Prolog
Sie musste für immer die Stadt verlassen, vielleicht sogar das Land. Sie hatte ihr Leben lang dort verbracht, doch nun musste sie gehen. Für ihn. Sie hatte ihn die ewige Liebe geschworen. Und jetzt, weil er etwas getan hatte, musste sie mit ihm gehen. Mit ihm zu einen Ort wo sie noch nie zuvor war und er auch nicht. Wo sie keinen kannten, alles für sie so fremd war und doch musste sie. Sie musste ihre Freunde, ihre Familie, all die, die ihr am wichtigsten waren zurücklassen. Vielleicht würde das Mädchen sie nie wieder sehen. Nur weil er von der Polizei gesucht wurde, weil er sich jetzt versteckte und weil er fliehen wollte. Sie musste ihre ganze Existenz aufgeben, ihren Namen wechseln und anders aussehen. Sie spürte so einen Hass auf ihn, aber doch liebte sie ihn so sehr wie noch nie zuvor.
Der Anfang
Das Mädchen saß weinend in ihren Zimmer. Sie war eingesperrt, weil man wusste, dass sie etwas wusste. Ihre Eltern wollten nicht, dass sie flieht. Dass sie sich in Gefahr bringt, sie wollten ihr kleines Mädchen, welches eigentlich schon fast erwachsen war schützen. Sie wollten sie vor einen Mann schützen, den sie liebte, doch der gefährlich war. Das Mädchen wusste, dass er ihr nichts antun würde. Niemals würde er das tun. Aber trotzdem hatte sie manchmal Angst vor ihm. Nicht Angst davor, das er sie schlagen würde, auch nicht Angst davor dass er ihr wehtun würde. Nur Angst davor, dass er sie verlassen würde. Sie würde alles für ihn tun. Und das musste sie jetzt auch. Sie musste die kleine Stadt verlassen, in ein anderes Land ziehen und durfte nichts mitnehmen, was für ihr altes Leben verdächtig war. Keine Photos, keine Adressen, keine Handynummern. Überhaupt nichts was an ihr altes Leben erinnern könnte.
Sie ging schluchzend zu ihren Kleiderschrank, holte ein paar Bettlagen heraus und versuchte sie zusammenzubinden. Dann ging zu ihren Fenster, machte es vorsichtig auf und kletterte langsam hinaus. Sie schlich sich leise am Wohnzimmerfenster vorbei, wo ihre Eltern sich mit einen Polizisten unterhielten. Sie sah ein paar Tränen aus den Augen ihrer Mutter fließen und sie wusste, dass alles ihre Schuld war. Ihre Eltern machten sich Sorgen. Fragten sich, warum ausgerechnet ihre Tochter mit so einen Mann zusammen war. Fragten sich, was sie nur falsch gemacht hatten. Doch keiner wusste die Antwort so genau, wie das Mädchen, was sich gerade auf den Weg zu einem geheimen Versteck machte. Zu dem Versteck, wo ihr geliebter Mann auf sie wartete. Heute würden sie noch nicht fliehen, morgen auch noch nicht. Aber dann wurde es Zeit. Sie konnten nicht mehr eine Woche in der Stadt bleiben. Zu groß war die Gefahr, dass man ihn finden würde. Dann wäre alles vorbei, ihre Eltern würden es ihr verbieten ihm im Gefängnis zu besuchen. Vielleicht musste sie ja dann auch selber dorthin, da sie ja alles wusste und trotzdem keinen davon etwas erzählte. Aus Liebe nicht. Sie passte auf dass ihr keiner folgte. Dass sie ganz allein zu den Versteck finden würde. Dass sie ihn sehen konnte, ohne in Gefahr zu sein. Nun war sie da. Eine alte Fabrik mit vielen einzelnen Gebäuden stand vor ihr. Sie ging hinein durch ein paar Türen, vielen Wegen. Fast hätte sie sich verlaufen, doch dann sah sie ihn.
„Celina“, hörte sie seine Stimme leise sagen.
Er rannte auf sie zu und wollte sie küssen, doch sie wies ihn ab. Sie wollte jetzt keinen Kuss von dem Mann, wegen dem sie das alles tat. Keinen Kuss von dem Mann, wegen dem sie die Stadt verlassen musste, aber trotzdem umarmte sie ihn.
„Luke“, antwortete sie und gab ihn, auch wenn sie es nicht wirklich wollte, einen sanften Kuss auf die Wange.
Ein kleines Lächeln kam auf seinen Lippen hervor, doch trotzdem sah er nicht glücklich aus. Auch er hatte ein groß Teil seines Lebens in der Stadt verbracht. Auch er musste die Familie und die Freunde verlassen. Aber er wollte nicht ins Gefängnis. Zu viel Angst hatte er davor, wie man ihn behandelte, wie lange er dort bleiben musste, ob er überhaupt je wieder die Welt von draußen sehen würde. Und am meisten hatte er Angst, sie zu verlieren. Also mussten sie für immer weg, in ein Land wo sie noch nie zuvor waren. In ein Land, welches weit genug von hier weg war. In eine Stadt wo viele Menschen wohnten. So viele Menschen, dass zwei neue Gesichter nicht auffallen würden. Sie wussten noch nicht genau wo es hingehen sollte, aber sie wussten, dass sie auf einen anderen Kontinent unterkommen mussten. Wenn sie hier in Europa bleiben sollten, würde man sie finden. Sie mussten ihre Namen ändern. Den Personalausweis, und Reisepass fälschen lassen. Celina musste sogar ihre Haare färben, denn wie sie jetzt aussah, würde man sie sofort erkennen. Ihr so langes, so schönes, so blondes, so geliebtes Haar, musste sie nur wegen ihn färben. Ihr Locken, musste sie jeden Tag, bis sie endlich dort waren glätten oder zusammenbinden. Sie musste sich für ihn verändern. Für ihn eine andere, fremde Sprache lernen.
„Weißt du schon, wo es hingeht?“, fragte sie und versuchte nicht traurig zu wirken.
Leise antwortete er:“Entweder nach Moskau oder nach Melbourne.“
„Bitte nicht nach Moskau, es ist dort so kalt und außerdem ist es viel zu gefährlich. Es liegt in Europa!“
„Das weiß ich doch, also dann nach Melbourne!“
„Wir müssen einzeln reisen. So fallen wir weniger auf. Ich werde mit dem Zug nach Tschechien fahren und du nimmst gleich das Flugzeug. Die Pässe bekommen wir morgen. Dann kann es auch schon los gehen. Ach ja, du musst dich so unauffällig wie möglich benehmen. Deine Familie soll denken, dass du immer noch sauer bist. Sprich weiter nicht mit ihnen. Benimm dich einfach so normal wie möglich. Ich weiß, dass das schwer ist, aber...“
„Ich kann sie doch nicht einfach so verlassen. Ich muss mich doch von ihnen verabschieden. Ich werde sie vielleicht nie wieder sehen. Und du verlangst von mir, dass ich mich nicht mal verabschieden kann. Einfach zu gehen, ohne Tschüss zu sagen. Ohne sie zu umarmen? Wie kannst du mir dass nur antun? Wie nur?“, Celina fing an zu weinen. Sie wollte es nicht verstehen. Aber sie wusste tief in ihren Herzen, dass er recht hatte. Dass es auffallen würde, wenn sie plötzlich wieder mit ihren Eltern reden würde. Dass es auffallen würde, ihre Eltern einfach so zu umarmen. Wo sie ihnen doch eigentlich so sauer war. Sauer war, weil sie nicht zu ihn durfte, weil sie Celina einsperrten.
„Es tut mir so Leid. Was du jetzt alles für mich durchmachen musst. Nur weil ich..“
Zärtlich nahm sie seine Hand und streichelte sie. Aus seinen Augen kamen plötzlich auch Tränen hervor. Das Mädchen hatte Luke noch nie zuvor weinen sehen. Sie kannte ihn nur als starken Mann, der wusste was er wollte. Und jetzt weinte er, einfach so mit ihr. Fast kam er ihr vor, als wäre er in diesem Moment nicht annähernd so stark wie sie. Er kam ihr so schwach, so hilflos vor. Und doch war er es nicht. Sie wusste, dass er nur wegen ihr weinte. Er wollte nicht, dass sie ihr schönes Leben hier aufgibt. Nur für ihn. Und doch tat sie es. Weil sie es ihn geschworen hatte. Weil sie wusste, wenn sie nicht mitgehen würde, würde sie ihn nie wieder sehen. Würde er sich vielleicht etwas antun. Und auch sie würde nie wieder glücklich werden. Nie könnte sie sich je wieder verlieben. Nie könnte sie wieder lachen.
Das Mädchen gab ihren Freund einen kleinen Kuss auf die Wange, gab kurz ein Lächeln von ihren Lippen und ging aus den Raum, aus den Gang, aus der Fabrik. Irgendwie fand sie es schon gruselig. Und sie hatte auch ein wenig Angst. Sie lief schnell nach Hause, kletterte wieder hoch in ihr Zimmer. Und war froh, dass es keiner bemerkt hatte. Dass keiner nach ihr geschaut hatte. Dass sie leise genug gewesen war. Sie legte sich in ihr Bett, deckte sich zu und wollte schlafen. Aber das ging nicht. Immer musste sie an ihn denken und daran was auf sie zukommen würde. Nach Australien also. Weit weg vom kalten Deutschland. Irgendwie hörte es sich schön an, wenn es doch wenigstens legal wäre. Ein 17-jähriges Mädchen konnte doch nicht einfach ohne die Erlaubnis ihrer Eltern abhauen. Ohne das sie überhaupt davon wussten. Der Schmerz in ihrer Brust wurde immer größer, wenn sie daran dachte ihre Eltern, ihre Schwester, niemanden je wieder zu sehen, denn sie ihr Leben lang kannte. Nicht einmal verabschieden durfte sie sich. Aber sie verstand es. Sie verstand ihn, so gut wie noch nie zuvor. Sie wusste, dass er ihr nichts böses wollte, sie wusste dass er nicht einmal wollte, dass sie mit ihm geht. Aber sie konnte ihn nicht einfach so gehen lassen. Sie waren wie Seelenverwant. Sie verstanden sich blind, ohne etwas zu sagen, ohne etwas zu sehen. Sie dachte immer an ihn und er auch an sie. Und jetzt musste sie für ihn alles aufgeben. Weil sie ihn liebte.
Am nächsten Morgen, war sie schon früh wach. Celina dachte schon wieder nach. Über alles. Dann hörte sie, das im Türschloss ein Schlüssel umgedreht wurde. Die weiße Tür öffnete sich. Celina´s Mutter, eine kleine Frau mit kurzen blonden Haaren, kam herein. Sie wollte ihrer Tochter einen guten Morgenkuss auf die Wange geben, sie hoffte vergeblich, dass das Mädchen es heute zu lies, dass sie heute endlich wieder redete, dass sie heute am Familienleben teilnahm. Aus ihren Zimmer kam, auch wenn sie nicht auf´s Klo musste. Doch sie hoffte vergeblich. Das Mädchen wollte ja, aber wenn sie es jetzt zu lies, dann wussten ihre Eltern, dass etwas nicht stimmte. Dass ihr Tochter irgendwas im Schilde führte. Vielleicht dachten sie dann sogar, dass sie bei ihm war. Und wenn sie das wussten. Dann war alles vorbei. Sie würden noch mehr aufpassen, dass sie nicht weglaufen konnte. Sie würden es der Polizei sagen. Und die würden Celina dann so lange verhören, bis sie es zugeben würde. Dann hätte sie alles falsch gemacht. Und wenn das passieren würde, könnte sie es sich nie verzeihen. Niemals in ihren ganzen Leben.
Das Mädchen drehte sich von ihrer Mutter weg. Versuchte so leise wie möglich zu schluchzen, so leise wie möglich zu weinen. Wie gern würde sie ihre Mutter jetzt fest in ihren Arm halten. Wie gern würde sie ihr einen Kuss geben. Wie lang würde sie sich von ihr verabschieden. Aber dass ging nicht. Leider nicht. Auch aus den Augen ihrer Mutter kamen Tränen hervor. Sie wollte ihr Tochter wieder haben. Ihrer liebe Tochter, welche seit drei Monaten verschwunden war. Vor drei Monaten fing alles an.
Sie kannten sich zwar schon länger, doch vor drei Monaten veränderte er sich. Sein Vater war gestorben. Er war wie ein bester Freund für ihn gewesen. Luke war am Boden zerstört. Er fragte sich immer wieder wie ein Mensch so etwas tun konnte. Doch er fand keine Antwort. Sein Vater hatte nie etwas böses getan und trotzdem wurde er ermordet. Ohne dass der Mörder einen Grund hatte. Er hatte keinen. Überhaupt keinen Grund dafür . Und nun war sein bester Freund für immer und ewig weg. Zu seiner Mutter hatte er keinen Kontakt mehr seit er fünf war. Er hatte nur noch Celina und seine Großeltern. Aber die waren auch nicht richtig für ihn da. Er hatte sich so verändert. In der ersten Zeit redete er mit keinen mehr. Mit überhaupt keinen mehr. Auch nicht mehr mit Celina. Er hatte sich so verschlossen, keine Lebensfreude mehr. Celina hatte sich sehr viele Sorgen um ihn gemacht, zu viele Sorgen. Sie hatte die Schule vernachlässigt. Nur noch schlechte Noten geschrieben, weil sie nie lernte. Sie war immer bei ihm gewesen, um ihn zu trösten. Aber sie versuchte es vergeblich. Er wollte keine Hilfe und erst recht kein Mitleid. Nach einiger Zeit, gab sie es dann auf. Sie wollte Schluss machen, endlich wieder ein normales Leben führen. Doch sie brachte es nicht übers Herz. Als er merkte dass sie keine Lust mehr hatte, redete er wieder mit ihr, bemitleidete sich nicht mehr. Aber immer noch war er anders gewesen. Und sie glaubte die ganze Zeit, dass er sich nicht mehr ändern konnte. Er klammerte sich so sehr an Celina, er wollte nicht noch einen seiner liebsten Menschen verlieren. Nicht noch einmal. Auch sie wurde immer verschlossener, haute einfach von daheim ab, schwänzte die Schule. Ihre Eltern gaben ihr Hausarrest, doch sie hörte nicht darauf. Manchmal ignorierte sie ihre Eltern Tage lang. Oft war sie Tage nicht daheim gewesen. Ihre Eltern wussten nicht was sie machen sollten, aber meisten waren sie eh nicht daheim. Sie waren auf Geschäftsreisen oder in wichtigen Meetings. Celina´s kleine Schwester war dan bei den Großeltern. Aber sie durfte alleine daheim bleiben. Mit 17 Jahren konnte man ja auch von einen Mädchen erwarten, dass sie wusste was sie tat. Doch das wusste sie nicht. Wirklich nicht. Sie in diesen Momenten keine Ahnung was sie tat. Sie war ein zu naiv. Sie hatte sich zu sehr verändert. Und er? Ihm war es auch nicht aufgefallen. Er fand alles in bester Ordnung. Doch er war wie betäubt, von den Schmerz den der Tot seines Vaters verursacht hatte. Er war traurig und sauer zugleich. Auf den Menschen, denn er dass alles zu verdanken hatte. Er konnte es einfach nicht begreifen. Sein Vater hatte zwar viele Feinde gehabt, aber nur wegen seiner Geschäfte. Er war ein Geschäftsmann gewesen. Und sehr erfolgreich. Dass passte manchen Menschen einfach nicht. Doch musste man dafür jemanden töten? Musste man jemanden einfach seinen Leben reisen. Einfach alles kaputt machen. Und dann wurde der Mensch noch nicht einmal bestraft. Zu wenig beweise. Zu viel Geld hatte er gehabt, um sich frei zu kaufen. Das machte alles nur noch schlimmer. Wie konnte so ein Mensch frei herum laufen? Was wäre wenn er noch jemand tötete, wegen Geschäfte. Luke konnte es nicht fassen und er wollte es auch nicht. Wie konnte er das auch. Konnte man es einfach so hinnehmen, dass der Mörder eines geliebten Menschen freigesprochen wurde? Ging das? Er fragte es sich immer wieder. Jeden Tag. Jede Stunde. Jede Minute. Und jede Sekunde. Und dann tat er es einfach so.
