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Vor 10

Jahren stieg ich ins professionelle Boxen ein. Hartes Training und Selbstdisziplin versprachen schnellen Erfolg. Dieser begann auch sofort und ich stieg die Leiter in der Liga im Eiltempo empor. Viele wünschten mir einen noch schnelleren Abstieg, oder gleich den Tod. Doch Kampf um Kampf wurde ich nur noch besser.

Schon mit 9

Jahren hatte ich mit Kampfsport angefangen. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich Judo lerne. Anfangs war ich dabei mehr ein Wurfsack für die Älteren. Mehr wurde auch nicht daraus. Die Karriere endete, als ich einem Trainingspartner die Nase brach. Hab ihm einfach eine verpasst. Kraft hatte ich ja, also sah mein Vater den Kung-Fu Schüler in mir.

Über 8

Jahre trainierte ich dann meine Kampfart. Nebenbei wurde aus mir ein Mann und mit der Zeit wurde mehr ins Spiel mit der Liebe investiert, anstatt in den Sport. Das missfiel meinem alten Herrn. Auch der mittelmäßige Schulabschluss stimmte ihn nicht milder. Als ich die Kung-Fu Schule verließ, zerbrach für ihn eine Welt, und auch er vielleicht ein wenig daran. Doch ich hatte Großes vor. Ich war ein Rebell. Brauchte keine Autoritäten und Lehrer. Jung und frei wollte ich sein.

Es war 7

Uhr morgens, als ich nach einer durchgemachten Nacht mit einer Mieze unterm Arm nach Hause torkelte. Diese zwei Gestalten tauchten plötzlich auf und stellten sich mir in den Weg. Sofort gingen sie hart ran und zogen mein Mädchen von mir weg. Einer verpasste mir einen schnellen Schlag, so dass ich zu Boden ging. Dann wollten sie sich über die Kleine hermachen. Doch diese zarte Berührung konnte mich nicht aufhalten. Ich sprang auf und schickte den Typen mit einem Kinnhaken ins Land der Träume. Der andere warf mein Mädchen auf den Boden und ging auf mich zu. Der war schon härter im Nehmen. Steckte alles weg, womit ich dienen konnte.

Nach 6

Volltreffern in die Fresse hatte er sich dann auch verabschiedet. Leider für immer. Noch am Abend selbigen Tages stand der Sheriff vor meiner Tür. Die Kleine hatte gesungen. Mit Handschellen, wie einen Schwerverbrecher, führten sie mich ab. In der Untersuchungshaft lernte ich Jerry kennen. Er war ein Hooligan. Nachdem seine Boxkarriere geplatzt war, machte er sein Leben zum Kampf. Immer da, wo seine Firma aktiv wurde, war er dabei gewesen. Außer er saß gerade ein. So wie jetzt wieder. Ich machte mir Sorgen um meinen Ruf, während Jerry eine Klubkarte für die JVA hatte. Seine Leichtigkeit in dieser Situation imponierte mir. Er gab mir Namen, wo ich mich melden konnte, um mit dem Kämpfen Geld zu verdienen.

Ganze 5

Tage saß ich in Untersuchungshaft, bevor man mich ins Gericht zerrte. Der Staatsanwalt und der Nebenkläger stellten mich als Mörder dar. Mein Verteidiger machte einen Helden aus mir, der ich ja eigentlich war. Was hätte passieren können, hätte ich die Situation nicht geklärt? Der Richter schwankte zwischen den beiden Ansichten, und er entschied sich für die Mitte.

Für 4

Jahre in den Bau. Mist. Mein Leben war dahin. Ein mittelloser Verbrecher ohne Ausbildung. Die Versprechen meines Anwalts auf Berufung verliefen in den Kanälen der Justiz, und ich beklebte die Wände meiner kahlen Zelle mit pornografischen Plakaten. Mein Ruf war mir vorausgeeilt und die Mitinsassen wussten, was ich anstellen konnte, wenn mir einer blöd kam. Trotzdem hatte ich keinen Frieden. Ich musste eine Gruppe finden. Alleine war man da drinnen tot, selbst wenn man Chuck Norris hieße. Die Boxer nahmen mich mit offenen Armen auf. Ich konnte wieder Kampfsport trainieren. Auch wenn genau das mich in diese Lage gebracht hatte. Bald entwickelte ich ein Gefühl für das Boxen, und ich vermöbelte einen nach dem anderen, aber nur im Ring. Diese Kleine von damals kam mich besuchen. Um mir zur meiner Vaterschaft zu gratulieren. An jenem Abend hatte ich sie wohl geschwängert. Aber sie würde dafür sorgen, dass das Kind keinen Kontakt mit mir hatte, damit es nicht mit einem Verbrecher aufwachsen musste. Es war wohl der größte Dank, den ich für ihre Rettung je bekommen konnte.

