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1. Einleitung: Was kennzeichnet einen Lebensmittelskandal?

BSB, EHEC, Dioxin in Eiern oder der Döner-Gammelfleischskandal: Seit den letzten 30 Jahren werden zunehmend mehr Lebensmittelskandale aufgedeckt und durch die Medien (Fernsehen, Zeitung, Radio, Internet…) publik gemacht. Mittlerweile vergeht kaum ein Jahr ohne solch einen Skandal. Was steckt eigentlich dahinter? Gefährdung des allgemeinen Wohles und Gesundheit oder eine gezielte Panikmache? In erster Linie bezeichnet ein Lebensmittelskandal einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Lebensmitteln, wodurch diese mit Keimen kontaminiert, verdorben oder mit chemischen Stoffen belastet sind, sowie Verunreinigungen durch Stoffe, die nicht in Lebensmittel gehören (grobe Gegenstände wie z.B. Scherben oder Holzspäne).

 

Die Auswirkungen von solchen Skandalen können stark variieren. Im besten Fall hat es keine großen Auswirkungen auf den Verbraucher, während in anderen Fällen Menschen erkranken oder sogar sterben. Ebenso kann der Grad der Verbreitung ganz unterschiedlich sein, z.B. können nur ein kleiner Bezirk oder wenige Läden/Restaurants betroffen sein oder sogar mehrere Länder. Die Auswirkungen reichen vom verdorbenen Geschmack bis hin zu Krankheitsausbrüchen und Todesfällen. In einigen Fällen entstand ein hoher finanzieller Schaden und immer wieder mussten sich Verantwortliche für solche Skandale vor Gericht verantworten.

2. Definition

 

Ein Lebensmittelskandal ist ein gesetzwidriger bzw. unangemessener Umgang mit Lebensmitteln, der durch nicht fachgerechte Herstellung, verkehrte Lagerung, überschreiten des Haltbarkeitsdatums, falsche Etikettierung oder Kundentäuschung hervorgerufen wird[i]. Die Qualität der Lebensmittel ist stark vermindert bzw. ungenießbar und in manchen Fällen eine ernstzunehmende Gefahr für die Gesundheit, da man anhand des Geschmackes und des Geruchs nicht erkennt, ob ein Lebensmittel kontaminiert ist. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wodurch ein Lebensmittel verseucht oder verunreinigt sein kann.

 

Lebensmittel können mit Mikroorganismen (Bakterien u. Pilzen) kontaminiert sein, die krank machen können. Dies geschieht durch Fehler bei der Verarbeitung (mangelnde Hygiene am Arbeitsplatz), bei nicht ordnungsgemäßer Lagerung (keine ausreichende Kühlung oder zu hohe Sonneneinstrahlung) oder beim Überschreiten des Haltbarkeitsdatums. In anderen Fällen können Verunreinigungen durch nicht zugelassene Stoffe auftreten, wie durch Chemikalien, wie z.B. Melamin in Babymilchpulver 2008 in China[ii]. In höheren Dosen können sich die chemischen Substanzen negativ auf die Gesundheit auswirken.

 

Von einer physikalischen Verunreinigung spricht man, wenn das Produkt durch Glasscherben, Metallstückchen oder Holzsplitter verunreinigt sind, wie z.B. Glassplitter in Snackdips[iii]. Auch bei einer bewussten Kundentäuschung, in diesem Fall bei falsch deklarierten Lebensmitteln, spricht man von einem Lebensmittelskandal, z.B. Pferdefleisch in Lasagne oder schwedischen Köttbullar. Das gilt ebenso für den Etikettenschwindel beim Gammelfleischskandal, als bereits abgelaufenes Fleisch neu etikettiert wurde und  wieder in den Handel kam.

 

[i] www.wikipedia.de: Lebensmittelskandal

[ii] www.online-focus: Verunreinigtes Milchpulver – Babymilch-Skandal immer dramatischer, 17.09.08

[iii] www.spiegelOnline.de: Rückrufaktion: Snackhersteller entdeckt Glassplitter in Dip, 13.01.15

3.0. Chronik von Lebensmittelskandalen

Lebensmittelskandale gab es immer schon und in regelmäßigen Abständen kommen neue hinzu. Doch seit dem es die Medien in der Form gibt, wie wir sie kennen, werden vermehrt diese Art von Skandalen aufgedeckt. Nicht nur in Deutschland gibt es Lebensmittelskandale, sondern weltweit mit unterschiedlichem Ausmaß, die vom schlechten Geschmack bis hin zu Krankheiten und Todesfällen reichten. In den folgenden Unterkapiteln werden die bekanntesten Lebensmittelskandale aus den letzten drei Jahrzehnten vorgestellt, die ganz unterschiedliche Auswirkungen und Konsequenzen mit sich trugen - vom Betrug über falsche Ettikettierung bis hin zu ernsten Erkrankungen. 

