Die Rache des Schwans
„Kennen Sie die Geschichte vom hässlichen Entlein?“, begann Sie. Der Polizist schien verwirrt.
„Die was?“
„Nun es ist die Geschichte eines jungen hässlichen Entleins, das keiner mag und dass von jedem wegen seines Aussehens gemieden wird. Dieses kleine Ding ist also die ganze Zeit traurig, doch irgendwann wird aus dem hässlichen Entlein, ein wunderschöner Schwan.
Verstehen Sie?“
„Kein bisschen. Aber Sie müssten sich doch schuldig fühlen. Bereuen Sie denn nichts?“, der Polizist sah der Frau in die Augen.
„Keine Reue!“, die junge Frau war vom Hocker aufgestanden und lief im Raum umher.
„Was sollte ich denn bereuen, immerhin waren die alle selbst schuld daran.
Wissen Sie überhaupt wie das ist, wenn keiner sie haben will? Nur weil sie nicht dem optischen Standard entsprechen.“ Der junge Polizist zuckte mit den Schultern.
„ Ich weiß gar nicht was Sie haben, Sie sehen doch blendend aus. Bei Ihrem Aussehen müsste es doch ein leichtes sein, in einer Douglas Filiale genommen zu werden.“
„Wissen Sie auch, wie viele Operationen nötig waren um dieses Aussehen zu bekommen? Von den finanziellen Mitteln die ich aufbringen musste mal ganz zu schweigen. Sie wissen nichts, rein gar nichts!“
„Halt, Stopp! Es reicht. Ganz egal wie Sie früher mal ausgesehen haben, ganz gleich was man Ihnen angetan hat. Es rechtfertigt keinesfalls acht Personen schwer zu verletzen! Warum haben Sie das getan? War es nur aus Rache?“
„ Ganz recht, es war Rache. Die Rache des Schwans!“
Ein Jahr zuvor
Als Jenny an diesem Tag nach Hause kam, war Sie am Boden zerstört. Ihre Mutter stand in der Küche ohne sich auch nur einmal um zu drehen.
„ Wie ist es gelaufen Jenny?“, fragte ihre Mutter mit diesem gewissen Unterton.
„Wie soll es denn gelaufen sein?“, Jenny schmiss die Jacke auf den Boden und setzte sich zu ihrer Mutter in die Küche.
„Scheiße, das war meine letzte Chance. Die haben gesagt ich hätte nicht die richtigen Voraussetzungen für den Job. Jedes mal die selben Antworten. Zu Dick, zu hässlich, nicht repräsentativ genug.“ Die Mutter schnaufte.
„ Was haste denn gedacht? Hast du erwartet dass die dich mit offenen Armen empfangen, du spinnst doch. Sieh dich nur mal an. Du warst,bist und wirst auch immer ein hässliches Entlein sein. Da kann man nix dran ändern!“ Die Frau drehte sich nun das erste mal zu ihrer Tochter um, die krampfhaft versuchte ihre Tränen zu verbergen.
„ Wenn ich du wäre“, meinte ihre Mutter schnippisch.
„Also an deiner Stelle, würde ich das Geld von der Erbschaft deines Vaters nehmen und versuchen meine Energie in eine andere Richtung zu lenken.“ Jennys Augen funkelten vor Zorn!
„Nun das wars eigentlich schon“, sprach Jenny. Sie stand wieder auf und lief zu der getönten Scheibe, gegen die sie ihren Kopf lehnte.
Der Kommissar schaute dem jungen Mädchen fragend hinterher.
„Das war alles, das ist ihr Motiv gewesen?, er schlug die Kaffeetasse auf den Tisch.
„Wissen Sie, Herr Kommissar. Wenn sie ihr ganzes Leben nur Ablehnung erfahren, dann ist es irgendwann zu viel. Eitelkeit ist eines der ältesten Motive und Wut ein verdammt guter Antrieb.
Der Rest ist schnell erzählt!
Ich habe den Rat meiner Mutter beherzigt, das Geld meines Vaters genommen und mir eine neue Wohnung genommen. Ich fing vom ersten Tag an meine Rache zu planen. Meiner Mutter schrieb ich einen Brief, dass ich nun einen Freund hätte, der genauso hässlich wäre wie ich und wir zusammen nach Alaska gehen. Ich trainierte jeden Tag, fuhr Fahrrad, machte Joga. Ich habe Benimmkurse besucht und ebenfalls Kurse für Phonetik. Nach ein paar Monaten sah ich aus wie das blühende Leben, ich hatte 25Kg abgenommen und fühlte mich wie neu geboren.
Danach habe ich vom Rest des Geldes zwei Schönheitsoperationen machen lassen. Als dieser neue Mensch ging ich auch regelmäßig zum Frisör und ins Nagelstudio. Mein Outfit habe ich der neuen Jenny angepasst und erkannte mich teilweise selbst nicht, wenn ich in den Spiegel sah. Als nächstes habe ich mich an den Filialchef des Douglas Shops herangemacht, habe sogar mit Ihm gevögelt und den alten Pimmel geleckt.“ Jenny lachte!
„Ich musste mich noch nicht mal vorstellen und bekam die Stelle als Verkäuferin ohne eine Bewerbung schreiben zu müssen. Nach zwei Monaten kannte ich jede Einzelheit des Ladens und der Angestellten. Es war nun so einfach meinen perfiden Plan auszuführen. Da ich immer die erste war die kam und die letzte die ging, konnte ich auch in Ruhe die Flacons präparieren.
Das mit der Säure im Zerstäuber habe ich ganz einfach über Internet herausbekommen.
Alle die es erwischt hat, haben es auch verdient! Bei meinem Stecher habe ich sogar noch etwas länger gewartet und ihm den Tod ins After Shafe gemischt. Sein sich auflösendes Gesicht zu sehen, war eine echte Genugtuung! Bevor er qualvoll von der Säure zerfressen wurde, hab ich Ihn noch schnell aufgeklärt, wem er das zu verdanken hat. Die Truthahnhälse im Laden, hatte es einen Tag später erwischt. Die brauchen jetzt kein Parfum mehr!“
Jenny pustete. Die Geschichte ist ja grausam, sprach der Kommissar, der jetzt das Aufnahmegerät abschaltete.
„Sie werden dafür lange brummen müssen!“, wandte er sich Ihr zu.
„Das macht nichts. Es hat sogar etwas gutes, die ganze Sache.
Was sollte das denn sein?
Nun, zumindest hat man im Gefängnis nicht die Chance abgewiesen zu werden. Da wird man immer genommen. Und was nützt es ein Schwan zu sein, doch sich immer noch wie das hässliche Entlein zu fühlen.
FIN
Copyright by FSBlaireau
Texte: Falk Peter Scholz
Tag der Veröffentlichung: 20.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle Fans von Rachegeschichten