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... Blass und abgemagert saß Sophie Prandtner auf ihrem Krankenhausbett. Ihr erster Versuch, mal wieder ein Buch zu lesen, klappte überraschend gut. Wie heiter doch das Leben in den Romanen war!
Auch das dritte Klopfen blieb unbeantwortet. Du liebe Zeit, sie wird sich doch nicht ... Entschlossen öffnete Schwester Brigitte die Tür und blieb verwundert stehen. Dieses ausgemergelte Gesicht, in dem der einstmals sicher sehr schöne Mund wie ein viel zu großes klaffendes Loch aussah -dieses Gesicht lächelte. Noch nie hatte Schwester Brigitte dieses Gesicht lächeln sehen.
„Sie haben Besuch, Frau Prandtner.“
Sophies Lächeln erfror langsam, ihre Augen begannen zu flattern und ihre Lippen formulierten die bange Frage: „Ist er es?“ Schwester Brigittes Nicken war nur angedeutet. Sie senkte den Blick und hoffte insgeheim, Frau Prandtner würde die richtige Entscheidung treffen.
„Sagen Sie ihm, ich möchte ihn nicht sehen ... Sagen Sie ihm, ich möchte ihn nie mehr sehen.“ Diese Antwort nahm Schwester Brigitte sichtlich erleichtert mit aus dem Krankenzimmer. Die Buchstaben von Sophies heiterem Roman wirbelten indessen aus den Seiten heraus und formierten sich zu einer ganz anderen Geschichte, die die Patientin nur zu gut kannte. Die Entscheidung, Heinz Eckerbauer nicht zu empfangen, war ihr nicht leicht gefallen. Trotzdem, sie durfte diesen Mann nie mehr treffen. Ihn nicht mehr anrufen und ihn anflehen, er möge doch zu ihr kommen, nie mehr in seiner Firma arbeiten und auch nie mehr mit ihm schlafen. Sophie wußte ganz genau: wenn sie es diesmal nicht schaffte, mit dem Saufen aufzuhören, würde sie jämmerlich verrecken. Noch einmal würde ihr Körper so eine Hölle nicht durchstehen. Und ihre Seele auch nicht. Und ihre elfjährige Linda erst recht nicht. Tränenbäche schwemmten das schreckliche letzte Jahr aus ihrem Körper und tauchten sie in einen erschöpften Schlaf.


Gitte, Franziska, Annelie, Martina, Ricarda, Rike und Sabine im Raucherzimmer.
„Sagt mal, habt ihr die Neue schon gesehen?“ Annelie nimmt einen tiefen Zug.
„Welche meinst du?“ will Rike wissen. Wie üblich in diesem Betrieb, kommt so etwa jedes Vierteljahr ein Rudel neuer potentieller Mitarbeiter. Der Schwund in den ersten paar Tagen liegt dann so bei zirka neunzig Prozent. Anlass für die Stammbelegschaft, Wetten abzuschließen, wer wohl in zwei Wochen noch übrig bleibt.
„Ich meine die aus dem Outbound. Sitzt ganz hinten. Sieht aus wie eine aus der Vorstandsetage.“
„Du meinst Frau Kilic“, weiß Franziska. „Das ist eine neue Aushilfe.“
„Aushilfe? Dass ich nicht lache. Seit wann kommen Aushilfen im Citykostüm?“
„Ach, ihr meint die Fette mit dem kurzen Rock?“ Jetzt weiß auch Ricarda, von wem die Rede ist. Und Gitte:
„Genau, die daherkommt wie ein Pferd. Der Arsch zwei Meter hinter dem Rest der Dame.“ Sogar Sabine war die neue Kollegin bereits aufgefallen:
„Du sagst es. Wenn man nur den oberen Teil von ihr sieht, könnte man meinen, sie sei eine Dame. Hab‘ vorher mit Magda über sie gesprochen. Die hat gemeint, oben Miss Sonnenbank, unten rum eher Brauereigaul.“
„Nun seid doch nicht so gemein.“ Das Grinsen auf Franziskas Lippen führt diesen Tadel sofort wieder ad absurdum. „Okay, der Rock ist wirklich zu kurz für ihre dicken Beine, aber ehrlich, die ist wahnsinnig nett. Und am Telefon? Absolut professionell. Echt!“
Annelie zieht die Nasenflügel hoch; offenbar riecht sie hier einen Braten, der nicht ganz gelingen will.
„Was will sie dann hier als Aushilfe?“
Franziska zuckt mit den Schultern.
„Vielleicht will sie das hier erst mal anschauen und steigt dann um auf Agent?“
„Das glaubst du doch selber nicht!“
„Ich, ehrlich gesagt, auch nicht.“ Gitte geht es wie Annelie.
„Nun malt mal nicht gleich wieder den Teufel an die Wand. Was haben wir hier nicht schon alles erlebt, was wir uns nie hätten vorstellen können? Also, ich find‘ sie nett.“ Typisch Franziska. Sie sucht so lange nach dem Guten im Menschen, bis er sie in die Pfanne gehauen hat.
„Warten wir’s ab.“ Annelie weiß, dass es sich hier drin sehr schnell herausstellt, ob jemand ein Arschloch ist oder nicht. „Vielleicht ist sie ja wirklich ganz in Ordnung.“


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Tag der Veröffentlichung: 21.12.2010

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