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USA contra USE?

 

 

 

 "It may have seemed something less than a compliment to compare the American Constitution to the Spanish Inquisition. But oddly enough, it does involve a truth; and still more oddly perhaps, it does involve a compliment. The American Constitution does resemble the Spanish Inquisition in this: that it is founded on a creed. America is the only nation in the world that is founded on a creed. That creed is set forth with dogmatic and even theological lucidity in the Declaration of Independence; perhaps the only piece of practical politics that is also theoretical politics and also great literature. It enunciates that all men are equal in their claim to justice, that governments exist to give them that justice, and that their authority is for that reason just. It certainly does condemn anarchism, and it does also by inference condemn atheism, since it clearly names the Creator as the ultimate authority from whom these equal rights are derived." (Gilbert K. Chesterton : "What I saw  in America", 1921)

 

 

" Amerika, du hast es besser." (Goethe). Wo Europa laut Hermann Luebbe nur den moralischen Konsens aller Religionen sucht, findet Amerika die staatliche Koexistenz alles Unvereinbaren.

 

„Ex oriente lux“. Oder eher : "Go West!“? Amerika ist eine Realität der Superlative und ein Grundmythos der Moderne. Hat es noch den frommen Pioniergeist der frühen Pilgrim Fathers von der „Mayflower“ oder wurde es längst Opfer eines verkalkten Industriekapitalismus – oder beides zugleich?

 

Hätten die USA mit ihren überlegenen Ressourcen nicht in den Zweiten Weltkrieg eingegriffen, würde Deutschland vielleicht noch heute mehr als Europa beherrschen, und unsere Landsleute kultivieren aus Fortschrittsneid und Ressentiments seit Jahrzehnten einen veritablen Antiamerikanismus. Die hiesige Nachkriegsbegeisterung fuer US-amerikanische Popkultur zwischen Elvis Presley und Andy Warhol ist einem tiefen Misstrauen gegen den vermeintlichen „Weltpolizisten“ gewichen, der seine nationale Interessenpolitik ständig hochmoralisch verkauft als Nation Building von Demokratie-Exporten. Was manchen kaum erträglich scheint, ist die Legierung aus edler Menschenrechtsdeklaration und ekler Dauereinmischung in „innere Angelegenheiten“ anderer Staaten und Kulturkreise.

 

 Ist unser Land auch weiterhin nur ein Vasallenstaat der Weltkriegs-Siegermacht USA?

 

Alle Menschen sind gleich und frei geboren - und diese gleiche Freiheit jedes Individuums ist nur aus der gemeinsamen Herkunft aller Menschenkinder vom selben Schöpfer zu begründen, nicht aus dem darwinistischen Naturrecht des Stärkeren. Wer den Kampf aller gegen alle nicht disziplinieren will durch den "sterblichen Gott" des Staatsleviathans bei Thomas Hobbes, muss ihn religiös zuegeln.

 

Unbestreitbar hatte die Französische (Sozial-)Revolution von 1789 ihr Vorbild in der Amerikanischen (Polit-)Revolution von 1776 (die von Ludwig XVI. unterstützt worden war wie der Russische Revolutionsputsch vom preußischen Generalstab). General Lafayette brachte die Revolution von Washington nach Paris, und im Grunde wollte Feldherr Napoleon sogar als Cäsar-Kaiser nur die Menschenrechtsgeltung von 1776 und 1789 endlich auf ganz Feudal-Europa ausdehnen – Arbeitssklaven hin oder her.

 

Man lästert hierzulande gern über kapitalisierte Unkultiviertheit des Yankee-Cowboys und hat dagegen doch weniger Hegel und Goethe aufzubieten als nur Karnevalshumor von Mordsspaßgesellschaften. Wenn heutige Deutsche ihre idealistische Hochkultur von Kant und Schiller, die sie gar nicht kennen, gegen den „seichten“ Dollar-Pragmatismus des US-philosophischen Pop-Utilitaristen John Dewey auffahren, ist das natürlich ein schlechter Witz.  

