Dieses Buch widme ich all meinen treuen Leser und Leserinnen sowie allen, die mich dazu inspiriert haben dieses Buch zu schreiben. Ebenfalls widme ich dieses Buch allen Bandenmädchen und denen, die es im Herzen sind.
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Es war warm, brütend warm. Die Sonne stach durch die Fenster und erhitzte den Klassenraum auf fast dreißig Grad. Frau Schellhardt hatte schon am Beginn der Mathestunde die Fenster geöffnet, in der Hoffnung, dass frischer Luftzug für Abkühlung sorgen konnte. Die Schüler der 8a schwitzten über ihren Aufgaben. Ausnahmsweise wurde ihnen wegen der hohen Temperaturen gestattet während des Unterrichts zu trinken. Eine verirrte Hummel summte über ihre Köpfe hinweg. Lotta, die direkt neben Vivien saß, zuckte zusammen, als das kleine Tierchen ihr näher kam. Vivien hingegen schaute der kleinen schwarzgelb gestreiften Pelzkugel mit einem zaghaften Lächeln hinterher. Insgeheim mochte sie Hummeln, da sie nicht so aggressiv wie Wespen waren und putzig aussahen.
„Mein Gott ist das heute unerträglich warm!“, stöhnte Vivien und drehte sich zu Lotta um.
„Da sagst du was“, nickte ihre Freundin. „Ich bin auch nicht mehr in der Lage die exponentiellen Funktionen aufstellen. Mein Kopf ist wie Matsche. Ehm, ich meine, wie ne heiße Suppe.“
Das sagte ausgerechnet Lotta, die in Mathe ein Genie war und meist Einsen oder Zweien schrieb.
„Eigentlich müssten wir auf der Stelle hitzefrei bekommen“, bemerkte Mathilda, die mit ihrer Zwillingsschwester eine Reihe vor Vivien und Lotta saß.
„Mir ist es sogar im T-Shirt zu warm“, nun drehte sich auch Annemieke nach hinten um und strich sich eine ihrer hellen Locken aus ihrem Gesicht.
„Die einzigen Orte, die im Moment richtig wären, sind das Freibad und unser Keller, dort ist es immer schön kühl“, ächzte Lotta und wischte sich über ihre verschwitzte Stirn.
„Können wir jetzt die Aufgaben besprechen?“, fragte Frau Schellhardt, die von einem Klausurenheft eines Oberstufenschülers aufsah. Sofort meldeten sich Pauline, Jacob, Finn und Sina. Vivien konnte sich nicht mehr auf das konzentrieren, was Pauline an die Tafel schrieb. Ihr schwammen die Zahlen in einem heillosen Chaos durch den Kopf und die Tafel verschwamm vor ihren Augen.
„Vielleicht muss Mama mir doch eine neue Brille kaufen“, dachte sie und nahm ihre kleine runde Nickelbrille ab.
„Wer mag mit der nächsten Aufgabe weitermachen?“, fragte die Klassenlehrerin. Niemand meldete sich, doch dann hob Mathilda ihre Hand.
„Das was ich sagen will, hat jetzt nichts mit Mathe zu tun“, begann Mathilda zögernd und fuhr fort: „Im Juni haben wir einen Wandertag und Sie haben mit uns noch gar nicht besprochen, was wir an diesem Tag machen.“
„Oh je, das habe ich ganz vergessen. Danke, dass du mich daran erinnert hast“, meinte Frau Schellhardt.
„Können wir das jetzt besprechen?“, bat Kiki.
„Meinetwegen jetzt“, nickte die Klassenlehrerin. Die Zwillinge traten als Klassensprecherinnen nach vorne.
„Habt ihr schon eine Idee, was wir am Wandertag machen könnten?“, fragte Annemieke ihre Klassenkameraden. Sofort zeigte Jannis auf, ein schelmisches Grinsen umspielte seine Mundwinkel.
„Wir könnten Paintball mit roten Farbkugel gegen euch und eure Freundinnen spielen. Dann werdet ihr eurem Namen als Rote Tulpen gerecht“, schlug er vor. Einige ihrer Mitschüler mussten lachen.
„Diese Idioten, nichts als Blödsinn im Kopf!“, flüsterte Lotta Vivien ins Ohr.
„War euer Vorschlag ernst gemeint?“, fragte Mathilda den Anführer der Piranhas ironisch.
„Aber klar doch, Lockenkopf!“, erwiderte Jannis frech.
„Können wir jetzt ernsthaft weiter diskutieren?“, Annemieke klang genervt.
„Wir könnten doch ins Kino gehen, denn bald kommt der neue Film mit meinem Lieblingsschauspieler raus“, zeigte Jolanda auf.
„Willst du wirklich bei strahlenden Sonnenschein und Badewetter in ein warmes stickiges Kino?“, entgegnete ihr Mathilda spöttisch. Gerade als Jolanda zu einer scharfen Bemerkung ansetzen wollte, schrieb Annemieke ihren Vorschlag an die Tafel.
„Wir könnten einen Freizeitpark in der Nähe besuchen“, rief Max in die Klasse.
„Das ist nicht der Zweck eines Wandertages!",unterbrach ihn Frau Schellhardt forsch. „Wir wollen etwas zusammen unternehmen, das unseren Zusammenhalt als Klassengemeinschaft stärkt und ihr noch etwas nützliche Sachen lernen könnt.“
„Immer dieses Lernen und Gebildete“, stöhnte Michael in der letzten Reihe.
„Immerhin können wir noch lernen, wenn wir alt und gebrechlich sind“, stimmte ihm sein Kumpel Lennart zu. „Man soll schon eine schöne Jugend gehabt haben."
„Ich glaube, wenn ihr erst als Opas mit dem Lernen anfangt, ist es schon zu spät“, bemerkte Fianna spöttisch.
„Hey, könnt ihr wieder ruhig sein!“, Mathilda schlug mit einem Holzlineal auf den Tisch. Kiki meldete sich.
„Letztes Jahr habe ich mit meinem Vater eine Kanutour in Schweden gemacht und nachts haben wir in Zelten geschlafen", erzählte sie der Klasse. „Es war einfach nur fantastisch gewesen.“
„Eine Kanutour klingt toll!“, schwärmte Annemieke.
„Dieser Ansicht bin ich auch!“, pflichtete Frau Schellhardt ihnen sofort bei. Bald standen Schwimmbadbesuch, Kino, Wanderung zum Weinberg, Besuch des Dinomuseums, Klettergarten und Kanutour an der Tafel. Die Zwillinge setzten sich wieder und Frau Schellhardt ließ die Klasse abstimmen. Die Wanderung zum Weinberg bekam keine einzige Stimme. Jolanda, Saskia und Neele und zwei weitere Mädchen zeigten für den Kinobesuch auf. Für den Museumsbesuch meldeten sich nur Pauline, Jule und Jacob. Katja und Anja wollten als Einzige ins Spaßbad, während sechs weitere Schüler für den Klettergarten stimmten. Alle anderen zeigten für die Kanutour auf.
„Es ist eindeutig, die Kanutour hat gewonnen“, meinte die Klassenlehrerin und wischte die anderen Vorschläge weg.
Wenige Sekunden klingelte es und die Schüler hielt es nicht mehr auf den Plätzen. Von der Hitze leicht benebelt, stand Vivien am Treppengang und sah sich nach ihren Freundinnen um.
„Huhu, hier sind wir! Ohne Brille bist du offensichtlich blind wie ein Maulwurf!“, rief Fianna und winkte ihr zu. Vivien hatte in der Eile ihre Brille im Klassenraum liegen lassen.
„Komm lass uns zu den anderen gehen, sie warten schon auf uns“, drängte Fianna und hakte sich bei Vivien unter. Nicht vor all zu langer Zeit wurde sie das achte Mitglied der Roten Tulpen und musste sich ihre Aufnahme in die Bande erst hart erarbeiten. Nun war sie glücklich, dass sie in den Bandenmädchen richtig gute Freundinnen gefunden hatten.
„Mist, ich kann die verdammten Stufen nicht erkennen!“, fluchte Vivien leise. Emily fasste sie am freien Arm.
„Fühlst du dich jetzt sicherer?“, fragte Emily. „Bei langem!“, nickte Vivien. Die Rote Sieben traf sich im Schatten der alten Kastanie, wo es angenehm kühl war. Lotta, Kiki, Zwillinge warteten dort bereits auf sie und aßen ihre Pausenbrote. „Hätten wir unsere fabelhaften Zwillinge nicht gemacht, wäre mein Gehirn vor Mathematik und Hitze eingegangen“, bemerkte Kiki anerkennend und biss erneut von ihrem Frischkäsebrot ab.
„Ein Hoch auf dich, Matti!“, jubelte Vivien und fiel einer der beiden Zwillingsschwestern um den Hals. „Haha, ich bin immer noch Annemieke, aber vielleicht sehe ich ja aus wie Matti!“, lachte sie. „Vivi, du hast eh deine Brille nicht auf und siehst wahrscheinlich so viel wie eine Blindschleiche bei Nacht! Kein Wunder, dass du nicht Feinheiten nicht sehen kannst“, spottete Mathilda los. „Ihr seht heute wirklich täuschend gleich aus“, stellte Aylin fest. „Jetzt sehe ich es auch, ihr tragt beide gestreifte T-Shirts und kurze Hosen“, Lotta scannte die Zwillinge von oben nach unten. „Mein T-Shirt ist blauweiß gestreift, während Mickys rote und weiße Streifen hat. Außerdem trage ich gelbe Turnschuhe, während meine Schwester hellblaue Ballerinas anhat“, widersprach Mathilda ihren Freundinnen sofort. „Trotzdem seht ihr heute aus wie typische Zwillinge“, fand Kiki und legte lässig ihre Arme um ihre Freundinnen. „Wie wäre es mit einem Verwechslungsstreich?“, schlug Fianna mit einem schelmischen Grinsen vor. „Super Idee!“, nickte Mathilda, „Mir fällt ein, dass ich gleich in Französisch einen Vokabeltest an der Tafel schreiben muss. Leider habe ich vergessen zu lernen und werde es bestimmt wieder nicht gebacken bekommen“ „Willst du das etwa an deine Schwester navigieren?“, fragte Lotta sie gespielt tadelnd. „Wieso nicht? Warum habe ich eine eineeige Zwillingsschwester?“, erwiderte Mathilda mit einem frechen Grinsen. „Soll ich das wirklich tun?“, Annemieke war sich zuerst unschlüssig. „Ja, das musst du tun!“, bettelte Fianna, „Ich will sehen, wie die Lehrer und unsere Mitschüler darauf reinfallen“ „Erst müsst ihr noch eure Schuhe tauschen“, sagte Emily, „Jeder weiß, dass Micky eine Vorliebe für Ballerinas hat und Matti mehr der sportliche Typ ist“ „Du musst unbedingt deine Haarspange abnehmen und deine Haare verwuscheln“, bemerkte Aylin und wuschelte ihrer Freundin kräftig durch die Haare. „Oh je, jetzt sehe ich bestimmt aus wie ein Clown!“, jammerte Annemieke und ihre Freundinnen fielen vor Lachen beinahe vorne über.
Am Anfang jeder Französischstunde fragte Herr Dupand zwei Schüler die Vokabeln ab. Heute waren Mathilda und Vivien an der Reihe. Statt Mathilda stand nun ihre Zwillingsschwester an der Tafel. Annemieke sah ihrem Zwilling noch ähnlicher wie eh und je, sie trug Mathildas Turnschuhe und hatte ihre goldene Igelhaarspange in ihre Hosentasche gesteckt. Herr Dupand diktierte nach und nach zehn französische Wörter, die sie ohne Probleme an die Tafel schreiben konnte. Vivien tat sich heute besonders schwer, zum einen war Französisch nicht ihr Fach und zum anderen war es für einen Tag im Mai mörderisch heiß. Ihr fielen gleich drei Vokabeln nicht mehr ein und sie verschrieb sich mehrmals. „Ich denke, das kannst du sonst besser. Das sind leider sechs Fehler und somit eine Fünf“, notierte sich der Französischlehrer. Dann kam er zu Annemieke. „Tres bien, Mathilda! Du hast heute nur einen einzigen Fehler gemacht, wo du sonst nicht einmal die Hälfte der Vokabeln weißt. Heute hast du dir deine Eins mit einem kleinen Minus verdient“, lobte er.
Kiki und Fianna mussten sich beherrschen, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Der Verwechselungsstreich war gelungen und niemand merkte davon etwas, noch nicht einmal Freya und Sina, die direkt neben den Zwillingen saßen. Vivien seufzte leise, in letzter Zeit ging es mit ihren Noten immer weiter berg ab. Auf der Realschule war sie immerhin noch die Klassenbeste gewesen und schrieb keine Arbeit schlechter als Zwei. Doch seitdem sie auf dem Gymnasium war, merkte sie, wie viel Stoff ihr wirklich fehlte. Lotta und Annemieke, die in der Schule relativ gut waren, versuchten ihr immer wieder zu helfen und gaben ihr die Hausaufgaben zum abschreiben. Oft war Vivien vor Arbeiten so nervös, dass sie bereits die Hälfte wieder vergaß. „Wie kann ich es bloß meinen Freundinnen und meiner Mutter erklären, dass ich in der Schule so kläglich versage?“, dachte sie nach und schämte sich. „Mach dir nichts aus der Fünf! Das nächste Mal wird bestimmt viel besser“, Fianna legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter.
In der kleinen Pause warteten die Mädchen in der Pausenhalle auf Lotta, Emily und Aylin, die in einem anderen Raum Latein hatten. Sie wussten genau, warum ihre Freundinnen anfingen zu kichern. „Na, habt ihr den armen Französischlehrer reingelegt, ihr frechen Zwillinge?“, Lotta sah die Zwillinge aus Spaß streng an, was bei den Zwillingsschwestern einen Lachkrampf verursachte. „Ja, ich habe zum ersten Mal dank Mickys Hilfe eine Eins in einem Französischvokabeltest“, japste Mathilda und blinzelte ihre Lachtränen weg. „Bravo! Die Verwechslung muss wohl gelungen sein. Ich muss jetzt auch überlegen, wer von euch wer ist“, grinste Aylin. „Und wie sie gelungen ist!“, sprudelte es aus Vivien heraus. „Können wir wieder die Schuhe tauschen, Micky? Ich hole mir in deinen Ballerinas noch Blasen“, sagte Mathilda vom Lachen atemlos. „Von mir aus gerne, schließlich bekomme ich in deinen Turnschuhen Käsefüße!“, neckte Annemieke zurück. „Nicht, dass wir wegen deine Käsefüße an Ort und Stelle erstinken!“, Fianna fächelte wie wild den imaginären Gestank weg und tat so als ob sie gleich ohnmächtig werden würde. Wieder fingen die Freundinnen an zu lachen. Vivien verlor das Gleichgewicht und klammerte sich an Aylins Schulter fest. Für sie gab es nichts Schöneres als mit den besten Freundinnen unbeschwert Spaß zu haben und gemeinsam mit ihnen zu lachen.
Frau Schellhardt opferte zwischendurch immer wieder eine Stunde ihres Unterrichts, um die Kanutour mit der Klasse zu planen. Sogar im Erdkundeunterricht wurde ausführlich besprochen, wo die Route entlang führte. An einem Montagmorgen brachte die Klassenlehrerin die gute Nachricht mit, dass sie sie fünfzehn Kanus bei einem Kanuverleih gemietet hat. Trotzdem gab es noch einige Dinge zu erklären. „Ich werde in einem Elternbrief fragen, wer von euren Eltern als Begleitpersonen mitkommt“, kündigte Frau Schellhardt an. Vereinzelt wurde in der Klasse gemault und gestöhnt. „Wir sind keine kleinen Kinder mehr“, beschwerte sich Max, „Wieso müssen denn dann unsere Eltern mit?“ „Es geht nur darum, dass ein paar Eltern als Aufsichtspersonen mitfahren sollen“
„Ich kann alleine die Verantwortung nicht übernehmen. Wie soll ich einunddreißig Schüler im Auge behalten? Auf jeden Fall fährt Herr Loh schon mal mit und ein Fremdenführer, der den Fluss wie seine Westentasche kennt. Trotzdem brauchen wir noch einige Eltern als Betreuer und Fahrer“, versuchte ihm Frau Schellhardt zu erklären. Saskia zeigte auf, „Wie viele Personen passen überhaupt in ein Kanu?“ „Wir haben Kanus, in denen ihr zu zwei, zu dritt und zu viert sitzen könnt“, antwortete die Klassenlehrerin. „Wir werden uns schon im voraus mal zwei Viererkanus sichern“, flüsterte Annemieke Vivien ins Ohr. „Jetzt werden aber noch keine Verabredungen getroffen, wer mit wem in einem Kanu fährt“, Frau Schellhardt warf den Mädchen einen strengen Blick zu, „Wir werden die Teams sowieso jeden Tag neu zusammen stellen“ „Sag bloß nicht, dass ich gleich am ersten Tag mit Katja in einem Kanu sitzen muss“, stöhnte Mathilda leise und bekam dafür einen mahnenden Blick von der Klassenlehrerin.
„Dürfen wir Grillgut mitnehmen?“, fragte Michael von dessen guten Appetit die ganze Klasse wusste. „Um die Verpflegung braucht ihr euch nicht zu kümmern, das machen wir und die mitfahrenden Eltern schon. Du brauchst also nicht zu verhungern, Michael“, versicherte ihm die Klassenlehrerin und fast die ganze Klasse brach in Gelächter aus. „Trotzdem sollt ihr euch für Zwischendurch Wasserflaschen und etwas zum Essen mitnehmen“, ergänzte Frau Schellhardt. „Wie machen wir es mit den Zelten?“, zeigte Kiki auf. „Ich gehe davon aus, dass die meisten von euch ein Zelt haben und am besten organisiert ihr es untereinander, wer mit wem in einem Zelt schläft“, Frau Schellhardt versuchte diese Frage so schnell wie möglich zu klären. „Trotzdem finde es besser, wenn wir jetzt klären, wer mit wem in einem Zelt schläft, sonst gibt es nachher großen Streit oder wir haben doch nicht genug Zelte“, hakte Freya nach. Frau Schellhardt gab der Klasse zehn Minuten, um sich untereinander zu besprechen.
„Ich werde schon mal mit Kiki und Micky in einem Zelt schlafen“, bestimmte Mathilda. „Habt ihr denn ein großes Zelt?“, fragte Kiki. „Ein ganz normales Zelt für drei Personen“, nickte Mathilda. „Papa hat im Keller ein großes Familienzelt, in dem bis zu fünf Personen schlafen können“, warf Lotta ein. „Wirklich? Das wäre genial!“, Emilys Augen strahlten. „Dann könnten wir es so machen, dass fünf von uns in Lottas Familienzelt schlafen und die anderen drei in einem kleineren Zelt“, überlegte Fianna. „Aber wer überhaupt mit wem?“, mischte sich Aylin ein. „Das ist eigentlich egal, also jedenfalls mir“, zuckte Lotta mit den Achseln. „So egal ist es nun auch nicht, schließlich müssen wir uns noch einigen. Denn wir passen zusammen nicht in ein Zelt“, gab Annemieke zu bedenken. Kiki zerriss ein Blatt Papier in acht kleine Fetzen.
„Jeder von uns zieht mit geschlossenen Augen einen Zettel, wer ein Herz zieht schläft in Lottas Zelt und wer einen Stern auf seinem Zettel hat, geht in das kleine Zelt“, erklärte sie ihren Bandenfreundinnen. Jedes Bandenmitglied zog mit geschlossenen Augen einen Zettel. „Ich habe ein Herz!“, freute sich Vivien. „Ich auch“, flüsterte Aylin. Vivien gab ihrer Freundin einen Highfive. „Kann eine von euch doch mit mir tauschen?“, nörgelte Mathilda. „Wieso das?“, fragte Kiki verständnislos. „Ich will mit Micky in einem Zelt schlafen“, erwiderte Mathilda stur. „Ihr seid doch sowieso den ganzen Tag zusammen und sitzt auf einem Fleck“, entgegnete ihr Fianna. „Habt ihr euch geeinigt?“, fragte Frau Schellhardt. Lotta zeigt sofort auf, „Vivien, Aylin, Emily, Annemieke und ich schlafen in meinem Zelt“ „Ist das Zelt denn groß genug für fünf Personen?“, Frau Schellhardt zog verwundert die Augenbrauen in die Höhe. „Ja, das ist ein großes Familienzelt“, nickte Lotta. „Ich schlafe mit Kristina und Fianna in meinem Zelt“, meldete sich Mathilda.
Einen Tag später hatte Vivien Geburtstag. Anstatt im Wohnwagen zu feiern, lud Vivien ihre Bande in ein Eiscafe ein. Kiki und Lotta schoben zwei kleine Tische zu einem großen Tisch zusammen und Emily positionierte den Sonnenschirm so, dass die Roten Siebenerinnen im Schatten saßen. „Das Eis ist wirklich ein Traum!“, schwärmte Annemieke und klaubte mit ihrem langen Löffel eine Erdbeere von der Sahnehaube ihres gigantischen Eisbechers. „Besser bekommt man es echt nur noch in Italien“, pflichtete ihr Mathilda bei und machte sich an ihrer Schokoladen-Haselnussbombe zu schaffen. Vivien gab sich mit einem kleineren Bananensplitt zufrieden und Emily, die sich ständig zu dick fühlte, nahm nur einen Kindereisbecher mit zwei Kugeln Eis. „Wenn wir bald während der Kanutour in der Pampa sitzen, werden die gefräßigen Zwillinge nicht mehr so auf Rosen gebettet sein“, stichelte Lotta los.
„Hä, wieso das denn?“, Annemieke schaute sie verständnislos an. „Wie soll man draußen in der freien Natur an Nahrung rankommen“, fuhr Lotta fort, „Oder habt ihr schon gesehen, dass Süßigkeiten auf Bäumen wachsen und Pizza auf dem Feld gedeiht oder dass es Cola regnet“ Bei dieser Vorstellung fingen die Bandenfreundinnen an zu kichern. „Manchmal wäre ich wirklich gerne im Schlaraffenland“, schwärmte Mathilda und lies eine große Waffel in ihrem Mund verschwinden. „Das kann ich mich dir gut vorstellen, Matti!“, lachte Lotta. „Ich habe wirklich in einer Dokumentation gesehen, wie Menschen im Urwald die unmöglichsten Dinge essen!“, warf Vivien ein, „Im Amazonasregenwald gibt es für die Indianer dort keinen Supermarkt um die Ecke oder einen Bratwurstimbiss. Dort ernähren sich die Menschen neben Pflanzen auch von all möglichem Getier, um den Proteinbedarf zu decken“ Die Freundinnen verstummten und hörten ihr gebannt zu. „Was wäre das dann zum Beispiel?“, fragte Fianna neugierig.
