Meine Fehler lassen grüßen.
In den Tuben sitzt der Rost.
Harte Stöße mit den Füßen:
Eine Flaschenkinderpost
Keine Hosen, wenig Zähne.
Einmaleins der Hexenmilch.
Höllenstein löst eine Träne.
Erstgeburt, da schreit der Knilch.
Haferschleim, geseihte Grütze.
Gleißend tropft das Trostgericht.
Den Kopf bedeckt zur Nacht die Mütze.
Das Bettchen steht im Vollmondlicht.
Meine Mutter hat geschrieben.
Was aus mir geworden sei?
Ich hab Parmesan gerieben.
Und Silvester goß ich Blei.
Meine Hände lösen Fetzen
aus dem Zwiebelbau der Haut.
Jedermann will sich ergötzen,
greift sich eine Tulpenbraut.
Kleine Muster sind geschnitten:
in den Augenwinkeln steht's -
Krähenfuß er kommt geritten,
an die Nasenwurzel geh
Wimpernschlag und Duftzerstäuber.
Kräutermasken machen warm.
Willst du's wissen frag den Räuber.
Er trägt Kinderpech im Darm.
Meine Hände heben Hüte.
Und ich schieb den Kopf hinein.
Geh hinaus mit dieser Tüte.
Filz und Wolle sind nun mein.
das Wasser gibt mir STILLE
--------------------------------------------------------------------------------
Leise, leise, leise schleiche
ich ins Stadtbad, nicht zum Teiche
freu mich schon, eh ichs erreiche
auf das kühle, frische Nass
und bin ich drin, - dann mach ich - was?
Zug um Zug üb ich beim Schwimmen
Gedankenberge zu erklimmen
was kommt zuerst und was ist wichtig?
was ist falsch und was ist richtig?
in Kopfe wird es hell und heller
Rund für Runde dreht sich schneller
in der sechsten spürn es Fuss und Hand
mein ganzer Körper ist entspannt
bis ich ihn dann schon nicht mehr fühle
Herz und Hirn sie werden kühle
zu schön, wenn man die Welt vergisst
bis die Kraft so sacht am Ende ist,
die Ausstiegs-Treppe, - ein Magnet!
wie glücklich, wer dann vor ihr steht,
es war Genuss und keine Qual,
ich freu mich schon aufs nächste Mal
und schleich zum Spind auf leisen Sohlen,
um die Klamotten mir zu holen
*
Eine Schöne bist du,
von der nichts abschuppt,
kein Schinn
auf der Schiene über den Augen,
skinloses Haar
über den Becher gebeugt mit Eis,
in kniff-freier Bluse leinenkalt,
eine Schöne
der Zeit der Biesen, des Hohlsaums.
*
Blasse Beute in der bunten Bahn
Zwei Lippen schmal und streng
zu einem Mund verklebt, der schweigt
In ihren Nasenlöchern sitzt die Nüchternheit
die sie nach vorn gebeugt verströmt
Die Hände grau und klein
zwei Zangen, die das Ticket halten
So sass sie ungeschützt vor mir
Blasse Beute in der bunten Bahn
die auf dem Damm nach draussen fuhr
zum Liebesplaltz in der Natur
*
wir brechen das Birkenholz
Kobolde tanzen sich ihre Kraft
auf weiter Heide aus.
Längst schon fielen
Schilder und Webzeichen ins gelbe Gras.
Keiner kennt keinen mehr.
Wie wild die Lippe blutgefüllt blüht
und Leuchten die Körper hell macht:
Auf dem anderen Ufer zu sein mit dir.
Wir zeichnen Umrisse neu.
Wir liegen im reinen kalten Schnee.
Wir brechen das Birkenholz.
Wir schneiden uns Zweige, dünn,
zur Nacht und legen uns das Raschellaub
in die Knisterstube am Stall,
wo der Schafsbock sich reibt
an der Kiefernholzwand,
der kräftige, lüsterne Bock,
der Lämmer zeugt und wärmendes Leben
*
oft wenn ich Pflaumenkuchen esse
und der volle Mund die Backen kugelig füllt
greife ich mir mit geschürzten Lippen
ein davonstrebendes Kuchenschnipsel
das schon halb draussen ist
ich schnappe es mir zurecht
- so dressiere ich auch dich
du oft nur so kurz vor meinen Lippen
und ich höre Worte
die ich liebe
die es von dir aber
gar nicht gibt
*
Was will das Meer von dir
die Wogen
jede Welle der Peitschenknall Neptuns
im Unterzug in Gegenströmung
ob Tiefe oder Obenauf
du schwimmst und treibst und kämpfst
es glitzert in Tropfen schwirrend
in der hellen Gischt
die Sonne punktet Licht
ins brechende Getöse
wenn Luft dir fehlt
und Atempausen
glaubst du
dein letztes Stündlein
wär gekommen
doch du hast Kraft als Fisch
als Sternenkind
im März geboren
das Meer
alle Undinen und Nixen
grüßen dich
und auch der Wassermann
*
ab und an in aller Stille
duftet sie für uns, - Vanille !
ach dies atmende Vergessen
Schluss mit Schokolade essen
schaut euch nur die Judith an
die vom Zimtstern leben kann
*
Atemlos
Keinen Hauch kriegst du mehr raus
du taumelst auf der Treppe
Luft möchtest du
etwas Atem
Alle Felle sind weggeschwommen
in den Erwartungsnischen
wächst Gras
sie holen nichts mehr von dir
sie fahren an deinem Haus vorbei
Du legst deine Hände ineinander
sie kommen dir so kalt, so schwer vor
auf deiner Stirn liegt kalter Schweiß
in kleinen bösen Perlen
Sau-Spiel, Sau-Wetter sagst du
und endlich kommt die erste kleine Luft
du ziehst Sauerstoff ein
Du beugst dich zum Spiegel
gibst dir selbst einen Kuß
du siehst die schmale Dampfspur
auf dem Glas
Schreiben kannst du
und analysieren
aber hilft dir das was
wenn du auf der Treppe stehst
atemlos?
