Cover




Das Wissen um die Existenz des höheren Lichts
schafft den inneren Frieden
und nur wo der Frieden wohnt,
wird die Liebe geboren,
ist die Liebe geschaffen - darf der Mensch sein!




(Der "Große Moritz" war ein Findling auf einer Wiese)



Schweigen zog ein ins Haus. An jeder Ecke klebten die Erinnerungen und nahmen uns die Worte. Ich schlief weiter im Sessel. Mein Bett sah ich mit anderen Augen. Es hatte so etwas Unheimliches an sich. Nach dem Dunkelwerden starrte ich stundenlang auf die Beethoven-Büste. Ich beobachtete das Lichtspiel der Laterne und wartete auf den Schrei. Das Käuzchen kam jede Nacht, setzte sich in die Linde und schrie. Das war meine Zeit des Weinens. Tagsüber galt es, den starken Sohn zu spielen. Und nur in der Nacht, wenn das Käuzchen schrie, tat ich es auch. Ich wehrte mich nicht mehr dagegen. Ich wartete schon darauf. Meinetwegen konnte es kommen, um mich zu holen. Ich döste vor mich hin, stellte mir vor, wie der Totenvogel nach meiner Seele griff und sie forttrug, dorthin, wo der Vater auf mich wartete. Die Schreie wurden dann leiser, die Tränen versiegten und ich schlief ein. Aber ich erwachte Morgen für Morgen. Und meine Seele war noch da. Ich hatte wieder Kraft für ein neues Schauspiel der Stärke. Berge von Beileidskarten kamen ins Haus. Das Telefon klingelte sich heiß. Die Kapelle füllte eine Masse in Schwarz. Vorn stand ein Eichensarg in einem Meer aus Blumen. Die Vorstellung, daß darin mein Vater läge, war mir nicht möglich. Ich wollte es nicht glauben. Aber Blumen mochte er. Der Pfarrer sagte, daß Freude und Leid oft dicht beieinander seien und manche Wege des Herrn uns Menschen für immer verborgen blieben. So begleitete ich Vater auf seinem letzten Weg. Er führte über staubige Friedhofserde direkt ins Grab. Die schwarze Masse folgte mir dicht auf den Fersen, umringte mich schweigend, als ich die Anhöhe bestieg, um mit zittriger Hand die Erde auf den Sarg hinunterzuwerfen und nun doch weinend zu sagen: „Mach’s gut, Vater.“

* * *

Manchmal sehe ich mich auf dem ‚Großen Moritz’ sitzen. Die Vögel in den Weiden beobachten mich und schweigen. Ich träume von der Zukunft. Was vom Leben bleibt, ist die Vergangenheit. Das Lied des Windes in den Bäumen. Es klingt in den Ohren und spielt mit dem Haar. Und nur die Erinnerung weiß, was wirklich war . . .


Den ‚Großen Moritz’ haben sie fortgeschafft.
Die Wiesen liegen geteilt von einer neuen Straße, auf der heute die Autos durch die Altmark rasen. Kein Fahrer weiß von dem Ort meiner Erinnerung, niemand ahnt den zugeschütteten Bach unter dem Asphalt, wo das Leuchten eines Glückspfennigs erloschen ist.
Nur das Käuzchen kehrt immer noch zurück in die Weiden, wenn es Nacht ist.







Ähnlich wie ich es schon vom Stadtrat her kannte, dauerte es nicht lange und der Herr Bausenator gefiel sich im Reden, was sich mit jedem Bier weiter steigerte. Kein Mensch sprach noch über Häuser oder die von Blaubluts. Politiker sind eben auch nur Menschen und in deren Mittelpunkt saß jetzt die schöne Marlen. Umlagert von älteren Herren in besten Anzügen und höchsten Ämtern saß sie da, saß da und lächelte brav, nickte verständnisvoll den Kopf und nippte artig am Bier.
Ich verfolgte das Blau der Rauchwolken, die an den Gesichtern vorüberzogen und hinauf ins Dunkel der Kneipe entschwanden. Ich überlegte, was passiert war und wieso es sein konnte, daß ich mit diesen Leuten zusammen in einer Kneipe war und Bier trank.
Die Bilder, in denen ich mich selber sitzen sah, stimmten nicht, sie paßten nicht zusammen, oder sie hatten nichts mit mir zu tun. Und die Herren verstanden die schöne Marlen nicht und Marlen konnte nicht hören, was sie zu ihr sagten.
Es kam ein junger Inder in die Kneipe und führte einen Strauß roter Rosen mit. Die Politiker machten sich über den Strauß her und suchten die größten und kräftigsten Rosen für Marlen aus.
Nun saß die schöne Marlen vor ihrem Bier und war von roten Rosen umringt.
Ich hatte keine Lust mehr, hier zu sein. An Marlen mochte es nicht gelegen haben. Nach den Ereignissen in Königslust glaubte ich mich noch immer von Mädchen geheilt.

Es mag nicht leicht sein für ein Mädchen, das schön ist. Denn wer wählt die Rose, der Rose wegen!


* * *







Kleines Glück




Ein kleines Glück zieht sich durch die Zeit,
Jahr um Jahr, unendlich scheint die Ewigkeit,
so verwoben in des Fleisches Blut,
daß keine Welke wird erlöschen diese Glut.


Die Augen weiten sich, der Blick wird frei,
viele Dinge wirken lüstern,
poltern schadlos alle Sinne fein,
so selig Lachen kann die Freude sein.


Ein kraftvolles Beben bis zum Hochgenuß,
des Herzens Schnelle schlägt den Zeitverdruß,
alles - was jetzt nur gelingen muß,
und nichts zerstöred den Überfluß.