„Larven, Spinnen, Insekten und Würmer“, zählte Vivien auf, „Einmal habe ich gesehen, wie ein Urwaldmensch einen langen weißen Wurm verschlang“ „Igitt!“, kam es mehrstimmig zurück. „Ich ekele mich schon vor den Regenwürmer, wenn ich sie schon sehe“, schauderte Lotta. „Ich habe eine nette Aufgabe für dich, Lotta“, Mathilda klimperte zuckersüß mit ihren Wimpern. „Wieso Aufgabe? Sind wir hier etwa im Dschungelcamp?“, Lotta schaute ihre Freundin irritiert an. „In gewissermaßen schon“, fuhr Mathilda schelmisch grinsend fort, „Grab im nächsten Blumentopf oder an der Verkehrsinsel dahinten nach einem Regenwurm“ „Und dann? Wozu soll das nütze sein“, Lotta zog ihre Stirn in Falten. „Dann bringst du ihn mit und verschlingst ihn vor versammelter Bande“, lächelte Mathilda zuckersüß. „Bah, du hast doch wohl einen Vogel! Bei dir piept es unterm Pony!“, entrüstet tippte sich Lotta gegen die Stirn. Die Freundinnen fielen vor Lachen beinahe von ihren Stühlen. „Können wir ein anderes Thema anstoßen?“, rief Aylin angewidert, „Ich habe das Gefühl, mein Eis kommt mir gleich wieder hoch“
„Lasst uns doch lieber über die bevorstehende Kanutour reden“, schlug Kiki vor, „Freut euch ihr genauso doll darauf wie ich?“ „Aber klar, tun wir das“, bestätigte Mathilda, „Vier Tage lang keine Hausaufgaben und nichts von der Tafel abschreiben“ „Ich freue mich, dass ich ein paar Tage Ruhe von meinem kleinen nervigen Bruder und meiner penetranten Mutter habe“, antwortete Lotta. „Von unseren Eltern werden wir keine Ruhe haben“, seufzte Mathilda, „Sie haben sich bereit erklärt den Proviant zu transportieren und beim Zelten über Nacht als Aufsichtspersonen anwesend zu sein, wenigstens fahren sie nicht mit uns Kanu“ „Was hast du eigentlich gegen deine Eltern?“, fragte Vivien verständnislos. Sie hätte sich an Mathildas Stelle gefreut, wenn sie so engagierte Eltern gehabt hätte. Zwar war die Situation, seitdem ihr Stiefvater in Haft saß, besser geworden, dennoch musste ihre Mutter sehr lange arbeiten und kam erst abends wieder.
„Natürlich haben wir nichts gegen unsere Eltern, aber wir haben uns zuerst gefreut, ein paar Tage mit euch und der Klasse alleine zu sein“, erklärte ihr Annemieke. „Wenn meine Mutter mit auf Klassenfahrt kommen würde, bliebe ich mit einer guten Ausrede zuhause“, meinte Lotta, „Zum Glück käme meine Mutter gar nicht auf diese Idee, da sie jeden Tag bis in den Nachmittag hinein arbeiten muss“ „Ich habe gehört Svens Vater kommt auch mit“, meldete sich Emily zu Wort, „Er ist zwar Fußballtrainer, aber ich gehe davon aus, dass er auch Paddeln kann“ „Ich meine, die Eltern von Jule und Sina kommen auch mit und die Mutter von Finn“, sagte Fianna. „Solange uns die Eltern nicht die ganze Zeit auf die Pelle rücken ist doch alles okay“, fand Aylin. „Wenn ich daran denke, dass uns unsere Eltern diese ganze Zeit im Auge behalten, vergeht mir jetzt schon die Laune“, murrte Mathilda. „Aber das tun sie doch gar nicht, sie kommen erst abends, wenn wir unsere Zelte aufschlagen und sie schlafen in ihrem Wohnwagen“, widersprach ihre Zwillingsschwester.
Vivien packte neben ihrem Pyjama, Zahnbürste, Zahnpasta, Sandalen und einer Garnitur Kleider zum Wechseln auch ihr Fernglas mit in den Rucksack. Frau Schellhardt hatte die Klasse erst gestern noch ermahnt, so wenig Gepäck wie möglich mitzunehmen. Zwar fuhr der Vater von Michael das Gepäck der Schüler in einem Kleinbulli zum Campingplatz, aber dennoch sollte nur das Nötigste mitgenommen werden. Gut gelaunt stieg Vivien in den Bus und hielt den Platz neben sich für Aylin frei. Ihre beste Freundin stieg immer drei Haltestellen nach ihrer ein. „Hi, wir sehen beide aus wie Vagabunden“, begrüßte Aylin sie und ließ sich neben sie fallen.
„Vier Tage keine Schule, was gibt es besseres“, lächelte Vivien zufrieden. Überlege dir einmal, wir müssen drei Tage im Freien klarkommen“, erinnerte Aylin sie, „Was machen wir, wenn es regnet?“ „Hast du noch nie in einem Zelt geschlafen?“, ungläubig zog Vivien die Augenbrauen nach oben. „Nö, warum auch“, schüttelte Aylin den Kopf. Die beiden Freundinnen waren in so ein tiefes Gespräch verwickelt, dass sie beinahe die Haltestelle „Altstädtisches Gymnasium“ verpasst hätte. „Wir müssen raus!“, Vivien zehrte Aylin am Ärmel hinter sich her. Zweit stolperte sie mit ihrem vielen Gepäck aus der Hand aus dem Bus. An der Bushaltestelle wartete Emily bereits auf sie. Gelaunt breitete sie ihre Arme aus und umarmte ihre beiden Freundinnen gleichzeitig. „Heute ist echt das perfekte Wetter zum Start der Kanutour!“, schwärmte sie und rückte ihre Sonnenbrille zurecht.
Die anderen Klassenkameraden, die Lehrer und einige Eltern versammelten sich auf dem Lehrerparkplatz. Die Zwillinge und Fianna winken ihnen von der anderen Straßenseite aus zu. „Hallo, ihr seid auch schon da“, begrüßte Frau Schellhardt die drei Freundinnen und hakte ihre Namen auf der Strichliste ab. „Hat jemand schon Sven und Jannis gesehen?“, rief Herr Loh. „Sven hat mich gerade angerufen, sie kommen in zehn Minuten, weil sie auf einer Ausfallstraße im Stau stecken“, meinte Ömer und drehte sich wieder zu Max und Lennart um. Kiki kam als Letzte von den Roten Siebenrinnen. „Ich bin schon mal gespannt, mit wem ich ein Kanu steigen muss“, murmelte Lotta. „Ich finde es total blöd, dass wir es nicht selber entscheiden können“, murrte Mathilda und rückte ihren weißen Sonnenhut gerade. „Eigentlich ist das keine schlechte Idee“, fand ihre Schwester, „Nur so lernt man mit jedem zurecht zu kommen“ „Wisst ihr, was ich hier habe?“, Kiki zog ein kleines Büchlein mit einem Stoffumschlag aus ihrer Jackentasche. „Ist das etwa ein Tagebuch?“, fragte Emily. „Besser gesagt ein Flusstagebuch“, korrigierte Kiki ihre Freundin. Frau Schellhardt hatte an alle Schüler, die ihre Note in Biologie verbessern wollten, angeboten ein Flusstagebuch zu führen und zu notieren welche Tiere sie gesehen haben. Kiki stand in Bio nach der letzten Arbeit zwischen zwei Noten, deshalb erklärte sie sich freiwillig bereit dazu.
„Ich hätte an deiner Stelle gar keine Lust dazu“, sagte Mathilda, „Wenn ich auf Klassenfahrt oder auf einer Wanderfahrt bin, geht es für mich darum Spaß zu haben“ „Mir macht sowas Spaß und für mich bedeutet nicht jeder Handschlag Arbeit gleich eine Katastrophe wie bei dir, Matti! Nur weil dir eine Sache nicht gefällt, brauchst du sie nicht schlecht reden“, Kikis Stimme klang leicht pikiert. „Ich wollte dir nur sagen, dass du dir nicht die ganze Wanderfahrt damit vermiesen sollst“, verteidigte sich Mathilda, die sich nun etwas angegriffen fühlte. „Das habe ich auch nicht vor“, schüttelte Kiki den Kopf. „Macht mal halb lang, Mädels! Bloß keinen Streit vor Abfahrt unserer Wanderfahrt provozieren. Wir wollen gute Laune anstatt diesem Gezicke“, lässig legte Emily die Arme um ihre beiden Freundinnen. Lottas Vater hatte noch drei Plätze im Auto anzubieten. „Ich fahre schon bei Micky und Matti mit“, lehnte Kiki ab. Aylin wollte lieber bei Fianna mitfahren. Emily und Vivien entschieden sich für Lottas Auto. „Haben Sie noch einen freien Platz, Herr Janssen? Unser Wagen ist schon voll“, fragte Frau Schellhardt, neben ihr stand ein schüchterndes Mädchen mit langen dunklen Haaren.
„Papa, das Pauline“, wisperte Lotta. „Sie kann gerne mitfahren, hinten neben Vivien ist noch ein freier Platz“, nickte Lottas Vater. „Seid ihr schon mal Kanu gefahren?“, fragte Pauline schüchtern, als sie auf eine Autobahn drauf fuhren. „Klar, das sogar schon öfter“, Lottas Stimme klang so, als wäre das selbstverständlich. „Ist das eigentlich schwer? Ihr wisst ja, dass Sport nicht so meins ist“, fuhr Pauline zögerlich fort. „So schwer ist das gar nicht, du musst nur wissen, wo du hinpaddeln willst. Bestimmt wird uns das noch einmal gezeigt“, meinte Lotta. „Irgendwie habe ich dennoch ein wenig Angst, dass ich mit dem Boot untergehe“, sagte Pauline und schaute ihre Klassenkameradinnen leicht verängstigt an“ „Ach was, das passiert nicht leicht. Du hast immer noch eine Schwimmweste an, falls du kenterst“, schüttelte Emily den Kopf. „Außerdem muss man schon ziemlich doll hin und her schaukeln, um zu kentern“, fügte Vivien hinzu. Auf der restlichen Fahrt wurde kaum geredet. Emily und Lotta hörten Musik über ihren MP3-Player, Pauline guckte aufmerksam aus dem Fenster und Vivien las eine SMS von Annemieke durch, die sie gerade bekommen hatte. Sie stupste Emily an. „Was ist los?“, Emily zog sich einen Kopfhörer aus dem rechten Ohr. „Micky hat mir geschrieben, dass sie schon angekommen sind“, berichtete Vivien. „Kein Wunder, schließlich sind sie als Erstes gestartet“, brummte Emily.
Sie waren beinahe die Letzten, fast die ganze Klasse wartete schon am Anleger. Jetzt fehlten nur noch Jacob, Finn und Thomas. „Hoffentlich haben sie sich nicht verfahren?“, besorgt schaute Frau Schellhardt ihren Kollegen an. „Nein, das haben sie nicht. Sieh, da kommen sie“, beruhigte Herr Loh seine Kollegin. Die Sonne stach und die Luft in der Ferne flimmerte. Vivien setzte sich ihr Kappy auf und rieb sich mit Sonnenöl ein. „Ich hoffe, ihr habt genug zum Trinken mit“, rief Herr Loh in die Schülermenge, „Ansonsten habe ich noch Wasserflaschen dabei. Es ist bei diesem Wetter enorm wichtig genug zu trinken“
„So, jetzt sind wir vollständig“, Frau Schellhardt klatschte in die Hände, „Wir können mit der Aufteilung der Boote beginnen. Jeder von euch zieht einen Zettel, auf der die Nummer eures Kanus steht. Dahinten auf der Wiese stehen die Boote, wenn ihr eure Nummer habt, geht ihr zu eurem Boot“ Der Reihe nach ging sie rum. Vivien zog die Nummer sieben. Michael, der ebenfalls die Sieben gezogen hatte, hatte sich neben dem Kanu ins Gras gesetzt. „Wusste ich es doch, dass ich mit einer Roten Siebenerin fahren muss“, sagte er Kaugummi kauend. Ein Mädchen mit halblangen dunkelblonden Haaren steuerte auf sie zu. „Wer bist du noch mal? Ich habe deinen Namen vergessen“, fragte Vivien. „Anja“, antwortete das Mädchen knapp und warf ihren Rucksack in das Kanu. „Anja, ihr kriegt gleich sowieso wasserdichte Tonnen für eure Rücksäcke“, rief die Klassenlehrerin.
„Steigt in eure Kanus!“, befahl Herr Loh, „Gleich kommt unser Guide“ Als alle Schüler ihr Gepäck in den Tonnen verstaut, ihre Schwimmwesten angelegt und sich in ihre Kanus gesetzt hatten, trat ein junger drahtiger Mann mit kurzen blonden Haaren vor die Klasse. „Hallo, mein Name ist Paul Bahle und ich bin für die nächsten Tage euer Flussguide“, stellte er sich vor, „Seid ihr alle schon einmal Kanu gefahren? Falls nicht, machen wir erst einmal eine Trockenübung“ Einige Schüler schüttelten ihre Köpfe. „Nehmt euer Paddel in die Hand und haltet es quer“, ordnete Paul an, Was müsst ihr tun, wenn ihr nach rechts fahren wollt?“ Kiki meldete sich. „Auf der rechten Seite paddeln, dabei das Paddel senkrecht ins Wasser stechen und nach hinten ziehen“, erklärte sie. „Das ist richtig!“, nickte Paul, „Wollen wir das alle ausprobieren? Jetzt fahren wir nach rechts“ Die Schüler hielten die Paddel nach links und ruderten in der Luft. Einige der Eltern und Frau Schellhardt konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Wie fahrt ihr nach links?“, fragte Paul. Sven zeigt auf und demonstrierte es. „Genauso müsst ihr es auch machen“, sagte der Guide und setzte seine Trockenübung fort.
„Wir könnten glatt als professionelles Kanuballett durchgehen“, grinste Mathilda, die mit Lennart und Sina im Kanu Nummer acht saß. „Oh ja, als Ballett könnten wir auf alle Fälle durchgehen. Wir bewegen unsere Paddel schon ziemlich synchron“, lachte Vivien. „Man sollte echt ein Video von uns machen?“, rief Lotta, Dann gäbe es richtig viel zu lachen, wenn wir uns das Ganze noch einmal anschauen“ „Habt ihr genug von den Trockenübungen und wollt ihr richtig loslegen?“, fragte Paul. Die meisten Schüler nickten. Nach und nach wurden die Kanus zum Anleger getragen.
Zuerst wurde das Kanu von Herrn Loh, Patrick, Annemieke und Saskia ins Wasser gelassen. Patrick traute sich als erstes ins Kanu zu steigen. Annemieke und Saskia diskutierten eine Weile, wer von ihnen vorne sitzen wollte. Herr Loh nahm den hintersten Platz als Steuermann ein. „Ihr dürft bis zur Trauerweide da vorne fahren, aber ihr müsst ab da auf uns warten“, sagte Paul und lies das Kanu von Frau Schellhardt ins Wasser. Mit der Klassenlehrerin stiegen Finn, Jannis und Freya ein. Dann wurde Kanu von Katja und Max zu Wasser gelassen. „Es dauert bestimmt noch Stunden, bis wir zu Wasser gelassen werden“, dachte Vivien ungeduldig und betrachtete die lange Schlange vor sich. Hinter ihnen warteten Lotta, Thomas und Jule. Das Schlusslicht bildete ein Kanu mit vier Eltern.
Vivien merkte sofort, wie anstrengend Kanufahren war. Sie spürte bei jedem einzelnen Schlag, wie es auf ihre Arme ging. „Du musst mehr auf der rechten Seite paddeln“, sagte Michael, der hinten saß und das Boot steuerte. „Wollen wir langsam nicht ein wenig schneller fahren?“, drängte Anja, „Unsere Klassenkameraden fahren uns davon und wir haben nur noch die Eltern hinter uns“ Vivien legte sich noch mehr ins Zeug und kam schnell an ihren Grenzen. „Ich halte es auf Dauer nicht durch, wenn wir die ganze Zeit diese Geschwindigkeit fahren“, keuchte sie. „Wir müssen aber so schnell fahren, sonst werden noch total abgehängt“, bemerkte Anja spitz. „Macht doch nicht so eine Panik. Immerhin haben wir gerade eben ein Kanu überholt“, beruhigte Michael die Mädchen. Vivien verlangsamte ihre Schläge, um sich zu schonen. Sie wollte nicht gleich auf den ersten Metern schlappmachen.
„Vorsichtig, wir fahren gleich gegen eine Böschung!“, kreischte Anja hysterisch und duckte sich unter einem Ast hindurch. „Keine Panik, ich stoße uns ab“, rief Michael und stieß sich vom Ufer ab. „Oh man, wir hätten uns um ein Haar festgefahren!“, stöhnte Anja. Vivien merkte, dass es nicht einfach war, ein Kanu zu lenken. Doch auf jedem Meter beherrschten sie ihr Kanu immer besser und es wurde immer seltener, dass sie ein Ufer rammten. „Achtung, bald kommt die erste Stromschnelle“, rief Simon und paddelte mit seinem Kajak an allen Kanus vorbei. Der Fluss führte durch einen Wald, hier war es schattig und angenehm kühl. Bald war ein Rauschen zu hören, das immer lauter wurde. Die Stromschnelle tauchte vor ihnen auf. Viviens Herz begann schneller zu schlagen, als sie sah, dass größere Äste im Wasser schwammen und an manchen Stellen spitze Steine aus dem Wasser ragten. „Müssen wir da wirklich runter“, dachte und schluckte ihre Angst hinunter. Nach und nach rutschten mehrere Kanus die Stromschnelle hinunter. „Eigentlich ist das wie eine Wasserrutsche im Schwimmbad“, versuchte Michael den beiden Mädchen die Angst zu nehmen.
Vivien, Anja und Michael zogen ihre Paddel aus dem Wasser und rutschten mit ihrem Kanu die Stromschnelle hinunter. Es war doch gar nicht so schlimm wie sie gedacht hatte, sondern es machte sogar Spaß. Vivien bekam einige Spritzer Wasser ab, aber das war bei den warmen Temperaturen ziemlich erfrischend. Vor ihnen lieferten sich einige ihrer Klassenkameraden eine wilde Wasserschlacht, Michael spritzte in Svens Richtung zurück. „Könnt ihr nicht aufhören, wir sind doch nicht im Kindergarten!“, beschwerte sich Anja. „Was hast du gegen ein wenig Wasser?“, höhnte Sven, „Bist du eigentlich aus Zucker oder aus unerfindlichen Gründen wasserlöslich?“ Anja biss sich auf die Lippen und funkelte ihre Klassenkameraden böse an. Bald wurde der Fluss breiter und schlängelte sich in vielen Kurven durch eine Landschaft aus Wiesen und Feldern. Die Sonne brannte gnadenlos von oben auf sie hinab und Heerscharen von Stechmücken begannen die Schüler zu belästigen.
„Diese verdammten Mistviecher, ich könnte sie alle vergasen!“, hörte Vivien Michael hinter sich fluchen. „Ich habe ein Antimückenspray mit“, sagte Anja, „Leider ich komme gerade nicht an die Tonne“ Einen Augenblick später merkte Vivien einen schmerzhaften Stich an ihrem linken Unterarm. Sie konnte die Mücke noch erschlagen, doch trotzdem hatte sie schon vorher zu gestochen. „Hat es dich auch erwischt?“, fragte Michael. „Ja, es hört gar nicht mehr zu brennen und zu jucken! Hoffentlich bin ich dagegen nicht allergisch“, schimpfte Vivien und kratzte sich. „Mach dir ein bisschen Spucke auf den Stich, das hilft“, gab ihr Anja den Rat. „Wenn es mit den Plagegeistern nicht besser wird, ziehe ich mir nach der Pause einen Pullover an“, sagte Michael und erschlug zwei Stechmücken auf einmal. „Bist du wahnsinnig? Das bei dieser Hitze! Da bekommst du einen Hitzeschlag“, entfuhr es Anja und tippte sich gegen die Stirn. Vivien kratze sich weiter an ihrem Stich, doch das Jucken wollte einfach nicht aufhören und immer wieder musste sie Acht geben, dass nicht erneut gestochen wurde. „Vielleicht hat Frau Schellhardt eine schmerzstillende Salbe dabei und es sind nur noch einige Meter bis zur Pause“, versuchte Anja Vivien aufzumuntern. Einige hundert Meter vor ihnen wurden bereits die ersten Kanus aus dem Wasser gezogen.
Die Rote Sieben setzten sich abseits von ihren Klassenkameraden unter eine alte Eiche. „Na, wie hat es bei euch geklappt? Seid ihr auch super vorangekommen?“, Kiki biss zufrieden von ihrem Käsebrot ab. „Frag mich das bloß nicht! Bis jetzt war es eine reinste Katastrophe“, stöhnte Lotta, „Wir haben uns anfangs nur im Kreis gedreht und haben fast jede Böschung mitgenommen. „Ich denke, ihr errät ohne groß nachzudenken, was uns passiert ist“, sagte Mathilda. Vivien fiel sofort auf, dass Mathilda patschnass war. „Ihr seid wahrscheinlich gekentert“, vermutete Vivien. „Richtig!“, nickte ihre Freundin, „Das passierte uns gerade als wir aussteigen wollten. Lennart wackelte so heftig, dass das Boot kenterte und wir ins Wasser fielen“ Mathilda rückte ein Stück von ihrer Bande weg, um sich in der Sonne besser trocknen zu lassen. „Einmal habe ich mich beinahe mit Jolanda angelegt, weil wir wegen ihr beinahe kurz vor der Stromschnelle gekentert wären und dort ragten gefährliche Steine aus dem Wasser“, berichtete Fianna.
Emily fiel Viviens geröteter Stich auf. „Offensichtlich hat dich dort eins von diesen Biester gestochen“, sagte sie, „Lass uns zu Frau Schellhardt gehen, sie hat eine Salbe, die dagegen hilft“ Tatsächlich Frau Schellhardts Salbe bewirkte Wunder, nach wenigen Minuten spürte sie den Stich gar nicht mehr. „Ist es besser geworden?“, fragte Aylin. „Ich spüre gar keinen Schmerz mehr“, nickte Vivien. Anja bot ein paar Mitschülern an ihr Anti-Mückenspray zu benutzen. Vivien erhoffte sich dadurch von den Stechmücken verschont zu bleiben. „Ich habe sogar schon drei Stiche“, klagte Aylin. „Ich bin auch nicht verschont geblieben“, murmelte Emily und rieb sich erneut mit Sonnencreme ein. „Vielleicht liegt es daran, dass ihr alle süßes Blut habt“, sagte Annemieke mit einem schelmischen Grinsen. Anstatt zu antworten verdrehten ihre Freundinnen nur die Augen. Vivien merkte jetzt schon, dass sich ein Muskelkater in ihren Armen anbahnte. „Wenn das bis heute Abend noch so weitergeht, werde ich mich vor Muskelschmerzen nicht mehr bewegen können“, stöhnte sie und lehnte sich mit ihrem Rücken an Emily. „Glaubst du, mir wird es besser gehen?“, jammerte Aylin, „Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass mir bei der nächsten Bewegung die Arme abfallen werden“ „Findet ihr, dass es trotz der großen Anstrengung eine schöne Kanutour ist?“, versuchte Kiki ihre Freundinnen aufzumuntern. Sie notierte in ihrem Flusstagebuch, wo sie gerade waren, wie viele Kilometer und welche Tiere sie gesehen hatte. „Oh schaut mal, da ist eine wunderschöne Libelle!“, rief Fianna entzückt.
