Cover

“I wanna be a billionaire so fricking bad
Buy all of the things I never had
I wanna be on the cover of Forbes magazine
Smiling next to Oprah and the Queen.”
Die Musik klingt laut durch meine Ohren. Mein iPod ist nagelneu, Mum hat ihn gestern zusammen mit einem iPad für mich gekauft. Einfach so.
Jetzt denkt ihr euch bestimmt: Welche Mutter überhäuft ihre Tochter grundlos mit Geschenken?
Meine Mutter macht das dauernd. Wegen schlechtem Gewissen.
Wieder eine Frage in euerem Kopf:
Welche Mutter hat so ein schlechtes Gewissen, dass er seiner Tochter teuere elektronische Geräte kauft?
Meine Mutter. Weil sie immer und immer wieder verspricht, dass wir etwas zusammen unternehmen. Ins Kino gehen, shoppen oder einfach nur Spazieren gehen und reden.
Aber immer kommt etwas dazwischen. Ihr müsst wissen, meine Mutter ist eine vielbeschäftigte Frau, sie geht zweimal in der Woche zum Golfunterricht, einmal zur Massage und momentan hat sie sich Reiten in den Kopf gesetzt.
Nie hat sie Zeit für mich. Deshalb bekomme ich ein iPhone, einen neuen Fernseher oder die Wii. Manche würden sich darüber freuen, aber mir wäre lieber, Mum hätte mehr Zeit für mich. Oder Dad.
Aber der hat sowieso keine Zeit. Als Chef einer Kosmetikfirma ist er rund um die Uhr beschäftigt.
Und so sitze ich meistens den ganzen Tag in meiner Wohnung in unserer Villa.
Ja, ihr habt richtig gehört: Wohnung und Villa.
Meine Wohnung besteht aus einem riesigen Schlafzimmer mit weichem Wasserbett, einem Tisch mit einem Laptop und einem großen Fernseher. In meinem Schlafzimmer gibt es zwei Türen, durch die eine kommt man in meinen Schrankraum. Ich habe irrsinnig viele Klamotten, auch wenn meine Mutter nie Zeit hat. Entweder sie geht zusammen mit ihren „tollen“ Freundinnen einkaufen, da geht auch oft etwas für mich über den Ladentisch von teueren Boutiquen. Oder sie steckt mir ein paar Fünfzig Euroscheine zu, mit denen ich mir alleine etwas kaufe. Aber nicht in den Läden, die meine Mutter bevorzugt hätte. Ich gehe lieber zu H&M oder New Yorker. Das Geld, dass dann immer übrig bleibt, spare ich und spende es am Ende des Jahres an UNICEF. Das erscheint mir sinnvoller, als mit Gucci, D&G oder Louis Vuitton ausgestattet zu sein.
Die andere Tür führt in mein Wohnzimmer. Darin gibt es ein kuscheliges Sofa in meiner Lieblingsfarbe orange, einen großen Fernseher und einen runden Tisch, auf dem immer etwas zu Essen steht.
Dann gibt es noch ein Badezimmer und ein „Büro“, in dem ein großer Tisch mit meinem Computer und einem Drucker steht.
Unsere Villa ist ungefähr sechsmal so groß wie mein Reich. Dazu haben wir noch eine riesigen Garten mit einer Poollandschaft.
Und jetzt sitze ich auf meinem Sofa und höre eben dieses Lied. „Billionaire“ von Travie McCoy. Das Lied berührt mich. Ein paar Millionen auf dem Konto, das sieht vielversprechend aus. Aber ich würde alles dafür geben, normal zu sein.
Keine gestörte Reiche, die in der Schule gemobbt wird.
Keine Eltern, die nie Zeit haben und die meinen, mit Geschenken könnte man Probleme lösen.
Ich hab beschlossen, später nicht so zu sein. Ich würde mich mit meinen Kindern beschäftigen und viel mit ihnen unternehmen.
Und ich würde viel Geld spenden. Das ist so unfair. Wir haben viel Geld, schmeißen es zum Fenster hinaus. Andere haben gar nichts...
Ich rollte mich auf meinem Sofa zusammen und schlief mit guten Gedanken ein.

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Tag der Veröffentlichung: 20.08.2010

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