatten, Eyeliner, Kayal und Mascara. Hier und da befanden sich Klümpchen von Grundierung auf ihrer Gesichtshaut und verwischter Lippenstift fand sich an allen denkbaren Stellen ihres Körpers, nicht nur am Mund – Und nun einmal ehrlich, wer trug denn bitte blauen Lippenstift? Hatte sie etwa mit einer Transe `rumgemacht?
„Ach, egal, wär’ ja nicht das erste Mal.“
Am liebsten hätte sie ein Bad genommen. Ihr Intimbereich fühlte sich gescheuert an und ihre Muskeln waren nicht das einzige das verkatert war.
Stattdessen schälte sie sich vorsichtig, um sich nicht mit ihren langen spitz zulaufenden Fingernägeln zu verletzen, aus ihren Kleidungsschichten und stieg unter die Dusche. Sorgfältig schabte sie geradezu jedweden Dreck mit der Kernseife von ihrem Körper. Auch die Hornhaut wurde brutal vom Körper entfernt. Nachdem die Schmutzschicht einigermaßen im verrosteten Gulli verschwunden war, war kaum noch etwas von Cee übrig. Ihre Brüste, die mit allem Möglichen immer aufgepuscht wurden, wenn Cee hinausging, waren eher mager. Genauso wie ihre Schenkel, die dünne Zahnstocher unterhalb ihrer herausragenden Beckenknochen waren. An ihrem Oberkörper konnte man jede einzelne Rippe abzählen und jeden noch so kleinen Muskelstrang auf ihrem Rücken begutachten. Ihre Schlüsselbeine stachen so stark hervor, dass sie kleine Schalen bildeten, in denen sich das Duschwasser sammelte. Ihre Wangenknochen schienen sehr hoch, was eigentlich nur daran lag, dass ihre Wangen eingefallen und ihre Augen eingesunken waren, weil die Fettreserven hinter dem Augapfel kaum noch vorhanden waren, und ihr Gesicht erschien ohne Make-up eckig und eigentlich unschön. Welch ein Glück, dass es die Kosmetikindustrie gab! Wenn der Typ erst einmal besoffen war, merkte er sowieso nicht, was für ein Klappergestell sie war. Das Klappergestell fuhr mit einer schmalen skelettartiger Hand über Knöchel und Beine. Ausnahmsweise hatte sie sich Wachsstreifen zur Enthaarung gekauft. Jetzt müsste sie sich eine Woche lang nicht mehr rasieren. Darüber freute Cee sich. In der Regel musste sie sich mit einem Rasierer zeitaufwendig rasieren.
Nun bürstete sie den Rest der Klebemasse aus ihren Haaren und wickelte sich in ein Handtuch, um ihren allmorgendlichen Kaffe zu sich zu nehmen, auf dessen harntreibende Wirkung sie sich schon freute. War heute Samstag oder Sonntag? Scheiß drauf … Sie würde gleich Sabine oder Leseley anrufen …
„Leseley … Ist sie gestern eigentlich nach Hause gekommen?“
Sie dachte gerade, dass es besser war, wenn sie dort einmal anrief, als sie aus dem Badezimmer trat und plötzlich wie ein Reh im Autoscheinwerferlicht stehen blieb. Oh …
„Guten Morgen, Cee.“ An der Tür zu ihrem Apartment stand ein fremder Mann. Längeres schwarzes Haar, netter Anzug .. Jethro, schoss es ihr durch den Kopf. Der Mann war doch nicht so fremd. Der Gedanke, ob er eine Waffe unter dem Anzug verborgen hatte, verflog. Der Mann erweckte ein seltsames Vertrauen in ihr. Hätte er irgendetwas mit ihr anstellen wollen, hätte er das schon längst tun können. Sie sah nur einmal kurz zur Couch, unter dessen Sitzkissen ein Damencolt versteckt war.
„Ehm, Guten Morgen … Wo kommst du her?“
Zur Antwort hielt er die Zeitung hoch.
„Und wo warst du eben?“
„Ich saß dort hinten. Sie sind morgens ziemlich abwesend.“
„Danke auch … willst du’n Kaffee?“
„Gern.“
Cee ging zu einer Ecke, in welcher einige Kleidungsstücke ausgelegt waren und einige in eine Ecke geworfen. Von dem Haufen in der Ecke suchte sie Jeans und ein braunes T-Shirt heraus und streifte das über, bevor sie das erhitzte Wasser aus dem Kochtopf in zwei Gläser schüttete und Löskaffee dazu gab.
