Die geflügelte Grotte – Kapitel IV
Rückkehr zur geheimnisvollen Grotte
Am nächsten Morgen fühlte sich Jonathan Maidira wie gerädert. Er hatte kein Auge zugemacht und ihm taten sämtliche Knochen im Leibe weh. So kaputt und ausgebrannt hatte er sich noch nicht mal gefühlt als er vor drei Jahren von Gegnern der Umweltschutzorganisation für zwei Wochen in einem verlassenen Kellergewölbe als Geisel gefangen gehalten wurde. Schon damals glaubte er dem sicheren Tode geweiht zu sein, doch verglichen mit seiner jetzigen Lage empfand er es als Naherholungscamp. Noch immer hockte er im sichtgeschützten Dickicht des Waldes und sondierte mit müden Augen die Lage. Er trank hastig einen kräftigen Schluck Wasser, aß ein paar übrig gebliebene Brocken des mitgenommenen Dörrfleisches, prägte sich noch kurz die Wegbeschreibung zum Versteck ein welches Fuchs wohl weislich angelegt hatte , und trieb seinen recht lang wirkenden aber völlig geschundenen schlanken Körper in Bodennähe weg vom Iglu das bei Tageslicht betrachtet aussah wie die zerfetzte Donnerkuppel; und der unmittelbaren Gefahr eines völlig unberechenbaren Wesens einer längst vergangen Zeit.
Punkt für Punkt ging Maidira die Anhaltspunkte durch, die Fuchs in seinen Aufzeichnungen hinterlassen hatte und gelangte auch nach nicht enden wollenden Kriechen, sich umschauen, atemlos ausharren, kriechen.... zu dem kleinen Bach klaren Wassers, den Fuchs als Wegweiser zum Versteck beschrieben hatte. Laut der Angaben im Notizbuch endete das Bächlein in einer Art Teich am Fuße eines steil aufragenden Findlings der wohl schon aus der Eiszeit stammen dürfte.
Jonathan schnaufte erleichtert durch, als er den Teich der eher einer zu groß geratenen Pfütze ähnelte erreichte. Nach mehrmaligen erneutem Umsehen und lauschen, benetzte er sich zur Erfrischung das Gesicht, wobei ihm auffiel; dass sein eh schon fahl wirkendes Gesicht noch blasser schien als je zuvor. Das Spiegelbild zeigte müde, unterlaufene Augen die aus geröteten Höhlen hervor stachen. Das Gesicht selber erinnerte an eine Kreidetafel, der Mund war trocken, die Lippen teilweise aufgeplatzt. Doch all dies erschrak ihn nicht halb so sehr, wie das Gesicht welches nun unmittelbar neben seinem eigenen im Teich erschien. Tiefblaue, blitzende Augen schauten in sein Spiegelbild! Maidira erschrak sich so sehr dass er zurück wich und mit dem Kopf gegen den Findling knallte.
Nach kurzer Ohnmacht erwachte Jonathan, den Rücken an den Stein gelehnt, das Notizbuch fein säuberlich auf den Rucksack gelegt, und vor ihm erblickten seine noch verschwommen wirkenden Augen dieses Kind. Das Mädchen mit diesen unfassbar blauen Augen und dieser Güte die sie ausstrahlte dass man meinen könne sie sei direkt dem Himmel entfahren; wirkte sichtlich gefasst und machte in keinster Weise einen schockierten oder nervösen Eindruck. Ganz im Gegenteil.
Ihre schon fast störrische Ruhe machten Jonathan Sorgen, doch das kleine Mädchen mit diesem rosaroten, gerühschtem Kleid welches in der Sonne glänzte, zwinkerte ihm zu und zeigte mit ihren kleinen Fingern auf die Verletzungen die Jonathan davongetragen hatte. Seine Wunden waren versorgt worden und die aufgeschrabbten, eingerissenen Hautpartien waren mit einem grünen Kraut abgedeckt. Er fragte sich ob die Kleine dafür verantwortlich war, doch die Linderung ließ ihn aufatmen und die Gedanken wiederfinden. Sogleich fragte er die Kleine ob sie wisse wo ihr Großvater die Sachen vergraben hatte. Die Kleine nickte, streckte ihm ihre kindliche Hand entgegen und führte Jonathan nach kurzen unbeschwerlichen Metern zu einem kleinen Bäumchen, in dessen Geäst Maidira die eingeflochtene Uhr entdeckte. In unerwarteter Freunde grub sich Jonathan durch die Erde und entdeckte nach kurzem Graben die Stabtaschenlampe, die Streichhölzer und...., wo war die Campingaxt? Sie war nicht da. Merkwürdig. Fuchs hatte doch präzise erklärt das auch die Axt sich bei den anderen Dingen befinden solle. Er besah sich Lissy, doch die stand nur wie angewurzelt da und bewegte sich keinen Millimeter. Ganz entgegen seiner Erwartung schritt Lissy jetzt auf ihn zu, richtete ihren Arm erhoben nach Süden und zeigte auf dieses in die Höhe ragende Steinmassiv. Aber genau da lag die Grotte die er so fürchtete. Dort war die Höhle des Löwen. Doch die kleine Lissy zeigte weiterhin unbeeindruckt auf die Stelle wo Jonathan Maidira nie wieder hin wollte. Zurück zur geflügelten Grotte!
Texte: Alle Rechte liegen beim Autoren Falk Peter Scholz!
Tag der Veröffentlichung: 11.03.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Jürgen Wulf!