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Jonas' Navi


Was würdest du wirklich gern tun?


… war Andi vor kaum einer Minute gefragt worden, und, da der Fragende etwas an sich hatte, das ihm das Gefühl gab, sein gesamtes Innerstes vor ihm ausrollen zu können obwohl er ein völlig Fremder für ihn war, antwortete er schließlich: „Ein paar Jahre in die Zeit zurückreisen und ein Liebespaar davon abhalten, sich gemeinsam das Leben zu nehmen. Beziehungsweise … zumindest zu erfahren weshalb sie es getan haben. “
Der Fragende hob eine Braue. „Interessant. Welches Paar?“
„Hannes und Niko. Vor vier Jahren sind sie gemeinsam aus ihrer Wohnung im vierzehnten Stock gesprungen – und haben keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Niemand weiß, weshalb sie es getan haben, sie wirkten nach außen hin total glücklich.“
„Und wieso lässt das gerade dir keine Ruhe?“
„Auch auf die Gefahr hin, dass du mich jetzt auslachst: aber die beiden waren mein Idealmodell des perfektes Paares. Kaum jemand schafft es mehr, eine Beziehung länger als höchstens fünf Jahre aufrecht zu halten … zumindest in meinem Umfeld. Und ich … ich schon gar nicht. Meine längste Beziehung hielt etwas über drei Jahre. Die beiden waren elf Jahre zusammen, eins davon verheiratet. An ihrem ersten Jahrestag sprangen sie.“
„Romantisch“, brummte Jonas, sarkastisch schmunzelnd, wurde kurz darauf aber gleich wieder ernst: „Wenn du die Möglichkeit hättest, es zu erfahren, was würdest du dafür tun?“
„Keine Ahnung“, antwortete Andi, „Einiges.“
„Zum Beispiel mit einem Fremden ins Auto zu steigen und mitzufahren?“
Andi sah Jonas an als sei dem plötzlich eine Antenne aus dem Kopf gewachsen. „Also … wirklich, das ist mal eine Anmache …“, stammelte er und lachte. „Ich mag dich.“
„Das ist nur halb eine Anmache“, erwiderte Jonas lächelnd, „Ich habe gewisse Möglichkeiten. Aber ich weiß auch, dass das jetzt vollkommen behämmert klingt – deshalb möchte ich, dass du mit mir mitkommst und es selbst erlebst. Du sagst mir Zeit und Ort.“
„Wa …?“, begann Andi und runzelte die Stirn. Jonas umfasste seinen Oberarm und zog ihn sanft mit sich. „Okay, okay, ich komm‘ ja mit“, gab er sich geschlagen. „Du bist ein schräger Typ, hat dir das schon mal jemand gesagt?“
„Ja“, gab Jonas zur Antwort und zog ihn hinaus aus dem Lokal, bis zu seinem Wagen. Ein kohlrabenschwarzer VW Passat, innen genauso wie außen. Andi war es fast als würde er von einem schwarzen Loch eingesaugt werden, als er sich reinsetzte.
„Wow“, entfuhr es ihm, „Was für ein Wagen! Ist das eine Sonderanfertigung?“
„Ja“, kam es erneut von Jonas, dann gurtete er sich an, Andi tat es ihm gleich.
„Fahren wir mal ein Stück, okay? Bitte erzähl mir von den beiden“, forderte Jonas ihn auf - Andi nickte und begann: „Ich war mit ihnen befreundet. Mehr mit Hannes, muss ich zugeben, denn Niko war ein bisschen … schwierig. Der redete nur alkoholisiert oder bekifft. Er war aber auch krank, litt an Multipler Sklerose. Aber was ich von Hannes wusste, war es ganz gut unter Kontrolle, er hatte ab und an Schübe, aber bekam ein Medikament, mit dem sie nicht mehr so oft und auch nicht mehr so heftig auftraten. Hannes war zwölf Jahre älter als Niko und ein ganz wunderbarer Mensch. So einer, den man einfach lieben muss, verstehst du? Wie …“, Andi dachte angestrengt nach, dann rief er, mit leuchtenden Augen: „Stephen Fry!“
„Stephen Fry“, grinste Jonas und nickte, „Ich verstehe was du meinst.“
Die Tatsache, dass Jonas ihn kannte, machte ihn in Andis Augen noch sympathischer. Jemand der Mr. Fry kannte und mochte, konnte kein schlechter Mensch sein. So fuhr er fort: „Hannes war Künstler. Malerei und Fotografie, ein paar seiner Werke kann man in der Galerie Grochau bewundern. Dort hängt auch eine Fotografie von Niko, die atemberaubend ist. Niko war eine Schönheit, weißt du? Ich wette, Michelangelo hätte ihn gemeißelt … jedenfalls hat Hannes ihn fotografiert …“, Andi unterbrach sich kurz und kicherte, „Er hatte auch vorgehabt ihn zu malen, aber jedesmal wenn ich ihn gefragt habe, wie er vorankäme, kam er mir ziemlich verzweifelt vor. Er sagte, dass er es einfach nicht bringe – er könne ihn nicht malen, da in seinen Augen zu viel vorgehe. Und wenn er diese Augen nicht so malen könne wie sie sind, wolle er sie gar nicht malen. Also hat er ihn fotografiert, und dieses eine Bild von ihm hängt in der Galerie oben, riesengroß, es bedeckt fast die ganze Wand. Niko ist der Sohn des Galeristen, musst du wissen. So haben sich die beiden auch kennen gelernt … uff, ich schweife ab, sorry“, entschuldigte sich Andi und sah kurz aus dem Fenster. Sie waren gar nicht mehr in Wien.
„Kein Problem“, ermunterte Jonas ihn, „Erzähl‘ mir alles was dir einfällt.“
„Wo fahren wir hin?“
„Nur ein Stück raus – in der Stadt muss ich zu sehr auf den Verkehr achten, hier kann ich dir in Ruhe zuhören.“
„Du hättest genauso gut im Lokal zuhören können.“
„Nein“, erwiderte Jonas, „Ich brauche den da“, und streichelte das Lenkrad, „Aber jetzt fahr fort – was ist so besonders an der Fotografie?“