*
im Schaum entstieg die Liebesgöttin dem Meer
Es geht schneller mit uns
das Meer nimmt uns auf, Alexandra
wo sie einst dem Kronos
das Glied abschnitten
hier fiel es herab
brachte die Wogen zum Kochen
und wo Aphrodite
dem Schaum entstieg der See
dort ist das Gurgeln des Malstroms
wir wirbeln mit ihm in die Tiefe
in letzter übertriebener Drehung
als überdehnte Spirale
schrauben wir uns
im letzten Punkt fest
im tiefgelegenen
der uns Vergessen gibt
die Auflösung ins Meer
du und ich eins
am Ende im Einswerden
und Vergehen im Ziel
*
alles verschwimmt
jeder umriss wird weich
in der dämmerung fliesst
mir alles davon
mein mut
mein aufbegehren
die Zeit
*
Schwingung
du legtest dich
kopfüber weit zurück
tiefer und tiefer
am Ufer, ich hielt dich,
deine Haare tunkten
ins Wasser des Sees
ich hielt dich fest
in Schwingung
in vibrirender Lust
war dein schlanker Leib
für diese kleine Weile
so nah wie nie
*
Erwartung
ich bin hastig
ich stolpere
mein Herz schubst
ruckweise mit frisches Blut zu
hurtig räumst du dein Malgeschirr
zusammen, gibtst mir
die kleinen Farbtöpfe
dass ich sie halte
Unruhe
pulsiert
Erwartung
richtet grosse Augen
auf mich und dich
*
vorbei
mit leeren Händen
stehe ich am offenen Fenster
du bist fort
du wirst nicht zurückkommen
ich gehe zum Haken auf dem Flur
dort hängt dein kirgisischer Schal
ich drücke ihn gegen mein Gesicht
atme einen Duft, eine Ungeduld ein,
- dich
*
Engelgedicht
Heidrun Eckert schrieb ihre Doktorarbeit über Hölderlins Empedokles, sie wurde in Winterthur (Schweiz) veröffentlicht. Heidrun schrieb mir einen Engel-Brief. Er war die Antwort auf mein Engelgedicht, - das ich druntersetze.
An dich, die Schreibende
Dir läuft der Griffel, der Schreibstift
im Augenblick nicht über das Papier
nicht auf die Schreibfläche
er ritzt sich nicht
in das blasse reinliche Wachs
du hältst ein, du schaust
du bist im Wartepunkt, an der Stelle
die das Zögern ist vor dem nächsten Schritt
es mitzuteilen, zu sagen
es auszusprechen, es hinzuschreiben
was ist es, was hält dich zurück
ein Bote fehlt dir
ein Engel
ich
*
Sieben Flügel legen sich einwärts
ins Federkleid
aus dem Himmel
aus dem ich bin
in den ich dich rufe
eine kleine Weile warst du
nicht bei mir
ein Flügelschlag verging
und ich hole dich zurück
in die Wachheit deiner Gewißheit
du eine Braut der Stille
du ein Blatt der Wasserlilie,
die sich öffnet
lang ausgreifend im Licht die Blüte
bis der Abend über den Nil fällt
und du dich wieder mit ihr schließt
du im Lotos
du im Lotos der Gewißheit
du ein Blütenblatt
für mich und für uns
für den Himmel
Wolken verschweben
sie ziehen der Sonne
zeitweise ihr Tuch vor
dann gleisst es wieder und glitzert
das Weltenraumlicht deiner Geburt
die nicht in der Zeit war
sondern immeran
Sieben Flügel lege ich einwärts
ich Engel
aus dem Himmel
in den ich dich rufe
*
Ein Pferd steht im Fenster
ich fand jet diese - erste Fassung - meines Gedichts
"Ein Pferd steht im Fenster"
ich finde, "es hat was"
Sperrmüll ist dir Behältnis,
von diffusem Licht umflossen liegst du Raum
was Wünsche wollen, wohin Wasser treibt
du weißt nicht was war, was brach
was splitterte, auf dich zugespitzt, in dich eingeklinkt
Schotterstücke, Schamott in Knack und
Kachelkalk
schrill dieser Laut, den ein Messer macht im hin-her
im kratz-kratz auf Glas
wer geht in diesem Moment unter den Himmel,
wer spricht wahr, der Höllenhund
der sich selbst bewacht und bebellt,
und Schatten beißt:
seine Schatten
schön wäre es, abseits
viel weiter abseits zu liegen
im Mantel des WOANDERS
Hypnos
ein Gott, Sohn der Nacht
Traum
unerreichbar [weiße Flächen behämmert der Schlaf]
Zähne leuchten weiß im Schneidewind
zwischen Ginster
zwischen Anemonen und Wirbelgras
das dir die Wadenhaut streicht
wie oft du einst mit dem Zwischengeist
im Strandhaferfeld eine Weile verschwistert
dem Binsengesang zugehört hast
in Buhlschaft im Kinderbett der Alice
berührst du noch einmal
bevor du mit der Mütze von Mörtel
Mauergrind auf dem Kopf
als Schuttlast nach unten sinkst
im Abgrund weiteratmend
erfaßt dich der große Schreck:
dich ohne Lack, ohne Stolz zu sehen
unter pulvriger Mütze
im weichgespülten Taschentuch
hängt noch
der Duft von Zeit
ein Schmachten und Begehren
das nicht mehr den Hals biegt
zum frischen Apfel
kein Gedanke
Geschöpf des Tages zu sein
mit dem du
in einen schönen Abend gehst
leicht geschlossen liegen Lider über Wangen
die zucken
die Licht spüren
wo alles hinüber ist
in überschießender Helle:
ein Pferd steht im Fenster
darkness at noon
die Sonne dreht sich
*
und alles was dranhängt
Die Poren der Haut
klopfen
gegen das grobe Leinen
du liegst auf dem Bauch
bist eine Frau
hoch bis zum Hals hinan
der Mund ist zart ausgeschnitten
exakt bis hin zu den
hochgezogenen Ecken
er stülpt sich mit Lippen
die sich wölben
zu einem Trompetenkuß
der nicht naß ist
in dem es knistert
und der mich fragt
wer bin ich?
