Cover

Prolog


Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde. Es ist der beste Beweis der Liebe.
Vertrauen ist die größte Selbstaufopferung, es ist Mut, und Treue ist Kraft.
Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.
Jede Naivität läuft Gefahr, lächerlich zu werden, verdient es aber nicht, denn es liegt in jeder Naivität ein unreflektiertes Vertrauen und ein Zeichen von Unschuld.
Wem vertrauen ich, und wem nicht?
Wann kann ich vertrauen, und wann nicht?
Für verlorenes Vertrauen gibt es kein Fundbüro.

Neuzugang


Bevor ich euch meine Geschichte erzählte möchte ich mich erst einmal vorstellen:
Ich heiße Selina, aber alle nennen mich Selly. Ich bin 16 Jahre alt und lebe in Los Angeles, in einem kleinen Dörfchen. Ich bin ziemlich ungeschickt und bringe mich leider oft in Gefahr, es ist fast als würde ich die „Gefahr“ anziehen. Die meiste Zeit verbringe ich hier, im Rennstall meine Onkels Uli. Der Rennstall ist nicht sehr bekannt, aber ich helfe hier gerne aus und kümmerte mich um die Pferde. Der Rennstall besteht aus zwei Stallgassen, vier Pferden mit Broadway und Wild Liberty, einer riesigen Rennbahn mit einer etwas heruntergekommenen Tribüne, mehreren Weiden, einem Paddock, einem Roundpen und einer Führanlage.
Ich beginne mal am Besten ganz am Anfang:

Ein schwarzer Pferdetransporter fuhr langsam auf den Hof und hielt genau vor dem Stalltor an. Aus dem Hänger kam wildes wiehern, prusten und poltern. Ein etwas stark gebauter Mann stieg aus und ging aufs Hauptbüro zu. Der Transporter wackelte schwer und man hörte eines der Tiere stark stampfen. Vom Büro aus hörte ich das Uli mit diesem Mann laut diskutierte.
Der Mann kam mit einem zufriedenen, höhnischen Grinsen aus dem Büro und rief Sascha, den Pferdepfleger, der grade kehrte, zu sich her. Sie redeten kurz miteinander und gingen zur Transporterrampe. Sie öffneten sie langsam und ein pechschwarzer Hengst mit geblähten Nüstern und aufgestelltem Schweif kam zum Vorschein.
Als die Männer ihm näher kamen legte er die Ohren dicht an den Kopf und zeigte die Zähne. Der Mann beachtete das Verhalten nicht und band den Hengst einfach los. Kaum war er los stürmte er panisch rückwärts aus dem Hänger und riss den Mann ein Stück mit sich. Er tänzelte nervös auf der Stelle und der Kies knirschte unter seinen Hufen. Sascha nahm Fuchsstute, mit breiter Blässe, die sehr gelassen und zufrieden aussah und zuvor durch einen Wallach von dem Hengst getrennt stand. Die Stute wirkte gelangweilt auf mich, im Gegensatz zu dem Hengst. Er interessierte mich und war für mich ein Prachtstück von Diamant. Der Mann führte den Hengst durch die Stallgasse in eine leere Box am Ende des Stalls. Sobald der Hengst die Box betreten hatte rannte er auf die hintere Boxenwand zu und schlug heftig aus. Der Mann wich stark zurück und lächelte abermals höhnisch. Er schloss die Boxentür und lief zu Sascha und der Fuchsstute. Sie bekam die Box neben unserem alten Wallach Saphir, der schon seit langer Zeit in Rente war. Sascha bekam etwas Trinkgeld in die Hand gedrückt und der Mann fuhr mit seinem Transporter davon. Ich ging zu Sascha rüber. „Weißt du was über den Hengst und die Stute?“, fragte ich interessiert. Sascha sah mich verdutzt an und sagte schließlich: „Nein, woher soll ich denn was Wissen. Geh doch Uli fragen. Ich muss noch fertig kehren.“ Er wandte sich ab und ging. Ich lief los um Uli zu fragen was es mit den zwei Neuen auf sich hatte. Doch dann blieb ich stehen.
Ich wollte doch kurz noch mal nach dem Hengst sehen. Ich drehte um und lief wieder in den Stall auf die Box zu. Ich blickte durch das Türfenster und der Hengst stand gelassen da, der Kopf war gesenkt und die Ohren hingen seitlich. Ein Hinterfuß war zum Ruhen aufgestellt, er schien mich nicht zu bemerken. Ich griff in die Jackentasche und wollte einen Leckerbissen herausholen, als er mich bemerkte. Er riss den Kopf hoch, legte die Ohren an und spannte jeden Muskel an. Seine Vorderhand verließ immer wieder den Boden.
Erschrocken wich ich zurück. Mich wunderte sein Verhalten. Ich wollte ihm eigentlich nur ein Stück Möhre geben. Er hatte wohl schlechte Erfahrung gemacht. Der Arme. Ich legte ein Stück Karotte auf die Boxentür und lief dann langsam los. Nach einigen Schritten blickte ich zurück. Seine Lippen griffen vorsichtig nach dem Stück und verschwanden sofort wieder. Ich lächelte und lief zum Hauptbüro.
Ich klopfte. Uli hasste es wenn man einfach eintrat. „Ja, bitte?“, kam die Stimme von drinnen. Ich öffnete die Tür und sah Uli wie er den Papierkram, auf seinem überfüllten Schreibtisch erledigte und dabei laut dachte: „Rechnungen viel zu viele Rechnungen!“
Ich trat ein und setzte mich in den alten Ledersessel. Uli sortierte noch ein paar Blätter und blickte dann auf: „Was kann ich für dich tun Selly?“
Ich setzte mich ebenfalls auf und fing an: „Was hat es mit den zwei neuen auf sich?“
Uli lehnte sich gemütlich zurück und fing an zu erzählen: „ Also, Der Hengst heißt Broadway und die Stute Wild Liberty. Sie sind beide Rennpferde, zumindest sollten sie welche werden. Der Hengst jedoch ist anscheinend total verrückt und wild. Er lässt erst gar niemanden Aufsitzen und was Wild Liberty betrifft, Sie soll jeden den sie nicht mochte sofort abgeworfen haben. Der Mann der die beiden gebracht hat wollte sie nur so schnell wie nur möglich loswerden, doch der nächste Schlachter ist weit weg und da hat er sie mir mitsamt Papieren geschenkt. Ich weiß zwar nicht worauf ich mich da eingelassen habe, aber den Papieren zu Urteil sind es wahre Champions. Broadway ist ein drei Jähriger Sohn von Barysnikov und Wild Liberty eine vier Jährige Tochter von Joystick, alles erfolgreiche Rennpferde. Hast du sonst noch Fragen? Sonst arbeite ich jetzt nämlich weiter. Du kannst Broadway gerne mit Wild Liberty in die leere Stallgasse bringen Saphir braucht seine Ruhe. Sei aber bitte Vorsichtig.“
Ich nickte lächelnd und verließ dann das Hauptbüro. Ich lief über den Hof in die Stallgasse, nahm eine Schubkarre und holte Stroh. Ich streute die Boxen ein, legte einen großen Haufen Heu in jede Box und schaute ob die Tränken funktionierten. So musste es den zweien gut gehen. Ich lief los um die zwei Neuankömmlinge zu holen. Zuerst Broadway. Uli wusste mit Sicherheit nicht wie gefährlich der Hengst war, sonst hätte er das selber gemacht, aber ich hatte keine Angst. Ich hatte absolut keine Angst vor ihm. Ich nahm den Strick von Saphirs hacken und lief zu Broadway. Er stand wieder mit dem Kopf zur Wand. Ich schob langsam den Riegel zurück und öffnete die Tür. Er legte sofort die Ohren an und zog den Hinterhuf der zu mir zeigte bedrohlich ein. Er rollte mit den Augen und blickte mich dabei zornig an. „Ist ja gut Junge. Ich will dich nur in eine andere Box bringen. Ich tu dir nichts. Na komm, ich tu dir doch nichts.“, versuchte ich beruhigend auf ihn einzureden und es schien tatsächlich zu funktionieren. Er beruhigte sich ein wenig und ich lief langsam auf ihn zu.
Vorsichtig hackte ich den Strick ein. Ich versuchte so wenig ruckartige Bewegungen wie möglich zu machen. Ich wollte ihn anfassen und hob die Hand, aber er wich ängstlich zurück und lies sich nicht berühren. Enttäuscht drehte ich mich langsam um und lief los. Der Strick stand fast unter Spannung bis er sich ebenfalls bewegte. Er trug komischerweise keine Hufeisen und durch das Stroh war er ein wenig eingestaubt. Ich entschied ihn zu putzen. Zumindest wollte ich es versuchen. Der Strick blieb fast die ganze Zeit unter Spannung und Broadway behielt weiterhin Abstand. In der Stallgasse angekommen band ich ihn auf einer Seite an und lief in die Sattelkammer die Ohren blieben angelegt. Ich überlegte kurz was ich brauchen würde und stellte mir einen eigenen Putzkasten zusammen. Ich packte noch Karotten ein und lief dann voll gepackt zu Broadway. Ich stellte die Sachen neben Broadway ab und gab ihm ein Stück Karotte. Ganz sanft und vorsichtig nahm er sie mir aus der Hand. Die Ohren kamen tatsächlich ein Stück vor. Ich sah ihm in die tiefen, schwarzen Augen doch ich sah keinen Zorn den er verspürte. Nein, es war die Angst die ihn so wütend und unberechenbar machte. Ein Pferd das Angst hat ist unberechenbar. Pferde sind Fluchttiere nur wenn es keine andere Möglichkeit gibt stellen sie sich dem Gegner gegenüber. Angst stellt mit uns Sachen an, zu denen wir sonst nie in der Lage wären. Ich konnte Broadway verstehen. Ich kannte die Angst nur zu gut. Broadway stupste mich sanft an der Schulter und holte mich aus den Gedanken zurück. Ich schob ihm noch eine Karotte zu und begann mit dem putzen. Broadway lies mich nicht aus den Augen, er folgte mir mit seinem Blick überall hin und eins seiner Ohren war ebenfalls auf mich gerichtet. Deshalb fing wieder an mit ihm zu reden: „Na, gefällt dir das oder ist es dir nicht ganz geheuer? Du brauchst keine Angst zu haben. Es ist nur Fellpflege, das musst du doch kennen! Ich bin auch bestimmt ganz vorsichtig. Du musst mir vertrauen!“ Zuerst wich Broadway der kreisförmigen Bewegung des Striegels aus doch dann, lehnte er sich sogar etwas dagegen und schien sich zu entspannen. Als ich dann die Hufe auskratzen wollte blieb mir die Luft weg. Der Anblick und der Geruch waren unfassbar. Der Strahl kaum noch sichtbar die Hufballen eingerissen und ein dutzend Steine.
Ich fragte mich wann Broadway wohl das letzte Mal beim Hufschmied gewesen war und ob er überhaupt schon mal die Hufe ausgekratzt bekommen hat. Ich hatte das Gefühl bei jedem neuen Huf wurde der Anblick schlimmer. Eins war sicher der Hufschmied musste so schnell wie nur möglich kommen. Als ich fertig war glänzte Broadway wieder in all seiner Pracht und schien zufrieden auszusehen. Ich führte ihn wieder in seine Box und gab ihm noch ein paar Karotten in seinen Trog. Wild Liberty sollte gleich in die Box nebenan. Ich lief los um sie zu holen. Sie stand dösend und total gelassen in ihrer Box und regte sich nur wenig als ich die Box öffnete. Ich zog ihr das Halfter an und führte sie in ihre neue Box. Sie lief total gelassen hinter mir her als wäre sie die Ruhe selbst. Für ein Rennpferd verhielt sie sich ziemlich komisch. Rennpferde sind normal sehr aufgeweckt, sie sind an allem um sie rum interessiert. Ein gut Ausgebildetes Rennpferd ist ausdauernd und spart seine Kräfte bis auf das kommende Rennen. Wild Liberty war eher Träge und müde. Man wusste jedoch nie wie die Pferde auf der Rennstrecke waren. Ich stellte Wild Liberty in ihre neue Box und lief dann zum Büro von Uli. Ich wollte ihm von den Hufen erzählen. Ich hörte schon von etwas weiter weg, das Uli telefonierte und sehr zornig klang. Als ich vor der Tür stand lauschte ich. „…. Was soll das sie kennen den Hengst doch gar nicht! …..Was soll das heißen er ist sehr bekannt?!.......Ja ich verstehe. Entschuldigung……. Auf Wiederhören.“ Das auflegen des Telefonhörers war zu hören und ich klopfte an der Tür. „Herein?!“, in Ulis stimme war der Zorn immer noch zu hören. Ich trat ein und sah ihn belanglos an.


Seine schlechte Stimmung war ihm anzusehen deshalb wollte ich so schnell wie nur möglich den Raum wieder verlassen. „Hey Uli, Broadway sollte dringend zum Hufschmied. Seine Hufe sehen fürchterlich aus.“ Uli nickte kurz und ich ging wieder. Als ich über den Hof lief dachte ich darüber nach was Uli am Telefon gesagt hatte. Mit wem hatte Uli telefoniert? Und worum ging es? Ich kannte die Abstammung von Broadway. Sie war wirklich sehr bekannt. Ich schob die Gedanken beiseite und lief zu ihm. Er sah aus seinem Fenster und blickte mir mit gespitzten Ohren entgegen. Ich war erstaunt, er lernte anscheinend wahnsinnig schnell: „Na mein kleiner? Hast du bessere Laune?“ Langsam griff ich in meine Jackentasche und holte noch ein paar Karottenstückchen heraus. Er fraß sie genüsslich und ich tätschelte ihm behutsam den Hals. Ich blickte auf den Hof und sah, dass es schon dämmerte. Geschockt sah ich auf die Uhr. So spät schon? Die Zeit verging hier wie im Fluge. Ich rannte auf den Hof nahm das angelehnte Fahrrad vom Stall und radelte los. Als ich das Hof Schild vorbei hielt ich an und drehte mich um. Wie ich diesen Ort hier liebte. Nun radelte ich aber eilig los. Ich hatte überhaupt keine Zeit die schöne Umgebung zu genießen. Der Feldweg war nicht ganz eben und deswegen tat ich mir noch schwerer. Mein Weg führte vorbei an den hohen Maisfeldern. Ich legte noch einen Zahn zu, aber es wurde immer mühsamer in die Pedale zu treten. Nun kam ich auf die Landstraße und sogleich in unser Dörfchen. Die nächste rechts und dann hielt ich mit quietschenden Reifen vor unserem Gartentor. Ich schob das Fahrrad in den Garten und lehnte es an den Baum. Im Haus brannte schon Licht und es roch nach essen. Ich sog den Duft ein und mir war klar was es geben würde. Pfannkuchen da war ich mir sicher. In schnellen Schritten lief ich zum Haus und ging hinein. Sofort drang die Stimme meiner Mutter aus der Küche: „Selly, bist du es?“. Ich verdrehte die Augen wer sollte es denn sonst sein. „Ja, Mum. Entschuldige für die Verspätung, aber bei Uli sind zwei neue Pferde angekommen um die ich mich kümmern musste.“ Ich lief in die Küche und setzte mich an den gedeckten Tisch. Meine Mum saß schon da und häufte mir einen Pfannkuchen auf meinen Teller. Das essen verlief schweigend wie meistens. Als ich fertig war nahm ich meinen Teller und lief zur Spüle, um den Abwasch zu erledigen. Endlich brach meine Mutter das Schweigen: „Dann hattest du wenigstens einen schönen Tag?“ Ich nickte stumm und gab noch etwas mehr Spülmittel in die Spüle. „Und du wie war dein Tag?“, fragte ich ohne sie an zu sehen. Meine Mutter stand auf trat neben mich und trocknete das Geschirr während sie mir von ihrem Tag erzählte: „Mein Tag war halt wie jeder andere auch.“ Nach einem kurzen Schweigen fragte sie dann: „Hast du schon deine Hausaufgaben für morgen gemacht?“ Ich nickte wieder und lies dann das Spülwasser aus. „Ich geh hoch. Also wenn was ist…“, ich hatte noch nicht ausgesprochen da war ich schon aus der Küche verschwunden und auf der Treppe nach oben. In meinem Zimmer packte ich meinen frischen Schlafanzug und was ich sonst noch brauchte und lief ins Bad. Es gab nichts Schöneres als eine Dusche am Abend. Ich drehte das Wasser voll auf und genoss es zu tiefst. Nachdem ich die Harre vom Shampoo befreit hatte. Drehte ich das Wasser ab und trocknete mich ab. Ich kämmte meine Haare kurz durch, zog meinen Schlafanzug an und putzte mir die Zähne und kroch dann ins Bett. Es dauerte nicht lange bis ich schlief.

Beginn meiner persönlichen Tragödie


In dieser Nacht träumte ich wie fast jede Nacht schlecht. Immer wieder hatte ich die Bilder von meinem Vater, der von einem einstürzenden Haus erfasst wurde im Kopf. Immer der gleiche Ablauf. Er stand mit dem Kamerateam in Istanbul vor einem Kaufhaus und beschrieb die Lage der Leute wegen des Erdbebens, als das Haus hinter ihm in Stücke brach und auf ihn einstürzte. Schreiend und schweißgebadet wachte ich auf. Seit dem diesem Tag hatte ich Albträume. Mir stiegen Tränen in die Augen und ich konnte sie mir nicht zurückhalten. Langsam krochen sie mir die Wangen runter und schluchzend saß ich im Bett mit angezogenen Knien. Ich schlang meine Arme um die Knie und versuchte mich selbst zu beruhigen. Ich heulte in die Knie und wollte aufhören, aber es ging nicht. Eigentlich war ich schon lange darüber weg, doch die Albträume ließen nicht nach und stachen mir mitten ins Herz. Nach einer Weile hatte ich mich wieder ein wenig beruhigt und sah auf den Funkwecker. 5.30 Uhr stand da in elektronischen Zeichen. Noch eine halbe Stunde dann müsste ich sowieso aufstehen. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch zog das Mathe Buch aus meiner Tasche und lernte die Formeln für unser derzeitiges Thema. Ich verstand sehr schnell und so zog ich das nächste Buch heraus und lernte für das Thema was heute dran kommen würde. Das brachte mich zum Glück auf andere Gedanken. Als mein Funkwecker schließlich anfing hohe Töne zu erzeugen, machte ich ihn aus und ging mich fertig machen. Ich befreite mein Gesicht von den Überresten der Tränen, bevor meine Mutter etwas bemerken konnte, dann aß ich noch eine Schüssel Cornflakes und packte meine Schulsachen. Als ich die Treppe nach unten ging stand meine Mum in der Tür und blickte fragend zu mir auf: „Hey, ich geh jetzt willst du mitfahren?“ Ich überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. Ich wollte lieber zu Fuß gehen. Zögernd stand meine Mutter in der Tür. Sie wusste, dass ich seit dem Tod meines Dad’s nicht mehr richtig glücklich war und mich sehr zurückhaltend anderen gegenüber verhielt. „Es wird wahrscheinlich wieder später. Du kannst wenn du willst die Reste aus dem Kühlschrank warm machen oder du kochst dir irgendwas. Nur falls du Hunger bekommst. Ich wünsch dir einen schönen Tag, mein Schatz.“ Sie warf mir einen Luftkuss zu und verließ dann das Haus. Ich schaute auf meine Armbanduhr 7.10 Uhr. Ich hörte wie meine Mum mit dem Auto wegfuhr nahm meine Tasche und ging ebenfalls los. Ich lief unsere Straße entlang. Es wurde langsam hell doch die Laternen warfen noch einen leichten Strahl. Ich bog um die Ecke und steckte mir dann meine Kopfhörer in die Ohren. Musik beruhigte mich auf eine seltsame Art und Weise. Als ich um die nächste Ecke bog, sah ich schon den ganzen Tumult auf dem Pausenhof. Alle standen sie in ihren kleinen Gruppen beieinander. Ich suchte mir einen Weg durch die Menge und als ich gerade die Treppe betreten wollte, rempelte mich jemand stark an. Schwankend blieb ich stehen, als mir jemand am Arm sanften halt gab. „Hoppla, Verzeihung. Ich hab wohl grad nicht aufgepasst“, es klang gereizt und sehr genervt. Benommen sah ich auf und blickte direkt in das strahlende Gesicht eines gut aussehenden Jungens. Der sich verlegen am Hinterkopf kratzte und mit der anderen Hand meinen Oberarm festhielt. Er musste ungefähr in meinem Alter sein, sah aber viel älter aus. Er war groß und machte einen starken Eindruck, doch die Berührung an meinem Arm war sanft und vorsichtig. Ich zog mir einen Ohrstöpsel aus meinem Ohr und wollte etwas sagen…
brachte aber keinen Ton heraus. Ich stand mit offenem Mund da bis ich mich endlich zusammen gerappelt hatte.
„Äh…, Schon- in- Ordnung. Passiert… mir öfters. “, gab ich auch etwas patzig und angewidert zurück. Zum Glück übertönte die Schulglocke meine versagende Stimme ich konnte ihn einfach nicht dumm anmachen. Alle setzten sich in Bewegung in Richtung Schulgebäude. Ich steckte meinen MP3-Player weg und lief ebenfalls in Richtung Klassenzimmer. Ich war jedoch immer noch geschockt. Kannte ich ihn? Und war er meinetwegen so genervt? Er hatte mich doch angerempelt.

Ich hatte ihn noch nie bemerkt. Entweder hatte ich ein Brett vorm Kopf gehabt oder er war neu hier. So jemand gut aussehendes hätte mir sonst doch auffallen müssen. Oder? Ich lief ins Klassenzimmer und setzte mich an meinen Tisch in der Mitte des Raumes. Immer noch in Gedanken verloren starrte ich auf den Tisch, bis ich merkte das Mrs. Fencil bereits da war. Ich holte meine Sachen unterm Tisch hervor und versuchte dem bereits heute Morgen schon gelerntem Thema zu folgen. Als es dann klingelte und sich alle in die Cafeteria begaben war ich wieder voll bei der Schule. Ich kaufte mir einen Apfel da ich nicht mehr Geld hatte und setzte mich an einen der leeren Tische. Ich erwischte mich selber dabei wie ich nach dem Jungen von heute morgen Ausschau hielt. Er war nirgends zu sehen und so kramte ich mein Biologie Buch hervor und las darin über das nächste Thema. Ich war in der Schule nicht schlecht und war mir sicher dass ich dieses Jahr meinen besten Zeugnis Durchschnitt übertrumpfen würde. Ich biss in meinen Apfel während ich die Maiose mit der Mitose verglich. Ich arbeitete das Thema sorgfältig durch, als plötzlich eine Dose Cola neben mir auf den Tisch geknallt wurde. Erschrocken fuhr ich zusammen und schlug das Buch zu. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Eigentlich wollte ich mich für heute morgen entschuldigen“. Ich hoffe nun etwas sanfter! und ich hatte das Gefühl er wollte sich wirklich entschuldigen. Ich sah ihm tief in die strahlend blauen Augen und nickte leicht, dann blickte ich an ihm herunter. Er trug ein normales, schwarzes, kurzärmliges T- Shirt und eine Jeans. „Danke!“, brachte ich noch kurz und knapp heraus, ehe er sich abwandte und zu einem der Tische meiner Parallelklasse lief. Ich blickte ihm lange nach ehe ich mich wieder meinem Buch und der einsamen Cola-Dose zuwandte. Ich starrte sie an und bedachte die Sache ganz genau. Er sah nicht nur gut aus, er bewegte sich auch auffallend. Ich schüttelte den Kopf so etwas gab es einfach nicht. Und was dachte ich hier überhaupt? Ich lies die Cola einfach stehen packte meine Sachen zusammen und lief zum nächsten Klassenraum. Dachte er, wenn er mir eine Cola anbot wäre die Sache geregelt? Er hatte mich heute Morgen blöd angefahren. Ich hasste es wenn Leute sich so aufführten. Wütend verlies ich die Cafeteria ohne auch nur einen Blick auf ihn zu werfen, dabei hatte ich das Gefühl der ganze Tisch an dem er saß durchbohrte meinen Rücken mit Blicken.
Nach der Schule lief ich gemütlich nach Hause. Der Tag verlief eigentlich wie jeder andere Tag auch, bis auf den blöden Jungen der mich so unfreundlich angemacht hatte. Zu Hause angekommen machte ich meine Hausaufgaben und fuhr dann mit meinem Fahrrad zu Uli. Ich kam wieder vorbei an den Maisfeldern und als ich dann auf dem Hof eintraf, war Uli gerade dabei Wild Liberty zu longieren. Ich lehnte mich an das Roundpen Gatter und sah ihm gespannt zu. „Hey Uli, na wie macht sie sich?“
Runde um Runde lief sie im ruhigen Trab. Uli blickte zu mir herüber: „Naja, also so wie ich das sehe ist sie ziemlich faul und viel zu ruhig für ein Rennpferd. Sieh sie dir mal an. Sie ist seit Wochen nicht bewegt worden, lässt sich aber von nichts aus der Ruhe bringen.“ Sie lies tatsächlich den Kopf einfach hängen und lief fast auf der Stelle. Ob das überhaupt Trab war was sie da lief? Allerdings fand ich den Gedanken gar nicht so schlecht ein so ruhiges Pferd zu haben. Vielleicht durfte ich ja mal wieder ins Gelände. Uli schien dasselbe zu denken: „Wenn sie so morgen noch mal läuft kriegst du sie zum ausreiten. Natürlich nur wenn du willst.“ Ich strahlte ihn an: „Ist das dein Ernst?“
Er nickte und lies sich nicht weiter ablenken. Ich konnte es kaum glauben. Wild Liberty sollte mein eigenes Ausreitpferd werden. Wie sehr hatte ich das vermisst, seit Saphir in Rente war saß ich nicht mehr im Sattel. Es war zwar erst vier Wochen her trotzdem kam es mir wie eine Ewigkeit vor. Doch irgendetwas gefiel mir nicht an diesem Gedanken
Eigentlich war ja Broadway eher mein Favorit, wenn aus ihm aber noch was werden sollte musste er trainieren. Ich wusste dass er das Zeug zu einem Champion hatte. Außerdem wenn Wild Liberty mit mir so durchs Gelände trotteln würde fände ich das bestimmt langweilig. Naja immerhin meine eigene Stute fürs Gelände. Ich beobachtete sie noch eine Weile, dann lief ich in den Stall zu Broadway. Er lies sich von mir nicht abhalten sein Heu zu naschen, doch plötzlich hob er den Kopf und blickte mit gespitzten Ohren in meine Richtung und dann hörte ich es auch jemand näherte sich von hinten. Ich schaute mich um und erblickte Sascha der mit einem Strick in der Hand direkt auf mich zukam. „Hey, möchtest du deinen schwarzen Schützling auf die Koppel bringen?“, fragte er während er mit dem Strick rumspielte. Sascha war ein zuverlässiger und netter Pferdepfleger.
Er verlangte kein hohes Gehalt und er war sehr gut mit Uli befreundet.
Ich mochte ihn sehr. „Ja, gerne!“ Er drückte mir den Strick in die Hand und ich nahm das Halfter vom Hacken neben der Box. Broadway sah mich neugierig an, war sich jedoch etwas unsicher. Ich zog ihn langsam das Halfter über und redete beruhigend auf ihn ein. Er schien viel gelassener und auch nicht mehr so ängstlich. Sascha stand an der Tür und biss sich kräftig auf die Unterlippe. Er sah sehr nachdenklich aus. „Was ist? Woran denkst du?“
Mich wunderten seine Gesichtszüge. „Ach nichts es ist nur… Vor mir und Uli ist er vorhin abgehauen und hat sich nicht anfassen lassen. Was wir auch versucht haben er hat uns nur gedroht.“ Ich blickte erst Broadway dann wieder Sascha völlig erstarrt an. Broadway hat rum gesponnen und sich nicht anfassen lassen? Das glaub ich einfach nicht. Er stand doch ganz lieb neben mir und lies alles mit sich machen. Auf Saschas Gesicht machte sich nun ein Lächeln breit. „Ich weiß es macht nicht den Anschein, aber ich bin selber sehr erstaunt seit du auf dem Hof bist scheint er wie ausgetauscht. Als wäre es ein anderes Pferd.“ Jetzt musste auch ich grinsen. Es machte mich glücklich dass Broadway mit mir viel ruhiger war und er mich als Bezugsperson aufgenommen hatte. Mit einem breiten Grinsen verließ ich die Box und Broadway folgte mir ohne zu zögern. Als wir an Sascha vorbei kamen legte er drohend die Ohren an, aber aus der Stallgasse heraus kamen sie wieder vor. Ich lief quer über den Hof auf den Feldweg zu. Auch Uli kam aus dem Staunen nicht heraus als er mich mit Broadway an dem Roundpen vorbei laufen sah. Auf dem Feldweg angekommen zog ich den Strick durch das Halfter und legte meine Hand an sein Genick. Er wich meiner Hand nicht aus und es fühlte sich fast so an als kannten wir uns schon ein Leben lang. Ich öffnete das Gatter drehte ihn um und lies ihn frei. Er machte auf der Hinterhand kehrt, zwei- drei Trab Schritte und dann preschte er in Richtung Ende der Koppel davon. Seine Bewegungen waren Majestätisch. Diese Ausstrahlung und dieses Temperament. Es war unglaublich. Ich schloss das Gatter und wandte den Blick wieder ihm zu. Er galoppierte den Koppelzaun entlang und kam wieder zurück direkt auf mich zu. Mich beängstigte es nicht. Ich glaubte nicht dass er mich umrennen würde. Mit gespitzten Ohren preschte er direkt auf mich zu ohne den Anschein zu machen zu stoppen. Direkt vor mir bremste er ab und stieg auf die Hinterhand. Vor Schreck viel ich nach hinten weg in den Dreck. Mein Herz pochte und ich konnte den Puls in meinem Kopf spüren. Broadway stand vor mir mit leicht gesenktem Kopf. Es sah fast so aus als machte er sich Sorgen um mich. Als mir klar wurde das er mir nichts anhaben wollte, stand ich benommen auf und klopfte mir den Dreck von der Hose. Ich ging auf ihn zu und strich ihm zärtlich über die Stirn und den Nasenrücken. Er hielt still und zuckte nicht mit dem Ohr. Er senkte den Kopf noch ein Stück und presste die Stirn gegen meinen Oberkörper. Ich nahm sein Kopf in die Hand zog ihn ein Stück zu mir hoch und presste dann meine Wange an seine Stirn. Ich wusste schon jetzt, wir wären unzertrennlich. Ich ließ seinen Kopf los und trat einen Schritt zurück. Er verstand sofort drehte sich um und galoppierte davon. Ich seufzte. Dieses Pferd war etwas ganz besonderes.
Ich verließ die Koppel und lief zum Hof zurück. Das Roundpen war leer und aus dem Stall von Wild Liberty kamen Geräusche. Ich lief zu ihr und sah wie Uli ihr das Fell striegelte. Ich lehnte mich neben sie an die Wand und sah ihm eine Weile zu. Ich wollte wissen was er mit den beiden vorhatte, „Was hast du jetzt eigentlich mit den beiden vor?“ fragte ich neugierig. Er drehte sich nur kurz zu mir um bevor er sich wieder ihr zuwandte. „Ich weiß es noch nicht Selly. Sie ist höchstwahrscheinlich überhaupt nicht für den Rennsport geeignet und ihn werde ich wahrscheinlich auch nicht anfangen zu trainieren.“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Warum nicht? Die meisten im Dorf sagen du wärst einmal der beste Trainer in ganz Amerika gewesen und außerdem du weißt was für ein Stammbaum er hat. In ihm fließt das edelste Blut. Sieh ihn dir doch an. Er strotzt gerade nur so vor Kraft und Ausdauer.“
Nun drehte er sich doch zu mir um und sah mich etwas verärgert an. „Selly, Ich habe kein Pferd mehr trainiert seit Alice… na du weißt schon. Ich möchte keine Pferde mehr trainieren. Es ist viel zu gefährlich. Ich kann froh sein das Saphir in Rente ist und jetzt kommst du und willst einen drei Jährigen wilden, der total durchdreht trainieren. Sein Stammbaum mag gut sein, aber das ändert nichts an der Tatsache dass ihn niemand als Jockey reiten möchte. Der Gedanke ihn zu trainieren fand ich sehr verlockend, aber als ich rumtelefonierte hörte ich die schlimmsten Sachen über ihn. Er ist zu unberechenbar. Er würde jemanden einfach umrennen oder seinem Reiter das Genick brechen.“
Wir sahen uns eine Weile schweigend an. Ich wusste was damals mit Alice passiert war, aber es war Vergangenheit. Alice ritt bei einem Rennen mit ihrem Hengst Stormy Thunder mit und war sehr gut. Es hieß er sei der beste gewesen. Er überholte sie alle einen nach dem anderen, doch dann in einem Nebenrennen stolperte Stormy Thunder und überschlug sich. Mehrere Pferde rannten einfach über ihn hinweg. Stormy Thunder war sofort Tod. Alice brachte man ins Krankenhaus sie starb bei der OP. Seit diesem Tag war Uli nie wieder auf ein Pferd gestiegen und Anfangs hatte er mich auch nicht mehr reiten lassen. Ich schüttelte die Gedanken fort und dann ergriff ich das Wort: „Uli, ich weiß das mit Alice ist nicht sehr leicht für dich und ich kann verstehen das du vorsichtig bist, aber Rennsport ist nicht das gefährlichste auf Erden. Broadway wurde geboren um zu rennen, sich zu präsentieren und sie alle im Schatten stehen zu lassen. Ich weiß er würde nie jemandem Absichtlich wehtun. Er hat Angst, das sehe ich ihm an. Er tut dies um sich zu schützen. Hat Broadway euch vorhin auch nur ansatzweise wehgetan oder irgendjemandem andern?“
Er biss sich auf die Unterlippe. „Er hat einen Jockey zum Krüppel gemacht und vier Männer ins Koma versetzt.“, sagte er kalt und schroff. Ich blickte ihn an und wusste nicht was ich sagen sollte. Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Wie viel Angst musste ein Pferd haben um so etwas zu tun?
Ehe ich etwas sagen konnte sprach Uli schon wieder: „Ich werde ihn vermutlich weiter verkaufen und wenn es sein muss auch an den Abdecker.“ Ich wurde zornig. Hatte ich das eben richtig verstanden? „Sag das noch mal?! Das würdest du nicht tun…nein das kannst du gar nicht…er ist noch so jung. Er hat schon so viel schlechte Erfahrung gemacht.“, meine Stimme war kaum zu hören, ich stotterte und war wie gelähmt vor Entsetzen.
Langsam stiegen mir die Tränen in die Augen. Mein Herz schien still zu stehen. Ich wollte wegrennen, aber es ging nicht. „Du kannst ihn nicht verkaufen oder…. Schlachten“, dieses Wort spuckte ich zornig heraus. „…lassen. Er ist noch so jung. Gib ihm eine Chance bitte nur eine Chance. Wenn er mir auch nur einen Kratzer zufügt gib ihn ab, aber bitte…..“
Flehend stand ich vor Uli mit Tränen auf den Wangen und betenden Händen. Er seufzte und senkte den Kopf. Er konnte meinem Weinen und beten nicht widerstehen. Er hatte mich schon zu oft weinen gesehen. Er hob den Kopf und sah mir in die Augen: „Er hat eine einzige Chance. Und wehe er krümmt dir ein Haar! Wenn er die Chance vermasselt garantiere ich für nichts!“
Es war ein Weile stumm dann taute ich auf und viel ihm in die Arme. „Danke, danke, danke! Er wird es nicht vermasseln!“ Ich lief, nein ich rannte fast wieder quer über den Hof zurück auf die Koppel. Mein Herz raste vor Glück und als ich an die Koppel kam, riss Broadway den Kopf hoch und begrüßte mich mit einem schrillen wiehern. Er setzte sich in Bewegung und kam auf mich zu gerast. Er schien zu spüren dass etwas komisch war, denn er hatte ein Ohr hinten und eins vorne als würde er nachdenken. „Hey mein kleiner, ich will dich nicht verlieren, hörst du. Ich möchte das du dich benimmst du darfst keinem auch nur ein Haar krümmen, sonst nehmen sie sich mir weg hörst du. Du musst die benehmen, mir zu liebe.“
Er warf mit dem Kopf und es sah aus als würde er sagen wollen: „Ich doch nicht! Ich könnte keiner Fliege was zu leide tun!“ Ich lächelte und nahm ihn mit von der Koppel. Er lief ruhig neben mir her und sah sich ein wenig um. Als ich so über den Hof trottete traf ich auf Uli: „Selly, am Donnerstag kommt der Hufschmied für ihn. Wenn du dabei sein kannst wäre das eine leichtere Angelegenheit.“
Auch er wusste also das Broadway sich in meiner Nähe völlig anders verhielt. Ich nickte kurz und lief weiter in die Stallgasse. Ich brachte Broadway in seine Box, warf beiden ein paar Karotten in den Trog und fuhr dann nach Hause. Ich machte mich Bettfertig und ging heute ausnahmsweise früher ins Bett. Meine Träume handelten mal wieder von meinem Vater. Beim ersten piepsen des Weckers fuhr ich hoch und merkte das ich schon wieder Tränen in den Augen hatte und schweißnass war. Ich stand auf und machte mich fertig. Ich wusste nicht wann meine Mutter gestern gekommen war, aber ich wusste dass sie ihren freien Tag hatte. Es war Mittwoch. Mitte der Woche. Von der Schule her hatte ich nur vier Stunden. Ich machte mich fertig und lief dann wieder zu Fuß zur Schule. Ich lief genau wie jeden Tag und drängte mich durch die Menge. Als ich wieder an der Gruppe von der Parallelklasse vorbei kam stach ein Junge mir sofort ins Auge. Es war der Junge von gestern. Ich kniff die Augen zusammen und biss die Zähne zusammen. Der unhöfliche, gut aussehende, angewiderte Junge, der versucht hat sich seine Entschuldigung zu erkaufen. Ich lief einfach an ihm vorbei und beim ersten Klingeln in mein Klassenzimmer. Die ersten zwei Stunden hatte wir Mathe und nächsten zwei mit der Parallelklasse zusammen unser Wahlfach. Ich hatte Biologie.
Ohne nachzudenken betrat ich den Raum und lief zu meinem Platz. Doch dann sah ich ES, neben meinem Platz der sonst immer leer war saß genau der, den ich so hasste.
Zornig biss ich die Zähne zusammen, knallte die Bücher auf den Tisch und setzte mich. Er sah mich nur verdutzt an und wandte dann den Blick dem Lehrer zu. Ich würdigte ihn keines Blickes und konzentrierte mich voll und ganz auf den Unterricht. Dabei entging mir seine saubere Schrift nicht. Er schien ziemlich viel Ahnung von Biologie zu haben. Das was in seiner geschmeidigen Schrift auf seinem Papier stand war gut erklärt und verständlich. Nach der ersten Stunde klingelte es und wir liefen alle in die Cafeteria. Ich lies alles stehen und liegen und ging so schnell ich konnte. Ich setzte mich an einen der leeren Tische. Ich hatte keinen Hunger. Die Cafeteria wurde immer voller und lauter. Ich hatte meine Bücher am Platz und im Fach also musste ich mich irgendwie anders ablenken. Als ich so über vieles nachdachte, hörte ich wie der Stuhl gegenüber von mir weggezogen wurde.

Erschrocken sah ich auf und sah schon wieder ihn. Sein wunderschönes Gesicht und sein gut gebauter Körper ließen mein Knie weich werden. Trotzdem änderte das nichts an seinem Verhalten. Ich wusste dass ich rot wurde vor Wut also redete ich mir gut ins Gewissen. „Ich darf mich doch setzten oder?“, seine Stimme klang irgendwie wunderschön und zugleich böse. Ich stand auf und schob den Stuhl unter den Tisch. „Ich wollte sowie so gerade gehen.“, sagte ich so nett ich konnte und lief zur Tür hinaus. Ich lief zu meinem Spinnt und besorgte mir ein paar Sachen die ich benötigte, dann klingelte es auch schon. Ich lief zurück ins Klassenzimmer und setzte mich wieder neben ihn. Heute schien echt mein Glückstag zu sein, denn Mr. Shape teilte uns ein. Ich wusste nicht mal wie mein Partner hieß, nur das er neben mir saß. Mr. Shape teilte uns hoch konzentrierte Schwefelsäure aus die wir mit einem Versuch auf Kupfer, Eisen und Magnesium testen sollten.
Ich nahm die Schwefelsäure und suchte unter den Arbeitsblättern das Richtige heraus, als ich plötzlich eine samtweiche, warme Hand an meiner spürte. „Vorsicht damit!“, zischte jemand neben mir. Es war der Junge neben mir. Ich sah auf unsere Hände die direkt an vor seinem Gesicht standen und die Schwefelsäure schwappte gefährlich hin und her. Ich lies den Blick sinken und merkte wie ich rot an lief. „ Entschuldigung.“, brachte ich fast unverständlich murmelnd und eingeschüchtert hervor. Ich ließ das Gefäß los und er stellte es Vorsichtig auf den Tisch. Er sah mich von der Seite an: „ Ist ja nichts passiert.“ Es klang schroff und abneigend. Sofort spürte ich wieder den Zorn in mir. Nun nahm er die Sache ran und machte sich an unseren Versuch. Ich sah ihm mit Wut und Zorn zu und versuchte mich zu beruhigen. Als es klingelte ging ich nach Hause und machte mich an meine Hausaufgaben.
Meine Mutter war einkaufen gefahren und so war ich wieder allein. Ich fuhr in den Stall und pflegte die Pferde. Wild Liberty hatte sich gut gemacht Uli hielt sein versprechen. Morgen bevor der Hufschmied kommen würde dürfte ich mit ihr Ausreiten gehen. Broadway wurde immer zahmer und zutraulicher. Nach vier Stunden im Stall ging ich wieder nach Hause und ins Bett. Dieselben Träume wie jede Nacht quälten mich.
Am nächsten Morgen verlief alles wie immer meine Mutter musste wieder zur Arbeit und ich in die Schule. Ich wusste nicht genau was meine Mutter tat, denn auch sie hatte der Tod meines Vaters sehr mitgenommen. Vom rauchen und trinken abgesehen. Sie war keine Alkoholikerin. Sie versuchte es auch vor mir zu verbergen das sie litt, doch das wusste ich schon lang. Ich drängelte mich wieder durch den Tumult auf dem Pausenhof und beim Klingeln lief ich ans Klassenzimmer. Die Tür war verschlossen. Wir warteten alle vor der Tür und auch die Parallelklasse stand auf dem Flur. Es wurde lauter und als ich zur Treppe sah, sah ich auch eine Gruppe von Mädchen die natürlich hinter Chantal kichernd und gackernd her liefen. Sie war sehr hübsch, viel zu hübsch eigentlich hätte sie alle Jungs auf Erden haben können, doch sie machte sich ein Spaß daraus Körbe zu verteilen.
Chantal war eine zickige Kuh, die auf jedem herumhackte der sich ihr nicht anschloss oder sich ihr unterwarf. Ich merkte genau, dass sie direkt auf mich zusteuerte. Direkt vor mir hielt sie mit ihrer Mädchengruppe im Schlepptau an. Alle um mich herum starrten mich oder sie an. Ich konnte es nicht genau sehen da ich versuchte Chantals hinterhältigem Blick stand zu halten. „Na Selly, stehst du immer noch alleine in der Gegend rum? Wenn du keine Hässlichkeit wärst dürftest du mit uns abhängen. Du tust mir irgendwie leid!“, auf ihrem Gesicht machte sich ein Lächeln breit und sie drehte sich zu den anderen um, die vor sich hin kicherten und mich auslachten. Ich regte mich nicht auf und versuchte so lässig wie möglich zu bleiben. Ich verdrehte die Augen und gab zurück: „Eigentlich fühl ich mich ganz wohl. Ich glaube nicht dass ich Mitleid von einer Kuh wie dir brauche. Eure Gruppe ist hinterhältig und gemein. Wobei ich glaube das das eigentlich nur du bist und die anderen sich vor Angst hinter dir Verstecken. Ich weiß nicht was dein Problem ist, aber du musst …. Oh hoppla… Hat sich da auf deiner Nase etwa ein Pickel breit gemacht? Oder ist das eine Warze?“, jetzt sah ich sie belustigt an. Sie war entsetzt nahm ihre Hand auf die Nase und lief rot an, sie kochte vor Wut drehte sich um und drängelte sich durch ihre Menge von Mädchen die sich allesamt auf die Lippe bissen um nicht lachen zu müssen. Chantal boxte sie alle weg. Sie rannte gegen ein Mädchen aus meiner Klasse das gefährlich schwankte und mit einem leisen Knacken zu Boden ging. Ich warf meine Tasche ins Eck und eilte zu ihr. Als Chantal um die Ecke war, brach alles in Gelächter aus. Sie schienen nicht bemerkt zu haben das Johanna, so hieß sie glaubte ich, sich auf den Rücken legte und jammernd ihren Arm umklammerte. Ich kniete mich neben sie. „Hey, tut es arg weh? Komm ich bring dich schnell zur Krankenschwester.“, sagte ich mitfühlend. Das Knacken hatte sich schwer nach einem gebrochenen Arm angehört. Sie ist wohl blöd drauf gefallen. Mittlerweile versammelten sich mehr um uns herum und fragten was los war. Ich half ihr auf und stützte sie am linken Oberarm. „Danke!“, brachte sie mit einem kurzen Atemzug heraus und wir liefen die Treppen herunter. Als wir ans Sekretariat kamen, kam uns sogleich ein dünne Frau auf hochhackigen Schuhen und hoch gesteckten Haaren entgegen: „Um Himmels willen! Was ist denn passiert?“ Sie sah besorgt aus und unterstütze mich sogleich. „Bring sie schnell ins Krankenzimmer!“, sagte die Frau und eilte wieder davon. Ich nickte nur und sah dann in das schmerzverzerrte Gesicht von Johanna. „Ich werde bestimmt nicht sagen was passiert ist, aber du solltest dir überlegen ob du Chantal weiter decken willst. Mach dir um mich dabei keine Sorgen. Ich finde es ist an der zeit endlich mal was zu unternehmen!“
Johanna nickte kurz und dann kamen wir ins Krankenzimmer. Ich half ihr auf die Liege und sie blieb ruhig. Wenige Minuten später kam die Krankenschwester und untersuchte ihren Arm. Ich lehnte mich an die Wand und sah gespannt zu. Würde sich meine Diagnose, dass der Arm gebrochen war bestätigen?
Die Schwester nickte stumm und sagte bestätigte dann: „Deine Elle ist gebrochen. Das muss gegipst werden.“
Johanna blickte auf und sah entsetzt aus. „Wie lange muss das gegipst werden? Ich habe in acht Wochen Meisterschaften. Bin ich da wieder fit?“, es war das erste mal das ich Johanna etwas sagen hörte. Ihre Stimme klang sanft und besorgt zugleich. Die Schwester nickte dann gab sie zurück: „Bis dahin bist du wieder in Top Form. Der Gips muss im Normalfall sechs Wochen dran bleiben und dein Arm darf nicht belastet werden. Wie ist das Eigentlich passiert?“ Ich blickte Johanna tief in die Augen und versuchte sie zu durchdringen. Hatte sie den Mut sich gegen Chantal zu wenden? Johanna biss sich fest auf die Lippen. Dann sagte sie es kurz und knapp: „Chantal hat mich gestoßen…“
Johanna sah erleichtert aus und warf mir einen kurzen Blickt zu. Ich nickte und lächelte ihr zu. Die Schwester zog die Augenbrauen hoch und blickte sie verlegen an. „Chantal hat dich also gestoßen und du bist hingeflogen ja?“, fragte sie misstrauisch.
Nun schaltete ich mich ein: „ Nein nicht ganz. Chantal hat mich blöd angemacht und dann hab ich sie auch angemacht und sie hat überreagiert. Sie ist losgestürmt und hat alle aus dem Weg geboxt, dabei ist Johanna hingefallen und wohl blöd auf dem Arm gelandet.“ Einen Moment lang war es ruhig dann sah mich die Schwester bitter an. „Dir ist schon klar, dass ich dies dem Rektor melden muss? Ich schätze mal zwei Stunden nachsitzen werden dabei rauskommen.“, ihre Stimme klang nicht zornig. Ich nickte stumm und senkte den Blick. Ich sagte ihr noch in welche Klasse ich ging und wie ich hieß und dann ging ich zurück in den Unterricht. Als ich vor dem Klassenzimmer stand war mein Tasche weg. Ich wunderte mich sehr. Hatte sie einer mit rein genommen? Ich klopfte und betrat das Zimmer. Alle Blicke wandten sich auf mich. „Ah, Misses Brake. Schön das sie sich zu uns gesellen. Bitte setzen sie sich doch. Ich habe den Vorfall bereits gehört.“, unser Lehrer stand an der Tafel und sah mich aufmerksam und durch dringlich an. Ich nickte und lief zu meinem Platz. Alle starrten sie mich an und ihre Blicke bohrten sich in meinen Rücken. Meine Tasche stand tatsächlich schon an meinem Platz. Ich begriff Mathe sofort und konnte mit dem Unterrichtsstoff sofort mithalten. In der zweiten Stunde ertönte dann der Signalton für den Lautsprecher. „Selina Brown, bitte in das Büro des Direktors“, sagte eine weibliche Stimme.
Das musste ja so kommen alle drehten sich zu mir herum und sahen mich besorgt an. Ich stand auf und lief an meinen Mitschülern mit gesenktem Kopf vorbei von ein paar hörte ich ein leises „Viel Glück!“. Ich lief quer durch das Schulgebäude direkt auf das Büro zu. Mir kamen die schlimmsten Gedanken in den Kopf. Was konnte mir der Schuldirektor anhängen? Ich klopfte und trat ein.
Der Rektor saß in einem Sessel hinter seinem Schreibtisch. Sein Büro war gemütlich und edel eingerichtet. Ich bemerkte noch jemanden in der Ecke auf einem Stuhl. Oh nein, nicht der auch noch! Es war der Junge dessen Namen ich nicht wusste und den ich so hasste, aber seine Schönheit faszinierte mich. Diese Ausstrahlung und seine blauen Augen. Unsere Blicke trafen sich und wir verharrten kurz darauf. Dann wandte ich mich dem Rektor zu. Ebenso ergriff der Direktor das Wort: „Guten Morgen, Miss Brown! Setzten sie sich doch bitte.“ Ich setzte mich und spürte den Blick des Jungen in meinem Nacken. Ich bekam Gänsehaut. „Ich habe gehört was passiert ist und ich muss sagen ich bin schockiert…“
Ich wusste nicht was er wusste und es machte mich verrückt. Nervös rutschte ich im Stuhl hin und her. „… Mister Hope hat mir bereits alles erklärt und ich bin erleichtert das sie als eine unserer besten Schülerinnen nicht mit dieser Stichelei angefangen haben…“ Er deutete mit dem Kopf in die Ecke, zu dem Jungen. Ich beruhigte mich ein wenig und atmete tief aus. „Trotzdem dulde ich so ein Verhalten nicht. Miss Betterfield wird ebenfalls bestraft und da sie angefangen hat bekommt sie zwei Stunden. Sie dagegen Miss Brown bekommen eine Stunde in der Hoffnung darauf, dass so etwas nie wieder vorkommen wird. Haben wir uns da verstanden?“ Ich nickte stumm und wandte den Blick auf den Boden. „Mister Hope wird ihnen heute Mittag Gesellschaft leisten, da er ebenfalls gegen die Regeln verstoßen hat und Miss Betterfield …“ Nun drehte ich mich langsam um und sah ihm in die Augen. Was hatte er getan? Wir sahen uns kurz stumm an, dann wandte er verlegen den Blick auf den Boden. Meine Neugierde war geweckt. Die letzten Worte von meinem Rektor hörte ich gar nicht mehr. Ich drehte mich wieder herum und sah gerade wie der Rektor mir ein Blatt und einen Stift zum ausfüllen hin hob. Es war das Nachsitz Formular. Ich schrieb alles drauf und der Rektor lies uns beide gehen. Stumm liefen wir nebeneinander her

Bis es mir zu blöd wurde meine Neugierde ergriff die Oberhand: „ Was hast du gemacht das du mir heute Mittag Gesellschaft leisten musst?“ Ich blickte fragend zu ihm hinauf.
Er seufzte und blickte zu mir herab. Ihm schien es unangenehm, dann sagte er leise kaum verständlich mit seine wunderschönen Stimmte: „ Ich hätte seit letzter Woche in diese Schule gehen sollen, kam aber erst am Dienstag.“ Ich dachte kurz darüber nach es hatte also nichts mit Chantal oder mir zu tun. Schade. Ich lief zu meinem Schließfach und er folgte mir doch tatsächlich. Ich öffnete es und tat so als würde ich etwas suchen, dann viel mir ein was eben eigentlich bei Rektor los gewesen war. „ Em… vielen Dank für die Unterstützung eben.“, sagte ich verlegen, ohne ihn an zu sehen. „Warum warst du erst Dienstag in der Schule und hast geschwänzt?“, fragte ich und sah ihn jetzt doch an. Er legte die Stirn in Falten und sah sich um, dann sah er mich wieder an und sagte: „Ich bin erst vor kurzem hergezogen und hatte eine Auseinandersetzung mit meinem Vater. Da bin ich für ein paar Tage abgehauen.“
Ich blickte ihn erstaunt an. Er hatte es also auch nicht so leicht mit seiner Familie. „Woher kommst du? Und warum seid ihr umgezogen?“, fragte ich knapp.
„Aus New York. Mein Vater hat andauernd neue Bosse für die er Arbeitet. Wir kommen viel herum.“, gab er knapp zurück. Ich schloss mein Spinnt und es klingelte. Er sah kurz auf dann sah er mich wieder an. „Wir haben jetzt Biologie. Wollen wir los?“, fragte er dann vorsichtig. Seine Stimme war im Vergleich zu gestern viel sanfter und noch schöner. Ich konnte kaum etwas sagen und ich schmolz jedes Mal bei seiner Stimme dahin. Wir liefen nebeneinander her und er wollte dasselbe auch über mich wissen, aber ich hatte nicht viel zu erzählen ich wurde nämlich hier geboren. In Biologie waren wir beide ziemlich gut. Es machte sogar etwas Spaß. Wir unterhielten uns während wir einen Versuch nach dem anderen durchzogen. Ich hatte mich seit langem nicht mehr so wohl gefühlt.
Mir wurde innerlich warm und es fühlte sich gut an. Mein Herz wurde lauter wenn er redete und ich konnte ganz ich selbst sein. Ich fing langsam an ihn zu mögen, obwohl ich normal seit über vier Jahren lieber alleine war, mochte ich seine Nähe. Als die Schule vorbei war durchströmte mich das erste Mal seit langer Zeit das Gefühl von Glück. Ich lief nach Hause und machte meine Hausaufgaben so schnell ich konnte. Ich musste zurück in die Schule meine Stunde absitzen. Am Schuleingang blieb ich stehen.
Ein weißer Mercedes stand auf dem Parkplatz und stach mir ins Auge. Wem der wohl gehörte? Ich begab mich ins Schulgebäude und dann in den Raum der zu heutigen Nachsitzen eingetragen war. Der junge dessen Namen ich immer noch nicht wusste saß schon da und schrieb irgendwas auf einen Zettel. Kein Lehrer war im Raum. Nur er und ich. Die Stille war berauschend. Ich bekam weiche Knie als ich ihn da so perfekt sitzen sah. Ich setzte mich neben ihn: „Hey!“
Er blickte auf und sah mich an „Hey, na scheint so als wären wir allein beim Nachsitzen.“
Ich nickte und sah auf sein Blatt. Er hatte ein Gebäude gezeichnet. Nein nicht irgendeines. Er hatte die Schule gezeichnet und es sah genial aus. Wie von einem Künstler. „Wow!“, brachte ich heraus.
Er sah worüber ich so staunte nahm das Blatt und knüllte es zusammen. „Das ist nichts nur gekritzle.“, sagte er schroff. Ich sah ihn erstaunt dann: „Du zeichnest gut, aber das weißt du wahrscheinlich selber. Em… ich hab mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Selly.“ Verlegen saß ich da und versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Nach kurzer Zeit fing er an zu lächeln. Dieses Lächeln kannte ich bisher noch nicht und mir wurde warm ums Herz. Es war einfach unglaublich.
Er ging darauf ein: „Ich heiße Dustin. Dustin Hope.“ Er machte sich wohl einen Spaß daraus und ich lächelte auch. Wir sahen uns eine Weile schweigend an ehe er sich einem neuen Blatt zuwandte. „Was willst du jetzt zeichnen?“, fragte ich vorsichtig. Ich hatte schon einen blassen Schimmer. Er sah mich mit einem hinterhältigem lächelnd an sagte aber nichts. Er machte sanfte Bewegungen über das Blatt und so langsam kam die Form heraus. Ich hatte richtig vermutet. Er zeichnete mich. Ich spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg
Musste das ausgerechnet ich sein. Es dauerte eine Weile. Mir machte es nichts aus ihm zu, zu sehen. Ich fand es sehr faszinierend. Als er fertig war nahm er das Blatt und hob es neben mich. Das Mädchen darauf sah tatsächlich genauso aus wie ich. Er verglich kurz, dann nickte er als hätte sich ihm nun etwas bestätigt. Verwundert sah ich ihn an. „Was?“, fragte ich als er mich immer noch verglich. Er lächelte wieder ehe er sagte: „Ach nichts.“
Ich hörte irgendetwas summen. Er nahm sein Handy aus der Hosentasche und nahm ab. Sehr mutig, wenn das jemand sehen würde dürfte er noch eine Stunde sitzen. „Ja, was gibt es? ... Ich muss Nachsitzen…Ja danach komme ich sofort und helfe dir. Wo musst du überall hin? ... Ah, gut dann treffen wir uns dort. Bis dann.“, er legte auf und steckte sein Handy weg. Ich sah auf die Uhr wir durften schon längst wieder gehen. Wir hatten wohl die Zeit vergessen. Ich stand auf und schob den Stuhl ran. „Wie lange bleibst du noch hier? Du musst doch jemandem helfen!“ Er lächelte wieder und stand ebenfalls auf. Er nahm seine Jacke von der Lehne, packte seine Sachen zusammen und lief schweigend neben mir her. Auf dem Schulhof steuerte er denn Schülerparkplatz an. „Willst du mitfahren?“, er sah mich verschmitzt an. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Ich muss noch in den Stall.“
Er zuckte nur mit den Schultern und steuerte dann auf den weißen Mercedes zu. Ich blieb erstarrt stehen. Oh mein Gott! Der gehörte doch tatsächlich ihm! Er stieg ein und fuhr fort. Ich stand immer noch da wie angewurzelt. Er hatte den Wagen hoffentlich nicht geklaut. Ich lief nach Hause und zog mich um, dann lief ich in den Stall und freute mich dass ich seit langem mal wieder Reithosen und Reitstiefel tragen durfte. Uli putzte Wild Liberty schon gemächlich. Als er mich kommen sah nahm er denn Sattel und warf ihn ihr über. Sie zuckte nicht einmal als er den Sattelgurt festzurrte. Ich setzte meinen Helm auf und nahm die Renntrense vom Hacken, dann kam ich zu ihnen. Broadway war nicht in seiner Box. ich vermutete dass er auf der Koppel war. „Hallo Sally, na schon fertig? Sie dürfte ganz ruhig sein. Übertreib es bitte nicht! Ich weiß wie sehr du Aktion und Risiko magst.“, sagte er mit einem Unterton den ich nicht deuten konnte. Ich lächelte und gab dann zurück: „Ich glaube nicht das ich mit diesem Pferd ein Risiko eingehe. Sie ist zu ruhig. Schon vergessen?“
Ich blinzelte ihm zu. Er sah auf den Sattel und tat so als müsste er noch etwas richten dann sah mir in die Augen: „Sally, ich weiß, ich bin nicht immer gerecht, aber ich tu dies nur zu deinem Schutz. Ich würde dir niemals wehtun wollen, also versprich mir bitte das du keinen Blödsinn machst und gut aufpasst. Ich möchte nicht noch jemanden verlieren.“
Er senkte wieder den Kopf und wandte sich der Stute zu. Ich lief zu ihm hin und umarmte ihn während ich ihm ins Ohr sagte: „Ich pass schon auf mich auf. Ich verspreche es!“ Wir blickten uns noch kurz an, dann trenste ich Liberty und führte sie auf den Hof. Sie wirkte immer noch gelassen. Ich zog den Sattelgurt noch mal nach und stieg dann auf. Sie blieb gelassen. Ich stellte meine Bügel ein und richtete die Zügel. Uli stand neben mir und blickte zu mir hinauf: „Ach ja, Niklas kommt früher. Vielleicht gehst du keine ganz so große Runde. Broadway ist bestimmt ruhiger wenn du dabei bist. Es war schon eine Zumutung ihn auf die Koppel zu bringen.“ Ich lächelte und er erwiderte es. Ich gab Liberty leichten Druck mit den Waden und sie setzte sich in Bewegung. Die Zügel hingen durch und sie lief gelassen. Ich schlug denn Feldweg ein und Uli sah mir noch lange nach. Ich beschloss die Nordwand aus zu probieren. Mal sehen wie viel Kraft und Ausdauer wirklich in Liberty steckte. Ich war überzeugt davon, dass sie unter einem Reiter ganz anders lief. Als ich um die nächste Ecke bog, hatte ich meine Bestätigung.
Sie warf mit dem Kopf und tänzelte unter mir Seitwärts. Sie war gespannt wie eine Feder und wartete nur darauf das ich ihr ein Zeichen gab, aber ich lies sie zappeln. Bevor ich an der Nordwand war würde kein Galoppzeichen kommen. Schnell wurde mir klar das Geduld nicht gerade ihre Stärke war. Ich erreichte die Nordwand nach zwanzig Minuten Schritt. Ich hielt sie an und blickte den sich durch den Wald schlängelnden Weg hinauf. Es war die längste Galoppstrecke in der Gegend. Ich wusste was ich tat und erinnerte mich an die Worte von früher die mir Uli beim ersten Mal gesagt hatte. „Halte ihn zurück bis du oben auf freies Feld kommst.“ Ich würde es mit ihr nicht anders machen. Am Ende des Weges kam eine lange Wiese. Die alle Kraft und Ausdauer beanspruchte die ein Pferd hatte. Ich setzte mich in den Sitz wie bei einem Rennen und nahm die Zügel auf. Liberty legte ein Ohr nach hinten und wartete gespannt. Ich sog noch einmal tief Luft ein und dann trieb ich sie an. Sie viel aus dem Stand in einen ruhigen Galopp, doch sie beschleunigte. Sie wurde immer schneller und schneller obwohl das gar nicht meine Absicht war. Ich versuchte sie zurück zu halten, aber es gelang mir nur minimal. Sie tat was sie wollte, als wüsste sie es besser. Nach der Hälfte der Strecke gab ich auf. Ich gab ihr die Zügel und trieb sie an. Ich merkte den Ehrgeiz, den ich in ihr geweckt hatte und lies mich darauf ein. „Na komm meine kleine, zeig was du kannst!“, Flüsterte ich ihr ins Ohr

Sie erweiterte ihre Galoppsprünge und mir schlug die Mähne ins Gesicht. Meine Augen tränten vom Wind, aber das Gefühl war einfach unglaublich. Als säße ich auf den Schwingen eines Adlers. Man konnte denken wir flogen. Wir waren schon mitten auf der Wiese und sie beschleunigte immer mehr. Noch nie hatte ich ein so ausdauerndes Pferd geritten. Saphir hätte schon längst aufgegeben, doch Liberty lief und dachte nicht mal daran. Sie wurde immer noch schneller und sie schnaubte heftig. Ihre Nüstern waren weit geöffnet, ihre Ohren waren nach vorne gerichtet und ihre Augen hatten nur das Ziel im Blickfeld. Ja das war ein wahres Rennpferd. Warum war sie ungeeignet für den Rennsport? Sie lief viel schneller als jedes Pferd das ich bisher geritten hatte. Die Arme. Wenn ich mir vorstellte was passiert wäre wenn wir sie nicht genommen hätten… Ich schlug mir die Gedanken aus meinem Kopf und genoss noch das letzte Stück. Es waren nur noch wenige Meter bis zum Ende der Wiese. Ich setzte mich nach hinten und machte mich schwer. „Woohoo, Liberty. Trab“, redete ich auf sie ein. Sie gehorchte und bremste langsam ab. Sie viel in einen schnellen Trab und schnaubte deutlich. Am Ende des Weges kurz bevor es wieder die kürzere Strecke hinab ging, parierte ich durch zum Schritt und ließ die Zügel lang.
Ich tätschelte ihr behutsam den Hals. Sie ging locker am Zügel und Streckte sich vorwärts, abwärts. Sie glich den Berg hinab gut aus und lief sicher. Als wir unten ankamen trabte ich sie wieder an. Wir liefen den Weg zurück in einem ruhigen Trab und es schien ihr zu gefallen. Wir kamen an Broadways Koppel vorbei die leider schon leer war. Ich ließ sie kurz vor dem Hof in Schritt fallen und sie beruhigte sich allmählich. Sich war schaumnass und ihre Adern traten an der Brust und der Schulter hervor. Sie schnaubte jedoch nicht mehr. Vor Broadways Stallgasse stand ein weißer Kombi. Ich ritt noch ein Stückchen näher und dann sah ich auch was für ein Auto dahinter stand. Ein weißer Mercedes. Ich hielt an und erstarrte für einen Augenblick.

