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Ich bin mein quintessenzielles Paralleluniversum.
Blanker Wahnsinn schaut mich aus kalten Augen heraus an. Die Narben meiner Seele vermag einzig ich in diesem Spiegelbild zu sehen. Man hat mich nicht kastriert, nicht zerstochen, nicht geköpft, nichts hat man mit mir gemacht.
Ich streiche über meinen nackten Bauch und die mickrige Falte über dem Bauchnabel.
Vielleicht war gerade diese Schnur mein einziger Freund und nun gibt es nur noch die Verbindung zu meinem immerwährendem Sitzen.
Der Ewige, das bin ich nicht. Ich betaste meinen Penis, meine Eier, meine Scham. Da unten ist meine Hand wohl genau richtig. Es gibt keine Erotik, nur steten Hass und den Wunsch mich davon zu befreien. Nach dem Hass kommt die Leere. Alles andere ist vergangen.
Die Liebe war immer das Floß meines Samens.
Der Spiegel blitzt auf, beginnt zu fluoreszieren und ich bemerke, dass der modrige Raum mein Animus ist.
Ich schluchze. Ein zerrisseneres Wesen sah ich noch nie.
Bitte nicht, ich will nicht vergehen in der Musik gebündelter Momente. Ein Engel in aufgebrochenen Fesseln, nackt, rothaarig. Ich bin verliebt. Hätte ich einen Wunsch frei wäre das der, dass sie niemals sprechen und meinen Willen brechen würde. Sie verschafft mir Ataraxie. Ich stürze mich auf sie, werfe das Nichts tausender angebeteter Sterne weg, heirate das bucklige Monstrum und schaffe als Crackhure an.
Krank sollst du sein, so wie ich!
Wir fallen. Der Spiegel der Illusionen bricht.
Selig spiegeln sich unsere Blicke im Scherbenhaufen, sanft schmiegt sich ihr Körper an den meinen.
„Ich liebe dich“, flüstert sie, währenddem ich in ihren Hals beiße. Ich bin kein Vampir. Ihr Schreien ist so wunderschön, dass ich ihren adretten Körper intensiver malträtiere, nur um den Moment des perfekten Motivs eines Lieds zu verlängern.

Sie öffnet ihren Mund. Ich halte ihn zu, damit der sensible Klang ihrer Stimme nicht in diese parasitäre Welt gerät. „Wie gefällt er dir, der glücklichste Moment deines Lebens?“ haucht sie. „Ist er für immer?“ frage ich. „Nein“, antwortet sie. „Dann will ich sterben“, entgegne ich. Sie fährt mir durchs Haar und schenkt mir das ehrliche Lächeln einer Hyäne. Sie weiß, dass es keinen Grund zu leben gibt , wenn alles vorbei ist.
Ich werde mich immer hiernach sehnen. Sie gurrt: „Du wolltest doch schon vorhin sterben.“ „Ich bin nicht im Stande zu lieben und mich nach etwas zu sehnen. Besässe ich alles Irdische, würde ich mich nicht besser fühlen. Ich fühle nichts. Alle Menschen hasse ich. Es gibt keine Möglichkeit, mich von ihnen zu befreien und nur mit mir selbst zu leben, so wie ich es für richtig halte", sag ich ihr.
"Nie werde ich so eine starke Freundschaft haben wegen derer Gedanken ich so oft brach, denn meine Freiheit, die ich doch nicht habe, verbietet es mir.
Von Liebe ganz zu schweigen. Ich kenne dich, Dinistrio.“ Mein Wunsch ist ihr Befehl.

Sie ist verschwunden. Ich liege in einem weißen Raum. Alleine.
„Wa...was ist hier los?“ Tausende haarige Ungeheurer krabbeln über meinen Körper. Spinnenphobie. Ich versuche zu schreien, mein Schreien erstickt: „Gngrhaaaaaaah!“ Ihre Beine brüllen mich an wie einst Vater, die Sekrete bilden Netze aus Kakerlaken. Freiheit steht auf der Wand geschrieben. Die Buchstaben bilden ein Herz. Ich habe diesen unwiderstehlichen Drang, Tennis zu spielen. Nackt, erregt, spinnenbesudelt.
Ich habe keinen Gegner. Dennoch hole ich mir immer wieder diesen Ball, der mich auslacht.
Rasende Musik hallt durch den Raum und scheint kein Ende zu finden. Dies soll mein Paralleluniversum sein? Mein Kopf hämmert und dröhnt. Migräne.
Irgendetwas tätowiert pupillenlose Elfen auf meinen Körper.
Ich will das alles nicht.

Lang ersehnter Scherbenhaufen, du bist zurück. Alles ist ruhig. Ich blicke ihr in elfenbeingeschnitztes Antlitz. Wie gerne hätte ich jetzt Feuer. Mein Gedanke verblasst mit der Berührung ihrer Milchhaut. Sie flüstert: „Siehst du nun, dass du leben musst, kannst? Dein Geist ist nur viel zu verwirrt. Du hast noch keine endgültige Meinung, keine die richtig für dich ist. Dein Schmerz wird vergehen, dein Lebenswille erscheinen. Du wirst deinen Weg finden und es ist nicht der Tod. Vielleicht wirst du auch mich finden. Doch was du verloren hast ist für immer verloren. Dein Suchen kann dein Leben beinhalten und erst wenn der wahre Zeitpunkt deines Todes gekommen ist, könntest du dich gefunden haben. Aber dann war dein Leben nicht vergebens.“

Ich öffne meine Augen und fühle mich seltsam leicht. Flüchtig huschen meine Blicke über meinen liebkosten Körper. Nur ein paar Scherben erinnern mich an die Begegnung. Ich denke darüber nach, dass es doch ärgerlich wäre, hätte sich eine Scherbe in mein bestes Stück gebohrt. Ich frage mich, ob ich sie je wieder sehen werde. Ich weiß nicht, ob ich den Gedanken zu sterben verwerfe, weil ich Schiss habe oder wegen dieser Begegnung. Ich schwelge in Gedanken. Ich wünsche mir eine Zigarette und eine Kamera. Ich weiß jetzt, warum alles vergänglich ist: um die Kämpfer von den Deserteuren zu unterscheiden. Ich ärgere mich über mich selbst.

Erschöpft stehe ich auf. Die Scherben haben Wichtigeres ausser acht gelassen.
Ich setze Kaffee auf und krame in der Schublade nach einer Packung Zigaretten. Eigentlich ein ganz normaler Morgen...

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Tag der Veröffentlichung: 11.08.2011

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