Andi sah ihn noch kurz ein wenig verdattert an, bevor er weitererzählte: „Nikos Augen. Das Bild gibt einem eine Ahnung davon was die beiden füreinander empfunden haben. Sein Blick auf diesem Foto hat eine Tiefe … unglaublich. Wirklich. Un-glaub-lich. Du solltest es dir ansehen.“
Jonas grinste nur und nickte, also fuhr Andi fort: „Ich weiß, dass Niko eine Weile depressiv gewesen ist, was Hannes an den Rand der Verzweiflung gebracht hat. Er hat alles Mögliche getan, um ihn da wieder rauszuholen, hat es auch geschafft – und dann haben sie geheiratet. Also ihre Partnerschaft eintragen lassen, wie es unromantisch aber korrekt heißt. Niko hat Hannes‘ Namen angenommen und die beiden schienen wieder vollkommen auf Wolke Sieben zu schweben damals. Sie waren ein so schönes Paar, nicht nur äußerlich. Es ist so selten, dass ein langjähriges Paar so offensichtlich gut miteinander auskommt. Auch sie hatten ihre Probleme, klar, aber die haben sie alle gemeistert. Bis zu dem Tag, an dem sie beschlossen, gemeinsam zu gehen“, er seufzte und sah Jonas an, der aufmerksam zugehört hatte, „Ich würde es wirklich, wirklich gern wissen“, endete er.
„Wann hast du sie zuletzt zusammen gesehen?“
„Ungefähr drei Monate davor, am Volksstimmefest. Sie schienen mir fröhlich und verliebt zu sein, wie immer.“
„Und wann genau haben sie sich das Leben genommen?“
„Am 30. November.“
„2007?“
„Ja.“
„Vormittag? Nachmittag? Abends? Morgens?“
„Wieso willst du das so genau wissen?“
„Ich bring‘ dich hin“, antwortete Jonas lapidar, als hätte er ihm gerade erzählt, er würde ihn nach Hause bringen. Andi schüttelte den Kopf. „Komm schon, das ist jetzt nicht mehr notwendig. War es auch vorher nicht, ehrlich gesagt. Du brauchst keine Geschichten zu erzählen, damit ich mit dir …“
„Andi, vertrau‘ mir einfach, bitte“, unterbrach ihn Jonas, ernst klingend. „Sag‘ mir Ort und zumindest die ungefähre Zeit – und wir werden dort sein. Du wirst mir nicht glauben bis es so weit ist, das ist mir vollkommen klar. Also bitte gib mir die Koordinaten … äh … du weißt schon“, endete er, und nun lächelte er auch wieder. „Du bist sehr süß, weißt du das?“, schob er dann noch ein Kompliment hintan, was Andi vollends ins Schleudern brachte. Träumte er vielleicht? War er im Frederick’s eingeschlafen? Schlussendlich zuckte er die Schultern und gab ihm die Adresse sowie die Zeit, die ihm damals mitgeteilt worden war. Jonas ging etwas vom Gas, beugte sich zur Seite und holte so etwas einen Navi heraus. Zumindest sah das Ding wie einer aus, wenn auch ziemlich spacig. Wohl der letzte Schrei auf dem Navi-Markt. Er tippte darauf herum, legte ihn auf die Armatur, beschleunigte wieder, und knapp bevor Andi eine ernsthafte Panik aufreißen konnte, durchfuhr ihn ein Schlag, ihm wurde für den Bruchteil einer Sekunde eiskalt, er sah gleißend helles Licht – und im nächsten Moment standen sie in einer geschmackvoll eingerichteten Wohnung. Hannes‘ und Nikos Wohnung, wie Andi mit Staunen feststellte. Mit Mühe klappte er seinen Unterkiefer wieder hoch und sah Jonas an, der neben ihm stand.
„Du kannst ruhig sprechen, sie können uns weder hören noch sehen“, erklärte Jonas, „Zusehen ist alles, was ich dir anbieten kann. Hindern kannst du sie nicht. Du kennst ja vermutlich das vielzitierte Großvater-Paradoxon?“
Andi nickte, sich nun ganz sicher seiend, im Lokal eingepennt und in einem bemerkenswerten Traum gelandet zu sein. Hoffentlich wurde er so schnell nicht geweckt …
Es war dunkel hier drin, die Wohnung hatte im ersten Moment leer gewirkt, doch nun hörte Andi Geräusche aus dem Schlafzimmer. Sehr eindeutiges Stöhnen. Leicht errötend trat er zurück und bewegte sich in Richtung Wohnzimmerfenster, wo sich ihm ein wunderbarer Ausblick über die Dächer Wiens darbot. Das Stöhnen steigerte sich, nervös sah Andi Jonas an, der entschuldigend die Schultern hob und wieder sinken ließ. „Ich habe sicherheitshalber einen noch früheren Zeitpunkt eingetippt. Du willst ja wissen was los war - und kurz bevor man aus dem Fenster springt, redet man normalerweise nicht mehr miteinander. Glaube ich zumindest.“
Bewegt von dem, was da im gegenüberliegenden Raum gerade abging, sowie der grotesken Situation an sich, streckte Andi seine Hand aus und berührte Jonas am Ärmel, zog ihn zu sich. Er fühlte sich echt an, roch nach etwas, sein Körper war warm und fest, und als Andis Lippen die seinen berührten, spürte er diesen grandiosen Kitzel, der immer durch ihn hindurch ging, wenn er Männerlippen küsste. Kurz erwiderte Jonas Andis zaghaften Kuss, dann machte er ihn darauf aufmerksam, dass die beiden da drin ihr Finale erreicht hatten. Er deutete mit dem Kopf in Richtung Schlafzimmer. „Willst du nicht hingehen?“
„Es kommt mir plötzlich so falsch vor“, raunte Andi.
„Du sagtest, dass du es so gern erfahren würdest – und jetzt, wo du tatsächlich die Gelegenheit dazu hast, machst du einen Rückzieher?“
Andi atmete tief durch und schlich sich nun doch an. Auch wenn sie ihn nicht hören konnten, irgendwie hielt er es nicht für angemessen, normal hin zu schreiten, sich mitten in den Raum zu stellen und sie dabei anzugaffen. Sachte lehnte er sich an den Türrahmen und blickte hinein. Das Paar lag nackt, verschwitzt, keuchend und ziemlich ineinander verkeilt im Bett, ein Anblick, der es Andi warm ums Herz werden ließ.