Die Wahrheit über Dustin


Das war bestimmt nur Zufall, redete ich mir ein. Ich stieg ab und schob die Steigbügel hoch. Rain stand mit gesenktem Kopf da und pendelte gemütlich mit dem Schweif. Ich lief mit ihr in die Stallgasse und sah Broadway. Er hatte panische Angst. Er war auf beiden Seiten angebunden und somit konnte er sich kein bisschen wehren. Alle standen sie daneben und sahen nur zu wie Broadway vorwärts und Rückwerts rannte, so weit es die Stricke zuließen. Er hatte die Augen weit aufgerissen und versuchte immer wieder auf die Hinterhand zu steigen. Ich war entsetzt. Sahen sie denn nicht wie sehr er litt?
Ich beschleunigte, stellte Liberty neben Uli ab, der nur schnell in die Zügel greifen konnte, dann rannte ich los zu Broadway löste einen der beiden Panikhaken und stellte mich neben ihn: „Ruhig mein kleiner. Es ist okay. Es ist vorbei. Ganz ruhig.“ Broadway stieg noch einmal kurz ehe er still stand und einmal heftig prustete. Alle sahen mich verwundert an. Es war tatsächlich Dustin der da neben Niklas und Uli stand. Broadway rieb seinen Kopf sanft an mir. „Ich komm gleich mein kleiner ich mach nur noch schnell Liberty fertig ja?“, ich sah ihn deutend an und dann lief ich zurück zu ihr. Alle sagten sie nichts sie sahen mir nur zu. Vor allem Dustin schien überrascht mich hier an zu treffen. „Uli, du hättest eigentlich wissen müssen das er Angst hat wenn er auf beiden Seiten angebunden ist.“, warf ich ihm an den Kopf. Uli sah mich mit ausdrucksloser Miene an. Ich nahm Liberty und führte sie in ihre Box. Sie war später dran. Ich sattelte und trenste sie ab, dann rieb ich sie mit dem Stroh aus ihrer frisch gemachten Box noch etwas ab. Ich hörte wie Uli und Niklas miteinander redeten verstand aber kein Wort.
Zum Glück war das eben mit Broadway noch mal gut gegangen. Ich gab Liberty noch ein Karottenstückchen und wollte dann die Box verlassen, doch ich erschrak als Dustin an der Tür lehnte und mir zusah. Ich beachtete ihn nicht weiter und ging hinaus. Er folgte mir in die Sattelkammer, wo ich Sattel, Trense und Sturzhelm aufräumte. Ich drehte mich um und er stand direkt vor mir. Ich wich erschrocken einen Schritt zurück. Mein Herz schlug mir fast aus den Ohren heraus. Ob er es hören konnte?
Er grinste: „Weichst du mir etwa aus?“
Sein Grinsen wurde breiter als mir das Blut in den Kopf stieg. „Nein.“, log ich und es klang sogar ein bisschen ernst. Sein Grinsen ging in dieses unglaublich Lächeln über, das mich immer total aus der Fassung brachte. „Iiiiich-ääh- Ich muuuss zu Brooadway.“, stotterte ich vor mich hin und es kam mir fast schon dämlich vor. Ich drückte mich vorsichtig an ihm vorbei und stolperte dabei über einen Eimer. Ich sah den Boden schon näher kommen und wollte mich mit meinen Armen abstützen, doch mich packte jemand kräftig am Arm und zog mich an sich heran. Sein Gesicht war mir so nah wie nie zuvor. Ich sah ihm in tief in die Augen, bevor er mich los ließ.
„ Upps. Em, danke. Das war jetzt glaub ich schon das zweite Mal.“, ich war noch etwas benommen. Er sah mich von der Seite an. „Kein Problem. Immer wieder gern.“, er brach in lachen aus. Ich kam mir nur peinlich vor und schämte mich. Mir stieg schon wieder das Blut in den Kopf, aber dieses mal weil ich so wütend auf mich selber war. Er schwieg abrupt und ich starrte auf den Boden. Er schien zu merken dass es mir unangenehm war. „Wohnst du hier?“, fragte er wieder Todernst. Er wusste also vorhin nicht, dass wir uns gleich wieder sehen würden. Ich sah ihn wieder an: „Nein, das ist der Stall meines Onkels. Und du warum bist du hier?“
Er lächelte: „Ich helfe ebenfalls meinem Onkel Niklas.“ Es war eine Weile still bis er das schweigen brach: „Ihr habt da zwei mächtige Pferde. Edler Stammbaum und sehr ausdauernd.“ Ich blickte ihn forschend an: „Woher weißt du? Wir haben sie erst seit Montag.“ Er sah nun auf den Boden. „Broadway und Wild Liberty standen auch schon in dem Stall meines Vaters.“, seine Stimme wurde leiser und es war kaum verständlich.
Er schien nicht darüber reden zu wollen. In diesem Augenblick rief Uli. Wir wandten uns ab und liefen zu ihnen. Sie standen neben Broadway und versuchten vergeblich seinen Huf auf zu heben. Ich lief zu ihm und er gab ihn mir sofort. Ich unterstützte den Huf unter meinem Knie während Niklas ihn beschnitt. Broadway stand ruhig da. Er kapierte recht schnell. Nach dem zweiten Huf tat mir der Rücken weh. Ich wollte eine kurze Pause machen, aber Niklas meinte Dustin könnte übernehmen. Als Dustin Broadway näher kam wich er jedoch ängstlich zurück, rollte mit den Augen und stampfte heftig mit dem Vorderfuß. Dustin wich zurück. Er wandte sich ab und ging wieder auf Abstand. Ich wunderte mich. Dustin jedoch schien zu verstehen warum der Hengst so ihm gegenüber so abneigend war. Ich hielt die zwei anderen Hufe auch noch hoch und schließlich wurde er beschlagen. Das drauf brennen machte ihm komischerweise nichts aus. Kurz bevor wir fertig waren lief Dustin aus der Stallgasse. Mir entging nicht das er total in Gedanken versunken war.
Ich führte Broadway in die Box und er schien erleichtert, dass es endlich vorbei war. Ich tätschelte ihm kurz den Hals und gab ihm eine Karotte. Liberty stand schon in der Stallgasse. „Kommt ihr alleine klar? Ich hab eben noch etwas zu erledigen.“, fragte ich mit Gedanken ganz wo anders.
Uli nickte nur und ich lief hinaus auf den Hof. Dustins Auto stand noch da bloß wo mochte er sein? Ich blickte mich um ehe ich ihn an der Koppel von Broadway lehnen sah. Er hatte den Blick weit in die Ferne gerichtet und schien mich nicht kommen zu hören. Seine Hände lagen auf dem Gatter. Ich stellte mich stumm neben ihn und wir sahen beide in die Ferne. Er atmete einmal tief ein und aus dann brach er das schweigen: „Warum bist du nicht bei deiner Stute?“ Es klang unhöflich, als wollte er mich loswerden. Ich gab keine Antwort sondern gab zurück: „Warum bist du nicht bei deinem Onkel?“
Er drehte sich zu mir: „Du siehst doch die zwei Pferde hassen mich! Sie haben Angst vor mir.“ Er klang zornig und verletzt. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, doch das war auch nicht nötig. „Mein Vater hat die beiden Gezüchtet.“, sagte er knapp. Ich fuhr zusammen. Wie bitte?!?! Aber wenn ….. dann ist sein Vater ja Jim Hope! Oh mein Gott! „Dein Vater ist Jim Hope?“, fragte ich ungläubig. Er nickte nur. In ihm stieg die Wut auf das konnte ich ihm ansehen. Er hatte keinerlei Verständnis für meine Begeisterung. Er funkelte mich nun zornig an: „Verstehst du nicht Selly? Mein Vater hat Broadway so zugerichtet! Er ist an all seiner Angst und seinem Hass schuld! Deswegen hat er solche Angst vor mir.“ Seine Worte hallten in mir wieder. Das musste ich erst mal verkraften. Einer der berühmtesten Jockeys Amerikas war sein Vater, doch er hatte Broadway so zugerichtet. Das glaubte ich nicht. Ich schüttelte den Kopf. Dustin sprach weiter mit Zorn in der Stimme: „Ich war von Anfang an dabei. Mein Vater hat Broadway schon mit ein-ein halb Jahren zu Höchstleistungen gefordert und wenn Broadway nicht mehr konnte und sich anfing zu wehren wurde er verdroschen und bekam noch härteres Training. Ich habe alles versucht um Broadway und den anderen Pferden zu helfen, aber er meinte nur hartes Training bringe den Erfolg. Er meint immer Pferde seien kein Partner sondern Maschinen. Wenn sie einmal nicht mehr laufen kommen sie weg und eine neue Maschine muss her. Besonders Broadway tat mir leid. Am liebsten hätte ich ihn selber trainiert. Nur hatte er genauso viel Angst vor mir wie vor meinem Vater. Obwohl ich ihm nie etwas getan hatte. Als es dann ganz schlimm wurde rastete Broadway vollkommen aus. Er überrannte den besten Freund meines Vaters, der von nun ab an im Rollstuhl sitzen darf. Erst da wurde meinem Vater klar was er aus diesem Pferd gemacht hatte. Er wollte ihn nicht mehr und gab ihn zum Schlachter. Bei Wild Liberty war genau der Ansatz den Broadway gemacht hatte zu sehen, also schickte er sie gleich mit. Ich konnte das alles nicht mit ansehen ich hatte sogar noch versucht dem Schlachter die zwei Pferde ab zu kaufen. Ich konnte mir sie jedoch nicht leisten. Ich mag Broadway obwohl er mich hasst und ich kann ihn gut verstehen.“ Er lächelte unecht und mir kam es fast so vor als hätte er Tränen in den Augen. „Wie ich meinem Vater hasse!“, spuckte er heraus und biss die Zähne zusammen.
Mir wurde in diesem Augenblick einiges klar Jim Hope war mit seinem Sohn hier her gezogen und wollte die Pferde loswerden, deswegen ist Dustin die erste Woche abgehauen. Eh hatte das alles für diese zwei Pferde getan und sein Vater hatte sie misshandelt. Dustin hatte einen besseren Vater verdient und Broadway sollte sich mit ihm verstehen. Ich beschloss mit Broadway zu reden. Ich wusste nicht ob das klappen würde, aber einen Versuch war es Wert. Dustin stand immer noch zornig neben mir. Ich legte meine Hand auf die seine und er zuckte zusammen. Er sah mich nun entsetzt und verzweifelt an.
„Eigentlich solltest du mich dafür hassen.“, sagte er niedergeschlagen.
Ich schüttelte nur den Kopf. „Wofür? Dafür das dein Vater ein Tierquäler ist? Da kannst du ja wohl schlecht was dafür. Ich bin nicht sauer auf dich. Du hast immerhin versucht etwas zu unternehmen. Ehrlich gesagt bin ich sogar sehr erleichtert. Ich hatte gehofft dass du so wärst. Als ich dir das erste Mal begegnet bin bist du mich böse angefahren. Ich hatte so eine Wut auf dich. Du hast immer böse und angegriffen geklungen, aber jetzt kann ich dich viel besser verstehen.“, sagte ich ohne auch nur nach zu denken. Mir wurde auf einmal schlecht. Ich hatte glaube ich zu viel preisgegeben. Mir schoss schon wieder Blut in den Kopf. „Es tut mir leid wenn ich öfters böse geklungen habe oder gemein zu dir war. Das war nicht meine Absicht. Ich war nur wegen meinem Vater so angegriffen. Weißt du was ich gedacht habe als ich dich das erste Mal sah? Ich dachte: Dieses Mädchen ist anders, deswegen wollte ich unbedingt mit dir in Kontakt bleiben.“ Jetzt wurde ich noch roter und mein Herz hämmerte gewaltig gegen meine Brust. Ob er den Puls an meinem Daumen spüren konnte? Ich fand den Gedanken ätzend, dass er sich das hässlichste Mädchen der Schule ausgesucht hatte, obwohl er sie alle haben könnte. Sein Aussehen, dazu sein Charakter und sein Auftreten würde jeden umhauen das war ich mir sicher. Ich zog meine Hand weg, wich einen Schritt zurück und lenkte vom Thema ab.
„Wir sollten zurückgehen. Ich muss gleich nach Hause.“, sagte ich unbeteiligt. Er schüttelte leicht den Kopf folgte mir jedoch. „Soll ich dich jetzt mitnehmen?“, fragte er zuckersüß. Eigentlich hätte ich sofort ja sagen müssen, aber irgendwas in mir blockierte. „Nein, danke. Ich geh lieber zu Fuß. Wir sehen uns ja dann morgen.“, ich winkte ab und lief auf das Tor zu. Als ich abgedankt hatte war Dustin stehen geblieben. Was er wohl dachte? Ich lief eilig davon. Na das war ja mal ein Tag, aber er war wirklich süß. Er war einfach unglaublich. Noch nie hatte ich mich in der Nähe eines anderen so wohl gefühlt. Schon wenn ich nur an ihn dachte wurde mir ganz warm. Ich schüttelte mich. Was dachte ich hier eigentlich? Das so ein Typ wie Dustin ausgerechnet mich mochte? Ich musste ja blöd sein wenn ich das glaubte. Solche Typen wie er konnten sich gut verstellen. Was wenn er mich nur ausgenutzt hatte? Was wenn er nur eine blöde Wette mit seinen Kumpels laufen hatte? Ich wurde zornig. Ich konnte mir nur so etwas Vorstellen. Vor Wut kamen mir die Tränen. Wie konnte ich auf so etwas hereinfallen? Es dämmerte bereits als ich in meine Straße einbog. Im Haus brannte schon Licht. Meine Mutter war also da. Ich lief direkt in mein Zimmer machte mich fertig und ging schlafen.

Und erstens kommt es anders


Am nächsten Morgen war alles wieder in Ordnung. Naja fast, meine Albträume plagten mich immer noch. In der Schule lief ich Dustin zum Glück nicht über den Weg. Wer weiß wie ich reagiert hätte? Die Schulglocke ertönte das letzte Mal für diese Woche und ich lief nach Hause. Endlich Wochenende!
Meine Hausaufgaben lies ich links liegen und ging sogleich in den Stall. Sascha und Uli waren nirgends zu finden nur Broadway und Wild Liberty standen in ihrer Box. Das Auto stand jedoch auf dem Parkplatz. Nach dem ich meine zwei Schützlinge begrüßt hatte machte ich mich auf die Suche. Mittlerweile wusste ich das man immer da suchen musste wo man am wenigsten glaubte Erfolg zu haben. Ich ging also auf die Rennbahn. Uli hatte sie seit Alice nie wieder betreten nur Sascha kümmerte sich um sie und hielt sie in Stand. Tatsächlich standen die beiden auf der Tribüne und sahen sie die Rennstrecke an. Sie sah aus wie in den besten Jahren. Ich war ebenfalls schon lange nicht mir hier gewesen. „Wow!“, brachte ich heraus als ich neben ihnen stand. „Sascha und ich haben uns ins Zeug gelegt. Sieht aus wie gerade erst gebaut nicht wahr? Wir wollten das wenn du mit Wild Liberty heute auf die Rennstrecke gehst, es für dich wunderschön wird.“, sagte Uli aus ganzem Herzen. Ich strahlte und wurde nervös. „Ich darf auf die Rennstrecke?“, fragte ich ungläubig. Er lächelte nur und sagte dann: „Mir ist nicht entgangen wie deine Stute gestern ausgesehen hat. Wenn du runter fliegst merk ich das hier früher.“ Ich umarmte Uli heftig und rannte sogleich los um Liberty zu Satteln. Ich putzte im Schnelldurchlauf, sattelte und trenste sie ohne Broadway auch nur eines Blickes zu würdigen obwohl er mir die ganze Zeit zusah. Ich führte Wild Liberty auf den Hof und surrte den Sattelgurt fest. Sie schien die Aufregung zu spüren und spannte sich ebenfalls an. Ich stieg auf und ritt auf die Rennbahn.
Uli und Sascha standen immer noch auf der Tribüne. Uli hielt jedoch eine Stoppuhr in der Hand. Im vorbeireiten rief er mir zu, dass Ich nur ein Runde reiten sollte. Ich lief erst zwanzig Minuten Schritt und wärmte sie dann richtig auf, ehe ich ans eine Ende der langen Seite ritt. Ich machte kehrt und hielt sie an, dann bereitete ich mich vor, setzte mich hin und nahm die Zügel auf. „Na meine kleine denen zeigen wir es! Heute geben wir alles hast du verstanden?“, flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie schnaubte einmal kurz und stampfte dann mit dem Huf auf. Das bedeutete dann also ja. Ich gab ihr Druck und sie gehorchte. Viel schneller als gestern beschleunigte sie. Diesmal hielt ich sie auch nicht zurück. Ich ließ sie einfach laufen. Sie war einfach unglaublich immer schneller und weiter wurden ihre Galoppsprünge. Sie prustete im Takt dazu und ihre Mähne peitschte mir ins Gesicht.
Mir flossen Tränen die Wange herunter und ich fühlte mich freier als jemals zuvor. Sie beschleunigte und beschleunigte. Ihr Blick war wie gestern nach vorne Gerichtet immer das Ziel im Visier. Wir hatten schon über die Hälfte der Bahn hinter uns und sie beschleunigte immer mehr. Ich hörte das gleichmäßige aufschlagen ihrer Hufe und es war fast im Takt mit meinem Herzen. Ich trieb sie noch mehr an und sie gehorchte. In der Kurve nahmen wir den langen Weg um nicht so stark abbremsen zu müssen. Dann beschleunigten wir wieder und sie lief schneller als jemals zuvor. Dieses Pferd kannte ich nicht.
Sie war einfach unglaublich. Wir kamen an Uli vorbei und ich parierte zum Trab durch damit sie ausschnaufen konnte. Sie lief wieder locker und leicht am Zügel vorwärts, abwärts. Nach einer Weile viel sie von selbst in Schritt und lief gelassen. Uli und Sascha kamen zu mir herunter und stellten sich an den Zaun der Rennbahn. „Und wie waren wir?“, fragte ich erwartungsvoll. Beide sahen mich sprachlos an, bis Uli das Wort ergriff: „Ähm, beeindruckende Zeit.“ Ich war erstaunt. So wie er das sagte klang es unglaublich. Ich tätschelte der Stute sanft den Hals, während ich sie trocken ritt. Ich war so begeistert und überglücklich.
Ich fuhr plötzlich zusammen, als ich einen dumpfen Knall hörte. Danach war es einen Moment still bis ich laut und deutlich Hufgetrappel hörte. Es kam immer näher. Auch Sascha und Uli sahen sich um. Auf alles vorbereitet nahm ich die Zügel auf und klemmte die Knie an den Sattel und dann sah ich ihn. Als hätte man auf ihn geschossen galoppierte Broadway in vollem Tempo auf mich und Liberty zu. Sie erschrak stieg auf die Hinterhand, machte kehrt und preschte davon. Auf das steigen wäre ich gefasst gewesen, aber das plötzliche umdrehen und losrennen lies es nicht zu, dass ich sitzen blieb. Ich stürzte seitlich an ihr herab und viel mit dem Kopf auf etwas Hartes. Als ich aufsah rannten Wild Liberty und Broadway nebeneinander die Rennbahn ab. Uli eilte zu mir herüber und Sascha schloss das Gatter der Rennbahn. „Sally ist dir was passiert? Sag doch was. Sally?“, er war besorgt und ich wusste genau warum. Das was nie hätte passieren dürfen war passiert. Ich setzte mich auf und bekam erst mal keine Luft. Ich schnappte nach Luft und hielt mir die Kehle. Allmählich bekam ich wieder Luft und merkte erst jetzt, dass ich am Kopf blutete. Erst jetzt spürte ich den Schmerz in allen Gelenken. Uli nahm mich auf seine Arme und trug mich von der Bahn zum Auto. Wir fuhren ins Krankenhaus. So viel bekam ich noch mit. Kurz vorher wurde alles schwarz

Ich hielt die Augen geschlossen und hörte nur das piepen rechts neben mir. Meine Gliedmaßen fühlten sich schwach an und mein Kopf brummte. Ich öffnete die Augen und blickte mich um. Ich lag in einem Krankenzimmer, angeschlossen an eine Infusion und an irgend so ein Herzmessgerät. Der Raum war leer und ich sah in das dunkle nichts draußen. Es war Nacht oder vielleicht morgen? Ich biss mir auf die Unterlippe als ich die Nadel der Infusion in meinem Arm spürte. Ich hasste Nadeln. Ich hörte wie sich draußen jemand näherte und schloss die Augen. Die Tür sprang auf und ein Doktor meine Mum und Uli kamen herein. Ich erkannte sie an den Stimmen. „Selly geht es soweit gut. Sie hat sich gut erholt und sie wird auch keine bleibenden Schäden davontragen.“, es war vermutlich die Stimme der Arztes. Ich tat so als würde ich schlafen bis Uli und meine Mutter neben mir am Bett standen. Ich schlug die Augen auf und blickte in ihre, vor Sorgen, schmerzverzerrten Gesichter. „Hey, mein Schatz.“, sagte meine Mutter. „Wie viel Uhr welcher Tag?“, fragte ich schmerzhaft. „Samstagmorgen Selly.“, sagte Uli nun. „Du hattest eine Platzwunde am Kopf und eine Gehirnerschütterung. Spätestens morgen Abend bist du hier wieder raus.“, brachte meine Mutter mit einem Lächeln hervor. Wir unterhielten uns noch eine Weile, bis sie der Arzt wegschickte. Ich schlief sehr lange und hatte ausnahmsweise keine Albträume. Als ich das nächste Mal zu mir kam fühlte ich mich viel besser. Ich hatte den ganzen Tag geschlafen und sie nahmen mir die Infusion und den Herzmesser weg. Ich fühlte mich Top Fit und wollte eigentlich gar nicht länger hier bleiben, aber die wollten mich nochmals untersuchen. Am nächsten morgen durfte ich dann endlich gehen. Wir saßen im Auto an einer Ampel vor dem Park. „Können wir in den Stall fahren? Ich will zu Broadway.“, fragte ich hoffnungsvoll. Mir war in diesem Moment nicht klar was ich mit Uli abgesprochen hatte. Er und meine Mutter sahen sich besorgt an. „Selly Broadway und Liberty sind fort.“, sagte er vorsichtig. Ich erstarrte. Hatte ich da eben richtig gehört er hat sie weggegeben? Ich wurde panisch schnallte mich ab und stieg aus. Ohne auch nur nachzudenken rannte ich in den Park. Ich hörte noch die Stimmen von Uli und Mum: „ Selly, steig wieder ein! Bitte! Selly!“
Ich rannte und rannte. Ich wusste nicht woher ich diese Kraft nahm doch ich hörte nicht auf, bis ich nicht mehr wusste wo ich war. Ich ließ mich auf einer Bank nieder und lies alles raus. Ich weinte wie niemals zuvor und schluchzte vor mich hin. Einige Leute die vorbei kamen sahen mich blöd an, andere fragten ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete immer mit ja. Innerlich wusste ich es aber besser.
Nichts war in Ordnung Broadway und Liberty waren fort. Ich würde sie nie wieder sehen. Es wäre so als hätten die beiden nie existiert. Ich wusste nicht wie lange ich auf dieser Bank saß, merkte jedoch sehr schnell dass es dämmerte und kühler wurde. Ich kuschelte mich zusammen und schlief irgendwann ein. Ich wurde von etwas kaltem und nassem geweckt. Erschrocken fuhr ich hoch. Ich war immer noch im Park und es war früh am morgen das spürte ich. Das nasse und kalte etwas war ein Hund.
Er ging mir bis zu den Knien und er war verdreckt. Wieder schleckte er mir die Hand ab und wedelte mit dem Schwanz. Soweit ich wusste handelte es sich um einen Australien Shephert. Seine Füße waren rost-braun und sein Gesicht weiß und etwas verdreckt. Sein restlicher Körper war grau mit schwarzen Tupfern. Er war abgemagert und trotz allem fand ich ihn süß. „Na du? Hast wohl kein zu Hause was?“, fragte ich ihn mitfühlend. Er winselte mich an. „Ich komm auch nicht nach Hause ich weiß nämlich gar nicht wo ich bin.“, sagte ich hart. Eigentlich wollte ich gar nicht nach Hause ich wollte nur aus diesem Park. Der Hund bellte ein paar Mal und es sah irgendwie auffordernd aus. Also stand ich auf und spürte dann erst die steifen Knochen von der Nacht auf der Bank. Heute war Montag, eigentlich hätte ich Schule. Ich fand den Gedanken zu schwänzen einfach genial. Der Hund sprang kläffend vor mir her und ich folgte ihm. Es war eindeutig ein Rüde. Er führte mich aus dem Park und ich war heilfroh den Kirchturm zu sehen. Es war sieben Uhr. Zeit fürs Frühstück. Ich hatte allerdings keinen Hunger. Gegenüber von mir auf der anderen Straßenseite gab es einen Supermarkt. Ich hatte zehn Dollar in der Hosentasche. Ich sah neben mich und der Hund sah zu mir hinauf. Ich lächelte. „Warte hier! Ich bin gleich wieder da!“ ich rannte über die Straße in den Supermarkt. Ein Wunder das der schon auf hatte. Ich begab mich in die Tierabteilung und kaufte fünf Dosen Nassfutter. Als ich wieder zurückging, war der Hund weg. Erst als ich mich richtig umschaute, entdeckte ich ihn. Er lag unter einem Baum und als er mich sah hob er den Kopf. Ich lief zu ihm und öffnete eine Dose. Er schnüffelte kurz daran, dann schlang er es hastig runter. „Na ist das gut? Ich hoffe ich hab deinen Geschmack getroffen. Vier Dosen haben wir noch für später ja?“, sagte ich zu ihm. Er bleckte sich die Zähne und schmiegte dann seinen Kopf an mich. Ich kraulte ihn genüsslich. In diesem Moment viel mir der Name für ihn ein: „Ich nenne dich Bounty. Ist das in Ordnung?“
Er bellte kurz und wedelte mit dem Schwanz. Ich deutete das als ein „Ja“. „Na komm Bounty, lass uns ein bisschen herumlaufen.“, forderte ich ihn auf und er gehorchte sofort. Er lief neben mir her. Wir liefen den ganzen Tag durch die Gegend und blieben schließlich in einer kleinen Gasse auf einer Bank. Bounty lag neben mir und ich kraulte ihn. Es war dunkel und nichts war zu hören.
Irgendwann schlief auch ich ein, denn ich wusste das Bounty bei mir war und das gab mir Sicherheit. Am nächsten Morgen knurrte mir der Magen. Ich lief zum Bäcker und kaufte mir zwei Brötchen. Bounty wartete wie jedes Mal vor dem Laden. Mittlerweile hatte ich den Orientierungssinn richtig verloren und lief einfach hilflos durch die Gegend. Bounty machte es mir viel leichter. Er brachte mich auf andere Gedanken und tröstete mich. Es war schon dunkel als wir so durch die Straßen liefen und eine enge Gasse durchquerten. Auf der anderen Straßenseite befanden sich vier junge Männer.
Sie blickten zu mir und Bounty herüber, aber ich beachtete sie nicht weiter. „Hey du da, mit dem Hund? Haste nicht Lust ein bisschen mit uns ab zu hängen?“, fragte einer der vier und alle anderen kicherten hinter ihm. „Einfach nicht beachten Bounty.“, sagte ich zu uns und wir liefen weiter. Doch wir merkten schnell dass sie uns folgten. Es war spät abends und wir waren an der Hauptstraße. Es war jedoch weit und breit kein Auto zu sehen. Wir wollten gerade um die Ecke biegen als zwei weitere von vorne auf und zukamen. Sie waren alle ungefähr in meinem Alter. Die vier von hinten holten schnell auf. Sie bildeten einen Kreis um uns herum und kamen immer näher. „Hey süße, rede doch wenigstens ein bisschen mit uns!“, es klang hinterhältig und forsch. Ich hatte keine Chance zu entkommen. Schnell erinnerte ich mich an die Selbstverteidigung. Es waren Männer also wären Weichteile mein Hauptziel. Wir standen mitten auf der Straße und Bounty knurrte und fletschte die Zähne. Er sträubte sein Nackenfell und ging in Kampfstellung. „Uh, jetzt kriegen wir aber Angst!“, machte sich der eine über Bounty lustig. Sie waren nun so nah, dass sie nur den Arm ausstrecken mussten um mich zu berühren. Sie stanken stark nach Alkohol. Mein Herz pochte und Bounty versuchte stark uns zu verteidigen. Einer der Männer griff nach meinem T-Shirt und zog daran herum. Ich packte ihn an den Schultern und trat ihm mit dem Knie in seine Weichteile. Er kugelte sich am Boden zusammen und schrie vor entsetzten. Die anderen schien das nicht zu stören sie griffen alle gleichzeitig nach mir und zogen an mir herum. Bounty biss einem der Männer in die Hand und dann ebenfalls in die Weichteile ich war ermutigt und rammte mehreren das Knie in den Magen. Zwei standen noch und kamen wieder näher, als Scheinwerferlicht eines Wagens auf uns viel. Der Wagen fuhr viel zu schnell und blendete uns alle, sodass wir nichts sehen konnten. Kurz vor uns kam er mit quietschenden Reifen zum stehen. Jemand stieg aus und erst jetzt sah ich das Auto genauer
Es war ein weißer Mercedes. Die Person kam zu mir herüber. „Steig ein. Ich regele das.“, sagte mir ein bekannte Stimme. Es war Dustin. Er stellte sich schützend vor mich, aber ich dachte nicht daran ich stellte mich neben ihn. „Oh schau mal wie süß! Er versucht sie zu beschützen. Ist das nicht niedlich?“, spottete der eine. Sie kamen wieder auf uns zu doch ehe ich mich versah war Dustin schon bei ihnen und gab dem einen eine Faust ans Kinn, dann rammte er ihm dreimal das Knie in den Bauch und warf ihn zu Boden. Er hatte nicht mal die Chance gehabt sich zu wehren. Dustin blickte den anderen finster an, der jedoch wich leicht zurück, drehte sich um und rannte davon. Ich konnte es nicht fassen Dustin hatte so eben einfach einen von ihnen fertig gemacht ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und das auch noch meinetwegen. Er war verdammt stark und muskulös, aber das sah man schon auf den ersten Blick. „Lass uns hier abhauen.“, zischte er mir zu. Er stieg ein und ich blickte zu Bounty. Der winselnd da stand und mich ansah.
Dustins Tür öffnete sich noch einmal. „Dein Freund kann mit kommen wenn er will.“, sagte er lächelnd. Als hätte Bounty ihn verstanden rannte er auf mich zu und wir stiegen ein. Bounty saß vor mir auf dem Boden. Der Komfort im Auto war unglaublich. Alles war beleuchtet und so viele Knöpfe zum drücken. Ich hatte vorher noch nie in einem Mercedes gesessen. Er drehte die Musik auf, drehte das Auto und fuhr dann los. Erst jetzt spürte ich den Schock der sich in mir breit machte. „Alles in Ordnung? Du siehst so blass aus. Soll ich anhalten?“, fragte er besorgt. Ich schüttelte nur den Kopf. Er fuhr viel zu schnell. Wir fuhren auf einer Landstraße die unbeleuchtet war. Hier waren laut den Schildern achtzig erlaubt. Er fuhr allerdings Hundertzwanzig. Ich krallte mich am Sitzt fest und ich fing an zu zittern. Plötzlich drosselte er das Tempo und fuhr auf einen Campingparkplatz.
Er hielt an und stieg aus. Kurze Zeit später war er bei mir und öffnete die Tür. Bounty stieg aus und schnüffelte umher, währen Dustin seine Jacke auszog und sie mir um die Schultern legte. Er griff mir um die Schultern und in die Kniekehlen, hob mich hoch und trug mich auf einen der Campingtische. Er ging zurück schloss die Tür und kam sogleich wieder zu mir. Ich zitterte immer noch am ganzen Körper und plötzlich wo es schon viel zu spät war bekam ich Angst. Ich mümmelte mich ein und blickte unsicher um mich. Dustin setzte sich neben mich. Ungewollt flossen mir die Tränen die Wangen herunter. Mein Herz schien fast nicht mehr da zu sein und ich schluchzte vor mich hin.
Dustin rückte ein Stück näher und legte seinen, nicht zu überspürenden Arm um meine ich Schultern. Ich zog mich an ihn heran und weinte mich aus. Ich wusste nicht wie lange wir so saßen. Es war jedenfalls lang. Ich beruhigte mich allmählich wieder und kam mir blöd vor. Musste es ausgerechnet Dustin sein der mich so sah? Ich sah zu ihm hinauf. „Danke!“, sagte ich mit gepresster Stimme kaum hörbar. Er grinste sanft: „Wofür? Ich hab doch nur einen Vermöbelt. Vier hattet ihr beide schon. Eigentlich tut es mir sogar leid. Ich mag es nicht wenn Mädchen so rohe Gewalt anwenden müssen. Ich hätte früher kommen sollen.“ Ich rückte ein Stück von ihm weg und sah ihm die Augen. War der eigentlich noch ganz bei Trost? Aber er hatte Recht vier hatten ich und Bounty K.O. geschlagen. Er rückte wieder auf und mir wurde wohlig warm. Ich spürte seinen Atem auf meinem Kopf und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. „Du musst mir unbedingt zeigen wie man so kämpft wie du. Das war genial.“, sagte ich knapp. „Nein das werde ich ganz gewiss nicht tun. Es reicht schon, dass du vier platt gemacht hast. Sie haben sich ja auch kaum angerührt, hoffe ich zumindest.“, sprach er ruhig. Neben uns raschelte es und Bounty sprang neben uns auf die Bank.
„Hätte ich ihn nicht dabei gehabt wäre alles viel schlimmer gewesen. Er hat mich die letzten paar Tage ermutigt und bei Laune gehalten. Hätte Bounty nicht an meiner Seite gekämpft wüsste ich nicht ob ich das einfach über mich ergehen lassen hätte“, flüsterte ich teilnahmslos. Dustins Druck nahm sanft zu und er presste mich noch enger an sich. „Nein, das hättest du nicht. Du bist eine Kämpferin.“, flüsterte er zurück. Ich musste lächeln. Ja, das stimmte. Ich war eine Kämpferin. Wir saßen eine Weile schweigend da. Ich fühlte nur noch Erleichterung. Erleichterung darüber, dass nichts passiert war und darüber der Dustin rechtzeitig gekommen war. Mir wurde immer wärmer, doch Dustin war es bestimmt kalt. „Lass uns weiter fahren, nicht das wir uns noch erkälten.“, sagte ich leise. Eigentlich wäre ich lieber so sitzen geblieben. Ich hätte die ganze Nacht so verbracht um so nah bei ihm zu sein. Er löste seinen griff, ließ aber seinen Arm um meine Schultern. Wir standen auf und liefen zum Auto. Bounty folgte uns. Dustin hielt mir die Tür auf und ich und Bounty stiegen ein. Er schloss die Tür und lief vorne ums Auto herum, dann stieg er ein und lies denn Motor an. Der Motor surrte leise. „Eine Frage noch. Woher wusstest du wo ich war?“, fragte ich ihn und sah ihn dabei forschend von der Seite an. Er wich meinem Blick aus und starrte aufs Lenkrad. „Ich wusste es nicht.“, er machte eine lange Pause: „Ich habe dich seit gestern morgen gesucht, weil ich gesehen hab wer Broadway und Wild Liberty bekommen hat. Ich hatte mir schon gedacht, dass es dir das Herz bricht.“ Er blickte mich sanft an und wir sahen uns tief in die Augen. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht und hat mich gesucht. Mein Herz schien zu Hyperventilieren. Er stellte den Motor wieder ab. „Dann sah ich wie diese Kerle…Ich bin ausgerastet und hättest du sie nicht fertig gemacht, wären sie spätestens bei mir dran gewesen. Ich hatte so eine Wut!“, sagte er zornig.
Er verkrampfte sich und seine Knöchel traten am Lenkrad hervor. „Wenn diese Kerle dir auch nur ein Haar gekrümmt hätten und ich zu spät gekommen wäre, hätte ich mir die Schuld dafür gegeben.“, sagte er nun etwas eingeschüchtert. Ich war verwundert: „Warum? Du kannst doch nichts dafür! Ich hätte genauso gut von einem Lastwagen überfahren werden können. Ich bin jemand der Gefahren anzieht! Leider.“
Dustin blickte wieder auf die Straße und ließ den Motor an. „Ich weiß.“, sagte er knapp. Mehr wollte er dazu wohl nicht sagen. Er fuhr mit durchdrehenden Reifen an und der Tacho war so gut wie sofort auf Hundertzwanzig. Er fuhr sehr gut und ich hatte auch keine Bedenken das wir von der Fahrbahn abkommen könnten. Im Auto wurde es angenehm warm und ich nahm die Jacke von meinen Schultern. An meinem Fußende winselte Bounty. Ich kraulte ihn und lehnte mich gemütlich zurück. Es war still bis auf die Musik und das Surren des Motors. Plötzlich beugte er sich während der Fahrt zu mir herüber und griff ins Handschuhfach. Es war voller CDs. Er zog eine heraus und schob sie rein. Schon beim ersten Lied war ich hin und weg. Es war eins meiner Lieblingslieder von Linkin Park. „Ich hoffe du magst Linkin Park?“, er sah mich forschend an. „Leave Out All The Rest ist eins meiner Lieblingslieder!“, gab ich lächelnd zurück und er strahlte auch kurz. Wie schwiegen und lauschten der Musik. Wir verließen die Landstraße und kamen in unser Dörfchen.

Heimkehr


Er fuhr in die Richtige Richtung. Er hielt direkt vor meinem Haus und stieg mit mir aus. Bounty stand schon vor der Tür und wartete. Dustin kam zu mir herüber. „Soll ich mit rein kommen? Dann gibt’s nicht so viel Ärger.“, fragt er irgendwie bittend. Ich zuckte mit den Schultern. Warum nicht immerhin hatte er mich gerettet. „Wenn du willst.“, sagte ich teilnahmslos obwohl es mich natürlich total freute das er mit rein kommen wollte. Wir liefen zum Haus und er öffnete die Tür, dann lies er mich vorangehen. Woher hatte er gewusst, dass offen war? Bounty kam hinter uns her und ich hörte seine Tatzen auf dem Holzboden. „Mum?“, rief ich leise. Ich fühlte mich elend. Licht drang aus dem Wohnzimmer. Ich lief voran und Dustin folgte mir. Bounty gab ich ein Zeichen das er warten sollte. Der Fernseher lief und sie schien uns nicht zu bemerken. Dustin überholte mich und lief ins Wohnzimmer. Ehe ich da war fing er an: „Miss Brown, ich habe sie mitgebracht. Wie ich es versprochen hatte.“ Es war still. Ich bog um die Ecke und beide sahen mich an. Meine Mutter sprang auf und umarmte mich. Ich bekam kaum noch Luft, dann ließ sie mich los. Tränen kullerten ihre Wangen herab und ich fühlte mich noch elender. Bei dem Gedanken wie sie sich hätte gefühlt wenn ich nie wieder gekommen wäre. „Oh Selly, du weißt ja gar nicht wie froh ich bin, dass du wieder da bist.“, ihre Stimme klang erleichtert. Sie umarmte mich noch mehrmals ehe sie mich los ließ. Ich sah ihr in die Augen: „Es tut mir leid. Ich hätte nicht abhauen dürfen.“, sagte ich niedergeschlagen. Meine Mutter sah mich kurz an dann widersprach sie: „Nein Selly, mir und Uli tut es leid. Wir hätten dir Broadway und Wild Liberty nicht wegnehmen dürfen. Dustin hat uns klar gemacht was sie dir bedeuten.“ Bei den Namen zuckte ich zusammen. Beide Pferde würden weg sein wenn ich morgen in den Stall kam. Ich schüttelte die Gedanken ab. Ich blickte zu Dustin der teilnahmslos an der Wand stand. Wenige Sekunden später trafen sich unsere Blicke. Mir wurde wieder warm ums Herz und mein Magen war erfüllt von einem wohligen Gefühl. Ein leises Winseln war zu hören. Ich wandte mich wieder meiner Mutter zu. „Darf ich dir jemanden Vorstellen? Er hat die ganze Zeit auf mich aufgepasst und sich um mich gekümmert. Das ist Bounty…“ Als er seinen Namen hörte schoss er um die Ecke und kam auf uns zu. Meine Mutter lächelte als er an ihr hochsprang und sie abschleckte. „Danke Bounty, das du auf mein Mädchen aufgepasst hast.“, sagte sie lächelnd. Ich hatte das eigenartige Gefühl das von nun an vieles anders sein würde, aber nicht negativ. Bounty beruhigte sich wieder und schnüffelte das ganze Haus ab. Meine Mutter wandte sich Dustin zu: „Ich danke dir vielmals. Würdest du wenigsten mit uns zu Abend essen? Was anderes kann ich dir leider nicht anbieten.“, fragte sie hoffnungsvoll. Er sah ziemlich nachdenklich aus.
Auf seiner Stirn bildeten sich Falten und er kniff seine Augen zusammen, dann hob er kurz die Schultern: „Warum nicht?“. Ein breites Lächeln machte sich in seinem Gesicht breit und ich war begeistert. Dustin würde also zum essen bleiben. Es gab Tortellini. Wir saßen alle am Tisch und aßen. Wir unterhielten uns über vieles und lachten oft. Meistens waren es peinliche Sachen über mich und ich wäre am liebsten im Boden versunken. Ich hatte so gut wie keinen Hunger obwohl ich die letzten Tage kaum etwas gegessen hatte. Bounty hatte ein paar Saiten bekommen und war rundum zufrieden. Die Uhr im Wohnzimmer schlug. Es war halb zwölf. Dustin blickte auf die Armbanduhr und stand dann auf: „Ich geh dann jetzt mal lieber, hab ja seit gestern Morgen auch kein Auge zu getan und morgen wieder Schule.“
Ich und meine Mutter standen ebenfalls auf und Dustin gab meiner Mum die Hand. „Vielen Dank für das essen, Miss Brown. Es war vorzüglich.“, sagte er höflich. Meine Mutter war geschmeichelt. Ich begleitete Dustin noch zur Tür. Wir gingen vor die Tür und schlossen sie hinter uns. Wir sahen uns kurz schweigend an. „Also dann…“, stotterte ich vor mich hin. Ich wurde nervös und mein Herz raste wie bei einem Galopprennen. Ich fing an viel zu schnell zu reden: „Vielen Dank noch mal für die Rettung und das nach Hause bringen. Ich weiß gar nicht wie ich das wieder gut machen kann. Du hast mich schon so oft gerettet und ich, ich…“, weiter kam ich nicht Dustin hob mir mit drei Fingern den Mund zu und lächelte verschmitzt. „Gehst du mit mir morgen essen? Dann wäre die Sache für mich erledigt.“, sein Lächeln wurde breiter und er nahm die Finger von meinem Mund. Ich stand erstarrt da. Er rettete mich dreimal und ich sollte nur einmal mit ihm ausgehen? „Ich würde auch so mit dir ausgehen, aber mit irgendwas muss ich mich doch bedanken!“, sagte ich leise. Sein Lächeln wurde sanfter. Ich senkte den Blick und mir schoss schon wieder das Blut in den Kopf. Musste er mich so ansehen? Das brachte mich immer aus der Fassung. „Dann geh mit mir morgen aus und zwei Monaten auf den Abschlussball.“, sagte er herausfordernd. Entsetzt sah ich ihn an: „Abbb-schluu-ssball? Iiich? Taaanzen? Miiit diiir?“, stotternd und fassungslos stand ich da. Er nickte nur kurz. Ich kam allmählich wieder in Fassung: „Das geht nicht. Da hab ich keine Zeit. Ich kann gar nicht tanzen und ich hab auch kein Kleid.“ Ich versuchte mich irgendwie raus zu reden, aber er hatte mich natürlich durchschaut und lächelte. „Du hast alle Zeit der Welt. Ich kann dir das tanzen beibringen und ein Kleid findest du schon. Es ist doch nur eine kleine Bitte, außerdem wären wir dann Quitt.“, er sagte es so liebenswürdig, dass ich gar nicht anders konnte. Meine Knie wurden weich und ich kämpfte innerlich mit mir. „Deine Freunde wollen nie wieder etwas mit dir zu tun haben wenn du mit mir da ankommst. Sie hassen mich.“, ich versuchte es anders. Nun sah er verärgert aus: „Bist du dir da sicher?“
Nein, jetzt war ich mir doch unsicher. „Ich überlege es mir noch.“, sagte ich schnell. Damit schien er vorerst zufrieden. „Dann bis morgen!“, rief er mir zu und stieg ein. Ich sah wie er wegfuhr und ging zurück ins Haus. „Ich geh duschen!“, rief ich meiner Mutter zu und war schon auf der Treppe. Bounty kam mir hinterher gesprintet. Er konnte auch ein Bad vertragen. „Na Lust auf ne kleine Wäsche?“, fragte ich ihn und er schoss an mir vorbei ins Bad. Ich schloss die Tür hinter uns und er sprang in die Badewanne. Komisch ich dachte immer die meisten Hunde hassten baden? Dieser Hund schien anders zu denken. Ich ließ das Wasser an und hielt ihm die Brause über den Rücken. Es wurde dunkler und länger. Er sah aus wie ein begossener Pudel. Ich musste lachen. Er schien zu merken, dass ich mich über ihn lustig machte und schüttelte sich heftig. Nun war ich auch nass. Es machte unglaublichen Spaß. Ich rubbelte ihn noch trocken und stieg dann selber unter die Dusche, während er es sich auf dem Badezimmerteppich gemütlich machte. Das Duschen war das einzige was ich vermisst hatte.

Ich wusste nicht wie lange ich unter der Dusche stand, aber es war sehr lange. Ich trocknete mich ab und Bounty sah mir interessiert zu. Er sah ganz anders aus. Er sah elegant und hübsch aus seine Hinterläufe waren muskulös. Er schien auch sehr edel. Wie konnte so ein anmutiges Tier zum Streuner werden? Ich fand er war eine wahre Schönheit. Ich machte mich Bettfertig und ging dann mit Bounty in mein Zimmer. Er legte sich einfach in die Ecke und ich legte mich ins Bett. Bounty sah zufrieden aus. Ich war empört. „Was machst du denn da? Los hopp, ab aufs Bett. Du hast lange genug auf dem Boden geschlafen!“, sagte ich auffordernd. Nachdenklich, unentschlossen und ungläubig hob er den Kopf. Als würde ich Chinesisch sprechen. Ich lächelte: „Na los komm schon. Zu zweit ist es viel angenehmer!“ Er sprang aufs Bett und legte sich gemütlich ans Fußende. Er seufzte zufrieden und ich lehnte mich zurück. Ich dachte über den heutigen Tag nach. Dustin war wirklich unglaublich. Es kam mir alles vor wie ein Traum. Ich konnte es kaum fassen. Er hatte mich gerettet und getröstet. Er hatte sich gestern Morgen auf die Suche nach mir gemacht und nicht aufgehört. Ihm war wohl sofort aufgefallen, dass ich nicht in der Schule war. Er hatte meinetwegen die Schule geschwänzt und anscheinend war er hier gewesen und hatte alles mit meiner Mutter besprochen. Er verstand mich tatsächlich und ging auf mich ein. Ihm schien meine Gefahrenanziehungskraft zu gefallen und er nutzte es gnadenlos aus. Mir wurde ganz warm und mein Herz schlug höher. Er wusste genau wie gut er aussah und das er mich andauernd aus der Fassung brachte. Konnte er wirklich anders sein? Ich hatte mich immer von den anderen fern gehalten seit meinem Dad. Ich hab mich verschlossen und bin eingefroren. Seit ich ihn kannte taute ich wieder auf. Er hatte mir seit langer Zeit, das Gefühl von Glück zurück gebracht und da war noch etwas anderes. Etwas was ich bisher nicht kannte. ES fühlte sich unbeschreiblich an, aber es war ein gutes Gefühl. Broadway und Liberty hatten mich auch glücklich gemacht, aber bei ihm war das irgendwie anders. Ich war schon lang nicht mehr so glücklich, aber nun waren meine zwei Schützlinge weg. Ich hoffte Broadway und Liberty ging es gut da wo sie waren. „Gute Nacht, Bounty.“, flüsterte ich. Ein kurzes winseln war zu hören und ich löschte das Licht. Ich lief an einem See entlang, unter n Ästen eines Waldes. Es war schönes Wetter und Pollen zogen durch die Luft. Vögel zwitscherten und Hufe waren zu hören. Broadway lief neben mir her. Er hatte kein Halfter auf. Er folgte mir einfach. Von vorne kam Bounty, kläffend auf uns zu gestürmt. Broadway und ich traten auf eine Wiese. Am anderen Ende graste Wild Liberty, als sie uns sah riss sie den Kopf hoch. Sie galoppierte zu uns herüber und schloss sich uns an. Ich begrüßte sie kurz und wir liefen alle samt in den Wald. Broadway und Liberty überholten mich und galoppierten an. Bounty rannte ihnen kläffend nach und ich sah ihnen nach. Ich kam auf eine Lichtung und da sah ich ihn Dustin stand auf einem großen Stein und blickte auf den See hinaus. Als er mich kommen sah fing er an zu lächeln und mir brachen die Knie zusammen. Ich konnte mich grad noch so auf den Füßen halten. Ich bemerkte, dass ich ein luftiges, weißes Sommerkleid trug. Es wehte sanft im Wind. Er stand da und trug nur eine gut gepflegte Jeans und ein weißes Marc`o Polo Hemd. Ich war Barfuss und lief langsam auf ihn zu. Er stand da und wollte etwas sagen, doch das hörte ich gar nicht mehr.- Mit einem schrillen piepsen drehte ich mich im Bett um und machte meinen Wecker aus.

Ich öffnete die Augen und durch mein Fenster traten sanfte Strahlen der aufgehenden Sonne. Mir wurde schnell bewusst, dass das nur ein Traum war. Ich hatte seit dem Tod meines Vaters von nichts andrem geträumt. Ich hatte von Dustin geträumt. Ich hatte geträumt dass alle wieder beieinander waren. Mir traten trotz allem Tränen in die Augen. Bounty sprang auf und kam zu mir. Er setzte sich winselnd neben mich. „Ist schon ok. Ich bin nur etwas deprimiert und erleichtert zugleich.“, sagte ich schluchzend. Lächelnd kraulte ich ihn hinter den Ohren. War es war? Folgte auf etwas schlimmes immer wieder etwas Gutes? Mein Vater hatte dies immer zu sagen gepflegt. Musste ich Broadway und Liberty aufgeben um Dustin zu bekommen? Dieser tausch war ungerecht. Wie sollte ich mich entscheiden? Ich stand auf und machte mich fertig. Ich zog mir mein Lieblings T-Shirt an und dazu eine dunkle Röhrenjeans. Mein türkisfarbenes T-Shirt Strahlte förmlich. Mir gingen die Gedanken nicht aus dem Kopf. Ich konnte Broadway und Liberty nicht aufgeben, aber Dustin zu haben gab mir die Sicherheit die ich brauchte. Was konnte ich tun? Ich stocherte in meiner Schüssel Cornflakes herum. Meine Mutter kam mit Bounty im Schlepptau die Treppe herunter und machte sich einen Kaffee. „Na gut geschlafen?“, fragte sie. Ich musste lächeln. Woher wusste sie das? Ich fühlte mich seit langer Zeit endlich mal wieder ausgeschlafen. Ich nickte nur. Ich packte meine Schulsachen und lief zur Tür. „Bis heute Abend, Mum und Bounty.“, rief ich ihnen zu und verließ das Haus. Als ich mich umdrehte stach mir der blitz blank weiß geputzte Mercedes ins Auge. Dustin lehnte an der Beifahrertür und lächelte. Er hatte seine Harre gegellt und gestylt. Er trug eine Jeans und dazu ein kurzärmlige T-Shirt das seine Brustmuskeln stark betonte. Ich musste ebenfalls lächeln. Er hatte es tatsächlich geschafft mich zu überraschen. Sofort sackten mir die Füße weg und ich hielt mich an meiner Tasche fest, um mich zu stabilisieren. Er öffnete die Tür und machte eine einladende Bewegung mit der Hand. „Darf ich bitten?“, fragte er dann mit einem schiefen Grinsen. Ich stieg ein und er schloss die Tür hinter mir. Kurze Zeit später saß er neben mir und ließ den Motor an. „Guten Morgen.“, begrüßte ich ihn. Er blickte mich an und lächelte wieder. „Gut geschlafen?“, fragte er dann. Woher wussten sie das alle nur? „Oh, ja!“, antwortete ich schnell und es schien ihn zu interessieren. Er legte die Stirn in Falten und trat das Gaspedal durch. Mich presste es in den Sitz. Vor der ersten Kurve bremste er wieder scharf ab. Wir waren viel zu früh in der Schule. Es standen jedoch eine Menge Leute auf dem Schulhof und dem Parkplatz sie standen mitten im Weg. Dustin fuhr ruckartig an und lies den Motor aufröhren. Alle Blicke wandten sich auf uns und mir stieg das Blut in den Kopf. Alle machten sie sofort den Weg frei und sahen uns neidisch nach. Er fuhr durch die Menge auf einen Parkplatz und stieg aus. Ich traute mich nicht und blieb sitzen. Konnten wir nicht einfach wieder weg fahren? Dustin ließ mir keine Wahl. Er öffnete meine Tür und hielt mir die Hand zum Aussteigen hin. Ich ergriff sie und raffte mich auf. Seine Hand war angenehm warm und es kitzelte ein wenig bei unserer Berührung. Ich stieg aus und stand neben ihm. Ausgerechnet heute hatte ich das auffälligste T-Shirt an. Alle sahen zu uns herüber und staunten nicht schlecht. Sogar Chantal und ihre Truppe starrten uns an. Ich senkte den Blick. Er schien zu merken dass es mir unangenehm war und er ließ meine Hand nicht los. Das gab mir tatsächlich Kraft. Er nahm seine Tasche und wir liefen Hand in Hand durch die Menge. Um uns herum wurde alles still. Alle sahen sie uns an. Ich drückte Dustins Hand noch fester.

„Die starren mich alle an.“, flüsterte ich ihm zu. Er lächelte und sagte dann. „Die starren alle uns an und ihren Blicken zu urteil sind sie alle neidisch.“, flüsterte er mir zurück direkt ins Ohr. Diesen Gedanken fand sogar ich komisch und ich lächelte kurz. Ich atmete tief ein und aus. Alle Blicke folgten uns. Er lief mit mir direkt auf seine Kumpels zu und ich bekam keine Luft. War das sein Ernst? Geschockt sah ich zu ihm auf. Sein Blick war genau auf sie gerichtet. Auch sie sahen uns von weitem schon kommen. In mir wollte etwas blockieren, aber zwang mich weiter zu laufen. Wir kamen näher und ich sah, dass auch mehrere Mädchen dabei standen. Johanna war auch darunter. Dustin und ich stellten uns in eine Lücke. Nun bildeten wir alle einen Kreis. „Hey, Dustin, wir haben dich schon vermisst! Wo warst du? Hattest du mal wieder Stress mit deinem Vater?“, fragte einer der Jungs er war groß und genauso muskulös. Er sah auch nicht schlecht aus. Eigentlich sahen alle in dieser Runde gut aus. Dustin war allerdings nicht zu übertreffen. Dustin lächelte nur und machte mit dem Jungen einen Handschlag: „Hey Austin, sagen wir mal ich war beschäftigt.“ Er blickte mich kurz grinsend an, dann begrüßte er den Rest der Runde und stellte mich vor. Es waren insgesamt fünf Jungs und ohne mich drei Mädchen. Austin kannte ich ja jetzt. Die anderen vier waren Kevin, Yannick, David und Sam. Kevin war etwas kleiner jedoch sehr muskulös. David schien der stärkste zu sein. Er hatte die breitesten Schultern und war groß gebaut. Yannick war eher zierlich, ich war mir aber sicher das der schein trügte. Sam war normal nicht zu zierlich und nicht zu muskulös. Die Mädchen waren Johanna, Sarah und Emilia. Sie waren ganz normale Mädchen, wie ich eben auch. Sie waren nur viel hübscher als ich. Fand ich jedenfalls. Sie waren alle sehr höflich und freundlich. Mit den Mädchen verstand ich mich sofort. Ich konnte mir denken wer zu wem gehörte. David hielt mit Sarah Händchen und Emilia stand Schulter an Schulter mit Austin. Nur Johanna stand zwischen den Jungs. „Hey zusammen!“, murmelte ich vor mich hin. Alle sahen mich kurz an dann redeten sie wieder untereinander. Ich spürte wie ich rot wurde und war froh, dass es vorbei war. Ich blickte mich noch mal um, ein paar der Jungs kannte ich sogar. Mit Yannick, hatte ich Französisch und mit Kevin Mathe. Mit Sam hatte ich jetzt in der ersten Stunde Musik. Als es klingelte liefen wir alle gemeinsam hinein und trennten uns dann im Flur. Sam lief dicht neben mir. „Wie geht’s so?“, fragte er abgrubt. Ich sah ihn ungläubig an. Redete er mit mir? Um uns herum schien niemand zu sein. „Em, ja ganz gut und selber?“, fragte ich etwas verstört zurück. Ich war es gar nicht mehr gewohnt, dass mich jemand einfach so ansprach. „Ja auch ganz gut. Ich hab nur gefragt, weil du ja ein zwei Tage gefehlt hast. Dustin war ganz außer sich. Er hat sich richtig Sorgen um dich gemacht. Es ist ganz eigenartig. Das tut er sonst nie.“, erklärte er dann. Ich blieb fast stehen sogar seinen Freunden war aufgefallen das ich gefehlt habe. Oder war es nur weil er sich Sorgen gemacht hat? „Kennst du Dustin schon länger?“ fragte ich dann neugierig. „Ja, wir haben schon als Kleinkinder immer zusammen gespielt. Ich bin sein bester Freund. Mein Vater arbeitet für seinen. Wir sind mit hier her gezogen, allerdings schon am Anfang des Schuljahres.“, sagte er stolz. Er war sehr gut befreundet mit Dustin.

„Jetzt weiß ich endlich warum Dustin sich so Sorgen gemacht hat.“, sagte er dann aufklärend: „Du bist wirklich einmalig! Du hast etwas Besonderes an dir. Ich weiß nur noch nicht was.“ Hatte er das gerade zu mir gesagt? Ich wurde rot. Noch nie hatte mir jemand so ein Kompliment gemacht. Langsam wurde mir klar was Dustin gestern damit gemeint hatte als er fragte ob ich mir sicher sei das sie mich hassten. Ich schämte mich dafür so etwas gedacht zu haben. Wir kamen in Musik an und ich setzte mich alleine an meinen Tisch, doch anstatt, dass Sam sich an seinen Platz setzte, folgte er mir und nahm den Platz neben mir ein. Mir machte es nichts aus, im Gegenteil ich war es satt in jedem Fach allein zu sitzen. Ich hatte nur das dumpfe Gefühl das er sich an mich ran machte. Das machte mir mehr Sorgen. Die Stunden Musik verliefen schweigend. Wir sahen uns ein Musical auf DVD an. Ich bekam jedoch nicht allzu viel davon mit. Als es dann zur Mittagspause klingelte. Wartete Sam geduldig auf mich, bis ich meine Sachen eingepackt hatte. Wir verließen gemeinsam das Klassenzimmer. Vor der Tür an der Wand lehnte Dustin. Er kam uns entgegen und drängelte sich zwischen uns. „Na wie war Musik?“, fragte er uns beide forschend. „Ganz in Ordnung. Ich habe mich viel mit Selly unterhalten.“, gab er provozierend zurück. Es schien zu funktionieren. Dustin funkelte Sam böse an. Ich biss mir auf die Unterlippe um ein kichern zu vermeiden. Wir liefen in die Cafeteria und setzten uns zu den anderen. Es war eine lustige Truppe. Ich saß zwischen Dustin und Johanna. Erst jetzt viel mir ihr eingegipster Arm ein. „Wie geht es deinem Arm, Johanna?“, fragte ich sie bemitleidend. „Bitte, nenn mich doch Jojo. Meinem Arm geht es gut. Ich kann froh sein das ich kurz bis vor die Meisterschaft wieder gesund bin.“, antwortete sie munter und fröhlich. „Meisterschaft?“, fragte ich sie verwundert. „Ja ich bin in der Jugendfördergruppe vom Crosscountry-Rennen. Meinem Vater gehört der Crosscountry Stall in der Schwende.“, gab sie stolz zurück. Ich war verblüfft. Sie war in der Jugendfördergruppe und noch dazu die Tochter von Melton. Melton gehörte der Hof von dem sie mir eben erzählt hatte. „Dann hast du auch ein eigenes Pferd?“, fragte ich neugierig. Ihr schien es zu gefallen das ich dieses Thema angesprochen hatte. „Ja, ihr Name ist Soraya. Sie ist eine sechsjährige Oldenburger Stute. Und du? Deinem Onkel gehört doch die Rennbahn im Tal.“, sie schien neugierig. Ich nickte kurz: „Ja das ist Richtig. Ich hab allerdings kein eigenes Pferd. Ich reite ab und zu Wild Liberty. Sie ist eine Tochter von Joystick. Zu pflegen habe ich dann noch Broadway er ist ein Sohn von Barysnikovs.“ Bei den Namen wurde es still um uns herum. Ich blickte in die Runde und sah in entsetzte Gesichter. Dustin lächelte kurz als sich unsere Blicke trafen. „Du reitest Wild Liberty? Sie gilt als unzähmbar! Und erst Broadway. Der soll doch einen Mann zum Krüppel gerannt haben und drei Männer ins Koma versetzt haben.“, sie schien schockiert. Ich nickte nur leicht. Sie schienen alle nicht zu wissen das Broadway und Liberty aus Dustins Vater seiner Zucht stammten.
Ich wollte auch nicht diejenige sein die es verriet also wechselte ich das Thema. „Seit ihr alle Reiter?“, fragte ich sie nun. Sie lächelte wieder: „Sagen wir es so. Wir saßen alle schon mal auf einem Pferd.“ Es klingelte und alle machten sich auf den Weg in ihre Klassenzimmer. Wir hatten Biologie. Ich lief mit Dustin an meiner Seite durch die Menge. Sie sahen uns immer noch alle nach. „Sie wissen nicht wer dein Vater ist oder?“, fragte ich vorsichtig. Er schüttelte den Kopf: „Nein das wissen sie nicht und Ich will es ihnen auch vorerst nicht sagen.“ Er sah mich fragend an und ich nickte leicht. Von mir würden sie es auch nicht erfahren. Biologie war wieder lustig. Dustin und ich hatten eine Menge Spaß mit den Bakterien auf den Glasblättchen, da ich ihm aber das letzte Mal fast die Säure über gelehrt hatte, hantierte er dieses mal. „Sag mal dein Vater, ist der so Steinreich und Edel wie es das Auto angibt?“, fragte ich neugierig. Ich wollte unbedingt mehr über ihn erfahren. „Steinreich und edel? Ich würde eher sagen wohlhabend. Wenn du willst hole ich dich morgen Mittag ab und wir fahren zu mir. Ich könnte dir unseren Hof zeigen.“, er schien begeistert. „Morgen? Ja das könnte klappen.“, spannte ich ihn auf. „Heute Mittag musst du leider in den Stall laufen. Ich mache Baseballtraining mit den anderen Jungs, auf der Lichtung an der Nordwand.“, bedauerte er dann. „Ich kann mich nicht entsinnen dich gefragt zu haben ob du mich fahren kannst. Du musst hier doch nicht den Buttler spielen. Bounty hat außerdem so gleich seine Bewegung.“, sprach ich gelassen. Er sah aus dem Fenster. Er schien nach zu denken. Es war lange Zeit still, dann klingelte es. Wir stuhlten auf und liefen still schweigend nebeneinander her. Ich sah ihn schweigend an. Er war gerade nicht sehr gesprächig, aber was sollte er auch sagen. Wie trafen uns alle im Flur. Sam stand halb hinter mir und ich spürte, dass er mich regelrecht anstarrte. Wir verabschiedeten uns von einander und Dustin und ich liefen zum Auto. Dustin schien sehr in Gedanken vertieft. „Hey, woran denkst du?“, fragte ich vorsichtig als er den Motor anließ. Er sah mir tief in die Augen und mein Herz schlug wie die Flügel eines Kolibris. Seine Miene war ernst und er machte keine Andeutungen mir zu antworten. Wir sahen uns längere Zeit an, dann seufzte er und fuhr los. Ich war gekränkt. Hatte ich irgendetwas verpasst das für seine Stimmungsschwankung gesorgt hatte? Er fuhr noch schneller als sonst und achtete nur auf die Straße. Mir wurde unwohl und so langsam schien es mir unheimlich. „Bist du sauer auf mich? Hab ich etwas Falsches gesagt? Hab ich dich….“, weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich. „Selly, hör auf damit! Du hast überhaupt nichts getan. Ich habe nur Angst!“, gab er zornig zu. Er war auf einmal wütend und wie umgewandelt. Ich hatte auf einmal Angst vor ihm. Er hatte mich so angefahren wie nie zuvor. Diesen Unterton konnte ich nicht deuten. Seine Worte hingen jedoch an mir fest. „Dudu- haast- Aaangst? Dafür kannst duu, aaber nooch gut andere fertig machen.“, stotterte ich ihn an, obwohl es eher wütend klingen sollte. Er hielt in unserer Einfahrt, dann atmete er einmal tief ein und aus.

„Entschuldige Selly, ich wollte dir keine Angst machen. Es ist nur….“, er stockte kurz und sprach dann weiter: „Wenn ich Angst habe wandele ich diese manchmal in Zorn und Wut um. Das hilft in manchen Situationen. Hier allerdings war es falsch. Es tut mir leid.“ Er sah geknickt aus, doch wir war nicht entgangen das er ursprünglich vor dem stocken etwas anderes sagen wollte. „Ist schon in Ordnung. Na dann bis Morgen. “ ich öffnete die Tür und stieg aus. Ich lief los zur Tür. „Sally?“, rief er mich fragend zurück. Ich drehte mich herum und lief an das herunter gelassene Fenster. „Ja?“, fragte ich gespannt. „Pass bitte auf dich auf.“, sagte er sanft grinsend. Ich schmolz dahin und meine Knie schienen zu wackeln. Er machte sich schon jetzt Sorgen. „Ich werde es versuchen.“, gab ich sanft zurück und ging ins Haus. Ich schloss die Tür und blickte aus dem Seitenfenster. Sein Wagen stand immer noch da. Er saß hinter seinem Steuer und hatte die Stirn auf Lenkrad gelegt. Was war mit ihm los? Kurze Zeit später fuhr er fort und Bounty kam in riesigen Sätzen auf mich zu. „Hey mein kleiner, na wenigstens einer hat gute Laune!“, sprach ich launisch mit ihm. Er klimperte komisch. Erst jetzt viel mir auf das er ein braunes Lederhalsband trug. Es war nagelneu und an dem Ring hing eine Hundemarke. Darauf war groß Bounty zu lesen. Es war eine schön verschnörkelte, altmodische Schrift. Ich war hin und weg. Er durfte wohl bei uns bleiben. Ich tobte ein wenig mit ihm. Er war verspielt und übermütig genau wie ich. Er gehorchte aufs Wort und war sehr gut erzogen, das wusste ich mittlerweile. Auf dem Weg nach oben trat ich auf einen quietschenden Knochen und ich musste unwillkürlich lachen. Das war zu komisch. Als würde der Hund hier schon seit Jahren leben. Ich ging in mein Zimmer und Bounty folgte mir unwiderruflich. Auch in meinem Zimmer stand ein blauer großer Hundekorb. Meine Mutter hatte wohl schon Großeinkauf in der Tierhandlung gemacht. Sofort machte es sich Bounty gemütlich, während ich meine Hausaufgaben machte. Ich hatte nicht sehr viel auf, deswegen war ich auch recht schnell fertig. Nun konnten Bounty und ich los in den Stall. Eigentlich wollte ich gar nicht hin gehen, aber ich musste mich für mein Verhalten bei ihm entschuldigen. Ich zog meine Reithose an obwohl ich wusste dass es kein Pferd zu reiten gab. Ich wollte sie einfach noch mal tragen. „Na komm schon Bounty! Wir haben nicht viel Zeit ich bin heute Abend verabredet!“, forderte ich Bounty auf und er sprang auf und lief voraus. Bounty schien begeistert über den Spaziergang. Er schnüffelte den ganzen Boden ab, während seine Hundemarke klingelte. Ich fand das Geräusch angenehm und ihn schien es nicht zu stören.