3.1. Glykol in Wein

Im August 1985 gelang der Glykolskandal offiziell an die Öffentlichkeit, als das Bundsegesundheitsministerium in Bonn eine Warnliste bekannt gab. Sie enthielt 803 österreichische und 27 deutsche mit Diethylenglykol gepanschte Weine[i]. Diethylenglykol wird verdünnt mit Wasser als Frostschutzmittel eingesetzt und ist gesundheitsschädlich. In Folge von oraler Aufnahme einer größeren Menge von Diethylenglykol kommt es zur Schädigung aller Körperorgane, besonders der Nieren, die als erstes versagen[ii]. Die Winzer der betroffenen österreichischen Weinbetriebe hatten wissentlich ihre Weine mit Diethylenglykol gepanscht um ihre Weine süßer zu machen und damit der hohen Nachfrage deutscher Verbraucher nach lieblichen, billigen Weinen nachzukommen.

 

Viele deutsche Großlieferanten von Wein hatten wie gebräuchlich ihre Weine mit Importweinen aus Österreich geschnitten(gemischt). Durch die Veröffentlichung dieses Skandals wurde das Ansehen und das Vertrauen in die Weinproduzenten erheblich geschädigt. Das Misstrauen der Verbraucher war durchaus berechtigt. So wurden bei einem der größten Weinlieferanten im süddeutschen Raum Pieroth 9 Glykolweine von 22 Weinen, die mit österreichischen Weinen gemischt wurden festgestellt. Wobei 12 von denen mit höchsten Auszeichnungen versehen wurden. Auch viele andere deutsche Weine in denen Diethylenglykol festgestellt wurde hatten die angeblich strengen amtlichen Qualitätsprüfungen mit Bravur bestanden und wurden nach erneuten schweren Prüfungen bei der Bundesweinprämierung mit dem großen Preis ausgezeichnet.

 

Das große Misstrauen der Verbraucher in die deutschen und österreichischen Weine zeigte sich in der zurückgehenden Nachfrage in den deutschen Supermärkten, wo diese teilweise gegen Null ging. In Folge dessen mussten 27 Kellereien, 10 Weinspeditionen und 7 Zulieferer auf Kurzarbeit umsatteln. Die Winzerei Walter Seidel geriet in Konkurs nachdem die deutschen Medien fast täglich über neue Glykolweine von dieser Firma und der Pieroth-Gruppe berichtet hatten[iii]. Als Konsequenz zu diesem Skandal erließ Östereich das schärfste Weingestez Europas, das so hart war, dass fast kein Sekt mehr hätte hergestellt werden können. In den Folgejahren dieses Gesetzes konnten sich die österreichischen Weinbetriebe von ihrem schlechten Ruf befreien und zu einem Vorreiter von Hoher Weinqualität werden.

 

[i] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13515424.html

[ii] http://www.sueddeutsche/leben/jahre-glykolskandal-suesses-gift-1.989808

[iii] http://www.wikipedia.org/wiki/Diethylenglukol

 

3.2. Fadenwürmer in Fischfleisch

 

Am 28 Juli 1987 zeigte die Sendung Monitor im ARD wie Wissenschaftler bis zu 2 Zentimeter große Fadenwürmer aus dem Muskelfleisch in der Nordsee gefangener Fische pulten. Das löste bei den zahlreiche Zuschauern der Sendung derartigen Ekel hervor, dass diese danach keinen Fisch mehr essen wollten. Außerdem wurden auch in den Fischereibetrieben vermehrt von Fadenwürmern befallenen Fische gefunden. Dazu wurden in zahlreichen Krankenhäusern und Kantinen Fischgerichte vom Speiseplan entfernt. Im VW-Werk in Wolfsburg wurde die Ausgabe von 800 Eimern und 1500 Schalen Matjes und Rollmöpsen gestoppt. Fischfachgeschäfte und Restaurants blieben auf ihren Angeboten sitzen. In Folge der genannten Reaktionen ging der Umsatz der Fischerei um 60% zurück[i].