Bevor sie wieder ging, sagte sie:“Ich bring deine Schwester dann zu Oma und dann fahren ich und dein Vater zu einen Meeting. Wir kommen morgen wieder. Und untersteh dich zu ihm zu gehen!“
Sie gingen schon wieder. Celina dachte daran, dass sie nie für sie da waren. Nie richtig, immer nur so halb. Und dann fing sie wieder an zu weinen. Sie freute sich zwar, dass sie wieder zu ihm konnte, aber konnte man sich freuen, wenn die eigenen Eltern keine Zeit für ihre Kinder hatten? Gerade in einer so schwierigen Zeit. Sie dachte, dass sie sich Sorgen machten, doch wenn sie sich so große Sorgen machten, konnten sie ihre Tochter dann alleine lassen? Ohne Schutz, vor dem Mann den Celina´s Eltern doch so hassten. Vor dem Mann, der etwas so schreckliches getan hatte?
Celina schaute aus dem Fenster, um zu sehen wann ihrer Eltern endlich weggefahren waren. Dann ging sie runter in die große Küche, welche aus den modernsten Möbeln, aus den modernsten Hightech-Programmen für Herd, Ofen, Kühlschrank, Tiefkühlschrank und Weinkühler bestand. Und natürlich alles in einen glänzenden weiß. Die Putzfrau ging jeden Tag zwei Mal über die Arbeitsfläche und über die Schränke, aber trotzdem sah man am Abend immer wieder den Schmutz. Sie ging zum Kühlschrank und holte sich die Milch heraus. Danach ging sie zu den großen Apothekenschrank, holte eine halb volle Schachtel Cornflakes heraus und aß. Nachdem das Mädchen gegessen hatte, ging sie nochmal zum Kühlschrank und stellte die Milch wieder herein. Dann verstaute sie die Cornflakes. Das Mädchen holte einen großen Topf aus dem Schrank unter dem Herd, welcher sich auf einer Kochinsel befand, lies Wasser hinein fließen und stellte ihn auf die Herdplatte. Sie holte Spaghetti aus dem Apothekenschrank. Sie wollte ihren Freund überraschen. Sie wollte, dass er endlich mal wieder was richtiges zu Essen bekam. Sie wollte, dass sein Magen nicht immer knurrte wenn sie bei ihm war. Sie wollte einfach nur, dass es ihm gut ging. Das Wasser kochte. Bevor sie eine ganze Packung Spaghetti hinein gab, salzte sie das Wasser. Dann holte sie frische Tomaten, Olivenöl, eine Chilischote und Gewürze. Sie nahm eine Pfanne, gab ein paar Tropfen Olivenöl hinein und wartete bis es heiß wird. Celina gab dann die inzwischen kleingeschnittenen Tomaten und die Chilischote hinein. Als es angebraten war, würzte sie alles. Die Nudeln waren auch fertig. Celina gab diese in die Pfanne und ließ es kurz anbraten. Fertig. Das wird ihn bestimmt schmecken. Sie füllte alles in einen Behälter, welcher Wärme nicht abgibt, so dass alles schön warm blieb. Dann schnappte sie sich Besteck und ein paar Flaschen Apfelschorle. Sie packte alles in einen Korb. Das Mädchen verließ die Wohnung und fuhr mit dem Fahrrad zu Luke.
„Hallo, mein Schatz“, begrüßte er sie und gab ihr, wie immer, einen dicken Kuss auf den Mund.
Das Mädchen hielt den Korb mit den Lebensmitteln hoch und ein kleines Lächeln kam nun auf ihre Lippen. „Für dich. Du musst es jetzt essen, sonst wird es kalt!“
„Dankeschön, du bist einfach die beste.“
Sie schauten sich an, während er aß. Er stopfte alles in sich hinein. Man merkte, dass er schon sehr lange nichts richtiges mehr im Magen gehabt haben musste. Aber das Mädchen machte sich grade über etwas anderes Sorgen. Sie dachte an die Gang. An seine Gang. An Sam und die anderen. Wussten sie, dass er abhauen würde? Hatte er es ihnen gesagt? Wenn ja: Würden sie es zulassen? Würden sie es einfach akzeptieren, dass ein Mitglied einfach so geht? Würden sie es jemanden Verraten? Und wenn nein: Was würden sie tun, wenn sie merkten, dass er und sie weg waren? Würden sie die beiden Suchen? Celina wusste auf keine der Fragen antworten. Luke und die anderen hatten sich gestritten, aber immer noch war er ein Mitglied. Wenn sie es nicht wussten und er es ihnen auch nicht mehr sagen würde, dann würden sie wahrscheinlich denken, dass er aussteigen wollte, dass er vor ihnen weglaufen würde. Würden sie das einfach so auf sich sitzen lassen. Musste dafür vielleicht ein anderes Familienmitglied leiden? Egal ob seine Familie oder ihre.
„Luke?“, das Mädchen wartete auf eine Reaktion.
„Ja?“
„Wissen Sam und die anderen Bescheid? Ich meine, dass wir abhauen wollen?“
„Nein.“
„Wirst du es ihnen sagen. Ich meine ja nicht wo wir hinfahren, nur dass wir abhauen wollen?“
„Nein. Wenn ich es ihnen sage, werden sie aus ihrer Wut heraus wahrscheinlich die Polizei informieren. Dann können wir alles vergessen. Ich hinterlasse eine Nachricht, an dem Baum, wo wir uns das letzte Mal gesehen haben. - Wenn sie die finden: Glück gehabt. - , - Wenn nicht: Pech gehabt -“
„Aber was ist, wenn sie meinen Eltern etwas antun? Deinen Großeltern? Meiner Schwester? Meinen Freundinnen?“
„Sie werden ihnen nichts antun. Ich versprech es dir.“
„Und was wenn doch? Warum bist du dir so sicher, dass sie nichts tun werden? Warum?“
„Vertraue mir.“
Das Mädchen gab nach. Sie versuchte ihre Tränen zu verbergen, aber das schaffte sie nicht ganz. Zärtlich berührte sein Zeigefinger ihre Wange um eine Träne wegzuwischen. Er streichelte ihr Gesicht. Sie küssten sich.
„Ich geh dann mal. Ich komm heut Abend wieder!“
Er schaute Celina traurig hinterher. Schon lange hatten sie sich nicht mehr richtig umarmt, sich richtig geküsst. Er vermisste ihre Nähe.
Sie wusste nicht, warum sie gegangen war, aber sie wusste das es richtig gewesen war. Sie wollte jetzt keine Zärtlichkeiten austauschen. Sie wollte, dass er sich mit ihr unterhielt. Sie hatte wirklich Angst. Vor allem. Vor dem, was Sam tun wird, wenn er es herausfindet. Sie wusste, dass er sie noch immer liebte. Sam und Celina waren, bevor das Mädchen Luke kennenlernte, zusammen gewesen. Luke war Sam´s bester Freund gewesen, doch dann war er es nicht mehr. Er war zwar noch in der Gang dabei, doch es war nicht mehr so wie früher gewesen. Und dann, als er es tat, war es noch schlimmer gewesen. Man hatte Angst, dass die ganze Gang dahintersteckte. Dass alle bestraft werden. Und deswegen hatten sie sich gestritten. Fast hatten sie sich sogar geprügelt. Doch dann ist Celina gekommen und alles war vorbei. Sam wollte sich nicht vor Celina prügeln und Luke auch nicht. Sie beide liebten das Mädchen, mehr als alles andere. Und jetzt wollte sie überhaupt nicht wissen, was Sam machen würde, was er jemanden antun würde, wenn er erfahren würde, dass Celina, seine geliebte Celina, mit seinen besten Freund abgehauen war.
Sie war zu ihrer besten Freundin Koko gefahren. Sie wollte sie nocheinmal sehen. Ein einziges Mal. Sie waren seit dem Kindergarten befreundet. Früher hatten sie einmal nebeneinander gewohnt, doch musste Celina wegziehen, weil ihre Eltern in ein reicheres Viertel ziehen wollten. Und das hatten die beiden Mädchen überstanden. Aber würden sie auch eine Trennung über ein paar Jahre ertragen? Würde Koko sie nicht für immer hassen, wenn sie jetzt nach Australien ging. Sie würden sich vielleicht nie wieder sehen. Nie wieder in ihren ganzen Leben. Sie würde sie vermissen, nicht mehr als ihre Familie, aber sie würde sie sehr vermissen.
Der Fehler
Das Mädchen klingelte. Keiner machte auf. Nochmal klingelte Celina. Sie hoffte so vergeblich, dass das Mädchen da war. Plötzlich ging die Tür auf. Ein kleines Mädchen mit dunklen, langen, glatten Haar trat hervor.
„Was willst du?“, fragte Koko.
Celina antwortete : „ Ich will mich entschuldigen. Es tut mir so Leid, dass ich mich nicht gemeldet hab. Es tut mir Leid, dass ich deine Anrufe ignoriert hab und nicht auf deine Sms geantwortet hab.“ Sie wartete auf eine Reaktion von Koko. Sie hoffte so sehr, dass das Mädchen, was sie so verletzt hatte, ihr vergeben würde. Koko war die einzige, die zu ihr gehalten hatte, als sie Sam wegen Luke verließ. All ihre Freundinnen, fanden es nicht fair, was Celina Sam angetan hatte. Aber Koko hielt zu ihr. Sie versuchte zu verstehen, warum Celina es getan hatte und dass tat sie dann auch. Sie verstand sie. Als einzige. Celina's Freundinnen konnten das Pärchen nicht leiden. Denn sie selber wollten Luke für sich haben. Sie wollten den gutaussehenden Jungen für sie gewinnen. Den Jungen mit dem unwiderstehlichen blauen Augen und leicht gelockten Haar. Den Jungen, der so stark aussah, bei dem man dachte, dass er einen beschützen konnte. Den Jungen der so charmant war und so perfekt. Sie wollten ihn Küssen, ihn verführen. Doch dass würde er jetzt, wo er Celina hatte, nicht mehr zulassen. Ein paar Mädchen, versuchten ihn trotzdem zu verführen, doch sie schafften es nicht. Er blockte ab, sagte dass das nicht geht. Und deswegen hassten die Mädchen das Pärchen noch mehr. Ihre Eltern mochten den Mann auch nicht. Sie fanden ihn zu schlecht für ihre Tochter. Nur weil er in einer Gang gewesen war. Weil er nicht die perfekten Noten hatte. Weil er nie einen Anzug trug. Sie wollten einen Mann für ihre Celina, der seine Zukunft genau geplant hatte. Die einzige die Celina verstand, war Koko gewesen. Schon immer. Doch dann hatte Celina ihr so weh getan...
„Okey, es ist schon okey. Komm rein.“
Celina hatte es geschafft, Koko war nicht mehr sauer auf sie. Doch konnte sie jetzt einfach mit ihr reden, mit ihr lachen, ihr vielleicht alles erzählen ? Sie wusste es nicht. Würde sie das Mädchen nicht noch mehr vermissen, wenn sie einen letzten, so schönen Nachmittag mit einander verbrachten ? Und was wäre, wenn sie ihr wirklich alles erzählen würde ? Sie wollte es nicht. Aber vielleicht würde es ihr rausrutschen. Würde Koko dann immer noch zu ihr halten? Würde sie zur Polizei gehen? Würde sie zu Celina's Eltern gehen ? Celina konnte es einfach nicht riskieren. Zu gern wollte sie ihr Koko alles erzählen, aber sie konnte es nicht riskieren. Dass wusste sie.
„Tut mir Leid, aber ich hab wirklich keine Zeit. Es tut mir so Leid“, sagte Celina, um zu umgehen mit rein zugehen und dann mit ihrer besten Freundin, die sie jetzt wieder gewonnen hatte, nicht reden zu müssen.
Koko meinte: „ Ich verstehe“, sie streckte die arme nach Celina aus. Das Mädchen kam auf Koko zu. Sie umarmten sich. Endlich. Und dann fingen sie an zu weinen. Koko kannte Celina schon so lange, dass sie genau wusste, dass etwas nicht stimmt. Aber sie kannte sie auch schon so gut, dass sie wusste, dass das Mädchen nicht darüber reden wollte. Und sie fragte auch nicht nach.
Am Abend schaute sie sich ein Film an. Eigentlich wusste sie überhaupt nicht worüber der Film handelte und schaute auch nicht wirklich in den Fernsehen. Sie dachte die ganze Zeit nach. Ob es dass richtige sei, wirklich mit Luke mitzugehen. Jetzt wo sie Koko wieder hatte. Wo doch alles wieder gut werden könnte. Aber dann, würde sie ihn nie wieder sehen. Und ihn zu sehen, war ihr wichtiger als alles anderer auf der Welt. Sie wusste, was sie machen musste. Sie wusste, dass sie immer ein schlechtes Gewissen haben würde, wenn sie ihn nicht noch einmal sehen würde. Nicht noch einmal mit ihn reden würde.
Am nächsten Morgen, schleichte sich Celina schnell aus dem Haus. Ihre Eltern waren schon weg, was sie an den fehlenden Autos in der Einfahrt sah. Sie waren schon wieder gegangen. Nicht einmal einen Zettel hatten sie dem Mädchen hinterlassen.
Sie machte sich auf dem Weg zu ihrem Freund. Sie musste so dringend mit ihm reden. Er schlief noch. Celina hörte ein leises schnarchen. Er sah so wunderschön aus, wenn er schlief. Wie ein Engel. Wie ihr Engel. Ihr ganz eigener Schutzengel. Sie setzte sich neben ihm auf die Matraze. Legte ihren Kopf auf seine Brust. Sie konnte hören wie er atmete. Sie spürte die Wärme, die von seinen Körper ausging. Celina streichte mit ihrer Hand unter sein T-shirt. Langsam wachte er auf. Er lächelte. Der Mann nahm seine Freundin in den Arm, fing an sie zu berühren. Sie zu küssen. Das Mädchen wollte es auch. Sie wusste, dass es ihr gefehlt hatte. Wieder streichte sie seine Körper. Sie nahm sein T-shirt und zog es ihm aus. Er legte sich hin und zog sie auf sich. Er wusste genau was er wollte. Und sie wusste es auch. Luke gefiel ihr in der Rolle, des starken. Des Unverletzbaren. Doch sie wusste, dass er es nicht war.
„Tut mir Leid“, sagte sie und setzte sich wieder hin.
