Der Kerker
Als Think den Kerker betrat, war es genau 22 Uhr 17. Er war ein wenig zu früh erschienen doch die anstehende Begegnung hatte Ihn so neugierig gemacht, dass er es nicht länger zu Hause aushielt!
"Hallo Think", begrüßte Ihn Frank, der Wirt des Kerker`s.
" So früh heute?“
„Ja ich hab eine Verabredung im Gang Zwei."
Frank kniff die Augen zusammen,stellte das eben frisch polierte Glas ins Regal zurück und wandte sich dem jungen Manne zu.
" Hör mal, du weißt ja was ich dir gesagt habe,damals? Think, weißt du es noch?“
„Ja, natürlich weiß ich noch was du mir damals sagtest, aber ich habe es mir auch nicht ausgesucht!“ Think erinnerte sich zurück, an diesen Abend vor 5 Jahren.
Es war der Vorabend des 09.09.1999, er war noch nicht sehr lange in der Stadt und man hatte Ihm den Kerker ,(ein einheimisches Lokal) empfohlen. Wenn du etwas besonderes suchst, dann geh in den Kerker!
Der Kerker, das war eine Art Barkeller, mit einer mehr als hundertjährigen Geschichte.
Finster war es hier und seltsame Gestalten trieben sich hier herum.
Es war ein Wirtshaus im Stile des Spessart, so erschien es ihm.
An diesem Ort trafen sich jeden Abend die verschiedensten Leute; Literaten, Poeten, Geistliche, Musiker aber auch Verbrecher und sogar Mörder waren hier vertreten!
Argwöhnisch hatte Ihn der Wirt beäugt und die schwarzen Gestalten drehten verwundert ihre Köpfe, als er den Keller damals das erste mal betrat.
Doch er fand schnell Gesellschaft und so tranken sie bis spät in die Nacht.
Zur vorgerückten Stunde nun begann Think die Räume und finsteren Gänge des Kerker`s zu erkunden.
Der letzte Gang; Gang Zwei führte ihn in einen kleinen schlecht beleuchteten und muffig riechenden ovalen Kellerraum! Er tastete sich durch den Raum und erreichte schließlich das Fass; und das war der einzige Tisch der hier stand und aus einem alten Weinfass gefertigt war. Auf jenem Tisch befand sich eine Platte von wirklich merkwürdiger Optik.
Soviel er erkennen konnte, war sie aus Sein gefertigt und mit seltsamen Schriftzeichen versehen. Think trat näher heran und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass sie sich drehen ließ.
Vom vielen Alkohol geführt, begann er nun die Tischplatte zu drehen. Ihm war als würde ihm eine alte Geschichte erzählt, während sich die schwere Platte drehte. Gebannt starrte er auf die Bilder die sich vor seinen Augen abspielten.
Erschrocken fuhr er herum, als der Wirt plötzlich hinter ihm stand und ihn entgeistert anstarrte. „Das ist ein sehr gefährlicher Ort an dem du dich befindest", sagte er mit schwingender Stimme. „Hier kann man schnell mal sein Leben lassen. Es wäre besser wenn Sie nie wieder hierher zurückkommen. Der Raum ist für Gäste gesperrt! Wissen Sie hier sind alte Mächte am Werk, von denen sie nicht die geringste Ahnung haben."
Im Vorbeigehen sah er ihm tief in die Augen.
" Was hast du gesehen?“
"Nichts; gar nichts habe ich gesehen." Think wurde kreidebleich!
" Ich habe nichts gesehen", versicherte er dem Wirt erneut und verließ den Raum.
Der Wirt trat zum Tisch und besah sich die Platte, die gerade stehen geblieben war. Ein schmales Tiegel artiges Gefäß, war auf den rechten Stuhl gerichtet.
" Was hast du nur getan?“, sprach der Wirt, tupfte sich den Schweiß von der Stirn und löschte die Kerze.
Die Prophezeiung
Geschrieben steht: Die verlorenen Seelen werden ihren Weg finden,von der Dunkelheit umhüllt und die Welt ins Elend stürzen!
Frank der Wirt setzte sich zu Ihm, legte Ihm die Hand auf die Schulter und lächelte.
"Weißt du Think", begann er.
" Seit damals ist viel passiert!“ Think schaute nun auf.
"Viel passiert?, ich habe den Teufel selbst beschworen. Diese Visionen die ich ständig habe,diese Alpträume! Fünf Jahre Frank. Jede Nacht und keine Möglichkeit etwas daran zu ändern. Du hast doch genau gewusst was ich getan hatte oder etwa nicht? Frank? Du hast es gewusst, ist doch so?“ „Ja weißt du als ich an jenem Tag sah wo die Platte stehen blieb, da habe ich sofort begriffen was du da ausgelöst hast. Im Stillen habe ich natürlich gehofft das es nie soweit kommen würde. Ich habe mir eingeredet, die Prophezeiung würde sich nicht erfüllen.“
Zwei Männer betraten den Kerker. Zwei, die Frank gut kannte.