„Stimmt, sie ist wirklich hübsch!“, pflichtete ihr Annemieke sofort bei und versuchte mit ihrer Handykamera ein Foto davon zu machen. Kiki notierte sich den Namen der Libelle in ihrem Büchlein. „Wow, woher kennst du die ganzen Namen?“, staunte Lotta. „Erstens lese ich seitdem ich in der ersten Klasse bin Natursachbücher und zweitens kommt diese Libellenart in dieser Umgebung sehr häufig vor“, antwortete Kiki. „Magst du mein Fernglas haben, wenn du so gerne Tiere beobachtest?“, fragte Vivien. „Danke, das wäre echt lieb von dir, ich gebe es dir heute Abend zurück“, nahm Kiki ihr Angebot an. Als nächstes wanderte Viviens Blick zu Katja und Max. Sie saßen nur wenige Meter von den Bandenmädchen entfernt, es war nicht zu übersehen, dass sie sich prächtig miteinander amüsierten und sich ihr Essen teilten. Vivien hoffte, dass Lotta dies nicht die Stimmung vermieste. Zum Glück saß Lotta mit dem Rücken zu ihnen und unterhielt sich angeregt mit Kiki und Emily. Annemieke, Aylin und Fianna bildeten hinter Lotta einen lebendigen Sichtschutz. Zwar waren Max und Lotta seit letztem Herbst zusammen, doch in der letzter Zeit schienen sie sich auseinander zu leben und stritten sich manchmal heftig.
Nach einer Stunde Pause ging es weiter. Nach und nach wurden die Kanus zu Wasser gelassen. Vivien merkte, dass sie nun besser voran kamen und keine Probleme mehr hatten, das Kanu mittig auf dem Fluss zu halten. „Ich habe vorhin Frau Schellhardt gefragt, sie hat mir gesagt, wir müssten nur noch acht Kilometer weit waren und dann wären wir da“, sagte Anja, „Wenn wir jetzt schneller sind als vorher, erreichen wir den Campingplatz noch vor dem Abendessen und wir haben noch ein bisschen Freizeit“ „Das wäre nicht schlecht“, meinte Vivien, „Vielleicht könnten wir baden“ „Ich weiß nicht, ob Frau Schellhardt uns das erlaubt, du weißt ja wegen der Strömung“, Anja schaute skeptisch drein. „Die Strömung ist hier nicht besonders stark“, wandte Michael ein, „Ich werde nachher auf alle Fälle ein erfrischendes Bad nehmen“ Die Sonne stand senkrecht am Himmel und brannte auf die Schüler herab. Vivien war froh, dass sie bald wieder durch ein Stückchen Wald fuhren. Einige Meter vor ihnen saß ein Eisvogel mit blauem Gefieder auf einen Ast und stürzte sich direkt vor ihrer Nase in die Fluten. „Kiki!“, rief sie laut. „Sei leise!“, zischte Michael, „Eisvögel sind sehr scheue Tiere und machen sich rar, wenn man Krach macht“ Wenige Sekunden später tauchte der Eisvogel wieder auf. Vivien konnte sehen, dass er etwas im Schnabel hatte, bestimmt war es ein kleiner Fisch. Er verschwand wieder im dichten Kronendach der Bäume. In diesen Moment ärgerte sie sich, dass sie ihr Fernglas an Kiki ausgeliehen hatte.
Bald kam wieder eine kleine Stromschnelle, aber sie war nicht so groß wie die erste. Viviens Arme schmerzten wieder, aber dafür wurde sie von der landschaftlichen Schönheit entschädigt. Der Fluss schlängelte sich durch eine idyllische Wiesenlandschaft. Überall blühten Sommerblumen in allen Farben und das Summen von Hummeln und Bienen verbreitete eine angenehme Atmosphäre. „Vorsicht, da vorne kommt eine Sandbank!“, warnte Anja, „Wir müssen links daran vorbei fahren“ Ein anderes Kanu hatte sich bereits dort festgefahren. „Manno Mann, manchmal kann Kanufahren richtig tückisch sein. Jederzeit kann eine böse Überraschung auf einen warten, das ist wie bei einem Minenfeld“, bemerkte Michael. „Aber gerade das ist doch das lustige daran. Wir wären vorhin beinahe gekentert“, sagte Sven, der mit seinem Kanu nun direkt neben ihrem fuhr. „Mathilda ist vorhin schon gekentert, als sie gerade aussteigen wollten“, erzählte Vivien. „Das habe ich schon längst mitbekommen“, grinste Sven schadenfroh, „Daran war nur unser Trottel Lennart schuld, er ist im Kanu aufgestanden und hat dabei das Gleichgewicht verloren“ Nach der nächsten Kurve tauchte eine Anlegestelle des Campingplatzes auf. Vivien seufzte erleichtert und zog ihr Paddel aus dem Wasser.
Nachdem sie ihr Kanu an Land gezogen hatten, hatte Vivien einen so großen Durst, dass sie ihre ganze Flasche leer trank. „Dahinten ist ein Badesee“, rief Fianna laut und kam auf ihre Freundinnen zu gerannt. Kiki, Lotta und sie trugen bereits ihre Bikinis. „Ich weiß nicht, ob ich Lust habe, jetzt wieder ein Bad zu nehmen“, gähnte Mathilda, „Ich habe vorhin schon Bad genommen und das unfreiwillig“ „Ach komm schon, spiel hier bloß nicht die Spielverderberin“, versuchte Annemieke ihre Zwillingsschwester zu überreden und rüttelte an ihrem Arm. Emily, die ihren Badeanzug schon drunter hatte, brauchte nur noch ihr T-Shirt auszuziehen.
Aylin und die Zwillingen hatten keine Lust sich umzuziehen und stürzten sich in ihrer normalen Kleidung in die Fluten. Vivien ging hinter einen Baum um sich ihren Bikini anzuziehen. Als sie über den Sandstrand lief, waren ihre Freundinnen schon im Wasser. Lachend und prustend spritzen sie sich nass und versuchten sich gegenseitig unter Wasser zu ziehen. Vivien fröstelte und kam nur langsam vorwärts. „Du musst erst einmal richtig abgeschreckt werden“, rief Mathilda und spritzte Wasser nach ihr. Vivien quietschte und stürzte sich auf ihre Freundin. Sie tauchte Mathildas Kopf unter Wasser und hielt ihre Haare fest. „Bitte lass sofort meine Haare los!“, keuchte Mathilda und spuckte einen gefühlten Liter Wasser aus. „Damit hast du wohl gar nicht gerechnet, Schwesterherz!“, zog Annemieke ihren Zwilling auf. „Blöde Kuh!“, fauchte Mathilda in ihre Richtung. Die Roten Siebenerinnen verausgabten sich bei mehreren Wettschwimmen und tauchten unter großen Ästen durch, die im Wasser lagen. „Wäre es nicht langsam an der Zeit die Zelte aufzubauen?“, schlug Fianna vor. „Das ist eine gute Idee!“, pflichtete ihr Lotta sofort bei, „Vor allem bei meinem Riesenzelt wird es dauern, bis es steht“
Während sie ihr Familienzelt aufbauten, beobachtete Vivien, wie Max und Katja Hand in Hand durch die kleine Zeltstadt spazierten. Katja trug einen knappen Bikini und hatte sich ihr rotes Handtuch als Wickelrock um die Hüften gewickelt. Max hatte immer noch sein nasses T-Shirt an. Lotta war viel zu sehr mit dem Zeltaufbau beschäftigt, als dass sie sich über das Fremdgehen von Max ärgern konnte. „Na, seid ihr immer noch nicht fertig?“, rief Kiki ihnen zu, die sich gemütlich gegen einen Baum lehnte. „Wie wäre es, wenn wir euch helfen?“, bot Mathilda an. „Danke, das wäre echt lieb“, bedankte sich Emily, die gerade zwei Stangen zusammensteckte.
Zu acht kamen sie viel schneller voran und bald stand Familienzelt neben dem Kleinen von Mathilda. Die Freundinnen setzten sich im Kreis vor ihre Zelte und ließen eine Tüte Weingummi kreisen. „Was sagst du dazu, dass dein Freund mit Katja abhängt“, sprach Fianna das prekäre Thema an. „Was soll ich dazu sagen?“, zuckte Lotta mit der Schulter. Vivien spürte, dass Lotta entweder selbst zu schockiert war, um wütend zu sein oder gezielt ihre Emotionen versteckte. „Carrot, musst du das Thema jetzt ansprechen“, wies Kiki ihre Freundin sofort zurecht. Lotta schluckte ihre Emotionen herunter und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Vivien war sich sicher, dass sich sicher, dass sie es nicht so einfach weggesteckt hätte, wenn ihr Freund sie mit einem anderen Mädchen betrogen hätte. Mathilda versuchte ihre Freundinnen mit einem Witz aufzumuntern und vom Thema abzulenken.
Am Abend saß die Klasse am Lagerfeuer. Zum Essen gab es Folienkartoffeln mit Schmant, Baguette, Kartoffelsalat, Würstchen und Steaks. „Das ist ja ein richtiges Festmahl! Ich bin schon halb verhungert“, freute sich Aylin. Es wurde kräftig zugelangt. Michael schaffte es fünf Würstchen und zwei Steaks zu verdrücken, ohne das er davon Bauchschmerzen bekam. Vivien schaffte es gerade anderthalb Würstchen zu essen und gab die Hälfte ihres zweiten Würstchens Mathilda. Max und Katja fütterten sich gegenseitig mit Würstchen und Kartoffelsalat. Viviens Augen suchten nach Lotta, die zwischen Annemieke und Emily saß und ihr Würstchen in Zeitlupe aß.
Katja holte ihre Gitarre aus ihrem Zelt und stimmte den neusten Hit von Katy Perry an. Sie hatte eine richtig gute Stimme, das musste Vivien ihr lassen. „Zugabe, Zugabe, Zugabe!“, riefen die Klassenkameraden im Chor. Als nächstes spielte sie „Let me go“ von Avril Lavigne. Max legte seinen Arm um sie und sang mit. Die Klassenkameraden, die Lehrer und die Eltern klatschten Minuten lang Beifall. Max und Katja verneigten sich gemeinsam und gaben sich ein Küsschen. „Ich habe noch ein Lied auf Lager“, rief Herr Loh. Katja reichte ihm die Gitarre. Herr Loh sang einen Song von den Beatles und stimmte danach einen aktuellen Song von Bruno Mars an. Vivien und ihre Klassenkameraden staunten über seine Musikalität, denn in der Schule unterrichtete Herr Loh sie in Sport. Jannis präsentierte mit Sven zusammen seinen selbst geschriebenen Rap. „Nicht schlecht!“, riefen einige Mitschüler. Nach und nach trauten sich immer mehr Schüler, aber auch Eltern ihre Songs zu bringen. Der Vater von Mathilda und Annemieke performte „We will rock you!“ von Queen und sorgte für gute Stimmung. Endlich war Aylin an der Reihe, sie sang den Song, mit dem sie letztes Jahr den Schülertalentwettbewerb gewann. Emily begleitete sie auf der Gitarre. „Was wollt ihr als nächstes hören?“, fragte Aylin in die Runde. Die Schüler entschieden sich für „Wings“ von Birdy. Mitten im Lied fiel Vivien auf, dass Lotta nicht mehr auf ihrem Platz saß.
Sie stand auf und ging zu Emily und Annemieke rüber. „Wisst ihr wo Lotta hingegangen ist?“, flüsterte sie. Emily schüttelte den Kopf. Aylin hörte auf zu singen und schaute Vivien fragend an. „Nein, ich weiß nicht, wo sie hingegangen ist“, sagte Annmieke leise, „Ich habe mitbekommen, dass sie aufgestanden und gegangen ist. Aber ich habe gedacht, dass sie nur auf Toilette gehen wollte“ „Was ist los, Mädchen?“, fragte Frau Schellhardt. „Lotta ist seit einiger Zeit verschwunden“, antworteten Vivien und Annemieke gleichzeitig. „Verschwunden?“, fragte Herr Loh ungläubig. „Ich denke, sie kommt gleich von alleine wieder“, beruhigte Frau Schellhardt die besorgten Mädchen. Vivien zählte die Minuten, doch Lotta kam nicht wieder. „Wir müssen sie suchen gehen!“, flüsterte sie ihren Freundinnen zu. „Können wir kurz unterbrechen?“, zeigte Kiki auf. „Ich bin mir sicher, dass sie irgendwo auf dem Geländes des Campingplatzes ist“, war die Klassenlehrerin sich sicher. Die Rote Sieben teilte sich in zwei Suchtrupps auf. Vivien, Fianna, Aylin und Emily durchsuchten jedes Zelt, während Kiki und die Zwillinge um den Badesee liefen und über den Volleyballplatz gingen. Lotta war nicht aufzufinden, anscheinend hatte der Erdboden sie verschluckt. Fianna traten Tränen in die Augen. „Hoffentlich ist sie nicht im See ertrunken“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Das glaube ich eher nicht“, schüttelte Emily den Kopf. Mit hängenden Köpfen gingen die Mädchen zum Lagerfeuer zurück.
„Das kann doch nicht sein, vielleicht versteckt sie sich irgendwo“, meinte Herr Loh. „Könnten Sie uns helfen Lotta zu suchen? Ich weiß, dass Ihre Töchter sehr gut mit ihr befreundet sind?“, wandte sich Frau Schellhardt an die Eltern der Zwillinge. „Selbstverständlich, kommen wir mit. Schließlich machen wir uns auch Sorgen um die Freundin unserer Töchter“, bestätigte Frau ter Steegen.
Bald darauf schwärmten alle anwesenden Personen in alle Himmelsrichtungen aus und riefen Lottas Namen in die Dämmerung hinein. Wenig später trafen sich Schüler, Eltern, die beiden Lehrer und der Guide wieder am Feuer, doch ohne Erfolg. „Wir müssen die Polizei rufen“, sagte Frau Schellhardt aufgebracht. „Nein Christiane, wir suchen sie erstmal im benachbarten Gelände nach ihr“, bestimmte Herr Loh. Es wurden vier Suchteams gebildet. Herr Loh suchte mit Emily, Lennart, Michael und Kiki am Fluss. Frau Schellhardt, Fianna, Aylin und Jannis durchforsteten das Gelände hinter dem Badesee. Die Zwillinge gingen mit Sven und ihren Eltern in den Wald. Ömer, Lennart, Vivien und Paul suchten ebenfalls im Wald nach der Vermissten. „Lotta!“, schrie Vivien und bildete mit ihren Händen einen Schalltrichter. Bald tat vom lauten Rufen der Hals weh. Es wurde dunkler und dunkler, mit jeder Minute rutschte ihr das Herz mehr in die Hose. „Lotta!“, wurde mehrstimmig gerufen. In der Ferne waren die Stimmen der Zwillinge zu hören, offenbar suchten sie ganz in der Nähe. „Ich habe noch eine Idee, wo wir suchen können“, sagte Paul, „In der Nähe gibt es einen Waldsee“
Zu viert kämpfen sie sich durch das Gestrüpp und stiegen über umgefallene Bäume. Vivien war mit ihren Gedanken so nah bei Lotta, dass sie ihre Fußschmerzen für einen Moment völlig vergaß. Zwischen den Bäumen schimmerte etwas. „Da vorne ist der See zu sehen“, rief Paul und blieb kurz stehen. „Ich bin mir nicht sicher, ob Lotta den Weg dort hingefunden hat“, meinte Ömer skeptisch, „Es war sogar uns schwer hier her zu finden“ „Du weißt nicht, wo es einen hin verschlägt, wenn man verzweifelt ist“, widersprach ihm Vivien. Die Wasseroberfläche reflektierte den rotorangen Abendhimmel, passend dazu zirpten unzählige Grillen und Scharen von Insekten schwirrten überall herum. Die Hitze des Tages hing immer noch in der Luft. „Es könnte doch so ein schöner Abend sein!“, dachte Vivien und schloss kurz die Augen. Doch schnell wurde sie wieder aus ihren Träumereien gerissen. Es war fast dunkel und eine ihrer Freundinnen war immer noch verschwunden. Der Suchtrupp ging am Ufer des Sees entlang. Inzwischen riefen nur noch Paul und Ömer, die die lautesten Stimmen hatten, Lottas Namen. Aus dem Nichts hörte sie eine hohe Stimme aus der Ferne. „Das musste entweder Annemieke oder Mathilda gewesen sein“, dachte Vivien. „Wir haben sie!“, nun war es deutlich zu verstehen. „Habt ihr sie gefunden?“, brüllte Paul. „Ja!“, kam es mehrstimmig zurück. Bald tauchten die Silhouetten der Zwillinge, ihrer Eltern und Sven auf. Viviens Suchtrupp erhöhte das Tempo. Um zu dem anderen Suchtrupp zu kommen, mussten sie über eine Baumwurzel klettern. Einmal trat Vivien in ein Kaninchenloch und verknackste sich dabei fast auch noch ihren Fuß.
„Lotta sitzt auf einem umgefallenen Baumstamm, der über dem See hängt“, rief Mathilda und kam ihnen entgegen. Nun entdeckte auch Vivien eine Mädchengestalt im Halbdunkeln, die auf einem Stamm saß und auf den See hinunter schaute. Die Eltern der Zwillinge redeten Lotta gut zu, doch das Mädchen rührte sich nicht. „Komm her, du kannst unmöglich die ganze Zeit dort sitzen bleiben“, rief die Mutter der Zwillinge. „Lotta, sei vernünftig!“, rief Sven. „Wir können wegen dir nicht die ganze Nacht hier verbringen“, platzte Mathilda der Kragen. Annemieke fasste sich ein Herz und setzte sich neben Lotta. Tröstend nahm sie ihre Freundin in den Arm. Vivien folgte ihr einen Moment später und krabbelte zu ihren Freundinnen. „Du musst jetzt kommen, gleich wird es dunkel. Ich denke, es ist für uns beide nicht gerade gemütlich, auf einem Baumstamm zu übernachten“, sagte Annemieke sanft.
Vivien sah, dass Lotta leise weinte. Vor Erleichterung kamen ihr ebenfalls beinahe die Tränen. Immer wieder wischte sich Lotta mit ihrem Handrücken die Tränen aus ihrem Gesicht und schniefte. „Ich wollte nach der ganzen Enttäuschung einfach nur alleine sein“, sagte Lotta mit tränenerstickter Stimme. „Warum hast du dich nicht an uns gewandt?“, fragte Vivien. „Ich konnte es einfach nicht“, schniefte Lotta. „Im Grunde hat Vivi Recht, Freundinnen sind da, um ihnen die Sorgen anzuvertrauen“, meinte Annemieke. „Wann kommt ihr endlich? Ihr da auf diesem dämlichen Stamm fest wie drei Hühner auf der Stange!“, rief Mathilda ungeduldig. Annemieke griff nach Lottas Hand und zog sie hinter sich her. Lottas leistete keinen Widerstand. „Wir müssen schleunigst zurück“, mahnte Ömer, „Es ist schon fast dunkel“ „Nur keine Panik, ich kenne ich hier auch bei Nacht aus und ich habe eine Taschenlampe dabei“, beruhigte ihn Paul. Lotta versuchte einen Moment zu lächeln, brach dabei gleich wieder in Tränen aus. Mathilda umarmte sie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. „Ich kenne einen gemütlicheren Weg, als den wir geraden eben gegangen sind“, sagte Paul und knipste seine Taschenlampe an.
„Ich hätte nichts gegen einen gefestigten Weg“, lachte Frau ter Steegen. „Ich auch nicht!“, pflichtete Vivien sofort bei. Die Zwillinge hakten sich bei Lotta unter. Vivien hakte sich bei Annemieke ein. Zu viert gingen sie den Weg überwiegend schweigend nebeneinander her. Als sie den Campingplatz erreichten, rannten ihre Freundinnen ihnen entgegen. „Mensch Lotta, du hast uns vielleicht Sorgen bereitet!“, rief Kiki und fiel ihrer Freundin um den Hals. „Lotta, das machst du nie wieder“, tadelte Emily, „Wir sind vor Angst beinahe gestorben und Frau Schellhardt war kurz davor die Polizei zu rufen“ „Deine Eltern hätten es garantiert auch nicht lustig gefunden, wenn sie erfahren hätten, dass du im Wald verschollen bist“, fügte Aylin hinzu. „Ja, es war eine seltendämliche Idee von mir einfach wegzurennen, aber ich habe vorhin einfach nicht nachgedacht“, gab Lotta kleinlaut zu. „Das nächste Mal sagst du uns bitte bescheid, wenn du weglaufen möchtest“, meldete sich Fianna zu Wort. „Ach, da ist unsere Vermisste wieder!“, rief Frau Schellhardt erleichtert und fügte streng hinzu, „Ich lasse dich für den Rest des Abends in Ruhe, doch die Standpauke gibt es morgen und glaube nicht daran, dass das Schimpfen ausfällt“
Die Piranhas knöpften sich währenddessen Max vor. „Wie konntest du deine Freundin so alleine lassen?“, regte sich Sven auf, „Wir haben anderthalb Stunden Fußmarsch hinter uns, während du dich mit dieser Katja amüsiert hast“ „Ich wollte eigentlich mitkommen, um Lotta zu suchen. Ihr wart aber schon losgegangen, als ich noch auf Toilette saß“, verteidigte sich Max. „Eine dämlichere Ausrede kann dir wohl nicht einfallen!“, warf ihm Jannis an den Kopf. „Ich hätte nicht gedacht, dass du so verantwortungslos bist“, schüttelte Lennart den Kopf. „Hey, seid endlich leise oder streitet euch dort, wo der Pfeffer wächst! Wir sind müde und wollen schlafen“, rief Jule verärgert und steckte ihren Kopf aus dem Zelt. „Genau Jungs, es ist Zeit zum Schlafen“, rief Herr Loh, „Geht in eure Zelte, morgen wird ein anstrengender Tag. Unterhaltungen bitte nur noch im Flüsterton“ Vivien und ihre Freundinnen lagen bereits in ihrem großen Zelt. Lotta, die zwischen Emily und Vivien lag, war als Erste eingeschlafen und atmete ruhig. „Gute Nacht, ihr Fünf!“, rief Mathilda leise aus dem Nachbarzelt. „Gute Nacht“, gähnte Aylin neben Vivien und drehte sich auf die Seite. Auch Vivien merkte, dass sie todmüde war. „Ich werde schlafen wie ein Stein“, dachte sie und prompt fielen ihr die Augen zu.
Am nächsten Morgen wurde Vivien durch ein Geräusch wach, das aus dem Nachbarzelt wach. Verwirrt versuchte sie sich aufzurichten, doch Aylins Kopf lag auf ihrem Oberkörper. Lotta, die rechts von Vivien schlag, lag zur Hälfte auf Emily und mit ihren Beinen auf denen von Vivien. Die vier Mädchen lagen wie ein Wollknäuel ineinander. Nur Annemieke, die ganzen außen neben Emily schlief, hatte sich zur Zeltwand hingedreht. Wieder drang Gekicher aus dem Nachbarzelt. „Mensch, was soll das?“, nun war auch Annemieke hellwach. „Hehe, seid ihr auch schon wach?“, hörten sie Kikis Stimme. Wieder wurde gekichert.