„Willst du es immer noch tun?“, fragte Hannes Niko, der nickte. „Keine Angst?“
Niko sah Hannes lange und durchdringend an, dann antwortete er: „Doch, etwas. Aber das Andere überwiegt. Wie sieht’s bei dir aus?“
„Ich folge dir überall hin, Niko“, flüsterte er und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Du musst das nicht tun, das ist dir klar, oder?“
„Ich weiß“, antwortete Hannes und setzte sich auf, „Aber was soll ich ohne dich hier? Noch dreißig, vierzig Jahre auf diesem Planeten verweilen? Wozu?“
Niko ließ seinen Kopf auf Hannes‘ Schulter sinken, wobei Andi bemerkte, dass Tränen in seinen Augen standen. „Würdest du noch gern dreißig, vierzig Jahre mit mir hier verweilen?“
„Ja. Aber ich respektiere deine Entscheidung – und bis zu einem gewissen Grad kann ich sie auch nachvollziehen. Gehen müssen wir sowieso irgendwann, also wieso nicht gleich? Wenn dir jeder Tag, selbst mit mir an deiner Seite, Qualen bereitet …“, Hannes seufzte, „Ein letztes Mal versuche ich es aber noch: Antidepressiva?“
„Die haben nicht lange geholfen, das weißt du doch“, knirschte Niko.
„Aber du könntest andere versuchen …“
„Ich will einfach nicht vernebelt durchs Leben taumeln und glauben, alles wird gut. Ich bewundere dich so sehr“, flüsterte Niko, Andi merkte, wie schwer ihm das Sprechen fiel, „Du kannst mit dem Fluch deiner Existenz leben.“
„Wahrscheinlich, weil ich es nicht als Fluch empfinde. Es ist ein Wunder, hier sein zu können, das alles bewusst erleben zu dürfen. Das Leben ist schön.“
„Ist es nicht“, erwiderte Niko, „Es ist grausam. Ich liebe dich und möchte bis in alle Ewigkeit mit dir zusammen sein. Aber das geht nicht“, endete er schluchzend, Hannes schloss ihn in die Arme und streichelte ihn.