" Tim , Van , heute nicht, es ist geschlossen!“
„Geschlossen?, machst du Witze? Es ist Freitag, da ist Karten dreschen angesagt.“
„Nein, heute nicht",entgegnete Frank gereizt.
"Man Frank, komm schon, was soll denn das ?“
„Ich habe gesagt heute nicht, jetzt verschwindet. Aber zackig. Macht die Tür von draußen zu."
Voller Zorn war sein Gesicht puterrot angelaufen.
" Dann brauchst morgen und die nächsten Tage erst gar nicht mit Uns zu rechnen, blöder Penner!" Frank schaute den beiden beim Verlassen des Kerker`s nach als wollte er sichergehen das es sich die beiden nicht noch einmal anders überlegten und zurück kamen. Dann huschte er vom Hocker, ging zur Tür und verriegelte sie mir dem schweren Messing beschlagenen Riegel, der über halb der Tür angebracht war. Der Wirt kehrte nun zum Tresen zurück, griff sich den ersten Barhocker der in unmittelbarer Nähe stand, drehte sich zu Think um und schlug mit voller Kraft zu.
Als Think wieder zu sich kam, spürte er wie Ihm das warme Blut die Schläfen herunterlief. Auch war es Ihm unmöglich in dieser Finsternis etwas zu erkennen. Stock dunkel war es hier und ein beißender Geruch drang Ihm in die Nase. Think versuchte zu bewegen, sich aufzurichten, doch stellte er nun fest dass er an Händen und Füßen gefesselt war. Bei jedem neuen Versuch kippte er direkt wieder auf die Seite. Sein Herz schlug nun wie wild, was war geschehen? Think erinnerte sich nur noch daran das er in den Kerker gekommen war um dieses nicht aufschiebbare Treffen einzuhalten, das Ihn seit fünf Jahren jede Nacht auf neue in Erinnerung gerufen wurde. Diesen Pakt mit dem Bösen, das Böse das Ihn jede Nacht quälte. Dieses Böse das Ihm erzählte er sei die 1001 Seele, die Satan brauchte um sich die Welt Untertan zu machen.
Think war seit dieser Nacht vor fünf Jahren immer wieder in das Lokal gegangen um Frank den Wirt auszufragen. Immer wieder befragte er Ihn zu diesem Gang, dem Gang Zwei und dieser außergewöhnlichen Tischplatte. Er fragte ständig nach den Zeichen und deren Bedeutung. Andauernd wollte er wissen welche Bewandtnis es damit auf sich hatte. Dieses Symbol welches auf die rechte Seite des Tisches zeigte und wie Frank Ihm später erklärte, der Platz der letzten Seele sei. Immer und immer wieder hatte er den Wirt ausgefragt und versuchte auch nur jede erdenkliche Kleinigkeit über die Prophezeiung in Erfahrung zu bringen.
"Die Prophezeiung", lachte er und hustete stark. Sein Kopf schmerzte als hätte er einen riesigen Stein auf den Schädel bekommen. Doch wer hatte Ihn niedergeschlagen? Soweit er sich erinnern konnte war er mit Frank allein gewesen. Think konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, dieser stechende Gestank der Ihn umgab, machte Ihn fast wahnsinnig. Er rang nach frischer Luft!
" Das ist Schwefel, was du da riechst", drang eine Stimme an sein Ohr. Think drehte sich in die Richtung aus der die Stimme gekommen war.
" Was soll das heißen, das ist Schwefel. Hallo, wer ist denn da? He, wer sind sie?“
„Er ist der Erlöser musst du wissen", die Stimme kam irgendwo aus der Dunkelheit, doch zu erkennen war nichts.
" Er wird kommen und dich holen. Denn du bist des Teufels."
Danach war Ruhe und die Dunkelheit schwieg.
Verhasstes Blut
Die Kälte kroch in unaufhörlichen Schauern über Think`s Körper. Ein nicht enden wollendes Frösteln ließ die Minuten wie Jahre erscheinen. Das Blut war inzwischen schon geronnen und legte sich wie eine Klammer um Think`s Gesicht. Seine schwer gewordenen Lieder schlossen sich, dem Schmerze ergebend. Auch die Luft durchdrungen vom beißenden Schwefelgeruch senkte sich bleiern herab.