„Warum musstet ihr uns so früh wecken?“, brummte Vivien. „Wir kitzeln gerade Mathilda aus, weil sie Kiki gerade ihr Kissen ins Gesicht geworfen hat“, antwortete Fianna kichernd. „Warum eine Kissenschlacht so früh am Morgen?“, beschwerte sich Annemieke. „Ich wollte nur meine Wasserflasche öffnen und es hat gespritzt, daraufhin bekam ich Mathildas Kissen ins Gesicht und nun kitzeln wir sie zur Strafe aus“, berichtete Kiki. Wieder war das Geräusch zu hören, als ob Jemand ein Kissen gegen die Zeltwand des benachbarten Zeltes warf. „Gut, dass ich nicht mit denen in einem Zelt schlafen muss“, dachte Vivien bei sich. „Können wir nicht noch eine halbe Stunde schlafen?“, maulte Emily, „Wir haben es gerade halb acht und heute wird wieder ein anstrengender Tag“ Die Mädchen waren wieder ruhig, stattdessen hörte Vivien die anderen Klassenkameraden sich leise in ihren Zelten unterhalten. An Schlafen war nicht mehr zu denken, behutsam schob Vivien Aylin von sich weg und suchte nach ihren Kleidern, die an ihrem Fußende zu einem kleinen Berg auftürmt waren.
Gefrühstückt wurde wieder am Lagerfeuer, dieses Mal kochte die Mutter von Sina einen Grießpudding mit Zimt über dem Feuer. „Probier mal, das schmeckt echt lecker!“, sagte Aylin. Vivien zögerte erst und nahm sich dann einen kleinen Klacks. Ihre Freundin hatte Recht, es schmeckte wirklich fabelhaft. Nur Lotta hatte keinen richtigen Appetit und nagte an einer Scheibe Toast. Bestimmt ging es ihr immer noch nahe, dass Max sie ausgerechnet mit Katja betrogen hatte. Vivien fiel auf, dass Lotta den ganzen Morgen über wortkarg war und sich abseits von ihren Freundinnen hinsetzte. „Herrje, wegen diesem Idioten ist sie zu einem richtigen Trauerkloß geworden“, seufzte Mathilda und warf Lotta einen bemitleidenden Blick zu. „Das wäre ich an ihrer Stelle auch, wenn mir das passiert wäre. Mir tut Lotta gerade richtig Leid“, meinte ihre Schwester. „Es war abzusehen, dass die Beiden sich irgendwann trennen werden“, warf Fianna ein. „Jetzt sind nur noch Lily und Lennart zusammen“, flüsterte Kiki, „Wenn die Liebe zwischen ihnen auch scheitert, könnte man den Friedensvertrag beinahe wieder aufheben“
„Keine schlechte Idee, ich hätte sowieso wieder Lust den Fischköppen einen Streich zu spielen. Manchmal haben die Idioten es immer noch verdient, eins auf die Mütze zu kriegen“, ein spöttischer Zug umspielte Mathildas Lippen. „Noch haben wir Frieden mit ihnen und wir werden nur im größten Notfall ihnen den Krieg erklären“, erinnerte Kiki ihre beste Freundin, die manchmal etwas zu voreilig war. „Hey, höre ich, dass ihr über uns lästert?“, rief ihnen Michael ihnen zu. „Nein, es ist alles gut. Wir lästern über niemanden“, schüttelte Fianna den Kopf. Jannis lag eine schneidende Bemerkung auf der Lippe, doch Mathilda konnte ihm noch ins Wort fallen. „Du musst dich wohl verhört haben, du Obermotz der Fischköppe!“, erwiderte sie kess. Annemieke stieß ihrer Zwillingsschwester den Ellenbogen in die Rippe und ermahnte sie ruhig zu sein. „Werdet bloß nicht frech, ihr kleinen Mädchen oder sollen wir den Friedensvertrag an Ort und Stelle wieder aufheben!“, sagte Sven betont. Aylin schüttelte den Kopf, „Wenn Frau Schellhardt sähe, dass unsere Bandenrivalitäten wieder losgehen, schickt sie uns gleich wieder nach Hause“ „Außerdem waren die ruhigen Zeiten ohne Bandenzoff wirklich erholsam“, pflichtete ihr Emily bei.
Nach dem Frühstück, als die Zelte abgebaut wurden, nahm sich Frau Schellhardt Lotta beiseite und verpasste eine derbe Standpauke. Obwohl Vivien kein einziges Wort verstand, war Frau Schellhardt von der Körpersprache her anzusehen, dass sie ziemlich böse auf Lotta war. Mit hängendem Kopf kam ihre Freundin wieder. „Hat dich Frau Schellhardt nach Hause geschickt?“, fragte Fianna besorgt. „Nein, dass nicht“, murrte Lotta, „Ich muss heute mit den Lehrern im Boot sitzen und ich muss eine Ausarbeitung zum Thema Landschaft im Wandel machen, das ist alles“ „Sei froh, dass du nicht fortgeschickt wurdest“, seufzte Aylin erleichtert. „Ich wäre gar nicht traurig darum gewesen, diese Wanderfahrt ist für mich vornherein ein Desaster“, zischte Lotta wütend. „Komm, spiel hier nicht die beleidigte Leberwurst. Versuch den Mist zu vergessen, die Fahrt wird für dich bestimmt noch schöner werden“, Kiki legte Lotta ihre Hand auf die Schulter.
Frau Schellhardt ließ die Schüler selber entscheiden, mit wem sie das Kanu teilen wollten, da gestern sehr gut geklappt hatte. Kiki, Emily und die Zwillinge nahmen das erste Viererkanu. Lotta machte ein langes Gesicht, sie musste zur Strafe mit den Lehrern in einem Kanu sitzen. Fianna flüsterte Lotta etwas Aufmunterndes zu, sodass ihre Freundin kurz ein Lächeln über die Lippen brachte. „Wer nimmt das nächste Kanu?“, fragte Paul und zog ein Dreierkanu zum Steg. „Wir nehmen es!“, rief Fianna und zeigte zusammen mit Aylin und Vivien auf. Aylin nahm zuerst in der Mitte platz, Paul musste das Kanu festhalten, damit es nicht zu doll hin und her wackelte. Vivien beschloss heute hinten zu sitzen. Zum Schluss kletterte Fianna ins Boot und verstaute die Tonne hinter sich. Heute war es nicht so warm wie gestern und die Sonne versteckte sich hinter ein paar Wolken. „Wenigstens ist es nicht so brütend heiß wie gestern“, meinte Aylin. Da konnte ihr Vivien nur Recht geben, sie hatte sich vorher noch eine dünne Jacke übergezogen.
„Lasst uns unsere Freundinnen einholen!“, rief Fianna und stach ihr Paddel ins Wasser. Kiki und ihre Freundinnen waren schon ein Stückchen voraus gefahren und hatten die Trauerweide vor der nächsten Flussbiegung erreicht. „Eins und zwei und eins und zwei und eins und zwei“, gab Fianna den Takt vor. Der Abstand zu Kikis Kanu verringerte sich immer mehr und sie zogen an mehreren Kanus vorbei. „Wow, seht euch die mal an!“, rief Lennart, „Was hat man denen bloß ins Frühstück getan?“ Die Freundinnen grinsten ihn frech an und zogen schnurstracks an seinem Kanu vorbei. Bald hatten sie Kikis Kanu eingeholt. „Donnerlüttchen, seid ihr schnell!“, entfuhr es Emily. „Wenn wir heute in diesem Tempo weiterfahren, fallen uns heute Abend die Arme ab“, stöhnte Aylin. „Warum fahren wir dann immer noch so schnell?“, mischte sich Vivien ein. „Ich glaube, wir wollen so schnell wie möglich das Ganze hinter uns bringen“, meinte Annemieke. „Warum genießen wir nicht die Schönheit der Landschaft?“, fragte Kiki ihre Freundinnen, „Es ist doch viel schöner, wenn wir im gemütlichen Tempo fahren anstatt uns so zu verausgaben“ „Da hast du Recht, ich habe keine Lust heute Abend mich vor Schmerzen nicht mehr bewegen zu können“, stimmte ihr Mathilda zu und zog kurz ihr Paddel aus dem Wasser.
„Findet ihr es auch nicht schade, dass Lotta nicht mit uns zusammen fahren kann?“, seufzte Emily. Ihre Freundinnen nickten, obwohl sie fanden, dass es sich Lotta selbst eingebrockt hatte. „Habt ihr eigentlich mit Lotta über das Ganze richtig gesprochen?“, fragte Kiki. „Gestern Abend waren wir zu müde dazu und gerade war aus Lotta kein Wort herauszubekommen“, schüttelte Aylin den Kopf. „Sie könnte es echt gebrauchen, dass wir sie wieder aufbauen. Wir wollen nicht, dass diese schöne Kanutour als schlimmste Klassenfahrt in Erinnerung bleibt. Wie wäre es, wenn wir ihr eine Überraschung bereiten?“, schlug Annemieke vor. „Das ist eine prima Idee, Schwesterherz!“, lobte Mathilda, „Wir könnten heute Nacht ein Mitternachtspicknick am Fluss im Kerzenschein veranstalten“ Mathildas Idee traf bei den Roten Siebenerinnen auf große Zustimmung. „Vielleicht wird es Lotta sogar schaffen, diesen blöden Max und diese dämliche Katja zu vergessen“, meinte Fianna euphorisch.
Sie fuhren durch ein Waldstück und Paul hielt die Schüler dazu an leise zu sein, da man mit Glück Tiere beobachten konnte. Vivien sah ein Tier mit dichtem braunem Fell, welches an der Wasseroberfläche schwamm und einen breiten Schwanz hatte. Zum Glück hatte Vivien ihr Fernglas dabei. „Ein Biber!“, flüsterte sie aufgeregt und zeigte auf das Tier. „Gib mal her!“, wisperte Kiki und streckte ihren Arm aus. „Ich werfe es auf keinen Fall zu dir. Ich habe Bedenken, dass es sonst im Wasser landet“, schüttelte Vivien entrüstet den Kopf. Mathilda zog Viviens Kanu mit ihrem Paddel näher zu ihrem eigenen heran, sodass Vivien Kiki ihr Fernglas überreichen konnte. „Das ist wirklich ein Biber!“, Kikis Stimme überschlug sich fast vor Begeisterung. „Sei leise!“, raunte Annemieke mahnend und legte ihren Zeigefinger auf ihre Lippe. Der Biber tauchte unter einem Baumstamm hindurch und verschwand. „Ich hoffe, ihr habt alle den Biber gesehen. Hier gibt es noch einige von ihnen, aber trotzdem sind sie in den letzten Jahren sehr selten geworden. Von daher hatten wir heute ein großes Glück einen von ihnen zu sehen“, meinte Paul und paddelte mit seinem Kajak an den Schülern vorbei. „Aber selbstverständlich haben wir den Biber gesehen. Das war ein Prachtexemplar wie es im Buche steht. Leider konnten wir auf der Schnelle kein Foto machen, aber ich werde diesen Augenblick für immer im Gedächtnis behalten“, sagte Frau Schellhardt. Ihr stand die Begeisterung, so ein seltenes Tier von Nahem gesehen zu haben, deutlich ins Gesicht geschrieben. „Wo war hier bitteschön ein Biber?“, fragte Michael. Seine Augen suchten immer noch das trübe Wasser ab. „Hast du ihn nicht gesehen? Wo seid ihr Jungs eigentlich mit euren Augen“, drehte sich Kiki nach hinten um und beäugte ihn spöttisch.
„Seht mal da vorne!“, raunte Fianna ihren Freundinnen zu, „Seht ihr die grünbläulich schimmernden Libellen?“ „Sie sehen wirklich fantastisch aus!“, schwärmte Aylin. „Schade, dass niemand eine Kamera dabei hat. Ich hätte so gerne Fotos geschossen“, seufzte Annemieke. „Doch wir haben unsere Fotohandys dabei, aber sie sind wassersicher in unserer Tonne verstaut“, meinte ihre Zwillingsschwester. „Trotzdem hat Kiki genug Material für ihr Flusstagbuch“, fand Emily. „Wenn ich keine Fotos machen kann, werde ich die Tiere halt zeichnen“, sagte Kiki pragmatisch. Vivien wusste, dass ihre Freundin fabelhaft Tiere zeichnen konnte. Im Kunstunterricht hatte sie letztens erst eine Eins für ihre Tigerzeichnung mit Kohle bekommen. „Wenn du magst, kann ich dir auch eine Fliege fangen oder nach einem Regenwurm beziehungsweise einer Nacktschnecke suchen, Kiki!“, scherzte Mathilda. „Nein danke, das brauche ich wirklich nicht! Trotzdem danke für dein nettes Angebot“, Kiki machte ein angewidertes Gesicht. Die Freundinnen fielen vor Gelächter um ein Haar aus ihren Kanus. Vivien merkte, dass sie kurz davor war einen Krampf in der Seite zu bekommen und zwang sich zum Luftanhalten.
Die Piranhas näherten sich den beiden Booten der Roten Sieben von hinten. Nachdem sie sich unauffällig angepirscht hatten, eröffneten sie die Wasserschlacht. „Hey!“, kreischte Fianna empört, die einen Schwall Wasser von Jannis abbekommen hatte. Nun hingen ihre roten Haare wie Spagetti vor ihrem Gesicht. „Das kriegt ihr doppelt und dreifach zurück!“, brüllte Kiki und spritzte Wasser in die Richtung von Sven, Jannis und Ömer. Die übrigen Piranhas kamen ihren Freunden zur Hilfe. „Auf die Zwillinge!“, rief Sven laut. „Erstmal müssen Kiki, Emily und Fianna richtig nass werden, sie sind die Schlimmsten“, entgegnete ihm Max. Einige der Roten Siebenerinnen hatten es besonders auf ihn abgesehen, da er Lotta mit Katja betrogen hatte und ihre Freundin deshalb während der ganzen Fahrt über miserable Laune hatte.
Vivien ließ ihr Paddel auf die Wasseroberfläche knallen und versuchte in Lennarts Richtung zu spritzen. Wegen ihm war ihr weißes T-Shirt durchnässt, sodass ihr rotes Top darunter durchschimmerte. Wie aus dem Nichts holte Lennart seine riesige Wasserpistole hervor und zielte auf sie und ihre Freundinnen. „Hey, ihr kämpft mit unfairen Mitteln!“, beklagte sich Mathilda. Sie, ihre Zwillingsschwester und Emily richteten ihre Spritzattacke direkt auf ihn. „Man braucht halt Geheimwaffen, um sich gegen freche Gören zu wehren“, grinste Lennart unverschämt. „Seid wann haben die Rote Sieben und die Piranhas sich in den Haaren?“, rief Frau Schellhardt streng. Von da an wurde die Wasserschlacht eingestellt.
Gegen Mittag wurde der nächste Campingplatz erreicht und die Zelte aufgebaut. Herr Loh und Jules Vater brieten Bratwürstchen, Grillfackeln, Hähnchenbrust und Holzfällersteaks über einen Steingrill. Die Eltern der Zwillinge versorgten die Klasse mit frischen Getränken. Lotta starrte immer noch geradlinig nach unten und tippte gedankenverloren auf ihrem Smartphone herum. „War es wirklich so schlimm, mit den Lehrern in einem Kanu zu sitzen?“, fragte Annemieke Lotta während sie aßen. „Eigentlich nicht, dank Frau Schellhardt habe ich so einiges über unsere heimisches Flora und Fauna gelernt. Aber mit euch wäre es auf jeden Fall noch schöner gewesen“, erwiderte Lotta und spießte ein Stück Wurst mit ihrer Gabel auf.
„Morgen wirst du garantiert wieder mit uns fahren dürfen. Die Strafe war doch nur für einen Tag gültig, wenn ich es richtig verstanden habe“, Emily klopfte ihrer Freundin aufmunternd auf den Rücken. „Du hast auf jeden Fall die lustige Wasserschlacht zwischen uns und den Fischköppen verpasst“, grinste Mathilda kess, „Du hättest sehen müssen, wie nass Max und Jannis am Ende waren“ „Natürlich habe ich die Wasserschlacht gesehen“, sagte Lotta, „Schließlich hat Frau Schellhardt etwas dagegen gesagt und ihr habt wieder aufgehört“ „Wirst du dich nachher mit Max aussprechen, Lotta?“, fragte Fianna. Lotta dachte einen Moment nach. „Ich werde heute Abend zu ihm hingehen und mit ihm reden, auch wenn es mir wehtun wird“, sagte sie entschlossen. „Wir stehen dir bei, falls Max dir gegenüber fies wird“, drückte Kiki ihre Unterstützung aus. Viviens Blick fiel wieder auf Max, Katja, Anja, Lennart, Sven und Tanja. Sie schienen sehr viel Spaß zusammen zu haben und brachen in regelmäßigen Abständen in Gelächter aus. Lotta ignorierte es und drehte dem Grüppchen den Rücken zu.
Am Nachmittag hatten die Jungs ein kleines Fußballturnier vorbereitet. Die Klasse wurde in sechs Teams eingeteilt. Aylin und Emily stöhnten, Vivien mochte Fußball genauso wenig wie ihre Freundinnen. Sie spielte mit Lotta, Sven, Finn und Sina in einer Mannschaft. Lotta ließ gleich im ersten Spiel ihre Wut gegenüber Max raus, der im Tor stand. Sie nahm Mathilda den Ball ab, umkurvte auch noch ihre Zwillingsschwester und netzte zur Führung ein. Der Ball ging durch Max Beine und ließ ihn alt aussehen. „Lotta, Lotta, Lotta!“, riefen einige Klassenkameraden vom Spielfeldrand aus. „Endlich zeigt sie es dem Blödmann“, sagte Aylin zu Kiki und gab ihr einen Highfive. Wenig später pfiff Herr Loh das Spiel ab. Vivien war froh, dass sie sich hinsetzen konnte. Die Lauferei hatte bei ihr zu heftigem Seitenstechen geführt.
Als nächstes spielte der Verlierer gegen das Team von Kiki und Jannis. „Echt gut gespielt und dann zwei Tore in einem Spiel. Für ein Mädchen nicht schlecht!“, lobte Lennart Lotta nach dem Spiel und klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter. „Ich musste meinen ganzen Frust rauslassen“, lächelte sie verlegen zurück. Wann wirst du dich mit Max aussprechen?“, fragte er zurück. „Nach dem Abendessen“, erwiderte Lotta. „Heute Abend kommt doch Fußball“, entgegnete er ihr. „Ach stimmt, das habe ich ganz vergessen“, murmelte sie. „Bei einer Lifeübertragung eines WM-Spiels wirst du mit ihm auf keinen Fall sprechen können“, meinte Lennart. „Was? Heute ist Fußball?“, mischte sich Emily ein. „Aber klar doch, Schatz! Heute ist ein Vorrundenspiel“, nickte Lennart und legte seiner Freundin den Arm um die Schulter. „Schauen wir uns das Spiel denn wirklich an?“, wollte Emily wissen. „Herr Loh hat gemeint, dass Spiel wird in einem Biergarten ganz in der Nähe auf einer Leinwand übertragen und wir wollen nach dem Abendbrot dorthin gehen“, sagte ihr Freund. Wieder unterbrach der Abpfiff ihr Gespräch. „Komm, wir sind wieder dran!“, Lotta zog Vivien hinter sich her. „Oh, wie ich Fußball hasse!“, dachte sie insgeheim und war froh, dass sie während dieser Partie im Tor stehen durfte. „Hinter diesem Spiel ist kein Pep!“, beschwerte sich Sven und schnappte sich beim nächsten Freistoß den Ball.
Immer noch war kein Tor gefallen und dieses Spiel drohte zu einer Nullnummer zu werden. Sven versierte den Ball an, nahm Anlauf und hämmerte den Ball in die Maschen. Pauline, die im Tor stand, hatte keinen Hauch einer Chance seinen Schuss zu halten. „Ole!“, riefen einige Klassenkameraden. „Geht doch!“, lobte Finn seinen Mitspieler. Vivien war froh, dass sie nur wenige Male mit dem Ball in Berührung kam und nur einmal einen Schuss von Freya halten musste. Vivien war froh, als das Turnier zuende war. Beinahe hatte sie einen Treffer erzielt als Thomas vor ihren Füßen ausgerutscht war und sie die Latte getroffen hatte. Kikis Mannschaft machte den ersten Platz und Herr Loh versprach ihnen im Biergarten ein Getränk extra auszugeben. Im Anschluss spielten einige Jungs gegen die Eltern und Paul. Vivien fiel auf, dass Lotta jedes Mal wegschaute, wenn Max am Ball war. „Wahrscheinlich kann sie immer noch nicht Max in die Augen sehen“, wisperte Emily. „Nein, freiwillig tue ich das auch nicht“, gestand Lotta ehrlich. „Aber du musst doch heute Abend mit ihm reden“, wurde sie von Fianna erinnert. „Das wird ganz schwer für mich. Ich werde mich dafür ganz schön überwinden müssen“, meinte Lotta.
Nach dem Abendbrot schaute die 8a das Fußballspiel im Biergarten. Die Rote Sieben setzte sich an einem Tisch, an dem Max und Katja nicht saßen. Die Freundinnen unterhielten sich leise. Vivien bekam ab und zu mit, wie die Jungs sich über die instabile Abwehr und die mangelnde Torchancenverwertung aufregten. „Unsere verdammten Verteidiger müssen die gegnerischen Angreifer endlich richtig decken!“, schimpfte Lennart, „Sonst bekommen wir in Kürze ein Gegentor“ „Habt ihr das gesehen?“, rief Jannis aufgeregt, „Einer von unseren Abwehrspielern hat beinahe ein Eigentor gemacht, wenn der Torwart den Ball nicht reflexartig von der Linie gegrätscht hätte“, regte sich Jannis auf. „Der Bundestrainer hätte unbedingt eine andere Startelf auf den Platz schicken müssen“, fachsimpelte Patrick. „Dem stimme ich zu!“, nickte Lennart. „Meine Güte, warum regt ihr euch so auf? Das ist doch nur ein Fußballspiel und noch nicht der Weltuntergang“, versuchte Emily die Jungs zu beruhigen. „Davon verstehst du nichts, Lily! Wenn das Spiel verloren geht, wird es eine ganz knappe Kiste“, brummte Lennart. Emily wandte sich wieder ihren Freundinnen zu, die sich nicht besonders für Fußball interessierten. Nur Fianna, Lotta und die Zwillinge verfolgten zwischendurch das Spektakel auf der Leinwand. Vivien stapelte in der Zwischenzeit alle Pappuntersetzer aufeinander, die sie finden konnte.
Plötzlich fingen einige ihrer Mitschüler laut an zu schreien und sprangen jubelnd auf. Ein Tor war gefallen und offensichtlich für die richtige Mannschaft. Auf der Leinwand wurde der Torschütze eingeblendet und das Tor noch einmal in der Wiederholung gezeigt. „Ich fühle mich gerade irgendwie nicht besonders gut, mir ist momentan richtig übel“, sagte Lotta leise. „Ist es wegen Max?“, fragte Vivien. „Kann schon sein“, nickte ihre Freundin. „Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?“, schlug Vivien vor, „Ich habe sowieso keine Lust mir die ganze Zeit das Spiel anzugucken“ Lotta nickte und hakte sich bei Vivien unter.
„Wir gehen an der Dorfstraße spazieren, Lotta geht es nicht gut“, meldete sich Vivien bei den Lehrern ab. „Ihr könnte gerne ein wenig durch das Dorf laufen, aber ihr solltet in einer Viertelstunde wieder da sein“, meinte Frau Schellhardt, „Das Spiel endet in ungefähr zwanzig Minuten und danach gehen wir wieder zurück zum Campingplatz“ Schweigend liefen die beiden Freundinnen die Straße auf und ab, die wegen des Fußballspiels wie leergefegt war. „Ich glaube, wir sollten langsam wieder zurückgehen“, sagte Lotta, als sie zum dritten Mal am Dorfbrunnen vorbei liefen. „Geht es dir besser?“, wollte Vivien wissen. „Naja, was heißt besser?“, brummte Lotta, „Du weißt doch sicherlich, wie es sich anfühlt, wenn eine Beziehung zuende geht oder?“ „Ehrlich gesagt nein“, schüttelte sie verlegen den Kopf. Da Vivien noch nie einen Freund hatte, wusste sie nicht, wie sich Trennungsschmerz und Liebeskummer anfühlten. Trotzdem war sie überzeugt, dass es ganz schön wehtun musste. Lotta war während der gesamten Kanutour nicht ein einziges Mal richtig glücklich gewesen und hatte mit den Anderen gelacht.