Wir kamen in den Stall und Bounty blieb dicht an meiner Seite. Ich atmete den Duft tief ein. Wie sehr hatte ich es vermisst. Der Hof sah sehr gepflegt aus. Es war gekehrt und das Blumenbeet, vor Ulis Büro, war neu bepflanzt worden. Ich wollte nicht in die Stallgasse gehen wo Broadway und Liberty gestanden hatten. Doch irgendetwas zog mich dort hin. Ich betrat das Stallgebäude und blickte auf die offen stehenden Boxentüren. Naja zumindest auf eine. Broadways Boxentür lehnte daneben an der Wand. Ich erinnerte mich schwach an das was geschehen war. Ich ritt auf der Rennstrecke und hörte einen dumpfen Knall.- Ich lief zur Boxentür und sah zwei deutliche Hufabdrücke auf zwei gebrochenen Holzblanken.- Broadway kam auf die Rennbahn geschossen und Liberty erschreckte sich. Ich flog herunter und prallte mit dem Kopf auf.- An mehr konnte ich mich nicht erinnern. Es waren auch genug Erinnerungen an Broadway und Liberty. Ich fuhr mit meiner Hand den Türrahmen entlang. Die Boxen waren nicht eingestreut und plötzlich stach mir etwas gewaltig ins Herz. Als hätte ich mir einen Dolch hinein gerammt. Ich versuchte gegen die Tränen an zu kämpfen, aber es ging nicht. Ungewollt kamen mir Bilder in den Kopf wie sie die beiden verladen hatte. Broadway wieherte und stieg. Er bäumte sich auf und hatte panische Angst. Ich hielt mir den Kopf und viel auf die Knie. Nein, nein, nein! Mein Kopf schwoll an und alles quoll über. Bounty trat an meine Seite und legte seinen Kopf in meinen Schoß. Ich konnte nicht aufhören. Verzweifelt versuchte ich alles in mich hinein zu quetschen, aber es ging nicht. Jetzt kam alles raus. Plötzlich riss Bounty den Kopf hoch und rannte so schnell er konnte auf den Hof. Er bellte draußen. „Na wer bist du denn?“, hörte ich Ulis Stimme fragen. Ich wischte mir mit meinem Arm die Tränen weg und stand langsam auf. Ich wusste nicht ob meine Beine mich tragen würden. Ich machte den ersten Schritt und es schien sicher. Ich lief langsam mit gesenktem Blick auf den Hof hinaus. „Selly? Du bist schon da? Na so was! Jetzt hab ich doch glatt vergessen das….“, weiter sprach er nicht sondern kratzte sich bestürzt am Hinterkopf. Er sah wie unglücklich ich war. „Ist das dein neuer Freund Bounty? Deine Mutter hat gestern Abend noch angerufen und mir alles erzählt.“, er klang ruhig und es lag ebenfalls etwas Trauer in seiner Stimme. „Naja dann haben Broadway und Liberty jetzt also Konkurrenz!“, lächeln sah er mich an. Ich hob den Kopf und blickte ihn erstarrt an. Ich war verblüfft. Hatte er eben gesagt…? „Sie stehen auf der Koppel, am besten du gehst gleich hin! Sie warten schon ich bring dir Sattel, Trense, Reitstiefel und Helm auf die Koppel.“, er hatte noch nicht ausgesprochen da war ich schon losgerannt. Ich lief so schnell es meine Beine zuließen. Bounty rannte vor mir weg. Er fand das alles irre lustig, aber ich hatte nur ein Ziel im Blick. Ich kam ans Gatter und da standen sie tatsächlich. Broadway auf der vorderen Weide und Liberty auf der hinteren. Sie trugen beide Nagelneue Halfter. Broadway seins war knallrot und es schimmerte auf seinem schwarzen Fell. Liberty ihres war dunkelgrün auch auf ihrem fuchsfarbenem Fell schimmerte es. Ich war aus der Fassung. Sie waren hier! Sie waren tatsächlich wieder da. Mein Herz machte riesen Galoppsprünge. Ich rannte Broadway entgegen. Er sah mich und galoppierte ebenfalls mit einem hohen Wiehern auf mich zu. Kurz vor mir bremste er ab und blieb stehen. Ich rannte ihm einfach an die Brust und umarmte ihn. „Mein Junge! Ich habe dich so vermisst!“, heulte ich ihm an die Schulter. Diesmal vor Freude.

Dates



Ich war überglücklich. Ich schmiegte mich an ihn und er stand ganz still. Liberty war ebenfalls nicht entgangen, dass ich gekommen war. Sie lief an ihrem Eingang auf und ab und wieherte mir freundlich zu. Ich ging auch zu ihr und umarmte sie. Uli erschien mit all der Ausrüstung am Gatter und ich nahm Liberty mit. Broadway folgte uns ohne ein hengsttypisches Verhalten zu zeigen. Ich vertraute ihm voll und ganz. Ich nahm Liberty von der Koppel und Uli warf ihr den Sattel über. „Wie kommt es das sie wieder hier sind?“, fragte ich ihn begeistert. „Deine Mutter hat dir eigentlich schon das Wichtigste gesagt. Ich musste meine ganzen Ersparnisse ausgeben. Dafür muss ich wohl wieder ins Training einsteigen sonst kann ich mir dies hier alles bald nicht mehr leisten.“, er sagte es so selbstverständlich. „Du willst die beiden trainieren?“, fragte ich erstaunt. Er zog die Augenbrauen hoch: „Sei nicht albern! Diese Pferde werden keine Rennen mehr laufen.“ „Was, aber du hast doch selber gesehen Liberty will rennen! Sie hat den Ehrgeiz! Sie kann es ganz nach oben schaffen.“, Broadway stampfte neben uns am Gatter mit dem Vorderhuf auf: „Er bestimmt auch. Er kann es bestimmt. Ich weiß es! Wenn ich ihn doch nur einmal…!“ Er sah mich zornig an: „Das würdest du nicht wagen! Ich habe ein Jobangebot von den Flushs angenommen“ Ich senkte den Blick. Er hatte Recht. Ohne seine Erlaubnis würde ich es nicht wagen. Liberty war startklar und ich stieg auf. Ich trabte sie gleich an. „Bis später!“, rief ich Uli noch zu. Ich verließ den Feldweg und trabte gemütlich auf die Nordwand zu.
Unter den Bäumen war es schattig und angenehm. Die Landschaft war berauschend. Dustin hatte gesagt er würde an der Nordwand mit den Jungs trainieren. Ohne anzuhalten galoppierte ich voll Übereifer an. Sie preschte mit mir, den Weg entlang und es fühlte sich gigantisch an. Ich flog dahin und Liberty schien es ebenfalls zu gefallen. Sie war nicht erschöpft von der langen Trabtour sondern eher erst so richtig warm. Sie zeigte kein Detail von Anstrengung. Sie schien geradezu geladen. Es hatte sich in den letzten Tagen ja auch reichlich Energie angesammelt. Dieses Mal war sie viel schneller. Wir hatten schon die Hälfte der Nordwand hinter uns und ich wurde immer unsicherer. Sollte ich wirklich auf die Lichtung treten? Jetzt war es zu spät. Wir erreichten die Lichtung und das offene Feld. Sofort parierte ich durch und ging in Schritt über. Sie verstand die Welt nicht mehr. „Normal geht es hier doch erst richtig los“, schien sie zu sagen. Wir traten aus dem Schatten der Bäume und sahen sie. Ich hielt an. Dustin stand in der Mitte und die Jungs spielten tatsächlich Baseball. Sam bemerkte mich als erstes. „Seht mal Jungs, wer uns besucht.“, er deutete zu mir herüber. Alle Blicke wandten sich auf mich. Es waren noch ein paar mehr Jungs dabei die ich nicht kannte. Dustin strahlte über das ganze Gesicht.
Es schien ihn zu freuen dass ich gekommen war. Liberty war nervös und unsicher. Sie stand zwar lieb da hatte aber ein Ohr immer wieder zu mir her gerichtet. „Ist schon gut meine kleine.“, flüsterte ich ihr ins Ohr und rieb ihr gleichzeitig den Hals. Ich entschied mich ab zu steigen. Ich rutschte sanft am Sattel herunter und band Liberty an einen Baum. Normalerweise sollte man so etwas nie tun, aber es war eine Ausnahme. Ich lief auf die Jungs zu und sie gruppierten sich, sie stellten sich doch tatsächlich in einer Reihe auf. Sah ich so gefährlich aus? Nun stand ich direkt vor ihnen. „Hey!“, brachte ich kurz heraus.
„Hey!“, kam von allen anderen zurück. Sie sahen allesamt aus wie Krieger kurz vor der Schlacht. Ich kam mir nun etwas blöd vor. Alle starrten sie mich an und ich stand ihnen alleine gegenüber. „Ich setzt eine Runde aus!“, unterbrach Dustin das Schweigen. Ein Stöhnen ging durch die Menge und sie stellten sich wieder auf. „Spielt nicht zu weit hier drüben, sonst muss Sally noch nach Hause laufen!“, er grinste mich an. Sie lachten alle kurz und Dustin und ich stellten uns außen ans Spielfeld und sahen zu. Er stand einfach still neben mir und sah zu wie die anderen spielten. Es lief alles sehr geregelt ab. Einer warf den Ball der andere Schlug drauf und rannte zur nächsten Base. Die anderen fingen den Ball und warfen ihn zurück. Sie spielten nicht schlecht das musste man ihnen lassen und da sie sich so gut wie immer den Ball genau trafen schaffte sie fast immer einen Homerun. Ihre Rennkünste und Sprints waren jedoch katastrophal. Ich musste mir jedes Mal ein lachen verkneifen wenn es einen hinhaute. Sie spielten einmal ganz durch dann brachte mich Dustin unter die Menge. Sie waren alle ziemlich niedergeschlagen obwohl es gar nicht so anstrengend ausgesehen hat. „Und wie fandest du es?“, fragte Sam verschmitzt.

„Eure Treffsicherheit ist eure stärke, im Rennen und in den Sprints seit ihr jedoch erbärmlich.“, neckte ich sie. Sie lachten alle laut los. „Das hast du gut erkannt!“, gab einer der Jungs zurück. Dustin stand neben mir und lächelte bloß, dann wandte er sich an mich. „Was würdest du davon halten uns zu zeigen wie du und dein großer Vierbeiner rennen?“, er sah mich herausfordernd an. „In Ordnung, aber haltet eure Baseballmützen fest, damit sie nicht davon wehen.“, sagte ich locker.
„Na dann lass mal sehen!“, rief einer der Jungs. Sie stellten sich entlang der Wiese auf einer Seite auf und sahen zu wie Dustin mich auf Liberty warf. Sie tänzelte nervös, als würde sie spüren was kommen würde.
„Übertreib es bitte nicht!“, mahnte mich Dustin. Ich war schon wieder gerührt. Wie süß er doch sein konnte. Nun lief auch er zu den anderen. Ich drehte Liberty um und ritt an den Anfang der Wiese, dort machte ich kehrt und bereitete mich vor.
„Also meine kleine, sie haben uns herausgefordert! Wir müssen zeigen was in uns steckt.“, flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie warf wild mit dem Kopf und tänzelte auf der Stelle. Ich lehnte mich nach vorne und nahm die Zügel auf. Die Jungs verstummten und sahen zu uns herüber. Ich gab ihr Druck an den Füßen lies sie aber nicht vorne los. Sie galoppierte auf der Stelle, dann ließ ich sie frei. Sie machte einen Satz nach vorne uns Sprintete los. Sie lief gewaltiger und schneller den je. Ich hatte noch nie so ein kraftstrotzendes Pferd gesehen. Mit jedem Galoppschritt wurden ihre Sprünge weiter. Sie legte die Ohren nun dicht an den Kopf und wir schossen an den Jungs vorbei. Sie beschleunigte immer noch und schien überhaupt keine Kraft investieren zu müssen. Das Ende der Wiese näherte sich schnell. Für meine Verhältnisse zu schnell ich zog sie nach rechts und sie riss einen Bogen ehe wir zum Trab durch parierten. Ich war erleichtert. Einen Augenblick lang dachte ich wirklich sie würde nie mehr anhalten. Ich trabte den Jungs entgegen. Sie waren allesamt völlig aus dem Häuschen. Einer hatte wohl die Zeit gestoppt. Dustin stand mit ausdrucksloser Miene an Ort und Stelle. Ich konnte nicht deuten was in ihm vorging. Sie kamen alle auf uns zu nur Dustin stand da und tat nichts. Er war wie versteinert.
„Das war der Hammer!“, sie riefen alle durcheinander. Liberty wurde wieder unruhig und tänzelte. Ich beachtete die auf mich zu kommende Menge nicht und ritt an ihr vorbei zu Dustin. Er sah mich kommen und schluckte laut.
„Beeindruckende Zeit.“, sagte er ausdruckslos. Er starrte mich an und es sah fast so aus als wäre er erstarrt.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich besorgt. Er nickte nur und kam langsam wieder zu sich. „Ich reit dann jetzt zurück. Sonst reicht es mir nicht für nachher.“, sprach ich ihm zu.
„Ich hole dich um acht ab!“, rief er mir noch fröhlich zu. Ich ritt los und drehte sogleich noch mal um.
„Was soll ich eigentlich anziehen?“, fragte ich verdutzt. Liberty wurde ungeduldig und wollte nach Hause, aber diese eine Frage musste ich noch stellen. Er sah mich grinsend an.
„Ich komm in guter Jeans, Krawatte und weißem Hemd. Ich bin mir sicher du findest etwas Passendes dazu.“ Wie bitte? Krawatte? Wo um Himmels willen wollte er mit mir hin? Und was sollte ich anziehen? Einige der Jungs hatten mitbekommen um was es ging und sie lachten mich nun aus. Sie hatten wohl meinen Gesichtsausdruck gesehen. Sam war der Einzige der nicht lachte und mir direkt in die Augen sah. An ihm blieb mein Blick kurz hängen. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen und er führte einen innerlichen Kampf durch. Mein Blick ging wieder zu Dustin. Er funkelte die Jungs böse an und sie verstummten wieder. Ich drehte Liberty und ritt einfach weg.
Ich hatte keine Ahnung was ich anziehen sollte. Ich trabte sie an und ritt auf den Abgang der Nordwand zu. Kurz davor ging ich in Schritt über und ich lies sie laufen. Sie balancierte gut aus und es war bequem zu sitzen. Mit meinen Gedanken war ich jedoch zu Hause in meinem Kleiderschrank. So allmählich wusste ich, wonach ich meinen Schrank durchforsten musste. Wie hatten wieder geraden Boden unter den Füßen und ich trabte wieder an. Sie genoss die langen Ausritte das wusste ich. Heute war sie viel schneller gerannt als sonst. Woran das wohl gelegen hatte? Ich kam an unseren leeren Koppeln vorbei und parierte durch zum Schritt. Liberty war erschöpft und gelassen. Sie war trocken und ruhig. Wir trafen auf dem Hof ein und ich machte sie fertig. Ich beeilte mich, damit ich mehr Zeit hatte um mich zu richten. Broadway stand in seiner Box und sah mir zu. Er schien noch irgendetwas zu fordern, doch ich konnte nicht herausfinden was er wollte. Ich bot ihm ein paar Karotten an und er kaute sie genüsslich. Da vielen mir Dustins Worte wieder ein. „Er hasst mich!“, hatte er gesagt. Ich blickte Broadway an, ob er ihn wirklich hasste. Was hatte er für einen Grund? „Warum kannst du Dustin nicht vertrauen?“, fragte ich eher mich selber. „Weißt du was? Ich werde dir zeigen dass er der Nette aus seiner Familie ist. Ich sorge dafür das ihr euch versteht.“, sagte ich zuversichtlich. Er blickte mich nur an und schien etwas verwirrt. Nun musste ich aber los. Ich streichelte Broadway noch mal und verabschiedete mich von Liberty. Ich trat auf den Hof und da kam Bounty auf mich zu gerannt. Ich hatte ihn ganz vergessen. Der Arme. „Tut mir leid mein kleiner! Komm lass uns gehen!“, sprach ich zu ihm.
Er sah mich unschuldig an und rannte dann in Richtung Straße. Ich folgte ihm zügig. Als hätte Bounty verstanden das wir es eilig hatten, lief er dieses Mal ohne zu trödeln. Er verstand besser als ich dachte. Ich lief an den Maisfeldern vorbei und genoss die Landschaft. Ich mochte die Natur. Das Gefühl frei und wild zu sein geben mir die Pferde und die Landschaft. Wie kamen in den Ort und ich war wieder in der zivilisierten Welt. Ein paar Menschen liefen auf den Straßen und es waren recht viele Jugendliche unterwegs. Früher hatte mich das nicht interessiert, doch seit dem Vorfall gestern Abend, achtete ich immer auf die Leute in meiner Umgebung. Ich war viel aufmerksamer.
Dustin war wirklich unglaublich. Er war immer zur Stelle wenn man ihn brauchte. Er tauchte immer dann auf, wenn ich es am wenigsten erwartete und er brachte mich jedes Mal aufs Neue aus der Fassung. Jedes Mal, wenn ich ihn sah hatte ich weiche Knie, mein Herz schlug höher und alles in mir wurde wohlig warm. Sein Lächeln war wie das eines Filmstars und er sah aus als käme er aus einer anderen Welt. Einfach so unnatürlich, traumhaft, schön. So als wäre es der Sohn eines Gottes. – Hatte ich das gerade wirklich gedacht? Was war eigentlich mit mir los? Drehte ich jetzt völlig durch? Bounty stand vor mir und blickte mit schrägem Kopf zu mir auf. „Schau mich nicht so an. Ich weiß doch auch nicht was los ist.“, sagte ich sanft fast verzweifelt. Wir liefen nach Hause. Der Wagen meiner Mum stand in der Einfahrt. Sie war ziemlich früh dran. Normalerweise kam sie erst spät am Abend. Wir gingen ins Haus und es roch köstlich nach essen. „Hey Mum, du bist recht früh. Hast du schon gekocht?“, rief ich ihr entgegen.
„Hey Schatz, ja ich weiß. Komm was Kleines essen bevor du dich fertig machst.“, kam zurück. Sie wusste Bescheid? Wurden hier eigentlich irgendwelche heimlichen Sachen gespielt? Ich setzte mich und meine Mutter packte mir einen Hawaitoast auf meinen Teller. Es roch köstlich. Obwohl ich keinen Hunger und keine Zeit hatte, aß ich etwas.
„Dustin war vor wenigen Minuten hier. Er hat mir erklärt das er dich heute Abend mitnimmt.“, sagte sie dann verschmitzt.
Ich blickte von meinem Teller auf. „Er war hier?“, fragte ich verdutzt.
„Ja er hat sehr nett und höflich um Erlaubnis gebeten, heute Abend mit dir aus zu gehen. Er versicherte mir, dass er dich wieder heil und pünktlich zu Hause abliefern würde. Ich finde ihn sehr nett.“, bestätigte sie dann.
Ich konnte es kaum glauben. Dustin war hier gewesen und hatte meine Mutter um Erlaubnis gefragt. Mir war auf einmal schwummrich. Er war wirklich unglaublich. Ich bekam nun keinen Bissen mehr runter. „Ja, er ist wirklich sehr nett, ich mag ihn auch.“, sagte ich verlegen. Meine Mutter lächelte und schien zufrieden. Sie hatte wohl gehört was sie hören wollte. „Ich geh mich fertig machen.“, sagte ich schnell stand auf und ging. Bounty sah mir nach, machte aber nicht den Anschein mir zu folgen.
Ich lief in mein Zimmer und suchte meine Sachen zu Recht, dann ging ich Duschen und Haare waschen. Ich föhnte meine Haare ausnahmsweise und versuchte mir einen Seitenscheitel zu ziehen. Ich putzte meine Zähne und schminkte mich etwas, dann ging ich in mein Zimmer und zog meine Sachen an. Ich hatte meine gute Jeans und meine weiß schwarz karierte, kurzärmlige Bluse ausgesucht. Es sah etwas edler aus und schien mir angemessen. Ich hatte sie noch überhaupt nie getragen, da ich eher der unauffällige Typ war. Erst jetzt wurde mir bewusst dass ich gar keine Schuhe hatte. Ich durch wütete alles. Musste ich doch etwas anderes anziehen? Ich wusste nicht genau nach was für Schuhen ich suchte. Ich war am verzweifeln. Bounty schob die Schnauze durch den Türspalt und trottete herein. Meine Mutter folgte ihm. Sie sah wie ich verzweifelt vor meinem Schrank kniete. Was sie wohl denken musste? Sie betrachtete mich kurz von oben bis unten, dann lächelte sie breit.
„Du siehst toll aus! So erwachsen und bezaubernd.“, sagte sie fröhlich. Ich verdrehte die Augen. Musste sie ausgerechnet jetzt so etwas sagen? Ich hatte ein viel größeres Problem. Benommen sah ich auf die Uhr. Ich hatte noch zehn Minuten ehe Dustin mich abholen würde. Was sollte ich bloß tun? Erst jetzt viel mir auf das Mum eine Schuhschachtel in der Hand hielt.
„Ich hab sie mir mal für so einen Anlass gekauft, aber ich denke, dir werden sie heute mehr bringen.“, sprach sie als sie bemerkt hatte das ich aufmerksam geworden war. Sie öffnete die Schachtel und es lagen hübsche schwarze Sandalen mit Absatz darin. Sie waren perfekt. Sie hatten einen fünf Zentimeter hohen Absatz und zum schließen waren es dünne Riemchen. Ich nahm sie ihr aus der Schachtel und zog sie mir an. Sie passten wie an gegossen und es fühlte sich fantastisch an damit zu gehen. Ich kam mir viel älter vor. Ich lief durchs Zimmer unter dem beobachtenden Blick meiner Mutter, dann viel ich ihr um den Hals. „Vielen Dank! Die haben mir noch gefehlt!“, flüsterte ich ihr ins Ohr und packte dann noch ein paar Sachen in meine Handtasche. Mein Handy, den Hausschlüssel eine Bürste und etwas Geld. Ich rannte noch mal ins Bad und sah in den Spiegel. Mein dunkelblondes Haar war zerzaust und verstrubelt von der Schuhsuche. Ich kämmte sie noch mal durch und rollte dann eine meiner Locken fest um meinen Zeigefinger. Eigentlich hatten sie ja eine schöne Farbe. Es glänzte und das Licht reflektierte sich darauf. Ich ließ die Locke fallen und betrachtete mich. Mein Gesamtwerk sah eigentlich nicht schlecht aus. Mein leicht gewelltes Haar viel mir bis über die Schultern und meine blau- grauen Augen sahen schön gleichmäßig aus. Ich hörte die Türklingel läuten und dass meine Mum die Tür öffnete. Ich wurde nervös saß auch alles optimal? Von unten kam leises Gemurmel zu mir herauf. Ich schloss die Augen und holte noch einmal tief Luft, dann lief ich zur Treppe und trat hinunter. Bounty stand unten an der Treppe und sah zu mir herauf. Er bellte zweimal laut und meine Mutter und Dustin traten aus der Küche. Ich blickte Dustin an und sofort bekam ich weiche Knie. Er sah aus wie noch nie zuvor. Einfach umwerfend. Ich kam mir daneben vor wie eine Straßenpennerin neben einem Filmstar. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Ich verließ die letzte Stufe und blickte auf den Boden so peinlich war es mir, dabei stieg mir das Blut wieder ins Gesicht und ich wurde rot. Ich sah ihn an und er blickte an mir herunter. Er lächelte wunderschön, dann wandte er sich wieder meiner Mutter zu. Er hatte zwar keine Krawatte an, aber er sah trotzdem unglaublich aus. Sein Hemd war in die Hose gesteckt und die Kragenknöpfe standen offen, sodass man etwas von seiner Brust sehen konnte. Er trug einen Boss Gürtel über der dunklen Jeans und es stand ihm ausgezeichnet. Seine blauen Augen kamen so hervorragend heraus. Seine Haare waren wild miteinander vergelt. Es gefiel mir einfach alles an ihm.
„Miss Brown, ich denke wir werden dann jetzt los fahren. Machen sie sich keine Sorgen. Ich werde sie wohlbehalten und rechtzeitig zurückbringen.“, sprach er höflich.
Es klang jedoch eher scherzhaft. Er lächelte meine Mutter von der Seite an, die dann nur nickte. Ich zog meine gute weiße Jacke an und Dustin hielt mir die Tür auf. Ich lief voran und Dustin folgte mir. Meine Mutter stand noch in der Haustür, als er mir die Autotür aufhielt und beobachtete uns genau. Er hatte sein Auto gewaschen. Es war blitz blank und glänzte umwerfend. Als ob es davor nicht schon auffällig genug gewesen wäre. Wir saßen beide und er fuhr an. Er fuhr viel langsamer als sonst, zumindest bis wir um die Ecke waren, dann trat er voll auf das Gaspedal und wir fuhren viel zu schnell. Es war ungewöhnlich ruhig. Nicht einmal das Radio lief. Ich sah ihn von der Seite an und war schon wieder hin und weg. Wie konnte jemand so gut aussehen? Er schien bemerkt zu haben dass, ich ihn anstarrte und wandte seinen Blick ebenfalls auf mich. Wir standen nun an einer Ampel. Er sah mir tief, forschend in die Augen. Ich war regungslos und erwiderte seinen Blick. Dann fing er plötzlich an zu lachen.
„Was ist?“, fragte ich verdutzt.
Er wandte sich mir lächelnd zu: „Mir ist nur gerade aufgefallen wie wunderschön du bist, aber das ist ja nichts neues. Es ist nur…Du überraschst mich jedes Mal aufs Neue mit deinem perfekten Aussehen.“
Ich wunderte mich sehr. Wie konnte er so etwas über mich sagen? Ich dachte so über ihn und nicht er über mich. Verstört und zornig sah ich ihn an. „Wie kannst du so etwas sagen? Sie dich doch mal um. Ich komm mir vor wie, wie,… Ich kann es nicht fassen! Es gibt so viel schönere Mädchen als ich, sogar in der Schule und du findest ich bin das tollste auf Erden. Mach die Augen auf! Ich bin nur ein durchschnittliches Mädchen das Pferde liebt und neben anderen wie zum Beispiel Angela oder Johanna aussieht wie ein Mädchen von der Straße. Du könntest sie alle haben mit deinem Aussehen und mit deinem Charakter, aber stattdessen nimmst du lieber jemanden der neben dir aussieht wie ein Klecks in der Landschaft.“, ich schrie ihn fasst an. Ich war so richtig in Fahrt und konnte mich nicht halten.
Er schüttelte nur den Kopf. „Sally, was redest du nur für wirres Zeug? Glaub mir ich habe dich ausgesucht, weil du so besonders bist! Die anderen wären nur hinter meinem Geld oder meinem Vater her, aber du… dich interessiert das alles gar nicht. Du weißt überhaupt nicht wie es ist. Was die Jungs an unserer Schule oder heute Mittag auf der Lichtung über dich gedacht haben. Wie gerne sie an meiner Stelle hier neben dir im Auto sitzen würden. Sally, du hast so ein großes Herz das man es Meilenweit sieht. Das macht dein Schönheit und Vollkommenheit aus. Du bist einfach unglaublich!“, versuchte er mir klar zu machen.
Ich war von seinen Worten sehr mitgenommen. Er machte mich unsicher. Ich hatte absolut kein Selbstbewusstsein und anscheinend lag ich mit allem daneben. Ich senkte den Blick und wurde rot. Mir war das alles sehr peinlich. Hinter uns hupten Autos und wir fuhren weiter. Ich bekam nicht viel davon mit wohin wir fuhren. Ich dachte über seine Worte nach. Hatte er Recht? War ich total falsch informiert? Er hatte tatsächlich gesagt, dass er mich ausgesucht hatte. Ich merkte erst jetzt, dass wir standen und er den Motor abgestellt hatte. Er blickte aus seinem Seitenfenster und sah in die Ferne. Ich wollte irgendetwas sagen wusste aber nicht wie oder was. „Es mag sein das du genau umgekehrt denkst, aber das ändert nichts daran wie es mir vorkommt. Ich finde immer noch, dass du viel vollkommener und wertvoller bist.“, flüsterte ich kaum hörbar und sanft.
Er blickte zu mir, dann lächelte er mich kurz an. „Lass uns rein gehen, bevor sie unseren Tisch weitergeben.“, sagte er frech. Wir stiegen aus und jetzt erst wurde mir klar wo wir waren. Wir standen vor einem der besten Restaurants in der ganzen Gegend. Ich hätte es mir nie leisten können hier essen zu gehen. „Oha!“, brachte ich nur heraus. Er klemmte meinen Arm grinsend unter seinen und wir liefen zum Restaurant. Am Eingang standen mehrere junge Paare die vermutlich auf einen Tisch warteten. Dustin führte mich einfach an ihnen vorbei zu einem ebenso gut gekleideten Mann. Er sah uns schon von weitem fröhlich an. Dann Räusperte er sich: „Mister und Misses Hope nehme ich an?“, fragte er höflich. Erschrocken zuckte ich zusammen. Hatte ich da eben richtig gehört? Hatte er uns als ein Ehepaar einen Tisch reserviert?
„Ja, genau!“, gab er höflich zurück. Er strahlte übers ganze Gesicht und warf mir immer mal wieder einen Blick zu, ich jedoch war sprachlos. Wie konnte er nur? Was hatte er sich dabei gedacht? Der Mann führte uns zu einem Tisch mit Blick auf den See.
Er schimmerte von dem Mond. Wir zogen unsere Jacken aus und setzten uns. Er saß genau gegenüber von mir. Ich jedoch war geschockt.
Als der Mann uns verließ wandte Dustin sich wieder an mich. „Du bist so blass, ist es so ein schlimmer Gedanke meinen Namen zu tragen?“, fragte er belustigt. Er hatte gemerkt, dass ich bei dem Namen vorher zusammengezuckt war. Ich blickte ihm tief in die Augen, antwortete aber nicht. Stattdessen schmolz ich dahin bei seinem Anblick. Die Kellnerin kam und mich amüsierte es zu sehen wie sie Dustin anstarrte. Sie war ungefähr in unserem Alter und umwerfend hübsch. Fand ich auf jeden Fall. Sie schien mich gar nicht zu bemerken. Sie wandte sich ihm zu und machte es noch deutlicher. „Was darf ich dir zum trinken bringen?“, fragte sie verführerisch. Dustin jedoch schien es gar nicht zu bemerken. Oder ignorierte er es bloß? Ich zog die Augenbrauen hoch. Es war doch so wie ich es gesagt hatte. Alle beachteten nur ihn.
„Ich nehme das was sie auch nimmt.“, sagte er betont höflich und deutete zu mir. Sie drehte sich nur halb zu mir, um sich nicht von ihm abwenden zu müssen und fragte mich gar nicht sondern blickte mich nur vorwurfsvoll an.
„Zwei Cola bitte!“, versuchte ich höflich zu sagen, aber der Unterton war mir in meiner Stimme sehr wohl aufgefallen. Sie notierte es warf noch mal einen Blick zu Dustin und lief dann langsam weg. Ich sah ihr lange nach, ehe ich wieder zu Dustin sah. Er blickte mich forschend an, dann lehnte er sich gemütlich zurück und fragte: „Erzählst du mir etwas über dich?“ Ich sah ihn erstaunt an. „Was willst du denn hören?“, fragte ich verwundert. Er lächelte kurz dann beugte er sich wieder nach vorn und sprach sanft: „Einfach alles. Wann und wo du geboren bist und so weiter…“ Ich überlegte kurz und fing dann an: „Geboren bin ich hier am 21. April. Ich lebe seit meiner Geburt in dem Haus von meiner Mum und saß schon mit einem halben Jahr auf Pferderücken. Mein Onkel brachte mir mit sieben das Reiten bei und seither liebe ich das Risiko und die Geschwindigkeit. Mein Vater war damals oft vereist. Er arbeitete als Reporter auf der ganzen Welt, bis er dann am 25. Oktober vor einigen Jahren in Istanbul bei einem Erdbeben von einem Kaufhaus überschüttet wurde. Er und sein Kamerateam waren sofort Tod. Das Einzige was mir von ihm geblieben ist, ist das Video wo zu sehen ist wie er verschüttet wird und die nächtlichen Albträume.“, erzählte ich kurz und gefühllos.
„Du hast Albträume?“, fragte er besorgt.
Ich nickte. „Seit dem Tod meines Vaters hatte ich immer den gleichen Albtraum, bis letzte Nacht.“, sagte ich verlegen, senkte den Blick und spürte wie mir das Blut in den Kopf schoss. Dann lenkte ich schnell ab: „Erzählst du mir auch alles über dich?“ Er lächelte mich frech an. „Später vielleicht.“, sagte er dann verschmitzt. Ich konnte allerdings nichts dagegen tun, denn die Kellnerin kam und unterbrach uns einfach. Er bestellte für uns beide nur einen kleinen Salat da ich keinen großen Hunger hatte und schickte dann die Kellnerin einfach fort. Sie sah wütend aus und ich musste mir ein Lachen verkneifen. Dustin sah mich verwundert an ehe er fragte: „Was hast du heute Mittag mit Liberty gemacht? Sie war wie ausgewechselt. Ich habe noch nie ein so schnelles und kraftvolles Pferd gesehen und wenn ich sage nie dann heißt das schon etwas denn wir waren schon in der ganzen USA.“ Ich sah kurz schweigend zu ihm herüber, dann trank ich einen Schluck und antwortete: „Mir ist auch aufgefallen, dass sie außergewöhnlich schnell lief. Ich weiß ja, dass sie schnell und ausdauernd sein kann, aber das heute war schneller als sonst. Ich kann dir allerdings auch nicht genau sagen woran das lag. Ich hatte ihr ins Ohr geflüstert das wir es euch zeigen würden und sie schien sehr motiviert.“ Er lächelte kurz und sein Blick erinnerte mich an Broadway heute Mittag. „Ich werde Broadway und Liberty zeigen, das du nicht der Böse bist.“, sprach ich sanft. Er sah mich kurz an und schwieg. „Bist du dir sicher dass das eine gute Idee ist? Ich meine wenn sie dich dann auch nicht mehr mögen hat es die Sache nur noch verschlimmert.“, fragte er besorgt. Ich schüttelte nur den Kopf. Unsere Salate kamen und wir aßen schweigend. Als wir fertig waren hatte es Dustin plötzlich ganz eilig. Er zahlte schnell und wir gingen. Er führte mich jedoch nicht zum Auto sondern an den Strand vom See. Wir liefen durch den Sand und es fühlte sich traumhaft an, so ganz im Dunkeln. Es hatte irgendetwas Romantisches. Ich blickte auf den See hinaus und lauschte dem leisen Rauschen. Dustin trat neben mich und griff sanft nach meiner Hand.
Seine Hand war warm und ein kitzeln durchfuhr mich. Ich bekam Gänsehaut und blickte seitlich zu ihm auf. Er sah in die Ferne auf den See. „Erzählst du mir jetzt alles über dich?“, fragte ich vorsichtig. Ich wollte die Stimmung nicht zerstören. Er nickte und zog mich weiter. Wir liefen am See entlang. „Ich wurde am 20. Januar in Washington geboren. Meine Mutter hatte sich drei Jahre nach meiner Geburt aus dem Staub gemacht und mich einfach sitzen lassen. Mein Dad war damals schon Jockey und hatte recht wenig Zeit für mich. Zu meinem sechsten Geburtstag kaufte er mir dann ein sechs jähriges Pony. Sein Name war Thunder und er war zum rennen ausgebildet. Er brachte mir das Reiten bei und beschäftigte sich etwas mehr mit mir. Als ich älter wurde, wurde unser Verhältnis auch besser. Allerdings gefielen mir seine Trainingsmethoden nicht. Er wollte immer mehr und er forderte auch immer mehr Einsatz und Leistung von mir. Mit dreizehn Jahren ritt ich mein erstes Rennen. Ich war den anderen weit überlegen, mit den Pferden meines Vaters und seinem Unterricht, war das auch kein Wunder. Er wurde immer härter zu den Pferden, bis ich bemerkte, dass es an mir lag. Dadurch, dass ich besser wurde, wurde ich zu einem ernsthaften Gegner für ihn und das konnte er nicht ertragen. Er hatte nie Gefühle wie ein Vater für mich gehabt. Er sah mich immer als Feind und das ließ er an den Pferden aus, also ließ ich das Reiten sein.“
Ich sah ihn aufmerksam an. Das war wirklich eine traurige Geschichte. Er musste wegen seines Vaters auf das Reiten verzichten. Wir liefen schweigend weiter und ich war in Gedanken versunken. Plötzlich jedoch, kam ich falsch mit meinem Fuß auf und knickte um. Ich versuchte irgendwo halt zu finden, viel jedoch auf den Rücken in den Sand und zog Dustin gleich mit. Immer musste mir so etwas passieren. Er lag halb auf und halb neben mir. Unsere Gesichter waren sich so nah wie niemals zuvor. Wir sahen uns schweigend in die Augen. Mein Herz schlug übernormal. Ich dachte ich würde gleich einen Herzinfarkt kriegen. Eigentlich hätte er es an den Stellen, wo er mich berührte spüren müssen. Er brachte mich total aus der Fassung und ich wurde unglaublich nervös. Eine innere Hitze durchlief mich. Er hob nun seine Hand und fuhr mir sanft über meinen Wangenknochen. Diese Berührung war unglaublich schön.
„Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass du einfach unglaublich bist? Du bist wunderschön, eine vollkommene Persönlichkeit und du bringst mich andauernd aus der Fassung.“, sagte er sanft und verführerisch. Ich wollte etwas sagen doch sein Atem in meinem Gesicht hatte mir die Sprache verschlagen. Wir sahen uns einfach nur an, während er mir mit den Fingerspitzen über meinen Wangenknochen strich. Ich riss mich zusammen und biss die Zähne zusammen. „Komisch, ich finde das Selbe trifft auf dich zu.“, flüsterte ich kaum hörbar. Er lächelte schmeichelnd und ich kam wieder etwas zur Ruhe. Er lehnte sich weg und setzte sich mit angewinkelten Knien auf. Er sah weit in die Ferne, auf den See hinaus und seufzte. Ich lag immer noch auf dem Rücken im Sand, denn meine Muskeln ließen im Moment noch keine Bewegung zu.
„Weißt du warum ich mich heute, im Auto, nach der Schule so idiotisch benommen habe?
Ich habe gesehen wie Sam dich anstarrt und ich hatte so eine Wut vor lauter Eifersucht. Ich hätte ihn auf der Stelle umlegen können.“, sprach er vorsichtig und immer noch sanft. Er machte eine kurze Pause ehe er weiter sprach. „Sally, ich habe unglaubliche Angst, dass ich dich an ihn verlieren könnte. Er redet so unglaublich über dich und er sieht das alles nur als ein Kampf zwischen ihm und mir. Er mag dich, sehr sogar. Nur das er an meine Gefühle für dich niemals rankommen wird. Ich habe mich mit ihm deinetwegen gestritten, weil du mir im Moment wichtiger bist als alles andere.“, sagte er sanft und verzweifelnd zugleich. Mir blieb die Sprache weg. Wie konnte ich das jetzt verstehen? Er stritt sich mit Sam um mich und hatte eben gesagt, dass ihm im Moment nichts wichtiger wäre als ich. Ich war verstört und total aus der Fassung: „Wieso…? Warum…? Was….“ Er lehnte sich wieder über mich und hielt mir mit drei Fingern den Mund zu.
„Ist etwas kompliziert, ich weiß. Vergiss es am besten einfach wieder. Außer den Teil mit dem Wichtigsten in meinem Leben. Ich habe noch nie in meinem Leben so jemanden getroffen wie dich und ich mag einfach alles an dir. Du erinnerst mich immer wieder an Träume die war werden.“, flüsterte er sanft. Ich konnte mich nicht rühren. Mir war als stände ich unter Drogen. Er war schon wieder so nah und ich spürte jeden seiner Atemzüge in meinem Gesicht. Er schien sogar immer näher zu kommen. Ich hielt die Luft an und versuchte ruhig zu bleiben. Er nahm seine Finger von meinen Lippen und ging damit wieder zu den Wangen. Es war fast unerträglich. Seine Finger brannten auf meiner Wange und ich verspürte einen plötzlichen Drang. Ich wusste nicht was tun. Ich kam mir auf einmal völlig unbeholfen vor und hatte Angst, jedoch wusste ich nicht wovor. Ich konnte das nicht. Ich stieß ihn sanft zurück und setzte mich auf. Er zog dir Augenbrauen hoch und sah verwundert aus. Nein, er sah sehr gekränkt aus. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Ich…“, setzte ich an doch Dustin unterbrach mich. „Ist schon okay.“, sagte er grinsend, wobei ich ihm das nicht abnahm. Ich hatte ihn verletzt und das tat auch mir weh. Ich blickte in den Sand und schämte mich zu tiefst. Er rückte näher und legte seinen Arm um meine Schultern. Es war angenehm und ein leichter Trost. Ich blickte ihm in die Augen und er lächelte sanft. Seine Augen funkelten und er schien die Sache von eben schon vergessen zu haben. Ich jedoch hatte immer noch mein schlechtes Gewissen im Magen. „Es tut mir leid…“, stammelte ich verlegen vor mich hin.
Er sah mich frech an. „Was tut dir leid?“, fragte er verschmitzt.
Ich war schon wieder aus der Fassung. „Äh…, daas- voon ebben…“, stotterte ich. Er schüttelte den Kopf und fing an zu lachen. Ich kam mir blöd vor und mir stieg das Blut in den Kopf. Ich senkte den Blick wieder und vergrub meine Hände im Sand. Was zum Teufel faselst du da eigentlich? Du bist so ein Trottel, Sally. Mit einem Mal zog mich Dustin ganz eng an sich und mein Kopf lehnte automatisch an seiner Schulter.
„Du siehst süß aus, wenn du rot anläufst und dir irgendetwas peinlich ist oder du dich schämst.“, flüsterte er frech. Jetzt kam ich mir erst recht blöd vor. Ich war süß wenn ich rot anlief? Sollte das ein Scherz sein? Ich stieß ihn von mir weg und stand empört auf. Doch er war viel schneller, packte mich am Handgelenk und zog mich wieder zu sich. Ich fand mit den Schuhen keinen Halt und viel zurück. Ich lag wieder auf dem Rücken. Ich kam mir vor wie ein unbeholfenes Baby. Ich versuchte mich auf zu setzten, doch Dustin drückte mich mit seinem Oberkörper fest in den Sand. Er lächelte frech. Ihm schien das alles zu amüsieren. Ich stemmte meine Hände gegen seine Brust, doch ich hatte keine Chance. Seine Brust war so muskulös und so beeindruckend, dass ich es auch gar nicht weiter versuchte. Meine Hände jedoch behielt ich da, damit ich im Notfall doch noch abwehren konnte. Ich hielt wieder den Atem an, als er immer näher kam, doch dieses Mal hielt er etwas Distanz. Ich entspannte mich ein wenig und meine Muskeln entkrampften sich. Er schien begriffen zu haben, dass es einfach noch zu früh war. Sein Atem kitzelte jedoch trotzdem an meiner Nase. Uhrplötzlich verspürte ich wieder diesen unglaublichen drang. Mein Herz schlug noch intensiver und mein Atem ging schnell. Ich beugte mich ruckartig nach oben und ehe ich mich versah befanden sich meine Lippen auf Dustins. Für einen Moment schloss ich die Augen, dann wich ich erschrocken zurück. Hatte ich Dustin gerade einen Kuss gegeben und ihn vorhin abgewiesen? Ich war geschockt, aber ebenso im siebten Himmel. Er sah mich genauso verblüfft an.
„Wie darf ich das jetzt verstehen? Wenn ich dich Küssen will weißt du mich zu Recht, aber wenn du es tust ist das in Ordnung? Noch dazu kann ich mich nicht mal wehren.“, wiederholte er verwirrt. Er konnte sich nicht wehren? Wie kam das denn? Ich kam mir jedoch ziemlich unhöflich vor. „Entschuldige, ich weiß auch nicht was mich eben geritten hatte. Es…“,faselte ich vor mich hin, bis Dustin mir wieder den Mund zu hob. Ihn schien das ganze absolut zu amüsieren. „Hör endlich auf dich andauernd zu entschuldigen. Du bist auch nur ein Mensch.“, flüsterte er mir sanft ins Ohr und ich war hin und weg, denn sein Atem kitzelte an meinem Ohr. Er nahm seine Hand von meinem Mund und ich war so aus der Fassung, dass ich ihn gleich noch mal küsste dieses Mal leidenschaftlicher. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und ließ mich einfach gehen. Er ging darauf ein und machte keine Anstalten mich zurück zu weißen. Ich zog ihn näher an mich und der Kuss zog sich ebenfalls in die Länge. Ich war es sogar die aufgab und ihn sanft zurück schob. Ich war in diesem Augenblick der glücklichste Mensch auf Erden und hatte nichts zu befürchten. Eine warme Aura durchlief mich. Ob es Dustin ähnlich ging? Das Gefühl war einfach nur überwältigend. Ich fing an zu zittern, doch das lag an der kalten Brise die hier am See wehte.
„Ist dir kalt?“, fragte er besorgt. Ich nickte nur und er rückte noch näher an mich. Wir lagen beide dicht nebeneinander. Ich auf meinem Rücken und er auf der Seite links von mir. Er legte einen Arm über meinen Bauch und mit dem anderen griff er unter meinem Nacken, über meinen Schultern. Meine linke Seite war nun angenehm warm, nur meine rechte Seite ließ mich frösteln. Ich wollte trotzdem nicht, dass dieser Moment je vergehen würde. Ich wäre am liebsten hier einfach eingeschlafen mit ihm an meiner Seite. Ich spürte jedoch genau, dass es schon viel zu spät war. Morgen würde ich mit zu Dustin gehen und sein Gestüt kennen lernen und was Liberty und Broadway anging, musste ich mal schauen. Ich sah in den Himmel und erblickte die Sterne. Wunderschön funkelten sie am klaren Nachthimmel. Ich atmete tief ein und aus und genoss die Nachtluft. Dustin beugte sich über mich und gab mir einen kurzen flüchtigen Kuss, ehe er sagte: „Lass uns fahren, bevor mir deine Mutter den Kopf abreißt. Wir haben ja morgen auch noch Schule.“ Ich seufzte. Musste das wirklich schon sein? Er lächelte, weil er wohl bemerkt hatte wie ungern ich gehen wollte. Er stand auf hob mir seine Hand hin und zog mich hoch, an sich heran. Seine Kraft beeindruckte mich. Er war so stark und muskulös. Einfach ein Traum. Er war einen halben Kopf größer als ich und nutzte dies auch aus. Ich legte meine Hände wieder an seine Brustmuskeln und sah ihm tief in die Augen. Sie loderten vor Begeisterung auf. Langsam kamen sich unsere Köpfe wieder näher. Alles um uns herum schien zu erstarren. Ich spürte nur seinen unruhigen Atem und mein unruhiges Herz. Seine Hände gingen an meinen Kopf und er fixierte ihn sanft. Sein Daumen strich wieder über meine Wange und sein Atem wurde ruhiger. Unsere Lippen trafen sich zärtlich und liebkosten sich. Ich schloss die Augen und genoss es in vollen Zügen. Es war ein zärtlich und leidenschaftlich lang anhaltender Kuss. Ich wusste nicht wie lange wir uns küssten, aber ich wollte das dieser Moment nie enden würde. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und wurde noch leidenschaftlicher. Ich wollte einfach nicht aufhören. Nicht dieses Mal. Dustin war es diesmal, der nachgab und meinen Kopf mit seinen behutsamen Händen weg schob. Wie kreuzten unsere Finger ineinander und liefen so zum Auto zurück. Keiner wagte es etwas zu sagen, um die Stimmung nicht zu zerstören. Er hielt mir wieder die Tür auf und ich ließ mich einfach in den Sitz hinein plumpsen. Ich war doch schon recht müde und erschöpft. Er stieg ebenfalls ein und fuhr los. Er fuhr wieder viel zu schnell, schien aber nicht angestrengt den Wagen unter Kontrolle zu halten. Er hatte eine Hand am Lenkrad und die andere auf meiner liegen. Ich fühlte mich sehr wohl an seiner Seite und versuchte nicht an die bevorstehende Trennung zu denken. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und verfiel in einen leichten Schlaf. Die Fahrt verging schnell, viel zu schnell.
Er hielt vor unserer Einfahrt und schaltete den Motor aus. Im Haus brannte kein Licht mehr, deshalb ging ich davon aus, das meine Mutter schob schlief. Wir saßen schweigend da, bis mir klar wurde, dass es nicht anders ging. Wir mussten uns trennen zumindest für diese Nacht. Dustin schien der Gedanke ebenso wenig zu gefallen. Er seufzte laut ehe er sprach: „Wir sind da. Ich glaub du solltest lieber rein gehen, bevor deine Mutter krank wird vor Sorge.“ Ich nickte nur und stieß die Autotür auf. Er folgte mir langsam bis zur Tür. Wir standen uns gegenüber und wussten beide nicht was wir sagen sollten. Wir schienen wohl beide „Abschied“ zu vermeiden und ich tröstete mich damit, dass ich ihn spätestens morgen früh wieder sehen würde. „Also, dann bis morgen früh“, sagte ich zögerlich und ohne es eigentlich wirklich zu wollen. Ihm schien es ebenso unangenehm und mittlerweile kannte ich ihn so gut, dass ich merkte, dass ihn irgendetwas bedrückte.
„Ja, ich hol dich dann morgen früh wieder ab.“, flüsterte er vorsichtig. Er machte eine kurze Pause ehe er ansetzte. „Was wäre wenn…“, fing er an, verstummte aber wieder abrupt und senkte den Blick. Ich war nun neugierig. „Was wäre wenn was?“, fragte ich interessiert und ruhig.
Er blickte mich wieder an und schien kurz zu überlegen. „Naja, ich dachte nur vorhin, ich könnte gleich wieder kommen und bei dir…“, er stockte und senkte den Blick wieder. Ich war erstaunt und zugleich total begeistert. Seine Worte hatten mich schon wieder aus der Fassung gebracht. Meinte er das ernst? „Du meinst du kommst gleich wieder um bei mir zu schlafen?“, fragte ich bloßstellend.
Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und war sich nun sehr unsicher. „War nur so eine Idee. vergiss es am besten gleich wieder.“ Ich musste lächeln. Er war einfach unberechenbar. Ich fing mich wieder und sah ihn durchdringend an. „Ich finde die Idee ist wunderbar. Ich glaube nur, dass meine Mutter etwas dagegen hätte und wenn du Pech hast bist du dann bei ihr unten durch.“, gab ich vorsichtig zurück. Er schien nicht gekränkt, sondern eher erleichtert. Ich gab ihm einen sanften, zärtlichen Kuss auf die Wange ehe ich ihm eine gute Nacht wünschte und im Haus verschwand. Ich schloss die Tür und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. Ich war überglücklich. Dieses Gefühl der Unendlichkeit durchlief mich und ich war unglaublich entspannt. Ich hob fast ab und schwebte einfach so vor mich hin. Summend schlich ich die Treppe hinauf und verschwand im Bad. Bounty gesellte sich leise zu mir. Er freute sich ebenso mich zu sehen, wie ich ihn. Ich machte mich fertig und ließ mich dann in meinem Zimmer in mein Bett plumpsen. Ich war völlig erschöpft und schlief sofort ein.
Ich träumte wieder denselben Traum wie letzte Nacht und wieder konnte ich nicht hören was Dustin mir sagen wollte. Der Wecker klingelte, doch ausgeschlafen war ich nicht. Ich drehte mich um und wollte weiter schlafen, doch Bounty wusste genau, dass das keine gute Idee war. Er zerrte an der Bettdecke herum und riss sie weg. „Ist ja schon gut ich steh ja schon auf!“, grummelte ich ihn an. Er hörte auf und rannte aus meinem Zimmer. Ich setzte mich auf und lies mir alles von gestern noch mal durch den Kopf gehen. Es kam mir so unwahrscheinlich vor. Hatte ich dies alles nur geträumt? Spätestens in einer halben Stunde würde es sich herausstellen. Ich sprang auf und machte mich fertig. Müde ging ich in die Küche und trank ein Glas Milch. Hunger hatte ich keinen. Es schien alles wie immer und es kam mir vor als ob der gestrige Tag wirklich nur ein Traum gewesen wäre. Ich seufzte und meine Mutter blickte mich neugierig an. Ich verdrehte die Augen und holte meine Schulsachen. Nichts wie weg. Bevor meine Mutter mich noch mit Fragen löcherte. Ich verließ das Haus und schloss die Tür. Ich drehte mich um und erschrak zu tiefst. Dustin stand direkt vor mir und gab mir viel zu schnell einen kurzen, zärtlichen Kuss auf den Mund. Ich konnte nichts tun. Ich war vor Schreck erstarrt und geschockt. Ich stand einfach nur da und starrte ihn an.

Traumpaar?