 

Ursache des vermehrten Auftretens diese Parasieten waren der zunehmende Bestand an Meeressäugern wie Robben und Seehunden im Nordatlantik. Diese dienen dem Wurm als Endwirt in der Entwicklungskette und über dessen Kot verbreitet sich der Wurm hieß es auf einer damaligen Expertentagung in Kanada. Laut den damaligen Aussagen von Heino Möller, Parasitologe am Kieler Institut für Meereskunde liege die Schuld bei einigen Fischverarbeitungsfirmen, die den Fisch nicht fachgerecht filitieren und marinieren würden, bei dessen Vorgang der Wurm entdeck werden könne.

 

Außerdem lasse sich die Gefahr durch fachgerechte Verarbeitung des Fisches nach dem Fang wie vollständiges Ausnehmen der Innereien, Pökeln, Lagern im Garbad aus Salz und Essig sowie Tieffrieren oder Erhitzen über 65°C stark verringern. Bei den eben genannten Vorgängen stirbt der Wurm bzw. seine Eier. Der befallene Fisch könnte also bei normaler sachgerechter Lagerung und Zubereitung bedenkenlos verzehrt werden. Demensprechend kam es auch trotzt der zunehmenden Anzahl der mit dem Fadenwurm befallenen Fische bundesweit zu nur 8 Fällen von den als Anisakiasis bezeichneten Befall von Fadenwürmern beim Menschen[ii].

 

[i] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13523439

[ii] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13523439

3.3. Lebensmittelskandale um den „Hühnerbaron“

 

Seit den 1960er Jahren ist die Familie Pohlmann als Eierproduzent tätig. Anton Pohlmann, der auch Hühnerbaron genannt wird gründete die Firma die sich heute hinter dem Namen Bayern Ei versteckt und schnell zum größten Eierlieferanten Europas wird. Sein Erfolgsrezept beruht auf Massentierhaltung. Die Legehennen sind gezwungen in engen Legebatterien dicht nebeneinander zu leben. 1996 wurden Anton Pohlmann und Sohn Stefan Pohlmann wegen des Gebrauchs von Nikotingas als Desinfektionsmittel zur Milbenbekämpfung verklagt. In Folge der Nikotingaseinsetzung verendeten Tausende Hühner qualvoll, ein Mitarbeiter erleidet schwere Vergiftungen und die Eier aus den betroffenen Ställen werden verseucht[i]. Der Vater erhält ein Berufsverbot und der Sohn wird durch die Zahlung einer hohen Geldsumme freigesprochen[ii].

 

Im selben Jahr wird Anton Pohlmann erneut angeklagt dieses Mal weil er ein verbotenes Arzneimittel zur Salmonellenbekämpung eingesetzt hat. Das Landgericht Oldenburg verurteilt ihn zu 2 Jahren Haft und einer Geldstrafe von 3,1 Millionen Euro. Bei dem Prozess wird festgehalten, dass Pohlmann gegen das Arznei-,Lebensmittel- und Tierschutzgesetz verstoßen hat. Außerdem wird ein deutschlandweites Verbot zur Tierhaltung gegen ihn ausgesprochen. Daraufhin verkauft Anton Pohlmann sein Unternehmen an die deutsche Frühstücksei GmbH und sein Sohn Stefan versucht in Tschechien nahe der deutschen Grenze Fuß zu fassen woraufhin tschechische und deutsche Bürgerinitiativen gegen ihn mobil machen.

 

Ab den 1980er Jahren ist die Familie auch in den USA aktiv wo sie auch schnell zu einem der größten Eierlieferanten des Landes werden. Auch hier sorgt das Unternehmen für negative Schlagzeilen: Umdeklarierte verdorbene Eier, Zerstörung der Flussfauna durch eingeleitete Hühnergülle, unsachgemäße Versorgung von Kadavern, lebensgefährliche Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter und Impfstoffe im Grundwasser. Bei der Zerstörung einer seiner Massentierställe durch einen Tornado sind 1 Millionen Hühner neun Tage in ihren Käfigen eingeklemmt und werden nicht versorgt woraufhin viele Hühner ersticken oder verhungern. Die Skandalreihe führt letztendlich dazu, dass Pohlmann seine Ställe in den USA schließen muss. Mitte Mai diesen Jahres steht die Firma Bayern Ei, dessen Inhaber Stephan Pohlmann ist erneut im negativen Rampenlicht, weil er mit Salmonellen infizierte Eier aus seinen Farmen als B-Eier für industriell gefertigte, abgekochte Lebensmittel in den Mark hat gelangen lassen.