" Du bist des Teufels und hier wird es für dich enden." Ständig hallten diese Worte wieder. Die Worte die aus dem Dunkel kamen und schaudernd sein Ohr erreichten. In völliger Bewegungslosigkeit verharrte Think nunmehr seit Stunden in dieser Position, unfähig sich auf zu bäumen. Nicht fähig einen Hilferuf oder ein Wort des Schmerzes, der Klage auszusprechen. Think`s Kopf arbeitete nun wie ein Uhrwerk. Die Geschehnisse der letzten Jahre, Tage und Stunden verknüpften sich zu einem Seil. Penibel reihte er Bilder, Erkenntnisse und Geschehenes aneinander. Sein Gehirn arbeite jetzt mit atemberaubender Geschwindigkeit. Noch einmal erinnerte er sich an die Platte mit den Symbolen. Warum hatte es ausgerechnet Ihn getroffen. Das konnte doch gar kein Zufall sein. Was hatte den Ausschlag dafür gegeben das sein Leben hier auf so abrupte Weise enden sollte?
Er erinnerte sich daran was er all die Jahre zusammengetragen hatte, die Geschichten über den Fürsten der Dunkelheit, über den Schmelztiegel der Seelen und den Untergang der Welt.
Geschrieben stand: Der Tiegel würde sich solange mit Seelen füllen bis nur noch Platz für eine einzige Seele war, bis sich der Tiegel exakt bis zum Rande füllte. Nachdem dies dann vollzogen wäre würde sich sich der Schmelztiegel herab senken, eine vollkommene Einheit mit der Erde bilden und die schwarzen Schatten aus Elend und Tod würden die Welt mit dem Gesicht des Bösen überziehen. Der Legende nach benötigt Satan die erste und die letzte Seele, die 1001 Seele von ein und derselben Abstammung, was davon zeugte das die erste und ebenfalls die letzte in unmittelbarer genetischer Verknüpfung bestanden. Diese Genetische Gleichheit war für das erreichen seines dunklen Planes unausweichlich.
Somit wurde Think auch klar das wenn er die 1001 Seele war, die sich der Teufel zu eigen machen wollte, die allererste auch aus seiner Familie stammte. Er war also ein direkter Nachkomme des Bezwingers des Satans! Er war ein Verwandter dessen, der den Plan des schwarzen Lords schon einmal vereitelt hatte. Wieder und wieder rief er sich die Platte mit den vielen verschiedenen Symbolen ins Gedächtnis. Think lauschte der Dunkelheit, doch hier unten schien alles Leben verbannt. Think riss plötzlich die Augen auf, wie ein Donner schlag traf ihn die Erkenntnis, alles war auf einmal Sonnenklar. Die Puzzle teile fügten sich nun zu einem erstaunlichen Gesamtbild zusammen, zu einem Gefüge. Think war es; das Mittel zum Zweck. Er war es den er brauchte. Das große Ganze war ohne ihn gar nicht ausführbar.
War es so, das einer seiner Ahnen für das Scheitern verantwortlich war? Seine Familie die welche sich dem einzigen Bösen entgegenstellte? Der Sage nach hatte derjenige der den Satan das letzte mal besiegt hatte, dafür gesorgt das der Schmelztiegel der Seelen an einen Ort verbannt wurde den selbst der Teufel nicht kannte!
Dem Gelesenen zufolge gab es einen Code um den Tiegel herauf zu beschwören. Gäbe einen Menschen dem es gelänge das Rätsel um den verloren gegangenen Kelch, dem Auffangbecken der Seelen zu lösen und Satan selbst die Feder zu führen?
Jetzt war es Zeit zu reagieren. Nun war seine unumstößliche Entschlossenheit gefordert oder das Schicksal der ganzen Menschheit war besiegelt!
Der heilige Ort
Mehrere Stunden waren vergangen und Think verharrte immer noch wie ein Tier gefangen in diesen dunklen Mauern. Die Geräusche waren seit einiger Zeit verstummt und das Kratzen und Zischen war nun nicht mehr zu hören. Als er diese Stimme zum letzten Mal vernahm, kroch ihm ein Schauer des Schreckens über den Rücken.
„ Du bist das letzte Opfer, er wird dich finden und dein weltliches Ich bestrafen“, hatte die Stimme gesagt. Alt klang diese Stimme, alt und sehr entschlossen.
Think überlegte krampfhaft wie dieses; sein Ende kommen würde und auch wie es ihm möglich wäre den Untergang der Welt zu verhindern.