Die Stimmung im Biergarten und auf dem Rückweg war außerordentlich gut. Katja und Neele fachsimpelten mit den Jungs über Fußball und freuten sich über den Sieg wie kleine Kinder. Emily und Kiki, die direkt hinter ihnen liefen, verdrehten die Augen. Vivien lief neben Aylin und Fianna. „Hast du eigentlich Lotta gesehen?“, wisperte Fianna. „Seit gerade eben habe ich sie nicht gesehen“, schüttelte Vivien den Kopf. „Sie läuft zwei Reihen hinter uns“, wisperte Aylin. Lotta lief alleine mit hängendem Kopf neben Saskia, Jolanda und Anja. „Ich verstehe nicht, wieso sie sich so von uns abgrenzt“, zischte Fianna. „Manchmal muss man sie nicht verstehen. Sie ist schon die ganze Zeit über traurig und redet noch kaum ein Wort. Langsam fange ich an mir wegen ihr echt Sorgen zu machen. Normalerweise ist Lotta nie so“, drehte sich Emily zu ihnen um. „Es kommt gerade richtig, dass wir nachher für Lotta ein Mitternachtspicknick am Fluss vorbereiten“, meinte Aylin. „Stimmt, Aufmunterung kann sie momentan echt gut gebrauchen“, pflichtete ihr Fianna bei. „Hey Kiki!“, stupste Vivien ihre Freundin von hinten an, „Was hältst du davon, wenn wir Teelichter anzünden und auf dem Steg platzieren? Ich habe einen ganzen Beutel davon dabei“ „Fabelhafte Idee, Vivi! Manchmal hast du wirklich grandiose Einfälle“, lobte Kiki. Vivien lächelte geschmeichelt.
Ihr Blick richtete sich auf Katja und Max, die sich an den Händen hielten. „Es wird echt langsam Zeit, dass Lotta mit diesem Blödmann Schluss macht“, raunte Fianna empört. „Da bin ich ganz deiner Meinung“, schloss sich Emily an. Vivien gesellte sich mit den Zwillingen zu Lotta. „Ich will euch um eins bitten“, sagte Lotta betont und sah ihre Freundinnen ernst an, „Bitte lasst mich gleich alleine, wenn ich mit Max rede. Ich möchte nicht, dass ihr dabei seid“ „Falls du doch noch eine Freundin brauchst, wir sind immer noch für dich da“, redete Annemieke auf sie ein und drückte ihren Arm. Lotta riss sich los und beschleunigte ihre Schritte. „Es ist nichts gegen euch, aber ich mag momentan niemanden um mich herum haben. Es nagt doch sehr an mir“, erklärte sie ihren Freundinnen. „Du kannst von mir aus auch alleine sein, wir wollen dich nicht bedrängen“, meinte Mathilda.
Die Gruppe erreichte den Campingplatz und sofort gingen die Roten Siebenerinnen bis auf Lotta in ihre Zelte, um das Mitternachtspicknick vorzubereiten. „Man, langsam macht mir die Kanutour langsam keinen Spaß mehr, wenn ich mir mit ansehen muss, wie traurig Lotta die ganze Zeit ist und kaum noch ein Wort redet“, seufzte Annemieke geknickt. „Schwesterchen, du lädst dir ständig das Leid auf die deine Seele“, spottete ihre Zwillingsschwester. „Micky hat eindeutig Recht“, widersprach Emily Mathilda, „Stell dir vor, dein Freund würde mit einem anderen Mädchen fremdgehen“ „Können wir nicht das Thema wechseln?“, bat Kiki, „Wenn ihr euch dauernd darüber unterhaltet, zeiht das natürlich auch meine Laune in den Keller. Denkt lieber darüber nach, welche Leckereien ihr für das Mitternachtspicknick opfern wollt“ „Ich habe eine Tüte mit Stroopwaffeln und Schokobonbons“, rief Mathilda begeistert und stürmte in das Nachbarzelt. In Kürze sammelten sich Chipstüten, Salzstangen, eine große Flasche Cola, Eistee, Schokolade, Kekse und Annemiekes selbstgebackenen Cupcakes auf Lottas Schlafsack. „Wenn Lotta das sieht, wird sie ausflippen“, prophezeite Fianna und legte eine Tüte Cracker auf den Stapel.
Draußen begann es langsam dunkel zu werden. Annemieke, Vivien und Aylin gingen zum Steg, um die Teelichter aufzustellen. Fianna pflückte ein paar Blumen und legte sie sie gleichmäßig auf dem Steg. „Na, seid ihr mit dem Schmücken fertig?“, fragte Kiki. Emily und sie trugen die Körbe mit den Leckereien. Mathilda lief zum Wohnwagen ihrer Eltern, um eine Picknickdecke zu holen. Freudestrahlend kam sie wieder. „Nun, kann das Festessen langsam beginnen“, sagte sie fröhlich, „Wenn ich in die Körbe schaue, kriege ich Heißhunger“ „Moment, aber Lotta fehlt doch noch“, bremste Kiki ihre beste Freundin. „Vielleicht sollten wir Lotta suchen gehen“, warf Fianna ein, „Schließlich hat ihr keiner Bescheid gesagt“ „Das wäre auch blödsinnig gewesen, wenn wir ihr vorher bescheid gesagt hätten, dann wäre es keine Überraschung mehr“, bemerkte Mathilda spitz. „Moment, ich gehe eben nach ihr gucken“, meldete sich Annemieke freiwillig und lief los. Vivien schaute ihr nach und bald verlor sich ihr hellblonder Lockenschopf im Halbdunkeln. „Was sich Schwesterchen wohl einfallen lässt?“, schmunzelte Mathilda und drehte sich eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger. Wenig später kam Annemieke wieder und hatte Lotta untergehakt.
Erst vom Nahen konnte Vivien erkennen, dass Lotta eine Augenbinde trug. Annemieke gab ihren Freundinnen ein Zeichen, dass sie sich ruhig verhalten sollte. Ihre Zwillingsschwester machte eine Geste. „Überraschung!“, riefen die Roten Siebenerinnen im Chor. „Oh, wo bin ich hier gelandet?“, staunte Lotta und nahm ihre Augenbinde ab. „Sei vorsichtig, wo du hintrittst. Nicht dass du noch ins Wasser fällst. Neulich stand in der Zeitung, dass hier ein Krokodil ausgesetzt wurde“, scherzte Mathilda. Lotta lachte zum ersten Mal an diesem Tag. Die Freundinnen setzten sich auf die Picknickdecke und machten sich über all die leckeren Sachen her. Kiki ermahnte ihre Freundinnen leise zu sein, da die Lehrer sie sonst hören konnten und deshalb wurde nur im Flüsterton gesprochen.
Das silberne Licht des Mondes spiegelte sich im Wasser. Vivien lauschte dem Zirpen der Grillen und wie das Wasser leise unter dem Steg gluckerte. „Wie war eigentlich die Trennung gewesen?“, fragte Emily. „Keine große Sache, wir haben uns ausgesprochen und waren beide der Meinung, dass wir nicht mehr zusammenpassen. Es war ein guter Beschluss die Beziehung zu beenden“, erwiderte Lotta und zuckte gelassen mit der Schulter. Mathilda legte ihr den Arm um die Schulter. „Weißt du, wir sind alle Singles bis auf Lily und Fianna“, flüsterte sie Lotta ins Ohr, „Aber Singlesein muss nicht unbedingt schlecht sein. Du hast doch auf jeden Fall noch uns und wir sind immer für dich da“ „Ach, ich mach mir nichts mehr draus. So schlimm ist es nicht, dass die Beziehung vorbei ist“, erwiderte Lotta gespielt lässig.
Plötzlich glitzerte etwas im Mondschein auf Lottas Wange. Vivien schaute noch genauer hin, es war eine Träne. „Weinst du?“, fragte sie besorgt. Lotta antwortete ihr nicht. „Was ist los, Lotta?“, nun war es auch Annemieke aufgefallen. Lotta schniefte los und noch mehr Tränen liefen ihr über das Gesicht. Die Freundinnen umarmten sie von allen Seiten. Lange wurde kein Wort gesagt. „Danke, ihr seid die besten Freundinnen, die ich je in einem Leben gehabt habe. Nicht dass ihr mich falsch versteht, aber ich habe geweint, weil ich glücklich bin. Ich habe Freundinnen, die hinter mir stehen und mitbekommen wie es mir geht“, sagte Lotta leise und wischte sich die Tränen weg.
„Dazu sind gute Freundinnen da“, flüsterte Kiki und gab Lotta ein kleines Päckchen. „Soll ich es sofort aufmachen?“, fragte Lotta. „Gerne, ich will wissen, was dir Kiki schenkt“, wisperte Mathilda. Lotta wickelte das Päckchen behutsam aus und hielt ein Paar selbst gebastelter Federohrringe in der Hand, die sich sofort rein machte. „Du siehst damit beinahe wie eine Indianerprinzessin aus!“, entfuhr es Vivien. „Die Indianerprinzessin ist immer noch Kiki“, meinte Mathilda. Kiki hatte mit ihren langen schwarzen Zöpfen und ihrem bunten Sommerkleid tatsächlich Ähnlichkeiten mit einer Indianerin. „Ich kann gar nicht verstehen, wieso Max Katja bevorzugt anstatt dich. Aber dir nichts mehr aus diesem Idioten“, sprach Fianna den Gedanken aus, den alle Roten Siebenerinnen in ihren Köpfen hatten.
„Guten Morgen, wollt ihr nicht langsam aufstehen? Eure Klassenkameraden sitzen schon beim Frühstück“, die Mutter von Mathilda und Annemieke steckte ihren Kopf in das Zelt hinein. „Schon gut, Mama, wir stehen sofort auf“, murmelte Annemieke schlaftrunken und strich ihre verwuschelten Locken hinter die Ohren. „Geht es euch auch so, dass ihr noch so müde seid?“, gähnte Emily. „Wer von uns ist nicht müde? Niemand von uns hat mehr als sechs Stunden geschlafen“, sagte Aylin und krabbelte aus ihrem Schlafsack. „Stimmt, wir sind erst um halb zwei in unser Zelt gegangen“, nickte Vivien.
An diesem Morgen fühlte sie sich außerordentlich steif und unbeweglich. Ihr tat beinahe jeder Muskel weh. „Ausgerechnet heute ist die längste Etappe und mir fallen die Arme jetzt schon fast ab“, stöhnte Emily. „Mir geht es auch nicht besser als dir, Lily“, meinte Vivien, „Ich habe schon seit Tagen Muskelkater. Komischer Weise habe ich mich schon so an die Muskelschmerzen gewöhnt, dass manchmal vergessen, dass mir das wehtut“ „Mama sagt, dass ein heißes Bad gegen Muskelkater hilft“, wusste Lotta. „Aber wo willst du hier ein heißes Bad nehmen?“, widersprach ihr Aylin. „Da gibt es nur die Duschen am Ende des Campingplatzes“, wandte Emily ein. „Kommt endlich, wir haben keine Zeit zum Quatschen. Wir sind sowieso schon eine Viertelstunde zu spät und ich habe gerade eben gehört, wie Matti und co ihr Zelt verlassen haben“, drängte Annemieke, die schon als einzige der fünf Freundinnen komplett angezogen war. „Wirklich?“, fragte Aylin. „Na klar, wenn Matti und Kiki zusammen sind, ist es nie still und jetzt beeilt euch endlich, sonst gehe ich ohne euch!“, meinte Annemieke. Die Mädchen beeilten sich und gingen geschlossen zum Picknickplatz unter den Linden.
„Na, ihr habt aber ordentlich verschlafen!“, empfing Mathilda sie und beäugte ihre Freundinnen spöttisch. „Ihr seid wirklich mehr als zwanzig Minuten zu spät“, sagte Frau Schellhardt streng, „Wir sind zwar nicht in der Schule, aber beim nächsten Mal gibt es trotzdem einen Strich. Esst erstmal was und in einer Stunde lassen wir die Kanus zu Wasser“ Vivien hatte wenig Hunger, gestern Abend war ihr nach dem großen Süßigkeitenschlachten sogar ein wenig übel. Sie schaffte es nur ein Brötchen und eine Tasse Pfefferminztee hinunter zu bekommen. „Oh verdammt, wir haben kaum Zeit unsere Zelte abzubauen“, beklagte sich Lotta. „Hätten wir bloß nicht verschlafen“, seufzte Aylin. „Sollen wir euch helfen? Wir haben unsere Sachen schon zusammen gepackt“, bot Fianna ihnen freundschaftlich an. „Danke, das wäre echt nett von euch“, bedankte sich Annemieke.
Zu acht schafften sie es das Zelt in Rekordzeit abzubauen und im Kofferraum des Bullis von Svens Vater zu verstauen. „Endlich fertig!“, Lotta klatschte zufrieden in die Hände. Die Roten Sieberinnen nutzten die letzten Minuten vor der Weiterfahrt um sich im Waschraum die Zähne zu putzen und noch mal auf die Toilette zu gehen. „Wisst ihr, dass Katja und Max jetzt zusammen sind?“, Anja stürmte mit Jolanda den Waschraum. „Sie haben es erst gerade verkündet“, bestätigte Jolanda mit ihrer glockenhellen Stimme. „Aha, das ist wohl nichts Neues mehr für uns!“, verdrehte Mathilda die Augen und warf den beiden Klassenkameradinnen einen herablassenden Blick. Anja und Jolanda grinsten Lotta provozierend an. „Warum müsst ihr es überall herumposaunen? Wen interessiert es?“, warf ihnen Kiki verärgert an den Kopf. In dem Moment kamen Saskia und Neele herein. „Katja und Max sind ein Traumpaar, Katja passt viel besser zu ihm als Lotta, da sie hübscher, älter, klüger und reifer ist“, sagte Neele zu ihren Freundinnen. Die vier Mädchen kicherten leise. „Hört endlich auf, Lotta zu provozieren!“, wurde Fianna wütend. „Was haben wir euch nur angetan?“, Jolanda versuchte unschuldig zu klingen. „Langsam reicht es!“, fuhr Emily die Mädchen von der Seite an.
„Genauso sehe ich es auch“, pflichtete Annemieke ihrer besten Freundin bei, „Es ist nicht fair, wie ihr euch Lotta gegenüber verhält. Wenn ihr sie weiterhin so gemein behandelt, bekommt ihr es mit unserer Bande zu tun und das wird für euch nicht angenehm“ „Warum sollen wir vor einem Haufen kleiner unreifer Mädchen Angst haben?“, erwiderte Saskia arrogant. „Haha, eine Mädchenbande in unserem Alter, dass ich nicht lache!“, spottete Jolanda. Kiki und Mathilda wurden puterrot vor Ärger. Ihnen lag ihre Bande sehr am Herzen und sie mochte es überhaupt nicht, wenn sich ihre Mitschüler darüber lustig machten. „Lasst uns nicht von diesen Zicken provozieren“, flüsterte Emily Kiki und Mathilda zu. Geschlossen verließ die Rote Sieben den Waschraum. „ Diese Modepüppchen! Man kann ihr wahres Gesicht vor Schminke kaum noch erkennen“, bemerkte Mathilda herablassend. „Ach, reg dich nicht darüber auf, Matti!“, klopfte ihr Annemieke beruhigend auf die Schulter.
„Für den ersten Teil unserer heutigen Strecke habe ich festgelegt, wer mit wem in einem Kanu sitzt“, teilte Frau Schellhardt ihren Schülern am Steg mit und holte eine Liste aus ihrer Hosentasche. Einige Schüler stöhnten leise. „Wenn der erste Teil der Etappe ohne Schwierigkeiten verläuft, dürft ihr nachher frei entscheiden, mit wem ihr fahren wollt“, fuhr die Klassenlehrerin fuhr, um ihre Schüler zu besänftigen. Nach und nach lasen Herr Loh und sie die Namen vor. Vivien war mit Emily und Freya zusammen in einem Boot. „Ihr habt wenigstens Schwein gehabt“, raunte ihr Mathilda ins Ohr, „Ich habe das supertolle Los abbekommen, mit Katja, Neele und Max in einem Kanu zu sitzen“ „Mir ist nicht besser ergangen“, meinte Annemieke, „Ich muss mit drei Jungs zusammen fahren“ „Herrje und ich muss mit Saskia und Jolanda herumärgern!“, seufzte Fianna.
Lotta freute sich, sie teilte sich mit Kiki, Pauline und Jule ein Boot. „Macht euch keinen großen Kopf, Mädels! Nach der Pause werden die Gruppen eh wieder geändert“, versuchte Aylin ihre Freundinnen aufzumuntern. Zuerst wurde das Kanu von Frau Schellhardt zu Wasser gelassen. Thomas, Finn, Tanja und sie stiegen ein und ließen sich einige Meter von der Strömung treiben. „Fahrt nicht so zu voraus!“, rief ihnen Paul hinterher und ließ das nächste Kanu ins Wasser. „Heute wird garantiert noch wärmer als vorgestern“, stöhnte Emily. „Angeblich soll es heute Abend Gewitter geben“, meldete sich Freya zu Wort. „Auf Gewitter kann ich beim Camping gut verzichten und hier auf dem Wasser ist es sowieso lebensgefährlich“, meinte Emily. „Irgendwie finde ich auch, dass ein Gewitter in der Luft liegt“, pflichtete Vivien Freya bei, „Die Luft ist zum Zerschneiden dick“
„Wenn es gewittert, möchte ich auf jeden Fall in Sicherheit sein und auf keinem Fall im Wasser“, sagte Emily. „Mach dir keine Sorgen, die Gewitter sollen erst am Abend oder in der Nacht kommen“, beruhigte Freya sie. Obwohl es erst neun Uhr war, war es schon ziemlich schwül und den Schülern lief der Schweiß bei jedem Paddelschlag über die Stirn. „Wenn das so weiter geht, zerfließe ich“, stöhnte Vivien. Sie nahm ihre Brille ab, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. „Dahinten kommt ein Wald und im Schatten wird es wohl nicht so heiß sein“, murmelte Emily. „Ihr braucht gar nicht mal so schnell paddeln, wir können uns ein Stück treiben lassen. An dieser Stelle ist die Strömung relativ stark“, meinte Freya. Die Mädchen zogen ihre Paddel aus dem Wasser und ließen sich treiben. Emily passte auf, dass sie nicht auf eine Sandbank auffuhren.
„Diese verdammten Viecher, ich könnte sie alle eigenständig auslöschen!“, fluchte Emily. „Ich gebe dir Recht, ich habe schon mindestens drei Stiche und ich bekomme bestimmt noch mehr“, sagte Freya und schlug nach einer Mücke, die sich auf ihre Wade setzte. „Na, habt ihr auch unzählige Mückenattacken abzuwehren?“, rief ihnen Fianna zu. „Ich habe das Gefühl diese Mistviecher saugen mich nahezu aus“, beklagte sich Emily. Beinahe jeder Schüler versuchte sich die Mücken vom Leib zu halten. Vivien kicherte als sie sah, wie Jannis und Sven mit ihren Händen in der Luft herumfuchtelten und beinahe ihr Kanu zum Kentern brachten.
„Achtung, gleich kommt eine Stromschnelle!“, kündigte Paul an und fuhr voraus. So eine große Stromschnelle hatte Vivien noch nie in ihrem Leben gewesen. Für sie fühlte es sich so an, als ob sie einen Wasserfall hinunter fahren würde. „Es fühlt sich beinahe wie auf dem Amazonas an“, fand Vivien. „Stimmt, dort ist es jeden Tag so schwül“, nickte Freya und tauchte ihren Arm ins kühle Nass. Der Fluss wurde an einer Stelle schmaler und kurviger. Bald waren keine Felder und Straßen mehr zu sehen. Sie waren zweifelsfrei in der Wildnis angelangt. Bald tat sich rechts von ihnen eine riesige Felswand auf. Vivien hatte Bedenken, dass sich kleine Bröckchen aus dem Gestein lösen konnten und auf sie hinabfallen. „Normalerweise passiert das nicht“, gab Emily Entwarnung. Vivien fühlte sich leicht unbehaglich als sie erneut durch eine enge Schlucht fuhren. Der Fluss war steinig und die Strömung sehr stark. Die Mädchen mussten das Kanu nur noch lenken und aufpassen, dass sie gegen keinen Stein fuhren.
An einer Stelle mit Kieselstrand wurden die Kanus aus dem Wasser gezogen und Pause gemacht. Zwei umgefallene Baumstämme boten Platz für alle Personen, um sich hinzusetzen. Die Lehrer und Eltern verteilten Sandwichs, Würstchen, Obst und Getränke. Herr Loh erinnerte die Schüler daran, bei diesem Wetter ausreichend zu trinken. „Dürfen wir kurz ins Wasser springen? Uns ist so heiß“, fragte Jannis. „Hier ist es zu gefährlich!“, schüttelte Paul den Kopf, „Aber später, wenn wir den Naturzeltplatz erreicht haben, gibt es eine Badebucht, wo ihr gefahrlos baden könnt“ Die Roten Sieben hockte abseits von ihrer Klasse und beriet sich, wer sich mit wem ein Kanu teilen wollte. „Ist es okay, wenn Micky, Lotta, Kiki und ich in einem Boot fahren?“, richtete sich Fianna an ihre Freundinnen. „Eigentlich wollte ich auch unbedingt mit Micky und Kiki zusammen fahren“, meinte Emily. „Fangt bloß keinen Streit an! Es ist doch egal, wer mit wem fährt oder müssen wir schon wieder auslosen?“, mischte sich Kiki genervt ein.