der bittet
such mich
und fordert
forme mich
und sagt
mag mich!
so liegst du da
oberhalb des Halses
so länglich
so siegreich
mit deinem Gesicht
ein weiblicher Mensch
der sich gut handhabt
und zurechtkommt
so kenn ich
einen Zipfel von dir
einen Zungenmundzipfel
den mag ich
- und was dranhängt
*
über der Tiefe
Ich war oben und blickte hinab
wo in der gähnenden Tiefe
nichts mehr war
Kluft sagt der Holländer
Gähnen, to jawn, Klappmaul,
Chaos und Ungestalt
Da kamst du
da warst du da
da hielt mich die Hand
und der atmende Leib
sicher über der Tiefe
*
Ein Schwall von Zeit kommt dir entgegen
du hast dich aufgerichtet
deine Stirn ist heiss
dein Atem geht schwer
kaum eine Freude
hält dich am Leben
du fragst, Schwall Zeit
was willst du von mir
was willst du mir bringen
ich möchte weniger davon haben
weniger Gedanken
weniger Minuten
weniger Qual
denn jetzt und hier
bin ich unten
bin ich am Boden
nichts freut mich
keiner reicht mir eine Blüte
der Himmel droht mit Wolken
und in der Tiefe
wo irgendwo mein Herz
unendlich langsam schlägt
lebt kein Wunsch
nach Verlängerung
deshalb kreuze ich meine Arme
ich liege am Boden
ich bette meinen Kopf auf die Arme
und so
kannst du mir zusehen
wie ich warte, leide und warte
*
Zehn Tiger in der Abfolge
ihrer Dreistigkeit
beleben die Szene
in der eine Frau dominierte
die Flitter am Busen trug
- der Schritt federnd
Nimm meine Leistung gnädig auf
sprach sie im Wagen, wo ihr Pudel schlief,
und Alberto nickte mit schmalem Jagdhundhaupt
Ich opfere die Übung
und den Sprengsatz des Talents
den Launen des Publikums
das mich verkennt
und Tigergeruch
dringt meiner Weiblichkeit sehr nah
Ich weiß nicht
wer nun herrscht
mit Blicken und mit Peitschenknall
ich trete vor
und ich verbeuge mich:
Bin ich nicht groß?
*
Im städtischen Hallenbad
du hast nicht mal so kleine Füße
aber dein Leib ist berückend schmal
wenn du dich aus Versehen falsch hinlegst
auf dem Grund des Schwimmbeckens
auf blaurandigen Kacheln als lebloses Objekt
die Augen offen, die Atmung eingestellt
*
moderne Zeiten
Dezemberfinale, Spiel
des Züngleins »Zweitausend«,
ausschwingende Schalen,
auf dem Swimmingpool knistert leise
die dünne Schale des Silvestereises,
die Ränder der Städte sie dünsten,
- Gasometer-Region, Abfallhalden,
Friedhöfe für Autos, Gebeine.
Schmal sind die Urnenplätze,
Engel aus Kunststoff
beugen sich über Grüfte, lächeln,
- Jahrhundert der Kindfrauen,
zappelig, auf den Lippen
sind sie rauchzarte Racker,
die Teeny-Pille zwischen den Zähnen
haben sie Federn gelassen,
das Beifutter ist ausgeknöpft.
Klirrende Eiskunst der Mini-Liebe,
sie beißen im Kuss,
sie kichern beim Liebesschuss,
- uns bleibt die Wärme,
das Bezwingende der Laute
der uns vertrauten Sprache,
und, menschliche Gesten,
- das Heben einer Hand,
das Niederschlagen
kunstvoll gekreuzter Wimpern
*
Hallo Antje wer kommt? - the postman,
der Mann der die jungen Frauen im Vorgarten
anlächelt, ihnen Mut macht mit Angeboten
der Versandhäuser, fast so beglückend
wie eine AVON-Beraterin, die mit dir Tee trinkt
Unaufhörich und unverbesserbar altmodisch
sehnst du dich nach irgendeinem
Knacken von Altbaudielen
landest dann träumerisch bei einem Knacker
der Luft einzieht und es schwer hat
- du warm wie ein Ofen von seiner Stimme
wo holt er das bloss alles her,
diese Beflüsterungs-Speise, die Hunger macht
auf Liebeslager und Zeitvertreib
in Hecken und unter Buschwindröschen
Was hast du mir zu bieten? Ich blättere
Gutscheine durch, die ich von dir habe,
ungestempelte, - nichts auf Staatsnotenbankpapier,
was du tun kannst, ob ernst sein, zurückgelehnt
oder vorgebeugt zu den kalabrischen Löwen hin
- und dann wieder wegblicken, weg
vom Zitronenbaum. Das Tändeln
und der Schwung der Schaukel, es auszukosten
und dann zurückschwingen in dein Zentrum.
Der Alltag zerrt? Du hast ihn doch selbst
immer dichter an dich herangeschleift.
Unser Ziel, weißt du. Was wir wirklich wollen.
Rauhes Federkleid, spitzer Schnabel, schlecht
behandelt hat man dich, das Horoskop
spielt verrückt. Die Sonne explodiert,
schickt Strahlen, Austülpungen
und Gasexplosionen, Masse verdichtet sich,
liefert sich selbst als Energie. Diese Kraft
trifft uns, wirft uns um. Wir wollen das Absolute,
- und das hoch 3 !
*
Schwarzdornhecke, die piekst und kratzt
Drogen tropfen dir als Worte ins Blut
Wie Drogen tropfen Worte dir ins Blut.
Sie lassen Stühle, Tische schweben.
Kein Stahlseil ist die Zeit –
während du, die Augen abgedunkelt,
den Film siehst in dir,
Strömen, Fließen des Geschehens.
