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Prolog



Es war spät Abends. Der Wind fegte durch die Straßen von Berlin und es war totenstill. Tess verließ das Café, das sie mit ihrem Freund Ryan eben besucht hatte. Gelangweilt lief sie die Straße hinunter zu ihrem Haus, mit den Händen in der Hosentasche und Kaputze über dem Kopf. Es begann zu regnen. Unter der Woche war hier sehr viel los, doch am Wochenende verirrte sich nicht mal eine Katze in diese kleine, verdreckte Wohnecke. Warum auch?
Ab und zu hörte man weit entfernt einen Hund bellen, Autoreifen quietschen oder jemanden Beleidigungen rufen. Tess drehte nicht mal den Kopf, ihr war alles egal. Sie dachte nur an den schönen Abend mit Ryan, wie er sie in seine Arme genommen, zum Abschied einen Kuss zugehaucht und sie zum Kino am Sonntag eingeladen hat. Jeden Samstag trafen sich die beiden und redeten über ihre vergangene Woche. Ryan besaß ein Motorrad, mit dem er Tess öfter zu einem Date abholte. Eigentlich hasste sie Motorräder, doch sie verschwieg es ihm gegenüber immer. Nicht, dass er sie dafür hassen würde.
Es begann nun stärker zu regnen und Tess sah von Weitem ihr Haus. Einsam stand es da, mit heruntergelassenen Fensterläden, als würde niemand darin wohnen. Ihre Mutter hasste es, wenn man in die Häuser hinein sehen konnte, weshalb sie die Fensterläden abends immer runterließ. Die Nachbarn waren alle unfreundlich zu ihnen, hatten sie nie richtig akzeptiert. Deshalb übte Tess öfter Rache an ihren Autos aus. Auch heute, obwohl es ihr richtig gut ging und sie glücklich war, nahm sie ihren Hausschlüssel in die rechte Hand und fuhr damit an der Fahrertür des hellblauen Twingos der Sasses. Diese Leute waren total unverschämt gegenüber Tess und hatten sie sogar mal mit Wasserpistolen nassgespritzt. Das bekamen sie natürlich zurück.
Als sie das Gartentor zu ihrem Haus erreichte, kam ihr Kater Strolch schon hergerannt. Er schmiegte sich an ihr Bein, schnurrte laut und blickte zum Gartentor.
"Ja ja, ich mach ja schon auf", sagte sie zu ihm und ließ ihn durch. "Verrückter, alter Kater." lächelte sie und schloss das Tor hinter sich wieder. Zehn Meter weiter stand dann das weiße Haus. Es war schon alt und sah runtergekommen aus. Tess' Mutter schaute sich schon nach einem Neuen um, doch es fand sich nie das richtige Traumhaus.
Sie erreichte die Haustür, schloss sie auf und trat in das dunkle Haus. Sie lebte mit ihrem Bruder und ihrer Mutter in ihm und hasste es. Die Stufen knarrten laut, wenn man das Obergeschoss betrat und überall roch es nach altem Holz.
Sie warf ihre Tasche in die Ecke, machte das Licht im Flur an und trottete die Treppen hoch. Ihre Mutter war arbeiten, sie hatte heute Nachtschicht. Doch Tess' Bruder schlief schon und deshalb schlich sie schnell in ihr Zimmer. Da traf sie fast der Schlag, als sie an den Wänden "Schlampe" las. Es war mit schwarzer Spraydose gesprayt worden und ein andeutender Totenkopf fand sich neben den Worten. Tess blieb erstarrt stehen, ließ einen kurzen, lauten Schrei los, stürmte in das Badezimmer und fing an zu weinen. Egal, wer das gewesen war - dieser Jemand hasste Tess bis auf's Blut.


Kapitel 1




Der Himmel war wolkenfrei und ein leichter Wind wehte. Tess öffnete die Augen und rieb sie sich. Eine lange Nacht war vergangen. Sam, ihre beste Freundin, feierte gestern eine Party, und das, obwohl ihre Mutter sie nie auf Partys ließ. Da Tess aber für eine Woche allein war, konnte sie machen was sie wollte. Ihr Mutter war auf einer Arbeitsreise in Amsterdamm und kam am Freitag wieder zurück. Ihr Bruder fuhr ins Schullandheim.
Es war hell in Tess' Zimmer, obwohl sie den Rollladen runtergelassen hatte. Sonnenstrahlen schmuggelten sich in ihr Zimmer, blendeten ihr ins Gesicht und zogen sich wieder zurück.
Müde stieg sie aus ihrem Bett, ziehte sich ihre Hausschuhe an, die ein Playboy-Motiv hatten und schlappte ins Badezimmer. Sie wusch sich ihr Gesicht, ging auf die Toilette und fiel beinahe die Treppen hinunter. Hatte sie gestern getrunken? Weshalb sonst hatte sie einen fast explodierenden Schädel?
Sie hatte einen Bärenhunger, doch ein Blick in die Küche genügte, ihr den Appetit zu verderben. Im selben Moment klingelte das Telefon und Tess nahm ab.
"Hallo?", fragte sie in den Hörer. In der anderen Leitung war nur ein Atmen zu hören. Hat sich derjenige verwählt?

Noch einmal flüsterte sie in den Hörer ein "Hallo", und plötzlich sagte jemand ganz laut "Nutte!" und legte auf. Was war das denn?


Gegen Mittag rief Sam an und Tess fragte sie schnell, ob sie bei ihr übernachten dürfe.
"Na klar. Aber wieso denn?", fragte sie und klang verwundert.
"Ach, es ist nichts. Ich war schon lange nicht mehr bei dir." Winkte Tess ab und schüttelte den Kopf. Sie gähnte einmal kräftig.
"Oh oh. Erzähl mir alles."
"Wie gesagt. Es ist nichts." Langsam nervte Sam und sie haute einmal mit der Faust gegen die Wand.
"Ich weiß ganz genau, dass etwas nicht stimmt. Hat es mit Ryan zu tun?", fragte Sam und wirkte besorgt. Was war nur mit ihrer besten Freundin los?
"Halt Ryan raus! Er hat nichts getan! Wir sind noch immer zusammen!" Jetzt wurde sie wütend und brüllte.
"Okay, beruhige dich. Wenn es nichts mit Ryan zu tun hat, was bedrückt dich denn dann?"
Sie liebte die Hilfsbereitschaft ihrer Freundin, doch jetzt hasste sie sie wie die Pest und wollte, dass sie aufhörte zu fragen.
"Mann, du gibst ja sowieso keine Ruhe! Jemand hat vorhin angerufen und mich Nutte genannt. Wie gesagt, es ist nichts." Sollte sie einfach auflegen?
"Von wegen! Dieser Typ -es war doch ein Typ, oder?- hat sie ja wohl nicht mehr alle! Dich so zu belästigen! Hast du dir die Nummer gemerkt?" Nun wurde auch Sam wütend.
"Von wem die Nummer?", fragte Tess ungerührt. Ihr war alles egal. Sollte sich ihre Freundin doch so aufregen wie sie wollte, sie interessierte das nicht.
"Na, von dem Typen der dich angerufen hat und dich beleidigt hat."
"Äh... Vergessen." Sie legte auf. Das ganze Telefonat verwirrte Tess nur noch mehr und sie legte sich auf die Couch, schaltete den Fernseher an und hielt sich die Hand auf die Stirn. Ihr war übel, speiübel.


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Tag der Veröffentlichung: 03.08.2011

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