„Hab ich dich erschreckt? Entschuldige das wollt ich nicht. Ich hab mich nur so gefreut dich zu sehen.“, sagte er enttäuscht. Ich musste lächeln. Er war einfach zu süß. Er lächelte ebenfalls und wir liefen zum Auto. Er öffnete mir, wie jedes Mal, die Tür und wir stiegen ein. Ich sah ihn von der Seite an und mir viel auf, dass er einen sehr zufriedenen und glücklichen Eindruck machte. Das änderte jedoch nichts an seinem Fahrstil. Er schien Risiko und Geschwindigkeit genauso zu mögen wie ich. Ich fühlte mich an seiner Seite trotzdem sicher. Er legte seine Hand wieder auf meine und sofort klopfte mein Herz schneller. Seine Hand war warm und angenehm sanft. In mir machte sich ein wohlig warmes Gefühl breit. Er sah ebenfalls zu mir und schien fröhlicher als sonst.
„Na hast du gut geschlafen?“, fragte er aufgemuntert. Ich musste schon wieder lächeln. Wenn er gut drauf war dann musste ich es auch sein.
„Ja, sehr gut sogar!“, antwortete ich erheitert. „Und du? Hast du gut geschlafen?“, fragte ich dann munter.
Er lächelte breit. „Ja, ich hab ganz normal geschlafen. Schöner wäre es allerdings gewesen, wenn du an meiner Seite geschlafen hättest.“, antwortete er dann sanft. Seine Worte brachten mich schon wieder aus der Fassung und ich senkte den Blick, denn mir stieg schon wieder das Blut in den Kopf. Er hielt an und ich blickte hinaus. Wenn ich mit ihm fuhr verging alles viel schneller. Mit ihm bekam ich von dem um mich herum, überhaupt nichts mehr mit. Er stieg aus und kam wieder zu mir herüber. Ich öffnete die Tür und er griff nach meinen Händen und zog mich nach oben an sich heran. Wir sahen uns in die Augen und das spiegelnde Funkeln in seinen Augen faszinierte mich. Langsam näherten sich unsere Köpfe, dass wir mitten auf unserem Schulhof standen interessierte mich absolut nicht mehr. Unsere Köpfe kamen sich immer näher. Neben uns räusperte sich jemand und wir kamen wieder in die Zivilisation zurück. Es war Sam der da neben uns stand und mich mit einem entsetzten und enttäuschenden Blick ansah. Er sah niedergeschlagen aus und wirkte verzweifelnd. Ich sah ihn an und ich fühlte mich schlecht. Sam war Dustins bester Freund und er hätte mir nie wehtun wollen, doch ich hab es so eben getan. Ein Schmerz bohrte sich in meine Magengrube und ich sackte in mich zusammen. Hätte Dustin nicht meine Hand gehalten wäre ich womöglich einfach umgefallen.
„Hey, na wie geht es?“, fragte er dann etwas zu leise. Der Schmerz in meinem Magen wurde stärker, als ich den Unterton in seiner Stimme hörte. Dustin schien es ebenso gehört zu haben wie ich.
„Ganz gut, danke! Und dir?“, fragte er dann besorgt. Sam nickte nur, wandte sich ab und lief zu den anderen. Ich blickte Dustin in die Augen und er sah mich ebenfalls an. Wir waren uns schon bei unseren Blicken einig, dass wir in der Anwesenheit von Sam vorsichtiger sein mussten. Schweigend liefen wir ihm langsam hinterher. Es hatte schon geklingelt, deshalb trafen wir die anderen erst auf dem Flur. Sie begrüßten uns alle und wir gaben uns Mühe uns nichts anmerken zu lassen. Sam war sehr zurückhaltend und schien fast unter zu gehen. Jojo kam fröhlich auf mich zu: „Hey na auch schon da? Wir haben jetzt zusammen Mathe, wollen wir uns zusammensetzten?“
Ich nickte nur. Warum auch nicht? Sie war sehr nett und seit dem Vorfall von Chantal verstanden wir uns sehr gut. Wir liefen zusammen ins Klassenzimmer und kaum saßen wir fing Jojo schon an zu Plaudern. „Du bist total verliebt in Dustin, stimmt’ s?“, fragte sie neugierig. Ich verdrehte die Augen. Wie kam sie jetzt ausgerechnet auf diese Frage? Ich nickte ganz leicht und sie war begeistert. „Ihr würdet auch voll gut zusammen passen.“, sagte sie dann zufrieden. Ich versuchte sie ab zu lenken. „Und wie ist es mit dir? Wen von den Jungs findest du denn süß?“, fragte ich schnell. Sie senkte den Blick. Anscheinend schien sie zu überlegen ob sie es mir sagen konnte. Sie seufzte und sagte dann: „Ich finde Sam ganz süß, aber der hat ja nur Augen für dich wie alle anderen Jungs auch.“ Ich saß wie angewurzelt da. War das so offensichtlich das Sam etwas von mir wollte und alle anderen Jungs auch? Wie meinte sie das? Ich sah sie an und mir war auf einmal noch schlechter. Nicht nur das ich Sam wehtat ich brachte einfach alles durcheinander. Es hätte alles so bleiben sollen wie es früher war. Es war alles ein großer Fehler. Ich hatte womöglich alles zerstört. Der Unterricht begann, doch ich konnte mich nicht auf die Mitternachtsformel konzentrieren. Fast kamen mir schon die Tränen. Ich musste etwas tun. Es klingelte und ich wusste dass ich alles falsch gemacht hatte
„Hey kommst du mit in die Cafeteria?“, fragte mich Jojo und holte mich somit aus meinen Gedanken. „Nein, ich… ich habe noch etwas zu erledigen, geh du mit den anderen ruhig schon vor.“, redete ich mich raus. Ich nahm meine Sachen und lief so schnell es meine Beine zuließen hinaus. Ich verließ das Schulgebäude und lief quer über den Pausenhof. Ich rannte hinter das Gebäude der Cafeteria und ließ mich unter einen Baum fallen.
Hoffentlich hatte mich keiner gesehen. Ich musste nachdenken. Ich hatte so viele Menschen verletzt und das alles nur damit ich hatte, was ich wollte. Ich kam mir so mies vor. Ich bekam wieder den Schmerz in meiner Magengrube zu spüren. Doch dieses Mal noch stärker. Als hätte mir jemand ein Küchenmesser in den Bauch gerammt und drehte es jetzt im Kreis. Wie viele Herzen hatte ich gebrochen? Was sollte ich tun? Ich bin einfach aufgekreuzt und habe alles kaputt und durcheinander gebracht. Ach wäre das doch alles nie passiert! Ich hätte schreien können. Würde es besser sein wenn ich einfach wieder verschwinde? Wenn ich alles rückgängig machen würde? Ich wusste es nicht, aber im Moment musste ich es versuchen… „Sally?“, fragte mich eine sanfte und besorgte Stimme.
Erschrocken blickte ich auf. Es war Dustin. Er stand besorgt vor mir und sah mich durch dringlich an. Ich blickte zu ihm auf und mir wurde noch schlechter. Musste er ausgerechnet jetzt kommen? Er setzte sich mit etwas Abstand neben mich und wartete. Er schien wohl zu denken, dass es seinetwegen war, doch er war auch nur ein Opfer von mir.
„Was ist los Sally?“, fragte er entsetzt und besorgt. Ich drehte den Kopf ab um meine Tränen zu verbergen. Ich riss mich noch einmal zusammen. „Dustin, ich glaube nicht, dass das mit uns eine gute Idee ist. Ich glaube es war ein Fehler. Bitte versteh mich jetzt nicht falsch. DU hast überhaupt keinen Fehler gemacht. Gestern das war ein sehr schöner Tag, aber ich… ich kann das alles nicht. Es ist alles meine Schuld. Bitte versuche einfach nicht mehr an mich zu denken und lass mich der Vergangenheit angehören“, erklärte ich ihm so gefühllos wie möglich. Bevor er etwas erwidern konnte was in einer Diskussion geendet hätte stand ich auf. Ich hatte keine Kraft mehr meine Gefühle im Zaum zu halten. Ich ging einfach und blickte mich nicht zu ihm um. Mir rannten die Tränen die Wange herunter und anstatt in den Unterricht zu gehen lief ich nach Hause. Ich war mit den Nerven völlig fertig. Er würde mich bestimmt, ganz schnell wieder vergessen und sich seinem Alltag widmen, da war ich mir sicher. Ich kam zu Hause an und Bounty begrüßte mich fröhlich. Es war ein kleiner Trost ihn zu sehen. Am liebsten hätte ich die Schule gewechselt und ein völlig neues Leben begonnen. Ich zog mich um und radelte dann mit meinem Fahrrad in den Stall. Bounty fand den Ausflug ausgezeichnet. Am Hof angekommen, machte er sich gleich aus dem Staub.
Ich ging in den Stall, wollte jedoch nicht zu Liberty. Mir war Broadway in diesem Augenblick viel lieber. Ich öffnete die Boxentür und er stupste mich sanft an. „Na mein kleiner? Du hattest ein schreckliches Leben. Ich hoffe dir gefällt es wenigstens bei uns.“, redete ich sanft mit ihm, während ich ihm über seinen pechschwarzen Nasenrücken und seine Stirn strich. Ich lies mich an seine Brust fallen und umarmte ihn. Gleichzeitig vergrub ich mein Gesicht an seinem Hals. Es war angenehm und für einen kurzen Augenblick waren alle Gedanken verflogen. Mir war egal was Uli sagen würde, aber ich musste mit Broadway etwas tun. Er war der Einzige mit dem ich meinen Kummer losbekommen würde. Ich halfterte ihn, nahm einen extra langen Strick und führte ihn hinaus auf den Hof. Er schien zögerlich, doch er folgte mir. Sein Blick war auf mich gerichtet und ich sah in die Ferne. „Wir gehen nur spazieren, mein Junge keine Angst. Nur ein kleiner Ausflug, damit du mal wieder etwas anderes siehst, als Koppel und Führanlage.“, redete ich beruhigend auf ihn ein. Er lief gelassen neben mir her und hob immer mal wieder den Kopf um sich um zu sehen. Er faszinierte mich einfach. Wir liefen nebeneinander her und er passte sich meinem Tempo an. Er war viel aufgeweckter und interessierter als Liberty, doch das musste nichts heißen. Liberty hätte eine Chance als Rennpferd verdient. Sie konnte sie alle schlagen, das wusste ich. Wir liefen jetzt schon eine Stunde durch die Landschaft und ließen uns einfach gehen. Er folgte mir einfach mit Schritt und Tritt.
Wir kamen auf eine Wiese und machten eine Pause. Ich ließ mich einfach fallen und er graste gemütlich vor sich hin. Das Gras um mich herum, war fast so groß wie ich selber. Broadway schien sehr zufrieden und gelassen. Sein Schweif wedelte ab und zu um die Fliegen zu verscheuchen und sein Blick war aufmerksam zu mir her gerichtet. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gesagt er ist ein Pferd Gottes. Ich hatte viele Pferdebücher gelesen, in denen es hieß: Allah selbst erschuf die Pferde aus einer Hand voll Südwind. Ich sah Broadway beobachtend zu und er kaute genüsslich. „Du hast nun ein schönes Leben Broadway. Ich beneide dich. Bei mir geht gerade alles schief. Zuerst komm ich mit Dustin zusammen, dann breche ich Sam das Herz und nun auch noch Jojo. Kannst du dir vorstellen dass sich alle Jungs nach mir umsehen? So sagte es jedenfalls Jojo.
Ich kann mir das, beim besten Willen nicht vorstellen. Ich mache einfach alles falsch.“, redete ich mit Broadway. Er prustete nur zweimal stark. Was sollte er auch anderes tun? Mir kamen schon wieder die Tränen. Warum? Warum war mein Leben so verkehrt und warum machte ich mir alles kaputt? Broadway schlenderte gelassen zu mir herüber und stieß mich sanft mit seinem Nasenrücken an die Schulter. Sein Atem war warm an meiner Wange und ich drückte seinen Kopf an meinen. Er schien mich tatsächlich trösten zu wollen. „Du bist der beste Broadway. Auf dich kann ich immer zählen.“, lobte ich ihn. Ich stand auf und wir liefen in Ruhe nach Hause. Ich machte allerdings einen größeren Bogen. Wir liefen im Wald unter den Schatten der Bäume, als plötzlich ein Schwarm Vögel neben uns hochstieg. Mit einem Mal war Broadway nicht mehr zu halten. Er bäumte sich auf, rollte mit den Augen und stieg auf die Hinterhand. Ich fand keinen Halt mehr am Strick als er sich umdrehte und davon rauschte. Es ging alles viel zu schnell. Von einen auf den anderen Augenblick war er fort. Er rannte wie auf einer Rennstrecke und seine Geschwindigkeit war berauschen. Ich war von seiner Geschwindigkeit so fasziniert, das ich erst jetzt merkte was eigentlich los war. „Broadway, komm zurück!“, rief ich ihm noch nutzlos hinterher, doch er dachte nicht daran. Wenige Sekunden später war er außer Sichtweite. Was hatte ich getan? Uli würde mich umbringen. Meine Füße fanden keinen Halt und ich sank benommen zu Boden. Er war weg einfach weg! Mir kamen schon wieder die Tränen.
Dieser Tag war der schlimmste meines Lebens. Was wenn Broadway auf eine Straße rannte? Ich musste einfach weinen. Mir viel nichts Besseres ein. Ich vergrub meinen Kopf zwischen meine Knie und weinte. Zuerst machte ich so viele Fehler in der Schule und jetzt war Broadway auch noch weg. Ich war am verzweifeln. Warum musste mein Leben nur so beschissen sein?
Schluchzend saß ich da und wusste nicht was tun. Langsam kam ich wieder zu mir und beruhigte mich selber, als plötzlich Hufgetrappel aus weiter Ferne immer näher kam. Erschrocken blickte ich auf und sah wie Broadway im Renngalopp auf mich zukam. Er war viel zu schnell und machte keine Anstalten rechtzeitig ab zu bremsen. Trotzdem blieb ich mitten auf dem Weg sitzen und sah ihm zornig in die Augen. Ich stand schnell auf und stellte mich ihm direkt in den Weg. Er kam viel zu schnell und unkontrolliert zum stehen. Er prustete stark und sein Blick war beängstigend. Er schien richtige Panik zu haben. Ich streckte die Hand nach dem etwas mitgenommenen Strick aus. „Ist ja gut mein Junge, es ist alles in Ordnung. Komm her, na komm. Ich tu dir nichts.“, redete ich sanft und beruhigend auf ihn ein. Er kam etwas zu Ruhe und machte tatsächlich einen vorsichtigen Schritt auf mich zu. Ich streichelte seinen Nasenrücken und nahm dann vorsichtig den Strick an mich.
„Broadway, du bist zurück gekommen! Ich dachte schon du wärst einfach weg. DU bist echt der Beste.“, sprach ich weinend vor Glück in sein Fell. Er war wirklich zurückgekommen. SO etwas hatte ich noch bei keinem Pferd erlebt. Er war einfach unglaublich! Wir liefen zusammen nach Hause und taten so als wäre nicht gewesen. Uli stieg gerade aus seinem Geländewagen und kam dann zu uns herüber.
„Sally, hier bist du! Die halbe Schule sucht dich und du bist im Stall und gehst mit … Seit wann darf Broadway denn spazieren gehen. Ich dachte wir hätten klar ausgemacht, dass du keine größeren Sachen mit ihm machst?“, sagte er zornig. Ich senkte den Blick und wollte nur noch weg. Ich hatte keine Lust auf längere Diskussionen.
Ich lief einfach an ihm vorbei und brachte Broadway in seine Box. „Na mein Schwarzer? Das war doch ein schöner Ausflug. Das sollten wir öfters machen.“, sprach ich zu ihm während ich seinen Hals tätschelte. Er schien voll und ganz zufrieden und machte einen gesunden Eindruck. Ich warf ihm noch ein paar Karotten in den Trog und ging dann zu Liberty. Sie stand dösend in ihrer Box und schien mich nicht zu bemerken. „Hey meine kleine, Hast du Lust auf einen kleinen Ausritt?“, fragte ich sie ruhig um sie nicht zu erschrecken. Sie hob den Kopf und schien sich zu freuen mich zu sehen. Ich ging nur mit einer Bürste drüber, ehe ich sie sattelte und trenzte. Ich zog meinen Helm an und führte sie hinaus auf den Hof. Schon beim aufsteigen tänzelte sie nervös. „Ruhig mein Mädchen, wir haben Zeit.“, sagte ich sanft und rieb ihr dabei über ihren Hals.
Mit einemmal stürmte Uli aus seinem Büro und kam zornig auf mich zu. Was wollte der denn jetzt schon wieder?
„Sally, was hast du denn jetzt schon wieder vor? Zuerst schwänzt du Schule, dann gehst du mit Broadway spazieren und jetzt gehst du noch mit dieser Stute ausreiten? Eigentlich sollte ich dir das ja verbieten.“, sprach er nur etwas patzig. Ich sah ihn an. Er hatte Recht. Ich war schlimm. Ich hatte gegen alle Regeln verstoßen und hatte alles falsch gemacht was falsch zu machen war. Ich stieg wieder ab und führte Liberty zurück in ihre Box. Sie verstand das alles nicht und war total verwirrt. Mir jedoch kamen schon wieder die Tränen. Ich machte sie so schnell fertig wie ich konnte und trat dann auf den Hof. „Bounty! Komm!“, rief ich mit versagender Stimme. Er hatte es trotzdem gehört und kam von den Koppeln auf mich zu gerast. Ich stieg auf mein Fahrrad und fuhr davon. Mein Gesicht klebte von meinen Tränen und ich konnte mir mein verheultes Gesicht schon im Spiegel vorstellen. SO schnell wie ich nur konnte verschwand ich im Haus und dann in meinem Zimmer. So wie jedes Mal wenn mich etwas bedrückte nahm ich meine Schulbücher heraus und lernte. Ich bekam nicht mal mit, dass meine Mutter gekommen war. Erst als sie den klingelnden Telefonhörer abnahm wusste ich es. Ich lauschte leise: „ Miss Brown, hallo? Hallo Dustin, schön das du dich meldest… Ob Sally da ist? Kleinen Moment…“ Ich erschrak zutiefst. Mein Herz schlug unregelmäßig und mein Atem stockte. Konnte er es nicht einfach lassen? Schnell trat ich auf den Flur und erblickte meine Mutter mit dem Apparat in der Hand. Schnell gab ich ihr ein abwinkendes Zeichen und sie verstand sofort: „Ähhh, Dustin? Sie hat mir einen Zettel geschrieben, dass sie mit Bounty unterwegs ist. Tut mir Leid… Natürlich richte ich ihr aus das du angerufen hast…. Tschüss.“ So schnell wie ich gekommen war verschwand ich auch wieder in meinem Zimmer. Ich wusste, dass meine Mutter mich mit Fragen löchern würde. Ich warf mich aufs Bett und schob mir meine Kopfhörer ins Ohr. Ich drehte den MP3- Player voll auf und schloss die Augen. Kurz darauf schlief ich ein. Es war drei Uhr nachts als ich aufwachte und mich umzog. Das nächste Mal erwachte ich um elf Uhr morgens. Die Sonne viel durch mein Fenster herein und kitzelte mich auf der Nase. Ich hatte in dieser Nacht überhaupt nichts geträumt und trotzdem fühlte es sich schlecht an, so leer und von Dunkelheit umschlossen. Bounty lag auf meiner Bettdecke und sah mich erwartungsvoll an. Ich stand auf und lief ans Fenster. Es war ein schöner Tag. Schnell lief ich in die Küche gab Bounty sein Futter und schmierte mir dann ein Brötchen mit Nutella. Als ich fertig war lief ich ins Bad, duschte und wusch meine Harre und zog mich dann an. Es war erfrischend und aufmunternd. Ich fühlte mich wie neu geboren, wenn da nicht diese Gedanken an den Tag zuvor wären. Ich wollte unbedingt mit Liberty ausreiten gehen um mich mal wieder auf andere Gedanken zu bringen. Der Schmerz und die Erinnerungen gingen mir jedoch nicht aus dem Kopf. Es war so schön mit Dustin und die anderen mussten leiden, meinetwegen. Bounty und ich wollten gerade das Haus verlassen, als meine Mutter die Treppe herunter kam.
„Gehst du jetzt schon? Ich wollte noch mit dir reden.“, kam sie auf mich zu. Ich lief ihr nach in die Küche, denn ich wusste was jetzt kommen würde. Wir setzten uns an den Tisch und Bounty legte sich vor seinen leeren Fressnapf.
„Du bist gestern aus der Schule abgehauen. Was war denn los?“, fragte sie besorgt.
Ich wollte es ihr nicht sagen, das ging sie auch gar nichts an. „Mir ging es nicht gut. Mir war schlecht.“, redete ich mich raus. Meine Mutter jedoch durchschaute mich: „Dir war schlecht? Deswegen willst du also nicht mehr mit Dustin reden und gehst ihm aus dem Weg?“ Konnte sie es nicht einfach sein lassen? Sie musste immer Nachhacken. „Ich will nicht darüber reden okay?“, fuhr ich sie zornig an. Sofort stiegen mir schon Tränen in die Augen. Ich war viel zu sensibel.
Ich stand auf und rannte mit Bounty aus dem Haus. Vor der Tür hörte ich noch wie das Telefon klingelte, deshalb rannte ich noch schneller. Es tat einfach zu sehr weh, aber es war besser so. Als ich um die erste Ecke war blieb ich stehen und atmete tief durch. Ich musste mich erst wieder beruhigen. Was würden denn die Leute denken wenn ich hier weinend durch die Gegend lief. Ich wischte meine Tränen weg und Bounty sah mich, mit schrägem Kopf und komischen Blick an. Ich lief einfach weiter. Ich wollte von alldem nichts mehr wissen. Ich ließ alles hinter mir und lief in Richtung Stall.
Heute kam mir der Weg wie eine Ewigkeit vor. Ich kam in den Stall und lief über den Hof, doch ein kurzer Blick vor das Büro und mir war klar, dass ich jetzt ein Problem hatte. Ein weißer Mercedes stand vor Ulis Büro und zwar nicht der Mercedes den ich kannte. Mir wurde schlecht und ich bekam einen Kloß im Hals. Von Dustin war weit und breit nichts zu sehen nur sein Wagen stand da. Ich wusste, dass ich ihm früher oder später sowieso über den Weg gelaufen wäre, aber musste es ausgerechnet hier sein?
Ich lief in den Stall in der Hoffnung ihn nicht anzutreffen, doch ich hatte mir vergeblich Hoffnungen gemacht. Er saß zwischen Libertys und Broadways Box auf einem Strohballen und sah mich schon von weitem kommen. Sein Anblick war erbärmlich.
Er schien zu wenig Schlaf bekommen haben und er sah niedergeschlagen und verzweifelt aus. Als er mich sah zogen sich seine Mundwinkel zu einem leichten, fast unbemerkbaren Lächeln hoch. Ich beachtete ihn nicht weiter und ging zu Broadway. Sein Blick durchbohrte mich aber spürbar. Ich öffnete die Tür und ging zu ihm hinein. Ich konnte nicht sagen. Meine Stimme war wie verschlagen und mein Verstand ging mit mir durch. So traurig hatte ich Dustin noch nie gesehen. Mein schlechtes Gewissen kam hervor und ich musste mir auf die Lippe beißen, damit keine Tränen hervortraten. Ich strich ihm sanft über die Stirn, war aber in Gedanken ganz wo anders. Ich riss meinen ganzen Mut zusammen, verließ die Box und lief auf ihn zu. Ohne ihn an zu sehen setzte mich mit etwas Abstand neben ihn, doch ich sehnte mich nach seiner Nähe, seinen zärtlichen Berührungen und seinen sanften Küssen. Irgendetwas an ihm zog mich magisch an. Ich krallte mich in die Strohballen um nichts Unüberlegtes zu tun. Mein Blick heftete am Betonboden und ich atmete tief ein.
„Sally, du bringst mich um. Ich krieg kein Auge zu, wenn ich nicht weiß was los ist. Mein Verstand dreht demnächst durch und du machst nur deinen Alltag.“, sagte er traurig und fast leidend.
Ich blickte langsam zu ihm hinauf in sein vor Schmerz verzogenes Gesicht. Seine Worte trafen mir mitten ins Herz. „Du denkst ich mache nur meinen Alltag? Ich kann mich wieder ganz normal dem Davor widmen? Kennst du mich so schlecht?“, fragte ich ihn zornig.
Er zuckte kurz zusammen. „Ich weiß was los ist. Du denkst du hast alles durcheinander gebracht und machst alles falsch, aber ich denke da ist nur eine Ausrede. Der wirkliche Grund ist, das du Angst hast.“, sagte er dann vorsichtig.
Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Jetzt zuckte ich zusammen. Er schien mich wohl doch zu kennen. Konnte es sein das ich Angst hatte? War es das? Mit einem Mal kam mir alles ganz klar vor. Er hatte Recht. Ich hatte Angst davor etwas größeres mit ihm ein zu gehen und ich hatte Angst, dass wenn es dann einmal nicht mehr sein wollte, ich mich mit ihm überhaupt nicht mehr verstand.
„Du hast Recht. Ich habe Angst davor dich zu verlieren.“, sagte ich schüchtern und sanft. Ruckartig rutschte er an meine Seite und legte einen Arm um meine Schulter. Er umarmte mich ganz fest und flüsterte mir ins Ohr: „Du wirst mich nie verlieren. Ich bin hier und das solange du willst.“
Meine Knie wurden weich und mir kamen die Tränen. Ich umarmte ihn ebenfalls und drückte mich ganz fest an ihn und auch er erhöhte seinen Druck. Ich weinte mich an seiner Seite aus. Es fühlte sich einfach so gut an. Wir waren wie eins. Ich wollte mich nie wieder von ihm lösen. Seine Nähe beruhigte mich und erst jetzt wurde mir wirklich klar, dass ich ihn brauchte. Er strich mir sanft über den Rücken und tröstete mich. Ich saß schluchzend in seinen Armen und wurde immer ruhiger. Er war hier, bei mir und er hat gesagt er würde erst wieder gehen, wenn ich es wollte. Das war das allerschönste. Ich sah Dustin in die Augen und meine Angst war wie verflogen. Er nahm seine Hand in mein Gesicht, wischte mit seinem Daumen eine zurück gebliebene Träne fort und strich mir dann eine Strähne hinters Ohr. Ich war hin und weg. Mein Blick viel zu Broadway, der aus seinem Fenster schaute und zu uns herab sah. Nun viel mir wieder ein, was ich auch noch machen wollte.
Ich löste mich aus Dustins Griff, der verdutzt da saß und zusah wie ich in die Sattelkammer lief. Ich kam mit ein paar Karotten zurück und hob Dustin die Hand zum aufstehen, hin. Er nahm sie und folgte mir dann zu Broadways Box. Ich drückte ihm eine Karotte in die Hand und er verstand sehr schnell. Er zögerte jedoch und blickte mich fragend an.
Ich verdrehte die Augen und umfasste sanft die Hand in der er die Karotte hielt, dann führte ich sie langsam zu Broadways Maul. Seine Hand war angenehm war und die Berührung kitzelte leicht. Ich verspürte wieder diesen Drang. Broadway wich zuerst zurück und legte drohend die Ohren an, doch dann ganz langsam Stück für Stück, wurde er zutraulicher. Seine Ohren kamen nach vorne und er streckte den Hals so lang wie er nur konnte um ein Stück Karotte zu erhaschen. Ich versuchte mit Dustins Hand so still wie nur möglich zu halten, doch es viel mir schwer. Am liebsten wäre ich Dustin sofort um den Hals gefallen und hätte ihn geküsst, doch dann hätte Broadway wahrscheinlich das Weite gesucht. Broadway verrenkte sich fast um ran zu kommen. Es gelang ihm jedoch nicht. Er machte einen kleinen Schritt nach vorn und biss dann vorsichtig ab. Ich sah Dustin an. Er strahlte förmlich und es schien als hätte er sich das schon so lange gewünscht. Broadway trat wieder an Fenster und ich ließ Dustins Hand los. Broadway nahm ihm die Karotte aus der Hand und nun musste auch ich lächeln. Es war ein schöner Anblick. Ich gab Dustin eine Karotte nach der anderen und sah zu wie Broadway sie zermalmte. Die meisten waren schon weg, als ich auf die andere Seite von Dustin ging und die Karotten weglegte. Ich griff nach seiner zweiten Hand und öffnete die Tür. Wir gingen gemeinsam hinein und ich hob unsere Hände an seinen Hals. Saft fuhr ich damit den Hals entlang bis zum Widerrist und weiter über den Rücken an die Flanken. Broadway ließ alles über sich ergehen. Er schien begriffen zu haben, dass Dustin ihm nichts Böses wollte. Ich sah Dustin in die Augen und sah wieder dieses unglaubliche Funkeln. Es machte mich ebenso glücklich wie ihn. Ich fühlte mich noch mehr zu ihm hingezogen als zuvor und dieser Drang, machte mich fast wahnsinnig. Ich ließ seine Hand los und er tätschelte Broadway sanft und beruhigend am Hals. Broadway schien immer entspannter zu werden und gewöhnte sich schnell an seine Berührungen. Er fuhr ihm über seinen gesamten Körper und schien überglücklich. Ich verließ die Box und kam mit zwei Karotten zurück, doch die waren nicht mehr nötig. Dustin hielt Broadway Kopf in beiden Händen und fuhr ihm über die Nase. Es war ein gewaltiger Fortschritt. Ich schob Broadway die zwei Karotten ins Maul und ging dann zu Liberty. Die zwei fanden auch ohne meine Hilfe zueinander. Ich band Liberty in der Stallgasse vor Broadway Box an, um wenigstens etwas den Überblick zu haben, falls Broadway doch noch durchdrehen sollte. Ich putzte Liberty, während ich immer mal wieder einen Blick zu den zweien rüber warf, doch meine Besorgnis war unnötig, denn Dustin konnte eigentlich gut mit Pferden umgehen. Ich fragte mich ob er auch so ritt wie er sich mit Pferden verstand. Er hatte mir erzählt, das er das Reiten wegen seines Vaters aufgegeben hat. Aber was wenn sein Vater davon nichts mit bekam? Er konnte doch sicher sehr gut reiten, warum sollte er nicht mit Broadway trainieren? „Ich komm gleich wieder!“, rief ich den beiden zu und lief los zu Ulis Büro. Im Büro war jedoch niemand, da viel mir ein, dass er bei den Flushs arbeitete. Ich lief also zurück zu Liberty und warf ihr den Sattel über. Dustin kam nicht mehr aus der Box heraus. Es schien ihn wirklich zu freuen, als hätte er sein ganzes Leben lang darauf gewartet. Ich stellte mich in den Boxentürrahmen und beobachtete die zwei belustigt. „Was würdest du davon halten wieder zu reiten?“, fragte ich nach einer Weile. Er blickte erschrocken auf und trat zu mir.
„Was ich davon halten würde? Ein Traum würde sich erfüllen, Sally, aber mein Vater würde nur wieder die Pferde schlagen.“, sagte er mitgenommen. Ich fühlte mit ihm.
„Er muss es ja nicht erfahren. Das Problem ist das niemand Broadway reiten will. Den Stammbaum kennst du ja, aber ich weiß, dass er das Herz dafür hat. Er kann es bis ganz nach vorne schaffen, das spüre ich. Mein Onkel will ihn nicht trainieren und er findet keinen Jockey….“, sagte ich vorsichtig, denn ich war mir nicht sicher wie Dustin es aufgreifen würde. Wie ich es mir gedacht hatte unterbrach er mich geschockt: „Du willst das ich Broadway reite? … Bist du dir sicher? Ich meine er würde mich niemals aufsitzen lassen und außerdem ich saß seit drei Jahren nicht mehr im Sattel.“ Ich musste lächeln. Er versuchte sich doch tatsächlich raus zu reden. Broadway wieherte leise und schüttelte den Kopf. Es sah fast so aus als würde er mit lachen.
Ich wurde wieder ernst und beugte mich etwas zu ihm herüber. „Ich weiß, dass du es kannst, da bin ich mir genauso sicher wie bei Broadways Herz und er wird dich aufsitzen lassen. Gib ihm etwas Zeit und du sitzt schneller im Sattel als du denkst. Er ist mir ziemlich ähnlich.“, sagte ich dann frech und verführerisch. Er ging sofort darauf ein und kam meinem Kopf näher. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und unsere Lippen trafen sich leidenschaftlich. Wir küssten uns wieder einmal in den siebten Himmel. Alles um uns herum verstummte und ich schien ab zu heben. Er nahm seine Hände und fixierte meinen Kopf. Seine Lippen wurden stärker und heftiger. Unser Atem wurde ebenfalls stärker und mein Herz pochte bis in meine Zehenspitzen. Ich ging darauf ein und wurde ebenfalls noch leidenschaftlicher. Meine Hände fuhren sanft über seine muskulöse Brust und hielten dann an seinem Bauch inne. Weiter wollte ich nun wirklich nicht gehen. Seine Hände blieben an meinem Kopf und darüber war ich sehr froh. Ich war wirklich unersättlich. Ich bekam einfach nicht genug von ihm. Nun machte er plötzlich Andeutungen, doch weiter zu gehen. Seine Hände fuhren meinen Rücken hinab, während unsere Lippen sich liebkosten. Ich bekam Gänsehaut und es lief mir eiskalt den Rücken herunter. Das ging mir dann jetzt doch zu weit. Sanft, aber deutlich löste ich mich und nahm seine Hände aus meinem Gesicht in meine Hände. Er ließ sich jedoch nicht beirren. Er entzog mir eine seiner Hände und zog mein Kinn wieder an seinen Mund. Er schien erfahrener und geübter darin, jedoch konnte er genauso wenig die Finger von mir lassen, wie ich von ihm und das beruhigte mich, aber er schien mehr zu fordern. Abrupt und ohne Vorwarnung, wandte ich mich wieder Liberty zu. Sie stand gesattelt da und hatte einen Fuß zum ruhen gestellt. Ich surrte den Sattelgurt fester und erschrak, als Dustin mich von hinten über meine Schulter hinweg umarmte.
„Warum habe ich immer noch das Gefühl, das du mir aus dem Weg gehst?“, flüsterte er mir fragend ins Ohr. Ich drehte mich in seinen Armen um und gab ihm noch einen kurzen und sanften Kuss auf den Mund.
„Das weiß ich nicht. Ich auf jeden Fall will nichts tun was…“, ich stockte und hielt mir die Hand auf den Mund. Hatte ich das eben wirklich sagen wollen? Ich sah ihn misstrauisch an. Hoffentlich war er nicht sauer, doch er lächelte frech und sagte dann: „Das verlangt auch keiner. Du musst wissen was du tun willst und was nicht. Du bist….“ Ich hob ihm die Hand auf den Mund und beendete den Satz anders als er es gemeint hatte: „…auch nur ein Mensch.“ Bevor er etwas sagen konnte, nahm ich sein Gesicht in meine Hände und zog ich ihn wieder an mich. Ich küsste ihn so leidenschaftlich ich nur konnte. Er lächelte während unserem Kuss. Anscheinend hatte ich ihn beeindruckt. Dieses Mal war er es, der mich sanft zurückwies.
„ Ich glaube Liberty schläft gleich.“, sagte er auffordernd. Ich lächelte und trenste sie dann. Nachdem ich sie auf den Hof geführt hatte, wollte ich überhaupt nicht mehr ausreiten. Der Gedanke, dass ich ihn hier lassen musste tat weh. Ich stieg auf und surrte den Sattelgurt mit Dustins Hilfe noch mal fester.
„Ich geh nur Schritt, hast du Lust auf einen Spaziergang? Bounty kommt bestimmt auch mit.“, fragte ich hoffnungsvoll. Er blickte zu mir herauf und lächelte verschmitzt.
„Du hast Angst, dass ich weg bin wenn du wieder kommst. Das ist süß von dir, aber deine Ängste sind um sonst. Ich komme mit.“, sagte er frech und schmeichelnd zugleich. Er kannte mich doch viel besser als zu anfangs gedacht. Bounty kam gerade um die Ecke geschossen und hielt vor uns an. Er bellte auffordernd und rannte auf und ab. Ich gab Liberty die ganzen Zügel und wir liefen den Feldweg entlang. Vor den Koppeln erblickte ich unsere alten Ständer und Springstangen. Dustin folgte meinem Sehnsüchtigen Blick.
„Bist du mit ihr schon mal mit ihr gesprungen?“, fragte er dann elegant. Ich schüttelte den Kopf und blickte dann zu ihm herab.
Er grinste breit. „Soll ich dir einen Sprung aufbauen und dich unterrichten?“, fragte er dann. Ich war begeistert. Warum eigentlich nicht. – Vielleicht, weil Uli mich köpfte? Nein Dustin war ja dabei. Ich ritt auf die Koppel zu und öffnete vom Pferd aus das Gatter. Dustin stellte zwei Ständer auf die Koppel und nahm dazu drei Stangen. Erst mal ganz niedrig. Ich ritt sie ab und wärmte sie auf. Sie schien zu verstehen, dass es heute um Eleganz und nicht um Geschwindigkeit ging. Sie lief locker am Zügel und trabte gemächlich unter mir. Ich galoppierte sie an und ging in den leichten Sitz. Ihre Galoppade, war gleichmäßig und im Takt. Dustin schloss noch das Gatter und stellte dich dann neben den Sprung.
„Okay, dann reit sie mal locker hin. Versuch im Takt zu bleiben.“, sagte er dann. Ich bog ab und peilte die Mitte des Sprunges an. Ich fasste die Zügel nach und setzte mich wieder etwas hin. Erst kurz vor dem Sprung stand ich wieder in den Bügeln und flog mit Leichtigkeit über den Sprung. Ihr schien das alles zu gefallen, denn ihre Ohren waren gespitzt und sie wartete nur darauf wieder auf den Sprung zu zureiten. Ich parierte durch und suchte Dustins Blick.
„Du sitzt nicht schlecht. Versuch aber dein Gewicht trotzdem im Sattel zu halten. Los gleich noch mal ich mach ihn dir etwas höher.“, verbesserte er. Bounty saß nun neben dem Sprung und erst jetzt viel mir auf, dass es und er dieselbe Höhe hatte. Ich galoppierte wieder an und ritt wieder auf den Sprung zu. Diesmal konzentrierte ich mich auf den Sitz und somit stürmte sie kurz vor dem Sprung los. Ich war nun leider hinter der Bewegung und verlor den halt. Ich rutschte links von ihr herunter und viel zu Boden. Ich schloss die Augen und wagte es nicht mich zu bewegen.
„Sally!“, schrie Dustin entsetzt und kam zu mir herüber gerannt. „Sag doch was! Tut dir was weh?“, er war so besorgt und beängstigt um mich. Ich spürte wegen des Schattens, dass er neben mir saß und sich über mich beugte. Ich öffnete die Augen, beugte mich zu ihm hinauf und küsste ihn zärtlich. Mir tat wirklich nichts weh, wahrscheinlich nur ein paar blaue Flecken. Ich ließ mich wieder zurück fallen, doch dieses Mal hatte ich keine Chance.
Er stützte sich mit seinen Händen links und rechts von meinem Kopf ab und beugte sich über mich zu mir herab. Ich hatte keine Chance aus zu weichen und ich versuchte es auch gar nicht erst. Es erinnerte mich an vor gestern, an das Essen und das zusammen sein am See. Ich umfasste mit meinen Händen seinen warmen Nacken und er lag fast auf mir drauf. Seine Brust war nur noch wenige Millimeter von meiner entfernt und er kam immer noch näher, doch anstatt sich ganz auf mich zu legen rollte er sich seitlich ab und zog mich im Rollen mit, sodass ich nun auf ihm lag. Unsere Lippen liebkosten sich wild und für einen Moment wollte ich schon wieder aufgeben, denn mir schwirrte schon wieder der Gedanke im Kopf das wir zu weit gehen würden, doch ich erinnerte mich an seine Worte, das er mir nichts aufzwingen wollte. Ich ließ mich also gehen und wir küssten uns ins unendliche Glück.
Wir wurden beide gleichzeitig heftiger und unser Atem ging schneller. Ich bekam einfach nicht genug von ihm. Meine Hände glitten wieder über seine muskulöse Brust und verharrten dort. Er strich immer wieder mit einer Hand sanft an meiner Taille herab und ich bekam wieder Gänsehaut. Es kitzelte leicht und mein Körper bebte.
Ich musste mich zusammenreißen und mich beherrschen, damit ich nichts Falsches tat, doch ich war nicht stark genug. Ehe ich mich versah waren meine eiskalten Hände an seinem T-Shirt und zogen es hoch. Ich fuhr ohne die Lippen von seinen zu nehmen, seinen prallen Six-Pack entlang. Er fühlte sich Steinhart und unglaublich stark an. Seine Haut war glatt, sanft und angenehm warm. Meine Hände glitten weiter nach oben an seine atemberaubende Brust, die ich bisher immer nur durch seine eng anliegenden Hemden gesehen hatte. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter, denn sein nackter Bauch lag nun auf meinem kalten T-Shirt und es schien sich zu schneiden. Noch nie zuvor, hatte ich so etwas verspürt.
Mein Bauch war wie elektrisiert und mir war wohlig warm. Ich wartete einen Moment gespannt, doch er hielt sich an seine Aussage und ging keinen Schritt weiter. Das Streicheln an meiner Taille reichte auch vollkommen. Ich war kaum zu halten und sein muskulöser Körper war da keine große Hilfe. Ich war wieder bei ihm, doch plötzlich wich er zurück. Ich wagte es nicht mich zu bewegen. Hatte ich etwas falsch gemacht?
Dustin lächelte und strich mir sanft übers Gesicht. Er flüsterte sanft und kaum hörbar: „Wenn du so weiter machst, kann ich mich bald auch nicht mehr halten. Du bist so unwiderstehlich. Ich muss eine gewaltige Kraft darauf bringen nichts Falsches zu tun.“
Nun musste ich lächeln. Ihm ging es genauso wie mir, nur das ich nicht durchgehalten hatte. Ich zog meine Hände unter seinem T-Shirt hervor und legte mich neben ihn in die Wiese. Ich blicke in den hellblauen Himmel und spürte die sanfte Brise Wind um uns herum. Ich konnte mich nicht wieder erkennen. Was war aus dem schüchternen kleinen Mädchen geworden, das keine Freunde hatte? Ich hatte mich innerhalb von nur wenigen Tagen sehr verändert, aber nicht ins Negative. Mir gefiel mein neues Ich. Dustin griff nach meiner Hand und zog mich dann dicht an seine Seite. Mein Kopf lag auf seiner Brust und ich sog seinen Geruch ein. Unsere zwei Hände lagen auf seinem Bauch, die Finger ineinander gekreuzt. Ich fühlte mich sicher und geborgen. Es gab nichts auf der Welt das diesen Augenblick zerstören könnte. Es war unglaublich still. Ich hörte nur seinen Atem in der Brust, das Rupfen des Grases von Liberty und ein paar Vögel. Er legte seinen anderen Arm um mich herum und strich mir vorsichtig über meinen Ellenbogen. Ich bekam sofort wieder Gänsehaut, doch dieses mal kontrollierter. Ich hatte mich im Griff und wagte es nicht mich zu Bewegen. Ich starrte unsere Hände an, um mich ab zu lenken, doch das kitzeln an meinem Arm war fast unerträglich. Ich machte mich steif und kämpfte gegen mein Inneres an. Dustin schien zu merken, dass es schwer für mich war, denn er hörte auf und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich entspannte mich wieder etwas, doch der Drang ihn zu küssen war nicht verflogen. Sein Geruch und seine auf und ab kippende Brust waren die einzige Ablenkung die ich hatte.
„Hast du Lust nachher mit zu mir zu kommen? Ich wollte dir doch gestern schon unser Gestüt vorstellen, aber da bist du ja abgehauen.“, fragte er frech. Ich nickte nur, denn etwas sagen konnte ich nicht. Ich war noch viel zu benommen und mit meinem inneren Kampf beschäftigt. Wir lagen noch eine ganze Weile so da, ehe mir einfiel, das Liberty irgendwo auf der Koppel graste. Ich fuhr hoch und sah sie am anderen Ende. Die Zügel hingen ihr hinter den Ohren und sie hätte nur einen Schritt machen müssen um hinein zu treten. Ich stand schnell auf, klopfte mir den Dreck von der Reithose und ging dann langsam zu ihr herüber. Sie ließ sich fangen und schien zufrieden. Ich nahm ihr die Zügel über den Kopf und führte sie dann zurück zu Dustin. Er saß mit angewinkelten Knien da und sah mir zu. Direkt vor ihm schwang ich mich wieder in den Sattel und trieb sie zu einem Galopp an. Angst hatte ich keine. Der Sturz war ja auch nicht ihre Schuld. Ich ritt auf den Sprung zu und dieses Mal klappte alles. Es fühlte sich an, als könnte ich fliegen. Dustin saß immer noch in der Wiese und beobachtete mich ohne Kommentar. Ich galoppierte auf das Koppelgatter zu und parierte kurz davor zum Schritt durch. Nun stand Dustin doch auf und kam zu mir herüber. Ich öffnete das Gatter und ritt hinaus. Bounty kam quer über die Wiese und das hohe Gras gerannt. Er war wohl die ganze Zeit hier gewesen. Dustin trat schweigend neben mich und wir gingen zurück zum Hof. Auf dem Hof, glitt ich aus dem Sattel und drehte mich um. Erschrocken und viel zu schnell lag ich schon wieder in den Armen von Dustin.
Er lächelte mich frech an.
„Was ist?“, fragte ich verwundert.
„Ich hasse es wenn du mich ignorierst und mich so verrückt nach dir machst“, flüsterte er ironisch und küsste mich zärtlich auf den Mund. Er überraschte mich immer wieder aufs Neue. Ich stand verdutzt da, denn gerade jetzt war ich auf einen Kuss nicht gefasst gewesen. Ich wurde ebenfalls immer verrückter nach ihm und er brachte mich jedes Mal aufs Neue aus der Fassung. Er wich gerade zurück, als mich dieser Drang überrumpelte. Dustin hatte wieder angefangen, also müsste er auch mit machen. Ich griff in seiner Haare und zog ihn wieder sanft und vorsichtig zu mir her. Meine Lippen schmiegten sich geschmeidig an seine und ich schloss die Augen. Er nahm meinen Kopf wieder in seine Hände und ging sofort darauf ein. Ich versuchte ruhig und sanft zu küssen, um nicht wieder die Beherrschung zu verlieren. Es schien sogar zu klappen. Solange keiner von uns beiden weiterging und es übertrieb, war alles in Ordnung. Das Prusten von Liberty, erinnerte mich wieder daran wo wir waren. Unfreiwillig gab ich ihn frei und führte Liberty in ihren Stall. Sascha stand mit einer vollen Schubkarre vor Broadways Box und kam mir entgegen.
„Hallo ihr beiden, na mal wieder etwas Verbotenes gemacht Sally?“, fragte er provozierend. Er hatte uns natürlich auf der Koppel bemerkt. Sascha entging so gut wie gar nichts.
„Wie immer halt!“, gab ich zurück und sah zu Dustin, der nun direkt neben mir stand.
„Guten Tag Sir.“, begrüßte Dustin ihn höflich. Wieso sagte er immer Sir und Miss? Sascha blickte von oben bis unten an ihm herab und begrüßte ihn dann ebenfalls: „Guten Tag, aber nenn mich doch bitte Sascha.“ Sie gaben sich kurz die Hand und ich führte Liberty an ihnen vorbei in ihre Box. Ich sattelte und trenste sie ab. Danach gesellte ich mich wieder zu Dustin und Sascha. Sie waren beide ins Gespräch vertieft. „…Dann bist du der Sohn von Jim Hope? Das ist ja unglaublich! Der Sohn von Jim Hope auf unserem Hof. Hätte ich das früher gewusst hätte ich noch gefegt.“, rief Sascha begeistert aus. Dustin verzog nur angewidert die Miene. Ich wusste auch ganz genau warum.
„Ja ich bin der Sohn von Jim Hope.“, bestätigte er angewidert. Ich wusste, dass Dustin es gegen den Strich ging, das alle Leute bei seinem Vater gleich so ein Theater machten. Ich unterbrach das Gespräch deshalb auch ziemlich gern: „Wir können dann gehen. Ich bin fertig.“
Es war still geworden und Saschas Freude schien verflogen. „Du sollst von Uli aus Broadway auf die Koppel bringen. Liberty war ja schon drauf.“, sprach er noch schnell. Ich wollte allerdings nicht, dass Dustin mir nachher alles mit schlechter Laune zeigte. Ich zog ihn also mit mir und mir viel ein, dass er ihn ja raus bringen konnte. Ohne etwas zu sagen drückte ich ihm Broadways rotes Halfter in die Hand und öffnete dann die Boxentür. Er starrte erst das Halfter und dann mich ungläubig an.
„Nun schau nicht so. Er vertraut dir doch nun. Ich komm auch mit und greif Notfalls ein.“, sprach ich zu ihm. Er ging zu ihm und bevor er ihm das Halfter anzog strich er ihm noch mal sanft über den Nasenrücken. Broadway sah mich aufmerksam an, als würde er fragen ob das in Ordnung wäre was Dustin da mit ihm tat. Ich nickte leicht und zufrieden und Dustin führte Broadway langsam aus der Box. Ich lief direkt neben ihm her und sah ihnen gespannt zu. Sie schienen sehr gut miteinander aus zu kommen. Ohne, dass ich ihn aufgefordert hatte zog er den Strick durch Broadways Halfter. Ich schien hier sehr überflüssig. Dustin hatte schließlich mehr Erfahrung mit Pferden als ich. Wir kamen zur Koppel und ich öffnete das Gatter. Dustin führte ihn hinein, drehte ihn um und ließ ihn dann frei. Wie ich es von Broadway kannte, drehte er auf der Hinterhand und preschte dann davon. Dustin kam zu mir und ich schloss das Gatter wieder. Er legte einen Arm um meine Schulter und wir liefen zurück zum Hof. Bounty kam wie aus dem nichts aus einem der Büsche am Feldweg und gesellte sich zu uns.
„Wollen wir dann jetzt zu mir fahren?“, fragte Dustin begeistert. Er schien sich zu freuen mir sein zu Hause zeigen zu dürfen. Ich blickte an mir herab und schüttelte den Kopf. „Zuerst muss Bounty nach Hause und dann muss ich mich noch umziehen.“, antwortete ich. Er schüttelte den Kopf, denn er schien irgendetwas lustig zu finden. „Ich fahre euch schnell, wobei das eigentlich gar nicht nötig wäre. Du siehst wie immer wunderschön aus.“, sagte er schleimend. Ich senkte den Blick und wurde rot.
Eigentlich musste ich seine Komplimente langsam gewohnt sein, aber ich wusste einfach nicht was für Komplimente ich ihm machen konnte. Was sagte man zu einem siebzehnjährigem als Kompliment? Er öffnete sein Auto per Knopfdruck und öffnete mir dann die Beifahrertür. Ich stieg zusammen mit Bounty ein und schnallte mich an. Dustin setzte sich ebenfalls und fuhr dann langsam los. Er legte seine Hand auf meine und streichelte mit seinem Daumen sanft meinen Handrücken.
„Woher wusstest du eigentlich wo ich war?“, fragte ich dann. Er blickte kurz zu mir, denn sein Tempo war schon wieder viel zu hoch. „Naja, kurz nachdem du weg warst, habe ich deine Mutter angerufen und sie sagte mir dann, dass du gerade weinend das Haus verlassen hättest und in den Stall wolltest. Ich bin dann sofort los gefahren und hab auf dich gewartet.“, sagte er dann sanft. Ich dachte über seine Worte nach. Das Telefon hatte ich ja noch klingeln hören, doch das meine Mutter ihm dass mit dem weinen erzählen musste. Schämend sah ich aus dem Fenster. Ich fragte mich, ob das alles gewesen ist, das sie ihm erzählt hatte. Was wusste er noch? Bountys Kopf lag auf meinem Schoß und sah mit treuherzigem Blick zu mir herauf. Wir bogen in unsere Straße ein und ich und Bounty stiegen ganz schnell aus.
„Wie lange brauchst du?“, fragte er hoffnungsvoll. Was er nicht wusste war, dass ich noch duschen wollte. „Eine halbe Stunde?“, fragte ich flehend. Er machte ein entsetztes Gesicht, nickte dann aber leicht. Ich rannte mit Bounty ins Haus und beeilte mich. Ich wollte ihn unbedingt, so schnell wie nur möglich nur für mich haben. Ich rannte ins Bad, duschte, zog mir etwas Hübscheres an und richtete meine Haare. Ich zog einen Haarreifen an und betrachtete dann das Gesamtwerk. Meine dunkle Röhrenjeans und mein Türkises T-Shirt, harmonierten gut miteinander und meine blauen Augen kamen gut heraus. Ich lief zur Treppe und Bounty kam mir fröhlich Schwanz wedelnd entgegen. „Du bleibst dieses mal schön hier, meine kleiner!“, sprach ich sanft zu ihm. Er zog den Schwanz ein und lief zurück in mein Zimmer. Der Arme, hoffentlich war er nicht sauer. Ich lief die Treppe herunter, immer zwei Stufen auf einmal und rannte unten meine Mutter fast um.

Sturmfrei


„Huch! Wo willst du denn so schnell hin?“, fragte sie fröhlich. Ich schlüpfte in meine Chucks ehe ich antwortete: „Ich geh zu Dustin, er zeigt mir sein Gestüt.“ Ich sah noch mal an mir herunter und öffnete dann langsam die Tür. Dustin lehnte an der Beifahrertür und sah mir entgegen. Ich lief zu ihm und gab ihm einen sanften Kuss auf seine zärtlichen und weichen Lippen. Er öffnete die Tür und ich stieg ein. Als er los fuhr, war ich sehr nervös. Ich hatte den Hof den sie übernommen hatten immer nur aus weiter Ferne gesehen. Der Hof lag zu Fuß, ungefähr eine Stunde von unserem Hof entfernt. Er fuhr wieder viel zu schnell und schien ebenso nervös wie ich. Aber warum sollte er nervös sein? Ich sah ihn forschend an, kam aber zu keinem Entschluss. Er fuhr wie ein gestörter, hielt sich jedoch an die Vorfahrtsbeschränkung. Er bog nun in die Hofeinfahrt ein und schon jetzt war ich fasziniert. Der Boden glitzerte fast, so sauber war er und überall wuchsen bunte Blumen. In der Mitte des Hofes befand sich eine Insel mit einem kleinen Baum darauf. Er fuhr um den Baum herum und hielt vor einem riesigen Haus an. Ich stieg erstaunt aus und bekam meinen Mund nicht mehr zu. Es war ein atemberaubendes Gebäude mit Veranda. Ich hätte fast gesagt es sei ein Schloss. Ich schluckte den dicken Klos in meinem Hals einfach herunter. Dustin trat neben mich und griff vorsichtig und sanft nach meiner Hand. „Tja, das ist unser Haus, aber dazu kommen wir später. Erst die Stallungen. Er zog mich über die Insel auf der Mitte des Hofes und lief mit mir in eines der Nebengebäude. Auch hier fand ich kein Strohhälmchen am Boden liegen, nur der Geruch und das prusten von Pferden verrieten das dies der Stall war. Ich blickte auf und sah zur linken und zur rechten lauter riesige Boxen. Es zog sich bis ins unendliche. Jedes Pferd hatte über der Box sein Namensschild hängen, auf dem Abstammung, Name, Geburtsjahr und Brandzeichen standen. Ich war erstaunt. Jede Box trennte ein goldener Pferdekopf und die Gitterstäbe waren grünlich. Jedes Pferd konnte ungehindert auf die Stallgasse blicken und sie sahen alle sehr gepflegt aus. Wir liefen Hand in Hand an den Boxen vorbei und ich war hin und weg. Alles war neu und so gepflegt. Ich blickte in eine Box mit geschlossener Tür und sah ein älteres Schimmelpony das vom Stockmaß etwas kleiner war wie ich. Ich blickte auf sein Schild und es war tatsächlich Thunder. Auf ihm hatte Dustin reiten gelernt. Ich zog Dustin hinter mir her und lief zu dem kleinen Racker. Er konnte kaum aus seiner Box schauen und freute sich trotzdem über den Besuch. Dustin strahlte, als er sah auf wen ich zusteuerte. Er öffnete die Boxentür und zog mich mit hinein. „Na mein kleiner? Wie geht es dir denn heute so? Tut dein Fuß immer noch weh?“, fragte er sanft. Er nahm seinen Kopf in beide Hände und streichelte über seine Stirn. Ich blieb an der Boxenwand stehen und sah ihm fasziniert zu. Er hatte so einen guten Umgang mit Pferden.

„Das ist übrigens Sally. Meine Freundin.“, sagte er ganz stolz und beide blickten mich aufmerksam an. Ich wurde rot, das Pony war unglaublich. Es brachte mich genauso aus der Fassung wie Dustin. Ich trat zu ihnen heran und strich Thunder über seinen Hals. „Hallo Thunder, ich habe schon gehört, dass du Dustin das Reiten beigebracht hast. Du sollst ihm eine große Hilfe gewesen sein. Tut dein Fuß arg weh? Ich habe dein Verband gerade eben erst bemerkt.“, sprach ich mit ihm und spürte Dustins verwunderten Blick auf mir ruhen. Thunder brummelte leise und warf kurz zweimal mit dem Kopf. Ich musste lächeln. Er war wirklich schlau. Dustin griff nach meiner Hand und zog mich an sich. Wir sahen uns in die Augen und seine funkelten wie lodernde Flammen.
„Du kannst dich glücklich schätzen. Normalerweise ist er Fremden gegenüber sehr skeptisch und ängstlich.“, flüsterte er sanft. Ich sah ihn erstaunt an. Thunder sollte ängstlich und skeptisch sein? Er machte so gar nicht den Eindruck. Dustin zog mein Kinn an das Seine und küsste mich dann sanft. Mein Drang kam zurück und ich wäre ihm am liebsten sofort um den Hals gefallen. Ich war so verrückt nach ihm. Ob das jemals nachlassen würde? Wir küssten uns wieder eine Ewigkeit, bis sich Jemand neben uns räusperte. Erschrocken fuhr ich zusammen. Ich wurde rot und senkte den Blick. Wie peinlich war das denn? Dustin drehte sich nur halb um.
„Guten Tag Sir.“, sagte eine penible männliche Stimme. Ich sah auf und erblickte einen jüngeren Mann in einem grünen T-Shirt und einer weißen Hose. Dustin verdrehte die Augen.
„Cedric, wie oft hab ich ihnen schon gesagt dass sie mich mit meinem Vornamen ansprechen sollen? Was gibt es denn so wichtiges?“, fragte er etwas angewidert.
Der Mann nickte nur sanft. „Nun, ihr Vater ist ja außer Haus, deshalb haben sie hier das Sagen und wie ich weiß, ziehen sie die normale Methode zum trainieren vor. Soll ich normal trainieren oder…“, fragte er und unterbrach mitten im Satz. Dustin wandte sich ihm nun doch ganz zu. „Cedric, ich möchte, dass sie sie überhaupt nicht trainieren. Setzten sie ihnen ihren Jockey drauf und lassen sie die Pferde in dem Tempo und der Weite galoppieren wie die Pferde wollen. Verstanden?“, Dustin klang so selbstsicher und überzeugend.
„Wie sie meinen.“, gab der Mann zurück, wandte sich ab und ging. Dustin drehte sich wieder zu mir und griff nach meinen Händen. „Lass uns rein gehen bevor uns der nächste Angestellte stört.“, flüsterte er sanft und führte mich aus der Box. Ich war noch mehr verblüfft. „Wow! Wie viele Angestellte habt ihr denn?“, fragte ich erstaunt. Er blieb stehen und sah mich dann nachdenkend an.
„Also für die Pferde ungefähr zwanzig und für uns drei.“, sagte er dann leise. Mir viel die Kinnlade herunter und ich brachte kein Ton heraus. Das war unfassbar. Dustin lächelte frech und nutzte meine Unbeweglichkeit aus. Er zog mich sanft an sich, schloss meinen Mund und küsste mich zärtlich. Ich kam allmählich wieder zu mir. Wie konnte man bei so etwas auch einfach nur da stehen? Ich küsste kurz zurück und drückte ihn dann wieder weg. So leicht bekam er mich nicht zum schweigen. „Das ist der Wahnsinn! Wofür braucht man so viel Personal?“, fragte ich verwundert.
„Sally glaub mir, du hast nur nicht mal die Hälfte unseres Hofes gesehen.“, sagte er dann forsch und zog mich weiter in Richtung Haus. Oder sollte ich eher sagen Schloss? Wir liefen wieder über den Hof und stiegen die Treppe zur Veranda herauf. Er steuerte mit mir auf eine weiße gläserne Tür zu. Wir traten ein, und sofort war ich hin und weg. Es war wirklich wie in einem Traumschloss. Vor uns lag eine große Halle und auf der anderen Seite führte eine Treppe gerade nach oben die sich dann nach links und nach rechts aufteilte. Ein roter Teppich lag über dem weißen Marmor und unsere Schritte hallten von den Wänden wieder. Ich hatte schon zum dritten Mal heute einen Kloß im Hals und musste ihn schlucken. Es war einfach atemberaubend. Er führte mich auf die Treppe zu und meine Füße wurden von Stufe zu Stufe schwerer. Er nahm die Teilung nach links und führte mich langsam hinauf. Immer mal wieder musste er anhalten, damit ich hinterher kam. Oben angekommen, blickte ich zurück. Von oben sahen die Stufen gar nicht so steil aus. Wir zogen unsere Schuhe aus und Dustin führte mich in einen fast leeren Raum.
Nur ein langes vornehmes Sofa und ein paar Bücherregale standen darin. Er stieß die angelehnte Balkontür auf und zog mich schnell hinaus. Mein Blick viel auf eine riesige Rennanlage. Unter uns befand sich der Vorführ- und Warmlauf- Ring und dahinter die riesige Rennbahn. Sie war dreimal so groß wie unsere und vor Staunen hielt ich die Luft an. Es war unglaublich. So etwas hatte ich noch nie gesehen, außer vielleicht in Filmen. „Ich träume!“, stieß ich ungläubig hervor und blickte Dustin vorwurfsvoll an. Er kam zu mir heran und griff nach meinem Kopf. „Wenn du träumen würdest, könnte ich dann das hier tun?“, fragte er flüsternd und gab mir einen zärtlichen Kuss. Ich schloss die Augen und wartete ab. Als ich sie wieder öffnete, war alles immer noch da. Dustin, der mich sanft anblickte und die Rennbahn. Sein Kuss hatte mir die Augen geöffnet. Es war alles wahr und das allerschönste daran war Dustin selber. „Komm!“, forderte er mich auf und zog mich sogleich weiter. Wir kamen wieder in die große Halle und liefen dann eine unauffällige weiße Wendeltreppe hinauf. Ich lief vor ihm und kam in ein kleineres Zimmer mit ein paar Bildern und Pflanzen. Das Zimmer hatte zwei Türen. Er schob mich weiter durch die nächste Tür und wir standen in einem großen Raum mit Billardtisch und einem riesigem schwarzen Flügel. Der große Flachbildschirm und das riesige Sofa vielen mir erst später auf. Die gegenüberliegende Seite war mit Spiegeln überzogen. Das war dann wohl der Aufenthaltsraum. Er schob mich weiter auf die nächste Tür zu und blieb dann in der Tür stehen. Es war nicht unordentlich und nicht ordentlich. Ich ging mal davon aus, dass es sein Zimmer war. Ein paar Klamotten hingen über seinem Schreibtischstuhl und sein Bettlaken war zerknüllt. Auf seinem Schreibtisch stand ein moderner Computer und an der Wand eine riesige und moderne Stereoanlage. In der Ecke stand ein roter Sessel und alles schien sehr elegant eingerichtet. Ich drehte mich zu ihm um und fragte dann: „Ist das dein…?“
Er nickte fast unbemerkbar und sah sich dann selbst noch einmal um. Ich lief auf die Stereoanlage zu und betrachtete seine selbst gebrannten CDs. Er hörte genau dieselbe Musik wie ich und ich war begeistert. Für so ein Zimmer hätte ich fast alles gegeben. Er kam zu mir herüber nahm mein Handgelenk und zog mich dann auf sein Bett. Wir saßen beide da und sahen uns schweigend in die Augen. Er drehte mein Handgelenk, sodass er in meine Handfläche sehen konnte und fuhr dann mit einem Finger meine Linien entlang. Es kitzelte leicht und ich war sofort Feuer und Flamme. Benimm dich Sally!
Dustin machte das eine ganze Weile.

„Ich war vorhin im Auto sehr nervös, weil ich nicht wusste wie du es finden würdest. Eigentlich weiß ich es immer noch nicht genau.“, flüsterte er sanft. In seinen Augen spiegelte sich wieder dieses Funkeln und ich konnte nicht mehr klar denken. Wie ich was finden würde? Das Streicheln in meiner Hand oder das Haus und sein Zimmer? „ Ich… ich fiinde es ttoll.“, stotterte ich daher und schämte mich sogleich für so etwas Peinliches. Ich senkte den Kopf und spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg. Dustin unterbrach das Streicheln in meiner Hand griff mit einer Hand unter mein Kinn und führte meinen Blick wieder sanft zu seinem. Ich musste ihn nun ansehen und er betrachtete mich so durch dringlich, dass ich ganz nervös wurde. Dieser Blick brachte mich schon wieder aus der Fassung und ich musste darauf achten mich zu beherrschen. Viel zu langsam, kamen sich unsere Köpfe näher und es wurde immer schwieriger für mich seinem Blick und meinem innerlichen Druck stand zu halten. Ich spürte seinen samtigen weichen Atem in meinem Gesicht und unsere Lippen, waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt. Ich schloss die Augen, als sich unsere Lippen trafen und genoss es in vollen Zügen. Ich gab mein ganze Kraft darauf mich im Zaum zu halten und so kam es, dass ich halb nach hinten, halb seitlich auf das Bett kippte. Er beugte sich wie heute Mittag über mich und hatte die Hände links und rechts von meinem Kopf abgestützt. Anscheinend wollte er mir sein Gewicht nicht zumuten. Wir küssten uns zärtlich und sanft und alles kam mir vor wie heute Mittag nur eben in einem Bett. Lange konnte, dass ja nicht gut gehen. Die Frage war nur wen die Kraft zuerst verließ. Er legte sich seitlich halb auf halb neben mich und dieses mal war ich es die sich auf ihn legte. Meine Haare vielen links und rechts von ihm und Ich fuhr über sein schwarzes T-Shirt, über seine muskulöse Brust und seinen gepanzerten Bauch. Er musste wie ich einen Augenblick lächeln. Es war alles genau identisch nur die Umgebung war anders. Er strich mir wieder sanft an der Taille auf und ab und ich bekam Gänsehaut. Nein, nein, nein! Das durfte doch nicht war sein. Wie schaffte er das bloß mich so zu verführen? Ich blieb mir treu und drückte meine Hände flach auf seine Brust. Ich schien den Kampf fast gewonnen und freute mich schon über meinen Sieg, als Dustin plötzlich nach meiner linken Hand griff und sie sanft unter sein T-Shirt schob. Also das war unerhört. Er wusste genau, dass ich mich dann nicht mehr halten konnte und so war es auch. Einer meiner Küsse tauchte in ein zufriedenes Lächeln von ihm und ich konnte nicht anders. Ich lächelte ebenfalls kurz und fuhr dann über seinen muskulösen Oberkörper. Er war ganz schön hinterhältig, aber so leicht wollte ich ihn nicht davon kommen lassen. Ich tat so als hätte er gewonnen und wurde leidenschaftlicher und wilder. Unsere Lippen suchten immer wieder Kontakt und lösten sich immer nur für wenige Sekunden. Ich fuhr mit meiner, komischerweise immer kalten Hand, an seinen Rippen herab und siehe da, auch er zitterte kurz und sein Körper bebte nun unter meinem. Es schien als würden wir uns einen Kampf liefern. Einen Kampf um die innere Stärke. Er beruhigte sich allmählich und bei jedem Strich den ich mehr machte, zitterte er weniger. Er musste wieder lächeln und auch ich konnte es mir nicht verkneifen. Ich wartete gespannt auf seinen nächsten Zug, doch darauf war ich nun wirklich nicht vorbereitet gewesen. Er griff mit seiner freien Hand an den Saum meines T-Shirts und zog es etwas hoch. Meine Stirn legte sich in Falten und Zweifel kamen mir auf. Würde er zu weit gehen? Würde er die Grenze überschreiten? Bevor ich etwas unternehmen konnte ließ er es los und strich dann mit seiner warmen Hand über meine eiskalte, nackte Haut.
Ich bekam mich nicht mehr. Ich zitterte und fand keinen Halt mehr. Mein Atem wurde schneller und ich heftiger. Wobei das nur ein Ausweichmanöver war und das wusste er ganz genau. Es kitzelte viel zu stark und ich versuchte ihm zu entkommen, doch er hielt mich mit seiner anderen Hand fest und so blieb mir nur diese Möglichkeit. Ich nahm seinen Kopf in meine Hände und legte los. Er schien begeistert, denn er zog seine Hand von meiner Taille und ließ es sein. Ich gab mich geschlagen, doch er hatte unfair gehandelt. Ich stieß ihn weg und rollte mich seitlich neben ihn ab. „Du bist unmöglich!“, schimpfte ich ironisch. Er beugte sich wieder über mich und stützte sich mit einem Ellenbogen ab. „Du hast mir keine andere Wahl gelassen!“, sagte er frech zu seinem Schutz. Ich starrte etwas verletzt an die Decke. Ich hatte ihm keine andere Wahl gelassen? Er hatte die Situation schamlos ausgenutzt, so war es. Er fuhr mir mit einer Hand über die Wange und lenkte so meinen Blick auf seinen. Er lächelte verschmitzt und herausfordernd. „Wir können natürlich noch weiter kämpfen.“, sagte er frech und ehe ich etwas sagen konnte, zog er den Kragen meiner Bluse beiseite und küsste mich zärtlich auf mein Schlüsselbein. Es war einfach unwiderstehlich. Woher wusste er nur so etwas? Die Frage schien überflüssig. Er hatte bestimmt schon mehr als nur eine Freundin gehabt. Der Gedanke ekelte mich an und ich schob ihn fort. Dustin wiederholte das öfters und ich tat so, als würde mich das völlig kalt lassen. Dustin wurde noch sanfter und nahm seine Hand dazu. Er strich sanft über mein Schlüsselbein, während er immer wieder, an einer anderen Stelle, seine warmen Lippen, auf meine eiskalte Gänsehaut presste. Ich biss mir auf die Zunge, doch es brachte nichts. Mein Körper verriet mich. Mein Körper bebte und ich vergrub meine Hände verkrampft in seinem Bettlacken. „Hör auf damit!“, fuhr ich ihn an und stieß ihn weg. Doch er dachte nicht daran, lächelnd und provozierend machte er weiter. Ich hatte auch keine Chance gegen ihn. Er hielt meine Handgelenke ohne Mühe in einer Hand und machte frech und ungehindert weiter. Das konnte doch nicht war sein! Was bildete er sich eigentlich ein? „Wenn du nicht sofort aufhörst, dann… dann schrei ich“, drohte ich ihm. Was Besseres war mir nicht eingefallen. Er hielt kurz inne und kicherte. „Versuchs doch!“, gab er frech zurück und machte dann herausfordernd weiter. Er hatte es also nicht anders gewollt. Ich sog stark die Luft ein, doch bevor ich sie ausstoßen konnte verharrten seine Lippen auf meinen und die Luft entglitt mir durch meine Nase. Ich war ihm ausgeliefert. Ungehindert beugte er sich noch weiter über mich und tat dasselbe nun auf der anderen Seite. Mein Körper schien zu explodieren und mein Herz begann zu flattern. Ich wurde von einer inneren Hitze durchflutet und bebte so heftig, dass sogar Dustin kurz zurück wich und mich ansah. Ich wusste, dass es gleich so weit war. Nur noch wenige Augenblicke und ich würde mich nicht mehr halten können. Nun hatte er mich also so weit. Noch immer küsste er mich sanft, doch nun immer höher er tastete sich an meinem Hals empor und schließlich bis unter mein Ohr. Das war zu viel des Guten ich drehte den Kopf und ging auf ihn los. Er ließ meine Hände frei und ich krallte mich in das Lacken, in der Hoffnung darauf, dass ich mich doch noch halten konnte, doch es war zu spät. Einen Moment lang hielt ich stand und dann ließ ich mich gehen. Meine Hände griffen nach seinem T-Shirt und zogen es hoch.
Immer höher und er hob die Arme, damit ich es drüber ziehen konnte. Nun lag er mit freiem Oberkörper halb auf mir und griff nach meinem, doch ich war trotz allem noch ein bisschen skeptisch. Ich griff an seine zwei Hände und drückte ihnen entgegen. Er musste lächeln, ließ es dann aber bleiben. Ich war erleichtert darüber und ließ seine Hände vorsichtig los. Immer darauf gefasst, dass ich mich doch noch wehren müsste schob ich meine Hände sanft an seinem Körper hinauf. Angefangen beim Gürtel und seiner Hose bis hinauf über seine Schultern. Ich umfasste wieder seinen Nacken, griff in sein Haar und zog ihn noch näher an mich. Sein Atem war noch normal, also schob ich ihn zur Seite auf den Rücken und legte mich dann halb auf ihn. Ich gab ihm einen letzten wilden Kuss, ehe ich seitlich unter sein Ohr ging. Was er konnte, konnte ich schon lange. Ich küsste mich an seinem Hals hinab und bei jedem Kuss bebte sein Körper aufs Neue. Ich hielt jedoch nicht an seinem Schlüsselbein, sonder ging seine ganze Brust und seinen ganzen Bauch hinab. Kurz vor Ende konnte er dann nicht mehr anders. Er nahm meinen Kopf in seine Hände und zog mich zu sich hinauf. Er küsste mich leidenschaftlich und sein Atem wurde ebenfalls schneller: Er wurde wilder und heftiger, doch er war trotzdem sanft. Meine Hände vergruben sich wieder in seinen Haaren und er ließ sich nun ebenfalls gehen. Seine Hände glitten aus meinem Gesicht an meiner Taille hinab und es machte mich noch wahnsinniger. Er fasste tatsächlich wieder an mein T-Shirt, doch dieses Mal konnte ich mich nicht wehren. Ich war viel zu sehr in seinen Bann gezogen um mich zu wehren. Er schob mein T-Shirt ganz vorsichtig und langsam nach oben, da wurde mir klar, dass er abfragte. Er schob es so langsam weil er auf ein Zeichen von mir wartete, doch ich, auch wenn ich noch so gewollt hätte, konnte mich einfach nicht wehren.
Ich küsste ihn wild und entschlossen, denn als er das T- Shirt noch weiter hoch schob streifte einer seiner Finger über meine Haut. Es war fast unerträglich. Mein ganzer Körper pulsierte. Seine Finger berührten nun meinen BH-Saum. Er ging jedoch darüber hinweg. Meine Arme schoben sich völlig unkontrollierbar nach oben und er zog es über meinen Kopf und warf es einfach weg. Jetzt lag mein eiskalter Oberkörper auf seinem warmen und es fühlte sich wunderschön an. Wir schienen wie eins zu sein und ließen und vom küssen nicht ablenken. Er strich mir eine Strähne hinters Ohr und fuhr mir dann durch meine Haare. Er zog den Haarreifen vorsichtig und sanft heraus, doch das vorsichtig und sanft galt nur für seine Hand. Er schien jetzt erst richtig los zu legen. Er stieß mich ruckartig auf den Rücken und kam über mich. Mit einer Hand fuhr meine nun fast völlig entblößte Taille entlang und mit der anderen griff er an meinen Hals. Seine Lippen wanderten über meine Wange seitlich an meinen Hals und liefen von da hinab auf mein Schlüsselbein. Es war immer noch fast unerträglich, doch das schlimme kam erst noch. Er setzte für einen Moment aus ging dann unter meinen BH und küsste sich an meinem Bauch hinab. Ich zappelte etwas unruhig hin und her und wusste nicht was ich mit meinen Händen anfangen sollte. Er lächelte kurz in einen seiner Küsse und nahm meine Handgelenke. Das hatte nie etwas Gutes zu bedeuten. Ich zog die Augenbrauen zusammen und wartete ab. Er führte meine Hände doch tatsächlich an seinen Gürtel und er kannte mich einfach zu gut. Ich konnte nicht anders und öffnete ihn und dann seine Hose, doch nun bemerkte ich die Blockade in mir. Ich kannte diesen Jungen erst seit ein paar Tagen und jetzt war ich kurz davor drunter und drüber mit ihm zu schlafen. War ich eigentlich noch ganz bei Sinnen?
Ich tauchte unter seinem Arm durch stand auf und setzt mich in den roten Sessel in der Ecke. Er setzte sich auf die Bettkante und sah zu mir herüber.
„Ich wollte mir sowieso etwas anderes anziehen.“, sagte er abrupt, stand auf und zog seine Hose und seine Socken selber aus. Ich warf einen kurzen Blick auf das was vor mir lag, wandte dann aber sofort den Blick auf die Wand und schloss die Augen. Er sah einfach zu gut aus um zu widerstehen. Ich hielt mich an der Lehne fest und sah ihn trotz der geschlossenen Augen vor mir. Seine Boxershorts waren grau-blau kariert und alles an ihm war durchtrainiert bis zum geht nicht mehr. Er war ein einziger Muskelprotz. Ich würde nie eine Chance gegen ihn haben.
„Sehe ich so schlimm aus?“, fragte er dann plötzlich. Ich öffnete die Augen und blickte vorsichtig zu ihm herüber. In Echt sah er noch besser aus. Ich sah ihn verzweifelt an. Wie konnte ich so jemanden nur zurückweisen? Ich kannte ihn erst ein paar Tage, na und? War ich völlig bescheuert? Er stand immer noch in Boxershorts da und ich konnte mich einfach nicht mehr halten. Ich stand auf und lief auf ihn zu. „Du bist so ein Idiot!“, schimpfte ich frech, und stieß ihn nach hinten. Er trat ein paar Schritte zurück und war sich nun unsicher. „Im Gegenteil, du Dummkopf. Du bist viel zu verführerisch und schön.“, hauchte ich ihm in sein Gesicht und stieß ihn noch mal rückwärts. Er taumelte kurz und viel dann auf sein Bett. Er lächelte mir kopfschüttelnd zu, blieb aber liegen. Ich jedoch dachte nicht daran mich zu ihm zu gesellen, ich trat ein paar Schritte zurück, sammelte mein T- Shirt und mein Haarreifen ein und marschierte dann auf die Tür zu. Kurz bevor ich sie erreichte, hatte Dustin mich jedoch eingeholt und hielt mich fest umklammert.
„Moment Mal, so geht das aber nicht. Zuerst einen auf verführerisch machen und dann einfach abhauen.“, flüsterte er mir lächelnd ins Ohr. Ich versuchte mich aus seinem gekonnten Griff zu befreien, doch ich hatte keine Chance. Ich wehrte mich kichernd, denn er kitzelte mich noch ein wenig und meine Sachen glitten zu Boden. Dann ging alles viel zu schnell. Mit einer Hand griff er in meine Kniekehlen und mit der anderen an meinen Rücken. Er hob mich hoch und ich hatte keine Chance mehr. Er hielt mich, als wolle er mich über die Türschwelle tragen die vor uns lag, doch stattdessen drehte er sich mit mir um und warf mich mit sich aufs Bett. Er ließ mir diesmal keine Chance zu entkommen. Sein linker Arm links von mir und sein rechter Arm rechts von mir und ich lag direkt neben der Wand. Er dagegen hatte mir meine einzige Fluchtmöglichkeit versperrt. „Du bist ganz schön hinterhältig!“, fuhr ich ihn eingeschüchtert an. Er musste lächeln und gab dann zurück: „Jetzt bin ich es auf einmal? Du machst mich doch die ganze Zeit unbeherrschbar und gehst aber selber nicht weiter.“ Ich funkelte ihn an. „Und was machst du? Du gehst immer so weit, dass ich nicht mehr anders kann und ich weiß ganz genau, dass du das mit Absicht machst.“, fuhr ich ihn energisch an. Er lächelte sanft. Wir wussten beide genau wovon wir sprachen. Er küsste mich wieder auf mein Schlüsselbein und gab dann frech zurück: „Okay du hast mich erwischt! Ich bin der bösere von uns beiden. Du hast ja Recht. Ich hab ja auch zuerst dein T-Shirt aus gezogen.“ Ich wurde nun sauer, wie konnte er nur? Er hatte mich doch dazu getrieben. Ich versuchte seinen Küssen zu entkommen und wollte mich irgendwie an ihm vorbei drängeln, doch ich hatte keine Chance. Er wusste über meine Absichten bescheid und hielt mich gezielt zurück. Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust und wurde wütend. Was bildete er sich eigentlich ein? Er konnte mir doch nicht ewig den Weg versperren.
Er seufzte leise und versuchte einen Kompromiss auf zu bauen. „Sally, dass tu ich alles nur, damit du mir nicht davon läufst. Ich habe Angst, dass du abhaust und mich alleine lässt. Wenn du mir versprichst dich hier in diesem Haus nie mehr, mehr als zehn Meter von mir zu entfernen. Lass ich dich frei.“, sagte er verzweifelt. Frei? Was verstand er unter frei? Doch ich musste mich mit diesem Kompromiss abfinden, sonst würden wir hier noch Stunden liegen, dass wusste ich. „Okay!“, sagte ich grimmig. Er lächelte und hackte dann nach: „Versprichst du es?“ Ich nickte nur. Er viel langsam auf sein Bett zurück und nahm seine Hände wieder zu sich. Zehn Meter waren nicht viel in diesem Haus, aber immerhin. Ich hatte es ihm versprochen, also musste ich es auch halten.