Wie strukturierst du deine Tage,
Menschen zählen, Maschen aufheben,
neben der Straße gehen,
hinter Gardinen Bürger und weiße Katzen,
Alpenveilchen und Silberdisteln,
die Trockenblumen des Glücks.
Jeder von uns spricht mit fremder Stimme, -
es sucht, es gräbt, es lockt
und verzaubert den, der fragt.
Ich wirke den Wirbeln entgegen,
ich drehe Kringel ins Sommerfell,
ich beuge mich über die Schüssel mit Licht
die das Leben ist –
eine zu trinkende Sonnenschale
Ich halte dich für einen Maulwurf
du hastest breitpatschig
durch dunkle Gänge
du bist scheu
du glaubst deine groben Hände
würden nicht taugen
mir zum Erfolg
nach den Ausscheidungskämpfen
zu gratulieren
Wir kreuzen die Federn, die Briefe,
Gedanken sind wachsame Wächter, -
sie warten und passen auf alles auf,
tastende Hände haben keine Chance.
Oft wage ich mich in die Schwarzdornhecke.
Sie duftet zart, aber piekst und kratzt.
*
Hallo du da in der Ferne
im Strudel
im tosenden whirlpool
am Rande der Legalität
am Ufer der Großstadt im Edel-Club
ein Silberhaar-Verleger als Konsul
ein Geldverleiher als Edelbanker
eine Laufbahn-Schnepfe als Mannequin
die dir den Kelch reichen
aus schimmerndem Kristall
in dem eisbeschlagen der drink des Tages
oder der Schnaps der Saison schwankt
als Betäubungssubstanz hin und her
über dem dampfenden Schwimmbad-Wasser
du also jetzt auch noch
eine Edel-Erscheinung nach der man blickt
ob sie da ist
ob sie die Runde vervollständigt
ob sie die Zelebrierung
der Langeweile verziert mit ihrem
mit deinem gewissen ETWAS
deinem Quecksilberblick
Es ist allemal dasselbe
dir geschehen immer nur Muster
der Standard-Betäubungs-Hammer
saust auf dich nieder
dein AUS dein ENDE
kloppt dir gegen die Stirn
Trümmerbirne
die gegen die Wand schwankt
des Abbruchhauses
horch sie trifft
sie drückt ein
Es bummst knallt scheppert
Wippen und Schwanken
Brechen und Knirschen
im Poltern steigen Wolken auf
schießen ins Hirn:
Endzeit-Mörtel und
Todesreiz
ICH PACKE MEIN MATERIAL AUS
ULRIKE
ICH ORDNE DIE WAFFENBESTÄNDE
UND WÄHLE
DIE LASERKANONE
Sie kommen uns als Sog
mit denen sie aus uns
ihr Vakuum vollschlürfen
diese Sauger aus ihrem eigenen Nichts
beköstigen sich aus unserem
Spannungsreichtum
Aus unserer Vitalität
mit der schrägen Komponente
ziehen sie Saft und power
Es sind alles Ratten
und Schabemäuse
mit dem Selbstgefühl
eines Löwen
So nähern sie sich uns
mit der Taktlosigkeit
des großen Raubtieres
mit der Mini-Seele
Du im Mantel der Königin
ULRIKE
du die Meisterin
liegst vor Kreaturen im Staub
Wir sind Opfertypen
Querschläger
Sausegranaten ins Nirgendwo
schwarze Schafe
die als Packesel schuften
Wir fallen als weiße Raben auf
Wir sind Krähen nach denen sie hacken
schwarze Vögel in ihren Augen
dabei zieren uns Federn
bunt aufregend
unsere Flügel tragen uns hoch
frühmorgens unter den Himmel
Abends dürfen wir dann
Müll sortieren
den sie uns hinkippen
Seelenschutt
Quadrat-Mist
menschliche
Wegwerftüten
stülpen sich aus
schütten sich in uns hinein
Schwimm ihnen Ulrike davon
aus dem Edelbassin durch die Schleuse
unter freien Himmel auf unser weites Meer
Hallo du da in '89
laß doch die Dinge
die Schleppe
die Ränder
die Lamellen schleifen
Ach Telgte
die eiserne Bank
im Stadtwald
fremd geküßt
hörst du tropfenweise
die Ri-fi-fi Melodie
Oder der dritte Mann
spielt dir auf
am Donau-Gestade
die Zither-Melodie
für ein Heldenleben
Oh Schwester im Mond
schau das Bild der Frauen
die Mulde nicht glatt
die Kuschel- und Duftzone
wenn sie den Arm hebt
Ach deine
ganze Natürlichkeit
wie du dich ruckartig
verströmst
duftend und tierisch schön
kommst du hervor
pinkfarbene Flecken
auf Wangen und Backen
Himbeereis schmilzt dir
in der Maultasche
Du wälzt dich
im Wimpernschlag
drückts mir
Sekundenglück
zwischen die Zähne
Sie haben dir zugesetzt
sie wollten deine Haut
du solltest sie ihnen
selbst zu Markte tragen
Im Geweih
hing deine Mädchenhandtasche
draußen beim Jägertreffen
du Lokaljournalistin
eine Waldhausschönheit
mit großen Augen
Deine Augen
die ins Weite sehen
und nicht zu mir
dem Mondbruder
der dir seine
Waage-Seele leiht
Ich öffne dir die 89er Pforte
diese schmale Tür
88/89
zwischen zwei Piccolo-Flöten
in denen es Sekt
nur zum
prickelnden Einatmen gibt
Lehne dich an
Ulrike
an die Säule
suche Halt am Marmor
am Kleinkredit
an der
Dispositions-Grenze
Ich sehe dich schwungvoll
mit vibrierendem Oberarm
der die Dinge hält:
Söhne und Texte
Schüsse und Knaller
im Botnang-Tal
Kracher im Hausgarten
daß der swimmingpool raucht
in der Kühle der Frühe
Der Konsul schickt Werbung
vom Tisch herüber
über das edle Essen gebeugt
zeigt er Silberhaar
er verlegt Kunst
Schieben wir '89
wiederum Kugeln
im gleißenden Licht
Energiekapseln der Sprache
der Lust am Wort
und schicken
in Geisterbeschwörung
kleine Sequenzen
auf die Reise
daß die Ohren knistern
im Unverständnis
Wie sich das Bierhemd
ach Mitmensch
aufwölbt im rülps-rülps
der Nicht-Ekstase