Nun, da er sich sicher war der einzig übrig gebliebene einer langen Linie zu sein, versuchte er dieses verworrene Puzzle zusammenzufügen und es in seiner Herkunft zu lösen. Es musste einen plausiblen Grund dafür geben dass er immer noch am Leben war. Er wusste das er die letzte; die 1001 Seele war und er wusste das der Satan selbst in welcher Gestalt er Ihm auch immer erscheinen würde, ihn brauchte. Sein Blut geriet in Wallung bei dem Gedanken dem Schwarzen Lord persönlich das Herz herauszureißen und es auf das Messer seines Vaters dass er immer bei sich trug aufzuspießen. Er spekulierte in seinem Innersten darauf das nur er als direkter Nachfahre den geheimen Ort kannte, an dem der Schmelztiegel der Seelen zu finden war. Er war sich sicher das nur er das Schicksal wenden konnte, aber wie? Think kannte den Ort nicht, auch wenn er noch so angestrengt überlegte gelang es Ihm nicht dieses Rätsel zu lösen. Den beißenden Schwefelgeruch den Think gerochen hatte, nahm stetig zu und war kaum noch zu ertragen. Die Ungewissheit wann und wo ersterben würde, raubten Ihm den letzten Rest Verstand. Doch trotz der verbliebenen Ungewissheit hatte sich doch etwas verändert. Sein Bewusstsein! Nun sah er alles mit anderen Augen. Die Bilder die sich vor seinem geistigen Auge abspielten, die ab liefen wie ein Film, waren nicht mehr dieselben die es früher waren. Think erinnerte sich daran dass die Bewusstseinsveränderungen an dem Tage begonnen hatten, als er den Kerker das erste Mal betrat.
Plötzlich, ganz unerwartet riss Think die Augen auf und das Feuer der Erleuchtung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Das war des Rätsels Lösung, doch wieso war Ihm das denn nicht früher aufgefallen? Ein regelrechtes Lächeln erhellte sein zutiefst trauriges Gesicht, denn ein Anflug von Genugtuung wallte in ihm auf. Think atmete jetzt ruhiger, begann die Leidens Chronik in seinem Kopf zu ordnen. Nun sah er klar, alles passte wunderbar zusammen.
Nur der direkte Nachfahre des Bezwingers des Satans selbst konnte den Schmelztiegel der Seelen finden und jetzt da er wusste wo der Tiegel zu finden war, erwachte ein ungeheurer Siegeswille in dem Gefangenen.
Es war genau so wie er es immer erhofft hatte, ein Abenteuer! Er derjenige der geboren ist um etwas entscheidendes zu tun. Think hatte so sehr gehofft sein recht erbärmliches Leben mit Mut und Kampfeslust zieren zu können, dass er seine wahre Bestimmung nicht sah.
Man kann mit 90 friedlich im Bett sterben, oder dem Teufel höchst persönlich den Arsch versohlen. Seine Augen funkelten. Clever musste er sein, nicht zu überschwänglich um dann in der entscheidenden Sekunde doch noch versagen. Dieses Mal würde er allen Mut zusammennehmen und alles auf eine Karte setzen. Wie ein alter Detektiv setzte er Stück für Stück die Lösungen aneinander. Lange würde es nicht mehr dauern, dann würde er wissen was sein wahres Schicksal war. Die ständige Angst um sein Leben, der Schwefelgeruch und diese verdammte Dunkelheit hatten es Ihm unmöglich gemacht die Lösung zu sehen. Im Geiste durchlief er jetzt die finsteren Gänge des Kerker`s. In einem Tunnel des Lichts schritt er auf Gang Zwei zu. Er öffnete die schwere mit Eisen beschlagene sowie mit Symbolen verzierte Tür und betrat aufs Neue den Raum den niemals ein Mensch wieder betreten sollte. Im Geiste schaute er sich um. Ganz hinten erblickte er den alten Tisch mit der Steinplatte und den zwei Stühlen. Sanften Schrittes schritt er voran bis er vor dem Tisch zum stehen kam und besah sich die dicke Steinplatte mit all ihren merkwürdigen Symbolen. Wieder drehte Think die Platte, er suchte die Symbole. Seine Symbole! Fünf Zeichen galt es zu finden und jedes Mal wenn er eines entdeckte, drehte er die Platte auf die Zwölf Uhr Position, wo er durch ein leises Klicken an Richtigkeit seines Vorhabens bestätigt wurde. Es war erstaunlich und schon fast zu einfach. Jedes dieser Fünf Symbole ähnelte verblüffend den Buchstaben aus denen sich der Name Think zusammensetzte. Schmunzelnd dachte er daran zurück das er seinen Namen immer als etwas besonderes empfand und das obwohl er ihn eigentlich nie mochte. Doch jetzt musste er sich eingestehen den Namen als Code einzusetzen war eine reife Leistung. Ihm fiel die Stelle aus dem weißen Buch wieder ein welches er gelesen hatte und die Merkwürdigkeiten die Ihn seither begleiteten. Er wollte den Sachen auf den Grund gehen.