 

 

[i] http//www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/lebensmittel aid 107167.html

[ii] http://www.focus.de/finanzen/news/pohlmann-gefluegelhof-unter-verdacht-samonellenausbruch-die-unappetitlichen-geschaefte-des-huehnerbarons id 4698

3.4. BSE-Krise

 

BSE(Bovine Spongiforme Enzephalopathie) entstand durch die Übertragung der Traberkrankheit Scrapie von Schafen auf Rinder. Bei der Scrapie(Schafe, Ziegen), BSE(Rinder), Creutzfeld-Jakob-Krankheit (Mensch) handelt es sich um eine Krankheit die von verändererten pathogenen Eiweißen den Prionen ausgelöst wird[i]. In deren Krankheitsverlauf löst sich das Gehirn auf. Das Eiweiß ist in der Lage die Artschranken zu überwinden. In England wurden in den 1960er- und 1970er die Kadaver der zuhnemend an Scrapie erkrankten Schafe zu Tiermehl verarbeitet und diese an die Rinder verfüttert. 1986 wird der erste BSE-Fall bekannt[ii]. In den folgenden Jahren erkranken immer mehr Rinder in Großbritannien an BSE. Es kommt zu mehreren Verboten zur Verfütterung von britischen Tiermehls und den Import von britischen Rindern in andere EU-Länder durch die EU sowie durch die britische und deutsche Regierung.

 

1992 tritt der erste BSE-Fall in Deutschland bei einem Rind auf, das aus England importiert wurde. Außerdem entwickelt der Mikrobiologe Harash Narang den ersten BSE-Test, der auch Rindern ohne Symptome auf die Krankheit untersuchen kann. Die EU verbietet 1994 den Import von britischem Rindfleisch innerhalb der EU. 1995 starb der erste Mensch in Großbritannien an BSE, das beim Menschen in Form der neuen Form des Creutzfeld-Jacob Syndroms auftritt. Am 27.03.1996 wird von der EU ein weltweites Exportverbot von britischen Rinder und deren Produkten durchgesetzt. Am 23.04.1998 wird von der EU ein BSE-Schnelltest eingeführt, der zuvor von Schweizer Forschern entwickelt wurde und Ergebnisse innerhalb von 10- 12 Stunden liefert.

 

Am 14.07.1999 wird von der EU das weltweite Exportverbot von britischen Rindern und Rinderprodukten wieder aufgehoben. Am 17.03.2000 wird das Einfuhrverbot von britischen Rindern in Deutschland durch den Bundesrat ebenfalls aufgehoben. Am 26.11.2000 wird in Deutschland die ein Gesetz beschlossen, was allgemein die Verfütterung von Tiermehl verbietet. Am 04.12.2000 beschließt der Rat der Agrarminister ebenfalls ein EU-weites Verbot der Verfütterung von Tiermehl für ein halbes Jahr, das ab dem 01.01.2001 in Kraft tritt[iii]. In Deutschland bis 2006 406 Rinder an BSE, 125 davon alleine im Jahr 2001. Weltweit werden ca. 190.000 BSE-Fälle gezählt, wovon 98% in Großbritannien auftraten[iv]. In England und Frankreich starben zusammen 200 Menschen an der auf BSE zurückzuführenden Creutzfeld-Jakob-Krankheit während in Deutschland bis heute kein einziger Fall aufgetreten ist.

 

 

[i] http://www.n-tv.de/politik/die-BSE-Krise-article141626.html

[ii] http://www.spiegel.de/politik/ausland/rinderseuche-die-chronologie-der-bse-krise-a-105210.html

[iii] http://www.sueddeutsche.de/wissen/zehn-Jahre-nach-der-bse-krise-hysterie-und-wahn-1.1027803

[iv] http://www.wikipedia.org/wiki/Bovine spongiforme Enzephalopathie

3.5. Gammelfleischskandal

 

Im März 2005 hatten Mitarbeiter zweier Real-Filialen in der Region Hannover abgelaufenes Hackfleisch neu verpackt und damit umetikiert so dass das Haltbarkeitsdatum verlängert wurde. Im November desselben Jahres werden bei einem Fleischgroßhändler in Gelsenkirchen Tonnen von überlagertem, Gefrierbrand aufweisenden eventuell verdorbenen Fleisches beschlagnahmt[i]. Der Großhändler hatte insgesamt über 130 Tonnen dieses ungenießbaren Fleisches an Fleischereinen in Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein- Westfahlen verkauft sowie als Stichfleisch bezeichnete Schlachtabfälle umdeklariert und an Wurstfabriken verkauft[ii]. Daraufhin wurden im gesamten Land Kühlhäuser, Fleischereien und Fleischverarbeitungsbetriebe auf Gammelfleisch untersucht.