Schöne Schwingung
der Schwester
schöner Mit-Ton
im Vibrato Ulrike
dein Seelenkasten
diese Resonanzschaukel
kippt auf "Empfang"
Sternen-Energie kommt
schwimmt in den Reizkanal
schwappt in die Lustschaukel
ins Gehirn
ins Lymphsystem
Wer im Dumpfen sumpft
der Normalmensch
glotzt aufmüpfig
weil ihm Elsners show
nicht gefallen hat
dabei ist in ihm selbst
tranige Konsistenz
Antwort
die sich das Dumpfe gibt
ein "blubb"
das das
Schlüpferband hebt
Klingeln dagegen
und Treffermeldung
bei dir Ulrike
die du bebst
in der Drehung im Schlaf
wenn der Mond
ins Oberlicht trifft
Zaubern in '89 eine Waagekunst
dir vorgeworfen
als rätselhaft
dein Charme
nicht berechenbar
Schwimmen
und die Arme heben
zum Wogenzerteilen
eine Wasserkunst
im Ent-Eilen
Unwandelbar
dein Muster zu werfen
als Bild an der Wand
im Schattenspiel
oder
Abdrücke im Sand
daß du da warst
daß du die Strecke
durcheilt hast
zur freien See
Meermaid
Wasserjungfrau
mit flacher Hand
die Schuppen
glattstreichen
die silbrigen kurzen
Nach der Liebe
den keuschen Blick
des "NA UND?"
Alles nicht gleich
sondern sofort
Ungeduld
wie du am Brot reißt
oder am Ziehfaden
der dir die Packung öffnet
wie ein Zirkuszelt
Ein Pferd reiten
oder einer Meerkuh
Druck geben
daß sie schwerer
der Tiefe zusinkt
die sie teilt
als Majestät im Plankton
So gehn wir dahin
Ulrike
zwei Mondleute
denen der Zauberstaub
manchmal
zwischen die Beine schlägt
Warte doch nicht auf
den prasselnden Beifall
wir haben im Heute
die Freude
dazusein und zu sprechen
mit unserem eigenen Ich
das im Widerspruch
und in schöner Schlinge
sich fängt
und leuchtet in Bruchstücken
und Teile-Glitzern
Laß doch die runden
ungeritzten Kartoffeln
sie schlagen zwar zurück
aber uns bleiben
die Schwester
der Bruder der Zauber
Ich grüß dich
Ulrike im Tidenhub
auf dem Wellenkamm
im leichten Schaukelspiel
der Sprache
die du mit mir teilst
AUF UNS
UND DAS NEUJAHR !
Die heißesten Wünsche treffen sich am Kühlschrank
*
Haiku
Stumm, eine Säule,
stehst du gegen den Himmel,
dich atmet die Welt.
*
Durch die Dornenhecke gedrungen
Immer wieder, ob es finster ist
oder das Licht dir unter die Wimpern brennt
fällt uns ein Taubenflug zu vom Himmel:
schmal liegt uns das Ölblatt auf der Hand
Himmlisches versuchen
den Wolkenriß durchspähen
ins Blau die Seele recken
bis hin zu den Zinnen der Burg
Wo die Eiskönigin schmilzt
in Öffnung, in Verlangen
So gehen wir über die Grenze
So öffnen wir die Tore
So fallen Gatter und Zäune
So bricht der Wald auf
Durch die Dornenhecke gedrungen
liegen wir weit draussen im Feld
und atmen ein und aus
das entgrenzende Glück
die sich zu einem hohen Ton
aufsummende Erfüllung
*
Aus Gebüsch unter dem wir liegen
Im Strandhaferfeld
oder auf der Asphaltstraße
im Dschungel der Großstadt -
wir schieben das Kinn vor
unsere Behauptungsgebärde
wir suchen es
zwischen den Werkzeugen
unserer Arbeit
wir schieben es
auf die Straße der Lust
zu zweit auf der Lagerstatt
wir treiben in den Strudel
der Sinne und Taten,
absichtslos im Leben unterwegs
Aus Gebüsch unter dem wir liegen
sehen wir seitwärts zum Licht
zu den Signalen des Weltalls
es ist uns ins Blut geimpft
wir haben es an uns
auf der Haut und im Haar
es klebt uns im Nackenfett
und in der zarten
Geschlechtstalgzone
Dabeizusein in der Stille
wenn der Sekundensturm leise ist
die Finger schieben sich Haut zu
im Probespiel der Nähe und Liebe
immer wieder züngelt
uns das Bezaubernde an im Kuß
im Druck des Lippenpaars
das uns begüßt wie den Ankömmling
der ins Haus trat
als der lang Erwartete
Aus Gebüsch unter dem wir liegen
blinzelt uns Licht aus dem Weltraum zu
Wolken verschieben das Blau
in festgetürmten Bettdecken
die unserer Erde Wärme geben
*
Die Menschenschwester
Sie haben alles bereitet
du liegst nun da
du kannst nichts mehr bewirken
nichts mehr ändern
du hast dich freigegeben
du läßt dich los
Im Fensterkreuz Wolken
und ab und an das Blau des Himmels
Sonnenflecken wandern über das Bett
wie grell wie weiß die Decke
das Krankenhauslaken
Menschenschwester
wir denken an dich
*
Kleiner Krieger
Deine Bewaffnung
lieber Bär
schmeichelt dir
gut gerüstet bist du
für einen feierlichen Gang
in den üppigen
in den kanadischen Wald
dort auf kleiner Lichtung
ist Platz genug
für deinen Mut
ach, Bärenherz,
dieser Kampf,
den du kühn erstrebst:
Wie die Indianer sagen:
in ein und derselben Höhle
ist für zwei Bären-Männer
kein Platz
*
Dank
für schnelle Poesie
und fixe Reaktion
wenn dich
mein schwarzes Farbband
gestört hat
heute ist es grau
(was man den Gehirnzellen nachsagt)
(den kleinen, geschwungenen)
was
zwingt dich heute
wer
spannt deine Kräfte
die zusammengerafften
vor welchen Schlitten
mit denen es bergab geht
zum spiegelnden See
aus Eis
wo es kahl ist
kalt und glatt
wo man Scherze treibt
mit den Läufern
was
stecken sie dir
durch den Schlitz
die Postmänner
deiner Wahrnehmung
wer
logiert
Austauschstudent
längliches Gesicht
und sehr englisch
bei dir?
