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In meinem Luftschloss

Einst wohnte ich in einem kleinen Hotel namens "Zum Luftschloss".

Es war sehr schön und idyllisch, doch der Platz in dem Zimmer dort wurde mir schnell zu klein.

Nachdem ich es auch in einigen größeren Hotels nicht mehr lange aushielt und die Städte längst hinter mir gelassen hatte, baute ich mir mein erstes, eigenes Luftschloss in einem mir selbst erschaffenen Himmel.

Nun saß ich dort, schaute von der großen Balustrade meines riesigen Balkons durch die Wolken hinunter auf die Erde der "wirklichen" Realität. Und schmunzelte!

Es war nichts Verwerfliches daran, von Zeit zu Zeit in seinem eigenen Luftschloss zu leben, solange man sich dort nicht dauerhaft aufhielt und auch nicht den Bezug zur wirklichen Realität verlor.

Ich machte dort, in meinem eigenen Luftschloss, mal ab und an Urlaub.

Stand todesmutig auf der steinernen Balustrade meines Balkons, die Putten schauten mir vergnügt zu, wie ich meine Angel in die Wolken auswarf.

Ich angelte Seelen. Ich war ein Seelenfänger!

Ein Seelenfänger ist genauso wenig etwas Verwerfliches, wie ein Individuum, das Lustschlösser baut.

Man kann sich die Dinge der wirklichen Realität nutzbar machen, ob sie nun allgemein als gut oder schlecht empfunden werden. Jedes schlechte Ding kann auch zu etwas Gutem genutzt werden. Und sei es nur, dass man aus ihnen die Erkenntnis herauspresst.

In Luftschlössern konnte man herrlich leben. Wie es mit jedem Ort der Erde war, so sollte man dort nicht zu viel Zeit verbringen, da man den Blick und den Bezug auf andere Orte verliert.

Auch eine Seele zu fangen, war nichts Böses. Jeder Schriftsteller fing mehr oder weniger Seelen ein. Autoren von Liebesromanen taten das regelmäßig. Schauspieler in romantischen Filmen gingen auf Seelenfang. Selbst der Autor, der Bücher, aus denen dieser Film entstand, tat das aus dem Grund, um Emotionen zu entfachen und danach seinen Lohn in Form von freigesetzten Seelen zu empfangen. Selbst Musiker oder Maler taten das!

Es kam nur darauf an, was man mit eingefangen Seelen anstellt. Ob man sie gefangen hielt und missbrauchte oder ihnen neue Energie zuführte, um sie dann wieder in die wirkliche Realität zu entlassen.

Neu gestärkt und angefüllt mit einer Energie, die den Spender der Energie hoffentlich nur eine kurzzeitige Schwäche kostete, aber den Empfänger der Energie ganz sicher nutzen wird.

Ich lebte gerne in meinem Luftschloss. Von Zeit zu Zeit. Mein Kescher war nicht allzu voll mit Seelen. Ich fing auch ein paar Gedankenströmlinge ein.

Unter den wachsamen Augen der Putten, befüllte ich die Seelen im Gasthaus meines Luftschlosses mit neuer Energie und entließ sie danach vom Balkon wieder sorgsam in ihre Freiheit. Meine Bewirtung war kostenlos, aber nicht umsonst!

Die Gedankenströmlinge gehörten niemandem, in der wirklichen Realität. Sie waren einsam und hatten keine Bleibe.

Ich gab ihnen eine Heimat im Luftschloss und baute sie in meine Bücher ein.

Impressum

Texte: Ralf Dellhofen
Lektorat: Ralf Dellhofen
Satz: heiße Ohren!
Tag der Veröffentlichung: 08.10.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Gewidmet allen Menschen, die in der Lage sind zu sehen und zwischen Zeilen zu lesen. Die ihr Bewusstsein noch erweitern wollen und ihr Leben längst noch nicht aufgeben. Gewidmet allen Träumern, wie ich es bin. Die gerne gut und ausgiebig träumen. Weil Träume wie Kinder und Tiere sind. Sie sind reinigend und naturgegeben! Photo mit Dank an suju über pixabay

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