 

Allein im Münchener und niederbayrischen Raum wurden dabei 100 Tonnen Gammelfleisch gefunden. Ein nicht geringer Teil des Gammelfleisches wurde vermutlich verzehrt bevor es beschlagnahmt werden ikonnte[iii]. Doch oft ist das abgelaufene Fleisch noch nicht verdorben. Es schmeckt vielleicht nicht mehr besonders gut aber die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung ist gering zumal das Fleisch in den meisten Fällen tiefgefroren ist. Darüber hinaus ist der menschliche Körper durchaus in der Lage auch älteres Fleisch zu verdauen[iv] solange es noch nicht mit krankheitserregenden Bakterien verunreinigt ist. So besteht auch lange nach der Aufdeckung der zahlreichen Gammelfleischskandale von Ende 2004 bis 2007 die Möglichkeit, dass wir Gammelfleisch verzehren ohne es zu merken zumal der Handel damit trotz der verstärkten Kontrollen einfach zu profitabel ist.

 

[i] http://www.peta.de/skandalchronik

[ii] http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/lebensmittelskandale/tid-11388/lebensmittelskandale-heute-antibiotika-gestern-ehec-und-morgen-tonnenweise

[iii] http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/gammelfleischskandale-Eine-kurze-Chronik-id2722391.html

[iv] http://www.geschichte.nrw.de/artikel

3.6. Verseuchte Babymilch in China

 

Mitte September 2008 kam wurde die giftige Chemikalie Melamin nach und nach im Milchpulver von insgesamt 22 Herstellern nachgewiesen. 14% der untersuchten Stichproben enthielten die Substanz und wurden beanstandet die Hersteller zogen daraufhin die betroffene Milchpulver aus den chinesischen Supermärkten zurück. Das gleiche gilt für die Länder Burma, Jemen, Bangladesch, Gabun und Burundi, in die das Pulver ebenfalls geliefert wurde. Das Melamin war an den Milchsammelstellen der Milch zugefügt worden um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen und damit die Streckung des Pulvers mit Wasser und anderer Substanzen zu verdecken.

 

Dies funktioniert daher so gut weil der Proteingehalt an Hand des Stickstoffgehaltes der Milch ermittelt wird und Melamin ein sehr stickstoffreicher Aromat ist. Der Stickstoffgehalt wird nach Kjeldahl bestimmt[i]. Nach der oralen Aufnahme größere Mengen von Melamin kommt es zur Bildung von Nierensteinen in der Niere. Diese werden durch Reaktion von Melaminsalzen mit anderen in der Niere vorkommenden Stoffen zum Beispiel Glykolsäure durch Auskristallisierung erzeugt. Die Bildung von Nierensteinen kann bei entsprechender Dosis so weit gehen, dass die Nieren versagen und der oder die Betroffene stirbt.

 

Bei Veröffentlichung des Skandals bildeten sich vor den chinesischen Krankenhäusern lange Warteschlangen wütender Eltern die ihre Kinder mit den betroffenen Milchpulvern gefüttert hatten und nun ihrer Kinder untersuchen lassen wollten[ii]. Insgesamt erkrankten aufgrund des mit Melamin gepanschten Milchpulvers ca. 300.000 Babys und 6 Babys starben. Daraufhin kündigte die chinesische Regierung an die Milch in Zukunft auch auf Melamin zu prüfen. Viele chinesische Mütter setzen während dieser Krise auf ausländisches Milchpulver unter anderem aus Deutschland wodurch es hier zu Engpässen kam. Dieses Milchpulver ist zwar teurer wird dafür jedoch strenger kontrolliert wird.

 

[i] http://www.wikipedia.de/wiki/Melamin

[ii] http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/verseuchte-babynahrung-in-china-vergiftestes-milchpulver-wurde-in-viele-laender-exportiert-a-578741.html

3.7. Dioxin in Eiern

Im Jahr 2010 wurden in mehreren Bundesländern (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen) bei einer Kontrolle erhöhte Dioxinwerte in Eiern nachgewiesen[i]. Oft handelte es sich um sogenannte Bio-Eier. Als Ursache dafür galt kontaminiertes Hühnerfutter, dabei handle es sich um dioxinbelasteten Mais aus der Ukraine[ii]. Obwohl Dioxin in größeren Mengen gesundheitsgefährdend ist, da sich Dioxin im Körper einlagert und fettlöslich ist, bestand laut dem Gesundheitsministerium bei den nachgewiesenen Konzentrationen keine Gefahr für die Gesundheit. Dennoch sollte Dioxin laut des Verbraucherschutzministeriums nicht über längere Zeit regelmäßig aufgenommen werden.