Wer
bricht das Brot mit dir
und das Schweigen
des hundedurchtappen
Hauses?
Fragen über Fragen
blasse Mäuse
richten die vom Blutunterdruck
geschwächten Augen
auf dich
wann
gibst du ihnen ihre Speise
und zu welcher Zeit?
*
im Licht zu bleiben - -
Im Strom der Luft zieht viel zu dir
auch was vergessen war und schwach noch lebt
ein Duft ist es von Zweisamkeit und Schmelz
des Küssens in der Last des Drucks auf dir
wenn Wellen brechen und der Damm sich öffnet
ein Sturzsee in der kleinen Zeit in der du untergehst
So siehst du noch dem Häher nach
der nun entfliegt dem Wäldchen zu nach freiem Feld
er teilt die Luft mit schnellen Schwingen
die ihn zum Hochsitz bringen wo die Jäger warten
wenn früh das Büchsenlicht im Wolkensaum erscheint
dich meint kein anderer als er
wenn er im Flug den Warnschrei sendet
den Feldbewohnern und im Wald dem Wild
so soll das Wache dein sein und die Lust
im Licht zu bleiben eine Weile an dem Maientag
wenn Kühlschrankstille und jenes Lautlosbleiben
der Schlaf- und Badezone vom außerhause-sein
der Söhne künden, die das Pferd zureiten oder
portugiesisch Mittag essen während du gelöst
dich legst im Garten wo die Kräuter sprießen
wie sie wollen - ein Feld des Friedens,
wo keiner pflückt und rupft
Ein Lächeln wacht am Lippenrand und Grübchen
drücken die Erwartung aus am Kinn
Antwort zu sein im Mienenspiel
für viele Glückssekunden zur gezählten Zeit
*
Ein Pferd steht im Fenster
Sperrmüll ist dir Behältnis,
von diffusem Licht umflossen liegst du Raum
was Wünsche wollen, wohin Wasser treibt
du weißt nicht was war, was brach
was splitterte, auf dich zugespitzt, in dich eingeklinkt
Schotterstücke, Schamott in Knack und Kachelkalk
schrill dieser Laut, den ein Messer macht im hin-her
im kratz-kratz auf Glas
wer geht in diesem Moment unter den Himmel,
wer spricht wahr, der Höllenhund
der sich selbst bewacht und bebellt,
und Schatten beißt - seine Schatten
schön wäre es, abseits
viel weiter abseits zu liegen
im Mantel des WOANDERS
Hypnos
ein Gott, Sohn der Nacht
Traum
unerreichbar [weiße Flächen behämmert der Schlaf]
Zähne leuchten weiß im Schneidewind
zwischen Ginster
zwischen Anemonen und Wirbelgras
das dir die Wadenhaut streicht
wie oft du einst mit dem Zwischengeist
im Strandhaferfeld eine Weile verschwistert
dem Binsengesang zugehört hast
in Buhlschaft im Kinderbett der Alice
berührst du noch einmal
bevor du mit der Mütze von Mörtel
Mauergrind auf dem Kopf
als Schuttlast nach unten sinkst
im Abgrund weiteratmend
erfaßt dich der große Schreck:
dich ohne Lack, ohne Stolz zu sehen
unter pulvriger Mütze
im weichgespülten Taschentuch
hängt noch
der Duft von Zeit
ein Schmachten und Begehren
das nicht mehr den Hals biegt
zum frischen Apfel
kein Gedanke
Geschöpf des Tages zu sein
mit dem du
in einen schönen Abend gehst
leicht geschlossen liegen Lider über Wangen
die zucken
die Licht spüren
wo alles hinüber ist
in überschießender Helle:
ein Pferd steht im Fenster
darkness at noon
die Sonne dreht sich
Ein Pferd steht im Fenster
In den Zeiten wo das Geschwätz Tagessprache ist, sind Gedichte wie Kraftkugeln, in denen es vibriert, funkelt und summt.
*
EZRA POUND
* * *
In a Station of the Metro
The apparition of these faces in the crowd;
Petals on a wet, black bough.
In einer Metrostation
Das Erscheinen dieser Gesichter in der Menge:
Blütenblätter auf einem nassen, schwarzen Zweig.
(Übersetzung von Johannes Beilharz)
This is Ezra Pound's famous haiku, probably one of the 20th century's most frequently quoted pieces of poetry.
Dies ist Ezra Pounds berühmtes Haiku, wahrscheinlich eines der am häufigsten zitierten Gedichte des 20. Jahrhunderts.
*
Oft hin- und hergewandt
In bestürzenden Brechungen
herabsinkend und wieder im Tidenhub
Schlafes voll inmitten Bewußtem
frisch hochgewacht
Dinge zu sich heranwinkend
ihnen Eindrücke verschaffend
eine wachsende, gestaltwechselnde Seele
in dem auf Menschen treffenden ICH BIN
so steigst und fällst du
eine Bewegung
im Weltinnenraum.
Und sie grüße ich
die Schwester Phantasie
die wahrnehmende und deutende
und das Sein treffende Kraft.