„Ich würde gerne mit Matti, Fianna und Aylin fahren. Denn ich bin noch nicht mit ihnen gefahren“, meldete sich Lotta zu Wort. Die übrigen Roten Siebenerinnen waren diesmal einverstanden. Kurz vor der Weiterfahrt kühlten Emily, Lotta, Fianna und Vivien ihre Füße im Wasser ab. „Das tat unseren Käsefüßen echt gut“, schmunzelte Emily und band sich ihre verschwitzten Haare zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammen. „Besser wäre es, wenn wir uns eincremen“, erinnerte Lotta ihre Freundinnen, „Ich sehe, dass Fianna bald einen Sonnenbrand bekommt, sie hat die hellste Haut von uns allen“ „Oh man, wieso habe ich bloß vergessen?“, erschrak Fianna. „Lass uns Micky fragen, sie hat eine XXL-Tube Sonnenmilch in ihrem Rucksack“, schlug Vivien vor. Die vier Freundinnen liefen wieder zu ihrer Gruppe zurück. Die Roten Siebenerinnen setzten sich nebeneinander auf den Boden in einen Kreis und cremten sich gegenseitig ein. Die Lehrer und Paul trommelten alle Schüler und Eltern zusammen und besprachen die Weiterfahrt. „Ihr müsst an manchen Stellen sehr aufpassen“, redete Paul den Schülern ins Gewissen, „Es gibt einige Stellen, wo Steine aus dem Wasser ragen und einige Stromschnellen mit hoher Fließgeschwindigkeit. Wenn ihr kentert, kann das schon gefährlich für euch sein“ Einige Schüler starrten ihn ängstlich mit weit geöffneten Augen an. „Nein, die Strecke ist nicht lebensgefährlich“, setzte Paul nach, „Trotzdem kann man sich durch grob fahrlässiges Verhalten verletzen oder sich in Gefahr bringen“
Der zweite Teil der Etappe begann entspannt. Vivien und ihre Freundinnen mussten kaum paddeln, da die Strömung ausreichte, um das Kanu fortzubewegen. Aylin stimmte ein Lied an, Singen war ihre Leidenschaft. Jedes Mal, wenn sie sang, verstummten die Menschen um sie herum und lauschten ihrer schönen hellen Stimme. Auf einmal tauchte ein Warnschild vor ihnen auf. „Lebensgefahr, Stromschnelle!“, stand dort in dicker roter Schrift drauf. Paul ordnete an, dass die Kanus aus dem Wasser gezogen werden sollten. „Da wäre ich nie im Leben hinunter gefahren“, sagte Aylin mit einem Blick auf den Wasserfall. „Sieh dir das mal an, das geht bestimmt drei oder vier Meter senkrecht in die Tiefe. Wer dort mit seinem Boot hinunter fährt, ist lebensmüde“, bemerkte Annemieke.
Die Schüler mussten ihre Kanus ein Stück durch den Wald tragen. Vivien ächzte und ihre Arme schienen immer länger zu werden. „Das verdammt Kanu wiegt ziemlich viel“, stöhnte Emily. Um ein Haar fielen die Mädchen mit ihrem Kanu hin, da Annemieke mit ihrer Sandale an einer Baumwurzel hängen blieb und stolperte. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Aylin besorgt. „Ja, ich bin nur umgeknickt“, nickte ihre Freundin mit schmerzverzehrtem Gesicht und humpelte. „Oh Micky, sag bloß bescheid, wenn es länger wehtut, nicht dass du dich doch noch verletzt hast“, rief Vivien, „Ich hatte mich vor einem Jahr im Sport beim Turnen mir den Fuß verdreht und hatte danach noch länger Schmerzen. Ich war beim Arzt und dieser hat festgestellt, dass ich einen Bänderanriss hatte“ „So schlimm ist es nicht!“, wägte Annemieke ab, „Ich kann schon wieder ohne Probleme auftreten“
Hinter der gefährlichen Stromschnelle wurden die Kanus wieder zu Wasser gelassen. Zunehmend kamen sie an riskanten Stellen mit tückischen Strömungen und spitzen Hindernissen vorbei. „Nicht wackeln!“, rief Aylin panisch und krallte sich fest. „Ich muss anders hinsetzen, in dieser Position halte ich es nicht länger aus“, sagte Emily. Wieder schwankte das Kanu gefährlich. Die Mädchen kreischten vor Panik. „Lily!“, riefen Aylin und Annemieke tadelnd. „Sorry, ich wollte euch keine Angst einjagen“, entschuldigte sich Emily kleinlaut. „Du weißt doch, dass Kentern an solchen Stellen nicht ungefährlich ist“, verwies Vivien auf Pauls Worte von vorhin. „Vorsicht!“, brüllte eine hohe Stimme hinter ihnen. Das Kanu von Katja, Anja, Max und Michael näherte sich ihnen von rechts. „Abstand halten!“, rief Emily laut. „Wie denn?“, schrie Katja. „Haltet eure Paddeln ins Wasser, somit bremst ihr euer Kanu ab“, rief Annemieke, „Ihr könnt nicht neben uns fahren, dafür ist der Fluss an dieser Stelle zu schmal“ Vivien war erleichtert, als sie sah, dass Michael sich an einem tief hängenden Ast festhielt und sich die Distanz zu dem anderen Kanu vergrößerte. „Das hätte auch schief gehen können!“, schnaubte Emily.
Nachmittags wurden die Zelte auf einem Naturcampingplatz aufgeschlagen. Anders als bei den anderen Campingplätzen gab es kein Gebäude und noch nicht einmal einen Waschraum. Es gab nur zwei Plumpsklos, eine Feuerstelle und einen kleinen Sandstrand. „Hier gibt es ja gar nichts!“, stöhnte Katja. „Doch, eine Wiese, auf der du mit deinen Pumps hängen bleiben kannst“, bemerkte Mathilda mit einem frechen Grinsen. „Blöde Kuh, du kannst dir deine blöden Bemerkungen auch sparen!“, zischte Katja und zog ihr Gesicht zu einer angesäuerten Miene. „Freche Mädchen wie du, gehören eine Nacht in einen dunklen Kerker“, warf Max Mathilda an den Kopf.
Die Roten Siebenerinnen zogen sich, nachdem ihre Zelte standen, ihre Badekleidung an und stürzten sich in die Fluten. Bei der schwülen Hitze gab es nichts Erfrischenderes als das. Johlend spritzten sie sich gegenseitig nass und tauchte ihre heißen Köpfe unter Wasser. „Noch gerade eben dem Hitzeschlag entkommen!“, keuchte Lotta und ließ eine handvoll Wasser über ihr Gesicht laufen. „Bekommt ihr langsam auch Hunger?“, fragte Kiki in die Runde. „Langsam schon“, nickte Fianna, „Ich laufe eben zum Zelt, ich habe noch Cracker, Butterkekse und Gummibärchen“ „Das ist fantastisch!“, rief Mathilda, „Ich habe das Gefühl, dass ich ein ganzes Pferd auf einmal verschlingen könnte“ „Haha, wann hast du mal keinen großen Hunger, du kleine Raupe Nimmersatt?“, neckte Kiki Mathilda und erntete sofort einen seichten Rippenstoß.
Während die Roten Siebenerinnen ein Stückchen abseits des Strandes picknickten, wo sich ihre Klassenkameraden im Wasser tummelten, entdeckte Kiki auf der anderen Seite des Flusses einen Höhleneingang. „Seht ihr am anderen Ende des Flusses muss wohl ein Höhleneingang sein“, raunte sie ihren Freundinnen aufgeregt zu. „Wir können durch den Fluss waten und uns das Ganze näher betrachten, das Wasser ist an dieser Stelle nur knietief“, schlug Mathilda mit leuchtenden Augen vor. Kiki und Fianna waren sofort begeistert, doch bei den anderen Freundinnen und bei ihrer Schwester musste sie Überzeugungsarbeit leisten. Zu acht wateten sie durch das angenehm kühle Wasser, welches ihnen zu den Oberschenkeln reichte.
„Höhlen haben etwas Mysteriöses und so Geheimnisvolles!“, hauchte Mathilda ehrfürchtig und sah sich voller Begeisterung im Eingangsbereich der Höhle um. „Weißt du noch, wie du vorletztes Jahr auf der Klassenfahrt alleine in eine Höhle gestürzt bist und das fandest du alles andere als lustig“, zog Annemieke ihren Zwilling auf. Mathilda streckte ihr für die Bemerkung undamenhaft die Zunge raus. „Erinnere mich bloß nicht an das“, stöhnte Lotta, „Ich kriege wieder Panik, wenn ich an daran zurück denke“ „Lasst uns wieder zurück gehen, hier drinnen wird es mir langsam zu kalt“, fröstelte Aylin. „Stimmt, wir haben nur Badeklamotten an“, nickte Lotta. „Was hält ihr davon, wenn wir heute Abend wiederkommen?“, schlug Mathilda vor, „Aber dann mit Taschenlampen und richtiger Ausrüstung“ „Ich bin schon einmal dabei“, rief Fianna und hüpfte vor Freude auf und ab. „Vielleicht können wir ein paar von unseren Klassenkameraden fragen“, überlegte Kiki. „Meinst du wirklich?“, fragte Mathilda skeptisch. „Wieso nicht? Findest du wir sollen ewig unter uns bleiben?“, widersprach ihr Emily, „Ich werde gleich Lennart fragen“
Lotta und Aylin lehnten die Höhlentour vornherein rigoros ab. Annemieke und Vivien waren sich unschlüssig, ob sie nachher mit ihren Freundinnen die Höhle erforschen wollten oder nicht. „Komm schon, drück dich nicht, Schwesterchen!“, nörgelte Mathilda. „Ich will trotzdem nicht mit, mir macht es Angst in eine fremde Höhle zu gehen, da man sich verlaufen. Hast du dir schon Gedanken gemacht, wie riskant es sein kann, einfach so eine Höhle ohne einen Ortskundigen zu betreten? Außerdem sind kriegen wir einen Riesenärger, wenn wir da mitmachen, da wir Klassensprecherinnen sind und zu einem gewissen Grad auch Verantwortung haben“, versuchte Annemieke ihrer Schwester zu erklären.
„Wir haben Taschenlampen dabei, markieren überall, wo wir gewesen sind und außerdem gehen wir nicht so tief in die Höhle hinein“, Mathilda versuchte sie weiterhin hartnäckig zu überzeugen. „Trotzdem gehe ich nicht mit, ich will nicht meine Verantwortung verletzen und wenn es die Lehrer mitbekämen, würden wir im schlimmsten Fall von der Schule fliegen“, beharrte Annemieke stur auf ihrem Standpunkt. „Du mit deiner blöden Verantwortung, immer musst du einen auf Vernunft machen, du olle Spaßverderberin!“, blaffte Mathilda ihren Zwilling an. „Wenigstens habe ich Vernunft, während du vor Leichtsinnigkeit triefst“, schoss Annemieke wütend zurück. „Hey, streitet euch nicht!“, ging Kiki dazwischen. „Was ist mit dir?“, richtete sich Mathilda an Vivien. „Ich glaube, ich gehe lieber nicht mit“, lehnte sie ab. „Ihr seid tolle Freundinnen!“, brummte Mathilda enttäuscht und warf einen Kieselstein in einen düsteren Schacht hinein. „Lass uns zurück gehen, mir wird hier drinnen kalt“, bibberte Aylin.
Am Strand fragten Kiki und Fianna einige ihrer Klassenkameraden. Freya und Jule platzten vor Neugierde, als sie von der Höhle hörten. „Vielleicht gibt es dort Fledermäuse. Ich weiß, dass sie die Sommer in Höhlen verbringen“, vermutete Freya. „Fledermäuse? Gibt es dort wirklich Fledermäuse, die den Sommer dort verbringen? Das hört sich verdammt cool an. Ich liebe Fledermäuse über Alles und es wäre super genial, wenn wir heute eine von ihnen sehen würden“, Mathilda gesellte sich interessiert dazu. „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber das könnte gut sein“, zuckte Freya mit der Schulter. „Kommt ihr mit, also Jule und du?“, fragte Kiki. „Auf alle Fälle, sowas Interessantes lassen wir uns auf keinen Fall entgehen“, nickte Freya. „Wann treffen wir uns?“, wollte Jule wissen. „Um kurz nach Acht am Strand“, antwortete Kiki. Pauline und Sina lehnten die Höhlentour ab, genauso wie Jolanda und Neele. Zu Kikis Erstaunen zeigten Saskia und Tanja großes Interesse. „Die Piranhas kommen alle mit, bis auf Michael und Max“, Emily kam aufgeregt auf Kiki zu gerannt. Fianna schaffte es Finn und Thomas zu überreden. „Prima, wir konnten die halbe Klasse überreden“, freute sich Kiki und gab ihren Freundinnen einen Highfive.
Beim Abendessen saß Vivien zwischen Aylin und Annemieke. Seitdem Streit in der Höhle wechselten die Zwillinge kein Wort mehr miteinander. „Mich regt Mathilda manchmal mehr auf, als irgendein anderer Mensch auf der Welt. Sie behandelt mich seit zwei Stunden wie Luft, nur weil ich nicht ihrer Meinung bin“, flüsterte Annemieke Vivien ins Ohr. „Du musst nicht immer das machen, was andere Leute von dir verlangen. Lass dich von Mathilda nicht immer unter Druck setzen und mach einfach das, was du für angemessen hältst“, bestärkte Vivien ihre Freundin. „Mag jemand noch ein Steak oder ein Würstchen?“, fragte Herr Loh, der am Grill stand. „Kannst du die Gewitterluft auch riechen?“, wandte sich Aylin an Vivien. „Eindeutig, in wenigen Stunden wird es soweit sein“, prognostizierte Vivien, „Die Luft ist zum Zerschneiden dick und außerdem zieht es sich immer mehr zu“ „Manchmal verstehe ich echt, warum Mathilda und Kiki auf solche verrückten Ideen kommen“, sagte Aylin kopfschüttelnd. „Ich gehe sowieso ungern und Höhlen und bei einem Gewitter oder Regenguss schon mal gar nicht“, drückte Lotta ihre Abneigung aus. „Ich bin nach einem anstrengenden Tag viel zu müde dazu. Nach dem Essen werde ich ins Zelt gehe und mich ausruhen“, gähnte Aylin. „Ich komme mit“, sagte Vivien, „Ich habe extra ein spannendes Buch mitgenommen, aber ich hatte bisher keine Zeit, um es zu lesen“
Herr Loh klatschte in die Hände und forderte die Aufmerksamkeit der Schüler. „Wir haben es gleich acht Uhr, Frau Schellhardt und ich stellen euch heute Abend frei, was ihr gleich machen werdet. Ich habe noch ein paar Spiele vorbereitet, für diejenigen, die sich noch bewegen wollen“, sagte er. „Was spielen wir?“, fragte Jacob. „Entweder Völkerball, Kettenfangen oder Zombieball“, antwortete der Sportlehrer. Nach dem Essen gingen die meisten Schüler in ihre Zelte oder an den Strand. Vivien sah Annemieke in Richtung Strand laufen, wo sich schon einige Klassenkameraden versammelten. „Wo willst du hin, Micky?“, Vivien lief hastig nach. „Ich gehe nun doch mit, ich habe mich in letzter Minute umentschieden“, meinte ihre Freundin und drehte sich zu ihr um. „Wie bitte?“, entfuhr es Vivien verständnislos, „Du warst doch diejenige, die total dagegen war und es gefährlich fand“
„Ich gehe trotzdem mit, meiner Schwester zuliebe und ich möchte nichts Spannendes verpassen. Freya hat uns erzählt, dass es dort sogar Fledermäuse geben soll. Ich würde nur zu gerne so ein Tier sehen“, begründete Annemieke ihre Meinung. „Du lässt dir wirklich alles von deiner Schwester sagen. Manchmal könnte man meinen, du bist das Abbild deiner Schwester, weil du immer ihre eigene Meinung haben musst. Erst weist du auf die Gefahren hin und willst deine Verantwortung als Klassensprecherin nicht verletzen, letztendlich tust du es doch“, warf Vivien ihr an den Kopf. Annemieke kehrte ihr beleidigt den Rücken zu und verschwand ohne ein Wort zu sagen. „Juhu, Micky macht nun doch mit!“, jubelte Fianna aus der Ferne und hüpfte übermütig am Strand entlang. Vivien schüttelte den Kopf darüber, dass sogar die sonst so vernünftige Annemieke mit der Leichtsinnigkeit ihrer Schwester angesteckt wurde.
Aylin lag bereits im Zelt auf ihrer Luftmatratze. „Ist Micky mitgegangen?“, fragte sie und schaute von ihrem Buch auf. „Leider ja“, bestätigte Vivien. „Man kann den Eindruck haben, die Hälfte unserer Klasse ist unvernünftig“, meinte Aylin. Vivien holte ihr Buch aus dem Rucksack und begann zu lesen. Nach einer Weile klappte sie es wieder zu, da es anstrengend war im Halbdunkeln zu lesen. Leider hatten Kiki, Emily und Annemieke alle Taschenlampen mitgenommen. Es war zu hören, wie eine Person den Reißverschluss vom Zelteingang öffnete. „Wer ist das?“, flüsterte Aylin ängstlich. „Ich bin es nur“, Lotta steckte den Kopf hinein, „Ich wollte euch fragen, ob ihr Lust hättet mit uns Völkerball zu spielen, wir brauchen noch einige Spieler“
„Von mir aus gerne, da wir kein Licht machen können, ist noch nicht einmal möglich im Zelt ein Buch zu lesen“, meinte Vivien. „Ich komme auch mit, sonst wird mir langweilig. Außerdem hilft Sport angeblich gegen Müdigkeit“, sagte Aylin und richtete sich auf. Herr Loh und ein Grüppchen von Schülern wartete bereits auf der Rasenfläche hinter der Zeltstadt. Zwei Teams wurden gebildet und das Spiel begann. Max und Michael waren die beiden Könige ihrer Mannschaften. Zwischendurch schaute Vivien besorgt zum Himmel. Dicke graue Wolken verdeckten schon seit dem Abendbrot die Sonne und die Luft staute sich. In der Ferne grollte es und leichter Wind kam auf. „Aufpassen!“, ermahnte Anja sie als der Ball knapp an ihrem Kopf vorbei flog.
Vivien konzentrierte sich voll und ganz auf das Spiel und konnte sich jedes Mal geschickt vor den Würfen der Gegner wegducken. Gerade als sie zum ersten Mal einen Ball fing und einen Gegenangriff einleiten wollte, zuckte ein greller Blitz über den bleigrauen Himmel und sofort zerriss ein ohrenbetäubender Donner die Atmosphäre. Vivien erstarrte kurz und schaffte es den Ball beinahe auf den nächsten Baum werfen, als erneut ein Blitz die Umgebung für Bruchteile von Sekunden im gleißenden Licht erhellte. Wieder krachte ein Donner und es begann aus Eimern zu schütten.
„Alle in den Wohnwagen der Ter Steegens oder in den Bulli von Svens Vater“, schrie Herr Loh. Unzählige Blitze fuhren in regelmäßigen Abständen über den Himmel und dicke Hagelkörner mischten sich unter den Regen. „Lass uns zum Wohnmobil von Micky und Mattis Eltern rennen!“, rief Lotta und griff nach den Händen ihrer Freundinnen. „Hey, wir kommen auch mit!“, riefen Pauline und Sina. Der sturzflutartige Regen weichte den Rasen innerhalb kürzester Zeit auf, sodass Aylin beinahe auf der schmierigen Rasenoberfläche ausrutschte. Wieder blitzte es, aber diesmal besonders grell und der Donner zerschnitt ihnen fast das Trommelfell. „Oha, habt ihr es auch gesehen? Der Blitz ist dahinten eingeschlagen, ich habe es gesehen“, rief Lotta aufgeregt.
Die Eltern der Zwillinge ließen die fünf Mädchen und Jacob hinein. „Oh je, ihr seid ganz nass geworden“, die Mutter von Annemieke und Mathilda reichte ihnen einen Stapel Handtücher und bot ihnen einen heißen Tee an. „Mensch, was bin ich froh, dass ich drinnen bin!“, seufzte Aylin, „Ich hatte gerade eben echt Angst“ „So ein heftiges Gewitter habe ich seit langem nicht mehr erlebt“, sagte Vivien mit einem Blick nach draußen. Durch den dichten Regenschleier war nichts mehr zu erkennen, die Szenerie des Zeltplatzes verschwamm vor ihren Augen. „Man muss beinahe Angst haben, dass wir nicht mit dem gesamten Zeltplatz wegschwimmen“, bemerkte Pauline, die sich in ein Handtuch eingehüllt hatte.
„So schlimm ist nun es auch nicht, das ist ein normales Sommergewitter nach einem schwülen Tag“, spielte Herr ter Steegen Paulines Aufregung herunter. „Wisst ihr, wo Annemieke und Mathilda sind?“, wollte Frau ter Steegen wissen. Vivien traute sich mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. „Sie sind vorhin mit der ganzen Klasse in Höhle gegangen, die direkt am Fluss liegt. Kiki und Mathilda haben vorgeschlagen, die Höhle zu erkunden und haben die Hälfte der Klasse dazu überreden können“, erzählte sie. „Wie bitte? Meine Töchter sind bei diesem Unwetter in irgendeiner Höhle unterwegs“, Frau ter Steegen blieb der Mund offen stehen. „Ich sage sofort den Lehrern bescheid, sowas kann zur Lebensgefahr werden“, meldete sich ihr Mann zu Wort und lief in den Regen hinaus. Lotta, Aylin und Vivien sahen sich voller Angst an. Schlimme Gedanken machten sich in Viviens Kopf breit. Was wäre, wenn ihre Freundinnen in der Höhle eingeschlossen waren und niemand wusste, wo sie waren? Einfach grauenvoll, zwanghaft verdrängte Vivien den Gedanken wieder. Wenige Minuten später kam der Vater von den Zwillingen mit den beiden Lehrern und Paul zurück. „Ich weiß genau, in welche Höhle sie gegangen sind. Diese Höhle hat zwei Eingänge, einmal unten am Fluss und dann einen im Wald. Wahrscheinlich wird die Höhle bei diesem Starkregen voll gelaufen sein, sodass wir den anderen Höhleneingang nehmen müssen“, erklärte ihnen Paul, „Ich nehme meine Bergsteigerausrüstung und ein kleines aufblasbares Boot mit, falls wir eine Person retten müssen“
„Dürfen wir mitkommen?“, fragte Vivien. „Ich weiß nicht, ob es zu gefährlich für euch ist“, zweifelte Frau Schellhardt. „Bitte erlauben Sie uns mitkommen!“, bettelte Lotta, „Unsere besten Freundinnen sind in Gefahr“ „Na gut, ihr drei dürft mitkommen, aber die anderen Schüler bleiben hier“, bestimmte die Klassenlehrerin. Der Regen wurde immer schwächer. Der Rettungstrupp machte sich auf den Weg. Herr Loh, Paul, Herr ter Steegen und der Vater von Jule trugen die Rettungsausrüstung. Vivien und Aylin blieb vor Schreck der Mund offen stehen, als sie sahen, dass der zuvor schmale Fluss sich in einen reißenden Strom verwandelt hatte. „Hoffentlich sind unsere Freunde in der Höhle nicht ertrunken“, hauchte Vivien voller Angst und Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Ich gehe nicht davon aus, dass sie sich auf jeden Fall retten konnten, dort gibt es einige Erhebungen“, widersprach ihr Paul. Die Wege im Wald waren aufgeweicht und mehrere Rinnsale flossen den Hang hinab. „Es war zwar ein kurzes Gewitter, aber dafür ist ganz viel Regen gefallen“, staunte Herr Loh. Paul führte sie durch das Unterholz zum oberen Höhleneingang. Sofort begannen die drei Freundinnen zu frösteln. „Hier entlang!“, Paul gab die Richtung vor. Der Weg führte in die Tiefe. Vivien tastete sich mit größter Vorsicht vorwärts, um auf keinen Fall den Halt zu verlieren und wegzurutschen. Lotta war dicht hinter ihr, es war ihr anzumerken, dass Höhlen ihr Angst machten. Der Suchtrupp rief mehrere Namen der Vermissten in die Dunkelheit. „Emily, Fianna, Annemieke, Kiki und Mathilda! Wo seid ihr?“, rief sich Vivien ihre Stimme heiser.