Wie wahr das noch? Der Teufel ist zwar nicht dein Freund doch kennt er dennoch deinen Namen. Er hatte den letzten Buchstaben gefunden und mit einem lauten Klicken rastete die Platte ein. Es knirschte und knackte und die Platte begann sich herab zu senken. Als die Platte den Boden berührte, vereinte sich die Steinplatte mit dem Rest des Bodens. Think sah dass das Material des Bodens und die Beschaffenheit der Steinplatte identisch waren. Ein gleißendes Licht entsprang der Erde, Think war geblendet doch wendete er den Blick nicht ab.
Er sah wie ein großes tiegelartiges Gefäß aus dem Boden empor stieg und in Augenhöhe zum stehen kam. Das war es also; der Schmelztiegel der Seelen! Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte seinen Körper und wohlige Wärme erfasste sein Herz. Er hatte den geheimen Ort an dem der Tiegel aufbewahrt wurde gefunden.
Nun war er bereit.
Zur letzten Schlacht der Menschheit!
Der Schmelztiegel der Seelen
Brennend bohrten sich die sichelförmigen Fingernägel ins Fleisch. Unter höllischen Qualen wurde Think nach oben gerissen und gegen die kalte Steinmauer gedrückt. Mit halb geöffneten Augen blickte er nun zum ersten mal in die Fratze des Bösen. Es war.... ein wunderschönes Frauengesicht das sich an der Spitze eines Drachen artigen Körpers befand. Zu Think`s Erstaunen lachte ihn nun jenes weibliche Gesicht an ,während Es ihn an die kalte Steinmauer drückte.
" Verrate mir den Standort," sprach die Frauenfratze. Spitze Zähne fletschten Think an. Nach Luft ringend und halb taumelnd antwortete ihr Think.
" Wenn es stimmt dass ich einen letzten Wunsch habe und du mir den erfüllen musst,dann werde ich dir den Standort vom Schmelztiegel der Seelen verraten!" Augenblicklich hatte die Kreatur von ihm abgelassen und er stürzte zu Boden. Wie in dieser Vision die er hatte durchschritt er nun mit der Kreatur die Gänge. Das war er nun der Satan selbst, mit Frauenkopf und einem etwa Vier Meter langen Echsenartigen Rumpf. War das nun das Ende der Menschheit so wie wir sie kennen? Think hatte einen Plan. Jetzt hoffte er dass die Stunden die er damit zugebracht hatte zu überlegen wie es möglich war den Teuflischen Plan zu durchkreuzen, etwas gebracht hätten und er seinen eigenen Plan umsetzen konnte. Das mit dem letzten Wunsch hatte Think in einem schwarzen Buch gelesen, das der Legende zufolge vom Teufel selbst geschrieben wurde. Der letzte Wunsch der letzten Seele musste erfüllt werden, ganz egal um was es sich handelte. Es musste nur ein Wunsch sein, der die 1001 Seele betraf. Es war nicht möglich sich zu wünschen dass der Satan einfach verschwand, worin eine gewisse Logik lag. Nur innige Herzens wünsche und Wünsche die den inneren seelischen Frieden betrafen wurden berücksichtigt. Was richtig lustig war, denn genau die wollte der Satan dann ja haben. Es war schon fast eine Art Beichte wenn man so wollte. Mit der Spekulation auf die Richtigkeit des letzten Wunsches hatte Think genau ins Schwarze getroffen. Das Ziel fest vor Augen führte er den dunklen Lord mit schon fast schlafwandlerischen Sicherheit durch die Gänge. Bis hin zur Tür die zum ovalen Raum mit der Steinplatte führte.
"Hier?“, fragte die Fratze.
„Ja genau hier!“
„Ist doch nicht möglich“, sprach die Stimme als die beiden den Raum betraten.
„Genau hier bin ich schon gewesen und habe doch nachgesehen!"