 

 Dennoch nahmen viele Supermarktketten (z.B. Lidl) dioxinbelastete Eier aus dem Sortiment und betroffene Höfe wurden aufgefordert, keine Eier und kein Fleisch mehr in Umlauf zu bringen. Manche Betriebe mussten (vorübergehend) geschlossen werden. Erst nachdem nachgewiesen wurde, dass die Eier nicht mehr belastet waren, durften die betroffenen Höfe wieder Eier ausliefern. Obwohl keine Menschen zu Schaden kamen, beliefen sich die Einbußen für die Landwirte auf über 100 Mio. Euro[iii]

 

 

[i] www.spiegelOnline.de: Futterskandal – Kontrolleure finden mehrere Dioxin-Eier in mehreren Bundesländern, 07.05.15

[ii] www.online-focus de: Lebensmittelgift – Dioxinbelastete Bio-Eier entdeckt, 07.05.10

[iii] www.welt.de: Dioxin-Skandal – Bauernverband beklagt 100 Mio. Euro Schaden, 15.01.11

 

3.8. EHEC – HUS Epidemie

Anfang 2011 kam es in Deutschland, überwiegend im Norden zu einem größeren Ausbruch der EHEC-Epidemie. Die Betroffenen litten unter Durchfällen, Fieber, Bauchkrämpfen, Erbrechen und in schweren Fällen unter Nierenversagen (HUS-Syndrom), welches durch einen gefährlichen Darmkeim hervorgerufen wurde[i]. In anderen Fällen wiederum traten keine bis schwache Symptome auf. Das Bakterium gehört zum Stamm der E.Coli. EHEC ist die Abkürzung für Enterohämorrhagische Escherichia Coli.

 

Das Bakterium sondert im Darm einen toxischen Stoff ab, der zu Durchfällen, inneren Blutungen und in heftigeren Fällen zum HUS-Syndrom führt. Insgesamt erkrankten über 4000 Personen, davon einige schwer (mit Nierenversagen) und es starben 53 Erkrankte. Zunächst wurde der Erreger mit Gemüse in Zusammenhang gebracht, insbesondere Gurken aus Spanien. Kurz darauf wurde der EHEC-Keim in Sprossen nachgewiesen. Letztlich galten aus Ägypten importierte Bockskleesamen, die mit EHEC-Erregern kontaminiert waren, als Ursache[ii]

 

Auch kann der Erreger von Tieren auf den Menschen übertragen werden sowie von Mensch zu Mensch. Durch die EHEC-Krise entstand ein millionenschwerer Schaden für die Gemüseproduzenten, da in den Supermärkten kaum noch Gemüse gekauft wurde und Tonnen von Gemüse vernichtet werden mussten. Für den entstandenen Schaden kam die EU bis zu einem gewissen Grad auf und zahlte 210 Millionen Euro an die Landwirte[iii].

 

 

[i] www.augsburger-allgemeine.de: Infektion; EHEC, HUS, Symptome, Schutz – Das sollten Sie wissen, 02.06.11

[ii] www.bfr.bund.de: EHEC-Ausbruch 2011: Ein Resümee aus der Sicht der Risikobewertung

[iii] www.tagesschau.de: Brüssel bietet 210 Mio. Euro Entschädigung, 08.06.11

 

3.9. Pferdefleisch in Lasagne und Wurst

Bei Lebensmittelkontrollen wurden bei einigen Stichproben von Fertiggerichten z.B. Lasagne oder Ravioli Pferdefleisch nachgewiesen, verwendet anstelle von Rindfleisch, wie es auf der Verpackung stand. Falsch deklarierte Lebensmittel (Pferdefleisch in Lebensmitteln) gelangten in Deutschland, Österreich, Tschechien und weiteren europäischen Ländern in den Handel[i]. In einigen Fällen wurde Rindfleisch mit nicht deklariertem Pferdefleisch vermischt. Zum größten Teil kam das Pferdefleisch aus dem Ausland, insbesondere aus Rumänien. In Luxemburg, den Niederlanden und weiteren Ländern wurde das Fleisch weiter verarbeitet und gelangte von dort aus nach Deutschland in die Supermärkte.