„Was ist denn jetzt los?“
„Ich bin nicht deswegen hergekommen“, Celina nahm seine Hand und drückte sie fest,“ich muss dringend mit dir reden.“
„Was ist los?“
„Ich muss einfach noch mal zu Sam..“
Er unterbrach sie : „Okey. Heute Nacht gehen wir.“
„Alleine. Ich muss einfach noch mal mit ihm Reden. Über alles.“
„Aber..“
„Kein aber. Mir ist gestern klargeworden, dass ich ihn nicht einfach so verlassen kann, auch wenn ich nicht mehr mit ihm zusammen bin. Ich liebe ihn immernoch. Aber nicht wie meinen Freund, sondern wie einen Bruder. Ich weiß er liebt mich immernoch. Ich weiß auch, dass er es nicht ertragen kann, dass ich mit dir zusammen bin. Ich weiß, dass er mich dafür hast, dass ich dich liebe. Aber er wird es verstehen..“
„Nein, das wird er nicht. Was ist, wenn er dir etwas antut?“
„Er wird mir nichts antun. Das weiß ich. Ich muss es ihm einfach erklären. Er soll es verstehen.“
„Tu es bitte nicht. Bitte.“
„Ich muss es tun und das weißt du auch. Ich werde zu ihm gehen. Jetzt.“
„Celina. Mach den schönen Moment doch nicht kaputt. Bitte. Nicht jetzt“, ein paar Tränen fließen aus den Augen des Jungen.
Das Mädchen zog ihren Freund zu sich und kapp ihn einen kleinen Kuss auf den Mund. Sie wusste genau, wenn sie jetzt nicht gehen würde, würde sie es sich anders überlegen. Sie würde sich von Luke beeinflussen lassen, so wie sie es immer tat. Sie würde dann immer ein schlechtes Gewissen haben. Immer.
Sie denn kleinen Schuppen, der ihr so bekannt war. Celina ging zu der Tür und klopfte. Sie hoffte das ihr Ex da war. Sam machte die Tür auf. Als er das Mädchen sah, dass er so sehr liebte, ging er wieder. Er setzte sich auf das keine Bett, welches mitten in den kleinen Raum steht.
„Ich muss mit dir reden.“
„Dann rede“, sagte er abweisend. Der Schmerz, dass das Mädchen neben ihm saß, welches ihm so viel Angetan hatte, war einfach zu groß.
Celina versuchte zu erklären, warum sie alles getan hatte. Und er versuchte tatsächlich sie zu verstehen. Sie nahm seine Hand, um ihn zu trösten. Für einen Moment lag ein wenig Liebe in der Luft. Auch wenn sie ihn nur wie einen Bruder liebte, wollte sie, dass er glücklich ist. Aber sie wusste, dass er nur mit ihr gücklich sein konnte. Er war ihr erster Freund gewesen. Er war der erste Mann gewesen, der sie liebte und den sie geliebt hatte.
Er fing an ihrer Hand zu streicheln. Sie erwiderte die „Streicheleinheiten“. Und sie wusste tief ihn ihren Herzen das es ein Fehler war. Doch der Kopf schaltete aus. Die beiden fingen an sich zu küssen. Celina wusste nicht was mit ihr geschieht. Aber ihr gefiel die körperliche Nähe, auch wenn sie wusste dass es falsch war. Dass sie einen Freund hatte.Sie wussste, dass sie einen Freund hatte. Sie wusste, dass sie ihn nicht verletzen kann, nicht will, doch trotzdem tat sie es. Und sie wusste auch, dass sie Sam, der sie so liebte, Hoffnungen machte, die sie nicht erfüllen kann. Aber sie stieß ihn trotzdem nicht weg. Celina ließ es zu. Plötzlich fing er an sie auszuziehen. Wieder ließ sie es zu. Ihr Kopf schaltete aus. Sie hatte keine Ahnung, davon was sie tat. Und auch sie rieß ihn die Klamotten vom Leib. Sie waren sich so nah und trotzdem so fremd. Auch wenn sie fast ein Jahr zusammengewesen waren. So nah, wie sie es jetzt waren, waren sie sich noch nie zuvor. Nie hatte sie diesen Moment zugelassen. Und jetzt, wo sie doch so glücklich mit Luke war, ließ es zu. Einfach so. Sie liebten sich...
Sie konnte nicht einschlafen. Sie wusste dass es ein Fehler war. Doch sie konnte nicht klar denken, als sie bei Sam war. Jetzt wusste sie, wie es mit ihm gewesen wäre. Jetzt verstand sie, was Luke mit Gefährlich gemeint hatte. Es war wirklich gefährlich gewesen, aber nicht auf die Art, die sie zuvor gedacht hatte. Er hatte ihr nichts angetan. Er hatte sie verführt. Und sie ließ sich Verführen. Sie ist in die Falle getappt. Sie wusste, dass sie ihren so geliebten Luke alles beichten musste. Doch sie wusste nicht wie sie dass anstellen sollte. Würde er es ihr verzeihen? Würder er sie trotzdem nach Australien mitnehmen? Sie hoffte. Und sie wusste es auch. Er würde ihr verzeihen, er würde sie trotzdem lieben. Denn er hatte sie auch verführt. Damals als sie noch mit Sam zusammen war. Mit ihm hatte sie ihr erstes Mal, obwohl sie zu der Zeit, als es geschah, einen Freund hatte. Sie hatte Sam. Sie hatte ihn damals betrogen. Eine Affäre mit Luke angefangen. Und jetzt hatte sie Luke mit Sam betrogen? Sie war sich sicher, dass er nicht sauer auf sie seien würde. Er würde sauer auf Sam sein. Doch sie wusste nicht, ob sie sich den Seitensprung selbst verzeihen könnte. Sie wusste, dass er ihr nie, trotz all den Versuchungen, fremdgegangen ist. Niemals. Und sie schaffte es nicht einmal, ihren Ex zu widerstehen. Sie schaffte es nicht, obwohl sie es immer geschafft hatte, als sie noch zusammen waren? Und jetzt, wo sie einen Freund hatte, mit dem sie so glücklich war, konnte sie nicht widerstehen, obwohl sie dabei den Menschen, den sie so sehr liebte, der sie so sehr liebte, verletzte ? Einfach so. Und Sam ? Er hatte jetzt wieder Hoffnungen. Dachte sie.
Du hast mit ihm geschlafen!“, waren die ersten Worte, die Celina aus Luke's Mund hörte, als sie am nächsten Tag zu ihm ging.
„Wo..Woher wei..“, fragte sie ihn.
Er schaute sie nicht an, während sie mit ihm redete.
„Er hat es gefilmt und mir geschickt.“
Das Mädchen fing an zu schreien, danach zu weinen und dann brach es zusamm. Luke rannte zu ihr. Er nahm sie fest ihn seinen Arm. Er hielt sie fest.
Für sie brach eine Welt zusammen. Sie dachte, dass er sie immer noch liebte. Dass er ihr nie etwas antuen könnte. Doch sie lag falsch. Er hatte sie ausgenutzt. Einfach so. Doch woher wusste er, dass sie zu ihm kam? Dass sie mit ihm reden wollte? Wie, konnte er so schnell die Kamera anmachen? Wie konnte er sie so ausnutzen ? Sie fand keine Antwort. Und Luke ? Er sah das Video. Und was machte er ? Er tröstete das Mädchen. Er war nicht sauer. Er war für sie da.
„Siehst du? Weißt du jetzt, dass es gefährlich war?“, fragte er sie herausfordernd, aber trotzdem mit Mitgefühl in der Stimme.
Sie versuchte zu antworten : „Ja.“
Sie weinte. Und weinte. Und weinte. Den ganzen Tag lang. In seinen Armen. In den Arm des Mannes, den sie so verletzt hatte. Man sah es Luke nicht an, dass er verletzt war, doch dass war er und Celina wusste es. Sie spürte, dass er ihr nicht böse war, trozdem war er verletzt. Zu lange kannte sie den Ausdruck auf seinen Gesicht, zu lange kannte sie die Art, wie er war, wenn er so tief im Herzen verletzt war. Doch Luke wollte nicht, dass sie Schuldgefühle hat. Dass sie denkt er liebe sie nicht mehr. Er war nicht sauer auf sie. Er war sauer auf Sam. Er wollte es ihm heimzahlen. Doch dass konnte er nicht. Denn er konnte sein Versteck nicht verlassen. Konnte nicht einfach auf der Straße spazieren. Und dass alles nur, weil er so etwas schlimmes getan hatte. Weil er seinen Vater gerächt hatte. Weil er jemanden getötet hatte.
An diesem Tag hatte das Mädchen kein einziges Wort mehr mit Luke gesprochen. Nicht mit ihren Eltern. Nicht mit ihrer Schwester. Und auch nicht mit Koko. Mit keinen. Sie konnte es immer noch nicht glauben, was ihr der Junge angetan hatte, mit dem sie einmal zusammen war. Denn sie einmal liebte. Sam. Sie dachte er würde sie immer noch lieben, würde ihr nichts antuen. Doch Celina ist auf seine Fassade reingefallen. Auf die Fassade des schwachen, verlassenen, traurigen Jungen. Doch dass war Sam nicht. Er war genau das Gegenteil. Er konnte genau so wie Luke jede haben. Sein blondes Haar, seine blauen Augen waren geheimnisvoll. Das zog die Mädchen an. Und seit es mit Celina vorbei war, hatte er nur die Rolle des Verlassenen gespielt. Er hatte sie nie richtig geliebt. Alles war gespielt. Celina war für Sam wie eine Trophäe gesehen. Sie war nur ein weiterer Punkt auf Sam's Liste der Mädchen gewesen, die auf sein Spiel reingefallen waren. Die genau den gleichen Fehler wie sie gemacht hatten.
Das Mädchen hatte kaum geschlafen. Am morgen lag sie in ihrem Bett. Sie spürte einen Kuss auf ihrer Stirn. Celina schaute auf. Sie sah ihre Mutter.
„Guten Morgen, mein Schatz“, sagte die Frau.
Celina merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Ihre Mutter war gut gelaunt. Dass war sie in letzter Zeit nie gewesen.
Celina drehte sich weg. Sie wollte jetzt nicht so tun, als ob alles gut wär. Und das musste sie auch nicht. Denn wenn sie jetzt wieder mit ihr reden würde. Wenn sie ihr alles erzählen würde. Wär alles vorbei.
„Ich und dein Vater fahren ein paar Tage weg. Wir sind in zehn Tagen wieder da. Ich hab dir unten Geld hingelegt, kauf dir was schönes. Bestell dir eine Pizza. Mach damit was du willst. Deine Schwester nehmen wir mit. Und ja, geh ja nicht zu ihm.“
Celina drückte ein kleines : „Okey“, heraus.
Schon wieder wollten sie weg. Sie alleine lassen. Nicht für sie da sein. Und sie nahmen ihre Schwester mit. Sie wollten in den Urlaub fahren und ließen ihr Kind, über welches sie sich zur Zeit doch so viel Sorgen machten. Und trotzdem ließen sie es daheim. Allein.
Das Mädchen ging runter. Sie gab ihrer kleinen Schwester einen dicken Kuss auf Stirn und umarmte sie. Dann ging sie wieder in ihr Zimmer. Das war also die Verabschiedung von ihrer Schwester Maja. Von ihrer Schwester, die der wichtigste Mensch in Celina's Leben war. Vielleicht würde sie das Mädchen ja noch mal wieder sehen. Doch sie verpasste die schönsten Momente in den Leben des Mädchens. Sie konnte nicht für sie da sein, wenn sie ihren ersten Freund hatte. Konnte nicht für sie da sein, wenn sie ihren ersten Liebeskummer hatte...
Sie schaute aus dem Fenster. Wartete bis das Auto, ihrer Eltern weg fuhr. Dann ging sie runter. Auf den weißen Küchentisch lag ein Umschlag, worauf das Wort „Geld“ stand. Celina schaute in den Umschlag. Darin befanden sich 800 ¤. Das Mädchen merkte, dass sie ihre Eltern, sie mal wieder kauften wollten. Sie mit Geld beeinflussen wollten. Aber Celina fand es zum ersten Mal seit langer Zeit gut, dass ihre Eltern ihr so viel Geld da ließen. So hatten Luke und sie nämlich mehr Startkapital in Australien zur Verfügung.
Sie ging zu ihrem Freund. Zur Begrüßung umarmte er sie. Gab ihr einen Kuss. Sie wollte ihm alles erklären, doch dass er wollte es nicht hören.
„Meine Eltern sind für zehn Tage mit meiner Schwester in den Urlaub gefahren.“
„Und du durftest nicht mit“, fragte Luke unglaubwürdig.
„Du weißt doch wie sie sind. Sind die Papiere schon da?“
„Nein, sie kommen morgen. Wo sind sie hingefahren?“
„Ich weiß es nicht. Warum musst du es wissen?“
„Stell dir vor, sie wären auch nach Australien geflogen. Nach Melbourne. Dann wäre die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass sie dich erkennen würden. Dann wäre alles vorbei.“
„Du hast Recht. Ich werde nach schauen.“
In einem leisen Ton sagte Luke zu seiner Geliebten: „Komm her.“
Sie kam zu ihm, er zog sie an sich ran. Er küsste sie nicht. Er umarmte sie nur. Er wusste, dass es schwer für das Mädchen war. Aber zwung sie nicht dazubleiben.
Der Tag verging schnell. Am Abend schlief Celina neben Luke auf der dünnen Matraze am Boden.
Die Vorbereitung
Sie hatte sich am Morgen rausgeschliefen. Sie wollte, dass ihr Freund ausschläft. Sie war nach Hause gegangen und hatte die beiden großen Koffer aus der kleinen Kammer des Dachgeschosses ihres Elternhauses geholt. Ihre Eltern hatten wie immer die Reisentaschen genutzt. Zum Glück, dachte das Mädchen. Schon wieder hatten ihre Eltern etwas richtig gemacht. Ein neuer Rekord. Sie wusste nicht, ob der Platz in den beiden Koffern für sie und Luke reichen würde. Schließlich flogen sie nicht in den Urlaub, sondern sie wollten für immer in Australien bleiben. Dort wo es warm war. Am anderen Ende der Welt. Celina glaubte nicht wirklich, dass die Koffer reichten. Sie suchte vergelblich nach weiteren Koffern. Nach weiteren Taschen. Doch sie fand nichts. Also ging ein Teil ihres Geldes schon für zwei neue Koffer drauf. Zum Glück wusste Celina wo sich der Save-Schlüssel befand. Und zum Glück, hatte sie eine Menge Geld auf ihrem Konto. Von ihren Eltern. Es war all das Geld, was sie ihr gegeben hatten, um sich etwas zu kaufen, wenn sie mal wieder nicht dar waren. Celina hatte nie viel Ausgegeben. Sie hatte alles auf ihr Konto gebracht. Denn sie wusste, dass sie es einmal brauchen würde.