Plötzlich entdeckte Think in der hinteren Ecke des Raumes die aufgerissene Leiche von Frank, die ausgeblutet auf der Steinplatte lag. Dieser Anblick berührte ihn, auch wenn es Frank gewesen war der ihn zu Boden geschlagen hatte. Er redete sich ein dass Frank unter dem Einfluss des Fürsten der Dunkelheit stand und es vielleicht gar nicht gerne getan hatte. Immer wieder redete er sich ein dass Frank nicht freiwillig gehandelt hatte. Die Pranke des Todes wischte mit einem Schlag Franks Leiche vom Tisch, die dann mit einem lauten Klatschen auf dem Boden landete. Die Kreatur bedeutete mit einem Wink dass Think den Schmelztiegel der Seelen heraufbeschwören sollte und dass Er nicht gewillt war noch länger zu warten. Mit einem schweifenden Blick über die Leiche gebot nun Think dem Satan seinerseits mit einem Winken näher heranzukommen, um Ihm etwas mitzuteilen. Als dieser den Kopf nun auf Think`s Höhe herab senkte, holte dieser aus und schlug mit voller Wucht zu. Der Schlag war so stark dass der Kreatur ein Schrei des Schmerzes entrann. Think spürte wie ihm die Knochen in der Hand brachen. Der Schmerz war unvorstellbar und Brandblasen bedeckten die Oberfläche seiner Hand. Sie war nun schwärzlich angelaufen und hatte mit seiner ursprünglichen Hand keine Gemeinsamkeiten mehr. Dem Teufel flog der Kopf zur Seite und das was gerade noch ein schöner Frauenkopf gewesen war, bildete nun einen Zusammenschluss aus dem Schrecklichsten und dem Abscheulichsten selbst. Der Schädel des Wesens zeigte nun keine Menschlichen Züge mehr, nein vielmehr wuchs aus dem Echsenrumpf ein Haupt des Bösen. Vor Schleim triefend und mit eitrigen Blasen übersät erschien nun das wahre Gesicht des Satans. Eine wahrhaftige Fratze des Grauens.
" Das war sehr dumm. Warum hast du das getan?", wurde Think von dem befremdlichen Gebilde gefragt.
„Es war mir ein inniges Bedürfnis dem Teufel selbst einmal richtig ins Gesicht zu schlagen und mal klar zustellen dass wir Menschen nicht alles einfach so hinnehmen. Aber du kannst mich ja verklagen! Think grinste.
„Hmm.“ Das Teufelswesen überlegte grunzend, doch ließ es sich zu keiner Regung hinreißen. „Jetzt wünsche dir endlich etwas und dann zeige mir den Schmelztiegel der Seelen, damit ich die Macht die mir seid mehr als tausend Jahren versprochen ist nutzen kann um die Welt mit Finsternis zu bedecken und diese erbärmliche Rasse endgültig auszurotten."
Der letzte Wunsch
„Weißt du ich habe überlegt warum der Tiegel nur von mir gefunden werden kann?"
Think durchschritt den ovalen Raum, bis hin zum Tisch mit den Symbolen die in einer schweren Steinplatte eingelassen waren.
Nun richtete Think seine Fünf Symbole aus, indem er die Runen drehte bis diese in besagter zwölf Uhr Position einrasteten und die Steinplatte unter Knarrenden Geräuschen damit begann sich herab zu bewegen. Ein gewaltiger Lichtkegel brach aus den Boden, so dass Think sich die Hände vor das Gesicht halten musste um nicht zu erblinden. Die furchteinflößende Kreatur beugte sich dem Lichte hin und ließ unter einem beängstigenden Zischen ein - „Endlich!“ - vernehmen. Der Boden brodelte und aus dem Licht wurden feuerrote Flammen aus denen nun in Bodenhöhe ein Silber schimmernder Tiegel emporstieg. Er war mit einer sonderbar leuchtenden Flüssigkeit gefüllt, die fast bis zum Rand heran reichte.
" Sind das die 1000 Seelen?", fragte er den Fürsten der Finsternis staunend.
" Diese verflüssigten Seelen beschreiben die Eigenständigkeit, sie sind die Beweglichkeit des menschliches Lebens. Sie bezeugen freien Willen und pure Hoffnung. Es ist wichtig dass sie gereinigt sind, was automatisch passiert wenn sie in den Tiegel gelangen.“ Der Leibhaftige beugte sich über den Schmelztiegel der Seelen und schien die ungewöhnliche Flüssigkeit zu betrachten. Es war fast so als würde er etwas kontrollieren.
" Was siehst du da?" Think schritt heran.
" Die sind doch alle gleich. Seele ist Seele oder etwa nicht?“
„ Oh nein mein lieber Think, es ist keineswegs egal!"
Think bemerkte dass sich Stimme und Gestalt des Teufels abermals veränderten.
Als er wieder aufschaute stand da nun ein Mann, zirka sechzig Jahre alt mit Bart und grauen Schläfen.
„ Was denn du?"
Es haute ihn fast um als er sah wer da vor ihm stand.
" Das ist doch nur wieder so ein fauler Zauber, das ist völlig unmöglich!“
„So so ist es dass? Mein lieber Think, es ist kein fauler Zauber wie du es nennst sondern mein wahres Gesicht wie ich es auf der Erde nun einmal brauche. Freust du dich denn gar nicht mich zu sehen mein Sohn?"
Think war verwirrt. Dann wich der Schmerz und die Wut kühler Ironie.
„ Wer würde sich denn nicht freuen seinen Vater zu sehen? Auch wenn der als ich 14 war von einem Tag auf den anderen verschwand und ich ihn nie wieder sah.“
„Das tut mir wirklich Leid mein lieber Think!“
„Doch ich musste mich um wichtige Dinge kümmern.“
„Weißt du Vater“, und Think`s Stimme klang sehr verächtlich als er das Wort Vater erwähnte.
