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Tropfenweise Entscheidungen

 

 

„Conversation-stopper“?

(Zweifel am Aphorismus)

 

 

„Schüttle ein Aphorisma, so fällt eine Lüge heraus

und eine Banalität bleibt übrig.“ (Arthur Schnitzler)

„Ist das kein Aphorismus?“ (Jacques Wirion)

 

„Aphorismus: Nicht Fisch und nicht Fleisch. Nicht Epigramm und nicht Entdeckung. Es fehlt ihm anscheinend an der Ganzheit, Einprägsamkeit, Reduzierbarkeit odgl. Bloß Bewegung ohne Ergebnis, Knotenpunkt usw. Schlage es nicht in den Wind!

Bewegt-Neuangeregtseinwollende Zeiten lieben Aphorismen. So Nietzsche und die Moderne.“

 

„Widerstand gegen den Aphorismus : Jemand, der auf einem Spaziergang zehn solcher Bemerkungen von sich gäbe, wäre unangenehm. Der zehn solcher Einfälle hätte, die nicht entschuldigt sind durch ein verbindendes Thema.“ (Robert Musil)

 

Aphorismus : vorverdaute Weisheit. (A. G. Bierce)

 

Laut Hans Blumenberg entwöhnen Aphorismen leider zu schnell „dem Denken in Kontexten“.

 

„Ein Aphorismus ist ein Versuch,

schon den Ton als Konzert auszugeben.“

(Karl-Heinz Deschner)

 

„Nicht jeder geistreiche Aphorismus ist sinnvoll.“

 

„Es ist besser, auf zehn Seiten keine Dummheiten zu Wort kommen zu lassen, als Unsinn prägnant in einen Satz zu fassen. Auf Kürze allein darf sich kein Aphorismus etwas einbilden.“ (Gregor Brand)

 

„Aphorismus : die Pipiform des Gedankenstoffwechsels“

(Gottfried Pixner)

 

„Aphoristiker wird jemand, der wenig zu sagen hat.“

(A. Majewski)

 

„Aphorismus heißt die Karikaturvariante

der Literatur.“ (Rolf Mohr)

 

„Aphorismen erkennt man am Gewicht Null“ (Billy)

 

Aphoristiker : eitel, einseitig, überspitzt,

überspannt, arrogant, naseweis, wichtigtuerisch?

 

 

Der Stein der Weisen höhnt steten Tropfen.

 

Welch kleine Sünden sind moralisch zu begehen,

um größere zu vermeiden?

 

Der Antibiotikaschlucker ist ein ungastliches altes Haus.

 

Der Industrialismus ist eine Katastrophe, wenn er gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht abschafft und seine Automaten nicht jeden Bürger mit arbeits-losem Grundeinkommen versorgt, um endlich mal gelehrte und künstlerische Muße pflegen zu können.

 

Ein Toter wirkt vorlaut schon

bei bescheidenstem Flüstern.

 

Vorlaut wirken altklug naseweise Laien

unter lauter Experten.

 

Wer immer das letzte Wort haben will, ist der Tod,

der letzte Schrei.

 

Vorlaut sind lauter Dummdreiste und leise Genies.

 

Das letzte Wort im Leben ist schon das erste Wort

vorm Jüngsten Gericht.

 

Metaphysiker heißen Leute, die das letzte Wort haben

bei den ersten und (ver)letzten Dingen.

 

Überheblich präpotent wirken immer

vorlaut Impotente und lauter Überlegene.

 

"Überheblich!" ist die Totschlagvokabel aller Unerheblichen, vor allem gegen Gebildete und Intellektuelle. Überheblich ist der Mensch, der es besser zu können glaubt als sein Schöpfer (und sich für dessen Schöpfer hält).

 

Du hast nichts gemacht, nichts Schlimmes.

Auch nichts Schönes. Aber das macht nichts,

es gleicht sich aus. Kann man weniger als nichts tun,

ohne sich nur versorgen zu lassen?

 

Muss ich das verbotene Wort „Neger“ nicht

benutzen dürfen, um vor seiner Verwendung

ständig warnen zu können?

 

Kraniche des Hibiskus. Nichts Fertiges ist vollendet.

 

Wer schenkt, um größere Geschenke zu bekommen,

erfreut sich nicht an der Freude anderer.

 

Etwas über den Zeitgeist (hinaus) : Satirische Rätsel übertreiben und überrumpeln uns, indem sie den Boden der Tatsachen unter den Füßen wegreißen.