 

Kann man zwei Herren, Gott und Geld, doch zugleich dienen? Erstaunlich an den USA ist die problemlose Koexistenz von protestantischer Gospelinnigkeit und kapitalistischem Fortschrittsglauben, wo das neuheidnische Europa inzwischen so gut wie atheistisch geworden ist und trotzdem (oder gerade deshalb?) mammonistisch und maschinentechnologisch schwächelt. Der durchschnittliche US-Amerikaner möchte  staatliche Einmischung in den neoliberalen Konkurrenzkampf beschränkt sehen aufs Minimum von Landesverteidigung, Infrastruktur und Gesetzgebungsschutz. Den Sozialstaat, welcher dem Verhungern wie der Revolution vorbeugen will, überlässt er religiösen Wohlfahrtsverbänden. Besonders angefeindet von hier wird das nordamerikanisch liberale Waffenrecht, das jedem Buerger erlaubt, sich aus Notwehr selber zu verteidigen, bevor die Polizei nur noch seine Leiche rächen kann. (Allerdings erwarten diesen ballernden US-Bürger auch empfindliche Strafen, wenn er nachträglich keine  echte Notwehr glaubhaft machen kann.) 

 

Die amerikanische Demokratie wird von hier aus permanent angezweifelt, als sei sie nur so etwas wie eine Ideologie der Wallstreet. Diese Jefferson-Demokratie ist tatsächlich oft strapaziert, aber niemals wieder abgeschafft worden – ganz anders als die aufgezwungene Demokratie hierzulande. Auch ein Herr Trump wurde gewählt und (anders als ein Herr Putin) wieder abgewählt, als er enttäuschte.

 

Kurz : Das angelsächsische relative Mehrheitswahlrecht, das vor den Wahlen alle Interessengruppen auf die Flügelkämpfe zweier Großparteien verteilt, hat sich demokratisch besser bewährt als das deutsche Verhältniswahlrecht, das den Wählerwillen durch nachträgliche Parteienkoalitionen oft verfälschen kann. Die private US-Wahlfinanzierung verzerrt allerdings die Demokratie durch Plutokratie.

 

Tiefe europäische Kulturindustrie – flacher amerikanischer Zivilisationsimperialismus? Der Sozialwissenschaftler Wolfgang Pohrt schrieb, ein MacDonald-Imbiss sei immer noch eine „Oase der Gastlichkeit“ gegenüber der muffeligen Bedienung in deutschen Restaurants. Sprichwörtlich ist die amerikanische Neighborhood-Hilfsbereitschaft aus Pioniertagen in dem riesigen Land. Der naturwissenschaftlich-technisch-hochindustrielle Zeitgeist herrscht weltweit, und die USA sind weiterhin ihr Taktgeber, eifersüchtig verfolgt von Europa und ewigen Autokratien wie Russland und China. Ohne die in der NATO militärisch überlegene USA wäre Europa längst ein bloßer Westzipfel des "eurasischen" Großreichs geworden.

 

Und eure „Neger“, hält man den „Amis“ entgegen“? Hätte unser Nichteinwandererland auch nur halb so viele „überfremdende“ Nichtweiße zu integrieren, wäre hier die nationalistische Hölle los.  

 

"Big Apple" New York, rettendes Eiland aller Verfolgten der Welt, und die grellbunten Reklame-Laufbänder von Manhattan-Broadway und Bronx-Slums sind das Paradies der Analphabeten, ja. Die Teflonbratpfanne war nur möglich als Abfallprodukt bei der Entwicklung von Atomraketen, ja, und die USA warfen zwei Atombomben ab auf Japan, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden und nicht noch weitere Tausende von Soldaten zu verlieren. Und sie trieben Containmentpolitik und kein Appeasement gegenüber "sozialistischen" Militärdiktaturen im Kalten Krieg, ja, und sie haben mal die indianischen Ureinwohner gewaltsam verdraengt, ja,  und sie überreagierten anti-islamistisch auf die Terrorattacke von 9/11, zugegeben, und und und.

 

Und doch wuerde ich nach New York und nicht nach Moskau oder Peking emigrieren, falls ich jemals aus Europa flüchten muesste. Aber ob ich es dort vom Tellerwaescher zum Selfman-Millionaer bringen wuerde?

 

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 22.07.2024

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