„ Bei einem Klassentreffen hätte ich wohl echt schlechte Karten! Wo warst du denn im Urlaub Think? Ach ja wir waren in der Hölle, den ihr müsst wissen mein Vater ist der Antichrist! Aber danke der Nachfrage, zumindest war jeden Tag schön warm.“
„Schwarzer Humor ist wohl eher mein Ressort, meinst du nicht?“
Think hob den Zeigefinger.
„ Moment mal das kann doch gar nicht sein! Denn als ich gefesselt im Kerker saß habe ich Frank sagen hören; ich gebe meinem Vater meine Seele und dann braucht er nur noch deine. Also wenn das stimmt, dann muss ja einer von euch beiden lügen oder?“
„Oder auch nicht!", der Ältere blinzelte. Der Dämon in Menschengestalt lächelte sogar.
"Aber aber?“
„ Ja mein Sohn - Frank ist dein Bruder, so ist es! Ich meine natürlich - er war dein Bruder.“
Think sackte zu Boden. Er hatte alles gut verdaut, dass er eine Weise war, dass er sterben sollte und die kalte Schlange selbst ihn holte. Die Dunkelheit und die Kälte des Kerker`s aber das war zu viel!
Der Satan sprach nun ohne Umschweife:
„ Weißt du das mit dem Schmelztiegel ist eine witzige Sache..."
Think unterbrach ihn.
„ Warum konnte Frank ihn dann nicht finden, er ist doch auch dein Kind. Warum ausgerechnet ich?“
„Du hast eine gute Rechte, das muss ich dir lassen.“ Der Leviathan rieb sich das Kinn.
„Doch nicht nur das denn du bist auch noch klug! Und das liegt an deiner Mutter. Sie hatte schon immer die Angewohnheit alles gut zu verstecken. Sie war wohl und das völlig zu recht der Auffassung du wärst etwas besonderes und sie wusste dass es dein Schicksal sein würde, den Kampf zu führen. Eines schönen Tages.“
„ Meine Mutter?“ , Think stand die Verwunderung ins Gesicht geschrieben.
Ja über leg' doch mal, sie hat deine Initialen gewählt, die man finden und benutzen muss um den Tiegel zu finden. Sie ist es auch die das exakte Gegenstück zu mir bildet.
Gut und Böse im völligem Einklang, das kannst du doch verstehen oder?“
„ Ja schon aber warum hier und jetzt?“
„Das exakte Datum ist vorbestimmt, genau wie dein Alter, Tag und Ort des Geschehens. Das ist nun mal so wenn man die Welt vernichtet. Es heißt der Urian sei die Wurzel allen Übels, doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn genau wie du hab ich mir mein Schicksal nicht ausgesucht. Die Finsternis erwählt alle paar hundert Jahre einen Menschen, der die Hölle regiert und alles Leben auf Erden vernichten soll. Es ist jedoch bis zum heutigen Tage noch keinem gelungen.
Hier ist alles zu Ende mein Sohn, ab hier geht es nicht mehr weiter!“ Der Satan machte eine eindeutige Handbewegung.
„ Was fühlt so ein Wesen, was fühlst du wenn du - mein Sohn- zu mir sagst? Du zeugst ein Leben, um es dann wieder zu vernichten. Oder hat besagte Finsternis dieses auch übernommen?“
Jetzt lachte der Teufel aus vollem Herzen.
„ Nein mein kleiner, das hab ich schon selbst gemacht!“
Die Heiterkeit verflog allerdings sehr schnell, denn der Teufel besann sich schnell wieder seiner angestrebten Ziele. Er blickte nun zornig auf seinen Sohn hinab.
„ Du hältst mich nur hin, glaub ja nicht dass das so funktioniert. Sprich nun deinen Wunsch aus, den der Zeitpunkt ist gekommen da die Welt versinkt in Dunkelheit! So sei das Zeitalter der Menschen vorüber und schwarze Schatten, Rauch und Feuer werden regieren.“
In diesem Moment war Think gar nicht mehr so zuversichtlich ob der Wunsch den er für sich gewählt hatte der richtige war. Er hatte sehr lange darüber nachgedacht und doch das Gefühl seinen Wunsch überdenken zu müssen. Gab es denn überhaupt einen Wunsch den er haben könnte, der alles zum Guten wenden konnte? Gab es einen Wunsch der es ihm ermöglichte all das Grauen zu beenden? Think sah zum Schmelztiegel der Seelen, in dessen Mitte sich ein kleiner Strudel bildete der ihm wohl anzeigen sollte, dass er bereit war seine Seele zu empfangen. Während er zum Schmelztiegel der Seelen schaute und die Geschichte der 1000 Seelen vor sich sah, formte sich in seinem Kopf ein neuer Wunsch und voller Entschlossenheit wandte er sich seinem Vater dem Höllenfürsten zu:
„ Ich habe meinen letzten Wunsch gewählt!“
„Dann sprich ihn jetzt aus, aber wähle deine Worte gut!“
Think schloss die Augen, atmete tief durch und sprach:
„Ich wünsche mir dass all die Liebe die ich für meinen Vater am Tage seines Verschwinden empfunden habe, in meiner Seele gespeichert wird. Jedes Gefühl und jede Emotion mit einfließen!“
„Touche!“
Er öffnete seine Augen und sah den verdutzten Gesichtsausdruck seines Vaters.