Am Nachmittag ging sie in die Stadt. Sie wollte für sich und Luke ein paar neue Klamotten kaufen. Bikin's, Badehosen. Klamotten, welche dünn und leicht waren, dass man sie in Australien, wo es das ganze Jahr über warm war, auch tragen konnte. Sie wollte die Koffer besorgen, ein paar Decken. Und zwei Schlafsäcke. Oder einen großen ? Sie wusste es noch nicht genau. Vielleicht mussten sie für ein paar Tage im freien verbringen. Celina wollte für alles vorbereitet sein. Auch besorgte sie sich Haarfarbe. Sie konnte nicht zum Friseur gehen und sich die Haare färben lassen. Das würde auffallen. Jeder in der kleinen Stadt wusste, dass sie mit Luke Winter zusammen war. Also musste sie sich die Haare auf eigenverantwortung färben. Die Farbe hatte das Mädchen schon ausgewählt. Ihre Haare sollten rot werden. Nicht knallrot. Ein etwas dunkleres Rot. So würde sie keiner Erkennen. Doch so musste sie den Ansatz immer nachfärben. Das war ihr egal. Sie hatte schon einmal rote Haare gehabt. Und die haben ihr gestanden. Das sagte jeder, auch Luke, mit welchem sie damals noch nicht zusammen war. Wo sie nur Kumpels waren. Oder hatte er nur gelogen? Fand er sie wirklich hübsch mit roten Haaren ? Sagen Jungs so etwas nicht nur, um Stress zu entgehen. Aber damals waren sie ja noch nicht zusammen gewesen. Also, so glaubte Celina, musste er keine Angst haben, dass es Stress gibt, wenn er sagt, dass es ihr nicht gestanden hätte.
Die Einkäufe waren erledigt. Sie brachte das ganze Zeug nachhause. Dann ging sie in das Schlafzimmer ihrer Eltern, wo ein paar Computer standen, worauf man die Überwachungskammerer am Haus sehen konnte. Celina schielt sie aus. Sie wollte nicht, dass jemande überwachen kann, wer, wann und wo das Haus betrat oder verließ. Danach rief das Mädchen ihre Eltern auf ihren Handy's an, um sicher zu gehen, dass sie wirklcih im Auslang waren. Und das waren sie. Sie hatten kein bisschen gelogen. Sie ging in das Büro ihrer Mutter und suchte nach Informationen zu der Reise. Und sie wurde fündig. Ihre Eltern, samt ihrer Schwester, waren nach San Franciso geflogen. Ein weiterer Schlag ins Gesicht. Dort wollte das Mädchen schon immer einmal hin, es war ihr Traum gewesen, einmal in ihren Leben nach San Franciso zu fliegen. Und ihre Eltern wussten dass. Sie wussten, dass sie alles dafür tun würde, um nur einmal dahin zu kommen. Und sie hatten ihr versprochen, wenn sie je einmal dort hinfliegen würden. Würden sie ihre Tochter mitnehmen. Ihre beiden Töchter. Und sie hatten Celina wieder enttäuscht. Celina fing an die Koffer zu packen. Zwei Koffer für ihn und zwei für sie. Wobei sie bei ihren Einkäufen berücksichtigt hatte, dass sie für Luke mehr Klamotten kaufte. Er hatte nichts. Überhaupt nichts. Und sie hatte ihren ganzen Kleiderschrank voller Klamotten. Voller Schuhe. Voller Taschen. Und voller Schmuck. Und Luke? Er hat nichts. Garnichts. Alles, was er besaß, konnte er nicht mitnehmen. Zu seinen Versteck. Dafür hatte er zu wenig Zeit. Er hatte nicht viel mitgenommen. Nur ein paar T-shirts und zwei Hosen. Sonst nichts. Deswegen musste Celina für ihren geliebten Luke, so viel kaufen. Alles mögliche. Schuhe. Oberteile. Hosen. Badesachen. All solche Dinge. Und nun packte sie die Koffer. In drei Tagen sollte es los gehen. Alles war geplant. Die Ausweise würden morgen kommen. Celina war gespannt wie ihr neuer Name lauten würde. Wie Luke jetzt heißen würde? Ob die Namen schön wären? Ob sie ihren alten Namen ähnlich waren oder total anders? Und sie war auch gespannt darauf, wie Australien war. Wie Melbourne war. Wie ihr neues zu Hause war.
„Guten Morgen Schatz“, begrüßte das Mädchen ihren Freund.
Zur Begrüßung bekam sie einen dicken Kuss auf den Mund. Luke hatte ein breites Lächeln auf den Gesicht. Er war glücklich. Dies war Celina irgendwie umheimlich, denn sie hatte Luke schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Irgendetwas musste geschehen sein. Nur was?
Das Mädchen stellte eine Frage : „Sind die Papiere schon da.“
Luke's Lächeln wurde noch breiter und er nickte. Also lag es daran. Waren unsere Namen den so hässlich? So witzig? Oder waren sie einfach so schön, dass er lachen musste, weil er sich über die neuen Namen freute. Er ging zu seiner Matraze, schnappte sich die Tüte, die darauf lag und nahm die Papiere heraus.
„Ich les dir zuerst meinen vor. Mein neuer Name ist: Luca Ryan Taylor Woladschec . Und?Was sagst du ?“
„Er ist schön.“ Celina fand den neuen Namen wirklich schön. Er war seinen alten so ähnlich. Das freute sie, denn sie konnte ihn immer noch mit Luke ansprechen. Sie würde einfach sagen, dass das seine Spitzname sei. Dass sie ihn immer so nennen würde. Nun wollte sie unbedingt wissen, wie sie heißen würde. Wie sie in Australien genannt werden würde. Sie wollte wissen, was ihr neuer Name war.
„Jetzt sag schon. Ich will endlich wissen, wie ich heiß.“
„Okey, dein neuer Name ist: Rosalie Lynn Adelheid.“
Celina schaute Luke entsetzt an. Warum war sein Name so wunderschön. Und ihrer so altmodisch? So hässlich? Als Luke merkte, dass seine Freundin fast in Tränen ausbrach, löste er sie auf.
„Ach komm schon Celina, dass war doch nur Spaß. Dein neuer Name ist genau so schön wie meiner. Vielleicht sogar schöner. Du heißt: Celia Phoebe Marie B
erlag. Und wie gefällt er dir?“
„Er ist schön!“ Dass war also ihr neuer Name. Aus Celina Florence Käfer wurde also Celia Phoebe Marie Berlag. Er gefiel ihr. Doch von Celina gab es keine Kurzform. Sie musste sich jetzt also an Celia gewöhnen. Sie würde nie wieder in ihren neuen Heimat, den alten Namen hören. Den Namen, welchen ihre für sie aussuchten. Den Namen, mit dem sie im Kindergarten, in der Schule, daheim angesprochen wurde. Den Namen, mit welchen sie einfach von jeden angesprochen wurde. Den Namen mit dem sie aufwuchs.
„Ich war gestern shoppen!“
„Ach ja? Hast du etwas schönes gefunden?“
„Naja, ich hab für dich total viel eingekauft.Und dann noch Schlafsäcke, Decken und so Zeug.“
„Schön“, immernoch lachte Luke. Er freute sich, dass seine Freundin an ihn dachte. Dass sie ihn nicht vergaß.
„In zwei Tagen also“, sagte das Mädchen. Ihr wurde klar, dass es alles kein Traum war. Dass sie tatsächlich mit ihm ging. Dass sie ihr ganzes Leben für ihn aufgab. Weil sie ihn liebte. Weil er sie liebte. Weil sie Seelenverwandt waren.
Celina hatte einen Plan. Sie wollte, dass Luke aus seinen Versteck heraus geht. Dass er mit zu ihr kommt. Sie hatte die Kamera's ausgeschaltet. Und es war dunkel. Niemand würde den Jungen erkennen, wenn er den dunklen Kapuzenpullover anzog, welchen Celina für ihren Freund gekauft hatte.
„Du kommst dann nach. Sie sollen nicht sehen, dass ich mit einen Jungen hinein gehe. Ich lass dich dann rein.“
Das Mädchen verabschiedete sich von ihren Freund. Sie hatten sich ausgemacht, dass er ihr in drei Stunden folgen würde. Sie hatte also genug Zeit für eine Überraschung. Celina wollte für Luke kochen. Wie lange hatte er schon nichts mehr Richtiges zu essen bekommen? Wie lange hatte er keinen vollen Magen mehr gehabt? Sie wollte ihren Freund einfach etwas gutes tun. Wollte ihn mal so richtig verwöhnen.
Daheim angekommen, schnappte das Mädchen sich die rosa Kochschürze, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Sie fing an Gemüse zu schnippeln, welches sie bei ihrer Einkaufstour gekauft hatte. Danach schmiss sie es in einen Topf mit Wasser und salzte es. Sie panierte die Schnitzel und bratete sie. Nun deckte sie den Tisch. Celina wollte dass alles perkfekt wird. Sie wollte, dass sich ihr Freund wohlfühlte. Dann kochte sie noch Schokoladen- und Vanillepudding für den Nachtisch. Sie plante, ein Schwarzwälderkirschpudding zu kochen. Als der Pudding fertig war, fühlte ihn sie den Vanillepudding, den Schokoladepudding und Kirschen immer abwechselnd in ein Dessertglas, welches ihre Mutter nie hernahm, da es eigentlich nur als Deko dastand. Als das ganze Essen fertig war, tat sie es in den Ofen, welcher auf die mittlere Temperatur gestellt war, um das Essen warm zu halten, bis Luke kam. Das Mädchen hatte genug Zeit, um sich etwas hübsches anzuziehen. Ihr war klar, dass Luke nicht im Anzug kam. Dass er sich nicht fertig machen konnte. Dass er in seinen Klamotten kam, die er jeden Tag anhatte...
Es klingelte. Sie machte auf. Luke bekam kaum ein Wort heraus, als er seine Freundin in den schwarzen, kurzen Kleid und den High Heels sah. Aus seinem Mund kam einfach nur : „Wow!“
Das Mädchen lief rot an : „Komm rein. Das Essen ist schon fertig.“
Luke betrat das Haus. Eigentlich passte er garnicht dazu. Alles hier war so perfekt. Und er? Er war überhaupt nicht perfekt. Aber das machte Celina nichts aus. Sie liebte ihn so wie er ist. Ohne all den Schnickschnack, welchen ihre Eltern für so wichtig hielten.
Die beiden aßen. Naja, Luke aß und Celina schaute zu. So halb. Luke verschlang fast alles, aber dass machte dem Mädchen nichts aus, denn sie hatte während des Kochens schon so viel genascht.
Nachdem sie gegessen hatten, sagte Celina zu ihrem liebsten: „Ich lass dir ein Wasser ein. Dann kannst du mal so richtig entspannen.“
„Ich wüsste da noch ein Möglichkeit um mal so richtig zu entspannen“, antwortete er lachend.
„Du Scherzkeks! Jetzt komm schon.“
„Für dich tu ich doch alles. Sogar gegen meinen Willen entspannen.“
„Dankeschön, dass ist echt mein größter Wunsch“, die beiden lachten. Sie fanden es schön, wie es grade war. Nicht traurig. Nicht dunkel. Einfach nur schön. Wie ein ganz normales Paar. Außer das er nicht so perfekt aussah, wie alles um ihn herum. Wie seine Freundin. Wie das Essen. Wie das Haus. Einfach wie alles. Aber er war es gewohnt. Er kannte das Haus schon. Bevor er es getan hatte, durfte er noch in die Nähe von Celina. Durfte er das Haus betreten. Okey, nach der Tat hatten sie es auch garnicht versucht. Aber auch wenn sie es getan hätten, wär das so gut wie das Urteil für Luke gewesen. Celina's Eltern hätten niemals erlaubt, dass sie einen Straftäter bei sich da Heim versteckten. Sie hatten ja noch nicht einmal erlaubt, dass sich ihre Tochter mit dem Jungen traff. Und trotzdem hatten sie es gemacht.
„Das hat mal so richtig gut getan“, sagte der Junge, welcher nur ein Handtuch umgewickelt hatte, während er in Celina's Zimmer kam.
Das Mädchen freute sich und schaute ihren Freund an. Sie wusste nicht was Luke als nächstes tun würde. Ihr Gesichtsausdruck zeigte ein Riesen-Fragezeichen.
Luke lachte : „Willst du mir nicht etwas zum anziehen geben? Oder soll ich wieder die Klamotten anziehen, die ich schon die ganze Zeit trage? “
„Ja natürlich. Warte“, sie lief rot an. Konnte sie sich nicht denken, das er nicht nocheinmal das gleiche anziehen wollte? Hätte sie ihn nicht einfach Klamotten mit ins Bad geben können? Celina wusste nicht warum, aber bei Luke's Anblick ist sie nervös geworden. Vielleicht gefiel ihr es, dass er endlich bei ihr daheim war? Vielleicht gefiel ihr es, dass sie Sturmfrei hatten? Aber das war es nicht. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie fand sie es einfach schön.
„Hier“, sagte das Mädchen und gab ihren Freund, blau karierte Boxershorts, „dann musst „du nicht nackt herumlaufen, wenn du dir was zu anziehen aussuchst!“
„Dankeschön, aber warum bist du denn so nervös?“
Mist, Luke hatte es gemerkt. Er kannte seine Freundin wirklich gut. Sie konnte einfach nicht verbergen, dass irgendetwas anders war. Er merkte es sofort. Auf der einen Seite fand Celina es gut, dass Luke sie wirklich so gut kannte. Auf der anderen Seite wär es ihr jetzt lieber gewesen, dass er sie nicht kannte. Irgendwie war es ihr wirklich peinlich, dass er merkte, wie sie sich gerade fühlte.
„Ich bin nicht nervös“, stritt sie ab. Sie nahm ihren Freund an der Hand, um ihn in ein anderes Zimmer zu führen. Hoffentlich merkte er nicht, dass Celina's Hände schwitzig waren.
„Hier“, sie zeigte auf den Koffer, „nehm dir etwas raus. Das ist alles was ich da hab.“
Luke's Augen wurden immer größer und größer. Er konnte kaum fassen, was seine Feundin alles eingekauft hatte. Die Beiden Koffer, welche für Luke bestimmt waren, waren bis zum Rand voll gestopft. Er wollte nicht wissen, wie viel Geld sie für ihn ausgegeben hatte und sie hätte es ihm auch nicht gesagt. Celina wollte nicht, dass er noch mehr Schuldgefühle hatte.
„Danke“, hauchte der Junge, da er immernoch kaum ein Wort herausbrachte. Er schnappte sich ein T-shirt und ging wieder in Celina's Zimmer. Er wollte unbedingt wissen, warum Celina so nervös war. Wollte wissen, ob mit ihm etwas nicht stimmte. Ob er etwas falsch gemacht hatte.
Das Mädchen, welches die ganze Zeit hinter ihren Freund gegangen war, sprang jetzt auf seinen Rücken und umarmte ihn. Der Anblick erinnerte ein Wenig an den eines kleinen Mädchens, was unbedingt auf den Rücken seines Vaters getragen werden mochte. Doch Luke war nicht ihr Vater, er war Celina's Freund. Das Mächen wollte seinen Freund die Angst nehmen, etwas falsch gemacht zu haben.
„Hey“, drückte er lachend heraus.
Celina gab Luke einen fetten Schmatzer auf die Wange. Luke ließ sich nach vorne auf das Bett fallen. Das Mädchen klammerte immer noch wie ein Affe auf seinen Rücken. Jetzt folgte der zweite Teil der Überraschung. Celina setzte sich auf den Po von Luke und fing an seinen Rücken zu massiernen. Der Junge spürte die leichten Drücke auf seinen Rücken. Ihm gefiel es. Er hatte falsch gedacht. Er hatte nichts falsch gemacht. Er war nicht daran Schuld gewesen, dass seine Freundin so nervös war. Celina massierte ihren Freund lange. Sehr lange. Ihre Hände taten schon weh, aber sie wollte nicht aufhören auf den breiten Schultern und den muskulösen Rücken zu massieren. Sie wollte ihre Hände nicht von ihm lassen. Sie wollte immer weiter machen. Plötzlich drehte sich Luke leicht zur Seite, so dass Celina jetzt neben ihm lag. Er beugte sich über sie und fing an sie zu küssen. Sie erwiderte den zärtlichen Kuss. Sie wusste, dass er es tun wollte. Und, dass er sich schlecht fühlen würde, wenn sie ihn ablehnte. Aber eigentlich wollte sie ja auch, doch irgendetwas stimmte nicht.