Ich stand über ihn hinweg auf, zog mein T-Shirt an und nahm meinen Haarreifen vom Boden. Er lag auf der Seite, sein Kopf auf seinem Ellenbogen aufgestützt und sah mir gespannt zu. Direkt neben der Tür hing ein kleiner Wandspiegel und ich ging darauf zu um mir meinen Haarreifen an zu stecken. Dustin verfolgte mich mit seinem Blick auf Schritt und Tritt. Mir kam die Idee. Ich konnte ihn ja auch mal verarschen. Abrupt rannte ich zur Tür hinaus und stellte mich direkt danach wieder an die Wand. Ich hörte ihn laut seufzten und hörte dann wie er aufstand und sich seine Hose wieder anzog. Er schloss noch den Gürtel und trat dann in den Türrahmen. Ich stürzte mich vor ihn und gab ihm einen heftigen Kuss auf den Mund, dann drehte ich mich schnell um und rannte davon. Noch vor der Treppe hielt er mein Handgelenk fest im Griff und drehte mich zu sich. Ich war nicht sehr weit gekommen, aber immerhin ein Stückchen. Ich sah an ihm hinauf. Er hatte nur seine Hose angezogen. Sein Oberkörper war immer noch frei.
„Und du sagst zu mir ich wäre hinterhältig?“, fragte er ungläubig. Da hatte er Recht. Das war eben nicht sehr nett gewesen. Ich hatte mein Versprechen gebrochen, doch er hatte mich ja wieder. Er zog mich hinter sich her auf den Flügel zu. Er setzte sich auf den Bock und zerrte mich neben sich. Ich war schon wieder etwas gekränkt. Er behandelte mich unmöglich. Er schlug das Klavier auf und betätigte die Tasten zu Tönen. Aus den Tönen wurde ein Lied und ich war wie gefesselt. Er spielte ziemlich gut und die sanften und weichen Töne halten in meinem Kopf wieder. Wo hatte er nur so spielen gelernt? Immer mal wieder sah er zu mir rüber und versicherte sich, dass es mir gefiel. Es war einfach unglaublich. Er spielte mir hier einfach so etwas vor, was auch noch zusammenpasste und unglaublich harmonierte. Ich war begeistert und noch viel verrückter nach ihm. Eigentlich fehlten nur noch die Kerzen. Er brach abrupt ab stand auf und lief in sein Zimmer. Ich war immer noch gefesselt von der Musik, sonst wäre ich wahrscheinlich schon längst davon gerannt. Dieses Mal hätte mir die Zeit auch gereicht, doch nun hörte ich wie er seine Stereoanlage anschaltete und eine CD einlegte. Er kam mit einer Fernbedienung wieder zu mir und griff nach meiner Hand. Ich stand auf und blickte ihn erwartungsvoll an. Was hatte er vor?
Ich war mir unsicher und blickte auf den Boden. Mich überkam auf einmal die Angst. So wie er mich ansah, konnte das nichts Gutes heißen. „Kann ich kurz auf die Toilette?“, fragte ich unsicher. Er lächelte kurz und deutete dann auf die Tür die zur Treppe führte. Es war der richtige Weg, dachte ich. Ich wollte gerade loslaufen, als Dustin mich am Handgelenk fest hob. „Was wenn du abhaust?“, fragte er verzweifelt. Ich lächelte ihn an. Er hatte Recht es war nicht gerecht. „Wenn ich abhaue, darfst du alles mit mir machen was du willst.“, gab ich zurück. Hoppla, hatte ich da eben meinen Mund nicht zu voll genommen? Er nickte leicht und gab mein Handgelenk frei. Ich lief langsam und verschwand dann in dem kleinen Vorraum in dem Bad. Es war riesig und ich hatte schon wieder einen Kloß im Hals. Warum war hier alles so protzig? Ich lief an das Waschbecken und sah in den Spiegel. Meine Haare waren zerzaust und ich selber fühlte mich zufrieden und glücklich. Nun hörte ich Musik. Sie kam aus dem Aufenthaltsraum und ich bekam Panik. Er spielte klassische Musik. Was um Himmels willen hatte er vor? Ich versuchte mich zu beruhigen, doch es gelang mir nicht. Ich war völlig verstört und hatte Angst. Ohne nach zu denken lief ich zur Tür schloss sie auf und trat hinaus. Ich hatte die Wahl zwischen zwei wegen. Einmal der nach unten, raus hier und einmal der zurück zu ihm und der Musik. Raus hier! Ich war so panisch, das ich los rannte, die Treppe hinunter.
Unten war alles still und ich blickte die Halle entlang. Was sollte ich tun? Ich konnte doch nicht einfach gehen, aber zurück wollte ich auch nicht. Ich lief in den Saal mit dem Balkon und blickte auf die Rennbahn hinaus. Pferde schossen vorbei und das donnern ihrer Hufe war nicht zu überhören. Was war bloß in mich gefahren? Ich atmete tief ein und aus und schloss die Augen. „Hey, alles in Ordnung mit dir?“, fragte Dustin besorgt. Ich zuckte zusammen. Wo kam der denn so plötzlich her? Er hatte ziemlich schnell gemerkt, dass ich fort war. Ich drehte mich um und sah in ein entsetztes Gesicht. Ich nickte nur und er trat neben mich. Ich blickte in die Ferne. Was hatte mich zu diesem Wahnsinn getrieben? Dieser Junge hatte überhaupt nichts falsch gemacht und trotzdem, hatte ich so einen Anfall bekommen. Ich schielte leicht neben mich. Er sah mich besorgt von der Seite an. Es war nicht seine Schuld, aber er dachte es. Ich griff nach seiner Hand die neben mir auf der Brüstung lag und zog ihn an mich. Er hatte immer noch kein T-Shirt an und ich drückte mich sanft an seinen warmen Oberkörper. Er umarmte mich ebenfalls und ließ mich erst wieder los, als ich langsam nachgab. Das hatte ich gebraucht. Er gab mir die Stärke und Sicherheit die ich brauchte. Nun war ich auf alles gefasst. Ich hielt seine Hand und wollte wieder ins Haus gehen, doch er blickte mich entsetzt an. „Weißt du was eben das schlimmste war? Das du abgehauen bist und ich gedacht hab ich wäre auch noch selber Schuld. Ich hätte irgendetwas falsch gemacht. Als ich gerade dein Gesicht hier gesehen habe, hätte ich mich selber umbringen können. Ich wusste nur nicht wofür.“, sagte er verzweifelt und völlig aufgebracht. Ich strich ihm mit meiner Hand sanft über die Wange und hätte heulen können. Wie konnte ich ihm nur so etwas antun?
Ich nahm seine Hand und legte sie auf mein Herz. Es pochte unersättlich und wurde immer stärker. „Spürst du wie es nach dir ruft?“, flüsterte ich sanft. Meine Augen waren Tränen unterlaufen und sein Gesicht wurde sanft und er sah fröhlich aus. Ich hatte erreicht was ich erreichen wollte, doch selber rollte mir eine Träne die Wange herunter.
Dustin zog mein Kinn sanft zu sich und küsste meine Träne weg. Ich schloss die Augen und versuchte mich wieder zu beruhigen. Er nahm mich wieder in die Arme und strich mir sanft über mein Gesicht. Ich beruhigte mich viel schneller und die Panik war wie verflogen. Ich wollte ihn am liebsten nie wieder hergeben, doch was blieb mir anderes übrig. Ich ließ ihn also los und blickte ihn an. Er sah mich sanftmütig an und wir liefen wieder hinein. Hand in Hand liefen wir wieder die Wendeltreppe hoch und zurück in sein Zimmer. Die Musik, war aus und es war sehr still. Meine Angst hatte mich sehr geschwächt. Ich ließ mich aufs Bett fallen und legte mich hin. Dustin legte sich neben mich und schob einen Arm in meinen Nacken. Den anderen legte er über meinen Bauch. Ich legte meinen Kopf sanft an seine Brust und schloss die Augen. Sein Geruch war umwerfend und seine Haut so weich und glatt. Ich fuhr mit meiner Hand über seine Brust und hielt links oben inne. Ich spürte sein Herz, wie es pochte und gleichmäßig, heftig schlug. Dustin griff mit der Hand, die über meinem Bauch lag, nach meiner und legte seine Hand auf meine. Ich spürte seinen Puls noch intensiver und mein Herz ging auf seinen Takt ein. Ich spürte wie in mir wieder dieser Drang aufstieg. Mit jedem Herzschlag ein Stück mehr, doch ich wollte nicht alles kaputt machen. Er gab schneller auf und zog meinen Kopf am seinen. Er küsste mich sanft auf meine Stirn und dann noch mal auf meinen Mund. Jetzt konnte ich es ja auch tun. Er wich wieder zurück, doch ich küsste ihn ganz behutsam und vorsichtig auf seine Lippen. Er schien viel vorsichtiger zu sein und wagte es nicht sich zu rühren, oder einen Schritt weiter zu gehen. Ich war beruhigt. Er gab sich wirklich mühe. Ich fuhr mit meinen Händen über seinen Oberkörper und strich dann mit meinen Fingerspitzen an seinen Rippen auf und ab. Sein Körper bebte dieses Mal noch stärker, aber er hatte sich gut unter Kontrolle. So schien es jedenfalls, was er innerlich für Kraft aufwenden musste, wusste ich nicht. Zwei Sekunden später nahm er meine Hand die ihn streichelte und hob sie fest. Er konnte es also nicht mehr aushalten. Ich senkte meine Hand ab aufs Bett, doch er ließ sie nicht los. Er schien zu befürchten, dass ich weiter machen würde und er sich nicht mehr halten konnte. Ich küsste seinen Hals und hauchte ihn sanft an. Dustin drückte mich sanft von sich weg und hielt mich fest. „Ssally, iich wwill dich nnicht schoon wie-der verführen uund dir weh- wehtun. Eerst reecht nicht, weil iich miich niicht mehr ha-halten kann.“, stotterte er verzweifelt vor sich hin. Er schien sich sehr zusammen reißen zu müssen. Ich hielt inne und sah ihn besorgt an. Ich hatte ihn noch nie stottern gehört. Ich ließ mich zurück fallen. Er hatte Recht ich war unfair.
„…Außerdem rennst du bestimmt wieder weg, wenn ich zu weit gehe und ich will dich nicht verlieren.“, fügte er etwas gelassener hinzu. Ich beugte mich sanft über ihn, so dass mein Mund an seinem Ohr lag. „Du wirst mich nie verlieren und ich werde auch nicht wegrennen. Wohin denn auch? Ich würde nur immer wieder zu dir finden!“, flüsterte ich ihm sanft und behutsam ins Ohr. Sein warmer Atem zog an meinem Ohr vorbei und ich bekam Gänsehaut pur. Ich küsste ihn auf seine Schulter und er zog meinen Kopf an seinen. Er sah mir tief in die Augen und strich mir dann eine Strähne hinters Ohr. Was ging in ihm vor? Was dachte er? Er lächelte sanft, gab mir einen Kuss auf die Stirn und sah mich dann wieder an. „Du hast übrigens vorhin gesagt, dass ich alles mit dir machen darf was ich will, wenn du abhaust.“, fing er sanft an. Ich nickte. „Ja das habe ich gesagt und das halte ich auch. Wobei ich sowieso alles mit dir machen würde. Du müsstest mich nur ansehen.“, bestätigte ich sanft. Ich wusste jedoch nicht worauf er hinaus wollte.
Er lächelte hinterhältig. „Geh mit mir bitte in zwei Monaten auf den Ball.“, flehte er mich an. Ich fuhr erschrocken zusammen. Also an das hatte ich nun wirklich nicht gedacht, aber ich konnte es einfach nicht abschlagen. Erstens, war es als wieder gut Machung für das viele retten und zweitens hatte ich gesagt ich würde alles mit ihm machen. Sein Blick war unwiderstehlich und ich konnte einfach nicht anders. „Na gut, ich halte meine Versprechen.“, sagte ich grimmig und forsch. Er lächelte sanft, zog mich an sich und küsste mich ins unendliche. Damit war dieses Thema vorerst erledigt.
Ich glitt wieder über seine samtweiche Haut uns spürte seine Muskeln darunter. Er stand immer noch unter Anspannung und musste sich immer noch beherrschen. Ich nahm meine Hände von seinem Körper und legte mich auf meinen Rücken, doch das war gerade das was er wollte. Er viel über mich her und zog, so schnell konnte ich gar nicht schauen, mein T- Shirt aus. Meine Arme machten wieder einmal das Gegenteil von dem was ich wollte. Irgendwie schien mein Körper mir immer einen Schritt voraus. Nun war mein Oberkörper fast so frei wie seiner und mein Bauch brannte auf seinem.
Unsere Küsse wurden heftiger und unser beider Atem ging schneller. Es passierte genau das, was nicht passieren sollte. Wir ließen uns beide trotzdem gehen. Ich griff grob in seine Haare und zog ihn ganz fest an mich. Seine Brust berührte immer wieder meine und bei jeder Berührung bekam ich aufs Neue Gänsehaut. Wir mussten verrückt sein, dass war schon der dritte Anlauf den wir heute hier starteten. Er glitt an meinem Hals ab und fuhr mit seinen Händen über meine Schultern zu meiner Taille. Sein Mund berührte an bestimmten Stellen meinen Bauch und es war fast unmöglich für mich still liegen zu bleiben. Ich griff in das Bettlaken, um mich nicht zu bewegen und biss mir auf meine Lippe, doch als es unerträglicher wurde nahm ich seinen Kopf in meine Hände und zog ihn wieder zu mir hoch. Wir küssten uns wild und leidenschaftlich. Unser Band schien noch enger zu sein als zuvor und wir verschmolzen zu einem Kern. Er schien dieses Mal nicht eingreifen zu wollen, damit ich weiter ging. Ich fuhr selber über seine Brust, hinab über seinen Bauch, an seinen Gürtel und öffnete die Schnalle.
Wir mussten beide kurz lächeln und er fuhr mit seiner Hand sanft über meine Wange. Unsere Lippen ließen sich immer nur ungern los und trafen sich nach wenigen Sekunden immer wieder. Ich öffnete seine Hose und fuhr dann über seinen harten Bauch wieder nach oben zu seiner Brust. Ich war nun weiter gegangen als beim letzten Versuch und wollte noch weiter gehen, doch erst mal verharrten wir auf dieser Stufe. Keiner wollte den anderen drängen oder bedrängen. Wir küssten uns eine Weile unersättlich, ehe er sich auf den Rücken warf und mich auf sich zog. Ich glitt von seinem Mund ab, an sein Kinn, vom Kinn an seine Kehle und von seiner Kehle über sein Schlüsselbein.
Er zitterte stark und sein Beben wurde stärker. Ich blickte ihn kurz an. Tat ich zu viel des Guten? Er sah mich sanftmütig an. Sein Blick schien normal, sein Körper jedoch war ganz das Gegenteil davon. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und sein Brustkorb schien gleich zu explodieren. Eine Zeit lang hörte ich auf und sein Körper kam wieder etwas runter. Er wurde wieder ruhiger und selbst seine Fäuste entspannten sich etwas. Es amüsierte mich, dass ich ihn so außer Rand und Band brachte. Ich setzte wieder da an wo ich aufgehört hatte und sein Körper begann auf Neue zu beben. Als ich fast unten ankam zog er meinen Kopf wieder zu sich nach oben und zog seine Hose, geschickt und geübt, mit seinen eigenen Füßen aus. Sein Blick verließ mein Gesicht nie und mir viel es schwer ihn ebenfalls an zu sehen. Ich schloss lieber die Augen und ließ mich von ihm leiten. Es machte den Eindruck, als würde er die Rolle gern übernehmen, denn er legte mich sanft auf den Rücken und fuhr mit seinen Händen auf beiden Seiten meiner Taille auf und ab. Ich bebte schon wieder innerlich und etwas Eiskaltes fuhr mir den Rücken hinab, nicht dass es auf einer Seite schon fast unerträglich war, auf beiden war es nicht nur fast unerträglich zweimal schaffte er es, bevor ich nicht mehr konnte. Ich stieß seine Hände sanft von meiner Taille und er gehorchte. Stattdessen griff er nach einem von meinen Beinen und fuhr mit seiner Hand von meinem Schienenbein bis zu meiner Hüfte hoch. Es war nicht viel besser, aber immerhin erträglich. Er küsste mich so leidenschaftlich, das ich gar nicht bemerkte, dass er sich an meiner Hose vergriff. Erst als es schon zu spät war und er sie runter zog, bemerkte ich es. Er zog sie weg und warf sie zu den anderen Klamotten. Meine innere Blockade kam wieder zum Vorschein, doch diesmal wollte ich nicht davonlaufen. Das hatte ich auch zu ihm gesagt. Die Frage war nur: Wie machte ich ihm jetzt klar, dass es bis hier ging und nicht weiter? Doch es schien gar nicht nötig zu sein. Er machte keine Anstalten weiter zu gehen und blieb an meinem Mund. Ich bekam Gänsehaut, als seine Füße auf meine trafen und sie brannten. Trotz allem war mir an manchen Stellen kalt. Dustin musste es bei meiner Kälte doch ähnlich gehen. Er hörte kurz auf und ich öffnete die Augen. Er griff nach der Bettdecke und verteilte sie dann gleichmäßig über uns. Die kalte Decke von oben ließ mich noch näher an ihn Rücken. Er legte sich neben mich auf den Rücken und ich rutschte seitlich ganz nah an ihn. Er legte wieder seinen Arm in meinen Nacken und ich meinen Kopf auf seine Brust. Unter der Bettdecke, lagen unsere Füße durcheinander. Ich schloss meine Augen, denn die Müdigkeit überkam mich.
Ich bewegte meine Gliedmaßen und spürte, dass ich auf etwas warmen glatten und sanftem lag. Ich öffnete die Augen und blickte auf Dustins muskulöse Brust. Mit einem Mal kam mir alles wieder in den Kopf. Ich war einfach eingeschlafen. Schämend schloss ich die Augen und senkte den Blick. Es war einfach zu peinlich. Mein Blick viel auf das Fenster. Es war stock dunkel draußen. Erst jetzt viel mir auf, dass in Dustins Zimmer nur seine Schreibtischlampe strahlte. Es war ein angenehmes Orange, das uns Umgab.
„Na, kann man schon wach sein?“, fragte er frech, aber leise. Musste er mir so ein schlechtes Gewissen machen? Ich sah ihn kurz an und vergrub dann meinen Kopf in der Bettdecke. Er zog die Bettdecke von meinem Gesicht und strahlte mich an. Ihm schien es tatsächlich Spaß zu machen mich dumm da stehen zu lassen. „Du hast geschlafen wie ein süßes Murmeltier. Ich gehe mal davon aus das du keinen Albtraum hattest.“, sagte er fröhlich. Er hatte wohl gut aufgepasst. Das mit den Albträumen hatte ich bei unserem Essen nur einmal kurz erwähnt. Ich verdrehte sie Augen und mir wurde schlecht. Draußen war es stock dunkel. Wie lang hatte ich geschlafen? Meine Mutter machte sich sicher schon sorgen. Ich fuhr erschrocken hoch und setzte mich auf. Er zog mich wieder zurück auf seine Brust. „Deine Mutter weiß Bescheid.“, sagte er sanft und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Woher wusste er nur immer was ich dachte? „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte ich immer noch entsetzt und schämend. Er lächelte und strich mir mit seiner Hand über die Wange.
„So sechs Stunden zirka.“, antwortete er frech und provozierend. Ich hielt mir die Decke über den Kopf. „Oh nein!“, rutschte es mir jammernd heraus. Er zog die Decke wieder weg und zog meinen Kopf zu sich hoch.
„Du schläfst so süß und sanft, ich könnte dir die ganze Nacht dabei zu sehen.“, flüsterte er amüsiert und sanft. Ich verdrehte noch mal die Augen und ließ mich zurück fallen. Das Bett war eiskalt und so legte ich mich doch wieder so hin wie ich geschlafen hatte. Er hatte sechs Stunden so gelegen und bewegte sich immer noch nicht. Wie machte er das nur? Er streckte sich stark und mir wurde klar, dass es für ihn viel anstrengender gewesen war wie für mich. Ich legte meinen Kopf wieder auf seine Brust und fuhr mit meiner Hand über seine Brust. Sie war noch schöner als heute Mittag. Oder gestern? Ich sah auf den Wecker auf seinem Nachttisch. Dreiundzwanzig Uhr einundvierzig. Es war kurz vor Mitternacht.
„Was hast du meiner Mutter erzählt?“, fragte ich besorgt. Ich konnte mir schlecht vorstellen, dass sie sofort eingewilligt hatte.
Dustin blickte mich nachdenklich an. „Ich hab ihr überhaupt nichts erzählt.“, sagte er frech. Erschrocken fuhr ich zum zweiten Mal hoch, doch ich fand keinen Halt. Dustin zog meinen abstützenden Arm weg und ich viel zurück auf die Matratze. Unter der Bettdecke war es angenehm warm, doch der Matratzenteil, auf dem niemand lag, war eisig. Ich konnte aber nicht aufstehen, denn Dustin beugte sich über mich und küsste mich zärtlich auf meinen Mund. Ich jedoch war überhaupt nicht bei der Sache. Ich versuchte ihn über seinen Kuss hinweg weg zu drücken, was gar nicht so einfach war. Er war viel zu stark. „Du hast nicht mit ihr geredet? Woher soll sie dann Bescheid wissen? Sie dreht wahrscheinlich gerade durch!“, flüsterte ich entsetzt, denn Dustins Küsse ließen mir kaum einen klaren Gedanken. Er musste lachen und hielt mit dem Küssen für ein paar Sekunden inne. „Reg dich ab. Emma hat mit ihr telefoniert und ihr verklickert, dass du eingeschlafen bist als ich dir auf unserem Flügel etwas vorgespielt habe. Sie weiß, dass du heute hier übernachtest. Ihre einzige Bedingung war, dass du heute noch mal anrufst und dich bei ihr meldest.“, flüsterte er ruhig und sanft zurück. Sofort kam er wieder aufs Küssen zurück und mir ging alles noch mal im Kopf durch. Wer war Emma? Vom Klang des Flügels eingeschlafen? Ich übernachtete hier? Es waren keine klaren Gedanken die ich zusammen bekam, denn Dustins Küsse brachten mich total durcheinander, aber das war ja nichts Neues. Er küsste mich schon wieder vom Schlüsselbein abwärts und mein Körper fing wieder an zu beben. Er konnte es einfach nicht lassen. Oder lag es an mir? Dieses Mal, war es allerdings nicht ganz so schlimm wie vorhin. Ich schien nun etwas immun dagegen zu sein. Es war jedoch immer noch so stark, dass mein Körper dabei beben musste. Ich zog seinen Kopf wieder zu mir rauf, umklammerte seinen Nacken und küsste ihn unbarmherzig auf den Mund. Er blieb da, obwohl er viel lieber meine empfindlicheren Stellen gereizt hätte, dass wusste ich, aber ich ließ ihm keine andere Wahl. Ich schob ihn zurück auf seinen Rücken und kam über ihn. Ich gab ihm noch einen letzten Kuss, bevor ich mich aufsetzte und ihn frech ansah. Er schaute frech zurück und wollte mich doch tatsächlich wieder auf meinen Rücken befördern um mich zu küssen. Er setzte sich ebenfalls auf und drückte seine Brust fest gegen meine. Ich hielt so fest ich nur konnte stand, bis mir meine Hände auf dem Laken wegrutschten. Ich wich ihm aus und stand gekonnt auf. Er viel vorwärts auf die Bettdecke und seufzte dann erleichtert. Ich suchte meine Sachen aus seinen zusammen und wollte mich gerade anziehen, als er nach meiner Hand griff.
„Ich hab eine viel bessere Idee.“, sagte er dann einfallsreich. Er zog mich aus seinem Zimmer und ich ließ meine Klamotten wieder fallen.
Er führte mich die Wendeltreppe runter, quer durch die große Halle. Ich kam mir blöd vor, nur in Unterwäsche, und lief deswegen etwas vorsichtiger und langsamer. Er war zwar auch nur in Unterwäsche, doch bei ihm konnte man auch denken es sei sein Schlafanzug. Er führte mich die riesige Treppe wieder runter und ich kam mir unheimlich entblößt vor. Was wenn uns hier jemand sah? Ich versuchte mich abzulenken. „Ich muss noch meine Mutter anrufen, vielleicht machen wir das besser zuerst.“, sagte ich ohne mich wirklich darauf zu konzentrieren. Er hielt jedoch seinen Kurs und führte mich zu einer kleineren, abseits liegenden Türe. Vor uns lagen noch mal Treppen. Ich lief ihm vorsichtig nach. Der Boden war eiskalt und die Fliesen rutschig. Die Tür hinter uns viel zu und es war stockdunkel. Ich sah meine eigene Hand nicht vor Augen, trotzdem zog er mich weiter. Ich tastete vorsichtig nach jeder Stufe, bis er eine Tür aufstieß und vor uns ein riesiger hellblauer Pool lag. Ich blieb erstarrt stehen. Oh mein Gott! Ich trat aus der Tür und wir befanden uns in einer riesigen Glaskuppel, mit beschlagenen Fenstern. Alles war nur schwach beleuchtet und das Wasser schwappte immer wieder über den Beckenrand.
Die Fliesen waren beheizt und es war sehr schwül. Dustin blieb kurz stehen und drehte mich zu mir um.
„Hast du Lust?“, fragte er dann. Ich nickte nur, denn mir hatte es die Sprache verschlagen. Er rannte los und sprang Kopf über hinein. Ein paar Tropfen kamen zu mir und ich bekam Gänsehaut. Das Wasser war kühl und ich kam wieder zu mir. Dustin tauchte wieder auf und schüttelte seine Haare. Ich lief auf das Becken zu, wendete jedoch kurz vorher nach links ab und setzte mich auf eine der Liegen. Er kam an den Rand geschwommen und sah zu mir herauf. „Willst du doch nicht?“, fragte er dann enttäuscht. Ich musste lächeln. „Doch sehr gern sogar, aber meine Mutter wartet immer noch auf meinen Anruf.“, machte ich ihm klar. Ihm ging ein Licht auf. „Natürlich, du hast Recht. Hinter dir auf dem Tisch liegt das Telefon. Du musst aber deine Vorwahl mit wählen.“, sagte er beschwichtigend.
Ich drehte mich um nahm das Telefon und lief an die Wand. Ich wählte und wagte es nicht zu Dustin zu schauen. Ich wäre sonst abgelenkt gewesen und hätte wahrscheinlich kein Wort verstanden von dem was sie erzählte. Es dröhnte zweimal bevor jemand abnahm: „…Miss Brown, hallo?“ Ich musste lächeln. „Hey Mum, ich bin es.“, begrüßte ich sie. „Ach Sally, du bist es. Geht es dir gut? Emma sagte du wärst eingeschlafen und Dustin wollte dich nicht wecken.“, hackte sie nach. Ich kicherte in mich hinein. „Ja, mir geht es gut und ja ich bin…“, ich stockte schockiert, denn Dustin küsste mich frech und lächelnd auf die Schulter und seine triefend nassen Haare tropften in meinen Nacken.
„Sally? Bist du noch da?“, fragte sie besorgt. Ich stieß Dustin sanft weg und versuchte mich auf meine Mutter zu konzentrieren, doch das machte ihn nur noch aufdringlicher. Ich biss mir auf die Lippe, denn Dustin hörte nicht auf und die Tropfen liefen mir den Rücken hinunter. „Jaa… ich em. Ich biin noch da uund mir geht ees sehr gut. Mach diir um mich mal keine Sorgen.“, versuchte ich so überzeugend wie möglich zu klingen. Meine Mutter schien etwas erleichtert, doch ich hatte keine Kraft für ein langes Gespräch. Dustin wollte einfach nicht aufhören und er war triefend nass und kalt. „Iich muss Schluuß machen. Also, dann bis-bis morgen.“, stieß ich hervor und legte auf ohne eine Antwort ab zu warten. Ich drehte mich um und stieß Dustin kräftig zurück. „Du bist unmöglich, weißt du das? Du kannst froh sein, wenn meine Mutter mir das abgenommen hat.“, schimpfte ich. Er lächelte frech und provozierend. Ich lief einfach an ihm vorbei und legte das moderne Telefon wieder an seinen Platz. Ich setzte mich wieder auf die Liege und blickte zu ihm. Er grinste immer noch und kam dann zu mir herüber.
„Du wolltest doch schwimmen, oder war das gelogen.“, stocherte er herum. Ich verzog das Gesicht. „Ja eigentlich wollte ich das, aber du hast mich beim Telefonieren ja schon nass gemacht und wenn das Wasser so kalt ist wie eben, will ich auch nicht mehr. Er grinste frech und stellte sich dann vor mich.
„Ach du findest das Wasser kalt? Du scheinst mir viel zu verwöhnt.“, provozierte er frech und ehe ich mich versah, hatte er mich im Arm und trug mich an den Beckenrand. Ich hatte keine Chance. Es ging alles viel zu schnell. Er warf mich ins Wasser und sah zu wie ich wieder hoch kam und nach Luft schnappte. Ich fand das Ganze nicht so lustig wie er.
Was dachte er sich eigentlich? Ich drehte mich um und schwamm auf den Ausstieg zu. Ich hörte nur hinter mir ein lautes Platsch und sah dann wie Dustin vor mich schwamm und mich abbremste.
„So leicht entkommst du mir nicht.“, sagte Dustin frech und griff nach meinen Händen. Im Becken konnte man gut stehen, zumindest an dieser Stelle, da wo er mich reingeworfen hatte war das Wasser tiefer. Er zog mich zurück in die andere Richtung und das Wasser wurde immer wärmer. Mein Körper klimatisierte sich langsam. Das Becken wurde wirklich immer tiefer und ging mir nun bis ans Schlüsselbein. Ich blieb stehen und wollte nicht mehr weiter gehen, doch es war fast unmöglich sich gegen ihn zu stemmen. Ich versuchte mich krampfhaft seinem Griff zu entziehen, doch ich hatte keine Chance. Ich konnte nicht schlecht schwimmen, aber er war mir trotzdem überlegen. Ich konnte nun nicht mehr stehen und er ließ meine Hände los, doch er schwamm hinter mich und schob mich immer noch weiter in das tiefe Gewässer. Ich konnte gar nichts tun. Ich drehte mich nun um und versuchte auf der Stelle zu bleiben. Dustin schwamm direkt vor mir. Er wollte mich küssen und kam immer näher. Ich tat so als würde ich darauf eingehen, doch kurz bevor sich unsere Lippen trafen grinste ich ihn hinterhältig an und tunkte seinen Kopf unter Wasser. Mit aller Kraft kraulte ich los, doch dieses mal einfach nur an den Beckenrand. Ich war mir sicher, dass ich auch da rauskommen würde. Ich kletterte raus und Dustin kam gerade an den Rand. Er grinste hinterhältig zurück und kam ebenfalls heraus. Sein Blick gefiel mir nicht und ich wich ängstlich ein paar Schritte zurück. Er kam langsam auf mich zu und ich wich noch weiter zurück, soweit bis ich an der Wand lehnte. Er kam immer noch auf mich zu und ich suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, doch überlegte zu lange. Er stemmte eine Hand links an die Wand und die andere rechts. Meine Fluchtwege waren versperrt und ich musste mich ergeben. Er küsste mich auf den Mund und ich konnte nicht mal mit dem Kopf zurück weichen. Sein Körper berührte meinen nassen und ich konnte mich keinen Zentimeter Bewegen. Ich saß in der Falle und musste mich seinen Küssen unterwerfen. Er lächelte siegessicher, doch so leicht wollte ich nicht aufgeben. Ruckartig tauchte ich unter seinem Arm durch und rannte los. Ich wusste allerdings nicht wohin. Ich sprang Kopfüber ins Wasser, so wie er es vorhin getan hatte und schwamm dann in Richtung der gegenüberliegende Seite. In der Mitte des Beckens hielt ich an und drehte mich um Dustin verfolgte mich nicht sondern stand am Beckenrand und sah mir nach.
„Wenn du die ganze Zeit abhaust, macht es gar keinen Spaß.“, sagte er frech. Ich grinste frech zurück.
„Du musst dir deine Küsse eben erarbeiten. Du bist doch selber Schuld wenn du mir Fluchtmöglichkeiten lässt.“, gab ich frech und provozierend zurück. Er schüttelte lächelnd den Kopf.
„Also gut wenn du es nicht anders willst, aber beschwer dich nachher nicht bei mir.“, gab er frech zurück, sprang Kopfüber ins Wasser und kraulte dann in meine Richtung. Ich schwamm weiter auf das Ufer zu, doch er war nur in wenigen Atemzügen bei mir und zog mich an meinem Fuß zu sich. Ich wehrte mich nicht mehr. Dustin hob mich sanft hoch, dann lief er los und schob mich sanft mit sich. Der Wasserpegel stieg wieder. Er ließ mich dieses Mal nicht los. Erst als wir an einer bestimmten Stelle waren setzte er mich langsam ins Wasser. Ich versuchte gar nicht erst nach dem Boden zu tasten. Er kam wie vorhin auf mich zu und wollte mich wieder küssen. Hatte er denn gar nichts dazu gelernt? Ich verdrehte sie Augen und tunkte seinen Kopf unter Wasser, doch darauf hatte er nur gewartet. Er griff nach meiner Taille und zog mich mit unter Wasser. Ich hatte nicht viel Luft einatmen können, sodass ich nicht sehr lange unter Wasser bleiben konnte. Ich öffnete die Augen und sah gerade noch wie Dustin seinen Mund auf meinen presste. Luftblasen stiegen durch unsere Nasen auf und er unsere Lippen liebkosten sich unter Wasser. Ich hatte keine Luft mehr und drückte mich vom Boden fest ab um an die Oberfläche zu gelangen. Dustin tauchte wenige Sekunden später auf. Ich war total außer Atem und schwamm an den Rand. Dustin folgte mir, doch er kam noch nicht mal ins schnaufen. Ich hielt mich am Rand fest und holte tief Luft. Ich hatte meine Lunge überfordert. Er schien zufrieden, denn er sah mich grinsend an.
„Ich hatte dich ja gewarnt.“, sagte er dann frech. Ich stieß ihm völlig außer Atem meinen Ellenbogen in die Rippen. Er lachte nur und tauchte dann unter. Ich bekam allmählich wieder besser Luft und mein Atem wurde ruhiger. Dustin tauchte neben mir immer noch nicht auf. Die Luftblasen waren schon eine Zeit lang verschwunden. Besorgt hielt ich meinen Kopf unter Wasser. Seine Augen waren geschlossen und er lag regungslos da. Ich zog ihn panisch am Arm nach oben und sah ihm in die Augen. Er lächelte breit, denn er hatte mich reingelegt. Wütend stieß ich ihn von mir und schwamm davon. Was bildete er sich eigentlich ein? Er hatte mich zu tiefst erschreckt. Mir kamen die Tränen. Immer wieder tauchte ich meinen Kopf ins Wasser um es zu verbergen. Dustin kam angeschwommen und versperrte mir den Weg. Ich drehte mich einfach um und schwamm in die andere Richtung. Er griff nach meinem Handgelenk und zog mich zurück. Ich versuchte mein Gesicht zu verbergen, doch er hatte es natürlich schon längst mitbekommen.
„Hey, es tut mir leid. Das war blöd von mir. Das war nicht lustig.“, sagte er entschuldigend. Ich wischte mir die Tränen weg. „Das war wirklich blöd von dir!“, fuhr ich ihn patzig an. Er nickte entschuldigend. Ich sah ihn nicht an sondern blickte ins Wasser. „Tu so etwas nie wieder!“, mahnte ich ihn. Er nickte nur wieder und nahm meine andere Hand auch noch, dann legte er meine Hände auf seine Brust und lehnte seinen Kopf gegen meinen. Ich konnte ihn nicht ansehen. Ich starrte einfach an ihm vorbei. Das regte ihn tierisch auf.
„Sally, schau mich an!“, forderte er mich auf. Ich ließ meinen Blick auf dem Wasser und er wusste sich nicht zu helfen. „Sally, schau mich bitte an!“, sagte er nun etwas energischer. Langsam wanderte mein Blick vom Wasser auf seine Brust. Er seufzte. „Sally, schau mir in die Augen!“, sagte er noch gröber. Ich blickte langsam zu ihm hinauf und dann wieder ganz schnell weg.
„Sally es tut mir leid! Das war eben unverzeihlich, ich weiß, aber bitte tu mir das nicht an. Schau mich bitte an!“, sagte er verzweifelnd. Ich entzog ihm meine Hände und drehte mich um. Ich konnte ihn nicht ansehen. Ich war so stocksauer und zugleich so panisch.
„Okay, wenn du mich nicht mehr ansiehst, habe ich wirklich keinen Grund mehr zu leben.“, sagte er nun finster. Mir kamen wieder die Tränen. Ich schloss meine Augen drehte mich wieder zu ihm um und öffnete sie langsam. Sein Gesicht war traurig und verstört. Es tat in meinem Herzen weh ihn an zu sehen und meine Augen schienen fast zu verbrennen. Er schlang seine Arme um mich und drückte mich fest an sich. „Es tut mir so leid!“, flüsterte er immer wieder. Ich vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Ich musste mich erst wieder beruhigen. Er war hier und er lebte. Er war hier. Ich sah ihn an und küsste ihn einfach nur um mir selbst zu beweisen, dass er hier war. Mein Körper zitterte und so langsam wurde mir im Wasser kalt.
„Wollen wir raus gehen?“, fragte er dann. Ich nickte nur und anstatt, dass er los lief hob er mich wieder hoch und trug mich aus dem Wasser. Er war so unglaublich stark. Ich wagte es nicht mich zu Bewegen, da ich Angst hatte er ließe mich fallen. Erst kurz vor den Liegen stellte er mich auf meine Füße und gab mir dann ein Handtuch, doch anstatt das wir uns abtrockneten, zog er mich in den letzten Winkel der Kuppel.
Erst jetzt bemerkte ich die Tür. Sie war aus Glas, aber ab getrübt, so dass man nicht hindurch schauen konnte. Mir war klar, dass es sich hier um eine Dusche handelte
„Du zuerst?“, fragte er sanft und stieß die Tür auf, doch statt einer Antwort, packte ich seine Hand und zog ihn mit hinein. In der Dusche hatten mindestens vier Leute Platz. Es war nicht nur eine Duschbrause angebracht sonder jeweils seitlich auch noch zwei. Ohne Widerreden kam er mit und warf dann unsere Handtücher über die geschlossene Tür. Er drehte die Brausen auf und von allen Seiten rieselte warmes Wasser auf uns herab. Es war angenehm und ich schloss wieder die Augen. Ich spürte nur wie Dustin nach meinem Kinn griff und mich an sich heranzog. Er küsste mich sanft, erst auf den Mund und dann auf meine Schulter. Mein Körper fing wieder an zu beben. Mein klatsch nasser BH träger, rutschte über meine Schulter an meinen Arm. Oder war es Dustin der ihn da hin schob? Sofort meldete sich wieder mein inneres Ich und blockierte. Ich schlug meine Lieder auf, doch ich hatte umsonst Angst. Anstatt das Dustin ihn weg zog schob er ihn wieder an Ort und Stelle. Er kam wieder zu meinem Mund und seine Küsse wurden wilder und ungezähmter. Ich wich nach hinten seitlich aus, doch er folgte mir. Meine Hände berührten die eiskalte Wand und versuchten dagegen zu drücken, doch Dustin wurde immer aufdringlicher. Er drückte sich fest gegen mich und so stark ich auch versuchte die Wand nicht zu berühren, gelang es mir nicht. Ich war einfach zu schwach. Ich kam der Wand immer näher und Dustin machte keine Anstalten auf zu hören. Er wurde immer leidenschaftlicher, doch sein Atem ging kontrolliert. Meine Schulterblätter berührten nun die Wand und ein Zucken durch fuhr mich. Es war fast genauso unerträglich, wie wenn er meine Taille streichelte. Er drückte mich immer weiter an die Wand und seine Hände kamen nun auch noch an meine Taille. Also wenn er jetzt anfing mich zu Streicheln, dann hielt mich nichts mehr. Mein Rücken lag nun ganz an der kalten Wand und sein Körper kam von vorne. Von vorne warm von hinten kalt, es war ein Ding der Unmöglichkeit. Ich wurde ebenfalls wilder und unzähmbar. Mein Atem ging schneller und ich hatte mich nicht mehr im Griff. Daran war nur die blöde Wand schuld. Ich nahm sein Kopf in meine Hände und stieß ihn sanft zurück, doch ich hörte nicht auf, ich küsste und stieß ihn solange, bis er an der anderen kalten Wand stand und ebenfalls so verspürte wie ich. Sein Atem wurde auch gieriger und schneller. Seine Hände fuhren über meinen Bauch und glitten dann seitlich über meine Taille nach oben auf meine Schultern. Seine Daumen fuhren mir über mein Steißbein und es machte mich noch verrückter nach ihm. Ich griff in seine Haare und drückte mich noch fester an ihn. Er löste sich etwas, fuhr mit seinen Händen wieder an meine Taille, küsste meinen Hals, meine Kehle und dann wieder meine Schulter. Das warme Wasser war angenehm und machte das Verlangen nur noch stärker. Er kam wieder auf meinen Mund und schob mich zwei Schritte zurück. Ohne seine Lippen von meinen zu nehmen drehte er den Wasserhahn ab. Er schien sich doch besser unter Kontrolle zu haben. Er fuhr mir mit seiner Hand über meinen Rücken und ich zuckte zusammen, es schmerzte leicht. Die blauen Flecke von heute Mittag machten sich allmählich bemerkbar. Er streichelte mir nun wieder über die Taille. Ich nahm eine Hand aus seinen Haaren und fuhr ihm damit stark den Rücken hinab. Eigentlich krallte ich eher hinab, weil das Kitzeln so unerträglich war. Er gab mir noch einen sanften kurzen Kuss, ehe er mich zurück schob und ein Handtuch von der Tür nahm. Er faltete es auf und legte es mir dann um die Schultern. Ich hüllte mich darin ein. Er machte es gleich und zog mich dann aus der Dusche. Ich war schon wieder sehr müde. Wie spät es wohl war? Ich dachte gar nicht erst daran wie viele Treppen wir noch vor uns hatten. Er führte mich jedoch an der Tür vorbei in einen anderen Raum. Von da aus drückte er auf einen Knopf. Ich erkannte sofort, dass es sich um einen Aufzug handelte. Die Türen schoben sich auf und wir liefen hinein. Für ihn war es das Selbstverständlichste überhaupt, aber für mich war es einfach unglaublich. Er drückte auf den obersten Knopf und die Türen schlossen sich. Er fuhr an und ich hielt meinen Bauch. Er kitzelte gewaltig, aber das kannte ich. In jedem Aufzug verspürte ich dieses Gefühl. Mit einem Knacken sprang die Tür auf und wir befanden uns in dem Aufenthaltsraum mit dem Flügel, dem Fernseher, dem Billardtisch und den Spiegeln. Er führte mich hinaus und ich drehte mich noch mal um. Ich sah noch wie die Türen sich schlossen. Er war wirklich gut getarnt. Dustin zog mich sanft weiter. Er führte mich wieder in sein Zimmer und schloss die Tür.
Er setzte mich auf sein Bett und lief dann zu seinem Kleiderschrank. Er zog ein schwarzes, noch sehr gut aussehendes T- Shirt heraus und warf es mir zu.
„Zieh das an. Ich bin gleich wieder da.“, sagte er und verschwand. Ich betrachtete das T- Shirt und gehorchte. Ich legte das Handtuch weg und zog meinen BH aus, dann warf ich mir das T- Shirt über und stand auf. Ich wollte sein Bett nicht nass machen. Ich nahm meinen BH und legte ihn mit meinem Handtuch zum trocknen auf die Heizung. Ich roch an seinem T- Shirt und war hin und weg. Es war zwar viel zu groß, aber dieser Duft. Es roch einfach nach ihm. Er kam zurück und schloss dann wieder die Tür. In seiner Hand hielt er einen Briefumschlag, den er auf den Schreibtisch legte. Ich stand teilnahmslos am Fenster und starrte in die Finsternis hinaus. Diesmal erschrak ich nicht, als er mich von hinten umarmte. Er hatte ein lockeres T- Shirt angezogen, das spürte ich. Schade ohne gefiel er mir besser. Er küsste mich unter mein Ohr und fragte dann flüsternd: „An was denkst du gerade?“ Ich starrte weiter in die Ferne hinaus. Sollte ich lügen? „Daran wie sehr mich dein T- Shirt stört und an meine Träume.“, gab ich als Antwort. Er küsste mich noch mal lächelnd unter mein Ohr. „Und von was träumst du?“, flüsterte er mir dann wieder fragend ins Ohr. Ich drehte mich in seinen Armen um und schlang meine Arme um seinen Nacken. „Ich träume davon dich für mich ganz allein zu haben und davon das du Broadway reitest.“, gab ich flüsternd zurück. Er zog kurz die Augenbrauen hoch und küsste mich dann zärtlich auf meinen Mund.
„Gehen wir schlafen?“, fragte er dann völlig teilnahmslos. Ich nickte nur und zog ihn mit mir in Richtung Bett. Kurz vor dem Bett hielt ich an und drehte mich noch mal zu ihm um. „Versprichst du mir zu schlafen und mir nicht nur dabei zu zusehen?“, fragte ich energisch. Er lächelte, nickte dann aber. Ich wollte mich gerade hinlegen, als er sein T- Shirt wieder auszog und mich an grinste. Ich war erstaunt. Er würde meinetwegen ohne Oberteil schlafen.
Er war es sogar der sich zuerst hinlegte. Er streckte seinen Arm seitlich aus und ich legte meinen Kopf auf seine Brust. Er hielt mich fest im Arm und küsste mich auf meine Stirn. Ich schloss die Augen und nur kurze Zeit später schlief ich ein.

Ich öffnete die Augen und grelles Sonnenlicht viel durch das Fenster. Ich lag immer noch auf Dustins warmer Brust. Sein Atem ging langsam und gleichmäßig. Ich wagte einen kurzen Blick nach oben und sah zu meiner Erleichterung, dass seine Augen geschlossen waren. Eigentlich wollte ich liegen bleiben, doch ich musste mal auf die Toilette und wollte mir die Beine vertreten. Vorsichtig und behutsam befreite ich mich aus seinem Griff und stand dann auf. Als ich gerade loslaufen wollte, packte er mich blitzschnell am Handgelenk. Erschrocken fuhr ich herum.
„Wohin den so eilig?“, fragte er verschlafen.
„Eigentlich wollte ich nur mal auf die Toilette, wenn ich darf.“, gab ich scherzhaft zurück.
Er lächelte verschlafen. „Muss ich Angst haben das du abhaust?“, fragte er dann wieder völlig ernst. Ich dachte kurz über seine Frage nach. Würde ich anhauen? Nein, eigentlich wollte ich gar nicht erst gehen. „Nein, ich komme wieder.“, sagte ich überzeugend. Er lächelte wieder. „Gut, dann darfst du gehen.“, sagte er betont und ließ mein Handgelenk los. Ich huschte aus dem Zimmer und lief quer durch den Aufenthaltsraum in das Bad. Als ich fertig war, warf ich noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Ich sah aus wie ein Monster. Ich lief zurück zu Dustin, doch sein Bett war leer. Nur ein Zettel lag auf dem Kopfkissen auf dem stand: Bin gleich wieder da! Mach es dir noch mal bequem. Dustin Ich legte den Zettel auf seinen Schreibtisch und ließ mich zurück ins Bett fallen. Schon von weitem hörte ich das Klirren von Besteck. Er trat mit einem riesen Tablett ein und stellte es aufs Bett. Frühstück im Bett? Das hätte es bei mir zu Hause nie gegeben. Der Raum wurde vom Duft von frischem Rührei erfüllt. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Ich hatte ja auch seit gestern Morgen nichts gegessen. Er gab mir einen Teller mit Gabel und nahm sich den anderen. Er hatte, wie ich im Restaurant schon gemerkt hatte, gute Manieren. Ich versuchte auch so vornehm wie nur möglich zu essen und es viel mir gar nicht schwer. Er war sogar früher fertig als ich und als ich meinen Teller wegstellte war immer noch ein Rest übrig. Er lächelte sanft. „Hat es dir geschmeckt? Emma kocht einfach traumhaft.“, fragte er dann. Ich sah ihn an. „Es war lecker, danke. Richte Emma einen Gruß aus.“ Er nickte nur, schob das Tablett an unser Fußende und drückte seine Brust gegen meine. Mir blieb gar nicht anderes übrig, als mich nach hinten fallen zu lassen. Er lag wieder über mir. Würde das heute grad so weiter gehen wie gestern? Es war ja alles schön und gut, aber ich brachte sonst kaum etwas anderes auf die Reihe. Er küsste ein paar Mal sanft au den Mund. „Was wollen wir denn heute machen?“, fragte er dann fröhlich, während er mir über die Wange strich. Ich überlegte kurz. Eigentlich müsste Liberty mal wieder richtig laufen und Broadway musste man auch mal wieder Bewegen. „Wann kommt dein Vater zurück?“, fragte ich mit einem Hintergedanken. Dustin sah mich forschend an. „Soweit ich weiß, heute Abend. Warum fragst du?“, sagte er angewidert. Jedes mal wenn es um seinen Vater ging, hatte ich das Gefühl, er würde sich gleich übergeben. Die Idee schien mir dann doch wieder blöd. „Hm, nur so“, sagte ich schnell und versuchte ab zu lenken. Er ließ sich natürlich nicht vom Konzept abbringen: „Sally, du sagst mir jetzt sofort an was du gerade gedacht hast, sonst… sonst weiß ich nicht was ich mit dir anstelle.“, sagte er grob. Ich blickte an ihm vorbei. Ich hätte keine Chance ihn irgendwie vom Thema ab zu lenken und ich hatte mit dem Thema angefangen jetzt musste ich es ihm auch erzählen. Ich seufzte. „Ich dachte nur… vielleicht… ich würde Liberty gern auf einer richtigen Rennbahn ausprobieren und zwar mit einem Gegner.“, sagte ich ganz vorsichtig und achtete genau auf seine Gesichtszüge. Auf einmal musste er lachen. „Und deswegen machst du so einen Aufstand?“, fragte er lachend. Ich kam mir wieder blöd vor. Ich tauchte unter seinem Arm durch und setzte mich auf die Bettkante. Für ihn war es vielleicht lustig. Mir war es einfach nur peinlich nach einer so gewaltigen Rennbahn und einem Gegner zu fragen.
Ich senkte meinen Blick und spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg. Er setzte sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schultern. „Hey, tut mir Leid das war nicht so gemeint. Natürlich darfst du mit Liberty auf die Rennbahn und ein Gegner findet sich bestimmt auch. Das ist doch das leichteste überhaupt.“, sagte er dann sanft und ernst.
Ich wollte noch etwas sagen schloss aber den Mund wieder. Ich hatte schon etwas erreicht, dann musste ich nicht noch extra Anforderungen stellen. Doch Dustin dachte gar nicht daran meinen Gedanken gehen zu lassen: „Noch was? Na los raus damit!“ Ich blickte ihn an. Konnte ich das wirklich sagen? Oder würde es ihm nur wehtun? „Am liebsten wäre es mir, wenn… wenn du mein Gegner wärst.“, sagte ich kaum hörbar. Er ließ seinen Arm von meiner Schulter sinken und seufzte. Hätte ich doch bloß meine Klappe gehalten!
„Sally, du weißt wie gern ich das wäre, aber das Personal…“, er unterbrach seinen Satz, da zur Tür eine kleine, älter, zierlich Frau herein stürmte und ihn unterbrach: „Dustin, ich bin mir ziemlich sicher, das das Personal die Klappe halten wird, dafür kann ich schon sorgen. Ich muss seit du aufgehört hast, mit ansehen wie du leidest. Du sitzt immer nur in deinem Zimmer, oder bei Thunder in der Box. So kann das doch nicht dein Leben lang weiter gehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Mädchen dir die Augen geöffnet hat. Nun liegt es nur an dir.“, fuhr sie ihn grob und energisch an. Es war eine Zeit lang still, bevor Dustin uns einander Vorstellte: „Sally, das ist Emma, Emma, das ist Sally.“ Sie hob mir die Hand hin und ich schüttelte sie kurz. Also das war Emma? Sie gefiel mir sofort.
Sie war so offen und sympathisch. Sie hatte etwas Fröhliches an sich. Sie trug ebenfalls das grüne T-Shirt und die weiße Hose.
„Danke Emma für dies kurze, aber harte Zurechtweisung“, sagte er sauer und forsch. Sie verließ das Zimmer wieder und schloss die Tür. Nun musste ich lachen. Emma hatte es wohl genau auf den Punkt gebracht. Aber woher hatte sie von unserem Gespräch gewusst? Hatte sie gelauscht? Er sah nachdenklich aus und starrte aus dem Fenster. Woran er wohl gerade dachte? Ich wurde wieder ernst und blickte erwartungsvoll zu ihm hinüber. Wie würde er sich entscheiden? Wenige Sekunden später stand er auf, zog sich ein frisches T-Shirt an und setzte sich dann neben mich. „Also gut, aber du versprichst mir, auf zu passen und es nicht zu übertreiben, sonst bin ich nämlich nicht so schnell bei dir!“, sagte er dann todernst. Ich nickte und viel ihm dann vor Begeisterung um den Hals. Ich küsste ihn wild und er kippte nach hinten weg. Ich lehnte mich über ihn und küsste ihn weiter, bis er mich sanft weg stieß. Ich stand auf, zog meine Jeans an und griff nach meinem BH. Ohne etwa sagen zu müssen, stand Dustin auf suchte seine Sachen zusammen und lief dann aus dem Zimmer. Ich zog meine obere Hälfte noch um und zog dann noch einmal den köstlichen Duft von seinem T-Shirt rein. Er stand wieder in der Tür und grinste breit. Ich ließ das T-Shirt sinken und tat so als wäre nichts gewesen. Er war inzwischen auch angezogen und hatte sogar in der kurzen Zeit geduscht. Ich war beeindruckt. Er drückte mir eine Bürste in die Hand und ich kämmte mir dann vor seinem Spiegel meine zerzausten Haare. Ich erschrak, als Dustin mir von hinten über meinen Kopf hinweg eine Kette anzog. Es war ein Herz mit einem Pferdekopf darauf. Das Auge des Pferdes war ein weißer, glitzernder Stein. Ich sah in den Spiegel und fuhr über den Anhänger. Es war einfach wunderschön.

Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. Er lächelte und gab mir dann einen kurzen zärtlichen Kuss auf den Mund. „Nur ein kleines Andenken an mich. Versuch aber bitte die Kette nicht zu verlieren, das Auge hat nämlich ein halben Karat.“, sagte er locker nebenbei. Ich sah ihn entsetzt an. Einen halben Karat? Diese Kette war unglaublich wertvoll. Ich konnte das nicht annehmen. „Das ist ja sehr nett, aber das kann ich beim besten Willen nicht annehmen. Das ist viel zu wertvoll!“, sagte ich viel zu schnell und wollte sie mir wieder abnehmen, doch Dustin hielt meine Hände fest und sah mir dann in die Augen. „Sie liegt hier nur so rum und außerdem bist du tausendmal mehr wert als diese Kette. Du kränkst mich wenn du sie nicht annimmst.“, sagte er sanft. Ich hatte einen Kloß im Hals. Ich konnte doch nicht… Was dachte er sich nur dabei? Ich wollte ihn jedoch nicht kränken. Ich fasste mir noch mal an den Hals. Er meinte es wirklich ernst. Das war das schönste Geschenk, das mir jemals gemacht wurde, naja bis auf Broadway, Liberty, ihn selber und Bounty. Ich fühlte mich auf einmal schlecht. Ich stand da mit leeren Händen und hatte nichts für ihn. „Aber, ich habe überhaupt nichts für dich.“, sagte ich dann verzweifelt. Er lächelte sanft, zog meine Kinn zu seinem und sagte dann: „Bist du denn gar nichts? Ich habe dich! Das ist alles was ich will!“ Er küsste mich zärtlich und ich schmolz dahin. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss. Kurze Zeit später saßen wir in seinem Auto und er fuhr mich nach Hause.

Rennen


„Soll dich jemand mit dem Hänger abholen?“, fragte er hoffnungsvoll. Ich schüttelte lachend den Kopf. Er wollte unbedingt, dass ich kein Risiko einging und wenn möglich auch nicht alleine durch die Gegend ritt. „Nein ich komm zu euch geritten, dann ist sie schon mal warm, außerdem muss Uli ja nicht gerade mitkriegen was ich vor habe.“, sagte ich fröhlich und frech. Er machte sich viel zu viele Sorgen. Er hielt vor unserem Haus.
„Du hast nicht vor, es Uli zu sagen?“, fragte er empört. Upps, jetzt hatte ich mich verplappert.
„Nein, er würde sich nur unnötig aufregen.“, sagte ich sanft und bedacht. Er verdrehte die Augen und blickte aus dem Fenster.
„Aber dir ist schon klar, dass wenn dir etwas passiert, ich daran Schuld bin?“, fragte er dann betont. „Mir wird nicht passieren!“, sagte ich sicher. Ich beugte mich über die Mittelkonsole hinweg zu ihm herüber um ihn zu küssen. Er kam ebenfalls auf mich zu um ihn zu erwidern, doch kurz bevor sich unsere Lippen trafen, grinste ich frech. „Bis nachher!“, hauchte ich ihm entgegen und stieg dann einfach aus. An der Haustür drehte ich mich noch mal um. Er blickte mir sehnsüchtig nach, doch ich ließ ihn einfach stehen und verschwand im Haus. Bounty kam mir entgegen gesprungen und freute sich riesig mich zu sehen. „Na du? Hast du aufs Haus aufgepasst?“, fragte ich ihn belustigt und kraulte ihn hinter seinen Ohren. Ich ging ins Bad und stieg schnell unter die Dusche, dann lief ich in mein Zimmer und zog mir komplett neue Sachen an. Ein rotes Polo T-Shirt mit Kragen und meine dunkelblaue Reithose. Bounty meinte es gehe jetzt in den Stall und der würde endlich raus kommen, doch ich musste ihn enttäuschen. „Du musst schon wieder da bleiben mein kleiner, aber wenn ich wieder komme machen wir einen ganz langen Spaziergang, ok?“, sagte ich wehleidig zu ihm. Er legte sich wieder in sein Körbchen und machte einen auf beleidigt. Ich lief die Treppe runter und schrieb meiner Mutter noch einen Zettel. Ich verließ das Haus und wunderte mich sehr. Dustin stand immer noch da und lehnte an seiner Beifahrertür. Er sah mich etwas beleidigt an und ich lief zu ihm.
„Ich dachte wir treffen uns bei dir?“, fragte ich dann unsicher. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah mich einfach nur an. Nach ein paar Sekunden seufzte er und ließ seine Arme sinken. „Ja, so hatten wir es auch ausgemacht, aber du hast dich nicht richtig verabschiedet und ohne Abschied bewege ich mich nicht von der Stelle.“, gab er frech zurück. „Und was ist wenn ich beim reiten stürze und du hier immer noch stehst?“, fragte ich provozierend. Sein Gesicht wurde bleich und er sah mich geschockt an. „Ich überlege mir gerade, ob ich dich überhaupt reiten lassen soll.“, sagte er dann nachdenklich. Jetzt war ich wütend. Er nutzte diese Macht gnadenlos aus. „Dann lassen wir es halt!“, fuhr ich ihn an drehte mich um und lief in Richtung Stall, doch mein Plan ging nicht auf. Er kam mir nicht hinterher. Ich lief einfach total frustriert weiter. Als ich ungefähr die Hälfte der Strecke zu Fuß hinter mir gelassen hatte, fuhr dann doch ein weißer Mercedes neben mich. Ich wollte jedoch gar nicht mehr, dass er da war. Ich hörte das Summen des herunter fahrenden Fensters, schwor mir aber nicht hin zu schauen.
„Sally komm schon, dass war doch nicht so gemeint. Natürlich darfst du reiten und ich werde mit dir reiten.“, sagte er sanft und entschuldigend. Ich sah jedoch nur den Weg vor mir und ignorierte ihn einfach.
„Sally, du weißt wie sehr ich es hasse wenn du mich ignorierst, bitte tu mir das nicht an.“, sagte er dann verzweifelt. Fast wäre ich sogar weich geworden, doch ich kämpfte dagegen und lief einfach weiter.
„Sally, muss ich erst einen riesigen Aufstand erzeugen, damit du mich nicht mehr ignorierst?“, fragte er dann völlig außer sich. Ich zeigte wieder keine Reaktion, sondern lief einfach weiter. Einige der Leute die an uns vorbei liefen sahen uns verwundert nach, andere starrten uns an und andere beachteten uns gar nicht erst.
„Okay Sally, du hast es nicht anders gewollt.“, sagte er dann etwas verletzt. Er lehnte sich wieder in seinen Sitz und das Auto fuhr mit quietschenden Reifen davon. Was in aller Welt hatte er vor? Ich fasste an die Kette und hielt sie fest. Er machte doch keine Dummheiten?
Wenige Augenblicke später, kam ich an die Hauptstraße. Es war die meist befahrene Straße in dieser Gegend, aber was in aller Welt war denn hier los? Viele Autos stauten sich hintereinander und eine Menschenmenge hatte sich genau an der Stelle versammelt, an der ich die Straße überqueren musste. Ich kam etwas näher und erstarrte. Ein weißer Mercedes, stand quer auf der Straße und versperrte den Weg. Ich lief schneller, doch die Menge war nicht entsetzt. Sie tratschten alle miteinander und als ich mich hindurch drängelte wurde es ganz still. Ich schaute mich schüchtern um und spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg. Hatte ich was falsch gemacht? Ich sah wieder zum Mercedes rüber und erstarrte wieder. Dustin stand auf dem Dach seines Wagens, hielt eine Rose in der Hand und blickte zu mir herab. Mein Herz schlug schneller und ich spürte die Blicke in meinem Rücken. Ich hörte das Geflüster von Leuten.
„Sally, ich habe dir ja schon gesagt dass ich das nicht so gemeint habe, aber du ignorierst mich immer noch und das ist etwas was mich total aus der Fassung bringt. Es tut so weh. Ich will das du reitest und zwar auf unserer Rennbahn und ich werde mit dir reiten, so oft du willst. Aber bitte…. Bitte, ignorier mich nicht weiter.“, er sprach über die ganze Menge hinweg und alle Blickten mich erwartungsvoll an. Er warf die Rose einfach weg, sprang von seinem Auto und lief zu mir herüber. Ich griff nach seinen Händen und küsste ihn einfach auf den Mund. Alle um uns herum fingen an zu klatschen. Er wollte gar nicht aufhören mich zu küssen, doch ich stieß ihn sanft weg, denn sein Auto versperrte immer noch den Weg. Als hätte er meine Gedanken gelesen führte er mich zu seiner Beifahrertür und ließ mich einsteigen. Kurze Zeit später saß er neben mir und fuhr gekonnt auf den Feldweg zu unserem Hof. Ich war erleichtert, dass alles vorbei war.
„Ich hatte dich ja gewarnt!“, sagte er ernst. Vermutlich hatte er meinen Gesichtsausdruck gesehen. Ich schüttelte nur den Kopf. Er war wirklich wahnsinnig. Er hatte mich vor all den Leuten bloß gestellt und mir gar keine andere Wahl gelassen. Wir kamen auf den Hof und ich stieg einfach aus und lief in Richtung Stall, doch kurz bevor ich verschwinden konnte, packte er mich am Handgelenk. Ich blickte an meinem Arm herunter, über seine Hand, seinen Arm wieder nach oben und schließlich blieb mein Blick in seinem Gesicht hängen.
„Sally, bist du immer noch sauer? Bitte sag, dass das nicht war ist.“, sagte er entsetzt. Er hatte mich jedoch völlig falsch verstanden. Ich strich ihm mit meiner Hand über seine Wange und schmolz dahin. Er hatte mich einfach nur aus der Fassung gebracht. Er nahm meinen Kopf in seine Hände und küsste mich zärtlich. Seine Stirn lehnte gegen meine und wir sahen beide zu Boden.
„Bis gleich!“, sagte er dann und trat einen Schritt zurück. Ich nickte nur und ließ ihn ganz langsam los. Er lief zu seinem Auto und fuhr dann davon. Ich lief zu Liberty und Broadway. Sie schauten beide aus ihren Fenstern und blickten mir freudig entgegen. Ich band Liberty auf der Stallgasse an und ging mit einer groben Bürste über ihr Fell. Sie war recht sauber, sodass ich schnell satteln und trensen konnte. Ich zog meine Reitstiefel, meinen Helm und meine Handschuhe an und führte sie auf den Hof. Uli kam vom Büro aus zu mir her gelaufen. „Hallo Sally, na gehst du ausreiten?“, fragte er fröhlich.
„Ja, aber ich bleibe wahrscheinlich den ganzen Tag weg. Ich habe vor mein Gebiet ein bisschen zu erweitern und außerdem ist es gutes Ausdauertraining.“, antwortete ich mit gekreuzten Fingern.
„Ist gut, aber pass bitte auf!“, sagte er mahnend. Ich nickte nur, schwang mich dann in den Sattel und trieb sie zum Schritt an. Sie lief gelassen und ruhig. Wir würden eine Stunde unterwegs sein. Ich wusste den Weg genau. Wir mussten eine Holzbrücke und eine gut befahrene Straße überqueren. Hoffentlich machte sie das mit. Ich strich ihr sanft über den Hals. „Mach mir heute bitte keinen Ärger.“, sagte ich zu ihr. Die Landschaft war sehr schön. Ich ritt durch den Wald und über freie Feldwege. Ich sah auf meine Uhr. Ich war nun schon fast eine halbe Stunde unterwegs. Schon von weitem, sah ich mein erstes Hindernis. Ich ritt an den Übergang von Feldweg zu Feldweg, aber die Autos waren schnell. Als ich eine Lücke fand trabte ich sie schnell rüber und parierte dann durch. Das war ja gar nicht so schwer gewesen, wie ich gedacht hatte. Mal schauen wie es bei der Brücke aussehen würde. Nun lagen nur noch Feldwege vor mir und die Sonne brannte. Es war viel zu warm. Was würde ich jetzt dafür geben den Fahrtwind eines Rennens im Gesicht zu spüren, aber ich wollte sie nicht überfordern. Nachher auf der Rennbahn würde sie alles geben wollen. Ich hörte schon das Rauschen des Baches und kurze Zeit später, sah ich auch schon die Brücke. Sie warf ihren Kopf und spitzte die Ohren. „Ruhig mein Mädchen, das schaffen wir schon.“, beruhigte ich sie sanft und trieb sie einfach darauf zu. Kurz bevor die Brücke begann, bremste sie ab und wollte umdrehen. Ich lenkte dagegen und versuchte ihr klar zu machen, dass es nicht schlimm war. Ich ließ ihr nur den Weg nach vorne, doch dann tat sie etwas, dass ich nie Gedacht hätte. Sie stieg mit mir auf die Hinterhand und drehte um. Mir blieb keine Chance sie umzudrehen. Ich klammerte mich an ihrem Hals fest und wartete ab bis sie wieder vier Füße am Boden hatte. Ich war entsetzt, so etwas hatte sie noch nie gemacht. Ich drehte sie sanft um und ritt noch einmal auf die Brücke zu. Sie schnaubte stark und tänzelte. Direkt davor, bremste sie wieder ab und rührte sich kein Stück nach vorne. Ich ließ sie einfach stehen und klopfte sie leicht am Hals. „Brav. Ist schon Ok. Das ist nur eine Brücke.“, sagte ich leise und beruhigend. Sie kaute nervös auf ihrem Gebiss herum und ihre Ohren spielten hin und her. Es war nicht zu übersehen, dass sie panische Angst hatte. Ich lehnte mich etwas nach vorne an ihr Ohr. „Du bist eine so starke Stute. Du brauchst dich vor überhaupt nichts zu fürchten. Habe Vertrauen in dich. Spring über deinen Schatten und überwinde deine Angst!“, flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie stieß einmal ruckartig Luft aus und machte dann einen Schritt nach vorne. Ihr Hufe klangen hol, doch sie setzte einen Fuß vor den anderen, mit dem Blick auf das Ende gerichtet. „So ist es gut. Überwinde die Brücke und Siege über deine Angst!“, sprach ich zu ihr. Ihre Schritte wurden fester. Sie schien fast auf zu stampfen. Wir verließen das Holz und ich klopfte ihren Hals. „Na siehst du? Du bist viel stärker als deine Angst.“, sagte ich zu ihr und sie schnaubte sanft. Sie lief von alleine weiter und mir wurde erst jetzt bewusst, was ich eben getan hatte. Ich hatte mit einem Pferd gesprochen und es hatte mich tatsächlich verstanden. Ich dachte über die vielen Pferde nach die ich in letzter Zeit kennen gelernt hatte. Broadway und Liberty hatten sich gleich auf mich geprägt. Noch dazu Thunder der normalerweise schüchtern und skeptisch war. Was hatte ich an mir, dass den Pferden so gefiel? Oder bildete ich mir das alles nur ein? Ich schüttelte die Gedanken fort, denn ich konnte schon das Gestüt von Dustin sehen. Ich trieb sie zu einem schnelleren Schritt an und sie gehorchte. Die Sonne stand immer noch hoch und Libertys Adern traten an ihrer Schulter hervor, wobei das glaubte ich eher an der Brücke lag. Ich ritt auf den Hof und in mir machte sich ein mulmiges Gefühl breit. Keine Menschenseele war zu sehen. Nicht einmal Dustins Auto stand im Hof. Ich hielt Liberty an und blickte mich um. Es war ziemlich unheimlich, doch ehe ich mich versah riss jemand die Stalltür auf und kam heraus. Es war der Mann der uns in Thunders Box angesprochen hatte. Er trug wieder die weiße Hose und das grüne T-Shirt. Wie hieß er doch gleich? Cedric, ja das war sein Name.
Er kam direkt auf mich zu und hielt dann kurz vorher an.
„Sally Brown?“, fragte er dann. Ich nickte nur und sah ihn unsicher an. Er räusperte sich und fuhr dann fort: „Mister Hope erwartet sie bereits, aber wir müssen durch den Stall. Vielleicht, steigen sie besser ab.“ Ich gehorchte und glitt aus meinem Sattel. Ich griff ihr in die Zügel und folgte dem Mann dann durch den Stall. Die anderen Pferde waren neugierig und schauten uns interessiert nach. Mir viel auf, dass die Box neben Thunder offen stand. Ich warf einen kurzen Blick auf das Namensschild. Diable de cheval stand da. Aus der Tahira und von Barysnikov. Derselbe Vater von Broadway. Wo stand Barysnikov eigentlich? Ich hatte bis jetzt noch kein einziges der Rennpferde gesehen, die in der Zeitung oder im Fernsehen kamen. Wir kamen ans andere Ende der Stallgasse und der Mann öffnete ein riesiges Tor. Vor mir lag ein Weg mit weißen Kieselsteinen. Liberty schien sich aus zu kennen und fühlte sich wohl. Sie sah sich interessiert um und wirkte gelassen.
„Bitte, folgen sie diesem Weg und bei der nächsten Möglichkeit, wenden sie nach rechts ab, dann kommen sie in den Führring, wo man ihnen beim Aufsitzen behilflich sein wird. Ich nickte und führte sie an. Der Weg schien mir endlos lang. Ich hätte die Abzweigung nach rechts fast verpasst, doch Liberty wollte schon rechts abbiegen. Ich kam in den Führring vor Dustins Haus. Ich blickte hinauf zu dem Balkon auf dem wir gestanden hatten. Von hier wirkte das Haus noch größer. Ich erblickte drei Männer, die genauso gekleidet waren wie der Mann. Grünes T-Shirt, weiße Hose, dass schien die Arbeitskleidung hier zu sein. Sie lächelten mir freundlich entgegen und ich lächelte zurück. Neben ihnen war ein Aufstiegsblock aufgestellt. Ich führte Liberty dort hin und nahm wieder im Sattel Platz. Einer der Männer stellte sich vor mich und blickte mich erwartungsvoll an. „Sie sind sicher Sally Brown. Mein Name ist Charles, ich bin hier für das Aufwärmen der Pferde zuständig. Sie müssen wissen, dass wir alle hier uns sehr freuen, dass sie Dustin wieder in den Sattel gebracht haben. Wir kannten ihn schon, da war er drei Jahre alt. Der Junge ist uns sehr ans Herz gewachsen. Jeder von uns bekommt ständig mit wie er sich mit seinem Vater streitet und seit er nicht mehr reiten durfte war er unglücklich. Jeder Einzelne von uns freut sich mit ihm, deswegen wird an der Rennbahn ein wenig Tumult sein. Lassen sie sich davon nicht abschrecken.“, sagte der Mann gut gelaunt. Ich fand ihn äußerst höflich und nett. Er schien mir ebenso sympathisch, wie all das andere Personal, dass ich bis jetzt kannte. Er lief los und ich ritt ihm hinterher. Liberty wurde allmählich nervös und tänzelte Seitwärts. „Ganz ruhig mein Mädchen, spar dir deine Kraft.“, beruhigte ich sie und sie wurde etwas ruhiger. Ich sah die Rennbahn schon lange, doch ich konnte es immer noch nicht fassen und als ich dann näher kam, stockte mir der Atem. Die ganze lange Seite war voll mit grün, weiß angezogenen Personen. Hatte Dustin nicht gesagt, dass sie nur zwanzig Angestellte hatten? Das waren mindestens fünfzig. Liberty warf mit ihrem Kopf. Sie schien die Anspannung in mir zu spüren. Ich kam mir plötzlich einsam und allein vor. Wo war Dustin? Ich stand nun am Eingang und alle blickten mich erwartungsvoll an. Ich hielt unauffällig Ausschau nach Dustin und da war er. Mitten auf der Bahn stand er mit einem schwarzen Pferd. Er hatte englisch gesattelt und ebenfalls wie ich keine Gerte dabei. Das Pferd war anmutig, temperamentvoll und elegant. Sein Körper war schlank und hochbeinig. Erst jetzt erkannte ich, dass es Barysnikov war. Mir drehte sich der Magen um und ein Kloß blieb mir im Hals stecken. Meine Stute sollte gegen Barysnikov rennen?
Ich schluckte und ritt zu Dustin. Er grinste mir zu und versuchte den Hengst zu bändigen.
„Bist du verrückt geworden?“, fuhr ich ihn an. Sein grinsen wurde breiter.
„Hallo erst mal. Warum denn?“, fragte er provozierend. Ich wurde wütend und Liberty unruhig, sie warf mit dem Kopf und dribbelte unter mir.
„Was hast du dir dabei gedacht einen solchen Champion gegen meine Stute laufen zu lassen?“, patze ich ihn an. Ich hatte keine Chance. Liberty stampfte mit dem Fuß auf und wieherte herausfordernd. Ein Staunen ging durch die Menge und ich blickte mich um. Alle sahen uns erwartungsvoll an.
„Sally, er ist auch nur ein Pferd und sie hat eine genauso gute Abstammung. Zeig ihnen allen doch einfach, was in euch steckt.“, gab er sanft zurück und ich beruhigte mich etwas. Auch nur ein Pferd? Barysnikov, hatte alle Preise abgeräumt die es zu holen gab, aber ich wollte kein Spielverderber sein.
„Also gut, aber du versprichst mir, das du ihn nicht zurück hältst und mich gewinnen lässt. Dies ist ein Rennen und kein Spaziergang. Du versuchst zu gewinnen und wenn du schummelst gehe ich nicht mit dir zum Abschlussball!“, gab ich als Bedingung.
„Okay, ich verspreche es!“, sagte er ernst. Barysnikov bäumte sich immer mehr auf und hob mit der Vorderhand immer wieder vom Boden ab. Liberty wurde ebenfalls nervös, sie warf mit dem Kopf und stand etwas unter Spannung. Neben uns hielt jemand eine elektrische Glocke. Zwei Männer kamen auf die Bahn und jeder fasste einen am Zügel und sie stellten uns auf die gleiche Höhe. „Eine Runde?“, fragte ich noch schnell.
„Eine Runde.“, gab er grinsend zurück. Ich fasste meine Zügel nach und setzte mich in den leichten Sitz. Ich warf noch einen kurzen Blick zu Dustin. Er machte dasselbe und blickte dann ebenfalls zu mir. Ich konzentrierte mich wieder auf Liberty. „Hör zu, wenn du diese Distanz durchhalten willst, musst du es langsam angehen lassen. Wir bleiben erst einmal hinten im Schatten von ihm und erst auf der Zielgeraden, wenn ich dir ein Zeichen gebe gibst du alles verstanden? Wir werden es ihnen schon zeigen.“, flüsterte ich ihr mit Ehrgeiz ins Ohr. Sie prustete einmal und ich nahm das als ja. Sofort stand sie ganz still und bewegte sich nicht. Der Mann hob die Glocke.
„Achtung!“, rief er. Wenige Sekunden später klingelte es. Barysnikov und Liberty machten gleichzeitig einen Sprung nach vorne und preschten dann los. Sie liefen Kopf an Kopf und schien sich immer mehr übertrumpfen zu wollen.
Ich klopfte ihr den Hals. „So ist es gut mein Mädchen und jetzt langsam!“, forderte ich sie auf. Ich gab ihr leichte Paraden und sie gehorchte. Sie wurde langsamer und reihte sich hinter Barysnikov ein. „Das hast du sehr gut gemacht!“, lobte ich sie. Das Donnern unserer Hufe war unglaublich. Es war viel lauter, als wenn man nur zusah und mein Herz schlug ungleichmäßig. Es war berauschend. Dustin ritt vor mir und blickte nicht zurück. Ob es ihm ähnlich ging wie mir? Die Strecke kam mir wie eine Ewigkeit vor. Liberty schien es zu gefallen sich hinten dran zu hängen. Sie hatte keine Probleme mit zu halten und für ihre Verhältnisse kam mir das Tempo auch etwas untertourig vor. Wir kamen nun in die erste Kurve und ich wollte etwas aus probieren. Ich hatte heute nicht vor jemandem etwas zu beweisen und mir kam es so vor, als wäre das ein leichtes für sie. „Noch langsamer mein Mädchen, lass ihn rennen. Wir versuchen was anderes.“, flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie wurde noch langsamer und ließ sich zurück fallen. Der Abstand zu Barysnikov erweiterte sich immer weiter und er zog davon. Mittlerweile durften es an die vier bis fünf Pferdelängen sein und es wurden immer noch mehr. Sieben bis acht, neun bis zehn. „So und jetzt den Abstand halten hörst du!“, forderte ich sie auf. Ihre Galoppade nahm wieder etwas zu, doch sie blieb zurück. „So ist es gut. Warte auf mein Zeichen hörst du?“, flüsterte ich ihr zu. Ihre Ohren waren gespitzt und ihre Mähne flog im Wind. Ihre Nüstern waren gebläht und ihr Blick ging stur nach vorne. Wir kamen nun in die zweite Kurve. Ich spannte mich an. Wenn die halbe Kurve vorbei war, war es so weit. „Jetzt mein Mädchen! Zeig was du kannst! Tritt in deinen eigenen Schatten und zeig das du die Größte bist.“, rief ich ihr zu. Ich gab ihr die Zügel und sie beschleunigte ruckartig. Wir holten wieder auf. Ich wollte sie nicht stören und ließ sie einfach machen. Ihre Galoppsprünge wurden immer weiter und schneller. Ihr Atem wurde härter und ihr Blick metzelte alles nieder. Fünf bis vier Pferdelängen. Zwei bis eine. Wir holten viel zu schnell auf und sie gab wirklich alles. Nur noch ein paar hundert Meter bis zum Ziel. „ Komm schon mein Mädchen gib alles!“, flüsterte ich auffordernd. Und tatsächlich. Wie ein plötzlicher Energieschub legte sie noch einmal stark zu. Wir flogen einfach an Barysnikov vorbei und bekamen immer mehr Abstand. Das konnte doch nicht sein. Sie lief schneller als Barysnikov. Das war doch nicht möglich. Wir galoppierten durchs Ziel und ich setzte mich langsam hin und bremste sie ab. „Langsam Liberty, langsam.“, beruhigte ich sie. Wenige hundert Meter später viel sie in den Trab und ich machte kehrt. Dustin hatte Barysnikov schon wieder und trabte ebenfalls zurück. Ein Staunen ging durch die Menge und dann fingen sie an zu klatschen. Ich blickte mich verwundert um. Sie klatschten, jubelten und pfiffen. Ich klopfte Liberty den Hals. Sie schnaubte schwer. „Das hast du toll gemacht.“, lobte ich sie. Ich stieß zu Dustin und wurde unsicher. Hatte er Barysnikov zurück gehalten, oder war Liberty wirklich so schnell gewesen? Ich sah ihn durch dringlich an, doch er zeigte keinerlei Andeutungen. Alle Leute kamen auf die Bahn auf uns zu und stellten sich um uns rum. Dustin sprach mit einem.
„Siehst du? Ich habe es dir doch gesagt. Sally und Liberty sind unschlagbar. Nicht einmal eines der besten Pferde Amerikas kann da mithalten.“, sagte er zufrieden. Der Mann war total empört: „Ich verstehe das gar nicht! Als die Stute hier gestanden war, hat sie jeden in den Sand gesetzt.“ Dustin grinste.
„Sally ist eben etwas Besonderes!“, gab er dann angeberisch zurück und blickte zu mir herüber. Ich wurde rot und kam mir sofort wieder blöd vor. Dustin stieg ab und ich tat es ihm gleich. Zwei Männer griffen in die Zügel von Barysnikov und Liberty und führten sie dann weg. Dustin kam zu mir herüber und legte mir einen Arm um die Schulter. Ein etwas kleinerer Mann drängelte sich durch die Menge.
„Hey Dustin, wenn du so viel von ihr hältst, dann lass sie doch auf Diable de cheval reiten!“, rief er dann. Alles Verstummte und blickten zu Dustin. Dustins Blick verfinsterte sich. Ich jedoch wurde neugierig, denn seine Box hatte ich ja schon gesehen.