„ So sei es“, sprach der Teufel mit einem Schmunzeln. Dann hob er seine Hand und führte sie zu Think`s Brust. Er formte sie zu einer Art Greifhand und schloss sie zu einer Faust, aus deren Innerem leuchtende Strahlen zu kommen schienen. Mehr konnte er nicht sehen, ihm wurde schwarz vor Augen und die Kälte die seinen Körper erstürmte war die schlimmste Kälte die er je verspürt hatte.
Think war es als würden zwei weiße Wölfe seinen Körper in Besitz nehmen, und seine Hülle ins dunkle Tal der Schatten schleifen. Think war zu Boden gegangen und der schwarze Lord führte sein kostbares Gut das er in den Händen hielt, zum silbernen Gefäß.
Zum Schmelztiegel der Seelen.
Während dessen durchstreiften Think`s Überreste die Schattenseite.
Völlig teilnahmslos durchschritt er sein altes Leben noch einmal im Zeitraffer. Die Bilder die er sah seien Erinnerungen erklärten ihm die zwei weißen Wölfe, die wie sie sagten gar keine Wölfe waren sondern die zwei Höllenhunde. Wächter. Die Fährmänner der Finsternis.
Think sah noch einmal den Tag als er mit seinem Vater im Garten stand, wie er zu ihm aufblickte und voller Stolz für seinen Vater war. Er sah noch einmal den Tag als dieser ihn verließ, als der Kleine zu ihm sagte; wie sehr er seinen Vater hasste weil dieser fortging ohne ihn mit zu nehmen. Doch Think sah auch einen Tag den er nicht kannte, er sah wie sein Vater den Kerker betrat, sich im Raum mit der Steinplatte befand und mit einem sehr alten Mann sprach. Wie dieser ihm sagte, dass er seinem kranken Sohn helfen könne wenn er ihm einen Dienst erwies. Er sollte dem alten versprechen einen Vertrag zu unterzeichnen, dann würde sein Sohn geheilt und er selber als unsterblicher Lord wieder geboren werden . Er sagte dem Mann dass sein Sohn dann eine Kindheit hätte und nie wieder krank werden würde. Zusätzlich versprach der Alte dass sein Bruder eine Arbeit im Kerker bekam und nie wieder hungern müsse. Kurz darauf sah Think wie sein Vater mit seinem Blut den Vertrag unterschrieb. Think wollte schreien, doch es war nicht möglich denn er fühlte und empfand nichts, die stummen Schreie verhallten ungehört. Der Teufel öffnete seine Faust und entließ das Leuchten aus seiner Hand.
Dieses strahlende Leuchten stieg flammend zur Decke empor , dann mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit hinab. Als das Licht einschlug gab es einen riesigen Knall, und der Schmelztiegel der Seelen zersprang in tausende silberne Scherben. Eine Welle mit unvorstellbarer Druckkraft durchdrang die Mauern des Raumes und kein Stein blieb auf dem anderen.
Als sich der Rauch verzog schwebten viele Lichtpunkte umher, es schien fast so als würden sie tanzen. Dann entflohen sie in die Nacht und entstoben in alle Himmelsrichtungen davon. In dem Raum gab es nichts mehr. Alles war verschwunden. Keine Tür, kein Tisch mit Steinplatte. Das einzige was noch noch am Boden lag war ein dunkles Gewandt.
Die Welt war verschwunden, existierte nicht mehr.
Als Think die Augen aufschlug befand er sich in einem Bett, es war es hell und es strömte frische Frühlingsluft durch die geöffneten Fenster herein. Die Vögel zwitscherten und im Radio erklang „Sympathy for the Devil“ von den Rolling Stones.
Von unten hörte Think seinen Vater rufen: „ Nun steht endlich auf ihr beiden, das Frühstück ist fertig!“
Copyright by Falk Peter Scholz
Texte: Falk Peter Scholz
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ist für den Fürst der Dunkelheit!