„Bitteschön. Was Besseres hab’ ich nicht zu bieten.“
Dankend nahm er an.
„Woher hast du die?“ Sie strich sich mit einer Hand über ihre Wange und Hals.
„Ein Unfall mit flambiertem Toast“, erwiderte er.
„Oh.“ Es herrschte Schweigen. Man hörte das schlürfen von Kaffee und die Autos unten auf der Straße, den sonstigen Lärm einer Großstadt. Irgendwo im Haus stritt lautstark ein Ehepaar. Irgendwie war es Cee peinlich die frage gestellt zu haben. Das passierte manchmal einfach. Dergleichen war heraus, bevor sie über die folgen nachdenken konnte. Sie beschloss ihm etwas mehr Respekt entgegen zu bringen.
„Und? Was machen Sie so beruflich?“ Cee lehnte sich an die Wand; er saß noch immer am Boden.
„Nun, ich trage teure Kleidung spazieren, drangsaliere meine Angestellten und bin allgemein das Arschloch vom Dienst. Und Sie?“
„Naja, ich arbeite in so einer heruntergekommenen kleinen Anwaltkanzlei. Der Typ hat ein Jahr Yura studiert, abgebrochen natürlich, und redet so lange auf die Leute ein bis sie glauben, er würde ihnen helfen können. Aber das ist alles nur Betrügerei und so’n Scheiß. Ich hab’ den Job nur, weil ich jeden Mittwoch mit dem ‚Herrn Doktor’ schlafe. Außerdem arbeite ich an sechs Tagen in der Woche im ‚Shakes Inn’ und danach noch in einem Club von ’nem Freund und bin die Schlampe vom Dienst. Toll, was?“
„Es klingt sehr interessant.“
„Sind sie schwul?“ Schon wieder so eine Frage …
„Nein.“ Er sagte es beinah seufzend.
„Achso …. Sagen sie, was haben Sie gestern eigentlich in dieser Disco gemacht?“
„Ich dachte, ich schaue mir einmal ein paar tanzende Menschen an. Manche haben wirklich Talent. Finden sie nicht auch, dass Tanzen schön ist?“
„Doch, aber … Ich weiß nicht. Tanzen Sie gern?“
„Nun … “ Er stellte seine halbleere Tasse neben sich und machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Schon, aber bei Weitem nicht so wie Sie tanzen würden.“
„Warum nicht?“
Er lächelte milde. Es veränderte sein ganzes Gesicht. Die steilen Furchen in seinem Gesicht wurden zu Lachfalten und er erschien plötzlich gar nicht mehr so alt. Mitte dreißig vielleicht.
„Ich befürchte, ich kann einer Dame einfach nicht mit so viel Rhythmus an ihr Gesäß greifen.“ Er hob in gespieltem Bedauern die Schultern und Cee hielt sich die Hand vor ihren grinsenden Mund.
„Ich will ja nichts sagen, aber Sie sehen aus wie ein Mann, der nicht viel Humor hat.“
„Herzlichen Dank. Auf diese Maskerade bin ich sehr stolz.“
„Gerngeschehen.“ Cee verbarg ihr Lächeln hinter ihrer Hand, als sie ihr Glas zum Mund hob.
„Nun, ich will ihre Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen, holde Dame…“ Er richtete sich auf und griff nach ihrer Hand, führte sie an die Lippen und wandte sich zum Gehen. Cee stellte ihr Glas auf den Boden und eilte ihm nach. Als er über ihre Türschwelle getreten war, drehte er sich noch einmal zu ihr um und wünschte ihr einen schönen Tag. Cee lehnte an ihrem Türrahmen.
„Ehm … Jethro … “
„Ja?“
„Wenn … Ich meine, wenn Sie möchten, können sie mich gern wieder für einen Kaffee aufsuchen und … das Gespräch fortsetzen.“ Sie hob unbehaglich die Schultern. „Wenn sie möchten natürlich nur … “
„Doch, ich glaube schon, dass ich ihrer netten Einladung nachkommen werde. Sie haben ein bezauberndes Heim.“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dies der fabelhaften Sara, ohne jene ich nie etwas zustande gebracht hätte, dem Patric, der uns immer beistand und bis heute beisteht, Vani, deren Kreativität unabkömmlich ist, und Nathi, auf deren Aushilfe ich nicht verzichten kann noch konnte. Außerdem möchte ich hier noch Annika Bohn erwähnen. Danke.

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