 

Über mehrere Jahre wurden pferdefleischhaltige Produkte an die Supermärkte geliefert, bis bei Kontrollen auffiel, dass etliche Fertigprodukte Spuren von Pferdefleisch enthielten. Die betroffenen Supermarktketten nahmen Produkte aus dem Sortiment, die Pferdefleisch enthielten oder enthalten konnten[ii]. Zwar kamen bei diesem Lebensmittelskandal keine Verbraucher zu Schaden, dennoch handelt es sich hierbei um eine betrügerische Absicht Kunden zu täuschen. Auch in den Köttbullar von Ikea wurden Spuren von Pferdefleisch nachgewiesen, hier war eine Ikea-Filiale in Tschechien betroffen. Im Frühjahr 2015 musste sich ein niederländischer Händler vor Gericht verantworten und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt[iii].

 

[i] www.wikipedia.de: Pferdefleischskandal in Europa 2013

[ii] www.sueddeutsche.de: Pferdefleischskandal weitet sich aus, 11.02.13

[iii] www.faz.net: Pferdefleischskandal – Zweieinhalbjahre Haft für Fleischhändler, 07.04.15

 

3.10. Listerien in Wurstwaren

Nach dem Verzehr von Wurstwaren, meist Hotdogwürstchen, erkrankten einige Menschen in Dänemark an heftigen Infektionen (Listeriose). Rund 15 der Erkrankten starben an den Folgen, die häufig durch Vorerkrankungen geschwächt waren[i]. Laboruntersuchungen ergaben, dass die Wurstprodukte (oft Hotdogwürstchen eines bestimmten dänischen Herstellers) mit Listerien, stäbchenförmige Bakterien der Gattung Listeria, verseucht waren. Die mit Listerien befallenen Produkte wurden zurückgerufen und einige Lebensmittelfabriken geschlossen. Die betroffene Fabrik hatte auch Ware nach Schleswig-Holstein geliefert, wo die Ware aus dem Sortiment genommen wurde.

 

Ebenso wurden Hotdogwürstchen des gleichen Herstellers, die evtl. mit Listerien verseucht hätte sein können, auf der Ostseefähre zwischen Deutschland und Dänemark verkauft[ii]. Bei einem leichten Krankheitsverlauf äußert sich eine Listeriose mit Brechdurchfall, Kopf- und Gliederschmerzen, Krankheitsgefühl und Fieber.  Verläuft die Infektion schwer, kann es zu einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen und in noch selteneren Fällen kann diese Erkrankung zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) führen[iii]. Besonders für Kleinkinder, Vorerkrankte und ältere Menschen kann diese Infektion gefährlich werden, bei diesen Personengruppen ist die Sterberate deutlich erhöht. Meist beträgt die Inkubationszeit vom Zeitpunkt des Verzehrs eines kontaminierten Produktes bis zum Ausbruch der Krankheit drei Tage bis wenige Wochen.

 

 

[i] www.tagesspiegel.de: Tote nach Fleischskandal in Dänemark – Ministerium: Keine verseuchte Wurst in Deutschland, 13.08.14

[ii] www.ndr.de: Verseuchte Wurst auch auf Ostseefähren?, 18.08.14

[iii] www.netdoktor.de: Listeriose: Ursachen, Diagnose & mehr, 29.08.14

 

4. Lebensmittelskandale und Medien

 

Medien sind es, die oft Lebensmittelskandale publik machen, weil sie  dieses Wort in den Mund nehmen und an die Öffentlichkeit bringen. Je größer ein Lebensmittelskandal ist, desto mehr rückt dieser in den Fokus von Presse, Rundfunk und Fernsehen[i]. Wird irgendwo ein solcher Skandal, der bedeutende Ausmaße hat, aufgedeckt, sind schnell Kameras und  Reporter vor Ort. Dort wird von der Ursache, den Auswirkungen und den entstandenen Schäden berichtet. Je länger ein Lebensmittelskandal anhält, je mehr darüber herausgefunden wird und je größer die Auswirkungen sind, desto länger hält der Medientrubel an.

 

 Kommen Menschen zu Schaden, indem sie erkranken oder sogar an den Folgen von Vergiftungen oder Infektionen sterben, wird täglich darüber im Fernsehen, Radio und in den Zeitungen berichtet. Genauso wenn hohe finanzielle Schäden entstehen, weil große Mengen an Lebensmitteln vernichtet oder aus dem Verkehr gezogen oder Fabriken geschlossen werden müssen. Dass in den Medien oftmals ununterbrochen darüber berichtet wird, führt dazu, dass diese Skandale vermehrt in das Bewusstsein der Verbraucher rücken, was nicht selten bei Konsumenten zu starken Verunsicherungen oder zur Panikmache führt.