Er hauchte : „Ich liebe dich.“
Als Antwort küsste sie ihn noch mehr. Während er ihr Stück für Stück die Klamotten vom Leib streifte, für er zärtlich mit seiner Zunge und seinen Händen über ihre Haut...
Sie wachte neben ihm auf. Celina schaute auf ihren Freund, er schlief so friedlich neben ihr. Sie stieg aus ihrem Bett und zog sich Unterwäsche und einen leichten Bademantel drüber. Aus irgendeinen Grund wollte sie nicht nackt durch das Haus laufen, obwohl doch eh keiner daheim war. Sie ging runter in die Küche und räumte auf. Das Mädchen hatte der Putzfrau Urlaub gegeben. Was einerseits gut war, denn so konnte Luke bei ihr sein. Andererseit musste sie alles alleine aufräumen. Sie konnte es natürlich auch so lassen, aber dass wollte sie ihren Eltern nicht antun. Sie wollte ihren Eltern den Anblick nicht antun. Sie mussten schon genug ertragen, wenn sie wieder nachhause kamen. Sie wollte ihnen nicht auch noch ein verdrecktes Haus antun. Also räumte sie nun auf. Den ganzen Mist von gestern Abend. Danach kochte sie Kaffee, backte Semmeln auf und deckte den Frühstückstisch. Sie wollte, dass Luke sieht, dass sie eine gute Hausfrau war. Er wollte schließlich den Rest seines Lebens mit ihr verbringen. Er sollte wissen, dass sie für ihn Sorgen konnte. Dass sie kochen konnte. Dass sie ihm eine gut Frau war. Sie ging wieder hoch in ihr Zimmer. Luke schlief immer noch. Celina wollte ihn nicht wecken. Sie beschloss, sich fertig zu machen. Das Mädchen ging zu ihren Kleiderschrank. Dabei vergass sie, dass sich im diesem nur noch die warmen Klamotten für den Winter und für den Herbst befanden. Ihre Sommerklamotten, hatte sie schon alle in die beiden Koffer gepackt, welche für sie bestimmt waren. Also ging sie in den kleinen Raum mit den hell violetten Wänden wo ihre Koffer lagen. Sie nahm den größeren von beiden und machte ihn auf. Das Mädchen schnappte sich das erstbeste Oberteil und die erbeste Hose. Sie wollte nich in den ganzen Koffer rumkramen. Das war ihr zu viel Arbeit. Im Bad angekommen, zog sie sich das weiße T-shirt und die schwarze Hotpants an. Sie kämmte ihr langes blondes Haar und dachte daran, dass sie morgen früh schon nicht mehr so aussahen. Dann würden sie rot sein. Wenn alles klappte. Hoffentlich würden sie nicht pink oder Orange werden. Sie würde sich nicht mehr aus dem Haus trauen. Aber das musste sie. Denn die Tickets waren schon gebucht. Schon lange gebucht.
„Guten Morgen“, Luke umarmte sie von hinten und gab ihr einen fetten Kuss auf die Wange.
„Guten Morgen“, antwortete das Mädchen lächelnt, „ ich hab Frühstück gemacht. Komm.“
Sie zog ihren Freund, welcher nur Boxershorts anhatte mit sich. Die Treppe hinunter. Den Gang entlang. Zu den großen Esstisch, welchen ihre Eltern für perfekt hielten. Sie hielten alles für perfekt. Alles musste perfekt sein. Die Zimmer. Das Haus. Der Garten. Leonie. Celina. Und Celina's Freund.
„Das sieht aber lecker aus“, Luke schaute mit großen Augen auf den Tisch, „aber du hättest dir wegen mir doch keine so große Mühe machen brauchen!“
„Für dich tu ich das doch gern mein Schatz.“
Selbstbewusst hauchte er : „Ich weiß.“
Sie haute ihn Leicht in den Bauch, doch das tat ihm nicht weh. Nur Celina spürte einen kleinen Schmerz in ihrer Hand. Er hatte einfach zu viele Muskeln. Zum anschauen und anfassen gefielen sie Celina. Zum drauf schlagen, fand das Mädchen sie schrecklich.
Luke lachte sie aus : „Tat es weh ?“
Sie nickte und war beleidigt. Sie wusste dass er sie nur aus Spaß auslachte, trotzdem hatte sie keine Lust darauf. Er sollte sie doch trösten. Und was tat er? Er lachte sie aus. Luke meinte es ja garnicht böse.
„Tut es denn noch sehr weh ?“, versuchte er sie zu trösten.
„Nein.“
„Ach komm her. War doch nicht böse gemeint.
Widerwillig kam sie zu ihren Freund. Er hob sie hoch und hielt sie fest bei sich.
„Komm wir essen jetzt“, sagte das Mädchen.
Nach dem Essen packte Celina das restliche Zeug zusammen. Sie wollte einen Abschlussbrief an ihre Eltern hinterlassen und einen seperaten an ihre Schwester. Sie wollte, dass sie verstehen warum sie es tut. Warum sie abhaute. Warum sie ihre Familie allein ließ. Sie im Stich ließ. Wahrscheinlich würden es ihre Eltern eh nicht verstehen, dachte das Mädchen. Doch sie wollte es wenigstens versuchen. Wenn sie mal wieder nach Deutschland kam, wollte sie herzlich empfangen werden. Sie wollte nicht, dass ihre Eltern sie hassten. Dass Leonie sie hasste. Celina ging an ihren weißen Schreibtisch und setzte sich. Sie nahm Papier aus der Schublade und einen Stift. Als erstes wollte sie den Briefan ihre Eltern schreiben :
Liebe Mom, lieber Daddy,
ich weiß, dass ich euch verletz, in dem ich abhau. Aber ich liebe ihn. Einfach so sehr. Mehr als alles andere auf der Welt. Ich weiß, dass er etwas schlimmes getan hat. Dass er jemanden umgebracht hat. Aber ich weiß auch, dass er mich nie verletzen würde. Er würde wirklich alles für mich machen. Dass könnt ihr mir glauben. Bitte vertraut mir. Ich kann euch leider nicht sagen, wo ich bin. Wo wir sind. Ihr würdet die Polizei rufen. Und wenn sie mich und ihn finden würden, würden sie ihn einsperren. Und ich könnte ihn nicht mehr sehen. Ich könnte nicht glücklich werden, ohne ihn. Ich könnte mich nie wieder verlieben. Nie wieder lachen. Dass will ich nicht! Und ihr bestimmt auch nicht, wenn ihr mich wirklich liebt.
Passt gut auf Leonie auf und nehmt euch mehr Zeit für sie. Sie soll den Rest ihrer Kindheit schön verbringen. Wenigstens sie. Sie soll die besten Eltern haben welche es gibt. Welche, die ich nie hatte. Ich will euch jetzt keine Vorwürfe machen, es ist schwer genug so. Ihr würdet es nicht verstehen!
Ich liebe euch von ganzen Herzen und ich werde euch nie vergessen.
Verzeiht mir. Bitte.
Eure
Celina.
Es war schwer für das Mädchen, diesen Brief zu schreiben. Aber sie wusste, dass es das Richtige war. Dass sie es ihnen erklären musste. Sie nahm den Brief, worauf sich schon ein paar Tränen befanden und faltete ihn. Sie steckte ihn in einen Umschlag, welchen sie noch nicht zu klebte. Danach war der Brief an ihre Schwester dran :
Liebste Leonie,
bitte verzeih mir. Ich will dich nicht alleine mit Mom und Daddy lassen. Aber ich weiß auch dass ich dich nicht mitnehmen kann. Du würdest sie zu sehr vermissen. Du würdest dort, wo ich und Luke hinfahren, nicht glücklich werden. Ich hoffe du verstehst meine Entscheidung eines Tages. Ich werde dich nie vergessen. Niemals. Ich werde jeden Tag an dich denken. Wirklich jeden. Ich weiß, dass ich nicht da sein werde, wenn du deinen ersten Freund hast. Deinen ersten Kuss. Ich weiß, dass ich dich nicht trösten werde, wenn du das erste Mal Liebeskummer hast. Und ich weiß auch, dass Mom und Dad nicht immer für dich da sein werden.
Aber ich weiß, dass du stark bist und das auch alles ohne mich schaffen wirst. Ich glaube fest an dich, meinen Kleine.
Ich liebe dich. Bitte verzeih mir meine Entscheidung.
Ihn Liebe
Celina.
Irgendwie fiel es den Mächen schwerer einen Brief an ihre Schwester zu schreiben, als an ihre Eltern. Vielleicht weil sie ihre Schwester viel mehr liebte, als ihre Eltern. Ihre Schwester war der wichtigste Mensch in Celina's Leben. Und trotzdem musste sie Leonie verlassen. Wie gern wollte sie das Mädchen mitnehmen. Australien. Doch dass konnte sie ihr nicht antun. Sie wollte sie nicht von ihren Freunden reißen. Von der Umgebung, die sie gewohnt war. Sie wollte ihr auch nicht die Eltern nehmen, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass Luke und sie besser für Leonie sorgen könnten. Aber sie konnte kein richtiges Englisch. Sie war noch so jung. Celina konnte ihr es einfach nicht antun.
Am Abend färbte sie sich die Haare. Hoffentlich dachte sie ganze Zeit. Hoffentlich sah es gut aus. Hoffentlich. Hoffentlich. Hoffentlich. Das Mädchen schaute in den großen Spiegel, welcher immer so sauber geputzt war. Immer glänzte. Und es sah tatsächlich auch gut aus. Vielleicht sogar noch ein wenig besser, als ihre Haare davor aussahen. Sie musste sich nur noch an ihre neuen Haare gewöhnen. In ein oder vielleicht zwei Wochen hätte Celina sich schon ganz daran gewöhnt. Sie fand es nur blöd, dass sie sich andauernt den Ansatz nachfärben musste. Rotes Haar mit blondem Ansatz sah einfach nicht gut aus. Luke kam herein. Er schaute das Mädchen an. Er schaute sein Mädchen an. Luke lächelte. Es gefiel ihm.
„Schön sehen Sie aus, hübsche Frau.“
„Dankeschön.“
„Sind Sie denn schon in festen Händen?“, witzelte Luke herum.
„Tut mir Leid, hübscher Mann. Ich muss Sie leider enttäuschen.“
„Das ist aber Schade. Ich hätte Sie gerne zu einem Date eingeladen“, er lachte. Dann umarmte er sie, „morgen werden Sie also die Stadt mit diesem Mann verlassen.“
„Ja“, hauchte das Mädchen.
Er küsste sie. Berührte sie.
„Luke, wir haben jetzt keine Zeit dazu.“
„Wozu?“, eigentlich wusste er die Antwort jetzt schon, aber er fragte trozdem. Luke wollte es aus ihrem Mund hören. Er wusste, dass sie ihn nicht widerstehen konnte. Nur ein oder zweimal hatte sie ihm widerstanden. Und es waren die beiden Male, als er, dass erste Mal mit ihr schlafen wollte und sie noch mit Sam zusammen war. Zu dieser Zeit, liebte sie Sam noch. Erst einen Monat später hatte Luke es geschafft das Mädchen zu verführen. Zu dieser Zeit war sie immer noch mit Sam zusammen. Und das andere Mal war, als sie dass erste Mal zu seinem Versteck gekommen war. Sie hatten sich schon so lange nicht mehr gesehen, aber trotzdem konnte sie ihm widerstehen. Luke dachte, dass das Mädchen Schluss machen wollte, doch sie wollte einfach nur Antworten. Und die gab ihr dann auch. Auf all die Fragen über den Mord. Warum? Wieso? Weshalb? Wann? Wo? Wie?
„Du weißt was ich meine“
„Würd ich sonst fragen?“, er drang das Mädchen rückwärts zu gehen. So lange, bis sie an den weißen Badfließen lehnte. Luke stützte sich mit den Händen an den Fließen ab, so das Celina nicht entkommen konnte.
„Ja, würdest du. Ich meine es ernst“, Celina spielte das Spiel mit. Sie gab ihm einen fetten Kuss, was ein Fehler war.
Nun küsste er sie auch. So wild. So Leidenschaftlich. Voller Liebe. Er fing an sie zu berühren. Am Po. Am Rücken. Im Gesicht. Überall. Celina knöpfte sein Hemd auf. Streichelte zärtlich seine Brust. Seinen Bauch. Seine Musklen. Er zog ihr Oberteil aus. Öffnete den schwarzen Spitzen-BH. Sie knöpfte seine Hose auf. Und er ihre. Er hob sie an. Trug sie in die große Dusche. Wenn er sie schon verführt hatte, dachte er, konnten sie es wenigstens einmal in der wundervollen Dusche tuen. Luke drehte den Wasserhahn auf. Aus der Decke kam warmes Wasser. Wieder drückte er sie gegen die Wand. Diesmal gegen Duschwand...
„Ich hab dir gesagt, dass wir keine Zeit haben!“
„Ja“, gab der Junge zu.
Luke musste um drei Uhr morgens zum Bahnhof um nach nach Tschechien zu fahren. Celina musste um vier beim Flughafen sein, also um zwei beim Bahnhof sein. Sie flog von München nach Melbourne. 19 Stunden. Alleine. Sie ist noch nie alleine geflogen. Lieber wäre ihr es, wenn Luke bei ihr war. Aber sie wusste, dass das nicht geht. Es war 23 Uhr. Also hatte sie noch ein wenig Zeit, um alles fertig zu machen. Um sich anzuziehen.
Das Mädchen nahm aus dem Kleiderschrank, welcher nur noch halb voll war, eine schwarze Jeans und zog diese an. Danach nahm sie einen schwarzen, dünnen Pullover und zog sich diesen über den róse-farbenen BH. Sie ging in ihr Zimmer und nahm sich das schwarze Tuch und die dunkle Sonnenbrille. Celina wollte unbedingt, dass sie keiner erkennt. Auch wenn sie nicht glaubte, dass so spät, eher gesagt so früh, noch jemand in den kleinen Dorf unterwegs war. Naja, fast keiner. Vielleicht der ein oder andere Jugendliche. Oder Sam und seine Gang. Sie wollte unbedingt vermeiden, Sam zu begegnen. Sie würde sich nicht zusammenreißen können. Bei all dem, was er getan hat. Und Celina hatte auch ein wenig Angst davor. Sie hatte Angst vor Sam und vor seiner Gang. Sie konnte sich nicht gegen sie wehren. Und Luke konnte sie auch nicht beschützen. Er konnte sie nicht zum Bahnhof begleiten. Auch wenn er dann selber dorthin musste, es ging einfach nicht. Sie holte den Schlüssel, von dem Geld und nahm es heraus. 200.000 ¤ lagerten ihre Eltern in dem Haus. Von ihren Bankkonto hatte das Mädchen 40.000 ¤ abgehoben. Das Paar teilte sich das Geld.