 

Gnome : heraklitpolemisch, demokritverlacht,

sokratisch fraglich, platonische Ideen,

aristotelisch individualistisch geerdet, diogenesgewitzt,

stoisch selbstgenügsam, epikureisch genossen,

skeptisch verunsichert, augustinisch angehimmelt,

scholastisch intellektualisiert, cusanisch widersprüchlich,

cartesianisch rationalisiert, spinozistisch naturalisiert,

leibnizianesk monadologisch, kantisch intelligibel,

fichte-subjektiv, schelling-potenziert, hegelianisch

dialektisch, schlegel-ironistisch,

schopenhauer-pessimistisch, marxistisch revolutionär,

nietzsche-philosophoristisch, wittgensteinig logisch,

geheideggert existenzialontologisch,

wiesengründig negativ, jaspers-umgreifend,

sartriste rotlibertär, blumenbergig distanziert,

marquard-kompensiert, habermasdiskursiv …

 

Aphorismus : Understatement durch Hyperbeln,

wenn ihr Gegenstand die maßvolle Mitte übertreibt.

 

Schärf deine Verve und geh an den Nerv!

 

Ob es den Schöpfer wohl freut, auf welch zäh verrückte Weise du dich um Ihn und Seinen Segen bemühst?

 

Hegels Urteil ist Gehalt ohne Gestalt  

und Schlegels Vorteil nicht das Gegenteil.

 

Nicht Widersprüchliches, sondern Ähnlichstes

hat die größten Unterschiede.

 

Anständiger Wohlstand, nicht tugendhafte Armut, gilt und galt stets als Gütezertifikat eines Menschenlebens. Daher gibt es mehr unanständige Armut als tugendhaften Reichtum.

 

Für einen armen Teufel ist jeder B-engel gut genug.

 

Du bist ein Magnet, doch i Magnat mag net.

 

Die soziale Creme de la creme ist schlank

und isst keine Cremetorten.

 

Ein Seher unter lauter Verblendeten ist meist

ein Verblendeter unter lauter Sichtbaren.

 

Zu Halloween vor Allerheiligen,

Gedenken an die Toten im Fegefeuer,

drohen Kinder an jeder Haustür:

„Süßes, sonst gibt´s Saures!“

 

X = Vy (x-Ry) ˄ (x-Rx). Schlechte Menschen

jammern am lautesten über die schlechte Welt.

 

1925-2025 : From roaring to boring twenties.

Das Ziel ist kein Ende, ein Ende kein Ziel,

aber Vollendung auf dem Weg.

 

Lieben heißt, aus freiem Willen

neuen freien Willen in die Welt zu setzen.

 

Die Welt legte etwas in dich hinein, 

du holst etwas aus dir heraus.

Wo beides sich tritt, entsteht Krieg.

 

Im Herzen eng und bang, immer am Ende lang,

das im Kopfe klang und mit dem Anfang rang?

 

Revolutionen werden nicht von großen Massen für große Individuen gemacht, aber ihre Theorien von Individuen für und gegen Masse.

 

Mit „Doppel-Wumms“ sollten nicht nur Klima

und Corona zugleich saniert werden, sondern

auch seine Partei und ein abgekanzelter Kanzler.

 

Familie oder Fabrik, wenn ein Hund mit einem Hündchen au der Leine spazieren geht?

 

Phantasie ist oft Kindheitserinnerung

und Gedächtnis nur Phantasieleistung.

 

Sitzen die armen Sünder und Teufel selbst in

der Geschworenen-Jury des Jüngsten Gerichts?

 

Wo bleibt ein Hegel der mathematischen statt aristotelischen Logik, Gedanken des Teufels vor menschlicher Erschaffung einer technischen Welt? Rationalisierung ist der Abschluss aller technologischen Schlüsse und Entschlüsse, bevor sie die zweite Natur des Industrialismus freigibt mit ästhetischem Anschluss an Ausgeschlossenes und schließlich aufschlussreichem Rückschluss auf allererste Erschlossenheiten ontologischer Schließmuskeln.

 

Verhöhnen Aphorismen die Dummen

oder nur ihre Dummheit?

 

Der Aphorismus, Placebo des Denkens, ist zu kurz,

um wahr zu sein, und zu unvollkommen,

um falsch zu sein, gewinnt aber gegen alles 1 : 0.

 

Aphoristiker, Zwischendenzeilenschinder,

denken zu viel und ihre Gegner zu wenig.

 

Wer das Herz begreift,

hat noch nicht den Kopf beherzigt,

den Bauch verdaut oder den Unterleib erzeugt,

wenn das Gebiss mal nachdenkt.

 

Auch Goldketten fesseln, auch Eisenketten können schön sein wie systemverkettete Sentenzen.

 

Unser erster Longdrink war Milch,

unser Longestdrink blieb Wasser,

und viele Shortdrinks hauen Cocktails um.

 

Jeder kopiert andere und hält sich für ein Original,

das andere kopieren (sollten).

 

Einer wird eher boshaft, wenn er seine eingebildete Bedeutung zu wenig gewürdigt glaubt.