„Ich kann es ahnen, wo sie sind“, sagte Paul auf einmal, „Sie müssen tiefer sein als wir, da sie den anderen Eingang genommen haben“ „Hörst du das auch?“, zischte Aylin und stupste sie an. Das Rauschen des Wassers aus der Tiefe war nicht zu überhören und wurde bei jedem Schritt lauter. „Sie können unmöglich da unten sein! Oh mein Gott, sie müssten ertrunken sein!“, der Mutter von den Zwillingen stand die Angst deutlich ins Gesicht geschrieben. „Das glaube ich eher nicht, die Höhle hat viele Unebenheiten und manche Gänge sind höher als die anderen. Hoffentlich ist das Wasser nicht überall hingelangt, sonst sieht es für die Kinder schlecht aus“, meinte Paul. Wieder rief der Suchtrupp die Namen der vermissten Schüler. Vivien schlug das Herz bis zum Hals und ihr wurde richtig übel, sodass sie sich beinahe übergeben musste. „Jule!“, brüllte Jules Vater zum zigsten Mal, doch nur ein Echo antwortete ihm.
„Kiki!“, schrie Lotta mit ihrer hohen Stimme. Aylin griff vor Angst nach den Händen ihrer Freundinnen. „Bitte lass ihnen nichts Schlimmes passiert sein!“, betete Lotta mit zittriger Stimme. Paul führte die Gruppe immer tiefer ins das Innere der Höhle und bald wateten sie durch knietiefes Wasser. Vivien spürte nach wenigen Minuten nicht mehr, wie kalt das Wasser war. Herr Loh brüllte die Namen in den Gang hinein, der direkt vor ihm lag. Das Rauschen wurde immer wieder lauter und bald tauchte im Kegel von Pauls Taschenlampe ein reißender Fluss auf. „Hilfe! Rettet uns!“, hörten sie einige dünne verzweifelte Stimmen rufen. Das Echo trug das Stimmengewirr in ihre Richtung. „Wo seid ihr?“, brüllte Paul. „Hier!“, antwortete eine kräftige Jungenstimme. „Hilfe, wir sind vom Wasser umgeben“, hörten sie eine schwächere verzweifelte Mädchenstimme. Viviens Herz schlug ihr vor Aufregung und Panik gegen die Brust. „Wenigstens leben sie noch!“, versuchte Lotta sie zu beruhigen und nahm ihre Hand.
„Es bringt nichts, wir müssen durch das Wasser waten“, entschied Paul. Er knotete das Bergsteigerseil zu einer Schlinge und drehte das Lasso über seinem Kopf. Wie ein Cowboy warf er es in einem parabelförmigen Bogen über den unterirdischen Fluss, doch es blieb nirgendwo hängen. Erst der vierte Versuch war erfolgreich. Er zog das Seil straff und wagte die ersten Schritte ins Wasser. „Das Wasser ist nur knietief“, meinte er. „Ich gehe trotzdem keinen Schritt weiter, ich habe jetzt schon Angst. Höhlen sind wirklich nicht mein Ding und schon gar nicht, wenn sie überflutet sind“, lehnte Lotta ab.
Aylin, die Mutter der Zwillinge und Frau Schellhardt entschieden ebenfalls an dieser Stelle zu warten. Vivien entschied weiter zu gehen, sie musste sich bei jedem Schritt durch das Wasser erneut überwinden und die Zähne zusammen beißen. „Hilfe!“, nun waren die Stimmen ganz deutlich zu hören. Im Kegel von Pauls Taschenlampe tauchten die Silhouetten ihrer Klassenkameraden auf. „Kommt schnell! Jule ist in Lebensgefahr!“, schrie Kiki außer sich. „Was ist passiert?“, antwortete Paul, der immer noch die Ruhe behielt. „Sie ist auf dem nassen Gestein ausgerutscht und in den Fluss gefallen“, antworteten mehrere Schüler gleichzeitig. „Wurde sie von der Strömung fortgerissen?“, fragte Paul. „Nein, wir halten sie gerade fest“, brüllte Sven. Herr ter Steegen, der Vater von Jule, Herr Loh, Paul und Vivien mussten durch wadentiefes Wasser waten um zu der Schülergruppe zu gelangen. Verängstigt drängten sich die Schüler auf eine Steinplattform, die wenige Zentimeter über dem Wasser lag. Hinter ihnen rauschte ein noch größerer unterirdischer Strom entlang.
Jule, Sven, Kiki und Mathilda schrieen um Hilfe. Zu dritt versuchten sie Jule aus den Fluten zu zerren und kamen selber von alleine nicht mehr heraus. Zu viert stützten sie sich gegenseitig, damit keiner von ihnen von der massiven Strömung fortgespült wurde. Das Wasser reichte ihnen bis zum Bauch. „Fangt das Seil und haltet euch daran fest!“, rief Paul und warf es ihnen zu. Sven fing es gekonnt auf und griff nach Jules Hand. Mathilda und Kiki bekamen das Seil an einer hinteren Stelle zu fassen. Paul, Herr Loh, Jannis, Jules Vater und Vivien zogen mit aller Macht die Schüler zu sich hin. Bald fanden sie wieder genügend Halt, sodass sie auf die Felsplattform klettern konnten. Jule ließ sich entkräftet in die Arme ihres Vaters sinken. „Ich bin fast ertrunken, die Strömung hätte mich beinahe um ein Haar mitgerissen, wenn da nicht Kiki, Mathilda und Sven da gewesen wären“, keuchte sie. „Papa!“, riefen die Zwillinge gleichzeitig und ließen sich von ihrem Vater umarmen. „Es war so eine entsetzlich dumme Idee!“, jammerte Mathilda. „Wir wären beinahe wegen unserer eigenen Dummheit ums Leben gekommen und wir als Klassensprecherinnen haben ein miserables Vorbild der Verantwortungslosigkeit abgegeben. Wir werden sicherlich von der Schule fliegen“, fügte ihre Zwillingsschwester hinzu. Vivien merkte, dass Annemieke kurz davor war in Tränen auszubrechen. „Macht euch keinen großen Kopf, schließlich seid ihr gerettet. Wichtiger ist es, dass wir gesund wieder hinaus kommen“, versuchte Herr ter Steegen seine Töchter zu beruhigen.
„Das Wasser kam so plötzlich und unaufhaltsam, es war eisig und riss Gestein und Äste mit sich“, sagte Kiki mit heiserer Stimme zu Vivien. „Plötzlich rauschte es und die ganze Höhle stand unter Wasser“, ergänzte Fianna geschockt. Vivien erzählte ihren Freundinnen von dem heftigen Gewitter. „Wir haben nur den Donner gehört, aber keine Blitze gesehen und dann kam das Wasser von vorne und von hinten. Draußen muss es wohl ziemlich stark geregnet haben. Wir fanden in der Aufregung den Ausgang nicht mehr, obwohl wir uns überall Markierungen gemacht haben, aber das Wasser umgab uns von allen Seiten“, erzählte Emily. „Hört bitte einen Moment lang zu!“, bat Herr Loh um Aufmerksamkeit, „Paul leitet uns zum Höhlenausgang und es ist immens wichtig, dass jeder Anweisung von ihm folgt und euch auf gar keinen Fall von der Gruppe entfernt“
An der Stelle, wo Frau Schellhardt wartete, hatte sich der reißende Fluss zu einem schmalen Rinnsal zurück gebildet. Vivien atmete erleichtert auf. Ohne Probleme konnten sie durch das knöchelhohe Wasser waten. „Ihr seid auch da!“, staunte Kiki, als sie Lotta und Aylin entdeckte. Frau Schellhardt war die Freude anzumerken, anstatt zu schimpfen, richtete sie erleichtert ein paar nette Worte an die Schüler. „Wir werden erstmal zum Campingplatz zurückgehen und uns ausruhen. Morgen werden wir ein ernstes Gespräch führen müssen und glaubt bloß nicht daran, dass eure Dummheit keine Konsequenzen hat“, wandte sie sich an ihre Schüler. „Mir ist so kalt!“, jammerte Fianna und zog ihre dünne Strickjacke noch enger um ihren Oberkörper. „Es ist Zeit, dass wir zurückgehen. Gleich ist es schon halb zehn“, sagte Herr Loh mit einem Blick auf seine Uhr. Paul navigierte sie durch ein Labyrinth aus schmalen und teils sehr niedrigen Gängen. An manchen Stellen mussten die Erwachsene und manche Schüler ihre Köpfe einziehen.
Vivien machte beinahe vor Erleichterung einen Luftsprung, als vor ihnen der Höhlenausgang auftauchte. Vivien, Kiki, Fianna und Emily gingen untergehakt nebeneinander her, ohne ein Wort zu sagen. Die Zwillinge liefen zwischen ihren Eltern. Ihre Mutter warf ihnen Leichtsinnigkeit und Verantwortungslosigkeit vor. „Ja, wir wissen, dass wir Mist gebaut haben“, erwiderte Mathilda gereizt, „Nicht desto weniger trotz, muss es eine Möglichkeit geben, es wieder gut zu machen“ „Das kann keiner mehr gut machen. Seid froh, dass ihr noch am leben seid“, entgegnete ihr ihre Mutter rigoros. „Das war wirklich ein dummer Fehler von uns“, gestand Annemieke geknickt, „Am Anfang wollte ich gar nicht mitgehen, doch dann habe ich mich dafür entschieden, weil ich nichts Aufregendes verpassen wollte. Das war die blödeste Entscheidung in meinem Leben. Ich würde in der Schule sogar freiwillig die Toiletten putzen, um nicht von der Schule zu fliegen“ „Quatsch, ihr werdet deswegen nicht gleich von der Schule fliegen“, mischte sich Lotta ein, die direkt vor ihnen lief. „Außerdem müsste dann die halbe Klasse einen Verweis bekommen“, fügte Aylin hinzu. „Trotzdem werden wir garantiert unser Amt als Klassensprecherinnen verlieren. Uns kann niemand mehr Verantwortung aufbürden, wenn wir unsere halbe Klasse durch so eine gefährliche Aktion in Lebensgefahr bringen“, sagte Annemieke düster.
„Schwesterherz, das war doch gar nicht deine Idee“, versuchte Mathilda ihren Zwilling zu beruhigen. „Matti hat Recht, wieso lädst du die Schuld beinahe ganz auf dich?“, mischte sich Kiki ein, „Dabei war es Mattis und meine Idee. Wir müssten die Hauptschuld bekommen und wir werden die Konsequenzen dafür tragen“ „Ich muss sie auch tragen“, meldete sich Freya zu Wort, „Ich war genauso dabei wie ihr“ „Ich auch“, riefen einige ihrer Mitschüler. „Es ist schön, dass ihr füreinander einsteht, aber wir werden das Ganze morgen nach dem Frühstück besprechen und dann werden wir auch die vorläufigen Strafen verhängen“, sagte Frau Schellhardt. Kurz vor dem Erreichen des Zeltplatzes bekam Kiki einen heftigen Hustenanfall. „Oh je, du musst dich wohl derbe erkältet haben“, drehte sich Frau ter Steegen zu ihr um. „Es war die ganze Zeit so kalt und ich war bestimmt eine gefühlte Viertelstunde im eisigen Wasser, um Jule festzuhalten“, schniefte Kiki. „Brauchst du ein Taschentuch?“, fragte Vivien. „Danke, das wäre nett“, näselte Kiki und nieste im nächsten Moment. Emily und Vivien nahmen Kiki und Fianna, die vor Kälte zitterten, in ihre Mitte und wärmten sie.
Als sie den Zeltplatz erreichten, gingen die Schüler sofort in ihre Zelte um sich trockene Kleidung anzuziehen. Herr Loh schichtete ein Lagerfeuer auf, damit sich jeder, der fror, sich wärmen konnte. Nach dem Gewitter war die Temperatur um einige Gerade gesunken. In Decken und Handtücher gehüllt saßen die Schüler um das Feuer herum und tranken heißen Tee. Jule war so stark am schniefen und husten, dass ihr Vater entschied, an Ort und Stelle mit ihr nach Hause zu fahren. Ihre Mitschüler wünschten ihr gute Besserung und winkten ihr hinterher, als Svens Vater sie und ihre Vater in seinen Bulli lud. Auch Mathilda und Sven fingen an zu husten und mussten sich ständig die Nase putzen. „Am besten ist es, wenn Mathilda, Kiki und Sven in unserem trockenen und warmen Wohnwagen schlafen“, richtete sich Frau ter Steegen an die Klassenlehrerin. „Das ist gut so, denn ich sehe, wie sehr sie sich erkältet haben“, meinte Frau Schellhardt. „Oh je, dann bin ich heute Nacht ganz alleine im Zelt“, seufzte Fianna traurig und ließ ihren Kopf hängen. „Nein, das bist du nicht“, munterte Annemieke sie auf, „Denn ich werde bei dir im Zelt übernachten“ „Danke, Micky! Du bist wirklich eine tolle Freundin!“, ein erleichtertes Lächeln ging über Fiannas Lippen.
Vivien lag noch lange wach in ihrem Schlafsack. Eine innere Unruhe ließ sie nicht einschlafen. Emily, Lotta und Aylin atmeten ruhig und gleichmäßig neben ihr. Vivien beschloss einen Moment an die frische Luft zu gehen, dazu zog sie sich ihre Jacke über und schlüpfte in ihre Sandalen. Ohne ein lautes Geräusch von sich zu geben, öffnete sie den Reißverschluss des Zeltes. Inzwischen hatten sich die Wolken verzogen und der Mond ließ die Wassertropfen im Gras silbern glitzern. In der Ferne heulte eine Eule. Plötzlich wurde ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes Geräusch gelenkt. Es waren Schritte im feuchten Gras, die immer näher kamen. Vor ihr tauchten zwei Silhouetten auf. Erst aus der Nähe erkannte sie, dass es Annemieke und Fianna waren. „Huch!“, verjagte sich Fianna, als Vivien direkt vor ihr stand. Die drei Freundinnen mussten leise kichern.
„Psst, nicht so laut!“, wisperte Annemieke, „Sonst wecken wir alle anderen und ich habe keine Lust zusätzlich Ärger wegen Störung der Nachtruhe zu bekommen“ „Weswegen seid ihr unterwegs?“, flüsterte Vivien. „Wir waren bei den Plumpsklos“, erwiderte Fianna. „Außerdem können wir momentan nicht einschlafen“, fügte Annemieke hinzu. „Mir geht es genauso“, seufzte Vivien, „Ich glaube, ich habe wegen der ganzen Aufregung von vorhin immer noch zu viel Adrenalin im Blut“ „Ich auch“, nickte Annemieke, „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr wir Todesangst hatten“ „Doch, vorstellen kann ich mir es schon“, entgegnete ihr Vivien, „Im Gegenzug hatten Lotta, Aylin, deine Eltern, unsere Klassenlehrerin und ich auch unheimliche Angst um euch“ „Uahh, jetzt bin ich doch müde“, gähnte Fianna. Die beiden Freundinnen gingen in ihr Zelt zurück, während Vivien noch einmal kurz zum Strand ging. Ohne das Gekreische und Gerade der Schüler schien der Ort wie verwandelt zu sein. Fast wirkte der Fluss wie ein Schauplatz für einen Elfentanz.
Am nächsten Morgen wachte Vivien wie gerädert auf, jeder ihrer Muskeln und Knochen fühlte sich steif an. Mit zusammengekniffenen Augen tastete sie nach ihrer Brille. „Na, seid ihr auch schon wach?“, gähnte Emily und reckte sich. „Wie spät haben wir es?“, schreckte Lotta hoch. „Kurz vor acht“, Aylin schaute auf ihrem Handy nach. „Wir sollten uns wirklich beeilen!“, drängte Vivien, die als Erste aus ihrem Schlafsack fand. Sofort merkte sie, dass es einige Gerade kühler war als an den vergangenen Tagen. Die Mädchen fröstelten leicht, als sie sich anzogen und Vivien entschied sich für den blauen Rollkragenpullover, der ganz unten in ihrem Rucksack verstaut war.
Während des Frühstückes war die Stimmung gedämpft. Vivien wunderte sich, dass kaum miteinander gesprochen wurde. Kiki und Mathilda hatten so heftige Halsschmerzen, dass sie kaum schlucken konnten und nur heißen Tee mit Honig tranken. Annemieke hatten kaum Appetit und rührte lustlos in ihren Cornflakes herum. Fianna und Emily löffelten melancholisch ihre Joghurts, ohne ein Wort zu sagen.
„Irgendwie kommt mir es so vor, als ob wir bei einer Beerdigung wären“, flüsterte Aylin Vivien ins Ohr. Ohne es zu wollen, musste Vivien grinsen. „Wenigstens eine, die gute Laune hat“, bemerkte Mathilda mit heiserer Stimme und bekam einen kräftigen Hustenanfall. „Wie soll man auch glücklich sein, wenn uns gleich ein großer Einlauf bevorsteht und wir bestimmt hart für unsere blödsinnige Aktion bestraft werden“, brummte Annemieke und blickte unglücklich auf den Boden. Emily, die mitbekam, wie ihre unglücklich ihre beste Freundin war, legte den Arm um sie. „Kiki und Matti scheint es wirklich nicht gut zu gehen“, raunte Aylin Vivien und Lotta zu. „Mama hat mir gerade eben gesagt, dass sie das letzte Stück unserer Tour nicht mitfahren können und von unseren Eltern nach Hause gebracht werden. Sie werden Sven ebenfalls mitnehmen, da es ihm genauso schlecht geht und er letzte Nacht leichtes Fieber hatte“, wusste Annemieke bescheid.
Nachdem das Frühstück beendet war und die Zelte abgebaut waren, trommelte Frau Schellhardt ihre Schüler zu einem Klassengespräch zusammen. „Ich muss dringend mit euch reden und das aufarbeiten, was gestern Abend passiert ist“, begann sie. Die Schüler warfen sich untereinander ängstliche und ratlose Blicke zu. Jeder wartete darauf, dass sich jemand freiwillig meldete und zu erzählen begann. „Wie war es gewesen? Wer von den Beteiligten mag uns erzählen, wie sich das Beinahunglück ereignet hat“, fuhr die Klassenlehrerin fort. Jannis hob seine Hand. „Gestern Abend haben wir uns nach dem Abendessen am Strand getroffen und sind durch den Fluss zum Höhleneingang gewatet. Wir sind tiefer in die Höhle hinein gegangen, weil wir das Versteck der Fledermäuse finden wollten. Vorsichtshalber haben wir die Stellen, an denen wir gewesen sind, mit Kreppband markiert, damit wieder zurück finden. Auf einmal hörte wir es donnern und rauschen. Das Rauschen kam uns wie eine Walze entgegen. Plötzlich wurde einer von uns panisch und behauptete, dass es Wasser sei. Tatsächlich war es kaltes und unklares Wasser, welches durch den Regen in die Höhle hinein gespült wurde. Die Mädchen schrieen vor Angst und dann rannten wir zurück in Richtung Ausgang, aber dort stand schon alles unter Wasser. Wir kehrten wieder um und suchten eine höher gelegene Stelle. Jule rutschte aus und wurde um ein Haar von den Wassermassen mitgerissen. Sven konnte sie noch festhalten, doch auch er wurde fast mitgerissen. Mathilda und Kiki kamen ihnen zur Hilfe, aber die Strömung hielt auch sie gefangen. Wir schrieen uns fast eine Viertelstunde die Lunge aus dem Leib, bis man uns fand“, berichtete er.
Nun richtete sich Frau Schellhardt an die Zwillinge, die die Klassensprecherinnen der 8a waren. „Was habt ihr dazu zu sagen? Ihr seid dabei gewesen und als Klassensprecherinnen seid ihr eurer Verantwortung gegenüber der Klasse nicht nachgekommen“, die Klassensprecherin senkte ihre Stimme bedrohlich. „Ich war diejenige, die auf diese Idee gekommen ist“, krächzte Mathilda und musste im nächsten Augenblick niesen. „Ich habe den Höhleneingang zuerst entdeckt und hatte zuerst die Idee, dass wir die Höhle erkunden könnten. Daher war es nicht die Idee von Mathilda allein“, unterbrach Kiki ihre beste Freundin. „Es ist egal, von wem die Idee stammte. Was mich viel mehr schockiert ist, dass ihr in eurem Alter auf solche leichtsinnigen und verantwortungslosen Ideen kommt. Ihr seid bald keine Kinder mehr und müsst mehr über euer Handeln nachdenken. Euer Höhlenausflug hätte in einer wahren Katastrophe enden können und ich hätte die Schuld dafür bekommen, weil ich meine Aufsichtspflicht verletzt hätte“, fuhr die Klassenlehrerin fort. „Wir wollten wirklich nicht, dass es so endet. Doch zum Glück ist es noch glimpflich ausgegangen“, gestand Kiki schluckend.
„Am Anfang war ich gegen die Höhlenerkundung, doch dann habe ich mich aus Neugierde und weil ich nicht als Spaßverderberin dastehen wollte, meinen Klassenkameraden angeschlossen. Erst als es passiert ist, habe ich es bereut, dass ich dorthin mitgegangen bin. Ich sehe ein, dass es nicht in Ordnung war und wir die Konsequenzen für unser Fehlverhalten zu spüren kriegen müssen“, meldete sich Annemieke zu Wort. Sie hob nur langsam den Kopf traute sich kaum der Klassenlehrerin ins Gesicht zu sehen. „Das werdet ihr auch, schließlich habe ich als Klassenlehrerin gedacht, dass ihr vernünftiger seid und verantwortungsvoll handelt“, betonte Frau Schellhardt, „Ich habe mich gestern mit Herrn Loh beraten und heute vor dem Frühstück habe ich unseren Schulleiter informiert. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, euch als Klassensprecherinnen abzusetzen“ „Warum geben Sie nur den Zwillingen die Schuld?“, rief Kiki entrüstet, „Mich müssten Sie auch bestrafen!“ „Uns auch!“, riefen Emily und Fianna. Solidarisch setzten sich die Roten Siebenerinnen hinter die Zwillinge. „Ich bin genauso schuldig. Schließlich kam ich auf die Idee, die Verstecke der Fledermäuse ausfindig zu machen“, meldete sich Freya. „Wir waren auch dabei!“, rief Sven, „Warum bekommen die Zwillinge die Hauptschuld? Nur weil sie Klassensprecherinnen sind?“ „Wir müssten alle die gleiche Strafe kriegen“, fand Saskia. „Wir haben uns alle das Gleiche zu Schulden kommen lassen“, fügte ihre Freundin Tanja hinzu.
Entrüstung brach aus. Die Schüler regten sich auf und redeten wild durcheinander. Bei dem Lärmpegel war kaum noch ein Wort zu verstehen. Vivien war genauso empört wie ihre Klassenkameraden. Sie war der Meinung, dass die Zwillinge nichts Böses im Hinterkopf hatten und niemanden absichtlich in Gefahr bringen wollten. „Ich finde es wirklich toll, wie ihr zusammen haltet und eure Schuld eingesteht. Dennoch muss ich von den Klassensprechern verlangen können, dass sie vernünftig agieren und ich ihnen im gewissen Sinne vertrauen kann“, meinte Frau Schellhardt. „Ich finde es ungerecht, dass Mathilda und Annemieke als Klassensprecherinnen abgesetzt werden. Mathilda hat Jule sogar vor dem Ertrinken bewahrt. Nur weil sie einen einzigen verheerenden Fehler gemacht haben, den sie selber bereuen, haben sie eine zweite Chance verdient. Außerdem hätte ich eine Strafe dafür verdient, dass ich mitgegangen bin und genauso die Regeln gebrochen habe“, mischte sich Freya empört ein. „Selbstverständlich bekommen alle Beteiligten eine Strafe“, meinte Frau Schellhardt und richtete sich an die ganze Klasse, „Jeder, der mit dabei war, wird in den kommenden Biologiestunden ein Referat über ein Tier oder eine Pflanze halten, das in Höhlen vorkommt. Zudem werdet ihr jeden Mittwoch nach dem Unterricht eine Stunde Ordnungsdienst auf dem Schulhof, in der Pausenhalle und in der Cafeteria verrichten“
Die Schüler nahmen das Strafmaß ohne zu meckern entgegen. „Bringt es wirklich etwas, Mathilda und Annemieke wenige Wochen vor den Sommerferien als Klassensprecherinnen abzusetzen?“, hakte Jannis nach, „Wer soll überhaupt der neue Klassensprecher werden? Ich halte es nicht für gelungen, hier an Ort und Stelle eine Neuwahl durchzuführen“ „Ich werde sie mindestens zwei Wochen lang absetzen, dafür werden zunächst Sina und Finn ihre Aufgaben provisorisch übernehmen. Wenn Annemieke und Mathilda sich in nächster Zeit engagieren, erkläre ich mich bereit, dass sie wieder das Amt des Klassensprechers übernehmen dürfen“, erwiderte die Klassenlehrerin und schloss das Gespräch. „Wie können froh, sein dass niemand von der Schule geflogen ist oder suspendiert wurde“, flüsterte Aylin ihren Freundinnen zu.