Weiches ist da
und eine spitznadelfeine Genauigkeit
und die Stärke der Stimme
und ihr Herabschwingen
in den Windungen
des Eingewobenseins
Dies ganz klar
im verhüllten Meer
der Beziehungslosigkeiten
und der Stummheit
- ihr, vernehmbare Wesen
gebt mir den Dank
und die Gewißheit:
Nichts geht verloren
in verwunschenen Hecken
lauschend, raschelnd im Dickicht
in der Watte der Stille
*
Im hohen Norden zwischen kleinen Birken
bin ich ein Tier des Zaubers und der Künste
dem Jäger Ziel und Glück zu zeigen -
mit der Sonnenscheibe, die ich trage.
Eine Lust: dabeizusein,
wenn sie uns alle jagen.
Am Morgen: eisbetautes Moos
gerupft mit heißem Maul,
das Nahrung sucht - ich springe!
Wie das Fell mir juckt:
den Tag zu wagen,
der uns alle meint -
kein Rentier bleibt für sich allein.
So stehen wir gebunden und gedrängt
in den Hagen der Lappen,
die uns fingen. Wie weich
das ungebrannte Kalb noch blickt -
auf mich, der den Knebel kennt,
den Feuerschein und Brandgeruch.
Wie das Jungtier sich duckt,
wenn das Eisen es trifft - und zeichnet.
So gibt auch der Himmel Zeichen,
wer wir sind und wer die Linie ritzt,
der unser Schicksal folgt, ob nachts
im Norden, kühler Schlaf oder am Tag
im halben Licht der Sonne, -
Wir sind nun still geworden
im Licht des Zaubers und der Künste.
*
Katzen sind die kühlen Tiere
mit den fernen Träumen
in den Augen
dort in der Tür
lauscht sie ins Haus
das sie so oft gekannt
und steht
mit vorgesetzter Pfote
auf der Schwelle
dann geht sie leise
gesenkten Kopfes
längs der Wände
lange war sie draussen in den Nächten
doch frühe,
ehe der Lärm
über die Mauern des Gartens steigt
kehrt sie zurück
Wieder ist sie dann abwesend hier
Doch erst erschrickt sie, in der Tür
und steht und lauscht ins Haus
*
Auf den Fluren, auf den gelben,
lag dort je der zartgestreifte Schnee?
beugt der Raps sich und im selben
Felde ruht das Reh.
Ocker leuchten die Geschiebe:
grüngesäumter Kies.
Wasserweiden zeigen Triebe,
weihn dem Weiher einen Fries.
Späte Gäste in den alten Linden,
bieten Schlafgeäste dar,
noch siehst du den Nachbarn Garben binden.
In den Bäumen stehen Star und Star.
Laß die späten Schattenstunden.
Nimm die Hand vom kalten Stein.
Laß die Lippen Worte runden
- im Atem Hauch und Wärme sein!
*
Vögel beschweren die Zweige
Lebensbeschreibungen, Daten
bilden Umrisse und Zacken, unter denen
das schreitende, aufsteigende, fallende Flockenspiel
hinwegtaumelt: Stunden zu zweit –
wann verlobt man sich wirklich,
doch nicht an den festlich beflaggten Tischen,
Sherry zwischen Zähne und Zunge.
Schritte abends gegen den Stadtwald,
der Motor kühlt ab unter
der pastellfarbenen Haube,
Vögel beschweren die Zweige,
unzeitgemäß organische Substanzen
rascheln unter deinen Kunststoffsohlen.
Du betrachtest das Spiel der Augen,
dieses weibliche Hin und Her,
Wachsein, Hingabe, Verweigerung.
Du fühlst im Haar das Urtümliche,
das aus der Sprühverfestigung ausbricht
unter deiner Hand: Wildnis, dicht, wirbelnd,
stellvertretend für die Kolbenschwere
der eiszeitlichen Ahne.
Du siehst im Stundenglas
das flüssige Element steigen
und fallen: proteusartig, mädchenhaft.
Sekunden und Zähne, Druck gegen Wangenknochen,
die Irismuskulatur zieht sich zusammen,
die gestrafften Lippen wölben scih,
Blicke sind da, die Fächer tragen,
gesenkte Einverständnisse: Verlobung.
*
NORDLICHT-PASSION:
an Ufern und Küsten:
der hoch geschobene EROS
EROS - der Kahn mit Motor
und der Schubkraft, -
bis hoch auf die Böschung hinauf:
Was soll dir dein Anker?
Wie er Flagge zeigt
wie er die Masten streckt
wie er die Funkantenne
den Wolken entgegenhält.
EROS - oh du Unruhegott,
der die Wogen pflügt,
du Wellenreiter,
du Schaumkopf-Bezwinger:
dem Wasser fehlt!
Erzähl uns,Eros,
was Liebe ist:
Eine Umnebelung
dicht vor der Küste,
wenn ein Horn schallt,
das dir sagen soll,
daß da noch andere sind.
Eine Haut, die du dir
über alles ziehst: ein Liebesleder,
das dir die Welt total verklebt.
So lange du liebst,
fehlt keine Signaltonne dir,
keine Heulboje, kein Flutanzeiger.
Ohne Kurs lächelst du glücklich.
Du sitzt in der Zweier-Höhle
du spielst »Nische«:
alles andere ist winzig.
Lupenartig vergrößert
nur das Geliebte:
das du dauernd beriechst,
das du endlos betastest....
Tief in dir stampft eine Machine,
die dich voranstößt: ungezügelt,
bis du dir im Spiel der Instinkte
selbst zu Berge stehst.
Liebe als Trockenkurs,
so liegt er, EROS,
auf müll-überschütteter Klippe.
Er hört den Lachmöven-Pfiff:
ein gestrandetes Schiff!
*
Zoe das Leben
Zoe das Leben
oder weniger als Nichts
was denn fällt und fällt
in den gärenden Blätterteig
des Herbstes?
Laub raschelt,
ich höre Igelbrunzen,
alles ist mit Internet-Ideen
bestäubt
wenn ich staunend
lange genug
den Mund
weit weit offen halte
dann trifft ein Buchenblatt
genau zwischen meine Zähne
es ist so groß und breit
es liegt mir flach auf den Lippen
ein Buchenblattkuß
*
LICHTBLICK
Auf den hellen, auf den gelb gesäumten Fluren,
lag dort je, warmbesonnt im Klee, das Reh?
