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Ein schreckliches Gefühl

Die Zeiger des weissen Weckers standen auf fünf nach sechs, als dieser mit einem schrillen Pfeifen Tomoyo aus dem Schlaf riss. Müde streckte sie ihre Hand nach dem Wecker aus, um ihn zum Schweigen zu bringen. Ein kleiner Klaps auf dessen Oberseite reichte aus und es kehrte wieder Ruhe ein. Ein schwaches Licht drang von draussen durch die blauen Vorhänge ins Innere des Schlafzimmers. Die Einrichtung bestand schlicht aus einem Bett, einem Schrank und einem Schreibtisch, auf dem sich ein Computer befand. Tomoyo richtete sich in ihrem Bett auf und wirkte noch ganz verschlafen, als sie die Nachttischlampe anknipste. Ihr langes asiatisch schwarzes Haar hing über ihre nackten Schulter. Sie bevorzugte es in den heissen Sommernächten nackt zu schlafen und trotzdem war diese Nacht nicht erholsam für sie. Nicht wegen der Hitze, sondern wegen diesem Traum den sie hatte. Die Erinnerungen daran verblichen bereits, da lag nur noch dieses schwere Gefühl auf ihrem Herzen, ein Drücken das eine Spur von Trauer in sich barg. Aber vermutlich würde auch dies in ein paar Minuten verschwunden sein, wie der Traum selbst.

Tomoyo stand auf und ging ins Bad um sich ihr Gesicht zu waschen. Das grelle Licht blendete sie wie jeden Morgen und sie kniff ihre mandelförmigen Augen zusammen, bis sie sich an das Licht gewohnt hatte. Das kühle Wasser floss in ihre Hände und sie drückte ihr Gesicht hinein, doch das schwere Gefühl, das noch immer auf dem Herzen lag, verstummte nicht, als ob

… ja als ob sie jemand wichtiges verloren hätte. Tomoyo riss ihre Augen auf. «Sybille!», schoss ihr durch den Kopf. Ihre beste Freundin. Sie hatte nicht viele Freunde, um ehrlich zu sein. Sie hatte nur Sybille, die sie eine wahre Freundin nennen Konnte. Sie verbrachten fast jeden Abend zusammen, auch wenn es nur darum ging eine Fernsehserie zu schauen.

«Ach, Quatsch», dachte Tomoyo, dieser Gedanke kam bestimmt von diesem dämlichen Traum, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte. Sie hatte noch am abend zuvor zusammen eine Mystery Serie über zwei FBI Agenten geschaut und ausserdem musste sie zu dieser Zeit noch immer bei sich zuhause sein. Im Normalfall stand sie sogar eine halbe Stunde nach Tomoyo auf, um zur Arbeit zugehen. Also musste es sich um ein Überbleibsel von diesem Traum handeln den sie hatte, in dem höchstwahrscheinlich jemand verstarb. Es würde nicht das erste Mal sein, dass sie so etwas geträumt hatte.

Tomoyo blickte in den Spiegel. Das Wasser perlte über ihre Wangen und es sah so aus, als ob sie weinen würde. Jetzt brauchte sie aber dringend einen Kaffee, um einen klaren Kopf zu bekommen. Sie trocknete ihr Gesicht ab und zog sich an, Slip, BH und ein weisses Sommerkleid das ihr bis zu den Knieen reichte. Frisch angezogen ging sie in die kleine Küche ihrer Wohnung und stellte eine rote Tasse unter die Kaffeemaschine. Mit einem Knurren füllte die Maschine die Tasse mit einem wohlriechenden Kaffee. Sie konnte diese Instant-Kaffees aus den Supermärkten nicht ausstehen, es musste für sie etwas frischeres sein. Während die Kaffeemaschine ihre Arbeit verrichtete nahm Tomoyo einen Buttergipfel aus dem Brotkasten und legte ihn auf den Tisch.

«Endlich Koffein.» Tomoyo nippte an dem frischen Kaffee, während sie eine Sandwich mit Schinken, Salat und saftigen Tomaten als Mittagessen zubereitete. Sie war dabei jedoch mit ihren Gedanken ganz wo anders.

«Scheisse, ich komme zu spät zur Arbeit!» Sie trank ihren Kaffee aus und schlüpfte in die Schuhe. Sie stand schon vor der Haustüre, als sie sich nochmals umdrehte. Beinahe hätte sie ihr Frühstück vergessen. Sie schnappte sich den Buttergipfel und verschwand aus der Wohnung. Noch während sie zum Auto eilte, drückte sie sich den Buttergipfel mit gossen Bissen in den Mund.

Der rote Kleinwagen quetschte sich durch den Berufsverkehr und sie schaffte es gerade noch rechtzeitig zu der Papeterie in der sie arbeitete. Sie eilte vom Parkplatz aus durch die Hintertür ins Geschäft. In dem von Neonlicht beleuchteten Raum befand sich ein grosser Tisch, hinter dem sich an der Wand drei Regale befanden, die mit Kartonschachteln vollge-stopft waren. Neben der Hintertür stand ein grauer Spind mit mehreren Türen und gleich vor dem Büro der Ladenbesitzerin, führte eine Treppe in den Keller mit dem

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Sascha Brandt
Tag der Veröffentlichung: 03.03.2014
ISBN: 978-3-7309-8809-1

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