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Ordnung muss sein

Es ist ein kleiner Aufkleber, 3 cm hoch, 7 cm breit, weiß mit schwarzer Schrift. Darauf stehen die wichtigsten Daten eines Rollstuhls: Hersteller, Typ, Breite, zulässiges Gewicht des Fahrenden und … die Seriennummer. Bei jeder Reparatur, jeder Veränderung des Rollstuhls fragt man nach der Seriennummer für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Dieser kleine Aufkleber ist so was wie das Nummernschild eines Autos und wird AUF den Rolli geklebt.

 

Mein kleiner Aufkleber ist allerdings nicht auf dem Rolli, sondern auf dem mitgelieferten Handbuch. Bislang war das kein Problem, da ich die gewünschte Seriennummer stets nachreichen konnte. Bislang!

 

Gestern bekam ich einen Anruf meines Sanitätshauses. Dort hatte ich meinen Aktiv-Rollstuhl zu zwei kleineren Reparaturen, zur besseren Anpassung der Dreh-Achse, damit ich die Bürgersteige „hochkippeln“ kann und zu einem Wintercheck gegeben.

 

Damit ich mich während der 1-2 wöchigen Reparaturzeit fortbewegen kann, hatte mir das Sanitätshaus einen 08/15-Standard-Aktiv-Rolli gegeben, einen AOK-Shopper, wie er auch liebevoll genannt wird. So ein AOK-Shopper hat keine Seriennummer. Die braucht er auch nicht. Es steckt so wenig Arbeit in ihm, so dass es für ein Sanitätshaus günstiger ist, einen neuen bei LEGO & Co. zu kaufen, als den alten zu reparieren.

 

Auf meinem AOK-Shopper sitzend versuche ich Haltung zu bewahren, als mein Telefon klingelt. Es ist die Werkstatt meines Sanitätshauses. Am Apparat eine resolute, energische und sehr, sehr deutsche Mitarbeiterin.

"Es gibt Schwierigkeiten mit ihrer Reparatur", sagt sie, "Sie haben keinen Aufkleber an ihrem Rollstuhl.“

 

Ach, die Dame meint sicherlich diesen kleinen Aufkleber auf meinem Handbuch. „Kein Problem“, sage ich deshalb, und will ihr die Seriennummer durchgeben.

 

„Nein, nein, das können wir so nicht machen. Der Aufkleber muss am Rollstuhl angebracht sein, sonst darf der gar nicht verkauft oder repariert werden. Ist der Rollstuhl ohne Aufkleber, muss er aus Versicherungsgründen sofort aus dem Verkehr gezogen werden. Andere mögen das vielleicht anders machen, ich nicht! Dann die defekte Rückenlehne und die kaputten Lager in den Lenkrädern; diese Reparaturen laufen noch unter der Garantie des Sanitätshaus, von dem sie den Rollstuhl bekommen haben. Die müssen das kostenlos machen. Unsere Reparatur-Kosten wird die Krankenkasse nicht übernehmen.“

 

„Und was machen wir jetzt?“, frage ich Böses ahnend.

 

„Jetzt werde ich Ihre Krankenkasse anrufen und denen die Verzögerung erklären. Denn zuerst müssen wir ihren Rollstuhl zurück an den Hersteller schicken, damit er ihn noch mal begutachtet und ein neues Etikett draufklebt. Wenn der Rollstuhl dann zurückkommt, schicken wir ihn an das andere Sanitätshaus für die Reparaturen. Und erst wenn er danach wieder hier ist, machen wir die von Ihnen gewünschte Anpassung und den Wintercheck. Es wird also etwas dauern.“

 

Zärtlich streichele ich meinen zerbrechlichen AOK-Shopper: „Halt durch, mein Kleiner! Wir zwei schaffen das!“

 

 

 

 

Impressum

Texte: Wilma Feuerstein
Cover: Fred Feuerstein 2023/9
Tag der Veröffentlichung: 09.09.2023

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