Snow


„Wer ist Diable de cheval?“, fragte ich Dustin. Er wandte langsam seinen Blick zu mir.
„Diable de cheval ist ein Pferd.“, sagte er schroff. Er schien aus irgendeinem Grund nicht mehr sagen zu wollen. Aber ich ließ nicht locker. Er schien ein Problem damit zu haben, dass ich auf dieses Pferd steigen sollte.
„Darf ich ihn sehen?“, fragte ich dann einfach. Es war mir zu blöd Dustin alles aus der Nase zu ziehen. Er blickte den kleineren Mann wütend an und der Mann wich ängstlich zurück. Er wandte sich wieder an mich, seufzte und flehte mich an:„Bitte vergiss ihn wieder!“ Ich schüttelte unverständlich den Kopf. Was hatte er denn auf einmal?
„Ich werde ihn nicht wieder vergessen. Zeig ihn mir bitte.“, sagte ich sanft. Er wandte den Blick ab und kniff die Augen zusammen. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner linken Brust. Ich vergaß alles um mich herum und strich ihm über die Wange, so dass er mich wieder ansehen musste.
„Bitte.“, flüsterte ich sanft. Er sah mir tief in die Augen, nahm meine Hand und führte mich von der Bahn. Das gesamte Personal folgte uns. Wir liefen querfeldein auf die Koppeln zu. Er drückte meine Hand so fest wie niemals zuvor und mein Schmerz wurde noch stärker. Irgendetwas schien ihn zu quälen. Vor einer kleinen Koppel hielt er und deutete auf einen Hengst. Unter dem anmutigen Tier seinen Dreckflecken schimmerte schneeweißes Fell hindurch. Seine Augen waren pechschwarz und blickten sich verwundert und panisch um.
„Das ist Diable de cheval. Er steht seit wir hier ankamen auf der Koppel, weil ihm niemand zu nahe kommen darf. Er lässt niemanden an sich ran. Auf die Koppel ist er allein gerannt.“, sagte Dustin sanft und mir wurde sofort klar was los war. Er hatte Angst um mich. Er wusste ganz genau, dass ich es wagen würde. Der Hengst war anmutig und sah zu uns herüber. Er hatte sicherlich schon einen Stockmaß von einem Meter und siebzig. Alle versammelten sich um die Koppel und schauten erwartungsvoll zu uns herüber. Ich konnte meinen Blick nicht von dem Tier wenden. Ein so schönes Tier hatte ich bis auf Broadway noch nie gesehen. Er ähnelte ihm sehr. Ich löste mich von seiner Hand, doch er griff sofort wieder danach und hielt mich zurück.
„Bitte tu mir das nicht an!“, flehte er mich an. Ich blickte ihm in die Augen und wurde weich, aber ich musste mir selber beweisen, dass er böse war. Ich ging auf ihn zu gab ihm einen Kuss und umarmte ihn ganz fest. „Vertrau mir! Ich werde nichts tun was mich verletzen könnte.“, flüsterte ich ihm sanft ins Ohr. Ich ließ ihn los und kletterte unter dem Koppelzaun durch. Der Hengst warf hektisch mit dem Kopf und alle um uns herum blickten mich entsetzt an. Ich lief ein paar Schritte auf ihn zu und er wich genau dieselben Schritte zurück. Ich wusste überhaupt nicht was ich tat. Irgendetwas in mir schien zu bestimmen was ich tat. Ich senkte meinen Blick auf den Boden und machte einen großen Bogen um ihn. Ich lief einfach an ihm vorbei und lief weiter. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, dass er sich mit drehte und mich mit seinem Blick verfolgte. Ich drehte mich wieder um und blickte ihn an. Er stampfte mit dem Vorderfuß auf und wieherte lauthals. Langsam machte ich einen Schritt auf ihn zu und setzte mich ins Gras. Um mich herum war es toten still und alle sahen mir zu. Der Hengst senkte seinen Kopf und kaute nachdenklich. Seine Ohren spielten und er war sich sichtlich unsicher. Er riss den Kopf hoch und galoppierte auf mich zu. Er hatte die Ohren dicht angelegt und drohte mir. Er machte keinerlei Anzeichen an zu halten, doch ich hatte keine Angst. Die Menge stöhnte und Dustin schrie: „Neeeein!“
Ich blickte kurz zu Dustin der nur entsetzt zu mir rüber sah. Ich stand schnell auf und starrte dem Hengst verächtlich in die Augen. In seinen Augen standen die Wut und der Zorn. Kurz bevor er mich überrennen konnte, bremste er ab und stieg auf die Hinterhand. Er trat gewaltig mit den Vorderfüßen. Ich starrte ihm weiter in die Augen und wich nicht vom Fleck. Stattdessen, machte ich einen Schritt auf ihn zu. Der Hengst sprang ängstlich einen gewaltigen Sprung zurück und schnaubte stark. „Du willst hier niemandem weh tun, du hast einfach Angst, dass nimmt dir keiner übel. Jeder hat mal Angst. Doch die einigste Möglichkeit sie los zu werden ist ihr sich gegenüber zu stellen. Ich sehe du bist mutig und stark, aber vor deiner Angst fliehst du. Überwinde sie, denn ich weiß du bist stärker. Keiner hier will dir irgendetwas Böses. Deine Angst macht dich blind und das ist schlimm. Ich könnte dir helfen sie zu überwinden. Ich weiß das du es kannst.“, sagte ich sanft, jedoch laut und deutlich. Der Hengst wich drei Schritte zurück und wieherte lauthals. „Überleg es dir ich habe Zeit.“, sagte ich sanft drehte mich um und lief auf den entgegen gesetzten Zaun zu.
„Vorsicht!“, hörte ich sie schreien. Ich hielt an drehte mich jedoch nicht um. Ich schielte nach hinten. Der Hengst stand nun direkt hinter mir und sein Blick war viel sanfter. Langsam drehte ich mich, ohne ihn an zu sehen, um und lief Rückwärts ein paar Schritte. Er folgte mir auf Schritt und Tritt.
„Das machst du sehr gut.“, lobte ich ihn. „Zeig deiner Angst, dass du der Stärkere bist!“, forderte ich schroff. Ich hielt an und er kam näher an mich heran. Ich spürte nun seinen Atem in meinem Gesicht und blickte zu ihm hinauf. Um mich herum begannen die Leute zu tratschen. Langsam hob ich meine Hand vor mit fünfzig Zentimeter Abstand vor seine Nase. „Zeig es deiner Angst!“, wiederholte ich mich. Er warf einmal mit dem Kopf und kam dann noch einen Schritt näher. Er drückte von sich aus seinen Nasenrücken in meine Handfläche. Um mich herum war nun wieder alles still.
„Na siehst du, ich wusste doch dass du es kannst!“, sagte ich sanft und lächelte ihn an. Sein Blick war nun klar und er schmiegte seinen Kopf an meine Hand. Ich strich ihm sanft über die Stirn. Er genoss es zu tiefst und ließ sich von den vielen Leuten nicht ablenken.
„Öffnet das Gatter!“, rief ich über die Koppel. Es brauchte eine gewisse Zeit bis einer der Männer reagierte. Sie schienen alle gefesselt.
„Folge mir bitte und weich mir nicht von der Seite!“, sagte ich sanft zu ihm und lief auf den offen stehenden Ausgang zu. Der Hengst lief gelassen neben mir her und sah sich interessiert um. Ich verließ mit ihm die Koppel und lief in Richtung Stall. Er folgte mir ohne mit dem Ohr zu zucken.
„Ich vertraue dir!“, sagte ich sanft. Er brummelte leise und drückte seinen Kopf gegen meine Schulter. Ich musste lachen. Er schien seine Angst überwunden zu haben. Ich drehte mich nicht um, um nach den anderen zu sehen, sondern lief in seine Box und er folgte mir ohne jeglichen Zweifel. Ich schloss die Boxentür und tätschelte ihm sanft den Hals. Er schien zufrieden und machte sich an das Heu. Ich erschrak als Dustin nach meiner Hand griff und mich fest umarmte.
„Tu so etwas nie wieder!“, sagte er verzweifelt. Ich umarmte ihn ganz fest.
Um uns herum fingen wieder alle an zu klatschen. Ich strahlte. Es fühlte sich gut an, denn es war wieder ein ängstliches Pferd weniger. Ich blickte auf seine Tafel. Der Name Diable de cheval, hieß Teufelspferd, das wusste ich, aber so wollte ich ihn nicht nennen. Er war erst drei Jahre alt.
„Darf ich mit ihm weiter trainieren?“, fragte ich Dustin dann durch die tobende Menge hindurch. Er sah mich entsetzt an.
„Nein!“, er fuhr mich zornig an. „Dieses Pferd heißt nicht umsonst Diable de cheval. Er ist gefährlich und unberechenbar. Ich werde dich nie wieder so einer Gefahr aussetzten. Hast du gehört?“ Ich funkelte ihn wütend an.
„ Du kannst mich nicht ewig in einen Käfig sperren! Ich könnte genauso gut von einem Auto überfahren werden!“, schrie ich ihn durch die jubelnde Menge hindurch an. Er senkte seinen Blick und schien am Boden zerstört. „Es tut mir leid, ich… ich wollte dich nicht verletzten.“, sagte ich sanft und entschuldigend.
„Nein, du hast Recht. Ich kann dich nicht einsperren und du musst selber wissen was gut für dich ist. Ich bring ihn dir zu Uli.“, sagte er dann sanft. Ich umarmte ihn ganz fest.
„Nein es stimmt nicht. Du sperrst mich nicht ein. Ich mag dich so wie du bist und ich bin froh darüber das du dir so große Sorgen um mich machst.“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Sein Druck wurde fester und wir umarmten uns eine halbe Ewigkeit. Um uns herum wurde es auch wieder stiller. Einer der Männer stellte sich auf einen Strohballen und alles verstummte.
„Wir haben ja auf der Rennbahn schon gesehen wozu dieses Mädchen fähig ist, aber das eben auf der Koppel, dass war wahres Wunder. Ich hätte es nie geglaubt wenn ich es nicht selber gesehen hätte. Dieses Mädchen hat die Gabe! Sally, komm zu mir herüber!“, sprach der Mann höflich. Ich sah Dustin fragend an und er nickte leicht. Die Leute machten mir den Weg frei und ich lief mit rotem Kopf auf den Mann zu. Er reichte mir die Hand und zog mich dann auf den Strohballen.
„Nun lasst uns feiern! Auf das Mädchen, dass die Gabe besitzt mit Pferden zu Kommunizieren und auf Dustin, der wieder im Sattel sitzt!“, sagte er laut. Alle jubelten und ich senkte schüchtern den Blick. Ich sollte mit Pferden kommunizieren können? Wir stiegen von unserem hohen Podest und alle löcherten mich mit fragen. Die meisten konnte ich nicht beantworten, da ich es selber nicht genau wusste. Im Stall wurde die Stereoanlage angeschaltet und alle amüsierten sich. Nach einer Weile zog mich Dustin um die Ecke und verschwand einfach mit mir.
„Ich will auch noch etwas von dir ab haben.“, sagte er frech. Wir lehnten uns von außen an das Stallgebäude. Ich war gut gelaunt, denn das Personal wusste wie man sich amüsierte.
„Sie sind alle sehr nett!“, sagte ich fröhlich und er nickte nur. Er stellte sich mir gegenüber und lehnte eine Hand links neben mir an die Wand und die andere rechts, dann küsste er mich an meinen Hals. Es kitzelte fürchterlich. Ich zog seinen Kopf hoch und küsste ihn zärtlich auf den Mund. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und drückte mich ganz fest an ihn. Plötzlich jedoch, kam jemand um die Ecke.
Sofort schob ich ihn von mir.
„Ach hier seit ihr, ich wollte mal kurz mit Sally alleine Reden.“, sagte ein älterer Mann. Dustin nickte und lief dann wieder zurück in den Stall. Ich blickte den Mann erwartungsvoll an.
„Ich werde mich höflicherweise vorstellen. Mein Name ist Frank.“, fing er an. „Du fragst dich sicher warum ich mit dir alleine reden will, aber mir ging da die ganze Zeit schon etwas durch den Kopf. Ich arbeite schon seit über dreißig Jahren hier und habe so etwas noch nie gesehen. Du bist etwas Besonderes. Du kannst ihre Gefühle beeinflussen. Du kannst mit ihnen reden und ihnen zeigen was du fühlst. Ich sage dir Jockey wäre der richtige Beruf für dich. Du siehst den Pferden in ihre Herzen und nicht auf ihre Fellfarbe. Tja du liebe Sally bist eine wahre Pferdeflüsterin. Die Leute hier glauben an eine alte Legende eines Mädchens, das die Gabe besaß mit den Pferden zu Kommunizieren und ihnen zu sagen was sie tun sollen. Sie denken du hast diese Gabe und es scheint wirklich so. Das wollte ich dir nur sagen, denk darüber nach.“, er sprach so weise und seine Worte fesselten mich. Bevor ich noch etwas sagen konnte war er verschwunden. Dustin kam wieder zu mir und hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Pferdeflüsterin?“, fragte er staunend. Ich war verblüfft. „Du hast gelauscht?“, fragte ich entsetzt. Er zuckte nur mit den Schultern und küsste mich dann sanft.
Ich küsste zurück und sah dann auf die Uhr. Es war schon sechzehn Uhr dreißig. So langsam musste ich wieder aufbrechen.
„Ich muss wieder los, sonst muss ich im dunkeln reiten.“, sagte ich leise. Er nahm mich an den Schultern und hielt mich von sich weg.
„Ach, du willst Diable de cheval also nicht mitnehmen?“, fragte er belustigt. Ich sah ihn verblüfft an und er drückte mich wieder an sich.
„Ich fahr dich, Liberty und Diable de cheval gleich mit dem Hänger nach Hause, aber vorher müssen wir uns noch verabschieden.“, sagte er dann leise und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn.
Wir liefen wieder in den Stall und stellten erstaunt fest, dass alle weg waren. Sie hatten sich wohl wieder an die Arbeit gemacht. Ich sah Dustin fragend an und er zuckte nur mit den Schultern.
„Also dann halt nicht. Ich geh ankuppeln und lade die Sachen ein und du machst erst mal Liberty fertig. Sie steht ganz hinten rechts.“, sagte er sanft. Ich nickte und lief dann los. Liberty blickte mir schon entgegen und brummelte leise als ich kam. „Na komm mein Mädchen, lass uns nach Hause fahren.“, sagte ich zu ihr, während ich ihr das Halfter überzog. Ich führte sie auf die Stallgasse und band sie erst einmal an. Ich blickte an den Boxen entlang und sah wie der Hengst zu mir herüber sah. Seine schwarzen Augen waren sanft und klar. Mir fiel nun endlich ein Name für ihn ein. „Von jetzt an werde ich dich einfach Snow nennen. DU bist so weiß wie der Schnee.“, sprach ich sanft zu ihm herüber. Er warf einmal mit dem Kopf und blickte mich dann wieder erwartungsvoll an. Er schien einverstanden und ich war zufrieden. Ich hörte Schritte und blickte die Stallgasse entlang. Dustin kam auf mich zu.
„Ich wäre dann so weit. Wir laden zuerst Liberty ein und dann holst du Diable de cheval.“, sagte er sanft. Ich band Liberty los und führte sie hinter ihm her, hinaus auf den Hof. Vor uns stand ein schwarzer Geländewagen mit einem silbernen Anhänger. Die Rampe war offen und ich führte sie langsam auf den Hänger zu. Sie lief mir einfach hinterher hinein und ich band sie recht kurz, da der Hengst neben ihr stehen würde. Das Hengstgitter würde da nicht viel bringen. Sie rupfte sich immer wieder das Heu aus dem Netz und schien gelassen. Dustin schloss die hintere Stange und stellte sich dann neben den Hänger.
„So ist es gut mein Mädchen, wir sind gleich zu Hause. Nur keine Angst.“, flüsterte ich ihr zu und küsste sie auf ihren Nasenrücken. Ich verließ den Hänger und trat zu Dustin. „Hast du mir ein altes Halfter für Snow?“, fragte ich ihn. Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Snow? So willst du ihn nennen? Naja, ich schau mal ob ich was finde.“, sagte er freundlich. Er lief in den Stall und ich lief ihm nach ging dann aber zu Snow. Er sah mich und nickte mit dem Kopf. Ich stellte mich vor ihn und strich über seine Stirn. „Weißt du noch was ich dir gerade eben gesagt habe? Hab keine Angst und sei stark. Das gilt für hier nun auch. Habe Vertrauen.“, sagte ich sanft. Ich öffnete die Box und er trottete mir hinterher, bis an die Stelle an der Dustin in der Sattelkammer verschwunden war. Er kam wieder raus und blieb abrupt stehen. Ich musste lachen. Er hatte wohl nicht gedacht, dass ich hier mit ihm warten würde. Er gab mir das Halfter und schüttelte grinsend den Kopf. Ich ging langsam zu Snow und zog ihm sanft das Halfter an. „So ist gut mein Junge, das machst du sehr gut. Es ist nur ein Halfter. Ich werde dich jetzt gleich in den Hänger bringen. Versuch dich bitte zu benehmen.“, sprach ich sanft zu ihm. Er kaute nachdenklich und blickte auf den Hof. Ich nahm den Strick auf und lief an. Er machte keine faxen und hatte sich sofort an das Halfter gewöhnt.
Ich lief gerade auf die Rampe zu ohne ihn an zu sehen. Er betrat sie mit einem Fuß und blieb stehen. Er kaute wieder nachdenklich, roch einmal an der Rampenmatte und lief mir dann hinterher hinein. Liberty blickte uns durch das Gitter interessiert an. Auch Snow band ich kurz an. Dustin schloss wieder die Stange und dann die Rampe.
„Benehmt euch bitte ihr zwei, die Fahrt dauert nicht lange.“, sagte ich sanft. Sie sahen mich beide munter an und ich verließ den Hänger durch die kleine Seitentür. Jetzt erst bemerkte ich die Aufschrift seitlich auf dem Hänger. Running Champions by Jim Hope stand da in fetter Schrift und darunter Gestüt Hopelessness Horses. Das klang ziemlich edel.
„Können wir?“, fragte Dustin in meine Gedanken hinein. Ich nickte nur und wir stiegen ein. Er fuhr langsam und behutsam an. Er war mit der Tachoanzeige nie höher als dreißig, doch er schien trotzdem nicht besonders konzentriert, eher gelangweilt. Mir vielen die Worte von Frank wieder ein. Pferdeflüsterer ich? Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, aber der Gedanke gefiel mir. Heute hatte ich wirklich viele Leute kennen gelernt und es war ein wunderschöner Tag.
„Danke!“, sagte er plötzlich sanft. Ich sah ihn verdutzt an.
„Wofür?“, fragte ich. Er legte seine Hand auf meine.
„Dafür, das ich endlich wieder im Sattel sitzen durfte, du wieder heil die Koppel verlassen hast und es so ein schöner Tag ist.“, sagte er fröhlich. Ich musste lachen und mit seinen Worten kamen auch wieder die Gedanken zurück.
„Dustin, was hast du gedacht, als Snow auf mich losgegangen ist? Ich habe nur gehört wie du geschrieen hast, was ging in dir vor?“, fragte ich vorsichtig. Er blickte kurz zu mir und sah dann wieder auf die Straße.
„In mir haben sich die Bilder gespiegelt wie er über dich drüber rennt und was ich mir antun würde wenn dir was passiert. Ich hatte so panische Angst um dich, dass ich fast zu dir auf die Koppel gerannt wäre, doch sie hielten mich zurück. Für mich war es die reinste Folter, dir dabei zusehen zu müssen wie dieses Teufelspferd dich angreift.“, sagte er sanft. Ich wusste es besser, Snow ist kein Teufelspferd.
„Ist er nicht?“, fragte Dustin und ich fuhr zusammen. Hatte ich das eben laut gesagt?
„Nein ist er nicht! Er hat panische Angst gehabt, vor sich selber und vor uns. Ich habe einmal erzählt bekommen, dass Pferde Fluchttiere sind. Sie währen sich nur in äußersten Notfällen. Snow hatte panische Angst und das hat den Zorn und die Wut herauf beschworen. Er war also blind vor Angst.“, antwortete ich vorsichtig. Dustin blickte mich nun an, doch seinen Gesichtsausdruck konnte ich einfach nicht deuten. „Was ist?“, fragte ich ihn. Er seufzte und blickte wieder auf die Straße.
„Es ist nur… ich kenne niemanden, der so von Pferden redet. Du bist so anders. Du gehst auf die Pferde und ihre Gefühle genau ein, du weißt was sie denken und wollen, du bist eins mit ihnen. Es ist wie ein Wunder.“, sagte er gefühlvoll. Ich sah ihn erstarrt an. Was redete er da? Ich ging doch ganz normal mit Pferden um. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen. Wir fuhren auf den Hof und Uli stürmte aus seinem Büro.
„Um Himmels willen, ist etwas passiert? Ist jemand verletzt?“, rief er entsetzt. Ich stieg aus und lief zu ihm herüber.
„Reg dich erst mal ab Uli es ist alles in Ordnung. Wir waren nur bei Dustin auf der Rennbahn und haben ein neues Pferd dabei.“, beruhigte ich ihn.
„Was schon wieder ein Pferd mehr? So langsam fressen sie mir die Haare vom Kopf und du warst mit Liberty auf der Rennbahn?“, fragte er entsetzt. Dustin trat zu uns und gab ihm die Hand.
„Guten Tag, selbstverständlich, werden wir für die Kosten aufkommen.“, sagte er vertrauenswürdig um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Ich sah zu Dustin und er zwinkerte mir zu. Ich musste lächeln und lief dann zu den zwei Vierbeinern. Sie standen beide ziemlich ruhig und rupften abwechselnd Heu aus dem Netz. „So ihr zwei, wir sind da, gleich dürft ihr raus.“, sprach ich mit ihnen. Ich kletterte durch die kleine Tür wieder aus dem Hänger und öffnete die Rampe. Sie drehten beide die Köpfe um zu sehen wo sie waren, doch die Stricke waren zu kurz. Ich lief wieder vor zu Liberty, band sie los und warf ihr den Strick über den Hals. Ich beeilte mich und ging wieder auf dir Rampe. Uli und Dustin unterhielten sich immer noch, doch ich beachtete es nicht weiter. Ich öffnete sie Stange und tätschelte ihr auf die Kruppe. „So mein Mädchen, komm ganz langsam zurück.“, sagte ich zu ihr. Sie lief langsam und konzentriert die Rampe herunter und drehte sich um. „Das hast du gut gemacht. Na komm, ab in den Stall. Broadway wartet sicher schon.“, flüsterte ich sanft. Ich führte sie in ihre Box und lief dann gleich zu Snow. Ich machte es genau gleich und als er von der Rampe herunter war, blickte er sich neugierig um.
„Das ist er? Schneeweiß? Aus Barysnikov?“, fragte Uli erstaunt. Ich sah zu den zweien herüber und merkte das sie mich und Snow betrachteten.
„Ja das ist Diable de Cheval, Sally jedoch nennt ihn Snow.“, sagte Dustin lächelnd, während er mich ansah. Ich lächelte zurück und wandte mich dann wieder Snow zu.
„Na komm mein Junge. Ab in deine Box.“, sprach ich zu ihm und führte ihn in die Stallgasse. Ich erblickte Sascha, der gerade am Misten war. Erstaunt blickte er mir entgegen.
„Oh, ein Neuankömmling? Ich richte schnell eine Box her.“, sagte er schnell und lief los um Einstreu und Heu zu holen. Ich blieb mit dem viel zu großem Snow auf der Stallgasse stehen und kraulte seine Stirn. Er wurde immer zutraulicher und überwand seine Angst. Seine Ohren hingen schlapp zur Seite und in seinen Augen, sah ich die Zweifel, die sich aufgestaut hatten. Ich strich über seinen weichen Nasenrücken und er kaute nachdenklich. Sascha kam zurück, legte die Box mit Stroh aus und warf noch einen Haufen Heu hinein.
„So fertig, wird er lange hier bleiben?“, fragte er dann.
„Ich weiß nicht wie lange er hier bleiben wird, auf jeden Fall eine geraume Zeit.“, antwortete ich und führte Snow in seine Box. Ich nahm ihm das Halfter ab und ließ ihn dann allein. Er machte sich sofort an das Heu und fraß es genüsslich. Sascha stand neben mir und wollte noch weitere Fragen stellen, aber ich ließ ihn nicht und lief wieder hinaus auf den Hof. Dustin und Uli standen immer noch da und unterhielten sich, doch als ich zu ihnen trat verstummten sie abrupt. Verwundert sah ich sie beide an. Sie starrten mich ebenfalls an. Hatte ich etwas im Gesicht? Warum starrten sie mich beide so an?
Uli seufzte. „Nun, du willst also, dass ich Broadway mit Dustin zusammen trainiere?“, fragte er mit einem unverständlichem Unterton. Ach darum ging es.
„Ja. Ich weiß, dass Broadway es kann und denke Dustin ist der Richtige für ihn. Sie verstehen sich sehr gut. Ich weiß, dass du nicht mehr trainieren willst, aber bei den Flushs hilfst du doch auch, nur halt mit ihren Pferden. Mach doch wieder deine eigene Anlage auf, mit deinen eigenen Pferden. Du warst früher einer der besten! Du kannst das.“, sagte ich hoffnungsvoll. Er holte tief Luft und sah mich dann finster an.
„Ich überlege es mir, aber mach dir kein zu großen Hoffnungen“, sagte er dann weicher. Ich jubelte innerlich und lächelte. Das war immerhin ein gutes Zeichen.
„Sally, du solltest lieber langsam nach Hause. Deine Mutter hat schon angerufen und gefragt ob du schon wieder bei mir gewesen wärst.“, sagte er dann, um das Thema zu wechseln. Ich nickte nur und brachte noch die beiden Sättel und Trensen in die Sattelkammer. Als ich wieder auf den Hof trat war Uli fort und Dustin hatte den Hänger fahrbereit gemacht.
„Ich fahr dich nach Hause. Kommst du?“, sagte er dann. Ich nickte wieder und stieg dann ein. Er fuhr zwar nicht so schnell wie sonst, aber auch nicht so langsam wie vorhin. Wir hielten vor unserem Haus und er schaltete den Motor ab.
„Ich danke dir, dafür dass ich Snow haben darf und für diesen schönen Tag. Ich fand es einfach nur schön. Wir sollten öfters mal gegeneinander reiten, aber vielleicht nicht mit Champions.“, sagte ich sanft. Er blickte mich lächelnd an.
„Du brauchst mir nicht zu danken, du hast mich in den Sattel gebracht und du warst und bist bei mir. Das ist das Schönste was es gibt.“, sagte er dann sanft. Ich freute mich, dass es ihm ebenso erging und wünschte mir, wir müssten uns nie wieder trennen. Ich griff nach seiner Hand und beugte mich zu ihm herüber um ihn zu küssen. Er erwiderte meinen Kuss und so kam es, dass wir noch eine Ewigkeit zusammen im Auto saßen. Ich schmolz jedes Mal dahin, wenn er zu mir herüber blickte. Ich konnte es gar nicht genau beschreiben. Dieses Gefühl, diese Wärme und mein Herz. Es war alles so unerklärlich.
„Ich vermisse dich jetzt schon, obwohl ich weiß, dass ich dich morgen früh schon wieder sehe.“, hauchte er mir zu und strich mir eine Strähne aus meinem Gesicht.
„Ich dich auch, aber am besten ich gehe jetzt, weil um so schneller kommt der morgige Tag und dann sehe ich dich um so schneller wieder.“, sagte ich scherzend und strich ihm über seine Wange. Er lächelte leicht und gab mir dann noch mal ganz sanft einen Kuss.
„Ich hol dich morgen früh wieder ab.“, sagte er dann. Ich nickte nur, stieg aus und lief zur Haustüre. Dustin blickte mir nach und wandte seinen Blick nicht ab. Ich warf ihm noch einen Handkuss zu und verschwand dann im Haus. Bounty kam angesprungen und ich hörte wie Dustin wegfuhr. Ich atmete erleichtert auf und begrüßte Bounty. Mir viel ein, dass ich ihm versprochen hatte einen Spaziergang mit ihm zu machen. Ich ging nach oben und zog mir andere Sachen an, dann lief ich wieder nach unten und lauschte.
„Mum? Bist du da?“, rief ich durchs Haus.

Und zweitens kommt es anders


„Ich bin hier!“, kam die Antwort aus der Waschküche.
„Ich geh mit Bounty spazieren. Das hab ich ihm versprochen.“, rief ich ihr zu.
„Ist ok.“, rief sie kurz zurück und ich verließ mit Bounty das Haus. „Na komm mein kleiner. Du musst dich bestimmt austoben.“, sagte ich zu ihm und er rannte nach draußen. Ich folgte ihm und wir liefen zusammen die Straßen entlang. Es war entspannend und bei so etwas, konnte man immer gut nachdenken. Dieses Wochenende, würde ich nie vergessen. Es war das schönste Wochenende das ich je hatte. Ob Dustin…? Nein, er hatte sicher schon schöneres erlebt, obwohl er gesagt hatte, dass dies ein schöner Tag gewesen war. Er war schon in ganz Amerika herum gekommen und hatte alles Mögliche gesehen. Wie gern würde ich an seiner Stelle in diesem Haus leben und Rennpferde züchten. Es war einfach unglaublich. Wie in einem Traum. Mir kamen immer noch Zweifel, dass dies der Realität entsprach. Die Leute auf seinem Hof sind alle so freundlich. Sie arbeiten zusammen, haben sich alle gern und sind immer guter Laune. Mit Snow, war es etwas anders. Er hatte etwas an sich gehabt, was mich angezogen hat. Mich schienen Pferde die große Angst hatten an zu ziehen. Es war ein unglaubliches Gefühl vor dem steigenden Hengst zu stehen. Bei so etwas verliere ich die Kontrolle über meinen Körper. Ich weiß selber nicht genau, wie ich das tat. Ich tat es einfach unbewusst. Snow war so ein Pferd, das mich anzog, genauso wie Broadway und Liberty. Ich konnte nur hoffen, dass Uli Broadway mit Dustin als Reiter, trainieren würde.
Irgendetwas sagte mir, das sie eine Chance verdient hätten. Dustin Hope auf Broadway. Das hörte sich doch gar nicht so schlecht an. Wir liefen nun im Wald und es dämmerte bereits, doch ich hatte es Bounty versprochen. Wir liefen also weiter und ich versank wieder in Gedanken. Was wenn ich wirklich eine besondere Gabe hätte? Warum sollte dann ausgerechnet ich sie haben? Ich blickte nach oben, durch die Blätterdächer in den dunklen Himmel. Was hatte ich, wofür ich so etwas verdient hätte? Der Weg wurde schmaler und endete als Trampelpfad. Ich lief immer weiter in den Wald und beachtete die Dunkelheit gar nicht.
Nun hatten wir drei Pferde im Stall, mit denen ich arbeiten musste, aber als erstes musste Broadway sich reiten lassen, denn die Rennsaison, hatte bereits begonnen. Ich wurde aus meinen Gedanken gezogen, als Bounty bellte. Es war nicht freundlich sondern wütend und er knurrte. Ich blickte mich nach ihm um und sah ihn vor einem der Büsche stehen. Erschrocken fuhr ich zusammen, als es raschelte. Ich starrte den Busch an und Bountys knurren wurde stärker. Jetzt erst hörte ich noch ein Knurren um uns herum begann es zu Rascheln und Knurren. Erstarrt und gefesselt blieb ich stehen. Was auch immer sie waren, sie kreisten uns ein. „Bounty, ganz ruhig, ganz ruhig.“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
Langsam kam er zu mir und stellte sich schützend vor mich. Aus dem Busch der als erster geraschelt hat, kam nun ein knurrender Hund heraus. War es ein Hund oder ein Wolf? Ich konnte es nicht sagen, er sah auf jeden Fall nicht sehr freundlich aus. Kurze Zeit später wurden es immer mehr. Es schien ein Rudel zu sein und sie sahen irgendwie hungrig aus. Mein Atem wurde heftiger und mein Herz schien zu stocken. Warum musste ich immer die Gefahren anziehen? Ich blickte mich um, fand aber keinen Weg um zu fliehen. Es war, wie an dem Abend wo die Männer mich überfallen wollten. Dieses Mal jedoch, hatten wir es mit scharfen Zähnen zu tun. Ich blickte mich um und mir blieb ein Kloß im Hals stecken. Es waren nicht nur gefährlichere Gegner, sondern auch viel mehr. Es durften an die zehn Hunde sein die hier um uns herum standen. Die Dunkelheit ließ mir keine Chance sie alle zu zählen. Ich schluckte den Kloß runter und überlegte welche Möglichkeiten mir blieben. Sie standen dicht um uns und kamen langsam auf uns zu. Sie hatten ihre Nackenhaare gesträubt und zeigten ihre scharfen Zähne. Was konnte ich tun? Ich konnte weder vor, noch zurück, noch seitwärts und wenn ich mich zu hastig bewegte, dachte ich, sie würden sofort angreifen. Ich stand einfach nur da und hoffte sie würden sich verziehen.
Sie waren nun viel zu nah und Bounty wurde stocksauer. Er übertönte alle im Knurren und sein Fell sträubte sich nun ebenfalls. Nun ging alles viel zu schnell. Einer der Hunde ging auf Bounty los und sie bellten, jaulten, winselten und knurrten. Mir kamen die Tränen in die Augen, er setzte sich so sehr für mich ein. Am Ende stand Bounty und der andere Hund lag winselnd am Boden, doch das machte es nur noch schlimmer. Nun gingen mehrere Hunde auf einmal auf ihn los. Ich wusste nun hätte ich wegrennen können, doch ich wollte ihn nicht alleine lassen. Sie kämpften eine Ewigkeit, obwohl Bounty ihnen unterlegen war. Ein sehr lautes Knurren hinter mir lies mich zusammen fahren. Langsam drehte ich mich um. Vor mir stand ein sehr großer Hund. Er schien mir von allen der Stärkste zu sein und sein Körper war stark. Er starrte mir direkt in die Augen und stand geduckt. Seine Schulterblätter traten hervor und sein Schwanz war ausgestreckt. Ich wusste, dass ich gegen ihn erst recht keine Chance hätte. Nicht einmal das Weglaufen würde bei diesem Tier etwas bringen. Trotzdem musste ich es versuchen. Vor mir lag ein morscher Zweig. Ich hob ihn auf und nahm ihn wie eine Waffe. Der Hund starrte kurz den Stock an und dann wieder mich. Er hatte jedoch keinerlei Zweifel oder Angst. Die Wut stand ihm in den Augen und hier konnte ich wirklich nichts verrichten. Er machte einen Schritt nach vorne und ich einen zurück. Ich wusste nicht wann er angreifen würde und ob meine Reflexe ausreichen würden, ich wusste nur das ich etwas tun musste. Kurze Zeit später viel er mich an und biss mir in meinen Arm. Seine Zähne bohrten sich in meinen Arm und die Wunde brannte. Ich schrie vor Schmerzen auf. Blut lief von meinen Arm und tropfte daran herab. Ich konnte mich für einen Augenblick nicht bewegen, doch noch bevor er das zweite Mal zubiss schlug ich ihm mit dem Stock kräftig auf den Kopf. Er jaulte kurz und ich ergriff die Initiative und rannte los. Ich rannte einfach, ohne mich nach Bounty um zu drehen, so sehr es auch schmerzte. Es dauerte nicht lange bis ich merkte, dass mich jemand verfolgte. Ich schaute mich jedoch nicht um sondern rannte quer durch den Wald. Ich bekam kaum noch Luft und sehen konnte ich auch fast nichts. Es war einfach zu dunkel und das geäst am Boden, ließ mich ständig stolpern. Doch dann plötzlich, stolperte ich und flog hin. Mein Kopf schlug auf etwas hartes und stumpfes. Ich versuchte mich wieder auf zu rappeln, doch ich rutschte weg und war zu schwach. Mein Hände und Beine trugen mich nicht mehr und mein Gesicht landete im nassen Laub. Moment mal, nass? Es hatte seit Tagen nicht mehr geregnet. Mein Kopf wurde schwer und meine Augenlieder flatterten. Sie vielen zu und mir wurde schwarz vor Augen. Ich viel in eine Art Trance und spürte nur noch wie der Hund zum zweiten Mal zu biss. Dieses Mal in mein Bein. Ich zuckte vor Schmerz und fing an zu weinen. Was sollte ich nur tun? War dies mein Ende? Wer oder was konnte mir jetzt noch helfen? Mein Bein schmerzte und der Hund riss an meiner Hose herum. Ich spürte ein drittes Mal diesen stechenden Schmerz, dieses Mal an meinem Unterschenkel. Ich schrie wieder, doch der Hund hörte einfach nicht auf. Ich war viel zu schwach um mich zu wehren.
„Sally!“, rief jemand in meine Gedanken. Das war alles nur Einbildung. Wer um Himmels willen würde mich hier suchen?
„Sally!?“, rief wieder jemand und ich hob meinen Kopf etwas. Konnte es wirklich sein, dass…? Der Hund hörte ebenfalls auf und spitzte die Ohren. Da war wohl tatsächlich jemand.
„Hier!“, rief ich viel zu leise und ließ den Kopf wieder sinken. Ich hörte jedoch das Laub rascheln. Der Hund knurrte heftig.
„Verdammtes Mistvieh! Verschwinde du Köter!“, rief die männliche Stimme. Sie war mir so vertraut und ich wusste sofort, dass es sich um Dustin handelte. Ein dumpfer Schlag war zu hören, ein Jaulen und dann rannte der Vierbeiner weg.
„Verdammt hat der dich zugerichtet!“, hörte ich Dustins entsetzte Stimme. Ich konnte jedoch weder etwas sagen noch mich bewegen. Alles tat weh und es wurde immer nasser unter mir.
„Komm schnell weg hier!“, sagte er sanft und half mir dann mich auf zu setzen.
„Bounty!“, brachte ich heraus und versuchte mich, gegen seinen Griff zu wehren. Ich wollte selber laufen und zu ihm. Er war in diesem Augenblick mein einziger Gedanke, doch Dustin hielt mich fest.
„Ganz ruhig, dem geht es gut.“, sagte er sanft und strich mir über meine Wange.
„Ich- ich muss zu ihm!“, stieß ich hervor und wehrte mich heftig, doch er ließ mir keine Wahl. Er nahm mich hoch, so wie er es immer tat und trug mich davon.
„Ganz ruhig, ihm geht es gut.“, versuchte er mich zu beruhigen, doch ich wolle nicht, ich konnte einfach nicht.
„Bring- bring mich zu ihm. Ich muss zu ihm.“, brachte ich über meine Schmerzen zu ihm herüber.
„Du verlierst viel zu viel Blut. Das Einzige was du musst ist ins Krankenhaus.“, sagte er sanft und besorgt zugleich.
„Nein ich muss zu ihm!“, sagte ich schluchzend und weinend. Bounty verdankte ich wahrscheinlich mein Leben. Endlich kam ich frei und stand unsicher auf meinen Füßen. Ich sah mich um und humpelte langsam in die Richtung, aus der ich gekommen war.
„Sally, das bringt doch nichts!“, sagte Dustin frustriert und folgte mir. Er griff nach meinem Oberarm und stützte mich
„Er hat mich beschützt und gerettet.“, sagte ich nur ohne ihn an zu sehen. Ich lief einfach weiter und er neben mir her.
„Du bringst dich noch um!“, flüsterte er entsetzt. Ich beachtete es einfach nicht und lief weiter. Es dauerte eine Ewigkeit, bis wir zu dem Trampelpfad zurück fanden. Ich humpelte schneller und da sah ich ihn. Er jaulte und winselte. Von den Hunden keine Spur mehr, aber er lag auf der Seite in einer Blutlache da. Ich humpelte noch schneller und viel weinend vor ihm auf die Knie.
„Oh Bounty. Mein Junge. Es wird alles wieder gut. Ich bin hier. Ich pass auf dich auf“, beruhigte ich ihn. Er hob nicht einmal den Kopf, sondern blickte mich nur an. Er tat mir so Leid. Ich griff mit meinen Armen unter ihn und wollte ihn hoch nehmen. Ich stand mit ihm in meinen Armen auf. Er war schwer und nass, doch das war mir egal.
„Sally, ich nehm ihn. Gib ihn mir, du bist zu schwach.“, bat Dustin mich, doch ich ignorierte es und humpelte einfach an ihm vorbei. Mein T-Shirt, meine Hose und mein Kopf waren voll mit Blut. An meiner Hose lief es immer noch herab und von meinen Armen tropfte es. Dustin unterstützte mich so gut es ging, doch ich hatte nur Augen für den leidenden Bounty.
„Hast du dein Auto hier?“, fragte ich leise, kaum verständlich und geschwächt.
„Em… ja, es steht vor dem Wald.“, sagte er irritiert.
„Wir müssen zum Tierarzt.“, stieß ich schwer schnaufend hervor.
„Sally, du musst…“, setzte er an, doch ich unterbrach ihn: „Dustin bitte, fahr mich einfach zum Tierarzt. Ohne ihn, wäre ich womöglich Tod.“ Er nickte leicht und wir liefen weiter so schnell ich konnte. Bounty hörte nicht auf zu winseln.
„Bounty, ich bin hier. Es wird alles wieder gut.“, redete ich mehrmals beruhigend auf ihn ein. Er wurde etwas ruhiger, doch sein Körper wurde immer schwächer und er verlor Massen an Blut. Wir traten aus dem Wald und ich sah den weißen Mercedes. Dustin beeilte sich, holte eine Decke aus dem Kofferraum und legte sie unter Bounty. Er fuhr wie ein irrer und beachtete das Hupen der anderen Autos nicht. Ich wusste nur das Bounty es nicht mehr lange aushalten würde. Mit quietschenden Reifen hielt er vor der Tierklinik und ich stieg vorsichtig aus. Ich humpelte so schnell es ging hinein und wir wurden sofort in die Notaufnahme geleitet. Bounty musste operiert werden und ich musste draußen bleiben. Ich ließ mich erschöpft auf einen der Wartezimmerstühle sinken und atmete tief durch. Die Sekretärin kam zu mir herüber.
„Vielleicht sollte ich lieber einen Krankenwagen rufen.“, sagte sie besorgt.
„Nein! Nein, es geht mir gut, ich bleibe bei ihm.“, sagte ich stoßweiße und wurde immer schwächer. Dustin kam angerannt und setzte sich neben mich und die Frau ging wieder.
„Sally, du musst ins Krankenhaus, bitte! Ich will nicht, das du…“, sagte Dustin flehend und bettelnd. Ich sah ihn schwer an und verstand ihn gut. Er machte sich Sorgen um mich, genauso wie ich um Bounty sorgte. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie fest. Er blickte mich mit flehenden und verzweifelnden Augen an, doch ich konnte nicht. Dieser Hund hatte alles für mich getan. Plötzlich ging es mir noch schlechter. Mein Atem wurde noch heftiger und alles tat weh. Mir wurde übel und ich kniff die Augen zu vor Schmerzen. Ich spürte, wie ich schwächer wurde und alles um mich herum schwarz wurde. Nein! Ich durfte nicht ohnmächtig werden, nicht jetzt. Ich kämpfte dagegen an und versuchte alles Mögliche, doch ich war einfach zu schwach. Mein Druck an Dustins Hand ließ nach.
„Sally? Sally, was ist los? Sally, sag doch was.“, rief er besorgt und legte dann seinen Kopf in meinen Schoß. Er weinte und sein Körper zuckte. Das war das Letzte was ich spürte.

Ich wachte auf und öffnete die Augen. Alles tat mir weh und neben mir piepste es mal wieder. Schläuche führten um meinen Kopf in meine Nase und die Infusionsnadel piekste in meinen Arm. Ich holte einmal tief Luft und sah mich um. Ich war mal wieder im Krankenhaus. Ich sah neben mir ein Bett und das darauf Jemand angezogen lag. Ich rieb mir die Augen um besser sehen zu können und sah Dustin der schlief. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig und er hatte seine Hände unter seinen Kopf gelegt. Seine Brust hob und senkte sich und mich überkam ein Gefühl des Wohlbefindens. Er sah so süß aus wenn er schlief. Wie der kleine Dustin, der noch nicht so groß und höflich. Ich musste lächeln, doch auch diese Bewegung schmerzte. Ich betrachtete meine Bisswunde am Arm und uhrplötzlich, viel mir alles wieder ein. Der Kampf, Bounty, mein Sturz und der Tierarzt. Ich warf die Decke weg und wollte aufstehen, aber sofort bereute ich es. Die Nadel in meinem Arm tat weh und die Schläuche waren zu kurz.
„Au!“, entglitt es mir und sofort hob ich mir eine Hand auf den Mund und blickte zu Dustin. Der jedoch drehte sich nur um und schlief dann weiter. Puh, Glück gehabt. Ich atmete erleichtert auf und sah dann noch mal meinen Arm an. Es war eine große Wunde die rot eingeschlossen war. Man konnte genau erkennen, dass es sich um einen Hundebiss handelte. Die Nadel war wieder zu spüren, doch ich verkniff mir das Aua. Ich hasste Nadeln, genauso wie ich Spritzen hasste. Ich merkte wie langsam die Kraft in meinen Körper zurückkam. Die Infusionstasche war fast leer, also beschloss ich mich selbstständig zu machen. Obwohl ich wusste, dass es unvernünftig war, zog ich mir die Nadel und warf sie weg. Schon viel besser. Die Schläuche ließ ich lieber stecken, denn ich wusste nicht wie weit sie in mich gingen. Erst jetzt spürte ich mein linkes Bein schmerzend. Ich hob die Decke noch einmal an und sah die zwei verbundenen Stellen. Ich wollte gar nicht wissen, wie es darunter aussah, deswegen ließ ich die Decke wieder fallen. Ich hörte Stimmen und Schritte und achtete auf die Tür, doch sie gingen vorüber. Ich seufzte einmal und schämte mich sofort. Dustin war aufgewacht und drehte sich zu mir herum.
„Hey, du bist ja wach.“, sagte er leise und verschlafen. Ich nickte leicht und er stand auf. Ich war froh, dass er hier war. Er kam zu mir herüber und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Du warst zwei Tage bewusstlos und hast dich nicht bewegt. Selbst der Arzt, wusste sich nicht zu helfen.“, flüsterte er sanft. Er nahm meine kalte Hand in seine warme und mein Körper wurde insgesamt wärmer. Er blickte meine andere Hand an.
„Wie ich sehe, magst du Nadeln genauso wenig wie ich.“, sagte er dann leise, lachend. Ich lächelte ebenfalls und ich fühlte mich rundum wohl, doch mit einem Mal viel mir Bounty wieder ein.
„Bounty?“, fragte ich entsetzt und wollte mich aufsetzten. Sanft drückte er mich zurück.
„Es geht ihm gut. Er ist außer Lebensgefahr. Er hat einen starken Lebenswillen.“, sagte er dann beruhigend und leise. Ich gab seinem Druck nach und legte mich wieder entspannt hin. Es ging Bounty also gut. Mir schwirrte noch etwas anderes im Kopf herum.
„Dustin? Woher wusstest du wo ich war?“, fragte ich dann schroff. Er senkte seinen Blick und legte seine Stirn in Falten. Er seufzte, sagte aber nicht weiter.
„Hast du einen nächtlichen Spaziergang gemacht?“, fragte ich scherzhaft und etwas genervt. Langsam wendete er seinen Blick wieder auf mich
„Nein, ich…. Ich wollte noch mal zu dir, weil ich schon den ganzen Tag gespürt hatte, dass irgendetwas passieren würde und ich das Gefühl hatte, dich beschützen zu müssen. Vor deinem Haus hab ich dann gesehen wie du mit Bounty los gelaufen bist. Ich bin dir heimlich gefolgt und habe mir geschworen nur einzugreifen, wenn irgendetwas sein würde. Im Wald, hab ich dich dann verloren und bin einfach dem Trampelpfad gefolgt bis ich Bounty sah. Ich weiß es hört sich blöd an, aber ich spüre wenn etwas passiert.“ Ich dachte kurz über seine Worte nach. Er hatte mich verfolgt um mich zu beschützen und er hatte gespürt, dass etwas passieren würde. Und da ich die Gefahr sowieso anzog wie Nord- und Südpol, hat er gleich gedacht dass es mit mir zu tun hat.
„Du bist mir tatsächlich gefolgt?“, fragte ich noch mal ungläubig. Er nickte nur leicht und lächelte dann kaum merkbar. Ich beugte mich nach oben und küsste ihn sanft, doch als ich mich wieder zurücklehnte, ließ er mich einfach nicht los. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich immer wieder, bis es an der Tür klopfte. Er setzte sich wieder aufrecht hin und wir sahen beide erwartungsvoll zur Tür. Meine Mutter und derselbe Arzt wie beim letzten Mal, kamen herein.
„Sie ist ja endlich wach.“, sagte er aufmunternd und kam zu mir ans Bett. Meine Mutter lief hinter ihm und setzte sich dann auf die andere Bettkante, gegenüber von Dustin.
„Und so schlecht kann es dir auch nicht gehen. Wie ich sehe, hast du dich schon selbstständig von der Infusion befreit.“, sagte er dann lachend. Meine Mutter sah mich lächelnd an und griff nach meiner Hand.
„Spätestens morgen, bist du hier wieder draußen.“, fügte er noch hinzu und verließ dann das Zimmer.
„Was für ein Glück, das Dustin dabei war, nicht wahr?“, fragte meine Mutter glücklich. Ich sah ihn lächelnd an und er grinste breit.
„Ja, da hatte ich wohl echt Glück.“, antwortete ich dann lachend. Er schien meiner Mutter wohl eine ganz andere Geschichte erzählt zu haben. Die Tür sprang wieder auf und Uli kam herein.
„Na hier scheint ja gute Laune zu sein!“, sagte er und kam er fröhlich ans Bett. Er schien glücklich, wie alle anderen auch. Er beugte sich zu mir herunter und flüsterte dann: „Schau bitte, das du so schnell wie nur möglich wieder gesund wirst. Deine Pferde drehen durch und außerdem musst du Broadway für sein Training vorbereiten.“ Hatte ich da eben richtig gehört? Er würde Broadway trainieren? Ich viel ihm um den Hals.
„Danke!“, flüsterte ich ihm ins Ohr und strahlte. Nun war es also endlich wieder so wie früher. Er würde wieder seine eigenen Rennpferde trainieren und seinen Namen große Ehre machen. Ich blickte sie alle an. Ja, sie waren meine Gegenwart und meine Zukunft, es fehlten nur noch Bounty und die drei Pferde.
„Ich muss dann jetzt los. Ich habe nämlich endlich wieder einen richtigen Job. Ich komm aber wieder so schnell ich nur kann.“, unterbrach meine Mutter das Schweigen. Ich sah sie erstaunt an. Meine Mutter hatte einen richtigen Job? Ich war erstaunt. Sie drückte meine Hand noch einmal kurz fester, ehe sie aufstand und ging. Mein Onkel wusste nicht so recht was er sagen sollte und ging ein paar Minuten später ebenfalls. Dustin war der Einzige, der mir nicht von der Seite wich. Ich rutschte auf die andere Seite und klopfte neben mir auf das Bett. Er verstand, legte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Ich fühlte mich einfach sicher in seiner Nähe und nun wusste ich auch warum. Er gab mir nicht nur das Gefühl sicher zu sein, sondern ich war wirklich sicher bei ihm. Er beschützte mich. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und kuschelte mich an ihn. Er war so etwas wie mein Schutzengel. Ich blickte nach oben in sein Gesicht und er strich mir sanft über die kalte Wange. Ich wollte einfach immer mit diesem Jungen zusammen sein und mich nie wieder von ihm trennen müssen. Ich schloss die Augen und schlief wieder ein.
Ich wurde wach, als jemand das Rollo hochzog und mir die Sonne direkt ins Gesicht schien. Ich fühlte mich wie neu geboren und Dustin lag wach neben mir. Er schien ebenfalls geschlafen zu haben, denn er sah Fit aus und lächelte mich an. Es war die Krankenschwester die die Sonne herein gelassen hatte und nun zu uns ans Bett trat. Dustin stand schnell auf und die Schwester entfernte meine Schläuche. Ich stand auf und meine Mutter kam herein.
„Ah, ihr seit schon wach. Das ist schön. Wir können gleich gehen. Ich habe den ganzen Papierkram schon erledigt.“, sagte sie viel zu schnell und stressig.
Ich fuhr bei Dustin mit und fühlte mich wieder vollkommen frei. Wir hielten vor unserem Haus und ich sah ihn schräg an.
„Vielen Dank, für alles! Du scheinst auch eine Gabe zu besitzen.“, sagte ich frech. Er grinste und gab mir dann einen zärtlichen Kuss.
„Ruh dich heute aus. Wir sehen uns morgen früh!“, sagte er und ich stieg aus und verschwand im Haus. Bounty kam leicht humpelnd auf mich zu und freute sich. „Na mein großer Beschützer? Du bist so ein mutiger und tapferer Hund.“, begrüßte ich ihn und kniete mich vor ihn so weit es meine Verbände zuließen. Ich umarmte ihn fest und strich ihm über seinen Rücken. Er hatte ebenfalls mehrere Verbände und war noch etwas behindert am gehen. Ich stand auf und lief vorsichtig die Treppe hinauf, zumindest versuchte ich es, denn meine Verbände ließen die normale Beweglichkeit nicht zu und ich wollte auch keine Wunde wieder aufreißen. So musste ich jede Stufe mit dem linken Fuß erklimmen. Ich lief in mein Zimmer und warf mich auf mein Bett. Morgen müsste ich wieder in die Schule und alles wäre wie zuvor. Ich griff an meinen Hals und umklammerte Dustins Kette. Sie erinnerte mich immer daran wie schön es doch sein konnte. Ich sah auf meine Uhr, es war halb zehn. Welcher Tag war heute? Es war Mittwoch. Morgen wäre schon Donnerstag und die Sommerferien und der Abschlussball rückten immer näher. Ich hörte wie meine Mutter zur Haustür herein kam und in die Küche ging. Ich stand auf und humpelte vorsichtig nach unten zu ihr.
„Hey, na wie geht’s dir?“, fragte sie lächelnd.
„Gut, ich spür schon fast nichts mehr nur noch die Verbände die mich am Laufen hindern.“, gab ich fröhlich zurück.
„Der Sheriff hat mich eben auf meinem Handy angerufen und gesagt, dass sie die Hunde gefunden hätten. Du und Dustin ihr hattet anscheinend richtig Glück gehabt. Der Anführer des Rudels, hat schon mal jemanden umgebracht.“, sagte sie dann vorsichtig. Der Anführer? Das war wahrscheinlich der, der auch mich angegriffen hat. Ich wollte mir gar nicht vorstellen was passiert wäre wenn Dustin nicht gekommen wäre.
„Was passiert nun mit den Hunden?“, fragte ich besorgt. Meine Mutter seufzte und hielt dann kurz mit dem einräumen vom Einkauf inne.
„Den Anführer mussten sie vor Ort erschießen und der Rest, kommt womöglich ins Tierheim oder in die Todesstation.“, antwortete sie ganz sanft und vorsichtig. Sie würden also alle sterben. Ich half meiner Mutter weiter beim ausräumen und erst jetzt wurde mir bewusst, das sich vieles geändert hatte. Seit wann hatte meine Mutter ein Handy?