Bald, ob in Winter-Monden oder Träumen,
wirft auf dein Herz der Himmel
den ersten Schnee
Willst du dich in Sankt Nimmermehr verlieben?
Nicht erfahren, wovon die Mütter wissen?
Im höchsten Punkte des Tages,
ob Erfüllung, ob Verzicht,
trifft dich
DER BLICK, DAS LICHT
*
aus dem FALKENBUCH des Normannen-Kaisers
Eingetaucht in schwellendes Wasser,
so verschwimmt mein Blick
ich frage mich, ob ich sinke, ob ich treibe
dicht neben dem Zentrum des Quells, wie kühl strömt
das immer sich neu füllende Naß
Hauthell fragt mein Herz
Bin ich ein Geworfener, nackt, dem die Grenzen verfließen
Einer, der seinem Ende zusinkt?
Oder bin ich einer, der nicht untergeht,
sondern der bei Lurchen und Fröschen
zu Gast ist, ein Schwimmer?
Die Blumen zur Seite, sie öffnen sich bunt
Wie sie will ich Nässe schlürfen, Licht trinken
Die Sonne wirft mir Ringelschatten auf den Leib
Ich genieße die Wasser-, die Licht-Lust
Ich fühle meine Haut, sie lebt, sie schaudert
Ich gleite, ich treibe, den Blick in die Tiefe
Aus dem Falkenbuch des Kaisers Federico II Normanne und Staufer
*
Wolkenschieber
Vierundzwanzig Stunden
blick ich immer wieder hin
Signalfeld der Digitaluhr
nichts ist zu hören
kein Tick kein Tack
kein Glockenschlag
oh alte Standuhr
im Großmutterhaus
Perpendikel-Geschwinge
Ich lausche anderen Tönen
es gibt kein dazwischen
keine Stille vom Ticken
Vor allem schaue ich ihm zu
ihm, der, draußen, oben,
am niedrigen Himmel
die Wolken schiebt
manchmal mit Sturmesschnelle
dann gibt es Wirbel
und flatternde Enden
ganz spitz solche Wolkenzipfel
die davonflitzen im Husch Husch
während ich in der Stube
mein Plusterbett aufklopfe
und in die Truhe stopfe
weil ich tagsüber
auf meinem Bett
flach daliege
auf dem Rücken
und zur Zimmerdecke
hochblicke
wo Lichtkringel
immer dann wandern
wenn der Wolkenschieber
ein blaues Loch
freigeschaufelt hat
*
De fisk oane Ogen
mein Gedicht Landung ist ins Emsländer Platt übersetzt worden,
schon vor Jahren. Hier kommt es.
Upsetten
De fisk
oane Ogen
köm tau mi
in Drom
schöf mi sin Mul int Ohr,
dätt ick schräch hänrutzkend
de Klipp fünd
Kridewitt tüsken de Lüppen vanne Sai
dät Meersolt schümmert int Hoar
unter Schnuwen vanne Wellen
kröp van de Tänn van ne Säi
kröp van de Finger van ne Säi
Drom
un Tasten van de Häände
Täbäck un Räipe
tumber Tuffschtäin
Dintenfisknäwel
un äin
timpehellet Timp-Timp
vör de schrägen Ogen
vanne Haifiske
Übertragung ins Emsländer Platt: Bernhard J. Scheve
hier auf Hochdeutsch
LANDUNG
Der Fisch kam zu mir,
augenlos, im Traum,
drückte mir sein Maul
ins Ohr, dass ich,
schräg hingleitend,
die Klippe fand.
Bleich
zwischen den Lippen der See,
unterm Geschnalz der Wellen,
schimmernd das Meersalz im Haar,
entstieg ich den Fingern,
den Zähnen der See.
Traum und Tasten der Hände.
Tabak und Taue,
tumber Tuffstein,
Tintenfich, Trübes
und ein
timpehelles Timp-Timp
vor den schrägen Augen
der Haifische.
*
Tänzer
Ein Fingehut in der Form
eines Vogelkopfes,
der "«augenauf»" blickt.
Einen herrischen Schnabel
hat der Vogel,
dieses Kampfzeichen
der Goten, die in Spanien saßen,
Visigoten,
mit ihren Richter-Königen.
Ein Troubadour
ein Erfinder
oder noch besser:
Ein Rühmender,
der die Zeichen bildet
Ruhmeszeichen, Wendezeichen,
Bildmarken, Trophäen
den Sieg der Dame anzuzeigen
beim Turnier
oder als Spielmann
zu ihrem Ruhm antreten
und die Weise singen
vom Hier und Jetzt
des Lebens
und vom Dort und Damals
vom Einst und Immer
dessen
das nicht vergeht
das keine Unbeständigkeit hat
sondern
da ist
Tanz ist die erste Sprache des Menschen
er setzt die Füße
er hebt die Arme
schwingt sie seitlich
Er springt,
und aus Schwung, Drehung
und dem tam-tam auf dem zitternden,
vibrierenden Boden
wächst ihm der Rhythmus zu
wie ein Fluß,
der wächst und schwillt
Auf dem getrockneten Nilschlamm
der festgetretene Lehm
nun glatte Fläche
für flache Füße
die dich treten: Rand des Nils
und der Pharao
beider Reiche
blickt zu
Priester klatschen in die Hände
Früchte fallen
im Murmeln der Körper
wächst der Gesang
aus dem Lied der Bewegung
aus Tanz wächst die Sprache
Taubstumme Tänzer
tanzen nach Musik,
die sie dem Vibrato
des Bodens entnehmen
einem riesigen Schwingungskasten
aus Holz,
besonders konstruiert,
auf dem das Orchester sitzt,
ich füge den
Zeitungsausschnitt bei
*
Tag der Veröffentlichung: 30.10.2008
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