Betroffen hörte Andi zu, und während Hannes seinen Gatten liebevoll und schweigend weiter streichelte, sah er Jonas an, der ebenfalls mitgenommen aussah. Als er Andis Blick bemerkte, legte er einen Arm um ihn und drückte ihn sanft an sich. Eine unerwartet schnelle Bewegung ließ sie wieder ins Zimmer blicken.

Niko hatte sich aufgerichtet. „Okay“, sagte er nun aufgeräumt, „Tun wir’s.“
Hannes nickte und stand auf, kleidete sich an, sah Niko dabei zu, wie er sein Hemd zuknöpfte, zurecht richtete – und sich dann vor ihn stellte, in seiner ganzen Pracht. Er war wirklich …
„Zum Sterben schön“, bemerkte Hannes und schloss ihn in die Arme. Eine Minute später standen sie im Fenster – und ein paar Sekunden danach kippten sie eng umschlungen runter.

Erst als er nach Luft schnappen musste, stellte Andi fest, dass er sie angehalten hatte. Und heulte. Und Jonas‘ Hand sicherlich schmerzhaft fest umklammert hielt. Sich entschuldigend, ließ er sie los.
„Schon gut“, flüsterte Jonas. „Zufrieden?“
Andi schniefte und nickte.
„War es das, was du erwartet hattest?“
„Ja - nein. Ich hatte mir einiges vorgestellt, und dabei war auch ein solches Szenario. Gehofft hätte ich aber, dass … ich weiß nicht … dass es weniger traurig sein würde …“
Jonas lächelte mitleidsvoll. „Die beiden sind miteinander in den Tod gesprungen, was erwartest du denn?“
„Ich weiß nicht …“, schniefte Andi, „Hast du ein Taschentuch?“
„Im Wagen“, antwortete Jonas. „Willst du zurück?“
„Ja – im Wagen? Wo ist der überhaupt?“
„Irgendwo in der Nähe. Das ist recht witzig, ich darf ihn danach immer suchen … oh Shit, ich hoffe nur, er steht nicht genau dort unten.“
Jonas hetzte zum Fenster, blickte runter und wandte sich dann, halb erleichtert, wieder zu Andi um. „Ich glaube nicht.“
„Du glaubst…?“
„Wir sind im Vierzehnten und es ist dunkel. Ich kann es nicht genau erkennen. Zum Glück, ehrlich gesagt …“
Andi schluckte. „Okay … gehen wir es jetzt suchen?“