 

Abtreibung ist ein Homizid, der heute vom Mord

zum Emanzipationsakt aufsteigt.

 

Sensibel ist, wer auch nach geistigen Höhenflügen unter Jetlag leidet.

 

Sind Postmetaphysiker von Schopenhauer bis Habermas gegen Hegel im Recht oder nur etwas zu bequem?

 

„ER war einmal …“ (Märchen vom Menschen).

 

Aphoristiker vergrößern alle Dinge aufs Minimum.

 

„Ein Aphorismus ist, was ein Philosoph

nicht wahrhaben will.“ (Erhard Blanck)

 

Kindergericht – Seniorengericht – Jüngstes Gericht.

 

Wenn Vergangenheit stets noch und Zukunft schon gegenwärtig ist, gibt es kaum noch Abwesenheiten.

 

AI/KI : Simulation natürlicher Blödheit?

 

Dichter haben mehr vom Pech,

Denker vom Anfängerglück

und Aphoristiker von der Langeweile.

 

Schlegel schrieb, was zwischen Hegels Zeilen steht.

 

Am Anfang kommt der Beifang der Systematiker

und der Aphoristiker seltener in den Himmel als

aus der Hölle.

 

Freies Spiel der Urteils-, Willens- und Einbildungskräfte:

Kunst oder Demokratie?

 

Sartre : Einfall als Sieg des Zufalls

über alles, was der Fall ist?

 

Ich ruh in mir selbst, seit du mein Schwerpunkt bist,

und bin außer mir, seit ich dein Schwerpunkt bin.

 

Pocht bitte auch auf das Recht dumpfer Hohlköpfe!

Es ist noch kein geistiger Höhenflug,

seine Forderungen hochzuschrauben.

 

Dein guter Wille taugt wohl als Prinzip allgemeiner

Gesetzgebung, aber ist dein verallgemeinerter Wille

auch kategorisch beliebig individualisierbar?

 

Lachend kapitulieren und den Sieger

dadurch mit zu Boden reißen.

 

Deinen Mut entwickelst du nur

im Schutze deiner Ängstlichkeit.

 

Man beendet ein Denken nicht, indem man

es abbricht, sondern einen Gedanken fasst.

 

Der Aphorismus rühmt sich durch Selbstkritik

und widerlegt sich durch stinkendes Eigenlob.

 

Solange wir noch Hoffnung auf Besserung haben,

bleibt die Lage verzweifelt.

 

Hegel wusste es : Die erbarmungslose Konsequenz der Logik, ihre rücksichtslos leere Kälte, ist gerade Index berechtigter Hoffnungen auf kühles Licht der Vernunft und dunkle Wärme des Lebens zugleich.

 

Wählen Demokraten den Mammon auch wohl mal wieder ab?

 

Tagträume können verschlafen werden

oder schlaflos machen.

 

Machen Mann und Frau einander Offerten,

wird vorausgesetzt, dass nicht immer mehr erwartet

und gefordert wird, als der andere im Angebot führt.

 

Der Philosoph sieht der Sache selbst ins Gesicht,

indem er voll hinter ihrer Kehrseite steht.

 

Das Waldsterben macht frei für Gewerbeflächen,

aber Verkehrswege beseitigen Spielräume.

 

Gleichberechtigung und Gleichstellung ist für einige Beförderung, für andere Herabstufung.

 

Reales und Ideales werden voneinander kritisiert.

 

Heute lieben Philosophen nicht mehr die Weisheit, sondern wissen alles über die Liebe, ob nun Kinder-, Mutter, Vaterlands-, Paar-, Affen-, Hass-, Eigen-, Vor- oder Nächstenliebe.

 

Um älter zu werden oder zu sterben,

muss niemand alt werden.

 

Mir will einfach kein Gedanke einfallen,

der die Welt nicht verändern,

sondern nur verstehen will.

 

Sind aus niedlichen Raupen erst mal flatterhaft eitle Schmetterlinge geworden, werden sie eingebildete Lepidopterologen oder deren Opfer.

 

Der Buchstabe ist Maßstab und Spazierstab

des Autors und des Lesers.

 

Die berühmte Aufklärung der Köpfe war eigentlich nur Abstumpfung der Herzen.

 

Armut schützt vor den Lastern der Reichen,

Wohlstand bewahrt vor den Tugenden der Schwachen.

 

Schufte lassen leben und schuften.

Mit mir sterben meine Güter

und erstehen wieder auf in der Hand der Erben.

 

Wer nichts zu sagen  hat,

muss auch nicht die Wahrheit sagen.

 

Aphoristik, nicht ganz dichte Verdichtung,

ist der Ummweg vom Aufsatz

ueber den Gegensatz zum Gesetz.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.07.2025

Alle Rechte vorbehalten

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