 

Sie legen Wert darauf zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen[ii]. Ein Großteil der Verbraucher überdenken ihr Konsumverhalten, wenn sie von diversen Lebensmittelskandalen erfahren und achten genau darauf, was gekauft wird und was nicht. Einige Kunden kaufen bestimmte Lebensmittel nicht mehr, wie z.B. während der EHEC-Krise.  Nachdem bekannt wurde, dass diverse Gemüsesorte und Sprossen mit EHEC-Erregern kontaminiert waren, brach der Gemüseumsatz völlig ein. 

 

 

[i] Wer hat das Rind zur Sau gemacht?: Udo Pollmer, Andrea Fock, Monika Niehaus, Jutta Muth – Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2012

[ii] www.nwzonline.de: Lebensmittelskandale verunsichern Verbraucher, 01.03.13

5. Wie kann man als Verbraucher Lebensmittelskandalen aus dem Weg gehen?

 

Die zahlreichen Lebensmittelskandale haben dazu beigetragen, dass einige Verbraucher vorsichtiger geworden sind und mehr auf die Auswahl der Produkte achten. Immer mehr Verbraucher wollen darauf achten, was und wo sie einkaufen. Hierbei gibt es nur eine Möglichkeit: höherwertige Lebensmittel kaufen, deren Herkunft genau bekannt und evtl. mit einem Bio-Gütesiegel versehen ist. Oft bekommt man hochwertigere Lebensmittel auf Wochenmärkten, in Bioläden oder in Hofläden[i]. Die Produkte sind naturbelassen und ohne Zusatzstoffe (z.B. künstliche Farbstoffe oder Geschmacksverstärker).

 

Ebenso wird mehr auf die Qualität geachtet, besonders Biolabels unterliegen sehr strengen Kontrollen.  Um nicht auf Fertiggerichte aus dem Supermarkt zurückgreifen zu müssen, hilft es, sich das Essen selber zu zubereiten. Viele Lebensmittel aus Bioläden, von Wochenmärkten oder  ökologische Produkte sind teuerer als Lebensmittel, aber dafür hochwertiger und die Wahrscheinlichkeit ist deutlich geringer, dass sie mit Chemikalien oder Mikroorganismen verunreinigt sind oder verkehrt verarbeitet wurden.

 

[i] Wer hat das Rind zur Sau gemacht?: Udo Pollmer, Andrea Fock, Monika Niehaus, Jutta Muth – Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2012

6. Fazit

In den letzten Jahren häufen sich die Lebensmittelskandale und immer mehr Wahrheiten kommen ans Licht. Dabei zeigt sich Eines: Hochwertige Lebensmittel sind nicht zum Nulltarif  zu haben.Bei Lebensmittelskandalen können die Lebensmittel mit Chemikalien oder scharfen Gegenständen kontaminiert oder mit Mikroorganismen verunreinigt sein. Das Haltbarkeitsdatum kann überschritten, ebenso kann die Ware falsch deklariert, falsch verarbeitet oder falsch gelagert worden sein. Die Auswirkungen können ganz unterschiedliche Ausmaße annehmen, vom schlechten Geschmack, über größere finanzielle Schäden bis hin zu Krankheits- und Todesfällen.  

 

In einigen Fällen mussten große Mengen betroffener Lebensmittel aus dem Handel genommen und vernichtet werden. Manchen Lebensmittelproduzenten und Herstellern hat manch so ein Lebensmittelskandal große Einbußen oder das Aus für das Unternehmen gebracht. Vor allem die Medien haben durch die Art und der Intensität der Berichterstattung Einfluss darauf, wie sich ein Lebensmittelskandal auf das Konsumverhalten der Verbraucher auswirkt.  Ebenso können die Reaktionen der Verbraucher sehr unterschiedlich sein, die von Gelassenheit über Empörung bis hin zu Verunsicherung und Angst reichen können. Man sollte darauf achten, wo die Lebensmittel herkommen und gegebenenfalls höherwertige Produkte kaufen.

 

Genauso wichtig ist es die Lebensmittel vor dem Verzehr zu begutachten, ob das Aussehen, die Konsistenz, der Geruch und der Geschmack in Ordnung. Fleisch, besonders Geflügel und Fisch sollten gar sein und schnell verzehrt werden und nicht wieder eingefroren werden. Leicht verderbliche Lebensmittel sollten nicht zu lange offen herumstehen und im Kühlschrank gelagert werden. Angeschimmelte Backwaren müssen entsorgt werden, während es bei angeschimmeltem Käse ausreicht den Schimmel heraus zu schneiden. Wichtig wären in diesem Zusammenhang auch, häufigere und strengere Kontrollen von Lebensmitteln, ihren Lieferanten und Futtermitteln  für Tiere durchzuführen.

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 07.10.2015

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