Nach 3

Jahren kam ich, wegen guter Führung, raus. Die Welt draußen hatte mich vergessen. Mein Vater lag im Krankenhaus und meine Mutter trank. Ohne lange zu zögern ging ich zu dem Mann, den mir Jerry empfohlen hatte. Er war eine Tonne von Kerl und hatte mehr Narben als Falten im Gesicht. Aber er nahm mich auf und wollte sehen, was sich machen lässt. Als ich einen anderen Zögling von ihm daraufhin im Ring verprügelte, sah er seine Zeit gekommen. Er trainierte mich und meldete mich zu den offiziellen Kämpfen an. Wie schon erwähnt, steigerte ich mich schnell und der Erfolg überrollte mich. Es gab keinen, der mich stoppte und ich war dabei die Spitze zu erreichen. Mein Name stand auf Plakaten. Vater wäre stolz gewesen. Er war gestorben. Meine Mutter besuchte ich in der Suchtklinik.

Vor 2

Jahren war ich dem Höhepunkt meines Erfolges so nah wie nie zuvor. Gerade hatte ich ein Monster aus Kenia besiegt. Sein Trainer warf das Handtuch. Mir sollte es recht sein. Nichts konnte mich von der Spitze abhalten. Das Tier trat ohne Handschuhe von hinten an mich ran und versetzte mir einen Hieb direkt ins Genick. Bewusstlos ging ich zu Boden. Mit Hubschrauber wurde ich ins Klinikum gebracht und dort blieb ich. Doch ich kam wieder auf die Beine. Trainierte wieder und war zurück im Sport. Doch der wollte mich nicht mehr. Mein Agent erklärte mir kurz und bündig, es wäre zu riskant, mich erneut in den Ring zu stellen. Ich sollte mich an meinem Leben erfreuen. Mein Leben war der Kampf, ich hatte nie was anderes gemacht. Ich war ein Krieger! Ich ging zurück zu Jerrys Freund, er sollte mich noch einmal als Trainer begleiten. Ohne Agenten meldete ich mich zum Kampf an. Ich forderte einen jungen Aufstrebenden heraus. Wollte mich messen. Wollte sehen, wie sehr ich eingerostet war.

Noch 1

mal das Feuer spüren. Den Kampf. Jede Faser des Körpers angespannt, konzentriert und fixiert. Ich war eine Killermaschine. Der Gong erklang und wir pirschten aufeinander zu. Der Junge hatte noch viel Elan, sprang etwas leichtfüßig durch den Ring. Bald holte ich ihn auf den Boden der Tatsachen. Verpasste ihm einige Schläge in die Rippen, dass ihm die Luft wegblieb und dann zentrierte ich ein paar Sichere, um mindestens in den Punkten vorn zu liegen. Die nächste Runde hatte er sich zum Ziel gesetzt. Sein Trainer muss ihn wohl bearbeitet haben. Wie ein Psychopath stürmte er auf mich zu und schlug mir eine direkt zwischen die Deckung. Er hatte mich nicht mal richtig erwischt. Ich wunderte mich, warum ich zu Boden ging. Völlig unkontrolliert. Ich konnte mich nicht halten, obwohl ich absolut fit war. Mein Gesicht schlug hart auf die Matte und der Ringrichter fing das Zählen an. Ich zog meine Arme an, doch sie bewegten sich nicht. Meine Beine waren auch taub. Aber ich war da. Ich verstand es nicht, warum ich bei vollem Bewusstsein kein Gefühl in meinem Körper hatte. Ich hörte, wie der Richter sein Zählen beendete und wusste, dass er seine Unterarme übereinander legte. Mit einem Wisch beider Arme nach außen signalisierte er die waagerechte Position meiner Person und meine Niederlage. Die Erste.

Der Ringarzt war schon vor dieser Handbewegung in den Ring gesprungen. Hektik entstand und ich bemerkte, dass ich schon die ganze Zeit über keinen Atemzug mehr getan hatte. Jetzt wurde es doch sehr eng und die Welt verdunkelte sich. Sie drehten mich auf den Rücken und drückten auf mir herum. Doch es war zwecklos. Mir wurde bewusst, dass mein beschädigter Nacken jetzt völlig durchgebrochen war. Dann wurde es dunkel.

*



Wir alle sind Krieger. Und das Leben ist unser Kampf. Jeden Tag aufs Neue. Wir fallen und verlieren. Doch mit jedem Aufstehen werden wir stärker. Mit der Gewissheit, dass der Kampf kommt, nach dem wir uns nicht mehr erheben werden.

Impressum

Texte: Gabriel
Bildmaterialien: A. www.viajar24h.com / flickr
Lektorat: Sissi Kaiserlos
Tag der Veröffentlichung: 19.08.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Der letzte Newbie-Schreibwettbewerb-Beitrag und wieder einen Platz belegt. Ich danke Euch Allen! Den Lesern. Danke an Alle, dennen dieser Beitrag gefallen hat und ihr für ihm gestimmt habt. Besonderer Dank gilt auch diesmal, meiner Korrektorin und Freundin Sissi, welche diesmal viel Antrieb leisten musste.

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