Wieder im Wagen, der ein paar Meter von der immensen Blutlache, in der die beiden lagen, entfernt parkte, schnäuzte sich Andi erstmal ausgiebig. Das war kein Traum. Er hatte keine Ahnung was Jonas war und weshalb er dazu fähig war, aber er hatte ihn offenbar wirklich hierher gebracht.
„Warum?“, fragte er ihn.
„Was warum?“
„Warum hast du mich gefragt was ich gern tun würde?“
„Oh. Naja, das war ein Anmachspruch. Sorry. Du hast mir gefallen. Wenn du irgendetwas anderes gesagt hättest, hätte ich dich dann gefragt, ob du mit einer Zeitreise auch zufrieden zu stellen wärst.“
„Du kannst also nur in der Zeit reisen, nichts sonst?“
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen“, meinte Jonas augenzwinkernd, woraufhin ihm Andi einen Klaps gab. „Blödsinn“, zischte er, „Ich bin nur perplex. Ich meine, du hast mich ins Jahr 2007 mitgenommen, mich hätte es jetzt auch nicht gewundert, wenn du mir erzählt hättest, du seist der Herrscher des Universums.“
Jonas lachte lautstark auf. „Andi, ich liebe dich“, gestand er, dann beugte er sich zu ihm rüber und küsste ihn. „Ich habe die Reisen früher allein getätigt, später fand ich es interessanter, jemand anders mitzunehmen, da mir langsam aber doch die Ideen ausgingen. Das hier war aber definitiv das … äh … schlimmste und gleichzeitig schönste Erlebnis. Wenn dir so etwas als ideale Bindung vorschwebt, hast du ein hochgestecktes Ziel.“
In Gedanken sah Andi sich gerade mit Jonas in dieser Situation. Welcher Part wäre er? Der Optimist? Oder der mit der Atheistendepression? Und wie, verdammt, konnte der Typ in der Zeit reisen?
„Wie funktioniert das?“, fragte er ihn schließlich.
Jonas nahm den Navi in die Hand und zeigte ihn Andi. „Du meinst das hier? Ich weiß es nicht. Ehrlich. Ich hab‘ das Ding gefunden und dachte, es sei ein witziges Spielzeug. Bis ich dann im alten Athen war und mir das Herz stehen geblieben ist, weil ich meinen Wagen nicht mehr gefunden habe. Grins nicht, ich war echt fertig. Okay, jetzt kann ich auch schon darüber lachen. Sag‘ mal – hast du Lust auf etwas Erfreulicheres nach diesem traurigen Kapitel?“
Andi blickte nach hinten, wo gerade Blaulicht anrauschte. Hannes und Niko. Traurig/schaurig-schön. Ihn fröstelte. „Bring mich bitte nach Hause.“
„Adresse?“
Kurz spielte Andi mit dem Gedanken, in die Zukunft zu reisen, um zu sehen, ob das mit ihm …
„Zeit?“
„Kannst du Gedanken lesen?“
„Nein. Aber das war jetzt naheliegend. Möchtest du es mit mir versuchen?“
„Wir haben hier eine ganz besondere Erfahrung geteilt … ich habe das Gefühl … mit dir verbunden zu sein.“
„Ich verstehe was du meinst. Ich hatte das Gefühl schon vorher, kurz bevor ich dich angesprochen habe. Als dein Blick das erste Mal meinen kreuzte. Irgendwie war mir da schon klar, dass du mich auf einen außergewöhnlichen Trip schicken würdest.“
Andi ließ seinen Kopf zurück in die Lehne fallen und sah ihn sich das erste Mal ganz aufmerksam an, wobei ihm auffiel, dass er wie ein Mann, der aus einem Film der Dreißiger Jahre gepurzelt war, aussah. Sein eigenartiger, schmaler Schnauzbart war ihm zwar schon vorher aufgefallen, doch gemeinsam mit Jonas‘ restlichem, extravagantem Gehabe hatte er es einfach für einen ausgefallenen persönlichen Touch gehalten. Nach allem, was er nun wusste, war er sich aber nicht mehr sicher.
„Aus welcher Zeit kommst du

eigentlich?“
„Ich? Aus deiner. Wieso?“
„So einen Bart trägt man doch heutzutage gar nicht mehr.“
Man

vielleicht nicht, ich schon“, grinste Jonas. „Nimmst du mich mit zu dir? Trotz Bart?“
Wegen

dem Bart“, erwiderte Andi und grinste noch breiter. Mit diesem Mann würde es sicherlich schwer werden, sich zu langweilen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.01.2012

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