Das Mädchen legte sich das schwarze Tuch auf den Kopf und warf sich die Enden über die Schulter. Dann zog sie sich die Sonnenbrille auf. So konnte sie keiner Erkennen. Eigentlich müsste Luke sich ja verkleiden, dachte das Mädchen, aber er wusste was er tut. Ihn erkannte man nicht gleich. Man musste eher zweimal hinschauen, um ihn zu erkennen. Doch Celina ihre schönen, großen strahlenden Augen. Ihr wunderschönes Lächeln, welches wie von einem Engel war. Konnte man kaum verfehlen. Es war einzigartig. Vielleicht zu einzigartig in diesem Moment. Das Mädchen nahm die beiden großen Koffer und ihre Umhängetasche. Danach verabschiedete es sich von seinem Freund. Er wollte sie nicht gehen lassen, doch er wusste dass sie sich bald wiedersehen würden. Er wusste dass es richtig war. Und sie wusste auch, dass es richtig war.
Celina stieg in den Zug. Die zwei Stunden im Zug vergingen so langsam. Als wären es Tage. Wochen. Monate. Das Mädchen musste sich anstrengen, die Augen offen zu halten.Sie wollte nicht einschlafen. Zu viel Angst hatte sie, die Haltestelle zu verpassen und in irgendeine Pampa zu fahren.
„Nächste Haltestelle, München Hauptbahnhof“, Celina erschrak.
Sie stieg aus. Für halb vier Uhr morgens, waren viele Leute beim Bahnhof. Sie zog ihre Koffer raus und nahm sich ein Taxi. Der Taxifahrer hatte graue Haare. Weiß-Graue Haare. Er hatte einen langen weißen Bart. Irgendwie erinnerte er an einem Mann, denn Celina in ihrer Kindheit kannte. Den Weihnachtsmann. Er hatte sogar ein rotes Hemd an.
„Wo darf es den hingehen, Junge Dame?“, fragte der Mann und hustete, was sich irgendwie wie „Ho, ho, ho“ anhörte. Hatte das Mädchen jetzt Warnvorstellungen? Hatte sie zu viel Filme geschaut? War sie einfach übermüdet? Bildete sie sich das alles ein?
„Zum Flughafen. Bitte beeilen Sie sich, ja?“
„Okey“, sagte der Mann.
Im Taxi liefen alte Schlager, welche sich wie Weihnachtslieder anhörten. Dachte das Mädchen. Mitten im Sommer konnte man doch keine Weihnachtslieder anhören. Oder doch?
Am Flughafen angekommen, bezahlte das Mädchen den alten Mann. Weihnachtsmann. Und ging in den Flughafen. Das Mädchen stellte sich an einem Schalter an, um einzuchecken. Celina war richtig aufgeregt. Immer wieder ging sie ihren neuen Namen durch. Celia Phoebe Marie Berlag. Celia Phoebe Marie Berlag. Celia Phoebe Marie Berlag. Celia Phoebe Marie Berlag. Vor ihr stand nur noch eine Frau mit einem kleinen Jungen, der ihre Hand festhielt. Der Junge hatte blonde, lockige Haare. Dann ging die Frau mit dem Jungen.
„Hallo“, sagte eine große Frau, welche ein weißes Hemd anhatte und eine Schleife, solche wie sie es im Flughafen immer tragten.
„Guten Tag“, antwortete Celina – Celia – und gab der Frau das Flugticket.
„Nach Melbourne also. Warten Sie, ich schau mal nach. Ihren Pass und Ihren Ausweis bitte“, forderte die Frau, welche Gapf hieß, was man an ihren Schild erkennen konnte, Celina auf.
Das Mädchen gab der Frau mit zittrigen Fingern den gefälschten Ausweis und den Pass. Hoffentlich merkte sie es nicht. Wieder dachte das Mädchen: Hoffentlich. Hoffentlich. Hoffentlich.
„Danke Ihnen“, bedankte sich Frau Gapf.
Zum Glück hatte es geklappt, dachte Celina.
Willkommen
Celina wartete im Flughafen in Melbourne auf Luke. In fünf Stunden würde er auch landen. So lange musste das Mädchen warten. Fünf Stunden, waren nur ein kleiner Teil in ihrem Leben. Trotzdem dauerte es eine halbe Ewigkeit. Das Mädchen spürte die Wärme von draußen. Und sie war ganz schwarz angezogen. Warum hatte sie denn nicht eher daran gedacht. War doch klar gewesen, dass es in Melbourne total heiß wäre. Und Celina war tatsächlich so dumm und zog sich etwas schwarzes an. Sie war wirklich ganz schwarz angezogen. Es dachte daran, dass sie hier einen Neuanfang hatten. Dass sie hier Leben würden. Dass das ihre neue Heimat war. Sie wollte endlich raus. In die Stadt. An den Strand. In das Meer. Wollte endlich wieder mit Luke Hand in Hand spazieren gehen. Ihn in aller Öffentlichkeit küssen. Sie wollte sich endlich mit ihm zeigen können, ohne das Gefahr lauerte. Das Mädchen beobachtete die Leute. Alle waren sommerlich angezogen. Kinder. Frauen. Männer. Wirklich alle. Manche hatten Kleider an. Manche Shorts. Manche trugen Anzüge. Aber sie sahen alle glücklich aus. Ob das hier so war, in Australien? Ob wirklich alle glücklich waren? Nein, das waren sie bestimmt nicht! Oder doch? Das Mädchen war in ihren Gedanken gefangen. Sie saß da, auf einer Bank, mit blauen Sitzbezügen. Vor ihr standen ihre zwei Riesenkoffer. Neben ihr stand ihre Tasche. Und ein Kaffee, welchen sie sich am Flughafen gekauft hatte. Er schmeckte irgendwie anders als in Deutschland, aber trotzdem gut. Vielleicht sogar besser, als in Deutschland. Egal, es war ja nur Kaffee. Es war ja nur ein Ding, wie alles andere auf der Welt. Und trotzdem dachte das Mädchen tatsächlich über Kaffee nach? Echt komisch, über was man alles nachdachte, wenn einem langweilig war. Wenn man auf jemandem wartete. Wenn man auf die Person wartete, mit der man ein neues Leben beginnen würde. Die Zeit verging wirklich langsam. Immernoch musste sie Stunden warten. Celina schaute auf die Uhr. Vier Stunden. In vier Stunden war er endlich da. Würde er sie in seinen Armen halten. Würde er bei ihr sein. Sie beschützen.
Celina holte ein Buch aus ihrer schwarzen Tasche. „Fame Junkies“ von Morton Rhue. Sie war schon bei der Hälfte angekommen. Celina würde niemals ein Leben im Rampenlicht wollen. Niemals. Sie würde hart für ihr Geld arbeiten wollen. Auch wenn sie das nicht wirklich musste. Wenn sie sparsam leben würden, dann würde das Geld ihrer Eltern locker reichen. Aber das wollte Celina auch nicht. Sie wollte sich nicht mit den Geld der Menschen ernähren, welche sie doch so im Stich gelassen hatten. Von den Geld ihrer Eltern. Von den ach so lieben Eltern, welche immer für ihre Tochter da waren. Immer für ihre Tochter da? Das waren sie wirklich nie gewesen. Niemals. In ihren ganzen Leben.
Plötzlich setzte sich ein junger Mann neben das Mädchen. Er schaute sie an. Celina fühlte sich irgendwie beobachtet. Wirklich. Was wollte er nur von ihr. In seinen blauen Augen konnte Celina ein wenig Erwartung erkennen. War sie jetzt im falschen Film oder was? Hatte er sie mit jemand anderen verwechselt? Das Mädchen schaute wieder in ihr Buch und versuchte den jungen Mann zu ignorieren.
„Guten Tag“, sagte der Mann. Jetzt schaute Celina den Mann erwartungsvoll an. Was sollte das denn jetzt? Redete man in Australien mit jedem?
Wieder redete der Mann: „Ich habe Sie schon seit ungefähr einer Stunde beobachtet. Wurden Sie versetzt? Warten Sie aufjemanden? Macht es Ihnen etwas, wenn ich Ihnen Gesellschaft leiste?“
Zu viele Fragen aufeinmal. Celina antwortete einfach: Ja ich warte auf jemanden und ja, wenn Sie unbedingt wollen.“
Der Mann schien sich zu freuen: „Okey. Cool. Ich bin übrigens Will. Naja William, aber alle sagen Will.“
„Cool. Ich bin Celia. Schön Sie kennen zu lernen. Sie dürfen auch Du zu mir sagen, das ist mir aufjedenfall lieber.“ Okey. Also ihren Vornamen kannte sie aufjedenfall schonmal. Sie hatte nicht Celina gesagt, sondern Celia. Das war gut. Hoffentlich würde es immer so klappen. Hoffentlich.
„Okey, Celia. Komischer Name. Du darfst mich auch dutzen. Warum sitzt du hier denn so alleine da?“
„Naja, wie schon gesagt, ich warte auf jemanden. Auf meinen Freund. Und da ich nicht die ganze Zeit stehen will, sitze ich eben“, sagte Celina, wobei sie „Auf meinen Freund“ besonders betonte, denn sie glaubte, dass sich Will Hoffnungen machte.
„Hat er dich versetzt?“
„Nein, wir haben verschiedene Flüge gebucht. Aber was machst du hier?“
„Ähm ja, meine Freundin, ich warte auch auf sie.“ Er hatte sich also doch keine Hoffnungen gemacht. Oder doch? Naja, Celina wusste es nicht. Aber sie brauchte sich jetzt keine Sorgen mehr machen, dass Luke eifersüchtig werden könnte. Oder doch? Aufjedenfall hatte Will eine Freundin. Also konnte das Mädchen sich ganz normal mit ihm unterhalten, ohne Angst zu haben, dass er sich falsche Hoffnungen machen würde.
Jetzt wollte Celina es ihm heimzahlen: „Hat sie dich versetzt?“
„Nein, sie hat nur ihren Flug verpasst. Also kommt sie etwas später.“
Celina redete die ganze Zeit mit Will. In Deutschland hatte sie das noch nie getan. Mit einem fremden Mann geredet. Aber hier, keine Ahnung warum sie das tat, machte sie es einfach. Sie unterhielt sich mit einem Mann, welcher ihr völlig fremd war, über ganz normale Dinge. Natürlich nicht darüber, dass sie abgehauen sind. Und auch nicht über das was Luke getan hatte. Einfach über ganz normale Dinge. Über Dinge, die man sonst eigentlich mit jedem besprach. Aber mit Will tat sie es. Sie erfuhr, dass er eine Surferschule besaß und ein kleines Häuschen in dem er mit seiner Freundin und deren kleinen Schwester wohnte...
Da kam er. Luke. Er hatte eine helle Jeanshose an. Ein schwarzes Shirt. Und eine Sonnenbrille, die ihm perfekt stand. Er zog seine beiden Koffer ganz lässig mit dem Kofferwagen. Er sah total glücklich aus, was ja auch klar war, denn er konnte sich wieder in der Öffentlichkeit zeigen. Dann sah Luke seine Celina. Er ging schneller und sie stand auf. Neben ihr saß immer noch Will, mitdem sie bis zu diesem Zeitpunkt ein Gespräch geführt hatte. Will schaute zu Celina hoch. Dann wieder zu dem Mann, den Celina so anhimmelte. Als Luke kurz vor Celina anhielt und den Kofferwagen loslies, rannte das Mädchen auf ihren Freund zu. Er breitete die Arme aus und Celina umarmte ihn. Luke hob das Mächen hoch und drehte sich. Die beiden küssten sich. Sie waren so glücklich, dass sie sich endlich wiederhatten. Endlich ein neues Leben anfangen konnten. Endlich, ohne Angst zu haben, zusammen sein konnten. Sie waren einfach so glücklich, wie noch nie zuvor.
„Jetzt sind wir frei“, hauchte Celina ihren Freund ins Ohr.
„Endlich“, hauchte er zurück und begann wieder sie zu küssen. Das Mädchen umarmte ihren Freund. Dann sah Luke Will.
„Wer ist das?“
„Ach, das ist Will. Ich habe mich mit ihm unterhalten.“
„Muss ich mir jetzt schon Sorgen machen, dass du dich in einen anderen verliebst?“
„Nein, natürlich nicht. Und außerdem hat er eine Freundin auf die er wartet!“ Tatsächlich. Luke war eifersüchtig. Das Mädchen konnte es kaum glauben. Musste sie jetzt immer Angst haben, dass ihr Freund etwas dagegen hatte, nur wenn sie mit einem anderen Mann sprach? Sie glaubte nicht? Aber sie war sich trotzdem nicht sicher. Egal! Celina freute sich, ihn endlich wieder zu haben. Die Beiden gingen Hand in Hand zu Celina's Koffern.
Plötzlich stellte sich Will Luke vor: „Hey, ich bin Will. War schön mich mit deiner Freundin zu unterhalten!“ Der Mann hatte ein breites Lächeln im Gesicht. Jetzt verstand Celina's überhaupt nichts mehr! Will sietzte sie. Und Luke dutzte er.
„Aha, ich bin Luca. Schön, dass du es schön fandest. Ich meine, dich mit meiner Freundin zu unterhalten“, Luke betonte „meiner“ ganz besonders, denn er wollte nocheinmal klarstellen, dass Celina nicht zu haben war. Dem Mädchen gefiel wie er „Luca“ aussprach. Fast war sie ein wenig erschrocken, als er nicht „Luke“ sondern „Luca“ sagte. Aber dann dachte sie wieder an die falschen Namen.
„Schatz wir gehen jetzt lieber!“, schlug Celina vor, „Bye Will.“ Sie schaute den Surferboy an und lächelte.
Luke nahm sie an der Hand. Mit der anderen Hand zog er den Kofferwagen, worauf jetzt auch Celina´s Koffer platziert waren. Die beiden gingen aus den großen Flughafen. Und wow. Die Sonne schien ihnen ins Gesicht. Es war so warm. Es waren so viele Menschen da. Es war einfach Genial. Ein wunderschönes Gefühl. Sie nahmen sich ein Taxi...
Luke und Celina stiegen an einem riesen Hotel aus. Luke hatte den Taxifahrer gesagt, er solle dorthin fahren. Vor ihnen stand ein Gigant. Das Hotel war so schön. Und groß. Es war weiß und hatte viele Fenster. Es war einfach so luxeriös. Aber das konnten sie sich doch eigentlich garnicht leisten! Klar, die beiden hatten 240.000¤ zuf Verfügung. Aber Celina dachte, dass sie sparen sollten. Dass sie immer davon leben konnten. Und jetzt wollte Luke einfach in einem Luxushotel übernachten, wohnen?
„Ähm, ja.. Ist.. Ähh. Das nicht ein.. bisschen.. Ähh.. teuer?“, stotterte Celina.
„Ich weiß, wir können uns das nicht leisten. Aber ich dachte wenigstens eine Nacht. Nur mal so. Bitte.“
„Okey. Aber wirklich nur eine Nacht!“, stimmte Celina widerwillig zu.
Die Beiden gingen in den großen Eingangsbereich des Hotels. Alles war so luxeriös. So schön. So glänzend. Celina setzte sich auf eine der vielen Couchen, wechle aus weißen Leder waren, während Luke ein Zimmer buchte. Er holte seine Freundin ab. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in die zehnte Etage. Dann gingen sie in das Zimmer mit der Nummer 444. Luke öffnete die Tür und bat seine Freundin hinein.
