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Richtigstellung

so ist es ja nicht
daß ich ungewollt
nur noch funktioniere
noch regnet es
nicht in den hals
manchmal aber der wunsch
den kloß im hals
einfach wegzuspülen
wenigstens zufriedenstellend
zu funktionieren
ohne prinzipien zu reiten
oder andere steckenpferde
ohne zu fragen nach dem
was weder zeit noch ort

so ist es ja nicht
daß stets ungefragt
erinnerung erwacht
noch verdrängt das grauen
alltägliche geschäftigkeit
manchmal aber der wunsch
standzuhalten täuschung und wut
abprallen zu lassen an dickerer haut
wenigstens so zu tun
als ob
ohne skrupel sich zu verkaufen
oder gekauft zu werden
ohne zu fragen nach dem
was dann noch bleibt


so ist das ja nicht
daß ich unbehaust
nur noch vegetiere
noch kokelt eine
sehnsucht in mir
manchmal aber der wunsch
sehnen wie schiffe
unbekümmert zu verbrennen
wenigstens verzichten zu können
auf mehrwert
ohne hoffnung zu pflegen
oder andere illusionen
ohne zu fragen nach dem
was denn von mir geblieben

so ist das ja nicht
daß mit einem schlag
nichts mehr ist wie es war
noch geht die sonne auf
hunde bellen und hähne krähen
manchmal aber der wunsch
den vögeln im wald den hals
einfach nach hinten zu drehen
wenigstens ruhe zu haben
vor billigem trost
ohne hören zu müssen vorschlag
oder rat wohlmeinender nichtbetroffener
ohne zu fragen nach dem
was für immer verloren


so ist es ja nicht
daß unrecht und leiden
größer geworden durch meinen verlust
noch ist verrecken
sinnlose alltäglichkeit
manchmal aber der wunsch
aus der haut zu fahren
hinauszuschreien den zorn
wenigstens nicht still ergeben
für alles dankbar sein
ohne auch orientierung zu verlieren
oder anderen halt
ohne zu fragen nach dem
was unerfahrbar bleibt

so ist es ja nicht
daß das wort problemlos
über die lippen kommt
noch ist stammeln und stottern
ringen um das angemessene
manchmal aber der wunsch
den kuß der muse
einfach zu konservieren
wenigstens nicht ringen zu müssen
mit dem unausgesprochenen
ohne rausch und ekstase
oder andere fluchthelfer
ohne zu fragen nach dem
was hier und jetzt bedeutend ist


so ist es ja nicht
daß ich verstanden hätte
das tremendum leben
noch ist stochern in nebel
brennen laternen am hellen tag
manchmal aber der wunsch
daß alles ganz einfach
in einer formel aufgeht
wenigstens nicht zugeben müssen
die eigene ahnungslosigkeit
ohne den verstand
oder das gesicht zu verlieren
ohne zu fragen nach dem
was sich zu verstehen lohnt


will aber fragen nach dem
was weder zeit noch ort
will pfade und wegmarken
freilegen nach utopia
will grenzen und zäune
im kopf überschreiten
will das noch nicht
ohne schuld erwarten dürfen

will aber fragen nach dem
was dann noch bleibt
will neben kaufen und verkaufen
nach lebenswertem suchen
will verschüttete ideen
vor entfremdung schützen
will ungepflegte interessen
in meinen garten pflanzen

will aber fragen nach dem
was denn von mir geblieben
will mir nicht selbst verbieten
zorn trauer und scham
will mich ohne ekel
wieder riechen können
will daß das krumme holz
den aufrechten gang versucht


will aber fragen nach dem
was für immer verloren
will mir nicht sagen lassen
wie lange trauer dauern darf
will zulassen schmerzhafte
vergegenwärtigung des lebendigen
will und kann nicht vergessen
das schöne und den stachel im fleisch

will aber fragen nach dem
was unerfahrbar bleibt
will aber standhalten eigenen
vergeblichkeiten und enttäuschungen
will nicht in falscher demut
den stab über mich brechen
will aller erfahrung zum trotz
anfangen mich selber zu lieben

will aber fragen nach dem
was hier und jetzt bedeutend ist
will mich nicht speisen lassen
von der arroganz der herrschaften
will mir nicht verordnen lassen
wie ich fragen stellen darf
will mir nicht vorwerfen lassen
unfähig zur entscheidung zu sein

will aber fragen nach dem
was sich zu verstehen lohnt
will allen mahnungen zum trotz
festhalten wahrheit und würde
will nicht in strömen von tränen
suchen müssen nach scherben von sinn
will nicht daß selbsternannte propheten
rattenfänger meiner seele werden





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Impressum

Texte: Alle Texte, Graphiken und Fotos stammen von Michael Gertges
Tag der Veröffentlichung: 20.11.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
gewidmet allen Eltern, die ein Kind verloren haben und den Geschwistern, die ihren Bruder oder ihre Schwester verloren haben.

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