Ein bisschen Glück


„Wo arbeitest du jetzt eigentlich?“, fragte ich sie dann verwundert. Sie strahlte mich an und zuckte dann mit den Schultern.
„Jetzt sag schon! Spann mich doch nicht so auf die Folter.“, sagte ich genervt.
„Na gut, ich bin Managerin im Hotel Cross Fire. Da verdien ich einen Haufen sag ich dir und wie es erst dort aussieht.“, sagte sie begeistert. Ich konnte mir ein kichern nicht verkneifen. Meine Mutter arbeitete in einem vier Sterne Hotel? Sie konnte sich ein Handy leisten?
„Ja ja, lach du nur, aber dann erwarte nicht, dass du das Handy bekommst das ich dir gekauft habe.“, sagte sie dann provozierend. Ich verstummte sofort und sah sie geschockt an. Sie hatte ein Handy für mich? Sie wusste doch ganz genau, dass ich so technisches Zeugs nicht brauchte. Mein MP3-Player reichte mir vollkommen, aber sie hatte mich natürlich neugierig gemacht.
„Was für ein Handy?“, fragte ich neugierig. Sie lächelte, zog dann einen Karton aus einer der Taschen und reichte ihn mir. Es war ein sehr modernes Teil und es gefiel mir. Langsam und behutsam Packte ich es aus. Dieses Handy war das modernste Gerät in meinem Besitz Ich hatte schon öfters mit Handys von Freundinnen hantiert und wusste daher alles. Es lief auf Vertrag und ich hatte unbegrenztes Guthaben.
„Willkommen in der Zivilisation!“, sagte ich scherzhaft zu meiner Mutter und musste lachen. Ich steckte es zum aufladen an die Steckdose und half dann weiter ausräumen. Meine Mutter schien überglücklich und ich freute mich für sie.
Wir hatten endlich wieder etwas mehr Geld und würden uns mehr leisten können. Es fühlte sich einfach gut an.
„Ich geh gleich in den Stall. Ich muss anfangen mit meinen Schützlingen zu trainieren.“, sagte ich dann wieder ernst.
„Ist das dein Ernst? Du willst dich nicht ausruhen? Ich meine du wurdest von einem Rudel hungriger Hunde angegriffen und bist verwundet. Willst du nicht wenigstens heute eine Pause machen?“, fragte sie besorgt.
„Mum, mir geht es gut und wenn ich hier den ganzen Tag im Haus herumsitzen, krieg ich noch die Krise. Ich liebe die Natur und die Pferde.“, sagte ich fröhlich. Sie nickte und ich humpelte wieder in mein Zimmer um mich an zu ziehen. Meine Verbände zeichneten sich unter der eng anliegenden Reithose ab, doch sie interessierten mich nicht weiter. Bounty war noch etwas geschwächt und konnte sich kaum bewegen. Man merkte, dass es ihm schlecht ging. Er lag nur in seinem Körbchen. Ich kniete mich vor ihn und strich ihm über seinen weichen Kopf. „Na mein Junge, du bleibst lieber hier und ruhst dich aus. Ich will dich ja nicht überfordern. Du bist mein tapferer Junge.“, sagte ich sanft zu ihm und verließ dann mein Zimmer.
„Mum, ich gehe jetzt. Bis später dann!“ rief ich im hinausgehen und humpelte dann los. Eine Sache jedoch, machte mir Sorgen. Wie sollte ich mit dem Verband in meinen Reitstiefel passen? Ich schob die Gedanken fort und hinkte so schnell ich konnte in den Stall. Als ich an der Kreuzung ankam, an der Dustin neulich die Straße gesperrt hatte, hatte ich das Gefühl, die Leute würden mich immer noch anstarren. Ich senkte den Blick auf den Boden und humpelte einfach weiter. Bis ich das Dorf hinter mir ließ und auf die Felder kam. Die Luft war einfach herrlich, alles war herrlich und ich genoss es. Als ich dann auf den Hof kam, war wieder niemand da. Uli schien bei der Arbeit zu sein und von Sascha war ebenfalls keine Spur. Saphir stand auf einem der Paddocks und lief unruhig auf und ab. Ich lief in die Stallgasse und bekam sofort ein wiehern vom Liberty zugerufen. Sie schaute neugierig zu mir. „Hallo mein Mädchen, na Lust auf einen Ausflug?“, fragte ich sie fröhlich und strich ihr über die Stirn. Ich zog ihr, ihr Halfter an und führte sie auf die Stallgasse, doch ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie trat nicht auf ihr linkes Vorderbein auf und lahmte schwer. „Oje, was ist denn mit dir passiert?“, fragte ich besorgt und entsetzt. Ich blieb stehen und fuhr an ihrem Bein herab. Es war dick geschwollen und sehr heiß. Ich zögerte nicht und führte sie sofort in ihre Box zurück.
„Das muss sich wohl der Tierarzt ansehen.“, sagte ich und schloss die Box hinter mir. Ich würde Uli sofort Bescheid geben, wenn er kommt. Ich gab ihr ein paar Karotten und ließ sie dann alleine. Hoffentlich, war es nichts Ernstes. Ich hinkte zu Broadway und halfterte ihn auf. Er stupste mich immer wieder an der Schulter und sah mich auffordernd an. „Na mein Großer, wollen wir heute ein bisschen trainieren?“, fragte ich sanft und strich ihm über seinen weichen Nasenrücken. Ich führte ihn auf die Stallgasse und putzte ihn gründlich. Er war sehr zutraulich geworden und genoss die Fellpflege. Ich kratzte ihm seine Hufe aus und stellte erstaunt fest, dass sein Strahl schon viel besser aussah. Als ich fertig war zog ich ihm ganz langsam und vorsichtig Libertys Trense auf. Ich wollte damit anfangen, ihn auf das bevorstehende vor zu bereiten. Ich führte ihn in das Roundpen und schloss das Gatter. Er war verwundert und seine Ohren spielten unsicher. „Mach dir keine Sorgen. Du wirst sehen, es macht riesigen Spaß.“, sagte ich beruhigend zu ihm. Er prustete einmal und ließ dann den Kopf etwas gelassener sinken. Ich verdrehte die Zügel ineinander, damit er nicht hinein treten konnte und schickte ihn dann von mir weg. Er verstand recht schnell, dass er hier im Kreis laufen musste. Nach zehn Minuten Schritt, ließ ich ihn antraben. Seine Hufe klangen gleichmäßig im Zweitakt und er blickte mich konzentriert an. Das Ohr, auf meiner Seite, zeigte zu mir. Ich ließ ihn sehr lange traben, denn ich dachte mir, dass er keine Kondition mehr haben würde, aber da hatte ich wohl falsch gedacht. Ich sah auf die Uhr. Eine halbe Stunde trabten wir nun schon. Ich trat vor ihn und er verstand sofort, drehte um und lief in die andere Richtung. „Braver Junge, siehst du? Es macht doch Spaß, oder nicht?“, fragte ich ihn zufrieden. Er prustete einmal durch die Nase und ließ dann den Kopf fallen. Kurze Zeit später viel er von alleine in Galopp. Er lief jedoch viel zu schnell. Ich hatte Angst, dass er hinfallen würde, denn das Roundpen war zu klein. „Ruhig Junge, mach langsam, bevor du noch hinfliegst.“, sagte ich beruhigend, doch Broadway verlangsamte sein Tempo nur sehr gering.
Er wollte rennen, das sah man sofort. Ich stellte mich ihm nun in den Weg und er kam mit einer Vollbremsung direkt vor mir zum stehen. Sein Atem ging nur etwas schneller und er kam nicht einmal ins schwitzen. Ich griff vorsichtig in die Zügel und er warf sanft mit dem Kopf. „Ist ja gut, ich habe ja verstanden, dass du rennen willst.“, sagte ich zustimmend. Ich drehte die Zügel aus und führte ihn an den Roundpen Zaun. Er blieb lieb stehen und ich kletterte vorsichtig vom Zaun aus auf seinen glatten Rücken. Ich wusste, dass es sehr riskant war, aber es gab immer ein erstes Mal. Ich achtete genau auf seine Ohren und sein Verhalten, doch er blieb nur lieb stehen und kaute auf dem Trensengebiss herum. Sanft rieb ich ihm mit einer Hand über den Hals. Ich gab ihm leichten Druck mit den Waden und er lief gelassen im Schritt an. Ich spürte seine Wirbelsäule und seine Schulterblätter die sich gleichmäßig und im Takt bewegten. Meine Wunden taten ein wenig weh, aber das störte mich nicht weiter. Seine Ohren waren leicht zu mir gerichtet und sein Blick war sanft und klar. Ich ritt eine Runde, dann stieg ich wieder ab. „Brav, das machst du ganz toll.“, lobte ich ihn zufrieden. Für heute reichte das erst einmal. Es hieß ja, wenn es am schönsten war sollte man aufhören. Ich führte ihn zurück in die Stallgasse, kratzte seine Hufe aus und stellte ihn dann zurück in seine Box. „Wenn das so weiter geht, können wir es schon bald wagen.“, sagte ich sanft zu ihm und rieb ihm seine breite Stirn. Ich gab ihm noch ein paar Karotten und ging dann in die Sattelkammer um Snows Trense und Sattel zu holen. Als ich sie jedoch betrat viel mir auf, das der Schrank, den ich sonst immer nur von außen gesehen hatte, einen Spalt offen stand. Ich öffnete die Tür und war hin und weg. Meine Augen blickten auf einen Schrank voller Pokale, Schleifen, Urkunden und Zeitungsartikel. Alles war etwas eingestaubt, aber ich konnte das Wichtigste lesen. 1990 wurde Saphir Champion beim Drovers Run. 1988 Alice siegte beim Canyon Derby mit Stormy Thunder. 1992 Pferdeunglück auf der Rennbahn eine Reiterin und ihr Pferd Tod. Das war der letzte Artikel. Uli hatte alles gesammelt und es war unglaublich. So viele Pokale und Schleifen, hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Mir wurde klar, dass es stimmte was über Uli gesagt wurde. Er war einer der Besten gewesen. Und ich war mir sicher, dass er es dank Broadway auch wieder werden würde. Bald würde Broadway sich Schleifen sammeln, da war ich mir absolut sicher. Ich ließ den Schrank offen nahm Snows Sattel und seine Trense und legte die Sachen vor seine Box. „Du musst dich noch einen kleinen Augenblick gedulden.“, sagte ich zu Snow. Ich humpelte noch mal zu Liberty, um nach ihrem Fuß zu sehen, doch es hatte sich nichts verändert. Sie stand gelassen da und ihr Fuß war dick.
„Du Arme, hoffentlich tut es nicht allzu stark weh.“, sagte ich mitleidig zu ihr und strich ihr über den Hals. Ihr schien das Bein egal zu sein, jedoch belastete sie es nur wenig. Ich schloss wieder die Box hinter mir und hinkte dann zu Snow, der mir schon sehnsüchtig entgegen blickte.
„Ja, jetzt kommst du dran.“, sagte ich sanft, während ich ihm sein Halfter anzog. „Ich werde die heute einen Sattel und eine Trense aufziehen und wenn das gut klappt, dann gehen wir eine Runde spazieren.“, sagte ich dann und führte ihn auf die Stallgasse. Sein Fell war immer noch mit braunen Dreckflecken bedeckt. Ich fing an ihn zu putzen und es schien ihm zu gefallen. Er beobachtete mich jedoch genau und ließ mich keinen Augenblick aus den Augen. Ich entfernte den groben Dreck mit dem Plastikstriegel und fuhr dann mit der Kardätsche sanft über sein Fell. Umso mehr ich ihn putzte, umso weißer wurde er und er hielt still. Sein Fell war weich und es wurde immer glänzender. Ich entfernte den Dreck so gut ich nur konnte, doch es war nicht sehr leicht. Seine Mähne war lang und wild, genauso wie sein Schopf und sein Schweif. Er sah aus wie ein wilder Schimmel der seit ein paar Jahren in der Wildnis gelebt hat. Ich kämmte ihm sein wildes Langhaar und er sah wunderschön aus. Ähnlichkeiten zu Broadway, waren durchaus erkennbar. Er war eben nur schneeweiß anstatt pechschwarz. Wie das Ying und Yang. Ich war eine Stunde mit putzen beschäftigt, doch die Flecken waren immer noch leicht zu sehen. So langsam hatte ich keine Lust mehr, also beschloss ich es mit dem Sattel zu versuchen. „Also gut, hör zu. Ich werde dir jetzt deinen Sattel auflegen. Es ist vielleicht etwas unangenehm, aber du gewöhnst dich recht schnell daran.“, sagte ich sanft zu ihm, während ich ihm über seine Schulter strich. Er kaute genüsslich und seine Ohren lauschten nach meiner Stimme. Ich hob den Sattel langsam und vorsichtig auf und lief zu ihm hinüber. Er beobachtete mich weiterhin und rührte sich nicht. Ich hob den Sattel an um ihn auf seinen Rücken zu heben. Dabei achtete ich immer auf seine Mimik. Ihn störte es nicht weiter und ich legte den Sattel behutsam auf seinen Rücken. Seine Ohren spielten kurz und er hob alle Füße, doch dann beruhigte er sich wieder und stand wieder still. „Siehst du? Es ist überhaupt nicht schlimm, nur etwas unangenehm.“, sagte ich sanft und strich über seinen Hals. Er prustete einmal und ich lief auf die andere Seite um den Sattelgurt herunter zu lassen.
Snow benahm sich vorzüglich und machte keinen Mucks. Als ich den Sattelgurt langsam anzog, wurde er jedoch misstrauisch. Sein Blick wurde panisch und er kaute nachdenklich. „Ist ja gut. Ich weiß es ist blöd, aber es muss nun mal sein.“, sagte ich zu ihm und zog die eine Strippe in das erste Loch. Ich trat einen Schritt von ihm weg und er testete kurz seine Bewegungsfreiheit. Er lief einen Schritt nach vorn und wieder zurück, dabei war er sich nicht sicher, was er jetzt von dieser Aktion halten sollte. Kurze Zeit später stand er wieder still. Ich gab ihm ein paar Karotten und lobte ihn sanft. Als ich auf dem Hof ein Auto hörte, ließ ich alles stehen und liegen und humpelte so schnell ich konnte hinaus. Es war Uli der gerade aus seinem Wagen kletterte und mich dann freundlich begrüßte.
„Hallo, na schon wieder im Stall? Hieß es nicht du solltest dich ausruhen?“, fragte er. Ich musste lachen, denn er hatte viel zu gute Laune und die übertrug sich, doch eigentlich gab es gar keinen Grund. Es gab eher einen Grund für schlechte Laune, denn Libertys Fuß machte mir Sorgen.
„Hallo Uli, du bist ja gut drauf. Ich habe leider keine so guten Nachrichten für dich. Liberty geht lahm und hat ein dickes, heißes Bein. Es scheint ihr nichts aus zu machen, aber sie tritt kaum auf. Du solltest lieber den Tierarzt anrufen“. Sagte ich nun wieder ernst. Seine Miene verfinsterte sich und er nickte etwas deprimiert. Er lief ins Büro zurück und ich hinkte zu Snow. Er stand entspannt und gelassen da. Als er mich kommen sah, blickte er aufmerksam zu mir und ich zog die zweite Strippe vom Sattelgurt fest. Es machte ihm so gut wie gar nichts mehr aus. „Das machst du sehr gut. Ich bin stolz auf dich.“, lobte ich ihn sanft und er prustete zufrieden. Ich nahm die Trense vom Hacken und lief langsam zu ihm herüber. Er wusste nicht was kommen würde hielt aber trotzdem still. Ich legte die Zügel über seinen Hals, ordnete die Trense und zog dann sein Halfter aus. Er wunderte sich und wurde misstrauisch. „Ganz ruhig mein kleiner, das ist dasselbe wie das Halfter nur das du hier noch etwas im Maul hast.“, beruhigte ich ihn sanft, während ich ihm das Gebiss an die Zähne hielt. Vorsichtig öffnete er sein Maul einen Spalt und ich schob das Gebiss hinein. Er kaute angewidert darauf herum und ich zog ihm schnell die Trense über den Kopf, hinter seine Ohren. Er versuchte das Gebiss immer wieder aus zu spucken und riss den Kopf hoch. „Ist ja gut. Ich weiß das es blöd ist.“, sprach ich auf ihn ein und schloss eine nach der anderen Schnalle. Er kapierte recht schnell, dass es keinen Sinn machte dagegen an zu kämpfen und ließ es schnell sein. Ich hinkte mit ihm hinaus auf den Hof und führte ihn ein paar Minuten. Es sah so aus als würde es ihm immer leichter fallen und er lief immer besser neben mir her. Nach zehn Minuten, ging ich mit ihm wieder zurück in die Stallgasse und lobte ihn ganz fest. „Du bist ein braver. Ich schätz mal deine Ängste hast du verloren.“, sagte ich zu ihm und sah ihm in die Augen. Sein Blick war klar, zufrieden und sanftmütig. Ich zog ihm die Trense aus und halfterte ihn wieder auf, dann sattelte ich ihn ab und brachte die Sachen zurück in die Sattelkammer. Der Schrank stand immer noch weit offen und die Pokale reflektierten das Sonnenlicht, das durch das kleine Fenster herein viel.
Ich wusch das Trensengebiss aus und hängte die Trense weg. Die Pokale faszinierten mich immer noch. Warum wusste ich von diesen Pokalen nichts? Ich brachte Snow in seine Box und humpelte dann zu Uli ins Büro. Ich klopfte und trat ein. Er telefonierte schon wieder und beachtete mich nicht weiter.
„…gleich? ….. Okay. Wir warten, bis gleich.“, hörte ich noch die letzten Worte.
„Kommt Dr. Sullivan?“, fragte ich neugierig.
„Ja er ist schon unterwegs und wird jeden Moment hier sein und was machen deine zwei anderen Schützlinge?“, sagte er, während er in irgendwelchen Dokumenten las.
„Ja, sie werden immer besser. Broadway hab ich longiert und Snow hab ich das erste Mal einen Sattel und eine Trense angezogen. Broadway hat übrigens eine gute Kondition. Ich hab ihn eine Stunde lang traben lassen und er kam nicht mal ins Schwitzen.“, antwortete ich. Langsam hob Uli den Kopf und sah mich verwundert an.
„Eine Stunde? Nur Trab? Das kann nicht sein. Broadway kann überhaupt keine solche Kondition haben. Woher denn auch? Erzählst du mir hier gerade einen vom Pferd?“, fragte er empört. Er glaubte mir kein Wort. Verärgert schüttelte ich den Kopf.
„Nein, das ist mein voller Ernst. Ich weiß es klingt unglaublich, aber es ist wirklich so.“, sprach ich überzeugend. Er zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf.
„Wenn du mir nicht glaubst, dann zeig ich es dir morgen.“, sagte ich empört und lauschte dann auf das sich nähernde Auto. Uli schien es ebenfalls gehört zu haben, denn er ließ alles stehen und liegen und lief dann an mir vorbei auf den Hof. Ich folgte ihm und erblickte den dunkelroten Audi, der vor dem Stall hielt. Uli begrüßte Dr. Sullivan freundlich und sie folgten mir langsam. Ich hinkte zu Liberty und zog ihr, ihr Halfter an. „So mein Mädchen, der Doc ist hier, aber hab keine Angst er tut dir nicht weh und ich bleib bei dir.“, sagte ich liebevoll zu ihr. Ich führte sie aus der Box, auf die Stallgasse und blieb dort stehen. Uli und Dr. Sullivan kamen langsam zu uns.
„Hallo Sally, schon lang nicht mehr gesehen. Na dann lass mal schauen was deiner Stute fehlt.“, sagte er belustigt und fuhr an ihrem Bein herab.
„Ich hab es vor zirka drei Stunden bemerkt, als ich sie zum putzen aus der Box holen wollte. Ich habe sie dann sofort wieder in ihre Box gestellt. Es scheint ihr nichts weiter aus zu machen, aber es tut ihr trotzdem weh wie man sehen kann und es ist auch geschwollen und heiß.“, sagte ich zu ihm und er nickte bloß.
„Hm, das sieht nicht gut aus. Es könnte sich um eine Entzündung oder Chips im Gelenk handeln, um aber etwas Genaueres fest zu stellen muss ich sie röntgen.“, sagte er mit einem Unterton der mich beängstigte. Er schien schon fast zu wissen um was es sich handelte. Ich strich Liberty sanft über den Kopf und sie hielt ganz still.
„Was macht den die Stute? Ist sie hier nur auf der Koppel?“, fragte er wohl wissend, das Uli keine Pferde mehr trainierte.
„Nein, sie gehört mir und ich bin öfters mit ihr auf der Rennbahn und im Gelände unterwegs. Sie ist sehr schnell und vielleicht hätten wir sie auch wieder trainiert.“, erklärte ich etwas besorgt. Dr. Sullyvan seufzte und sah mich dann besorgt an.
„Sally, wenn es Chips sind, dann wird diese Stute keine Rennen mehr laufen können und ob sie je wieder klar läuft ist auch nicht gesagt, aber noch steht nichts fest. Wir werden sie erst einmal röntgen und dann sehen wir weiter.“, erklärte Dr. Sullyvan in einem ruhigen Ton, doch mir blieb trotzdem die Luft weg. Es könnte also sein, das ich Liberty nie wieder reiten dürfte? War alles was ich mit dieser Stute getan hatte das Ende? Ich wollte es nicht glauben. Ich konnte nur noch hoffen, dass es sich doch nur um eine Entzündung handelte, aber so wie Dr. Sullyvan das eben gesagt hatte bestand nur wenig Hoffnung. Ich strich Liberty über ihren glatten Hals und wusste nicht weiter. Was würde aus ihr werden? Warum ausgerechnet sie? Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich lehnte meinen Kopf gegen ihren und sie wurde unruhig. Sie fühlte sicher dieses Gefühlsdurcheinander in mir und wusste nicht was sie davon halten sollte. „Ganz ruhig mein Mädchen, es ist alles in Ordnung.“, redete ich beruhigend auf sie ein. Aber es stimmte nicht. Nichts war in Ordnung. Nur mir passierten immer solche Sachen. Warum immer ausgerechnet mir?
Ich wäre am liebsten zusammen gebrochen, aber ich musste mich beherrschen, denn Liberty würde es spüren. Ich riss mich zusammen und nickte dem Tierarzt zu, der mich durch dringlich anblickte.
„Ich werde dann jetzt den Röntgenapparat holen, bin gleich wieder da.“, sagte er leise und lief zu seinem Auto. Uli legte mir von hinten tröstend seine Hand auf meine Schulter. Keiner traute sich etwas zu sagen. Die Stimmung war angespannt und alle hofften, dass es keine Chips wären. Dr. Sullyvan baute mit aller Ruhe seine Geräte auf und bat mich dann die Stute an zu binden. Ich gehorchte und der Arzt schickte uns dann weg. Uli und ich gingen schweigend auf den Hof und lehnten uns an das Stallgebäude.
„Was machen wir wenn Liberty Chips hat?“, fragte ich ihn vorsichtig und besorgt. Uli seufzte und starrte in die Ferne.
„Ich weiß es nicht, aber dass ich sie weg gebe wirst du nicht wollen. Sie wird wohl als Pensionspferd zusammen mit Saphir hier bleiben.“, sagte er abgelenkt. Ich war nun etwas erleichtert. Er hatte immerhin nicht wirklich vor sie weg zu geben. Nach wenigen Minuten gingen wir zurück zu Liberty. Sie stand entspannt da und blickte mir freundlich entgegen. Ich lief zu ihr und strich ihr über die Stirn.
„In ein paar Tagen melde ich mich und sage Bescheid wegen der Röntgenbilder. Ich habe ihr noch etwas Antibiotika gespritzt. Sie ist wirklich hoch anständig.“, sagte er dann und packte sein Kram zusammen. Ja, sie war wirklich hoch anständig. Ich brachte sie in ihre Box zurück und gab ihr noch ein paar Karotten. Uli und Dr. Sullyvan liefen hinaus und ich lehnte mich gegen Libertys Boxentür. Ich würde Liberty also nur noch von unten sehen und mit ihr reden können. Sie kaute genüsslich ihre Karotten und blicke aufmerksam zu mir herüber. Ich griff an Dustins Kette und hielt sie fest. Pferde gehörten zu meinem Leben und für mich war diese Diagnose wie die eines Menschen der für immer ein gebrochenes Bein hatte. Es war einfach schrecklich. Dabei ist sie die ersten Wochen so gut gelaufen. Wie plötzlich sich alles gewendet hatte. Liberty würde eine ziemlich teure Angelegenheit werden, doch ich würde sie nicht aufgeben. Für mich gehörte sie zur Familie und es war mir egal ob sie ein paar Absplitterungen im Gelenk hatte. Ich gab allen noch ein paar Karotten und humpelte dann ebenfalls auf den Hof. Ich sah Dr. Sullyvan gerade noch weg fahren und lief zu Uli. Jetzt konnten wir nicht mehr tun als abwarten.
„Ich geh jetzt wieder nach Hause.“, murmelte ich leise. Er nickte nur und lief dann ins Büro. Ich machte mich auf den Weg, doch für mich war der Tag die reinste Hölle. Als ich zu Hause ankam begrüßte mich Bounty fröhlich und meine Mutter hatte etwas zu Essen gemacht. Ich bekam jedoch keinen Bissen runter und stocherte nur mit der Gabel herum.
„Du scheinst keinen großen Hunger zu haben. Was ist los?“, fragte sie besorgt. Ich blickte nicht zu ihr, auf sondern seufzte nur.
„Liberty geht lahm und wird wahrscheinlich nie wieder laufen.“, sagte ich bedrückt und fast schon traurig. Tausend Gedanken schwirrten mir durch den Kopf und ich konnte keinen Gedanken vollenden. In mir war nur ein Funken Hoffnung, dass es sich nur um irgendetwas Kleineres handelte.
„Ich gehe ins Bett. Gute Nacht.“, sagte ich abwesend, stand auf und humpelte mit Bounty im Schlepptau in mein Zimmer. Ich hatte genug vom heutigen Tag. Es war einfach grauenvoll. Warum nur? Warum ausgerechnet sie? Ich lief ins Bad und zog mich aus. Dabei kam ich wieder zu Dustins Kette. Ich nahm sie vorsichtig ab und betrachtete sie. Sie war wunderschön, genauso wie Dustin und sie ließ mein Herz höher schlagen. Ich erinnerte mich an Franks Worte: Du hast die Gabe auf die Pferde ein zu gehen und du bist eine Pferdeflüsterin. Jockey wäre der richtige Beruf für dich.- Ich kam wieder zu mir und löste vorsichtig die Verbände um meine Fleischwunden am Bein. Es tat etwas weh und der Anblick war fast unerträglich. Der Hund hatte sehr viel heraus gebissen. Ich stieg schnell unter die Dusche und kam wieder zu Franks Gedanken. Ich als Jockey? Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein. Ich war eine Frau und mein Onkel und Mum würden dies nie zulassen. Es war jedoch ein sehr verlockender Gedanke. Ich als Jockey auf Broadway. Das war einfach zu schön. Als ich dann zusammen mit Bounty ins Bett ging war ich doch sehr erschöpft. Meine Wunden schienen mich anscheinend doch unmerkbar zu schwächen.
In dieser Nacht träumte ich wieder, doch dieser Traum war neu. Liberty kam sehr oft darin vor und sie humpelte. Dustin stand wieder an dem See und wollte mir irgendetwas sagen, doch bevor es soweit war klingelte mein Wecker und ich wurde wach. Was hatten diese Träume nur zu bedeuten? Hatte ich Zukunftsvisionen? Und was wollte mir Dustin immer sagen? Ich stand auf und hinkte zu meinem Schrank. Schon wieder ein Tag Schule, aber ich freute mich dennoch, denn die Schule war der Ort an dem ich Dustin am häufigsten sah. Bounty lag träge in seinem Körbchen und sah mir beim anziehen zu. Ich versuchte meine Wunden zu übersehen, aber das kurzärmlige T-Shirt ließ es nicht zu. Meine verkrustete Wunde am Arm war nicht zu übersehen. Ich wollte unten noch einen Verband drüber machen. Ich lief zu Bounty und kniete mich vor ihn. Er war wohl ebenfalls noch nicht ganz so gesund wie erhofft. „Na mein kleiner, die Hunde haben uns ganz schön zu gelegt. Nicht wahr?“, sagte ich zu ihm und strich ihm sanft über den Kopf. Ich humpelte ins Bad und wusch mich, danach packte ich meine Schulsachen zusammen und hinkte dann runter. Meine Mutter stand schon angezogen und fertig in der Küche.
„Hey, guten morgen. Ich hab vorhin schon mit deiner Schule telefoniert. Es ist alles geklärt. Du kannst also ganz beruhigt und alltäglich in die Schule gehen.“, begrüßte sie mich fröhlich. Ich nickte nur und setzte mich dann an den Tisch. Meine Mutter hatte auf einmal morgens so gute Laune. Das kannte ich gar nicht von ihr, aber wahrscheinlich lag es an ihrem neuen Job. Ich sah auf die Uhr und stand auf. Es war Zeit für mich zu gehen. Ich wusste nicht ob Dustin mich abholen würde, aber ich würde mich freuen wenn sein weißer Mercedes da stand.
„Hey Sally, vergiss dein Handy nicht!”, rief mir meine Mutter noch hinterher. Ich löste es vom Kabel und speicherte meine neue Nummer im Telefonbuch ab. Nachdem ich es in meiner Hosentasche verstaut hatte, verabschiedete ich mich von Bounty und Mum und verließ dann das Haus. Es war erstaunlich was für ein Gefühl der weiße Mercedes in mir hervorbrachte, den ich nun vor mir sah. Dustin lehnte wieder an die Beifahrertür und sah mir grinsend entgegen. Er sah müde und erschöpft aus, als hätte er die Nacht durch gemacht. Ich humpelte zu ihm und viel ihm um den Hals, dabei gab ich ihm einen lang anhaltenden Kuss. Er war mein Held, mein Retter und mein Schutzengel. Er war mein ein und alles.
„Hey, nicht so stürmisch. Was ist denn in dich gefahren?“, wehrte er dann nach ein paar Sekunden fröhlich ab.
„Ich weiß nicht. Wahrscheinlich freu ich mich einfach nur so dich zu sehen.“, gab ich fröhlich zurück.
„Willst du um deinen Arm keinen Verband machen? Ich könnte mir vorstellen, das das nicht gerade anziehend wirkt.“, fragte er dann etwas ernster. Er hatte Recht. Ich hatte vergessen mir einen Verband um den Arm zu machen.
„Du hast Recht. Ich bin gleich wieder da.“, sagte ich sanft zu ihm und humpelte zurück ins Haus. Ich verband meinen Arm so gut und so schnell ich nur konnte und lief dann wieder zu Dustin. Er lächelte mich an und öffnete dann die Autotür. Meine Sorgen um Liberty waren auf einmal wie weggewischt. Auf der Fahrt hielt er meine Hand und drückte sie sanft. Ich musste an Sam denken. Sein Blick als wir uns neulich fast geküsst hatten kam mir wieder in den Kopf und ich wusste nicht ob ich Dustin darauf ansprechen sollte.
„Glaubst du es wäre besser wenn wir uns in Sams Nähe normal verhalten würden?“, fragte ich dann kurze Zeit später vorsichtig. Er blickte nachdenklich zu mir herüber und nickte dann kaum merkbar.
„Ja, ich glaube das wäre am besten. So tun wir Sam nicht weh und wir haben kein schlechtes Gewissen wenn wir seinen gequälten Blick sehen.“, antwortete er leise und ausdruckslos. Ich nickte nur und Dustin suchte einen Parkplatz. Die anderen hatten sich an den Anblick von mir und Dustin wohl immer noch nicht gewöhnt. Sie starrten alle zu uns herüber und mir war es besonders peinlich, da ich humpelte und einen Verband trug. Ich griff nach Dustins Hand und fühlte mich dadurch etwas besser. Wir liefen zu den anderen und begrüßten sie alle freundlich. Natürlich wusste jeder von den wilden Hunden bescheid und sie fragten mich nach meinen Verletzungen. Vor allem Jojo wollte alles ganz genau wissen.
Ich konnte mich jedoch nur noch an Kleinigkeiten erinnern. Als es dann klingelte liefen wir alle gemeinsam rein und teilten uns dann auf dem Flur, wie gewohnt auf. Sam, Jojo und ich liefen zusammen in unser Klassenzimmer. Ich versuchte mich an Jojo fest zu halten, damit ich nicht neben Sam sitzen musste und es klappte. Sam ließ uns ganz Gentleman mäßig allein und lief zu seinem alten Platz. Ich atmete erleichtert auf und setzte mich neben Jojo.
„Und wie läuft es mit Dustin?“, fragte sie dann gezielt leise. Vermutlich wollte sie nicht, dass Sam es hörte. Sie schien mitbekommen zu haben wie sehr es ihn bedrückte. „Ganz gut.“, gab ich kurz und knapp die Antwort. Ich hatte irgendwie keine Lust mich mit ihr stundenweise zu Unterhalten. Doch ich glaube es lag eher an meinem schlechten Gewissen. Ich wollte hier vor ihr, mit Dustin nicht so rum prahlen, während sie so litt. Unser Lehrer kam herein und der Unterricht begann. Obwohl ich in der letzten Zeit ziemlich oft gefehlt hatte, kam ich gut mit. Ich würde mich nicht als Streber einschätzen, aber meine Noten waren gut. In der Zeit, bevor ich Dustin kennen gelernt hatte, hatte ich viele meine Schulbücher schon durchgearbeitet und mir sehr viel selber beigebracht. Bis zu den Sommerferien war es nicht mehr lange hin und dann kam da auch noch der Abschlussball.
„Sally Brown! Ihre Tagträume können sie gerne zu Hause weiterführen! Ich versuche hier Deutsch zu unterrichten!“, fuhr mich Mr. Hattengs an. Ich zuckte bei seinen Worten ertappt zusammen und sank fast bis unter den Tisch. Alle starrten mich an und mussten kichern. Alle außer Sam lachten er warf mir einen verstohlenen Blick zu und wandte sich dann wieder nach vorne. Okay, ich musste mich wieder auf den Unterricht konzentrieren! Ich nahm nun aktiv am Unterricht teil, doch als es klingelte, atmete auch ich erleichtert auf. Die nächsten Stunden verliefen genauso und als es dann zur Pause klingelte liefen Jojo, Sam und ich schnell nach draußen. Die anderen standen vor der Tür und warteten schon auf uns. Wir liefen zusammen in die Cafeteria und setzten uns an unseren Stammtisch. Dustin und ich versuchten wirklich normal zu sein, doch das war gar nicht so einfach. Er wirkte so anziehend auf mich, das es mir schwer viel mich nicht an ihn zu schmiegen oder ihn einfach so zu küssen. Jojo versuchte mich etwas ab zu lenken, indem sie sich mit mir unterhielt, aber dass war keine Lösung auf die Dauer. Bevor der Unterricht dann weiterging, wollte ich noch mal auf die Toilette gehen. Ich löste mich von den anderen und verschwand in der Menge. Als ich gerade aus der Mädchentoilette kam und zu meiner Klasse humpeln wollte, packte mich jemand grob am Arm und zog mich mit sich. Es ging alles viel zu schnell ich bekam gar nicht mit, das Dustin mich in die Hausmeisterkammer zog und zuschloss. Geschockt stand ich ihm gegenüber und brachte keinen Ton heraus.
„Entschuldige, aber ich konnte es einfach nicht mehr ertragen!“, hauchte er mir zu und küsste mich umso sanfter, als Entschädigung für das grobe Mitreißen. Ein elektrischer Impuls durchfloss mich wieder und mein Herz schlug Saltos. Ich erwiderte seinen Kuss, doch uns blieb nicht viel Zeit. Die Schulglocke läutete und auf dem Flur wurde es ruhiger. Sanft löste ich mich aus Dustins griff und lief zur Tür.
„Ich warte nach der Schule beim Wagen auf dich. Lass dir nicht zu viel Zeit!“, rief er mir noch nach, ehe ich auf dem Flur verschwand und zu meiner Klasse humpelte. Die Tür war schon geschlossen und es war beängstigend ruhig. Ich nahm die Türklinke in die Hand, brachte es aber nicht übers Herz sie herunter zu drücken. Welches Fach hatten wir jetzt? Würde ich Ärger bekommen? Ich holte einmal tief Luft und trat dann ein. Mathe war die Antwort auf die erste Frage.
„Sally, geht es dir gut?“, fragte Miss Lovato besorgt. Ich nickte nur kurz und humpelte dann unter den misstrauischen Blicken meiner Mitschüler an meinen Platz. Ich lief rot an und wäre am liebsten wieder verschwunden. Ob man mir ansah, dass ich eben Dustin in der Hausmeisterkammer geküsst hatte? Die Schüler wandten sich wieder von mir ab und widmeten sich dem Unterricht.
„Ist wirklich alles in Ordnung?“, hackte Jojo nach. Ich bejahte ihre Frage mit einem leichten Nicken und es entsprach sogar der Wahrheit. Nun war die Welt wieder in Ordnung und ich konnte mich wieder dem Unterricht zuwenden.
Als dann das Läuten, das Ende des heutigen Schultages bekannt gab, freute ich mich schon riesig auf Dustin. Ich wollte ihn auch nicht lange warten lassen. Schnell packte ich meine Schulsachen zusammen, doch Jojo ließ sich Zeit und Sam kam zu uns an den Tisch.
„Du scheinst es ja sehr eilig zu haben.“, sprach Sam mich darauf an und half Jojo. „Emmm…Ja, Wild Liberty lahmt und ich erwarte heute die Ergebnisse.“, log ich ihn einfallsreich an. Eigentlich log ich ziemlich ungern, aber dieses Mal ließ ich es als Notlüge durchgehen. In diesem Augenblick viel mir auf, das Sam und Jojo ziemlich gut zusammen passten. Sie schienen sich echt gut zu verstehen, aber ich schien wohl ein Störfaktor zu sein. „Macht es euch arg viel aus wenn ich schon mal gehe?“, fragte ich dann vorsichtig.
„Nein, geh ruhig Sally. Ich kann dich gut verstehen.“, gab Jojo mitfühlend eine Antwort. Ich verabschiedete mich flüchtig und eilte dann humpelnd hinaus auf den Parkplatz. Dustin lehnte schon an der Beifahrertür und lächelte mir munter zu. Schnell stiegen wir ein und er fuhr davon. Dustin bestand jedoch schon an der nächsten Haltemöglichkeit auf seinen Begrüßungskuss. Er konnte es einfach nicht lassen. Langsam beugte er sich über die Gangschaltung zu mir herüber und gab mir einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Seine Lippen waren weich und er schmeckte nach Zahnkaugummi. Ein Kribbeln lief mir den Rücken hinunter und ich fühlte mich einfach überglücklich. Er war genauso verrückt nach mir, wie ich nach ihm und das gab mir ein Gefühl des Wohlbefindens.
„Na wie war dein Unterricht?“, fragte er dann kurze Zeit später als wir weiter fuhren. „Nicht so schön wie unser Küssen in der Hausmeisterkammer, aber ansonsten ganz gut!“, gab ich frech zurück und grinste dabei schief. Dustin musste ebenso lächeln und warf mir einen kurzen schrägen Blick zu. Wir kamen an mein Haus, doch ich wollte noch nicht aussteigen. Ich wollte am liebsten den ganzen Tag mit diesem Jungen verbringen. „Kommst du nachher in den Stall?“, fragte ich dann hoffnungsvoll.
„Vielleicht?!“, gab er frech zurück und beugte sich wieder zu mir herüber um mich zu küssen. Ich erwiderte seinen Kuss und schlang meine Arme um seinen Nacken. Würde ich mich je an das Gefühl seiner Lippen die auf meine treffen gewöhnen? Er brachte mich bei so etwas immer total durcheinander und ich wusste nie was sein nächster Zug sein würde. Sanft schob ich ihn von mir weg und sank in mich zusammen. Warum konnte er nur so unglaublich küssen? Ich wusste nicht warum, aber genau in diesem Moment viel mir Liberty wieder ein. Ich machte mir wirklich große Sorgen um sie. Ob das Ergebnis der Röntgen aufnahmen schon da war?
„Sally? Alles in Ordnung?“, fragte Dustin besorgt. Er hatte wohl meinen Gesichtsausdruck gesehen und erst jetzt viel mir ein, das er keinen blassen Schimmer von Liberty hatte. „Nein, nicht direkt. Liberty lahmt und es besteht Verdacht auf Chips. Das Ergebnis liegt vielleicht heute vor. Ich mache mir große Sorgen um sie.“, erklärte ich ihm leidend.
„Liberty hat Chips? Ist das dein Ernst? Sie ist doch am Sonntag noch so gut gelaufen?!“, er verstand es genauso wenig wie ich. Es war ein Rätsel und ich hoffte immer noch, dass es sich nur um eine Entzündung handelte, aber meine Hoffnung war auf ein Minimum gesunken.
„Ich komm nachher vorbei, versprochen!“, verabschiedete er sich und gab mir noch einen Kuss. Ich nickte nur zustimmend und stieg dann aus. Ich humpelte ins Haus und hörte nur noch wie der Wagen weg fuhr. Bounty stürmte übermütig auf mich zu und sprang an mir hoch. Seine Begeisterung und Lebensfreude, war kaum zu übersehen. „Ist ja gut mein Junge, wir gehen gleich in den Stall!“, versuchte ich ihn zu beruhigen, doch es war schwer an ihm vorbei zu kommen. „Bounty, ich muss mich erst noch umziehen, vorher können wir nicht gehen!“, beschwichtigte ich ihn. Sofort setzte er sich hin und gab Ruhe. Ich hatte das Gefühl dieser Hund verstand jedes meiner Worte. Langsam und vorsichtig humpelte ich die Treppe hinauf, in mein Zimmer. Ich zog meine Reithose an, machte mir einen Zopf und humpelte dann wieder zu Bounty hinunter. Hunger hatte ich keinen und da ich nun ein Handy besaß konnte mich meine Mutter Notfalls erreichen. „Na dann! Auf geht’s mein kleiner!“, forderte ich Bounty, beim öffnen der Türe auf. Er sauste an mir vorbei nach draußen, als wäre dies das erste Mal in seinem ganzen Leben und bellte mich ungeduldig an. Ich zog die Tür hinter mir ins Schloss und humpelte dann zügig los.
Bounty konnte es kaum erwarten. Er schien sich zu freuen endlich mal wieder rennen zu können. Ich war jedoch mit meinen Gedanken schon wieder bei den Pferden. War dies das Ende von Wild Liberty? Sollte sie als frühzeitiges Pensionspferd in Rente gehen und von nun an eine schöne Zeit auf der Koppel genießen? Man sagte Rennen gewann man nicht mit dem Blut, oder der Schnelligkeit eines Pferdes, sondern mit dessen Herz. Ich war mir absolut sicher, das Wild Liberty das Herz dazu hatte. Nur was konnte ich tun? Es schien das Ende ihrer noch nicht begonnenen Karriere zu sein. Geknickt humpelte ich weiter. Die Straßen schienen leer und die Läden hatten geschlossen. Nur selten fuhr ein Auto an mir vorbei und unterbrach meine Gedanken. Ich genoss die Stille und humpelte weiter. Als ich dann im Stall ankam, stand Ulis Kombi mitten auf dem Hof und der Schlüssel steckte noch. Mich interessierten aber nur die Pferde. Bounty machte sich vor dem Stallgebäude aus dem Staub und ich hinkte hinein. Wild Liberty, Broadway und Snow sahen aus ihren Fenstern und blickten interessiert zu mir herüber. „Na ihr? Wie geht es euch denn heute so?“, fragte ich fröhlich und lief als erstes zu unserer Patientin. Ich öffnete die Boxentür und betrachtete ihren Fuß. Er war mit einem dicken blauen Verband eingebunden und stach total hervor. Da sie den Verband gestern noch nicht getragen hatte, ging ich davon aus, das Dr. Sullyvan schon da gewesen sei. Sanft tätschelte ich Libertys Hals, während sie mit ihrer Oberlippe meine Hosentaschen nach Leckerlis abtastete. „Nein meine kleine, für dich gibt es erst später was.“, sprach ich zu ihr und verließ die Box. Broadway und Snow sahen gespannt, interessiert und neugierig zu mir herüber, aber ich wollte erst wissen, ob der Tierarzt schon eine genaue Diagnose hatte. „Ihr seid gleich an der Reihe, aber zuerst muss ich zu Uli.“, erklärte ich ihnen und humpelte zum Hauptbüro. Von innen war keine Stimme zu hören. Ich klopfte sanft und trat dann ein.
„Hallo Sally!“, begrüßte mich Uli etwas niedergeschlagen. „Hallo! Gibt es schon etwas Neues von Liberty?“, platzte ich gleich mit der Tür ins Haus.
„Ja, sie hat leider Chips.“, murmelte Uli fast unverständlich vor sich hin. Nun war auch mein letzter Hoffnungsschimmer verflogen. Ich wusste, dass kaum Hoffnung bestand, aber trotzdem habe ich gehofft und gefleht, dass es nicht stimmte. Ich hätte nicht gedacht, dass es sich so anfühlen würde. Es war so leer und so unwissend dunkel in mir. Für Liberty waren die Rennen nun also endgültig gelaufen. Broadway würde ich auf jeden Fall weiter trainieren, denn er hatte mindestens genauso viel Potenzial wie Liberty. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, lief ich wieder in den Stall zu den Pferden. In einer Sache war ich mir absolut sicher: Egal ob Liberty Rennen lief oder nur in der Box stand, ich würde mich um sie kümmern. Behutsam streifte ich ihr das Halfter über und band sie dann draußen in der Stallgasse an. Sie trat wieder etwas besser auf den Huf auf, so dass man ihr kaum ansah, dass es wehtat. Ich putzte sie ganz ordentlich und versuchte sie etwas hübsch zu machen. Mehr konnte ich mit ihr aber nicht tun. Ich brachte sie zurück in die Box und ging zu Broadway. Er schlüpfte schon fast von selber in sein Halfter und wollte unbedingt raus. „Immer mit der Ruhe! Du kommst schon nicht zu kurz!“, sprach ich munter zu ihm und strich ihm über seinen pechschwarzen, glatten Hals. Ich band Broadway in der Stallgasse an und putzte ihn ebenso gründlich wie Liberty. „Na mein kleiner? Wollen wir die heute mal einen Sattel auflegen?“, fragte ich sanft, während ich mit einer Schmusebürste seinen Kopf säuberte. Ich blickte ihm forschend in seine pechschwarzen Augen und sah darin mein Spiegelbild. Sie waren klarer als je zuvor.
Als ich fertig war, legte ich Broadway vorsichtig einen Sattel auf. Es war mir ein Rätsel, warum dieses Pferd bei mir immer so gelassen und ruhig war. Ich hatte erwartet er würde panische Angst haben, aber stattdessen blickte er mit gespitzten Ohren auf den Hof hinaus. Was in diesem Pferd wohl gerade vorging? Ich zog die Strippen durch den Sattelgurt, doch er zeigte immer noch keinerlei Reaktion.

Beim Trensen, ging es dann ruck zuck, weil er anscheinend arbeiten wollte. Es machte den Eindruck, als wolle er laufen und endlich richtig trainieren. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich aufforderte. Er wollte, dass ich ihn ritt. Ich zog meine Komplette Reitausrüstung an, die ich mir zurechtgelegt hatte und gurtete den Sattel nach. Mein Herz schlug höher, denn gleich würde ich mit Broadway auf die Rennbahn gehen. Ich wollte es versuchen. Ich wollte das Risiko eingehen und Broadways Wunsch erfüllen. Er wollte laufen und ich würde mich ihm nicht in den Weg stellen. Da wäre nur noch ein Problem. Wie würde ich an Uli vorbei kommen, ohne dass er etwas mitbekam? Ich musste aufpassen. „Na komm mein kleiner, jetzt gehen wir auf die Rennbahn!“, sprach ich fröhlich zu ihm und führte ihn an. Er hatte einen schreitenden Schritt, und lief zügig neben mir her, als könnte er es kaum abwarten. War es wirklich eine so gute Idee? Was dachte ich hier eigentlich? Ich vertraute Broadway doch! Oder etwa nicht? Fest entschlossen führte ich den übermütigen jungen Hengst auf den Hof, surrte den Sattel etwas fester, stellte die Steigbügel ein und stieg dann auf. Bis jetzt blieb Broadway ruhig und stand einfach nur da. Gespannt faste ich die Zügel nach, während ich zum Büro stierte. Ob Uli etwas bemerken würde? Sanft gab ich Broadway Druck an den Flanken und er lief im Schritt an. Seine Hufe klangen auf dem Kies gedämpft, doch man hörte trotzdem, dass es ein Pferd war. Ich trieb ihn sanft, aber dennoch zügig und er lief die Rampe hinunter auf die Rennbahn. Uli schien nicht bemerkt zu haben. Ich ritt zwanzig Minuten Schritt und wollte es dann wagen. Vorsichtig trieb ich Broadway zu einem leichten Trab an. Er lief locker am Zügel und trabte im Zweitakt auf einem Zirkel, dessen Größe ich ihm vorgab.
Seine Ohren waren gespitzt und er freute sich sichtlich. Sanft rieb ich ihm den Hals. „Brav mein kleiner! Das machst du sehr gut.“, lobte ich ihn. Nach zehn Minuten trab Einlage, lenkte ich ihn ans Ende einer langen Seite der Bahn. Ich parierte durch zum Schritt und wendete ihn, dann hielt ich an. Nun war es also so weit. Ich würde zum allerersten Mal mit Broadway galoppieren. Ich holte noch einmal tief Luft und fasste die Zügel nach. Broadway dribbelte nervös hin und her. „Also gut mein kleiner, aber das du dich ja nicht überforderst und auf meine Paraden reagierst!“, flüsterte ich ihm sanft ins Ohr. Er stieß noch einmal kräftig Luft aus, ehe ich ihn antrieb. Broadways sprang mit einem riesigen Satz nach vorne und rannte dann zögernd los.
Er warf immer wieder mit dem Kopf, da ich ihn stark zurück hielt. Er wollte schneller, das war nicht zu übersehen. Im Moment war es kein richtiger Galopp, denn er hob immer mal wieder mit der Vorderhand vom Boden ab und versuchte sich meinen Hilfen zu entziehen. Ich wurde ganz schön durchgeschüttelt und es schien, als würde er nicht einsehen warum er erst einmal langsam galoppieren sollte. Ich wollte schon aufgeben, als er plötzlich meinen Paraden an den Zügeln nachgab und wieder locker am Zügel durchs Genick ging. Er kaute und viel in einen ruhigen gleichmäßigen Galopp. „Brav, na siehst du? Es geht doch!“, lobte ich ihn mit einem leichten Tätscheln. Ich hatte nun eine halbe lange Seite und fand der Zeitpunkt war nun gekommen. Ich trieb ihn stärker an und gab im mehr Zügel. Seine Galoppsprünge erweiterten sich abrupt und das Donnern seiner Hufe war gleichmäßig überwältigend. Meine Augen fingen an zu tränen und seine viel zu lange Mähne peitschte mir ins Gesicht. Er wurde immer schneller und ich hatte das Gefühl seine Kräfte würden ihn nie verlassen. Es fühlte sich an, als würden wir fliegen, so frei und unbekümmert.
Ich ließ ihn einfach laufen und er rannte und rannte, als hätte er noch nie etwas anderes getan. Die erste Kurve war vorbei und er legte immer noch zu. Es war einfach so unbeschreiblich unglaublich. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Er strotzte nur so vor Ausdauer, Kraft und Geschwindigkeit. Als hätte er die ganzen Jahre über hart trainiert. Ich hätte vor Freude schreien und weinen können, aber da mir sowieso schon Tränen vom Wind kamen und das schreien ihn womöglich erschreckt hätte, ließ ich es sein. Es war einfach nur atemberaubend. Er hatte ein klares Ziel in seinen Augen stehen und stieß gleichmäßig Luft aus seinen weit geöffneten Nüstern aus. Mit jedem Galoppsprung machte mein Herz einen gewaltigen Sprung in meiner Brust. Ich gab ihm die Zügel ganz und er legte weiter zu. Inzwischen, war schon fast eine Runde vorbei und er beschleunigte immer noch. Ich wäre am liebsten den ganzen restlichen Tag weiter galoppiert, doch das war ein Ding der Unmöglichkeit. Behutsam verlagerte ich mein Gewicht in den Sattel und fasste die Zügel nach. Zuerst wehrte sich Broadway wieder gegen meine Paraden, doch dann gab er auf und ging in einen flotten Trab über. „So ist es brav!“, lobte ich ihn und rieb über seinen glatten, glänzenden Hals. Sanft parierte ich zum Schritt durch und ritt am durchhängenden Zügel trocken. Ich hatte jedoch nicht bemerkt, dass mich die ganze Zeit jemand beobachtet hat.
Erst jetzt sah ich Dustin, der an der Bahnbegrenzung lehnte und mich schief anlächelte.
„Na der hat ja vielleicht einen Zahn drauf!“, rief er mir entgegen, als er gesehen hatte, dass ich ihn bemerkt habe. Ich nickte nur stumm und ritt dann zu ihm hinüber. „Wie lange bist du denn schon hier?“, fragte ich frech und grinste ihn ebenfalls schräg an.
„Als du aus dem Stand da hinten angaloppieren wolltest bin ich gerade gekommen.“, antwortete er ebenfalls etwas frech und kam unter der Stange der Begrenzung durch zu mir und dem jungen Hengst her. Ich ließ mich aus Broadway Sattel gleiten und zog meinen Helm aus. Dustin gab mir einen zärtlichen Begrüßungskuss, während Broadway teilnahmslos daneben stand. Er blickte sich mit gespitzten Ohren um und interessierte sich gar nicht für uns. Ich war mit meinen Gedanken überhaupt nicht bei Dustin.
„Hey, alles in Ordnung?“, fragte er forschend und sanft. „… Was? Emmm… Ja, klar!“, antwortete ich unsicher.
„Was bedrückt dich denn?“, fragte er dann besorgt. „Es ist nichts, wirklich nicht. Ich habe mich nur gerade auf Broadway konzentriert und mich gefragt, wann er so weit sein wird, dass du ihn reiten kannst.“, antwortete ich und strich sanft über Broadways Stirn. Dustin legte Broadway ebenfalls eine Hand auf den Nasenrücken und kraulte ihn sanft.
„Ich denke, dass er uns ein Zeichen geben wird, wenn er bereit ist.“, sprach Dustin sanft zu Broadway und mir. Ich nickte stumm und gab dann Dustin einen kurzen, zärtlich Kuss auf seine weichen, geschmeidigen Lippen.
„Was ist denn hier los?“, hörte ich Ulis Stimme hinter mir und zuckte zusammen. Sanft stieß ich Dustin von mir. „Äh… Gar nichts. Ich… Em…“,mir viel auf die schnelle einfach keine Ausrede ein. „…Ich habe mit Sally und Broadway trainiert.“, half Dustin mir, doch das wollte ich nun wirklich nicht. Er sollte nicht die Schuld auf sich nehmen, denn er hatte mit dieser Sache ja überhaupt nichts zu tun.
„Das finde ich etwas unbedacht von dir Dustin. Es hätte weiß Gott was passieren können. Dieses Pferd muss langsam an Menschen gewöhnt werden.“, sprach er etwas grob zu Dustin.
„Tut mir leid Sir.“, entschuldigt sich Dustin und starrte schämend zu Boden. Ich musste kichern. Er war so ein ausgezeichneter Schauspieler, das ich selbst nicht wusste was ich denken sollte, aber das musste warten. Ich räusperte mich einmal und die Blicke wandten sich auf mich: „Uli, dürfte ich die kurz demonstrieren, wie sehr Broadway an Menschen gewöhnt ist und vor allem wie er rennt?“ Abwartend und durchdringend blickte ich meinem Onkel in die Augen. Seine Stirn legte sich in Falten und er biss sich fest auf die Zähne. Er schien einen inneren Kampf zu führen. Wenige Augenblicke später nickte er stumm und lief dann zur Tribüne hinüber. Ich hätte Luftsprünge machen können und freute mich riesig. Ich strahlte wie ein Honigkuchenpferd und selbst Dustin schien bei meinem Anblick lächeln zu müssen. Er half mir wieder in den Sattel
„Sally, pass bitte auf dich auf!“, mahnte er mich frech. Ich sah schief auf ihn herab, während Broadway nervös mit dem Kopf schlug. „Natürlich, du kennst mich doch!“, gab ich frech grinsend zurück.
„Na deswegen ja!“, rief er lauthals lachend aus und wandte sich dann ebenfalls der Tribüne zu. Ich stimmte kurz ins Lachen ein und trieb Broadway dann in einen leichten Trab an. Ich ritt wieder an den Anfang einer langen Seite, machte kehrt und hielt an. Nervös dribbelte der junge Hengst von links nach rechts und wieder zurück. Broadway warf mit dem Kopf und prustete zweimal stark durch die Nase. „Ist gut mein Junge. Es ist alles in Ordnung.“, versuchte ich ihn zu beruhigen und strich ihm sanft über den Hals. Sofort stand der Hengst still da. Verdutzt und gleichzeitig erstaunt beugte ich mich zur Seite um dem schwarzen Hengst in ein Auge zu blicken. Flammen schienen darin auf zu lodern und seine Ohren zeigten konzentriert zu mir nach hinten. Er machte einen runden Hals und kaute auf dem Gebiss herum. Er schien auf mein Zeichen zu warten. Ich fasste die Zügel nach, ging in den leichten Sitz über und zog noch einmal den Duft seiner pechschwarzen Mähne ein. „Also gut mein kleiner! Na los, dem zeigen wir es!“, flüsterte ich ihm mit viel Ehrgeiz und Willenskraft ins Ohr.
Broadway stampfte mit einem Huf auf und spannte sich wie eine Feder auf. Ich warf einen kurzen Blick zu meinem Onkel und Dustin, die gespannt und abwartend auf der Tribüne Platz genommen hatten. Es war soweit! Nun mussten wir beweisen, dass Broadway, für das Training bereit war. Ich schnalzte mit der Zunge und trieb Broadway an. „Ruhig mein Junge. Erst langsam so wie vorhin.“, redete ich sanft auf ihn ein. Er machte kleine Galoppsprünge, die sich langsam und ganz allmählich entwickelten. „So ist es gut mein kleiner. Schön behutsam.“, lobte ich ihn. Ich ließ ihn immer mehr beschleunigen und trieb ihn an. Er stieß im Takt Luft aus und seine Hufe donnerten immer schneller über den Grasboden der Bahn. Er beschleunigte schnell und schien noch begeisterter vom laufen. Er schien es ebenso beweisen zu wollen, wie ich.
Ich schoss an Dustin und Uli vorbei und mir huschte ein kleines Lächeln ins Gesicht. Er lief besser als zuvor. Mir schien es als wäre er die Runde davor etwas eingerostet gewesen und hätte sich nun eingelaufen. „Komm schon mein Junge! Jetzt legen wir richtig los!“, flüsterte ich ihm begeistert ins Ohr und ließ ihm freien Lauf. Er schien mit dem Kopf einmal stark Schwung zu holen und beschleunigte abrupt. Der Wind rauschte mir um die Ohren und alles was an mir vorbei flog wurde unscharf. Meine Augen tränten so stark, dass ich sie schließen musste und nun mein Gesicht in seiner Mähne vergrub. Ich spürte nur leicht wie er in die Kurve ging und daraus wieder beschleunigte. So etwas, hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Mein Herz schien mir aus der Brust zu springen und ich klammerte mich am Hals von meinem wundervollen Hengst fest. Er lief immer schneller und alles schien still zu stehen. Es gab nur Broadway und mich. Sein Donnern wurde immer schneller und stärker und jeder seiner Muskeln war angespannt und gab Höchstleistungen. Ich stellte mir in diesem Augenblick vor, dass aus den Schultern meines Athleten zwei riesige pechschwarze Flügel ragten, die ihn schweben ließen. Ganz gering spürte ich, dass er in die zweite Kurve ging und daraus wieder beschleunigte. Seine Ohren waren konzentriert nach vorne gerichtet und sein Blick verlief entlang der Bahn stur geradeaus. Ich trieb ihn auf der Zielgeraden noch einmal unbarmherzig an und er legte einen gewaltigen Endspurt hin. „Braver Junge! Das hast du toll gemacht!“, lobte ich ihn, während ich das Tempo drosselte und er in einen flotten Trab fiel. Sanft wendete ich ihn und warf einen forschenden Blick zu Uli, der erstaunt und verblüfft auf der Tribüne saß. Dustin warf mir wieder eines seines göttlichen Lächelns zu und ich strahlte zurück. Uli schien sprachlos begeistert und starrte mich und meinen Athleten einfach nur an. Ich ritt zu den beiden hinüber und hielt an. „Also ich glaube er ist bereit für das Training!“, rief ich Uli dann fröhlich zu. Er nickte sprachlos und stand dann ganz langsam auf. Er hatte anscheinend etwas ganz anderes erwartet.
Verdutzt kratzte er sich nun am Hinterkopf und musste ebenfalls lächeln.
„Ich schätze, wir haben hier einen geborenen Gewinner!“, scherzte er belustigt und fing an zu lachen. Stolz lobte ich meinen jungen Hengst und ritt im Schritt noch trocken. Ich sah jedoch, deutlich, dass Uli und Dustin diskutierten. Leider verstand ich aber kein Wort.
Ich wollte zu gerne wissen, über was die beiden sich Unterhielten. Broadway lief am langen Zügel und streckte sich vorwärts, abwärts. Immer wieder strich ich ihm über seinen Hals um zu spüren, wie warm er noch war. Nach einer viertel Stunde Schritt, stieg ich dann endlich ab und brachte Broadway zurück in seine Box. Er knabberte genüsslich an seinem Heu herum, während Dustin mir über die Boxentür hinweg beim absatteln zusah. Ich wurde neugierig und entschied, ihn auf das Gespräch von eben an zu sprechen: „Über was habt ihr euch eben am Platz unterhalten?“, fragte ich neckisch. Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich frech an.
„Dir entgeht aber auch gar nichts was?“, viel er in lautes Gelächter, während ich Broadway mit etwas Stroh trocken rieb. Kurze Zeit später räusperte er sich und wurde wieder ernst.
„Uli meinte, dass ich Broadway als Jockey reiten sollte. Vorausgesetzt er und ich wären so weit.“, erzählte er mir dann.
Nun war ich es die ihn erstaunt und starr ansah. „Und wirst du es tun?“, fragte ich neugierig und lief zu ihm an die Boxentür. Er zuckte mit den Schultern und öffnete mir die Tür.
„Ich weiß es noch nicht. Ich hab gesagt, dass ich es mir überlegen werde.“, sagte er teilnahmslos und sah mir zu wie ich Sattel und Trense wegbrachte. Wenn Dustin Broadway reiten würde, hätte das bestimmt einen klaren Vorteil. Erstens, es müsste kein anderer verrückter Jockey auf meinen Hengst sitzen und zweitens, Broadway kannte seinen Reiter. Broadway und Dustin würden bestimmt ein tolles Duo abgeben, da war ich mir absolut sicher. Ich hing den Sattel auf den Bock und wusch das Trensengebiss aus. Nachdem ich alles Ordnungsgemäß verstaut hatte, sah Dustin keinen Grund sich zurück zu halten. Er hielt mich fest umklammert und küsste einfach wild darauf los.
Ich hatte nichts dagegen und erwiderte alles, bis sich Snow mit einem lauthalsen Wiehern meldete. Wir mussten beide lachen und liefen zu dem ungeduldigen Hengst. Mit gespitzten Ohren und interessierter Miene blickte er uns entgegen und klopfte mit dem Vorderhuf gegen die Boxentür. „Ist ja schon gut mein kleiner. Ich komme ja schon.“, sprach ich zu ihm und nahm sein Halfter vom Haken. Dustin sah mir schweigend dabei zu, wie ich Snow auf die Koppel brachte. Wir stellten uns beide an den Zaun und beobachtenden den weißen Schimmelhengst beim bocken und buckeln. Er schien sich zu freuen und rannte auf und ab, bis er schließlich ins Grasen überging. Dustin umarmte mich von hinten über meine Schultern hinweg und ich lehnte mich sanft mit dem Rücken an ihn. Es war ein tolles Gefühl. Dustin war bei mir und Snow graste gemächlich vor uns. Kurze Zeit später liefen wir Händchen haltend nebeneinander in den Stall und setzten uns auf die Strohballen. Dustin legte einen Arm um meine Schultern und ich legte meinen Kopf an seine Schulter. „Ich finde du solltest Broadway als Jockey reiten.“, sagte ich dann nach kurzem überlegen. Erstaunt sah er mich von der Seite an.
„Ich weiß es noch nicht. Das Reiten mit dir am Sonntag war zwar toll, aber ich glaube nicht, dass ich es weiter machen kann. Mein Vater würde es nicht wollen und wieder Anfangen… Na du weißt ja wie es ist. Außerdem denke ich, dass es schwierig werden könnte. Broadway hat es gelernt mich zu hassen. Ich glaube nicht, das er mich je aufsitzen lässt.“, erklärte er mir. Ich schüttelte nur ausweichend den Kopf und sagte dann: „Mir ist es lieber du reitest ihn, als irgendjemand anders.“
Sanft versank ich in seinen Augen und er in meinen. Mein Herz schlug gegen meine Brust und mir wurde wohlig warm bei seinem Anblick. Er sah mich wieder so an, dass es mich völlig aus der Fassung brachte und ich in diesem Moment keinen Ton herausgebracht hätte. Mit einem Mal fanden sich meine Lippen auf seinen wieder und ich schloss die Augen. Wir küssten uns in den siebten Himmel und es fühlte sich einfach unglaublich wohltuend an. Kurze Zeit später wurden wir jedoch wieder von einem panischen Wiehern unterbrochen. Es war so hoch, das es mir in alle Gliedmaßen fuhr und ich erschrocken zusammenzuckte. Mit Snow schien irgendetwas nicht zu stimmen. Unsanft schob ich Dustin von mir und rannte aus dem Stall. Da sah ich den anmutigen Hengst, wie er am Koppelzaun auf und ab rannte er stieg, wieherte und machte Andeutungen den Koppelzaun zu überrennen. Panisch wollte ich zu ihm rennen, doch es war schon zu spät. Er holte Anlauf von der anderen Seite der Koppel und…. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Mit einem riesigem Satz sprang er über den Zaun und galoppierte auf mich zu. Erschrocken und starr blieb ich stehen. Er galoppierte klar und schien keine Verletzung davon getragen zu haben. Ein paar Meter vor mir bremste der Hengst ab und stieß mich dann sanft an der Schulter an. Ich strich ihm sanft über die Stirn, konnte es aber immer noch nicht glauben. Snow war eben über einen ein Meter achtzig hohen Zaun gesprungen, als hätte er zuvor noch nie etwas anderes gemacht. Snow war schweißnass uns sein Fell reflektierte die Sonne so stark, das es fast schon blendete. In diesem Moment ging mir so einiges durch den Kopf. Vielleicht sollte Snow kein Renner werden. Vielleicht ging seine Bestimmung in eine ganz andere Richtung. Er war anscheinend ein sehr guter Springer. Was wenn er Springen sollte?
Ich blickte ihm in seine pechschwarzen, klaren Augen und er prustete einmal zufrieden. „Du bist schon komisch. Hast eine reine Rennabstammung, springst aber wie ein Pferd von Meredith Michaels Beerbaum.“, sprach ich eher zu mir selber.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte mich jemand besorgt von hinten. Es war Dustin der wenige Meter hinter mir stand. Er hatte wohl nichts mitbekommen. Uhrplötzlich stieg Snow und legte die Ohren dicht an den Kopf. Er senkte den Kopf und drohte auf Dustin los zu gehen. Blitzschnell drehte ich mich um und sah Dustin panisch an. Dustin dagegen schien nur Angst um mich zu haben. Ich wollte gerade zu ihm rennen, als es schon zu spät war. In Angriffsstellung preschte Snow an mir vorbei und rannte auf Dustin zu. „NEIN!“, schrie ich verzweifelt und rannte dem wild gewordenen Hengst hinterher.