Vor ihnen strahlte es nur so vor Luxus. Die Wände waren weiß und glänzend. Daran hingen schwarze und braune elegante Bilder. Ein goßes, weißes Sofa stand vor dem riesen Flachbildfernseher. Celina ging weiter. Sie machte eine der beiden Türen auf. Vor ihr stand ein Doppelbett, welches mit grauen Bettbezügen, worauf sich weiße Blüten befanden, bezogen war. Sie ging weiter und entdeckte die gläserne Wand. Der Ausblick war einfach fabelhaft. So wunderschön. Danach ging sie in den anderen Raum. Das Badeszimmer. Naja, Badezimmer. Was war das schon? Ein Raum wo man sich pflegen konnte. Entspannen konnte. Doch dieses Badezimmer, nein Badeparadies war einfach fabelhaft. Es war mit weißen Mosaiksteinen gepflastert. In der Mitte des Raumes befand sich eine freistehende Badewanne. Naja, eigentlich war es ja ein kleiner Pool. Das Wasser war klar und darauf schwammen rote Blütenblätter. Wie im Schlafzimmer hatte man einen wundervollen Ausblick. Konnte man die vielen Häuser Melbournes sehen. Und das Meer. Einfach total schön. Die Wellen. Die vielen Urlauber. Die Bäume. Die Surfer. So wunderbar.
Luke kam von hinten und umarmte seine Freundin. „Und? Hab ich zu viel versprochen?“
„Es ist einfach fabelhaft“, hauchte das Mädchen.
„Ich weiß“, er lächelte leicht, „heute gehört der Tag dir. Melbourne gehört dir.“
„Wie meinst du das?“, Celina war verwirrt. Melbourne würde ihr gehören? Wie meinte er das denn nur?
„Heute machen wir nur dass was du willst. Egal was. Ich mach alles mit. Du bist heute der Chef!“
„Die Chefin“, korrigierte Celina Luke. Ihr gefiel, dass sie heute das Sagen hatte. Am liebsten würde sie den ganzen Tag entspannen. Sich masieren lassen. Ein Bad nehmen. Aber sie wollte auch etwas mit Luke unternehmen. Wollte mit ihm Melbourne entdecken. An den Strand gehen. Die Stadt besichtigen. Durch Läden bummeln. Essen gehen. Sie konnte sich endlich wieder mit Luke zeigen. Sie wollte, dass jeder weiß, dass die beiden das glücklichste Paar Melbournes waren. Australiens waren. Der Welt waren. Wollte, dass jeder sieht, wie sehr sie sich liebten. Ohne das Gefahr lauerte.
„Ich zieh mir jetzt erstmal etwas anderes an, mein Schatz“, sie gab Luke einen fetten Kuss auf den Mund.
Celina machte den Koffer auf. Was sollte sie denn jetzt nur anziehen? Ein Kleid? Einen Rock? Eine kurze Hose? Das Mädchen entschied sich für ein kurzes Sommerkleid. Es war weiß und bunt geblümt. Die Träger wurden hinter dem Hals gebunden. Dazu zog sie rote Ballerinas an.
„Du bist hübsch. Such mir bitte auch mal etwas zum anziehen raus. Bitte mein Schatz.“
„Kannst du das denn nicht selber?“
„Bitte mein Schatz“, flehte er sie an.
„Okey. Ich liebe dich!“
„Ich liebe dich auch, mein Schatz!“
Sie zog ein paar weiße Shorts aus dem Koffer. Dazu ein weißes Shirt mit V-Ausschnitt.
„Bitte.“
„Dankeschön.“
Sie gingen aus dem Hotel. In die Stadt hinein. Es waren so viele Menschen da. Die meisten eilten auf dem Gehweg herum. Keine Zeit. Sie gingen so schnell. Es sah so aus, als ob manche gestresste Geschäftsmänner und Geschäftsfrauen von dem Pärchen genervt waren. Weil sie so langsam gingen. Weil sie so viel Platz auf dem Gehweg brauchten. Weil sie so verliebt waren. Weil sie so glücklich waren. Luke und Celina gingen Hand in Hand durch die Straßen. Schauten in Schauffenster. Waren einfach total glücklich. Niemand konnte ihre Laune verderben. Niemand. Keiner. Egal was passieren würde, sie könnten ihre Laune nicht verderben. Plötzlich blieb das Mädchen vor einem Schauffenster stehen.
„Schau mal Schatz, da müssen wir rein!“
„Aber warum denn?“
„Ich bin heute die Chefin. Ich darf bestimmen. Und du musst alles machen, was ich sage!“
„Jaja“, Luke bereute es jetzt schon. Warum hatte er denn auch gesagt, dass er alles mitmachen würde? Warum nur? Weil er sie so sehr liebte. Weil sie für ihn mit nach Australien gekommen ist. Er wusste die Antwort genau. Er wollte sie glücklich machen.
„Jetzt komm schon!“ Celina zog ihn in den Laden.
Das Pärchen betrat den Laden, in welchem alles zusammengewürfelt war. Bunte Kleider. Schuhe. Sonnenbrillen. Hüte. Taschen. T-shirts. Und Hosen. Ketten. Ringe. Ohrringe. Und Armbänder. Tücher. Einfach alles Mögliche. Luke erkannte schnell, dass es sich um einen „Hippie-Laden“ handelte. Aber warum wollte seine Freundin den hier hinein? Warum wollte sie so etwas anziehen? Sie hatte doch sonst nicht solche Sachen. Wollte sie ihren Stil ändern? Er war verzweifelt. „Frauen“ dachte er immer wieder. Frauen. Frauen. Frauen. Die kann man einfach nicht verstehen! Aber es ist ihr Tag.
Celina ging durch die Gänge des kleinen Ladens. Es funkelten sie bunte Kleider, welche weit geschnitten waren, die meisten lang und mit Blumen, Röcke, T-shirts und Hosen an. Sie nahm sich ein paar Klamotten und ging mit ihnen in die kleine Nische, wovor ein roter Vorhang die Sicht bedeckte. Vor der „Umkleidekabine“ stand ein kleiner Sessel, auch in Rot, auf welchen sich Luke setzte. Jetzt ging es los. Er würde Stundenlang hier sitzen bis Celina sich endlich entschieden hätte. Zwei Minuten. Drei Minuten. Fünf Minuten. Es konnte doch nicht so lange dauern um so ein Ding anzuziehen! Und dann kam sie heraus. Sie hatte ein weißes, langes, weitgeschnittenes Kleid an, auf welchen sich ein „Hippie-Muster“ aus bunter Stickerei befand.
„Und wie findest du es?“
Luke war immer noch überwältigt, dass Celina plötzlich so etwas tragen wollte: „Wie findest du es?“
„Ich hab zuerst gefragt!“, protestierte Celina.
„Es ist nicht schlecht. Das heißt aber nicht, dass es gut aussieht.“
„Hä? Also mir gefällt es. Aber warte mal, vielleicht kann ich dich ja mit einen anderen Stück meiner Auswahl überzeugen! Und danach bist du dran!“
„Schatz“, maulte er in einen leisen Ton. Celina merkte, dass er hier rauswollte und keine Lust hatte Stundenlang hier zu sitzen. Aber es war ihr Tag. Ganz allein ihr Tag. Er musste machen was sie sagte.
Celina ging wieder in die Umkleide. Dann ging sie wieder heraus. Dann ging sie wieder rein...
„Irgendwie gefällt mir der Style!“, sagte das Mädchen.
„Das habe ich gemerkt“, murmelte Luke, welcher eine Einkaufstüte, deren Inhalt Celina´s Beute war, trug.
„Ach Schatz!“, Celina lachte.
„Ja lach nur!“
„Ja, natürlich. Ich sag nur: Es ist mein Tag!“
„Worauf hab ich mich da nur eingelassen?“
„Auf einen wundervollen Tag. Lass uns etwas essen gehen. Ich habe Hunger!“
Sie legte ihre Hand in Luke´s linke Hand. Die zwei gingen an einen Imbiss und kauften sich Hotdog´s. Für jeden eins.
Was war denn jetzt nur in Celina gefahren? Luke verstand die Welt nicht mehr. Seine Freundin wollte Hippie Klamotten tragen und sich von einem Imbiss Essen holen? Er verstand überhaupt nichts mehr! Seit wann hatte sie bitte diesen Lebensstil? Er fand keine Antwort. Und er wollte sie eigentlich auch garnicht wissen. Wieder dachte er: Frauen. Frauen. Frauen. Mann, konnte sie einfach nicht verstehen! Wortwörtlich.
Die beiden setzten sich auf eine Parkbank. Immernoch Hand in Hand beobachteten sie die Menschen. Die vielen Leute. Die Touristen. Die Kinder. Die Jugendlichen. Die Geschäftsleute. Die Einwohner. Sie beobachteten Liebespärchen. Eltern, die mit ihren Kinder einen Ausflug machten. Freundinnen, welche eine Shoppingtour machten. Straßenmusiker.
„Was jetzt?“, hauchte Luke.
„Lass uns an den Strand gehen!“
„Jetzt?“
„Ja jetzt, wann den sonst?“
„Ich dachte, wir könnten ins Hotel gehen. Wellness. Entspannen..“
„Dass hat heute Nacht doch auch noch Zeit!“, das Mädchen lachte.
„Heute Nacht? Kein Wellnessbereich hat in der Nacht noch offen!“
„Wer redet denn von Wellnessbereich?“
„Wo willst du dich denn sonst entspannen. Dich verwöhnen lassen?“
„Naja, es gibt ja noch den netten Mann, welchen ich über alles liebe. Er könnte mich massieren, und ich weiß dass er es kann, er könnte mich verwöhnen, und ich weiß, dass er das noch besser kann, als mich zu massieren!“
„Achso, wenn du das sagst. Denkst du denn dein Mann würde das auch machen?“
„Warum denn nicht. Ich liebe ihn und er liebt mich. Und außerdem habe ich für diesen Mann alles aufgeben. Wirklich alles. Da wäre doch ein Massage und ein richtiges Verwöhnprogramm so richtig schön!“
„Ich glaube dein Mann, welchen du über alles liebst, wird diesen Wunsch erfüllen!“
„Denkst du?“
„Aber natürlich, mein Schatz“, sagte Luke in einer leisen Stimme.
„Ich liebe dich, mein Schatz!“
„Ich dich auch!“, er zog Celina an sich heran und umarmte sie. Celina gab ihn einen dicken Kuss auf dem Mund. Dann nahm sie seine Hand und drängte ihn aufzustehen. Sie wollte endlich an den Strand. An das Meer. Sie wollte es endlich. Sie wollte die wunderschöne Aussicht anschauen. Den salzigen Geruch des Wassers. Wollte Muscheln sammeln. Wollte einfach endlich an den Strand. Sie schaffte es ihn hochzuziehen. Dann gab er nach. Jetzt zog er sie mit sich. Er hielt sie an der Hand und fing an zu laufen. Wenn sie so schnell wie möglich an den Strand wollte, dann bitte, sollten sie doch zu den Strand laufen. Nun fing sie auch an zu laufen. Sie hatte ja zum Glück flache Schuhe angezogen. Zum Glück. Die beiden liefen die ganze Zeit. Die Leute schauten das Pärchen komisch an. Total entsetzt, dass sie durch die ganze Stadt liefen. Es war ja nicht normal, dass zwei jungen Menschen einfach so durch Melbourne laufen. Total unnormal. Aber dass störte die beiden nicht. Langsam konnte Celina nicht mehr. Sie war richtig aus der puste. Sie hielt an.
„Ich kann nicht mehr!“
„Komm her!“ Luke ging zu ihr hin, hob sie an und legte sie auf seine Arme. Sie schlung die Arme um seinen Hals. Luke trug Celina wie ein Baby. Nun fing er an mit seiner Freundin auf den Armen zu laufen. Dass er wirklich so viel Kraft hatte. Celina wusste ja, dass er stark war. Aber dass er sie und die Einkaufstüte, welche ein wenig voll war, wirklich so lange bis zum Strand tragen konnte, während er lief? Dass hätte sie nie gedacht.
Immernoch auf den tragenden Armen von Luke, sah Celina jetzt, dass sie gleich da waren. Dass sie gleich am Strand waren. Er lief einen Berg hinunter. Dann waren sie da. Er ließ seine Freundin runter. Sofort zog sie sich die Schuhe aus, um den warmen Sand unter ihren Füßen zu spüren. Er glitzerte so schön. Wie die Sterne in der Nacht. Nur das es Tag war. Und das es Sand war. Aber trotzdem so wunderschön!
Luke sah sich um. Sie waren ganz allein am Strand! Konnte das sein? Warum war den niemand anderes? Vielleicht waren sie an eine ruhige Stelle gekommen, die nicht jeder Tourist kannte. Aber das würde auch heißen, dass sich die beiden verlaufen hatten und dass sie kaum zu den Hotel kommen würden. Und dass würde heißen, dass die beiden irgendwo anders schlafen würden und dass in den teuren Hotelzimmer heute wohl niemand die Nacht verbringen würde. Oder dass sie sich die ganze Zeit auf die Suche machten und von Celina`s schönen Tag nichts mehr übrig war. Aber er wollte seiner Freundin jetzt keine Angst machen. Er wollte sie wirklich verwöhnen.
Das Mädchen nahm seine Hand. Sie lief los, zum Wasser hin. Luke blieb stehen und ließ die Tüte mit den Klamotten fallen. Er wollte nicht samt seinen Klamotten ins Wasser Auch wenn er schon viel verrücktere Dinge getan hatte. Und er wollte auch nicht, dass seine Freundin mit ihrem weißen Kleid ins Wasser geht. Er wusste nicht was sie drunter hatte und er wollte nicht, dass jeder, wirklich jeder, seine Freundin so sah. Das Kleid würde durchsichtig werden. Aber sie blieb hartnäckig. Sie wollte unbedingt ins Meer. Jetzt. Sie zog so lange an Luke bis er endlich nachgab. Nach ein paar Schritten in den kalten lauwarmen Wasser hob Luke seine Freundin wieder an. Er legte sie wieder wie ein Baby auf seine Arme und lief ins Meer. Bald konnte man nur noch ihren Kopf und ein Stück des Oberkörpers sehen. Langsam ließ er das Mädchen ins Wasser gleiten. Sie konnte kaum noch stehen, deswegen hielt sie sich mit den Armen um Luke´s Hals geschlungen an ihren Freund fest. Er strich sanft ihr Haar zur Seite, welches von den leichten Wind weggeweht wurde. Dann fing er an sie zu küssen. Sie löste sich von ihm und schwamm weg. Er schwamm hinterher. Fest umarmte Luke Celina. Er fing nochmals an sie zu küssen. Diesmal erwiderte sie den Kuss, welcher immer leidenschaftlicher wurde. Er zog seine Freundin unter das Salzwasser und küsste sie weiter. Schon immer wollte er Celina einmal unter Wasser küssen. Er wusste nicht warum. Es war einfach nur eine Fantasie. Und Celina gefiel es. Luke wusste genau, was sie glücklich machen würde. Wusste immer den richtigen Rat in jeder Sekunde. Er wusste wie seine Freundin tickte. Und das war gut so. Die beiden tauchten wieder auf und schnappten nach Luft. Dann schwammen sie wieder ans Ufer. Noch immer war der Strand leer. Celina legte sich in den Sand. So nah am Wasser, dass sie davon übergossen wurde so bald sich eine Welle näherte. Aber sie wollte es so. Sie wollte den Sand unter sich spüren und dass Wasser über sich. Und sie wollte Luke bei sich haben. Alles war einfach so perfekt. Ihr ganz persönlicher perfekter Moment, welchen sie schon lange nicht mehr gehabt hatte. Zu lange. Der Junge und das Mädchen lagen auf den Bauch. Luke hatte Recht gehabt. Das Kleid war durchsichtig geworden! Aber Celina hatte mitgedacht und sich einen türkisen Bikini druntergezogen. Seine Befürchtungen waren also ganz umsonst gewesen. Jetzt wurde im klar, dass seine Freundin immer mitdachte. Wirklich immer. Er hatte eine wirklich schlaue Freundin. Und auf diese war er stolz. Wirklich stolz. Er legte eine Hand auf ihren Rücken.