„Da kann ich dir nur zustimmen, ich hatte echt Angst, dass wir für einige Tage vom Unterricht ausgeschlossen werden. Meine Mutter wäre darüber sowieso nicht erfreut gewesen, da ich vornherein schon keine besonders guten Noten habe“, pflichtete ihr Emily bei. „Trotzdem werden meine Eltern mir einen Einlauf verpassen, wenn sie mitkriegen, dass ich bei einer unerlaubten und riskanten Höhlenerkundung dabei war“, seufzte Fianna und lehnte sich an Emilys Rücken. „Verstaut euer Gepäck im Bulli!“, rief Herr Loh über den Zeltplatz, „In wenigen Minuten wollen wir aufbrechen“ Mathilda und Kiki verabschiedeten sich von ihren Freundinnen, da sie aufgrund ihrer heftigen Erkältung nicht an der letzten Etappe teilnehmen konnten. Die beiden Freundinnen schauten ihnen geknickt hinterher und stiegen mit Sven in den Wohnwagen von Mathildas Eltern.
Annemieke saß wie ein Häufchen Elend auf dem Boden, riss gedankenverloren ein Grasbüschel aus und warf es weg. Vivien kniete sich vor ihr nieder, aber ihre Freundin schenkte ihr kein bisschen Beachtung. Emily und Lotta umarmten sie von hinten. „Ich habe kein bisschen Lust mehr auf diese verdammte Fahrt. Vor allem wenn Matti nicht mehr dabei ist. Warum bin ich nicht gleich in den Wohnwagen gestiegen und mit meiner Familie nach Hause gefahren?“, knurrte Annemieke schlechtgelaunt.
„Komm, lass dich von dem Ganzen nicht runterziehen“, versuchte Emily sie aufzumuntern. „Außerdem findet es beinahe die ganze Klasse ungerecht, euch als Klassensprecherinnen abzusetzen, zuvor habt ihr euren Job echt gut gemacht und euch nichts zu Schulden kommen lassen“, redete Lotta auf Annemieke ein. „Wenn ihr euch engagiert, gibt euch Frau Schellhardt sicherlich eine zweite Chance als Klassensprecherinnen“, warf Vivien ein, in der Hoffnung ihre Freundin ein wenig optimistischer zu stimmen. „Als Klassensprecherinnen sind wir nach diesem Vorfall völlig untragbar“, schüttelte Annemieke deprimiert den Kopf. „Wollt ihr nicht langsam kommen?“, rief Fianna von weitem und kam mit Aylin auf sie zu gelaufen. „Wir kommen sofort“, antwortete Vivien. Emily und sie ergriffen Annemiekes Hände und zogen sie hoch.
Die Rote Sieben konnte sich ein Viererkanu ergattern, welches von Lotta, Fianna, Emily und Aylin in Beschlag genommen wurde. Vivien teilte sich ein Kanu mit Annemieke. Während der Fahrt redeten sie kaum, schweigsam fuhren sie neben dem Kanu ihrer Freundinnen her. „Kopf hoch, Micky!“, rief Lotta aufmunternd. Es kam selten vor, dass ihre Freundin dermaßen niedergeschlagen war. „Du bist immer noch ein tolles Mädchen mit viel Charakter, auch wenn du nicht mehr Klassensprecherin bist“, meinte Vivien. Sie wusste, wie sehr Annemieke getroffen war, da sie sonst sehr pflichtbewusst und korrekt war. Der Himmel zog sich zu und es begann leicht zu nieseln. „Dieses Nieselwetter ist echt kein Vergleich zu gestern. Jetzt ist mir wiederum schon fast zu kalt“, bemerkte Fianna.
„Ehrlich gesagt, bin ich froh, dass gerade keine tropische Hitze herrscht“, fand Emily, „Gestern hätte nicht viel gefehlt und ich wäre eingegangen“ „Lily, du hast echt keine Ahnung von richtiger Hitze“, meinte Lotta, „Ich war vor zwei Jahren in Ägypten und wir sind auf Kamelen durch die Wüste geritten, um uns die weltberühmten Pyramiden von Giseh anzuschauen. Dort herrschten tagsüber Temperaturen über fünfundvierzig Grad. Ich habe eine gefühlte Kiste Wasser getrunken“ „Vor einigen Jahren waren wir in Spanien und dort war es jeden Tag tierisch heiß, sodass in manchen Regionen sogar Waldbrände ausbrachen. Am letzten Tag hat es aber allerdings ein schweres Unwetter gegeben“, erzählte Annemieke. „Ich bin kein großer Fan von starker Sonneneinstrahlung“, sagte Fianna, „Im Sommer bevor ich in die fünfte Klasse kam, machten wir Urlaub auf Gran Canaria und ich bin leider am Strand eingeschlafen. Danach hatte einen so heftigen Sonnenbrand, dass sich meine Haut gepellt hat“ Vivien konnte nicht mitreden, sie war mit ihrer Familie noch nie in die warmen Länder im Süden gereist. Sie war nur einmal mit ihren Großeltern an der niederländischen Nordseeküste und in Dänemark als sie noch ein kleines Kind war.
An einem Picknickplatz wurde eine halbe Stunde lang Pause gemacht. Frau Schellhardt und Herr Loh verteilten den letzten Proviant unter den Schülern. „Ich freue mich schon so auf mein Bett und auf eine warme Dusche, wenn ich wieder zuhause bin“, seufzte Emily. „Ich bin froh, wenn ich meinen dauerhaften Muskelkater wieder loswerde“, fügte Vivien hinzu. „Da sagst was, Vivi!“, wandte Aylin ein, „Ich hatte in den letzten Tagen, immer das Gefühl, dass ich wie ein Wrack auseinander falle“ „Ich glaube so weit wäre es nicht gekommen, Aylin!“, lachte Annemieke. „Eigentlich fand ich die Fahrt gar nicht mal so schlecht“, sagte Lotta nachdenklich, „Zwar habe ich mit Max Schluss gemacht, aber ihr habt mir wunderbar bewiesen, wie stark unsere Freundschaft ist“ „Roten Siebenerinnen kriegt niemand auseinander. Da kann man sogar Pech und Schwefel voneinander lösen“, lächelte Aylin und legte ihren Arm um Vivien. Die Freundinnen saßen nebeneinander und legten sich gegenseitig die Arme um die Schultern. Vivien war mehr als glücklich, dass sie zu ihnen gehörte und mit ihnen wunderschöne Momente der Freundschaft und ihres bärenstarken Zusammenhaltes erlebte. An ihren vorigen Schulen war sie immer eine Außenseiterin gewesen, über die sich einige Klassenkameraden lustig machten und die keine Freunde hatte. Zwar hatte sie am Anfang in dieser Klasse auch große Probleme gehabt, doch als sie zwei der Roten Siebenerinnen gerettet hatte, war sie ein richtiges Bandenmitglied.
„Eigentlich sehr schade, dass Matti und Kiki nicht dabei sein können“, seufzte Annemieke plötzlich und warf einen kleinen Kieselstein in den Fluss. „Finde ich auch, aber noch viel mehr schade ist, dass morgen die Schule wieder losgeht“, fand Emily. „Fangt bloß nicht an über Schule zu sprechen!“, stöhnte Lotta, „Vier Tage ohne Hausaufgaben und Schulstress waren sehr erholsam“ „Du fandest die ganze Fahrt sehr erholsam, Lotta?“, fragte Aylin ungläubig. „Wieso? Fandest du es nicht erholsam?“, erwiderte Lotta. „Ich fand es eher anstrengend, aber gleichzeitig auch schön“, antwortete Aylin. „Ich habe eine SMS von Matti!“, rief Annemieke und sprang jubelnd auf. „Zeig mal her!“, forderte Fianna auf und schaute ihr über die Schulter. „Soll ich laut vorlesen?“, fragte Annemieke, „Aber wenn, dann kommt bitte ein wenig näher, nicht die ganze Klasse soll es hören“ Die Mädchen umringten sie und steckten ihre Köpfe zusammen. „Hey Micky, gerade haben wir Kiki und Sven nach Hause gebracht. Nun liege ich mit einer Decke und einer Tasse heißem Tee auf dem Sofa und schaue mir den neusten James Bond Film an. Es ist sehr schade, dass Kiki und ich nicht dabei sein können. Gerne hätten wir auf der letzten Etappe Spaß mit euch gehabt. Aber ich bin auf jeden Fall dabei, wenn unsere Eltern dich vor der Schule abholen. Bitte grüße unsere Bandenfreundinnen und unsere Klassenkameraden von uns. Hab dich ganz doll lieb, deine Matti“, las Annemieke leise vor.
Kurz darauf ging es weiter. Annemieke hatte keine Zeit ihrer Schwester zu antworten und verstaute ihr Handy in der Tonne. Nach und nach wurden die Kanus zu Wasser gelassen. Der Fluss war längst nicht mehr so wild und abenteuerlich wie einige Kilometer zuvor. Vivien kam es beinahe schon langweilig vor, sie vermisste die vielen Strömschnellen und die ungebändigte Natur. „Seht, wir sind wieder in der Zivilisation angelangt“, stellte Emily fest, nachdem sie unter mehreren Brücken und unter einer Hochspannungsleitung hindurch paddelten. „Das ist wahr, in den letzten Tagen haben wir uns echt nur in der Wildnis aufgehalten“, bestätigte Fianna. „Irgendwie werde ich den Fluss vermissen“, seufzte Annemieke und machte auf einmal ein trauriges Gesicht. „Aber das sahst du heute morgen noch ganz anders, Micky! Wer von uns wollte denn unbedingt nach Hause und hatte die Schnauze voll von der Wanderfahrt?“, zog Aylin ihre Freundin auf. Annemieke schnitt eine freche Grimasse. „Offensichtlich hat sie sich jetzt doch komplett umentschieden und will ihr Leben lang auf dem Fluss verbringen“, scherzte Lotta. „Nö, alleine auf dem Fluss wird es mir doch irgendwann zu langweilig“, lehnte Annemieke ab. „Wir können doch später, wenn wir erwachsen sind, uns ein Hausboot kaufen und alle Flüsse Europas und der Welt auf und ab fahren“, schlug Fianna voller Enthusiasmus vor. Die Freundinnen stimmten ihr begeistert zu. „Was ist mit unserem Familien?“, bemerkte Lotta.
„Dann müssen wir eben mehrere Hausboote haben, damit auch für unsere Familien genügend Platz vorhanden ist“, meinte Emily. „Eigentlich würde ich sehr gerne als Tierärztin arbeiten und wieder zurück nach Bremen ziehen“, fiel Annemieke ein. „Was ist an Bremen so besonders?“, wollte Aylin wissen. „Wir haben dort zehn Jahre lang gewohnt und es ist eine echt tolle Stadt“, erwiderte Annemieke, „Trotzdem hätte ich nichts dagegen meine freien Tage mit euch auf einem Hausboot zu verbringen“ „Dem schließe mich an“, sagte Lotta, „Später möchte ich sehr gerne in Mannheim oder Frankfurt leben und als Managerin oder vielleicht auch als Steuerberaterin arbeiten“ „Wenn alles klappt und gut für mich läuft, werde ich als Sängerin oder als Musicaldarstellerin auf Tournee gehen“, mischte sich Aylin ein. „Ach du lieber Himmel! Ihr wisst schon, was ihr werden wollt? Ich habe darüber noch keine Sekunde nachgedacht“, rief Emily, „Wir machen doch erst in fünf Jahren Abitur und bis dahin ist die Zeit noch lang“ Vivien hatte sich ebenfalls noch keine Gedanken über ihre Zukunft gemacht und ihr Berufswunsch wechselte ständig. Als Kindergartenkind wollte sie unbedingt Astronaut werden, in der Grundschule Frisösin, dann Krankenschwester und bis vor zwei Jahren Lehrerin. Doch seit einiger Zeit war sie sich gar nicht mehr sicher, was sie später beruflich machen wollte.
An der nächsten Anlegestelle war die Kanuwanderfahrt endgültig zuende. Vivien spürte Wehmut in sich aufsteigen, als sie das Kanu zum letzten Mal aus dem Wasser zog. Auf der anderen Seite freute sie sich wieder auf ihr Zuhause, auf ihre Ziege, ihre Mutter und ihre Brüder. Die Kanus wurden auf einen Anhänger geladen. Paul verabschiedete sich von Lehrern, Schülern und Eltern. Einen Augenblick später fuhr ein Reisebus vor. Kaum als das Gepäck verstaut war, stürmten die Schüler den Bus, nachdem sich die Türen öffneten. „Hey, es geht auch langsamer!“, ermahnte Frau Schellhardt die Klasse. Katja und Max ergatterten die Plätze in der letzten Reihe. Neben ihnen ließen sich Anja, Michael und Ömer nieder. Für die Roten Siebenerinnen blieben nur Plätze in der Mitte übrig. Vivien saß am Fenster neben Aylin. Da ihre Freundin kurz nach dem Anfahren einschlief, beobachtete wie Autos auf der Fahrbahn neben ihnen den Bus überholten. „Wir wollen nach Hause fahren, wir wollen nach Hause fahren, wir einfach nur nach Hause fahren“, grölten die Schüler in den hintersten Reihen, bis sie von Herrn Loh zur Raison gerufen wurden. Das gleichmäßige Brummen des Motors machte sie so müde, dass sie ihre Augen schloss und sich nach hinten lehnte. Bald war sie fest eingeschlafen und bekam nicht mit, wie der Bus von der Autobahn runter fuhr.
Als das Ortsschild von Freudenburg auftauchte, machte der Busfahrer eine Durchsage. Vivien wachte auf und stupste Aylin an. „Na, hast du auch die ganze Fahrt verschlafen?“, grinste Aylin. „Die halbe Fahrt“, antwortete Vivien ehrlich. „Ihr habt auch nichts Aufregendes verpasst. Es war die ganze Zeit so still und ich habe das Gefühl gehabt, der ganze Bus hat gepennt“, drehte sich Emily zu ihnen um. Der Bus fuhr auf den Stadtring und bog an der großen Kreuzung rechts ab. „Wir sind wieder da!“, jubelte Freya, die ganz vorne neben Pauline saß. Ganz am Ende der Straße tauchte auf der linken Straßenseite ihre Schule auf. An einem Sonntag sah sie verlassener aus als eh und je. Draußen auf dem Lehrerparkplatz warteten schon viele Eltern und Geschwister. Der Bus machte eine seichte Bremsung. Erst als er stand, durften sich die Schüler abschnallen. Vivien und ihre Freundinnen warteten einen Augenblick, bis sie sich in das Getümmel stürzten. „Matti!“, riefen Lotta, Fianna und Annemieke aus einem Munde stürmten auf ihre Freundin zu.
„Ich habe euch auch ganze lange nicht mehr gesehen“, grinste Mathilda ironisch. Vivien entdeckte zwischen den ganzen Menschen ihre Mutter. „Hallo Mama! Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass du kommst“, rief sie glücklich. „Hallo, mein Mäuschen! Wie war es?“, ihre Mutter gab ihr einen Kuss und nahm sie in den Arm. „Es war eine tolle Fahrt“, schwärmte Vivien und drehte sich zu ihren Freundinnen um. „Das müssten doch deine Freundinnen sein oder?“, meinte ihre Mutter. Vivien nickte, „Soll ich sie dir alle vorstellen?“ „Mach ruhig, aber ich kann mir die Namen eh nicht alle merken“, lächelte sie. „Hallo“, grüßte Emily freundlich, die Viviens Mutter als Erstes bemerkte. „Das ist Emily, neben ihr steht Lotta, die Rothaarige heißt Fianna und Aylin ist das Mädchen mit den schwarzen Kräusellocken. Die Zwillinge da vorne heißen Annemieke und Mathilda, aber man kann sie erst auseinander halten, wenn man sie länger kennt“, stellte Vivien ihrer Mutter ihre Freundinnen vor. „Du hast Kiki vergessen!“, rief Lotta. „Ach ja, Kiki ist leider nicht da, weil sie krank geworden ist“, ergänzte Vivien. Langsam leerte sich der Parkplatz wieder und die Roten Siebenerinnen verabschiedeten sich voneinander.
Auf dem Heimweg hatte Vivien so viel zu erzählen, dass ihre Mutter kaum zu Wort kam. „Das muss wohl eine schöne Fahrt gewesen sein, ich wäre auch gerne dabei gewesen“, sagte sie zufrieden und hörte Vivien interessiert zu. Kitty, ihre Ziege, rannte sie vor Freude beinahe um, als Vivien das Gatter zu ihrer Auffahrt öffnete. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Nicht wahr, Kitty!“, begrüßte sie ihre Ziege und kraulte sie am Hinterkopf. So sehr ihr die Kanuwanderfahrt gefallen hatte, war sie richtig froh wieder daheim zu sein. „Hallo Vivien! Bist du nun auch wieder an Land gespült worden?“, rief ihr jüngerer Bruder Samuel, er steckte seinen Kopf aus der Haustür und streckte ihr die Zunge raus. Vivien erwiderte seine freundliche Begrüßung mit einer frechen Grimasse. So albern wie sie ihren kleinen Bruder manchmal fand, doch in den letzten Tagen fehlte Samuel sogar ein bisschen. Im nächsten Moment vibrierte ihr Handy. „Eine Nachricht von Lotta“, stand auf dem Display. Ihre Freundin wollte wissen, wie sie zuhause angekommen ist und teilte ihr mit, dass sie morgen erst zur dritten Stunde haben. Zwei weitere SMS, eine von Fianna und eine von Aylin kamen rein. Vivien fühlte sich auf einmal vor Glück ganz leicht. Zweifelsfrei hatte sie nun die besten Freundinnen gefunden, die sie in ihrem ganzen Leben hatte und die ihr etwas bedeuteten.
Liebe Großeltern!
In letzter Zeit ist schrecklich viel los gewesen. Vor drei Wochen waren wir auf Kanuwanderfahrt, dann wurden unzählige Klausuren geschrieben, ich war auf einer Übernachtungsparty auf dem Reiterhof und gestern fand die Zeugniskonferenz statt. Ich habe von meiner Klassenlehrerin erfahren, dass ich die Versetzung um ein Haar geschafft habe. Trotzdem riet sie mir, dass ich die achte Klasse wiederholen soll und das werde ich auch tun, um bessere Noten zu bekommen. Meine beste Freundin Aylin wird die Klasse ebenfalls wiederholen, allerdings hat sie die Versetzung nicht geschafft. Kiki, die Anführerin unserer Mädchenbande, findet das sehr schade. Aber ich habe ihr gesagt, dass wir uns in jeder Pause sehen könnten und wir daher nicht aus der Welt sind.
Unsere großartige Kanuwanderfahrt war nur wenige Wochen her und ist unter meinen Freundinnen immer noch Gesprächsthema. Wir waren damals mit Kanus auf einem Fluss unterwegs und haben nachts in Zelten geschlafen. Wir haben Vieles erlebt, Schönes, Aufregendes und eine Beinahkatastrophe. Am meisten hat mir das Zusammensein mit meinen Freundinnen gefallen. Nicht so gut gefiel mir, dass eine meiner Freundinnen von ihrem Freund betrogen wurde und am ersten Abend weggelaufen ist. Ein großer Suchtrupp hat sich auf den Weg gemacht und wir haben sie schließlich an einem Waldsee gefunden. Ich habe zuvor noch nie erlebt, dass Lotta dermaßen am Boden zerstört war. Zwei Tage später kam das nächste Abenteuer, welches fast ein übles Ende genommen hat. Beinahe die halbe Klasse hat eine Erlaubnis eine Höhle am Fluss erkundet und es gab am Abend ein Gewitter mit Starkregen. Die Höhle lief mit Wasser voll, aber meine Klassenkameraden fanden zum Glück eine Stelle, die hoch genug war, sodass sie nicht ertrunken sind. Die Lehrer, der Fremdenführer, einige Eltern, zwei Freundinnen und ich haben uns auf den Weg gemacht, um sie zu retten. Nachdem wir wieder zurück auf dem Campingplatz waren, waren wir total fertig.
Das große Donnerwetter gab es allerdings einen Tag später nach dem Frühstück. Die Schüler, die mit in der Höhle waren, wurden dazu verdonnert Referate zu machen und jeden Mittwoch nach der Schule den Schulhof und die Pausenhalle sauber zu machen. Unsere beiden Klassensprecherinnen, Mathilda und ihre Zwillingsschwester Annemieke, wurden als Klassensprecherinnen abgesetzt. Da sie sich mittlerweile sehr viel für die Schülervertretung engagieren und eine Klassefete geplant haben, hat unsere Klassenlehrerin sie als Klassensprecherinnen zurückgeholt. Somit bleibt uns der Höhlenausflug als gefährliches Abenteuer in Erinnerung, obwohl es auch unseren Klassenzusammenhalt deutlich gestärkt hat. Deshalb ist es schon schade, dass ich die Klasse nach den Sommerferien verlassen werde. Trotzdem freue ich mich schon auf die Sommerferien, wenn wir zusammen nach Rügen fahren und jeden Tag an den Strand gehen können.
Liebe Grüße eure Vivien!
Für 4 Portionen
Zutatenliste:
So geht’s
Den Backofen auf 200 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Kartoffeln ca. 20 Minuten in gesalztem Wasser kochen und an der Oberfläche kreuzförmig einschneiden. Kartoffeln salzen mit kleinen Butterwürfeln obendrauf ca. 10-20 Minuten backen, je nachdem wie knusprig ihr die Kartoffeln haben wollt.
Die saure Sahne oder den Schmant mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft, die Kräuter und Gewürze dazumischen und abschmecken. Zum Schluss kommt die Schmantcreme auf die fertigen Ofenkartoffeln und tut ein wenig Kresse rüber.
Tipp: Wenn ihr beim Grillen seid oder am Lagerfeuer sitzt, könnt ihr die Kartoffeln in Alufolie einwickeln. Zuvor müsst ihr die Kartoffeln kreuzförmig einritzen und mit Rapsöl bestreichen. Dann legt ihr sie ca. 50-60 Minuten in die Glut, bevor ihr sie servieren könnt.
Guten Hunger und viel Spaß beim Grill- oder Lagerfeuerabend!
Tag der Veröffentlichung: 16.07.2014
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