Geschickt sprang Dustin zur Seite und wich dem heranstürmenden Hengst aus, doch das machte Snow nur noch wilder. Er wendete geschickt und rannte erneut auf ihn zu. Mir schossen die Tränen in die Augen und mein Herz schlug wie niemals zuvor. Ich hatte Angst davor den zu verlieren, den ich am meisten liebte. Geschwächt vor Angst viel ich auf die Knie. Die Worte: „Snow, hör auf! Bitte!“, die Schreien wollte, kamen mir nur halb so laut über die Lippen. Immer wieder ging Snow auf Dustin los und immer wieder weichte der ihm aus. Noch einmal mit aller letzter Kraft rappelte ich mich auf und riss mich zusammen. „Snow! Hör sofort auf!“, schrie ich so laut, das es widerhallte, doch der Hengst reagierte nicht. Doch ein anderer schien zu reagieren. Mit einem dumpfen Knall den ich kannte blickte ich zum Stall hinüber. Hufgetrappel war zu hören und wenige Sekunden später schoss Broadway auf den Hof hinaus. Oh nein, nicht der auch noch! Schützen stellte ich mich vor Dustin, doch von über Broadway hatte ich falsch gedacht. Anstatt das er auf Dustin und mich losging ging er auf seinen eigenen Bruder los. Sie stiegen und bissen sich gegenseitig. Es sah unglaublich Angst einflößend aus. Schwarz gegen weiß und gut gegen böse. Sie sahen aus wie Zwillinge obwohl sie so unterschiedlich waren. Sie verschmolzen miteinander zu Ying und Yang. Es waren jedoch zwei Hengste, die einen Kampf hielten. Schützend zerrte Dustin mich weg, doch ich wollte nicht. Ich wollte einfach nur, dass es aufhörte. Ich war Broadway unendlich dankbar, aber auch er sollte wegen mir und Dustin nicht kämpfen. Dustin hielt mich mit eisernem Griff fest, doch ich schaffte es mich los zu reißen und rannte auf die wilden Kämpfer zu.
„Sally, lass es! Komm zurück! Bitte!“, versuchte Dustin mich verzweifelt und verängstigt davon ab zu halten, doch ich beachtete ihn nicht. Ich rannte weiter und blieb nur wenige Meter vor den zwei Hengsten stehen. „Broadway, Snow, hört sofort auf damit!“, rief ich ihnen zu, doch Broadway war der Einzige der reagierte. Er hörte sofort auf und sah mich entschuldigend an. Snow dagegen verpasste ihm mit seinem Vorderhuf genau in diesem Moment eine an der Flanke. Schon wieder kamen mir die Tränen und ich starrte Snow eisern in seinen Zorn verbrannten Augen. Was machte dieses Pferd so wütend? Mein Herz schlug so stark, das mein Brustkorb bebte, doch es war mir egal. Ich nahm all meinen Mut zusammen und hechtete in einer passenden Lücke zwischen die zwei. Gerade als Snow auf die Hinterhand stieg um erneut zu, zuschlagen hob ich die Arme und starrte ihn nieder. Sofort kam er wieder mit allen vier Füßen auf den Boden und prustete mich wütend an. In diesem Moment ging mir einiges durch den Kopf. Würde er mir etwas antun? Würde er zu weit gehen? Ich schüttelte die Gedanken von mir ab und starrte den zornigen Hengst weiter an. „Hör auf Snow! Das ist falsch! Du kannst nicht einfach auf andere losgehen und schon gar nicht auf deinen eigenen Bruder! Hör auf damit!“, sagte ich zornig zu ihm. Sein Blick wurde ein klein wenig sanfter und seine Ohren spielten vor und zurück. Über seinen Augenliedern bildeten sich kleine Fältchen, als ob er es bereuen würde und nun fing er auch an unterwerfend zu kauen. Ich viel auf die Knie und vor schock kullerten mir wieder Tränen über die Wangen.
„Sally!“, rief Dustin besorgt und ich konnte aus den Augenwinkeln unscharf erkennen, dass er zu mir kommen wollte. Ich winkte jedoch ab und schüttelte den Kopf. Ich wusste nicht mehr weiter und kapierte gar nichts mehr. „Broadway, geh zu Dustin und pass auf ihn auf.“, flüsterte ich dem schwarzen Hengst hinter mir zu. Langsam setzte der sich in Bewegung und versperrte Dustin somit die Sicht. „Snow, du gehst in deine Box und wehe so etwas kommt noch einmal vor!“, sprach ich bissig zu dem weißem eingeschüchterten Tier vor mir. Snow verschwand im Stall und mit einem letzten Blick zu Broadway, der Dustin sanft davon abhielt zu mir zu kommen, viel ich um und wurde ins schwarze Nichts eingehüllt.
Langsam schlug ich die Augen auf und sah mich mit verschwommenem Blick um. Ich lag mit meinem Kopf, auf etwas schwarzem weichen und der Untergrund am restlichen Körper stupste ungemütlich. Nach ein paar Mal blinzeln erkannte ich schon mehr. Ich lag auf Broadways Bauch. Broadway suchte sich im liegen einzelne Heuhalme heraus und zermalmte sie dann genüsslich. Jetzt erkannte ich mehr. Wir lagen gemeinsam in Broadways Box und er schien nichts gegen meine Anwesenheit einzuwenden haben. Sanft strich ich ihm mit meiner Hand über seine Rippen. Sofort unterbrach er das Kauen und blickte interessiert zu mir herüber. Seine Augen schienen fragen zu wollen, ob es mir besser ging und er brummelte einmal leise. „Na mein kleiner?“, sprach ich sanft zu ihm und rieb ihm über seinen samtweichen Nasenrücken. Ich konnte mich kaum an etwas erinnern. Nur der Kampf und mein auf die Knie sinken hatte ich im Kopf. Vorsichtig versuchte ich mich auf zu richten und testete dabei alle Gelenke. Ich war etwas steif unbeweglich. Kurze Zeit später stand ich trotzdem auf meinen eigenen Beinen und klopfte mir das Stroh von meinen Klamotten. Broadway stand mit etwas Schwung ebenfalls auf und kam dann auf mich zu. Er stupste mich sanft an die Schulter und ich nahm seinen Kopf in meine Hände. „Ich weiß zwar nicht mehr genau was passiert ist, aber ich glaube du warst mir eine große Hilfe!“, sprach ich sanft zu ihm und presste dann seinen Nasenrücken an meine Wange. Ich hatte noch nie eine solch enge Verbindung zu einem Pferd gehabt wie zu ihm. Er war einfach unglaublich. Wenige Augenblicke später verließ ich Broadways Box und humpelte durch die Stallgasse zu Snow. Er stand mit gesenktem Kopf in seiner Box und rührte das Heu nicht an, dass sich vor ihm häufte. Sogar der Hafer lag noch im Trog. Vorsichtig öffnete ich die Tür und er riss gleichzeitig den Kopf hoch. Er schien traurig und es sah so aus, als ob er sich schämte und ihm etwas Leid tat. Langsam ging ich mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. Er rührte sich nicht und blickte mich einfach nur an. Sanft strich ich ihm erst über den Nasenrücken, dann über die Stirn und dann über den Hals. Er fing an zu zittern und seine Lenden bebten. „Ist ja gut, es ist alles in Ordnung. Ganz ruhig.“, redete ich beruhigend auf ihn ein. Er hatte mit Broadway gekämpft, aber um was war es gegangen? Langsam verließ ich die Box und humpelte hinaus auf den Hof. Ein Krankenwagen, Dustins weißer Mercedes und Ulis Kombi waren zu sehen. Verwundert blickte ich mich um, doch wo waren alle?
Ich trat in die Mitte des Hofes und konnte weder jemanden sehen, noch hören. Erst als Dustin die Tür vom Büro aufriss und auf mich zustürmte waren alle zu sehen. Dustin umarmte mich fest und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Er hatte einige Schürfwunden an den Händen, doch das schien ihn nicht zu stören. Er hielt mich fest umklammert und küsste mich zärtlich auf die Stirn. Ich umarmte ihn ebenfalls und mit einem Mal kamen die Bilder zurück in meinen Kopf. Wie Dustin Snow auswich und sich dabei die Hände aufschürfte. Wie Broadway aus dem Stall geschossen kam und mich und Dustin verteidigte. Wie ich mich zwischen die zwei Hengste stellte und die Sache beendete. Nur meine allerletzten Worte und Bilder fand ich nicht mehr. Mir schossen wieder Tränen in die Augen, aber dieses mal vor Erleichterung. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist!“, flüsterte ich weinend in sein Ohr und drückte ihn noch fester an mich. Ich konnte keine Träne mehr halten. Es floss einfach aus mir heraus.
„Sht… Sally, ist ja gut. Ich bin hier ich bin bei dir!“, versuchte er mich zu beruhigen und drückte mich ebenfalls fester an sich.
„Es geht mir gut und ich bin ebenfalls so froh, das dir nicht passiert ist. Du weißt ja gar nicht was für eine Angst ich um dich hatte!“, flüsterte er mir kaum hörbar ins Ohr und gab mir noch mal einen Kuss auf die Stirn. Beide standen wir in der Mitte des Hofes, während die anderen langsam aus dem Büro kamen und sich um uns herum versammelten. Ich jedoch beachtete sie nicht weiter. „Verlasse mich bitte niemals!“, flüsterte ich ihm schluchzend ins Ohr und gab ihm dann einen zärtlichen Kuss auf den Mund.
„Ich werde dich niemals verlassen!“, gab er dann zurück und küsste mich noch einmal. Lange standen wir so da, ehe wir uns trennen mussten, da die Ärzte mich noch untersuchen wollten. Alle waren sie hier, Uli, Sascha, Mum, Dustin und die Ärzte. Nachdem die Sanitäter bei mir jedoch nichts feststellen konnten und ich ihnen fünfmal beschwichtigte, dass es mir gut ginge, fuhren sie endlich und ließen uns alleine. Dustin wich nicht von meiner Seite. Er hielt mich im Arm und kümmerte sich um mich.
Eine halbe Stunde später, saß ich neben Dustin im Mercedes und sah aus dem Fenster. Es war still und er hielt meine eiskalte Hand. Seine Hand dagegen, war wohlig wärmend und gab mir das Gefühl des Wohlbefindens. Vor unserem Haus hielt er zögernd an und der Gedanke an die, mal wieder, bevorstehenden Trennung viel schwer. „Bis morgen!“, hauchte ich ihm zu und beugte mich zu ihm herüber um ihn zu küssen. Er nahm meinen Kopf in seine Hände, hielt mich sanft fest und küsste mich unersättlich.
Er schien nicht zu wollen, dass ich ging, aber mir blieb keine andere Wahl meine Mutter war schon zu Hause und wartete auf mich. Ich schloss noch einmal die Augen und genoss es für einen kleinen Moment. Wie gern wäre ich hier bei ihm geblieben, aber es half nichts. Zögerlich schob ich ihn von mir.
„Bis Morgen!“, gab er jetzt zurück und ich stieg aus. Ich verschwand humpelnd im Haus und wurde sofort von Bounty begrüßt. „Na mein kleiner?“, begrüßte ich ihn zurück und strich ihm sanft über den Kopf.
„Schatz, bist du es?“, kam die Stimme meiner Mutter aus der Küche. „Ja, ich geh aber gleich Duschen.“, antwortete ich, während ich mit Bounty im Schlepptau die Treppe hinauf humpelte. Im Bad löste ich meine Verbände und sprang dann unter die Dusche. Es tat gut und war ein angenehmes Gefühl. Ich machte mich Bettfertig und schlief schließlich ein.
Ein leises Klicken riss mich aus meinem Schlaf. Verwundert blickte ich auf meinen Wecker, der drei Uhr morgens anzeigte. Wieder ein Klicken, das zu mir durchdrang. Bounty stand vor meinem Fenster und starrte es interessiert an. Beim nächsten Klicken sah ich es auch. Da warf doch tatsächlich jemand Steine gegen mein Fenster. Mühsam quälte ich mich aus meinem Bett und lief zu Bounty. Eine dunkle Gestalt stand in unserem Vorgarten und blickte erwartungsvoll zu mir herauf. Leise öffnete ich das Fenster und lehnte mich heraus.
„Sally? Lässt du mich rein?“, drang eine warme, flüsternde Stimme zu mir herauf. Was in aller Welt wollte Dustin hier? Langsam schloss ich das Fenster wieder und lief auf Zehenspitzen zur Zimmertür. „Bounty, du wartest hier!“, befahl ich ihm und schlich hinaus in den Flur. Leise tapste ich jede einzelne Stufe der Treppe hinunter und versuchte dabei nicht zu stolpern. Es war stock dunkel und man konnte kaum etwas erkennen. Vorsichtig nahm ich den Hausschlüssel von der Theke und schloss auf. Dustin stand vor mir und sah mich einfach nur an. „Was willst du denn hier?“, fragte ich dann verwundert.
Er kam jedoch nur einen Schritt auf mich zu und drückte mich rückwärts an den Türrahmen. Schwach konnte ich die Umrisse eines Lächelns erkennen und seine Augen glänzten im Schein des Mondes. Er kam meinem Kopf mit seinem immer näher und ich spürte seinen samtigen, warmen Atem in meinem Gesicht. Kurz bevor sich unsere Lippen trafen hauchte er mir flüsternd entgegen: „Ich halte es einfach keine weitere Nacht ohne dich aus!“
Seine Lippen trafen auf meine und sofort durchzog mich ein elektrischer Blitz. Ich bekam Gänsehaut und er strich mir mit seinen Fingern sanft und zärtlich über die Wange. Ich viel ihm um den Hals und wir küssten uns leidenschaftlich. Eine kalte Brise wehte ins Haus und ich fröstelte. Sanft schob ich Dustin von mir schloss die Tür und schloss dann wieder ab. Dustin sah mir dabei zu und wartete bis ich nach seiner Hand griff und ihn mit mir nach oben zog. Ich führte ihn in mein Zimmer und schloss hinter uns behutsam die Tür. Bounty freute sich sichtlich über den nächtlichen Besuch und begrüßte Dustin, der jedoch hatte nur noch Augen für mich. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da fanden sich meine Lippen auf seinen wieder. Ich hatte jedoch nichts dagegen. Leidenschaftlich ging ich darauf ein, schloss meine Augen und viel ihm wieder um den Hals. Dieses Mal durchzogen mich mehrere elektrische Impulse und mir wurde innerlich warm. Mein leichtes Nachthemd das ich trug, spendete mir äußerlich jedoch nicht genug Wärme und so kam es, dass mein Körper anfing zu beben. Mein Herz schlug unregelmäßig und Gänsehaut überfiel meine Glieder. Sanft hob Dustin mich im Küssen hoch und trug mich zum Bett hinüber.
Er legte mich ab und viel sogleich über mich, denn ich ließ ihn nicht los. Seine warmen Hände kamen unter mein Nachthemd und strichen mir über dir Rippen. Ich fing an zu zittern und mein Körper bebte noch stärker. Er küsste mich an meinem Hals herab runter bis aufs Schlüsselbein und streifte einen der Träger über meine Schulter. Mit meinen Händen krallte ich mich in das Bettlaken und versuchte verzweifelt, seine Lippen wieder auf meine zu lenken, als es mir jedoch nicht gelang und er seine Sache einfach fortsetzte, versuchte ich es anders. Ich zog ihm sein T-Shirt aus und versuchte so seine Küsse zu unterbrechen. Zweifel kamen mir auf und ich war mir unsicher ob er es wagen würde. Tatsächlich griff er nach dem Saum meines Nachthemdes, doch ich streifte seine Hände geschickt ab und zog dann sein Kinn wieder zu mir herauf. Ein kurzes Lächeln zierte seine Lippen, als hätte er gewusst, dass ich abwehren würde und er nahm seine Hand unter meinem Nachthemd hervor. Seine warme, eiserne Brust lag auf mir und es war ein traumhaftes Gefühl. Mich hatte jedoch sein kurzes Lächeln angefochten. Ich zog ihm seine Hose aus und drehte ihn dann geschickt auf den Rücken, so dass nun ich auf ihm lag. Ich küsste ihn ebenfalls am Hals hinab, bis zu seinem Schlüsselbein und dann wieder den Selben Weg hinauf. Er musste wieder lächeln, da er genau das erreicht hatte was er wollte. Warum musste ich auch immer auf seine faulen Tricks hereinfallen? Kurzerhand ließ ich es einfach sein und legte mich auf die Seite, sodass ihm mein Rücken zugewandt war. Er griff nach der Bettdecke und zog sie über uns beide, dann rückte er auf und küsste mich auf mein Schulterblatt. Er hatte wohl absolut nicht damit gerechnet, dass ich aufhören würde. Immer und immer wieder küsste er mich auf meinen Rücken und es war schier zum verrückt werden. Es kitzelte und sein warmer Atem in meinem Nacken war unerträglich. „Dustin hör auf!“, kicherte ich ihn zappelnd an und versuchte mich seinem Griff zu entziehen. Er küsste mich unters Ohr und reagierte überhaupt nicht darauf.
„Warum denn? Mach ich dir Angst?“, flüsterte er mir dann neckisch, fragend ins Ohr und sein Atem kitzelte unerträglich. Immer wieder versuchte ich ihn von mir zu stoßen, aber es gelang mir einfach nicht. Er war viel zu geschickt und ihm viel immer wieder etwas neues ein, bis ich mich endlich zu ihm umdrehte und ihn wieder küsste. Leidenschaftlich ging er darauf ein und schien endlich zufrieden. Sein Körper wärmte mich wohltuend und ich schmiegte mich noch näher an ihn. Er lächelte mal wieder in einen Kuss hinein und ich musste mich wohl oder übel geschlagen geben. Ich wollte meine Niederlage jedoch nicht eingestehen. Eingeschnappt wandte ich ihm wieder den Rücken zu. „Du bist gemein!“, flüsterte ich kaum hörbar, doch er hatte es wohl vernommen und kam wieder an mein Ohr. „Ach bin ich das, ja?“, flüsterte er mir frech und scherzend ins Ohr. Nun tat ich das was ihn am meisten auf die Palme brachte. Ich ignorierte ihn einfach und schloss die Augen.
„Sally!?“, mahnte er mich etwas verärgert. „Sally, tu das bitte nicht!“, machte er weiter, doch ich beachtete ihn nicht. „Och komm schon, das ist nicht fair! Ich handele wenigstens nicht mit so unfairen Waffen!“, warf er mir an den Kopf, doch ich seufzte nur einmal und unternahm nichts.
„Gut, dann werde ich jetzt wieder gehen!“, sagte er dann wie aus dem nichts. Entsetzt fuhr ich auf und sah starr auf ihn herab.
„Jetzt hab ich dich erwischt!“, lachte er mich aus und kitzelte mich durch. Ich zappelte neben ihm und musste ebenfalls lachen. Ich musste mich geschlagen geben. Bevor er mich noch weiter durch kitzelte, küsste ich ihn auf den Mund und packte seine beiden Handgelenke. Er drehte den Spieß jedoch um und hatte schnell meine fest im Griff. Ich hatte keine Chance mich zu wehren und er kam wieder über mich und küsste meinen Hals, mein Schlüsselbein, meine Schulter und meinen Bauch, da das Nachthemd, das inzwischen hoch gerutscht war ihn entblößte. Ich hatte keine Chance unter seinem eisernen Griff, versuchte mich aber trotzdem zu wehren. Er klemmte meine Arme jeweils auf die Seite meines Kopfes und küsste meine Taille. Mein Körper fing an zu beben und ich konnte nichts tun. Immer wieder zitterte ich und wollte, dass er aufhörte. Dustin schien zu merken, dass er zu weit ging. Er ließ mich los und zog mich dann einfach dicht an sich.
„Entschuldige!“, flüsterte er mir sanft ins Ohr und vergrub dann sein Gesicht in meinen Haaren. Kurze Zeit später überkam mich die Müdigkeit.

Das Piepen meines Funkweckers dröhnte durch mein Zimmer und riss mich aus meinem tiefen, traumlosen Schlaf. Ich machte ihn aus und drehte mich in Dustins Armen zu ihm um. Seine Augen waren geschlossen und sein samtiger Atem war zierlich leicht und gleichmäßig. Ober noch schlief? Ich verspürte das Verlangen ihn zu küssen, aber ich wollte ihn nicht wecken. Langsam und vorsichtig kam ich seinem Kopf näher und sah ihm dabei forschend in seine geschlossenen Augen. Nur noch wenige Millimeter und meine Lippen würden auf seine treffen. Meinen warmen Atem, müsste er jetzt schon spüren. Ich wollte gerade meinen Kopf zurückziehen, als er die Augen blitzschnell aufschlug und seine Lippen auf meine presste. Erschrocken versuchte ich mich erst zu wehren, doch dann hob er seine Hand von unter der Decke auf meine Wange, strich mir mit dem Daumen darüber und hielt mich somit gleichzeitig fest. Ich schloss die Augen und ging leidenschaftlich auf ihn ein. Im Hinterkopf schwirrte mir dennoch im Kopf herum, dass er mich schon wieder reingelegt hatte.
„Guten morgen, Sunshine!“, begrüßte er mich in einer kurzen Pause und küsste mich dann einfach weiter. Es war ein schönes Gefühl, mit ihm an meiner Seite aufzuwachen und ihn zu küssen… Ich wurde aus meinen Gedanken gezogen, als draußen auf unserem Flur, Schritte zu hören waren. Oh nein, bitte nicht! Grob drückte ich Dustin von mir und schob ihn aus dem Bett. Er verstand recht schnell packte sein Zeug zusammen und verschwand hinter der Tür. Bounty sprang derweil auf und eilte zur Tür. Ich vergrub mich wieder richtig unter der Bettdecke und tat so als würde ich schlafen. Leise hörte ich wie meine Zimmertür aufsprang und meine Mum herein kam. Sie setzte sich zu mir aufs Bett und faste mir sanft an die Schulter.
„Hey Sally Schatz, willst du nicht aufstehen? Du musst doch in die Schule?“, langsam drehte ich mich um und sah meiner Mutter verschlafen in die Augen. Ich streckte mich und gähnte einmal, ehe ich an meiner Mutter vorbei sah und zu Dustin blickte, der sich vor Lachen hinter der Tür kaum noch halten konnte. Ich musste es mir ebenfalls verdrücken und setzte mich dann auf. „Ja, natürlich.“, antwortete ich verschlafen und quälte mich aus meinem Bett heraus. Meine Mutter stand auf und lief aus dem Zimmer heraus. Ich folgte ihr und schloss hinter Bounty dann meine Tür. Mum war schon angezogen und sogar Schuhe trug sie schon.
„Ich geh dann jetzt, mein Schatz! Es könnte sein, das es heute Abend spät wird!“, rief sie mir herauf und ich hörte nur noch wie die Haustüre ins Schloss sprang. Ich lief ins Bad, wusch mein Gesicht, kämmte meine Haare und machte mich soweit fertig. Dann lief ich zurück in mein Zimmer, doch als ich gerade die Zimmertür aufstieß zog mich jemand zur Seite und hielt mich fest. Dustin sah mich grinsend und frech an.
„Du bist eine miserable Schauspielerin!“, hauchte er mir frech entgegen und küsste mich sofort daraufhin. Lachend befreite ich mich von ihm und schob ihn aus meinem Zimmer. „Ich werde mich jetzt umziehen!“, erklärte ich neckisch und schloss die Tür vor seiner Nase. Ich zog mich an und lief aus meinem Zimmer. Zumindest wollte ich das. Dustin stand mir im Weg und versperrte ihn. Er hatte seine Klamotten inzwischen auch an und lächelte schief. „Du gibst wohl nie auf?!“, sagte ich lachend und versuchte mich an ihm vorbei zu drängen.
„Wenn es um dich geht, nein!“, gab er zurück und hielt mich mit eisernem Griff fest.
„Wegen dir kommen wir noch zu spät zur Schule!“, warf ich ihm lachend an den Kopf und versuchte mich gegen ihn zu wehren.
Er drückte mich dicht gegen die Wand und fixierte meine Hände jeweils neben meinem Kopf.
„Wäre das denn so schlimm? Wir könnten doch heute einfach mal auf blau machen.“, flüsterte er mir mit seiner Samtstimme ins Ohr und küsste mich sogleich darauf an meinem hals hinab. „Dustin, ich bin empört!“, scherzte ich und versuchte ihn von mir zu drücken, doch er ließ es einfach nicht zu.
„Och komm schon Sally, nur einen Tag!“, versuchte er mich zu überreden. Ich wollte jedoch keineswegs. „Dustin, jetzt überleg doch mal. Wenn wir blau machen, dann müssen wir nachsitzen und wenn wir nachsitzen müssen, dann kann ich nicht trainieren und du kannst mir nicht tanzen für den Abschlussball beibringen!“, versuchte ich ihm alles klar zu machen, doch ich erstarrte abrupt. Hatte ich das mit dem Abschlussball eben wirklich gesagt? Sofort hörte Dustin auf und sah mich erstaunt an. Er war wohl ebenso überrascht wie ich.
„Also gut wie du meinst!“, gab er dann frech zurück und ließ mich los. Erleichtert lief ich an ihm vorbei und runter. Er folgte mir schweigend und sah mir dabei zu, wie ich meine Schulsachen zusammen packte. Erschrocken sah ich auf die Wanduhr im Wohnzimmer. Jetzt war es aber höchste Zeit. Ich griff nach Dustins Hand und zog ihn mit nach draußen. Während ich zu schloss holte er den Wagen. Dustin fuhr wie ein irrer und achtete auf nichts.
Er fuhr auf den erstbesten Parkplatz und wir eilten hinein. Es hatte zum Glück noch nicht zum zweiten Mal geklingelt und so kamen wir beide noch pünktlich, doch als ich in mein Klassenzimmer kam saß auf dem Platz neben mir Sam, der mir freundlich entgegen lächelte. Verärgert setzte ich mich neben ihn und versuchte ihn zu ignorieren.
„Hey, na alles klar?“, begrüßte er mich fröhlich und lächelte mich von der Seite an. Ich nickte kurz und tat dann so, als müsste ich noch etwas herrichten für den Unterricht. Von Jojo war weit und breit keine Spur. „Weißt du etwas von Jojo?“, fragte ich Sam zögerlich. Sein Lächeln wurde breiter und er schien sich zu freuen, dass ich auf ein Gespräch einging.
„Em ja, sie hat einen Arzt Termin, wegen ihrem Arm“, erzählte er mir und wippte nervös mit seinem Fuß. Der Lehrer kam und ich versuchte mich vergebens auf den Unterricht zu konzentrieren. Er fragte mich andauernd Sachen.
„Wie geht es den Pferden?“, fragte er dann tonlos. „Gut!“, antwortete ich knapp und in diesem Augenblick, viel mir der Kampf wieder ein. Sam schien genug zu haben und war nun ruhig, doch in mir spielte sich immer wieder ein Film ab, bis an die Stelle wo das Band riss. Den letzten Augenblick des Kampfes, bekam ich einfach nicht in meinen Kopf. Als es dann endlich klingelte, sprang ich auf und rannte hinaus in den Flur. Ich wollte unbedingt wissen, was wirklich geschehen war. Ich eilte auf den Flur und zu Dustins Klassenzimmer, doch was ich dann sah, gefiel mir gar nicht. Er stand eng mit Chantal zusammen und sie flirtete mit ihm. Das war zu viel des guten. Er lächelte sie schief an, so wie er es bei mir immer tat. Ich wollte und konnte das auch nicht länger mit ansehen. Ich machte auf den Fersen kehrt und lief in die entgegen gesetzte Richtung von ihm. Was bildete sich diese blöde Kuh eigentlich ein? Und Dustin geht auch noch darauf ein. Tränen schossen mir in die Augen, doch ich befahl mir nicht zu weinen. Bloß nicht weinen Sally!
Ich rannte fast den Flur zurück und als ich um die Ecke bog, stieß ich mit jemandem zusammen. Blätter flogen um uns herum und dann, sah ich, dass es Sam war. Benommen rappelte ich mich wieder auf, fegte schnell ein paar Blätter zusammen und drückte sie ihm in die Hand.
„Sally, alles in Ordnung?“, fragte er besorgt, doch ich ging nicht darauf ein und lief einfach weiter. Sie sollten mich alle einfach nur in Ruhe lassen. Diese blöde Kuh, sollte doch machen was sie wollte. Dustin konnte wahrscheinlich nicht mal etwas dafür, denn sie war hübscher, reicher und viel interessanter als ich und hatte ihn in ihren Bann gezogen. Ich unterdrückte mir die Tränen und rannte aus dem Schulgebäude. Wo sollte ich hin? Ich konnte nicht schon wieder nach Hause rennen. Ich rannte um das Schulgebäude herum und ließ mich dann an einer schattigen, verlassenen Stelle an der Wand, zu Boden gleiten. Meine Bücher hielt ich fest umklammert und auf einmal, bohrte sich ein Messer in mein Herz. Ich bekam keine Luft und das Messer drehte sich in meinem Herz. Der Schmerz wurde stärker. Ich krümmte mich zusammen und zwang mich, nicht los zu schreien. Es tat so weh, es tat so weh! Wie konnte er nur, nach allem, was wir durchgemacht hatten… oder war das nur Schauspielerei? Konnte er sich so gut verstellen? Es klingelte und ich kam wieder von meinem hohen Ross. Langsam stand ich auf und lief wieder zurück, wobei meine Beine lieber nach Hause gelaufen wären. Ich wollte ihm jetzt bloß nicht über den Weg laufen. Ich schlich in mein Klassenzimmer und starrte erleichtert auf den Platz neben mir, der leer war. Jojo würde hier normal sitzen, aber sie war beim Arzt. Ich konnte das Klingeln gar nicht abwarten, um hier endlich weg zu kommen. Ich stürmte als aller erstes hinaus und rannte nach Hause. Ich wusste selber nicht was tun. was würde ich tun, wenn ich Dustin treffen würde? Ich schloss auf und trat hinein.
Bounty sprang freudig an mir hoch und wedelte übermütig mit seinem Schwanz. „Na mein kleiner? Ich weiß zwar nicht, was du vor uns für ein Leben hattest, aber hier hast du es auf jeden Fall am leichtesten.“, sprach ich zu ihm, während ich durch sein weiches Fell wuschelte. Ich rannte in mein Zimmer, zog mir Reitklamotten an und lief dann wieder nach unten. Ich war absolut mies drauf, aber an den Pferden, wollte ich das bestimmt nicht auslassen. Bounty und ich liefen in den Stall, doch alles erinnerte mich an Dustin. Die Kette, die Kreuzung und der Stall selber. Wie sehr, hätte ich mir gewünscht, dass er vor mir stehen würde und mich anlächelt. Ich wusste einfach nicht, was ich von der Aktion mit Chantal, halten sollte. Was, wenn er mich wirklich verlässt?
Was, wenn ich er mich verlässt und ich ihn jeden Tag in der Schule sehen muss?
Was war nur los?
Ich kam im Stall an und lief zu Liberty. Sie stand in ihrer Box und sah mir neugierig entgegen. „Na mein Mädchen, wie geht es uns denn heute?“, fragte ich besorgt, doch sie machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Sascha kam gerade in den Stall und schob eine große Schubkarre mit Heu vor sich her.
„Hallo Sally! Na wie geht es?“, begrüßte er mich freundlich. Ich wollte mir nichts anmerken lassen und ging etwas fröhlicher auf das Gespräch ein. „Hey, ja ganz gut und selber?“, log ich und fragte gespielt zurück. Er nickte nur und lief dann zu Saphirs Box. Ich wandte mich wieder Liberty zu, die mich sanft beschnupperte
„Ach bevor ich es vergesse, du sollst Liberty und Saphir zusammen auf die Koppel bringen.“, wandte er sich noch einmal an mich. „Zusammen?“, fragte ich unglaubwürdig, doch er zuckte nur mit den Schultern. Ich zog der Fuchsstute das rote Halfter an und strich ihr noch einmal über die weiße Blässe. „Na dann wollen wir mal!“, forderte ich sie auf und schnalzte kurz mit der Zunge. Sofort setzte sich die junge Stute in Bewegung und trottete mir hinterher.
Ihr Verband, war etwas verdreckt, doch das war nicht weiter schlimm. Ich brachte sie auf die Koppel und sie begann sofort zu grasen. Dann holte ich Saphir und stellte ihn zu ihr. Er trabte kurz zu ihr herüber, sie beschnupperten sie groß und damit war die Sache geklärt. Ich lief zurück zum Stall und zu Broadway, der mit dem Vorderhuf ungeduldig gegen die Boxentüre klopfte. „Ist ja schon gut! Ich komm ja schon!“, rief ich ihm zu und ging zu ihm. Ich strich ihm kurz über die Stirn und streifte ihm dann das rote Halfter über. Nachdem ich ihn sorgfältig geputzt hatte, sattelte und trenste ich ihn. Er hatte es sehr eilig und lief zügig neben mir her auf den Hof, wo ich noch mal nach gurtete und dann aufstieg. Ich ritt im Schritt auf die Bahn und machte ihn warm. „Na mein kleiner, heute trainieren wir ein bisschen Ausdauer.“, flüsterte ich ihm zu und galoppierte sogleich an. Im versammelten Tempo galoppierte ich mit ihm und es fühlte sich einfach wunderschön an. Die erste Runde verging und er schwitzte noch nicht. Nach der zweiten Runde, traten gerade Mal die Adern heraus und er schnaubte etwas. Nach der vierten Runde dann, war es so weit. Ihn verließen die Kräfte und ich parierte durch. „Braver Junge!“, lobte ich den schnaubenden Hengst. Er machte einen zufriedenen Eindruck, aber etwas erstaunlich, war es schon. Er hatte all die Jahre nicht geschafft und trotzdem, hatte er solch eine Kondition. Es war einfach überwältigend. Ich ritt ihn trocken und war ganz in Gedanken versunken, als eine Bewegung, aus meinen Augenwinkeln heraus, meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ich erschrak, als ich Dustin sah, der am Eingang von der Rennbahn stand.
Was sollte ich tun? Weg reiten oder laufen konnte ich nicht. Musste ich mich hier und jetzt ihm gegenüber stellen? Ich tastete Broadway ab, der trocken war und ritt dann auf den Ausgang zu. Ohne Dustin eines Blickes zu würdigen, ritt ich an ihm vorbei und brachte Broadway in die Stallgasse. Mir entging jedoch nicht, dass Dustin mich auf Schritt und Tritt verfolgte. Ich band den jungen Hengst an und sattelte ihn ab. Nachdem ich wieder aus der Sattelkammer kam, stand Dustin an Broadways Kopf und strich ihm über seine Stirn. Ich beachtete es nicht weiter und bürstete den getrockneten Schweiß aus Broadways Fell. Dustin fing einfach an zu erzählen: „Es ist schon erstaunlich gewesen, was gestern passiert ist. Snow ist über einen hohen Zaun gesprungen, dann ist er auf mich los gegangen, dann kam Broadway und hat mich gerettet, dann bist du dazwischen gegangen und hast den Pferde Befehle erteilt und sie haben sie ausgeführt. Du scheinst wirklich eine Gabe zu besitzen.“ Ich hatte ihm genau zugehört, wandte mich jedoch nicht zu ihm. Er erzählte einfach weiter: „Nachdem du in Ohnmacht gefallen warst, ist Broadway nicht mehr von deiner Seite gewichen. Er hat sich aufgeführt, als die Ärzte dich zum Krankenhaus fahren wollten und hat sie nicht an dich ran gelassen. Er hat dich verteidigt, wie seine eigen Fleisch und Blut. Ich war der Einzige, der an dich ran durfte und hab dich dann zu ihm in die Box gebracht. Er hat sich sofort hingelegt und mir zu verstehen gegeben, dass ich dich auf ihn legen soll.“
Meine Bürstenstriche wurden langsamer, bis ich schließlich aufhörte. Ich habe den Pferden Befehle erteilt und sie haben sie ausgeführt? Broadway hat mich nicht gehen lassen? Wollte Dustin mich auf den Arm nehmen oder war das sein Ernst?
Warum sollte Broadway so etwas tun und warum sollte ich den Pferden Befehle erteilen?
„Sally, ich weiß nicht was los ist, aber ich halte es nicht mehr aus! Würdest du mir bitte sagen, warum du mir aus dem Weg gehst?“, fing er nun verzweifelt an und kam Näher zu mir her. Ich hörte auf ihn zu bürsten und rückte von Dustin weg. Mir wurde schlecht. Konnte er nicht einfach gehen? Was sollte das alles? Er sollte froh sein, das ich ihn nicht weiter nerve. Warum geht er nicht zu seiner Chantal und lässt mich einfach in Ruhe? Ich drehte ihm den Rücken zu und brachte das Putzzeug in die Sattelkammer. Seufzend ließ Dustin mich gehen. Ich kam wieder raus und sah ihn zu spät. Er packte mich am Handgelenk und stellte sich mir direkt gegenüber.
„Sally, was ist los? Du machst mich noch verrückt!“, fuhr er mich verzweifelt an. Ich sah ihm nicht ins Gesicht, sondern starrte nur auf den Boden.
„Sally, bitte!“, flehte er weiter. Ich versuchte ihm meine Hand zu entreißen, aber ich schaffte es nicht. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen und gehen? Tränen stiegen mir in die Augen und ich schloss sie um es ihm nicht zu zeigen. Ich versuchte sie mit dem stechenden Schmerz hinunter zu schlucken, aber es ging nicht.
„Ach Sally! Sag mir doch bitte, was los ist!?“, sprach er sanft und sah mich dabei streng an. Konnte er sich das nicht denken? Broadway stampfte mit dem Fuß auf und stieß so gegen Dustin, der sich verwundert umdrehte. Ich nutzte die Gelegenheit und befreite mich. Behutsam griff ich in Broadways Halfter und führte ihn dann in seine Box. Dustin stand nun sprachlos da und sah mir wieder zu, aber ich wusste, dass ich es nicht ewig vor mir her schieben konnte, doch wie sollte ich anfangen? „Was läuft zwischen dir und Chantal?“, fragte ich dann mit gepresster Stimme und versuchte immer noch meine Tränen zu unterdrücken. Geschockt erstarrte er nun.
„Gar nichts, wie kommst du denn darauf, dass ich etwas mit Chantal haben könnte? Sie ist eine arrogante, zickige, aufgeblasene Tussi, die sich für was Besseres hält.“, antwortete er gefrustet. Ich schüttelte nur den Kopf. „So sah das aber heute Morgen nicht aus!“, widersprach ich ihm. Dustin rührte sich immer noch nicht und er zog die Augenbrauen nun verwundert hoch.
„Heute Morgen? Chantal macht sich schon seit ich den ersten Tag hier war, an mich ran! Sally, nie im Leben, würde ich dich gegen sie tauschen wollen. Du bist mein Leben! Du bist alles was ich brauche und will! So wie ich Atmen muss, so brauche ich dich! Wie kommst du nur darauf, dass ich…. Hast du so wenig Vertrauen zu mir?“, er klang angewidert und etwas sauer. Nun kamen mir die Tränen doch. Ich wusste selber nicht mehr genau was eigentlich in mir vorging. Ich war blöd gewesen. Warum hatte ich gedacht, dass Dustin etwas mit Chantal hätte? Dustin kam in die Box und nahm mich einfach in den Arm. Ich schluchzte und drückte mich ganz fest an ihn. War ich noch ganz bei Sinnen? Warum hatte ich geglaubt, dass Dustin mich hinterging?
„Oh Sally!“, murmelte Dustin noch vor sich hin, während er mir sanft über den Kopf strich. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?! Ganz allmählich beruhigte ich mich wieder und holte tief Luft. Dustin küsste mich auf die Stirn und beruhigte mich dadurch noch etwas.
Langsam löste ich mich aus seinem Griff.
„Ich muss leider los. Niklas erwartet, dass ich ihm helfe.“, meint er dann, während er mir eine Strähne aus dem Gesicht strich. Er sah mir in die Augen und ich sah ihn verheult an. Ich war eine Närrin, wenn ich wirklich geglaubt hatte, dass er mich hinterging. Er gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und sah mich danach noch einmal forschend an.
„Alles okay?“, fragte er dann unsicher. Ich nickte nur und ließ ihn dann gehen. Broadway stupste mich an der Schulter an und ich wandte mich wieder ihm zu. „Na du. Hat es dir heute Spaß gemacht?“, fragte ich ihn spielerisch. Ich warf einen kurzen Blick zu Boxentür. Was hatte mich nur dazu getrieben, so etwas zu denken? Ich verließ Broadways Box und gab ihm noch ein paar Karotten. Genüsslich zermalmte er sie und machte dabei einen zufriedenen Eindruck. Snow war es natürlich nicht entgangen, dass es etwas zu essen gab und klopfte nun mit dem Vorderhuf gegen die Boxentür. „Nein mein kleiner. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“, erklärte ich ihm und öffnete die Boxentür. Er wartungsvoll stupste er mich an. „Also gut, aber nur eine!“, gab ich nach und sah zu wie er anfing zu kauen. Behutsam streifte ich ihm sein Halfter über und führte ihn dann auf die Stallgasse. Ich fing an ihn gründlich zu putzen. Die Dreckflecken, die man sah waren schwer weg zu bekommen. Ich musste wohl noch etwas üben, bevor ich den Schimmel richtig weiß kriegen würde. Nachdenklich blickte ich hinaus auf den Hof. Ich wollte heute etwas ganz Neues ausprobieren. Snow konnte anscheinend sehr gut springen, also warum sollte man es nicht einmal versuchen. Ich fragte mich jedoch, ob es ein Schritt zu viel war. Immerhin saß ich noch nie auf Snow. Es war mal wieder ein Risiko, aber ich liebte es. Behutsam sattelte ich den Schimmelhengst und lief dann hinaus auf die Koppel. Ich baute mir neben Saphirs und Libertys Koppel Sprünge auf. Sie waren nicht sehr hoch, aber auch nicht niedrig. So wie ich mit Liberty gesprungen war. Kurze Zeit später, führte ich Snow auf den Hof. Ulis Auto war weg, was mir nur recht war. „Also gut mein kleiner. Ich werde heute aufsitzen und dann probieren wir mal zu springen.“, meinte ich ruhig zu ihm und führte ihn an den Roundpen Zaun. Vorsichtig nahm ich den Fuß in den Steigbügel und zog mich in den Sattel hinauf. Snow blieb ruhig stehen und machte keine Anstalten durch zu drehen. Sanft rieb ich ihm den Hals. „Brav mein kleiner.“, lobte ich ihn. Er war etwas größer als Broadway und ich hatte das Gefühl auch etwas mehr Masse zwischen den Beinen zu haben. Ich gab ihm Druck in die Flanken und er lief im ruhigen Schritt los. Ich lenkte ihn auf den Feldweg Richtung Koppel und achtete dabei genau auf sein Verhalten. Er lief am Zügel, so wie ich es von Broadway und Liberty kannte und seine Ohren hingen gelassen zur Seite. Ich ritt mit ihm auf die Koppel und als er die Sprünge sah, wurde er gleich etwas wacher. Im Schritt, ritt ich ihn gelassen auf einen der Sprünge zu. Er schnupperte kurz an der Stange und lief dann von selber weiter, daran vorbei.
Er war schon ein komisches Pferd. Gestern, ist er noch auf Dustin losgegangen und heute war er lammfromm. Kannte er Sprünge etwa? Ich ritt am langen Zügel im Schritt warm. Er lief gelassen und hob ab und zu den Kopf um nach Liberty und Saphir zu schauen, die genüsslich ihr Gras malmten. Nach guten zwanzig Minuten Schritt, nahm ich die Zügel auf und versuchte mein Glück im Trab.
Er benahm sich anständig und während ich außen herum und um die Sprünge herum leicht Trabte, ging er locker und leicht am Zügel. Er kaute auf dem Gebiss herum, ließ sich gut stellen und biegen und schien sich voll und ganz auf mich zu konzentrieren. Ich versuchte ihn mit leichten Paraden zurück zu nehmen und dann wieder etwas zu zulegen. Er lief genial. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Pferd mit solcher Panik so gut eingeritten worden sein könnte, doch vielleicht hat er die schlechte Erfahrung auch erst später gemacht. Ich ließ ihn kurz ausschnaufen und lobte ihn: „So ist es brav!“
Langsam nahm ich die Zügel wieder auf und wagte nun mein Glück im Galopp. Er war gut zu sitzen und bequem. Ich spürte jedoch die Schwebephase, mit der weit nach vorne greifenden Galoppade genau. Es war ein schönes Gefühl und so saß ich den Galopp erst etwas aus, ehe ich in den leichten Sitz ging. Er galoppierte ruhig und kaute wieder gelassen auf dem Gebiss herum. Ich hatte keinerlei bedenken, dass er Unfug machen würde. Ich setzte mich wieder hin und ritt auf den niedrigeren Sprung zu. Uhrplötzlich wurde er hellwach und spitzte die Ohren. Er erweiterte die Galoppsprünge und ich versuchte ihn in der Bahn zu halten. Ich ging in den leichten Sitz und er sprang in einem Riesen Satz darüber hinweg. Es schien viel zu schnell zu vergehen. Ich tätschelte ihm lobend den Hals.
Also, dass es so gut klappen würde, hatte ich nicht gedacht. Ich war total glücklich und stolz auf den jungen Hengst. Er ist gleich beim ersten Anlauf gesprungen und die Stange lag auch noch. „Also gut, gleich noch mal!“, forderte ich den Schimmel. Ich gab wieder Galopphilfe und lenkte ihn wieder auf den Sprung zu. Es klappte wieder vorzüglich und ich ritt ihn trocken. In diesem Moment wurde mir etwas sehr bedeutendes klar. Es schien, als würde Snow mir beweisen wollen, dass er lieber springen anstatt rennen will.
Ich klopfte ihm wieder sanft den Hals. „Ist es das was du mir sagen willst?“, fragte ich eher mich selber. Er prustete einmal und warf dann mit dem Kopf. Hatte ich Halluzinationen? Ich hatte eben etwas gesagt und es sah so aus, als wollte er es bestätigen. Verwundert sah ich Snow in die Augen. Was ging hier eigentlich vor sich?
Ich schüttelte kurz den Kopf. Das war sicher nur Einbildung. Ich trieb ihn wieder an und ließ die Zügel lang, sodass er sich strecken konnte. Er schnaufte gar nicht und so ritt ich zufrieden zurück auf den Hof. Ich stieg ab, schob die Steigbügel hoch und strich ihm dann noch einmal sanft über die Stirn. „Also hör zu… Wenn du dich weiterhin benimmst, dann werde ich auch weiter mit dir Springen.“, sprach ich sanft zu ihm und sah ihm in eines seiner dunklen Augen, die nun Treue, Zuversicht und Glückseelichkeit ausstrahlten. Ich führte ihn in seinen Stall und machte ihn in aller Ruhe fertig, ehe ich wieder zu Broadway ging. Als er mich kommen sah, streckte er freundlich den Kopf aus seinem Fenster. „Na mein Großer? Was würdest du davon halten, wenn wir morgen mal Dustin aufsitzen lassen?“, fragte ich vorsichtig. Broadway schnaubte einmal zufrieden und sah dann hinaus auf den Hof.
Es schien ihm nichts aus zu machen. Ich würde Dustin einfach morgen in der Schule fragen. Es sei denn, er käme heute Nacht wieder vorbei. Ich lächelte sanft, ehe ich mich von den drei Vierbeinern verabschiedete und hinaus auf den Hof trat. Ich musste nicht lange warten, bis Bounty zu mir kam und wir gemeinsam nach Hause liefen. Ich hatte schon lange keine Hausaufgaben mehr gemacht, die ich nun nachholen konnte. Ich setzte mich also an meinen Schreibtisch, während Bounty in seinem Körbchen döste. Immer wieder spielte ich mit Dustins Kette. Als ich das nächste Mal auf den Wecker sah, war es halb neun abends. Ich streckte mich und ging dann ins Bad. Nachdem ich geduscht und Bettfertig war, kroch ich unter die Bettdecke und löschte das Licht, doch schlafen konnte ich irgendwie trotzdem nicht. Irgendetwas schien zu fehlen und nun wusste ich auch was es war. Dustin fehlte mir.
Ich hatte mich wohl daran gewöhnt, dass er bei mir war und mich in den Arm nahm. Ich starrte zur Decke. Die Zweifel, die mir gekommen waren, dass er etwas mit Chantal haben könnte, verstand ich nicht ganz. Warum hatte ich Bedenken gehabt? Hatte ich einfach nur überreagiert, oder waren sie berechtigt? Ich fand jetzt keine Antwort auf diese Fragen und ich wollte auch nicht weiter darüber nachdenken. Ich schloss die Augen und legte mich auf die Seite. Kurze Zeit später schlief ich.
Ich war von dichtem Nebel eingehüllt und hatte fast schon Panik. Suchend sah ich mich um, doch der Nebel verheimlichte mir, wo ich war. Langsam schreitend lief ich in eine Richtung los, bis alles klarer wurde und der Nebel sich verzog. Ich stand nun am Rande einer Rennstrecke, die von lautem Stimmengewirr und jubelnden Menschen umfasst war. Die Pferde standen in den Startboxen und nun wurden alle still. Kein Ton war mehr zu hören, bis auf das Pferdeschnauben und ein bisschen hin und her gedribbel. Der Signalton viel und die Türen der Boxen gingen gleichmäßig auf. Die Pferde sprinteten los und die Leute feuerten ihre eigenen oder ihre Wettpferde an, doch ein Pferd stand noch in der Startbox. Broadway! Er sah mich mit seinen dunklen, faszinierenden Augen an, ehe er kurz mit der Vorderhand abhob und dann lospreschte. Schlagartig erweiterten sich seine Galoppsprünge. Er holte schnell auf. Fast zu schnell. Die Hufe der Pferde donnerten über den Grasboden und erst jetzt sah ich, wer Broadway ritt. Dustin!
Ein Klicken an meinem Fenster, riss mich aus meinem Traum und meinem Schlaf. Bounty gähnte müde, erhob sich dann aber Schwanz wedelnd und rannte zur Zimmertüre. Ich knipste das Nachttischlicht an und lief zum Fenster. Dieses Mal erkannte ich ihn. Eilig lief ich aus meinem Zimmer zu ihm nach unten, wo ich die Türe aufschloss. Er überfiel mich sogleich mit einem zärtlichen Kuss.
Ich erwiderte seinen Kuss kurz, ehe ich ihn sanft von mir schob und hinein zog. Ich schloss die Türe wieder hinter mir und lief dann mit ihm nach oben. „Du bist verrückt!", meinte ich dann, in meinem Zimmer angekommen. „Nein verliebt!", widersprach er und küsste mich innig, woraufhin ich den Kuss vertiefte. Man sah Dustin an, dass er sich freute mich zu sehen und als wir dann endlich mal ins Bett kamen, war einschlafen nur noch eine Kleinlichkeit.
Am nächsten morgen wachte ich, durch den Wecker, in Dustins Armen auf und fühlte mich Mal wieder vollkommener denn je. Es war angenehm warm und sein Geruch erzeugte bei mir weiche Knie. Mit einem kurzen Kuss in den Nacken, bestätigte er mir, dass er wach war. „Guten Morgen Sunshine!", begrüßte er mich. Ich lächelte ihn sanft an und gab ihm dann einen kurzen, zärtlichen Kuss auf den Mund. „Na du.", meinte ich dann und sah auf die Uhr. "Wir müssen aufstehen.", sagte ich und wollte mich erheben, doch Dustin hielt mich fest und ließ es einfach nicht zu. „Kannst du nicht einen einzigen Tag blau machen?", fragte er dann bittend. Ich seufzte und sah ihn an. Ich habe eigentlich noch nie blau gemacht, obwohl ich die Schule ab und zu auch nicht besonders mochte. „Also gut, aber nur einen Tag, dass das klar ist!", stimmte ich zu und schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Und wie bringe ich das meiner Mutter bei?", fragte ich ihn dann. Er grinste mich frech an. „Naja, entweder du stellst dich krank, oder du gehst einfach hin und fragst, ob du heute mal zu Hause bleiben kannst.", antwortete er.
Belügen wollte ich meine Mutter keinesfalls. Ich war rasch auf den Beinen und schlich dann zu der Tür. „Bin gleich wieder da.", sagte ich und schlich hinaus. Meine Mutter war wie gedacht schon in der Küche und hantierte an der Kaffeemaschine herum. Leichtfüßig lief ich die Treppen hinunter und blieb dann im Türrahmen stehen. „Guten Morgen, mein Schatz.", begrüßte sie mich fröhlich und kämpfte weiter mit dem alten Teil. „Du solltest dir eine neue Kaffeemaschine kaufen.", meinte ich lächelnd, als ich sah wie sie sich ärgerte. „Da hast du vermutlich recht.", stimmte sie mir zu, bis sie es endlich schaffte und der Kaffee in die Tasse floss. „Mum, darf ich heute zu Hause bleiben?", fragte ich dann einfach so. Meine Mutter sah mich irritiert an, antwortete aber im ersten Moment nicht. „Ist alles in Ordnung?", fragte sie stattdessen besorgt und ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder. „Ja, wirklich. Ich will nur heute zu Hause bleiben.", beschwichtigte ich ihr. Kurz sah sie mich eindringlich und forschend an, ehe sie nickte. „Na gut, wenn du willst, aber dass das nicht zur Gewohnheit wird!", stimmte sie zu. Ich viel ihr um den Hals und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Nein, ganz bestimmt nicht!", versprach ich und ließ sie wieder los. „Ich hau mich dann noch mal aufs Ohr.", rief ich ihr nach, denn ich war schon im Flur und auf der Treppe verschwunden. Als ich wieder in mein Zimmer ging, lag Dustin immer noch im Bett und sah mich mit einem schiefen Lächeln an.
Ich legte mich wieder zu ihm, während er seinen Arm um mich legte und mich dicht an sich zog. In diesem Augenblick, erinnerte ich mich an den Traum von letzter Nacht, bevor Dustin gekommen war und mir wurde klar, dass es Zeit wurde endlich einen Schritt nach vorne zu machen. Ich gab ihm einen kurzen zärtlichen Kuss, ehe ich ihm eindringlich in die Augen sah. „Ich weiß schon was wir heute machen werden.", sagte ich ihm dann und lächelte erfreut. Dustin zog die Augenbrauen hoch und sah mich neugierig an. Ich würde meinen Traum verwirklichen. Dustin sollte endlich Broadway reiten. „Wir müssen aber davor bei dir vorbei und andere Klamotten für dich holen.", meinte ich noch, wobei er immer neugieriger und zugleich verunsicherter drein sah.
„Habe ich da auch noch ein Wörtchen mit zu reden?", fragte er gespielt empört. Ich stand auf und war ihm seine Klamotten zu. „Nein.", antwortete ich dann lächelnd und kramte in meinem Kleiderschrank nach meinen Klamotten. Ich würde auch Reitklamotten anziehen, denn auf Snow würde ich ihn gewiss nicht lassen. „Los du Schlafmütze! Raus aus den Federn!", forderte ich ihn spielerisch auf, als ich sah, dass er immer noch im Bett lag. Rasch lief ich um das Bett herum und schob die Decke zurück, doch er war schneller, griff nach meinem Handgelenk und zog mich einfach auf sich drauf. Ich konnte gar nicht reagieren, so schnell hatte er mich seitlich aus Bett gerollt und lag nun auf mir, während er die Decke über uns zog. Zärtlich streiften seine Lippen kurz über die Meine. „Das hat Zeit.", flüsterte er mir dann ins Ohr und küsste mich abgöttisch.
Gefesselt von seinem Bann erwiderte ich den Kuss leidenschaftlich, schloss die Augen und legte meine Hände in seinen Nacken.
Nach einiger Zeit, wurde mir bewusst, dass er ebenso wenig von mir ablassen wollte, wie ich von ihm, doch wir hatten auch noch etwas vor. Ein letztes Mal küsste ich ihn voller Leidenschaft, ehe ich ihn sachte von mir schob und wieder aufstand. „Du solltest dich lieber anziehen, denn ich nehme dich auch so mit!", meinte ich dann scherzend und verschwand mit meinen Sachen aus dem Zimmer und dann ins Bad. Rasch zog ich mich um und machte mich fertig, während ich mir genauestens überlegte, wie ich an die Sache ran gehen sollte. Ich musste Broadway natürlich erst fragen, ob Dustin ihn reiten durfte, aber ich war fest davon überzeugt, dass es klappen würde.
Ein letztes Mal sah ich in den Spiegel, ehe ich wieder in mein Zimmer lief und erstaunlicherweise feststellte, dass Dustin gerade dabei war sich an zu ziehen. Er warf sich gerade noch sein T-Shirt über unter dem, sein Six-Pack verschwand. Mit einem leichten Schmunzeln lief ich zu ihm rüber und gab ihm einen kurzen zärtlichen Kuss.
Ich merkte, dass er viel mehr gewollt hätte, löste mich jedoch von ihm und zog ihn dann hinter mir her, nach unten. „Selly, wir haben noch den ganzen Tag Zeit!", meinte er lachend, als ich ihn so mit riss, doch das beachtete ich gar nicht. Ich schlüpfte nur in meine Reitstiefel und wartete bis er seine Schuhe anhatte, die er wohl noch flüchtig geschnappt hatte und schob ihn dann zur Tür hinaus. Hätte ich ihm gesagt worum es ging, wäre er vermutlich sofort wieder verunsichert gewesen und hätte nein gesagt. Nun war er es, der mich zu seinem Auto brachte und dann einstieg. Kurze Zeit später waren wir auch schon auf dem Weg zu ihm nach Hause. „Sagst du mir jetzt, was wir machen?", fragte er neugierig, doch ich schüttelte nur den Kopf als Antwort. Mit einem Seufzten fuhr er schweigend weiter.
Als der weiße Mercedes dann endlich auf dem Hof hielt, stieg ich eilig aus, während Dustin sich schon wieder Zeit ließ. „Nun komm schon!", bat ich etwas ungeduldig und sah dann, wie er nur lächelnd den Kopf schüttelte. „Also entweder du hörst auf zu drängen, oder ich mach gar nichts mehr!", beschloss er lachend und sah mich dabei provozierend an. Ich verdrehte daraufhin nur die Augen und wartete, bis er endlich die Türe aufschloss und sich dann auf den Weg in sein Zimmer machte. „Ich warte hier, während du dir Reitklamotten anziehst.", sagte ich und lehnte mich an den Türrahmen, woraufhin er nur die Augenbrauen hochzog und mit einem Lächeln nach oben lief. Sicher konnte er sich schon denken worum es ging, doch er fand nicht, dass wir es deswegen eilig haben müssten.
Es verging keine Minute, in der ich nicht auf die Uhr sah. Irgendwann lief ich sogar im Türrahmen auf und ab, bis er endlich die Treppen runter kam. „Hab uns noch etwas zum essen gemacht.", sagte er nur und hob eine Box mit irgendetwas darin hoch. Ich nickte nur und lief hinaus, während er wieder abschloss und dann zum Auto lief. Gleichzeitig stiegen wir ein. Ich durfte ja nicht mehr drängeln, doch zum Glück fuhr er nun nicht mehr so langsam. Stattdessen gab er richtig Gas und ignorierte so manche Geschwindigkeitsbegrenzung. Als wir dann endlich auf dem Hof hielten, stieg ich schnell aus und lief in den Stall. Kein Pferd sah aus den Boxen zu mir heraus. Natürlich waren sie es auch nicht gewohnt, dass ich so früh kam. Ich schnalzte ein paar Mal mit der Zunge, ehe dann doch alle drei die Köpfe aus der Box streckten und interessiert zu mir rüber sahen. Ich lief rasch in die Sattelkamme, holte drei Karotten und lief dann zu Liberty. „Na mein Mädchen? Was macht dein Fuß?", fragte ich sanft, strich ihr über die Stirn und gab ihr gleichzeitig eine Karotte. Zufrieden kaute sie und ließ kein Stück über. Broadway warf mit dem Kopf und wollte nun auch seinen Anteil haben. Ich lief zu dem Rappen und gab ihm lächelnd seine Karotte, während ich auch ihn streichelte. Snow war ganz still und drängte nicht, was mich wiederum ein wenig erstaunte. Vermutlich hatte er seine Lektion gelernt. Ich lief zu ihm hin und gab ihm sein Leckerbissen, während ich in seine dunklen Augen sah und ihm über den weichen Nasenrücken strich. Erst jetzt kam Dustin in den Stall. „Also, was machen wir denn jetzt?", fragte er neugierig und kam auf mich zu, ehe er sich mir gegenüber stellte, die Arme um meine Hüfte legte und mich an sich zog. Ich lächelte leicht. "Du wirst heute reiten und zwar Broadway.", gab ich dann die Antwort auf seine Frage und wartete auf seine Reaktion. Im ersten Moment war es natürlich ganz still und er musste sich die Worte erst einmal durch den Kopf gehen lassen.
„Sally ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist. Immerhin bin ich der Sohn von, dem der ihn so zugerichtet hat“, meinte er skeptisch und sah mich eindringlich an.
Ich lächelte nur sanft. „Du hast gesagt wir müssen warten, bis er uns das richtige Zeichen gibt. Nun, er hat dich vor Snow beschützt, was sagst du dazu?“, widersprach ich ihm und sah ihn ebenfalls eindringlich an. „Wir müssen es wenigstens versuchen und wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht“, fügte ich dann noch hinzu und sah ihn flehend an. Das war doch genau das worauf wir schon immer hin gearbeitet hatten. Ich wusste nicht, was nun sein Problem war. „Also gut, wir versuchen es, aber bei dem kleinsten…“, weiter kam er nicht.
Ich presste meine Lippen auf seine und strahlte. Broadway würde sich von ihm reiten lassen, davon war ich überzeugt, doch warum ich so überzeugt war wusste ich selber nicht. „Du machst Broadway fertig und ich Snow, so kann er sich gleich schon mal auf dich einstellen“, meinte ich fröhlich und drückte ihm Broadways Halfter und Strick in die Hand, ehe ich zu Snow lief. Dustin zögerte, dass war mir klar, aber kurze Zeit später lief auch er zu Broadway und halfterte ihn auf. Der Rappe lies alles brav über sich ergehen und schaute munter aus der Wäsche. Snow benahm sich ebenfalls und machte keine Faxen. Ich führte den Schimmel in die Stallgasse und band ihn an. Dustin machte es mir gleich, band Broadway jedoch nur auf einer Seite an, denn die Erfahrung, dass Broadway es anders nicht mochte, hatte er ja schon beim Hufschmied gemacht. Ich fing an Snow zu putzen und dacht über den sonstigen Alltag nach. Bounty hatten wir extra zu Hause gelassen, dann er hätte hier nur durcheinander und Unruhe rein gebracht. Ich legte mein Kinn auf Snows Rücken und sah zu Dustin und Broadway hinüber. Dustin stand im Moment mit dem Rücken zu mir, während er den Rappen ausgiebig putzte. Ich schmunzelte leicht. Er ging so sanft und einfühlsam mit ihm um, dass ich es selbst bezweifelte, dass sein Vater Broadway solche Schmerzen zugefügt hatte. Der Hengst stand gelassen da und hatte die Augen halb geschlossen, während er den Kopf hängen lies und die Ohren in entspanter Stellung waren.
Snow dagegen schien das Putzen nicht sonderlich zu mögen. Er warf immer mal wieder den Kopf in die Höhe und pendelte unruhig mit dem Schweif, aber im Großen und Ganzen, stand er still. Ich packte das Putzzeug weg und lief dann los, um Broadways Sattel und seine Trense zu holen. In der Sattelkammer fiel mein Blick dann wieder den Schrank mit den Pokalen. Nun würde sich herausstellen, ob Broadway und Dustin an Rennen teilnehmen konnten, oder nicht. Ich brachte die Sachen raus und sattelte Broadway sanft. Dustin blieb der weil in meiner Nähe und ich vermutete, dass es an Snow lag, der Dustin nicht mochte. Immer noch war Broadway die Ruhe selbst. Eigentlich hatte ich vor mit Snow nebenher zu reiten, aber ich wollte den Hengst nicht gleich satteln und trensen. Er würde erst einmal auf die Koppel kommen und mit der Zeit würde ich es versuchen. Ich drückte Dustin Broadways Zügel in die Hand, der inzwischen einen Helm auf hatte und band ‚Snow dann los. Die Anspannung wurde bei mir immer größer. „ Ich bringe Snow noch schnell raus“, erklärte ich Dustin dann und überholte ihn. Snow fing auf der Koppel an zu grasen und schien Recht ruhig, sodass ich zurück auf den Hof lief, wo Dustin Broadway schon nach gurtete und warm führte.
„Und aufgeregt?“, fragte ich ihn lächelnd und sah beide abwartend an.
Dustin nickte nur und Broadway schnaubte einmal zufrieden. Ich nahm Dustin den Hengst ab und führte ihn weiter die Rampe hinunter, die auf die Rennbahn führte.
Die Stoppuhr, die ich mir vorhin in die Tasche gesteckt hatte, drückte etwas, doch das war mir egal. Ich führte den Hengst an einen Stein hin und zog dann die Steigbügel runter, ehe ich auffordernd zu Dustin sah.
„It´s your time!“, sagte ich lächelnd und er brachte auch ein Lächeln zustande, ehe er auf den Stein und dann auf den Rappen stieg, der ruhig da stand. Geduldig wartete Broadway, bis Dustin alles gerichtet hatte. Ich half ihm noch dabei die Steigbügel einzustellen, ehe ich dem Rappen sachte den Hals tätschelte und ihn dann los lies.
Im ruhigen Schritt ritt Dustin an und lies dem Hengst, der dahin Schritt, erst einmal die Zügel.
Ich sah den beiden nur nach und lehnte mich dann gegen die Begrenzung der Bahn. Broadway hatte den Kopf gesenkt und lief in gelassener Haltung, während Dustin ebenso einen entspannten Eindruck machte, obwohl ich wusste, dass er das ganz und gar nicht war. Dustin saß schließlich gerade auf einem Pferd, das bis vor kurzem außer mir niemand auf sich gelassen hatte und der Sohn eines Champions war.
Zufrieden ritt er auf einem großen Zirkel und nahm nun die Zügel ein wenig auf, woraufhin Broadway den Hals wölbte und auf dem Gebiss kaute. Ich wusste, dass der Hengst locker am Zügel gehen konnte und dies auch tat, wenn er gerade nicht mit rennen beschäftig war.
Wenige Minuten später, trabte Dustin an und trabte den Rappen vorwärts abwärts und sah zu, dass er locker wurde, obwohl das bei Broadway sicherlich kein Problem war, was er auch schnell feststellte. Nachdem der Hengst warm war, lief ich mit Dustin, mit ans Ende einer langen Seite und drehte Broadway um, der nervös wurde und neben mir seitlich wegtänzelte.
„Ruhig mein Junge, ganz ruhig…“ sprach ich leise auf ihn ein und rieb ihm den Hals und die Stirn, während ich den Zügel ergriffen hatte und er nun, nur noch nervös auf den Gebiss kaute und mit den Ohren spielte. Er wollte laufen, dass war nicht zu übersehen.
Ich selbst schloss ebenfalls kurz die Augen und holte tief Luft um mich zu beruhigen, ehe ich hoch zu Dustin lächelte. „Bist du bereit?“, fragte ich Dustin. „Ja“, kam es knapp zurück. Broadway fing wieder an unruhig auf der Stelle herumzutrippeln, aber ich unternahm nichts, um ihn zu beruhigen.
„Broadway, zeig ihm wie du fliegen kannst und die Luft eroberst. Breite deine Schwingen aus und gleite dahin“, flüsterte ich dem Hengst zu und sah ihm tief in die dunklen Augen. Er schnaubte zufrieden und stampfte mit dem Vorderhuf auf. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, ehe ich die Stoppuhr aus der Tasche zog und meinen Daumen an den Knopf legte. „Gut, dann los!“, forderte ich den Hengst auf und lies ihn los. „Lauf Broadway“, rief ich ihm noch zu, doch das war nicht mehr nötig. Der Hengst galoppierte schon und war am beschleunigen. Der Wind, der Broadway erzeugt hatte, spielte mit meinen Haaren und zerrte an meinen Klamotten, während ich ihnen nachsah und dann beiseite trat.
Broadway lief und lief, während er sich von nichts ablenken lies. Dustin saß auf ihm als hätte er nie etwas anderes gemacht und ich sah stolz dem schwarzen anmutigen Tier zu, welches weiter und weiter an Tempo zunahm. Für Broadway und Dustin schien es keine Grenze zu geben und auch kein Gesetz, dass die Geschwindigkeit eingrenzen könnte.
Sie flogen dahin so wie ich es Broadway gesagt hatte.
In der Kurve nahm Dustin Broadway zurück, so wie ich es gesagt hatte, ehe er ihn aus der Kurve heraus wieder laufen lies.
Das Vertrauen der beiden war geschaffen.
Der Hengst legte schlagartig zu und ich sah nur, wie der Schweif im Winde spielte und die Mähne im Takt flog. Meine Augen funkelten wie von der Sonne durchflutete Diamanten, aber das nahm ich gar nicht war.
Ich sah nur die schwarze majestätische Gestalt, wie sie vom Winde davongetragen wurde, zu einer Einheit geworden war, der kein Weg zu weit oder zu schwer schien.

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 23.12.2011

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