„Was soll das denn?“, fragte das Mädchen lachend.
„Darf ich meine Freundin denn nicht anfassen?“
„Natürlich darfst du das mein Schatz!“
„Warum fragst du denn dann?“
„Weil der Luke denn ich kenne, dass noch nie getan hat.“
„Er hat dich noch nie angefasst?“
„Doch aber“, das Mädchen überlegte, „noch nie so!“
„Was mach ich denn jetzt anders als sonst?“
„Nichts. Es ist nur ein anderers Gefühl.“
„Wenn du denkst!“
„Ja, ich denke.“
„Ich liebe dich, mein Schatz“, hauchte er und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.
„I love you too.“
Sie stand auf. Das Mädchen wollte einen kleinen Spaziergang unternehmen. Sie kamen an ein paar Palmen vorbei. Alles war so perfekt. Luke hatte sein T-shirt ausgezogen und es in die Einkaufstüte gesteckt, welche er immernoch tragen musste. Sie gingen Hand in Hand durch den Sand. Durch das Wasser. Sie sahen so verdammtglücklich aus und das waren sie auch. Wirklich. Sie waren Überglücklich. So glücklich waren die beiden noch nie in ihren ganzen Leben gewesen. Und jetzt waren sie es. Sie waren wirklich, wirklich, wirklich glücklich. Nun kamen sie auch an ein paar Menschen vorbei. Nicht an vielen, aber an ein paar. Und an einer kleinen Surferschulel. Celina wollte unbedingt einmal Surfen, also war das der richtige Zeitpunkt. Leider hatte sie in diesem Moment nicht offen. Das Pärchen beschloss morgen noch einmal vorbei zuschauen. Luke wollte seiner Freundin, den Wunsch einmal zu surfen, unbedingt erfüllen. Außerdem hatte er dann etwas zu lachen. Er glaubte, dass seine Freundin sich total blamieren würde. Würde sie bestimmt auch. Hoffentlichl. Dann hatte Luke etwas zu lachen. Naja, er hatte jetzt ja viel zu lachen. Ein neues Leben. Ein neues Land. Eine ganz andere neue Welt. Eine schönere Welt. Als Deutschland. Als sein altes Leben. Er fühlte sich hier einfach so wohl. So wohl, hatte er sich noch nie wirklich gefühlt. Nirgends. Nichteinmal bei seiner Freundin. Bei Celina. Die beiden gingen weiter. Sie beschlossen wieder ins Hotel zu gehen. Celina wohlte sich noch ein wenig verwöhnen lassen. Das hatte sie sich wirklich verdient. Sie wusste es und Luke wusste es auch. Also sagte er nichts dagegen. Warum auch? Er konnte die hübscheste Freundin, welche zurzeit ein kleines „Lebensstilproblem“ hatte, verwöhnen und massieren. Wobei ihm das Massieren ein wenig besser gefiel, als das Verwöhnen. Die beiden haben den Strand schon hinter sich gelassen. Luke hatte sein weißes Shirt inzwischen wieder angezogen. Er wollte ja nicht völlig aus der Reihe tanzen. Immerhin waren sie am Nachmittag schon durch die Straßen Melbournes gelaufen. Einfach so. Und jetzt auch noch Oberkörper frei durch die Straßen laufen? Außerdem tanzte er so oder so aus der Reihe, denn er hatte ja die hübscheste Freundin ganz Melbournes. Die hübscheste Freundin auf der ganzen Welt, dachte Luke. Er war so gefangen in seinen Gedanken. Und dieses Mal war er wirklich einfach gefangen. Aber nicht von Menschen. Nicht von Räumen. Einfach nur von Celina. Sie hatte ihn ja nicht wirklich gefangen genommen. Aber die Gedanken an Celina, die hatten sie gefangen. Einfach so, ohne in vorzuwahnen. Er war sich hundertprozentig sicher: Celina war die Frau, welche ihn glücklich machte. Seine Traumfrau.
Luke und Celina standen wieder vor dem teurem Hotel. Sie gingen rein und fuhren auf ihr Zimmer. Celina nahm einen kleinen Flyer an der Theke mit. Sie wollte sich ein wenig über das Wellness-Programm informieren. Vielleicht gab es ja ein Nacht-Wellness-Programm. Sie hatte mal gelesen, dass es das in manchen Luxushotels tatsächlich gab. Und dieses Hotel war aufjedenfall ein Luxushotel. Also, vielleicht hatte sie ja Glück und konnte sich richtig verwöhnen lassen. Ja klar, Luke konnte sie auch massieren. Sie zumindest annähernd verwöhnen. Aber wahrscheinlich würde er sie auch wieder verführen. Und das wollte sie diesesmal wirklich nicht. Nicht das es ihr nicht gefallen würden, aber es war ihr Tag und sie durfte bestimmen, entscheiden. Und wenn Luke sie versuchte zu verführen, dann schaltete ihr Kopf ab. Alles schaltete ab. Sie konnte nicht mehr klar denken. Manchmal konnte sie überhaupt nicht in seiner Nähe, irgendetwas denken. Nur dass sie ihn überalles liebte. Wirklich überalles. Dass sie ihn nie verlassen wolle. Niemals. Also musste es doch einfach ein Wellness-Programm in der Nacht geben. Sie wollte diesen einen Tag einfach nur genießen und dabei auch klar denken können. Wirklich klar denken können. Und das konnte sie eben nicht, wenn Luke es wieder einmal versuchte. Und das konnte sie jetzt echt nicht gebrauchen. Keinen klaren Kopf. Sie wollte noch einmal richtig entspannen bevor der ganze Stress losging. Sie brauchten eine Wohnung oder zumindest einen Platz zum schlafen. Und sie brauchten ein Auto oder so etwas ähnliches. Luke könnte sich umhören, dass er einen Job findet. Klar, sie brauchten nicht gleich das Geld. Und sie brauchten es auch nicht um davon zu leben, aber sie konnten ja schon mal ein wenig vorsorgen. Damit ihnen das Geld nicht ausging. Geld konnte man ja immer gebrauchen. Klar, es war nicht das wichtigste auf der Welt. Zumindest nicht für Celina. Sie glaubte, dass es an ihrer Erziehung lag. Vielleicht empfand sie Geld ja auch für etwas schlechtes. Schließlich bekam sie immer welches als Trost, wenn ihre Eltern mal wieder fortgingen. Sie empfand Geld zwar schon als lebensnotwendig, aber nicht als das Wichtigste auf der Welt.
Es gab ein Wellness-Programm. Auch in der Nacht. Luke konnte man die Enttäuschung aus dem Gesicht ablesen, was Celina allerdings nur wenig ausmachte. Schließlich war es ihr Tag. Ihr freier Tag. Das Mädchen ging runter zur Repzeption und fragte nach. Die junge Frau, welche eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock trug, erklärte Celina den Weg zum Wellness-Bereich. Auch sagte sie ihr, dass es im Preis mit in Begriffen sei, dass sie also nichts extra zahlen musste. Also hat Luke sehr viel für das Zimmer, nein für die Sweat, ausgegeben. Vielleicht sogar zu viel? Aber das Mädchen wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Es wollte nicht schon wieder über Geld nachdenken. Nicht schon wieder. Sie hatte zurzeit so viele Sorgen, obwohl sie dachte, dass in Melbourne alles besser werden würde. War es ja auch. Eigentlich. Aber eben nicht richtig. Nicht ganz richtig. Sie verstand es ja selber nicht. Eigentlich sollte sie glücklich sein, weil sie jetzt fürimmer mit Luke zusammen sein konnte. Weil die beiden gemeinsam ein neues Leben beginnen konnte. Sie war ja auch glücklich, aber eben nicht richtig...
Sie lag auf der Liege und ließ sich von einen großen Mann masieren. Manche Mädchen und Frauen würden alles dafür tun, um sich ihn zu schnappen, aber Celina nicht. Er war hübsch, aber nicht Celina´s Typ. Überhaupt nicht Celina´s Typ. Wenn Luke nur wüsste, dachte das Mädchen. Zum Glück war er nicht mit runter gekommen, den so hatte er den Massier, mit den kurzen schwarzen Haar und den braunen Augen, nicht gesehen. Und dann wäre er höchstwahrscheinlich wieder eifersüchtig gewesen. Vielleicht auch nicht. Aber es hätte ihn aufjedenfall nicht gefallen. Wem gefiel es auch schon, wenn die Freundin von so einen Mann masieren. Dabei hatte er doch garnichts zu befürchten. Männer eben. Vielleicht würde es sich ja nach einer gewissen Zeit legen. Vielleicht war es ja nur so, weil er sei eine gewisse Zeit einfach mit keinen anderen Mann reden gesehen hatte. Eigentlich hatte er sie mit keinen Reden sehen. Oder er war noch misstrauisch, wegen Sam. Aber warum sagte er dann denn nichts? Warum? Wieso? Weshalb? Männer dachte Celina. Immer und immer wieder. Männer. Männer. Männer.
Während der Massage entspannte Celina mal so richtig. So wirklich richtig. Danach ging sie zu den Räumen, wo man in Schlamm baden konnte. Sie öffnete die Tür und eine junge Frau empfing sie. Celina setzte sich sich in den Schlamm, legte ihren Kopf gegen das befestigte Kissen und wartete bis die Frau wieder kam. Diese schmierte dem Mädchen eine Schokoladenmaske ins Gesicht. Danach bekam sie Gurkenscheiben auf die Augen. Die junge Frau begann Celina`s Füße zu massieren. Es tat wiklich gut. Vielleicht zu gut. Aber konnte es das eigentlich sein. Nein. So viel wie sie durchmachen musste. Aber jetzt ist ja zum Glück alles vorbei. Wirklich alles. Es ist einfach total perfekt. Perfekt. Perfekt. Perfekt. Dachte das Mädchen immer wieder. Perfekt war so ein schönes Wort. Und hatte so viele Bedeutungen.
Die Nacht im Hotel war schön. Celina war zwar erst spät wieder in die Sweet gekommen, aber trotzdem war es schön. Das Bett war so weich und kuschlig. Luke hatte schon geschlafen, als Celina wieder gekommen war. So friedlich. Wie ein Engel. Aber so sah er ja immer aus, wenn er schlief. Trotzdem so wunderschön. Das Mädchen konnte wirklich stolz sein, so einen Freund zu haben. Aber irgendwie war es ja auch verrückt. Schließlich hatte er ja jemanden getötet. Also doch nicht ganz perfekt. Aber immerhin fast. Sie wusste ja, dass er es eigentlich nicht tun wollte. Aber dann ist es geschehen. Einfach so. Und seit dem war er auf der Flucht gewesen. Aber jetzt konnte er wieder leben. Richtig leben. Was war das auch nur für ein Leben in Deutschland gewesen? Eigentlich war es keines gewesen. Überhaupt keins. Den ganzen Tag in den dunklen Raum. Und vor der Tat? Auch nicht wirklich eins. In der Gang hatte nur einer das Sagen. Und das war eben Sam gewesen. Und er wird es auch immer sein. Jeder musste machen was er gesagt hatte. Und als Luke und Celina dann auch noch zusammen gekommen waren. Dann war es wirklich kein Leben mehr. Sam war so wütend gewesen. So verdammt wütend. Und naja die Leute aus der Gang? Hätten sie sich ja eigentlich schon eher denken können. Die hielten zu Sam. Er war der Boss. Und wird es auch immer bleiben.
Luke ging in das Badezimmer und ließ sich ein Bad ein. Er wollte sich waschen, vielleicht ein wenig entspannen, bis Celina endlich wach war. Dann musste er sich wieder anhören, dass sie unbedingt eine Wohnung, Luke und vielleicht auch sie, sich einen Job brauchten. Er wusste ja, dass sie nicht ewig von den Geld der Schwiegereltern in Spee leben konnten, aber mussten sie das alles schon in der ersten Woche regeln. Sie hatten gerade mal ein Tag in Melbourne verbracht. Da mussten sie doch nicht jetzt schon ihr ganzes Leben planen.
Celina sah ihren Freund auf der Couch liegen, als sie aus dem großen Schlafzimmer kam. „Guten Morgen, mein Schatz!“, begrüßte sie Luke.
„Morgen“, murmelte er.
Was sollte das denn jetzt? War er etwa sauer auf sie? Was hatte Celina denn falsch gemacht? „Kannst du mir vielleicht mal sagen, was mit dir los ist?“
„Was soll denn los sein?“
„Tja, also wenn ich mein Freund am frühen Morgen anmaule, dann ist bei mir etwas lost. Bei dir etwa nicht?“, schrie das Mädchen schon fast. Sollte das jetzt etwa ihr erster, richtig großer Streit sein?
„Tut mir Leid“, entschuldigte er sich, „wirklich. Ich wollte das doch nicht. Ich liebe dich doch, mein Schatz!“
Celina gab sich geschlagen: „Ich liebe dich doch auch“, sie gab ihren Freund einen dicken Kuss auf den Mund. Luke zog sie näher an sich heran. Der Kuss war einfach so leidenschaftlich. Alle Küsse von Luke waren leidenschaftlich. Aber dieser war einfach total leidenschaftlich. Celina fand eigentlich keinen Unterschied. Aber er war eben etwas besonderes. Ihr erster Versöhnungskuss. Sie dachte darüber nach. Es hörte sich ja eigentlich nicht gut aus, Versöhnungskuss, aber trotzdem war er besonders.
Sie schob sich sanft von Luke weg. Dann ging das Mädchen ins Bad und ließ sich ein Wasser ein. Das letzte Mal in dieser wunderschönen Badewanne. Das letzte Mal in diesen wunderschönen Bad. Das letzte Mal mit dieser wunderschönen Aussicht. Am liebsten würde sie für immer in diesen wunderschönen Hotel wohnen. Für immer in der Badewanne liegen bleiben. Fürimmer auf die vielen Hochhäuser schauen. Auf das Meer. Auf den Himmel. Auf die vielen Menschen. Am liebsten würde sie für immer diesen Moment bewahren. Doch sie wusste dass das nicht ging. Und anders als Luke wollte sie so schnell wie möglich ein neues Leben in Australien aufbauen. Neue Jobs. Neues Auto. Neue Freunde. Neue Wohnung. Das alles gehörte dazu. Und sie wusste das es viel Arbeit kosten würde. Viel Kraft kosten würde.
Das Mädchen stieg aus der Badewanne, zog sich frische Unterwäsche, eine Jeans-Hotpants und ein weißes T-shirt an. Danach föhnte sie ihr Haar und band es zu einem Dutt zusammen. Sie putzte Zähne, cremte sich ein und schminkte sich. Danach legte sie die Rotenkugel Ohrringe an, welche sie einmal von ihrer Schwester geschenkt bekommen hatte.
Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 11.07.2011
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