Doch plötzlich bricht der Regen ein,
das Herz gefriert,
die Sinne steinern,
der Blick ist klein,
zerronnen fliegt der Größenschein,
- vergessen des kleinen Glücks
in der Mitte sein –
wollet sagen: Werde dein!


Eines Tages ließ mich dann der Gregor in sein Büro rufen. Das dunkle Rot seiner Gesichtshaut wollte so gar nicht zu dem Hellrot seiner Haare passen. Und selbst die in ihm kochende Wut paßte irgendwie nicht zu seinem christlichen, eher ruhigem Wesen. Er meckerte mich voll, daß ihm Dinge zu Ohren gekommen seien, die ihn glatt vom Stuhl gehauen hätten. Und das Ganze ausgerechnet bei mir. Und überhaupt. Und ob ich mir der Sünde wegen eigentlich im Klaren wäre.
Ich hob jedoch nur die Schultern und runzelte die Stirn. Daß ihm die Sache ernst war, bekam ich schon mit. Aber, worum ging es eigentlich?
Plötzlich wurde Gregor seltsam juristisch und meinte, daß Sex mit Mädchen unter 18 Jahren verboten sei und daß man mich dafür zur Rechenschaft ziehen könnte. Ich nahm den Ernst der Lage auf und konterte, daß ich von ihm die Intelligenz erwarten dürfte, nicht auf derartige Gerüchte reinzufallen. Schließlich würden sich alle Mitarbeiter des Betriebes darüber das Maul zerreißen, weil ich als einziger Junge im Mädcheninternat übernachte. Was aber nichts mit der Tatsache zu tun hätte, daß die Mädchen der „Sanddorngruppe“ sich allesamt auf ihre Facharbeiterprüfungen vorbereiteten, also am Ende ihrer Lehrzeit stünden und somit über 18 Jahre alt seien. Gregor wurde wieder rot und zischte mich an, weil es hier gar nicht um das Alter ginge und ich brüllte zurück, daß er selber mit dem Alter angefangen hätte. Dann ließ ich ihn stehen und knallte die Bürotür hinter mir ins Schloß.
Ich spürte, daß ich jetzt derjenige war, der ins Kochen geriet. Schließlich war es Gregor gewesen, der mich dort hinein zwischen die Mädchen gesteckt hatte und mich seitdem zusehen ließ, wie ich damit fertig würde. Was dachte er sich überhaupt dabei? Dachte er wirklich, ich ziehe mir des Nachts das Nachthemd über, setze die Schlafmütze auf, lege mich auf meine Schlafseite und beginne von Schäflein zu träumen? In welch einer Welt war der Gregor nur zu Hause? Und welche war nun die wirkliche Welt? Seine oder meine?
Die Mädchen jedenfalls dachten gar nicht daran, mich von Schäflein träumen zu lassen. So daß meine größte Aufgabe darin bestand, mich keines der Schäflein zu sehr zu nähern. Denn dieser Abstand war das einzige, was mich retten konnte. Es ist schließlich unmöglich, mit allen Mädchen ein Verhältnis einzugehen. Das ist wieder nur so eine Geschichte aus dem Reich der Männerphantasien. Aber es ist ebenso gefährlich, sich nur einem Mädchen besonders zu nähern und all die anderen außen vor zu lassen.
Und noch dämlicher ist es, wenn man vom Mentor dazu verpflichtet wurde, an Regentagen den Lehrer für die Lehrlinge zu spielen und obendrein mit ihnen Klassenarbeiten zu schreiben. Was hätte ich denn im Falle einer Kontrolle meiner Lehrtätigkeit sagen sollen? Sollte ich zugeben, daß ich einem Mädchen die schlechteste Note geben mußte, weil sie kaum etwas zu Papier gebracht hatte? Oder sollte ich zugeben, daß sie am Vorabend der Klassenarbeit gar nicht lernen konnte, weil ich den Abend mit ihr zusammen verbracht hatte? Mir blieb also gar nichts weiter übrig, als mir einen Stift zu schnappen und all die Sachen in ihre Klassenarbeit zu schreiben, die sie vergessen hatte.
Nur nennt man das Ganze Urkundenfälschung und mir lief dabei der Schweiß in dicken Tropfen von der Stirn. Viele Dinge hatte ich an der Uni schon überstanden und bin ganz gut durchgekommen. Doch jetzt drohte ich endgültig auf die Fresse zu fallen. Ich glaube, daß ich in jenen Momenten meinen Mentor Gregor regelrecht gehaßt habe, weil er mir den ganzen Mist eingebrockt hatte. Und außerdem paßte meine Handschrift gar nicht zu der ihren. Die Farbe meines Kugelschreibers war heller als ihrer und die richtige Farbe wollte sich ohnehin nicht finden lassen. Oh, Mann, ich dachte schon, mir bliebe augenblicklich das Herz stehen!
Zum Glück aber ist das mit der Klassenarbeit nicht aufgeflogen, doch hat mich Gregor dabei erwischt, wie ich mit den Mädchen auf der Plantage Judo gemacht habe. Ja, mein Gott, was ist da schon dabei? Bei der Armee mußte ich Judo lernen. Im Studentensport an der Uni habe ich das weitergemacht und ich denke mal, daß es für die Mädchen hier eine echte Abwechslung im tagtäglichen Einerlei der Sanddornschneiderei war. Jedenfalls schienen sie ganz wild darauf zu sein, sich in den weichen Sand zwischen den Sanddornsträuchern zu schmeißen, und ich hatte das Gefühl, als würden sie es genießen, mit welchen Tricks es möglich ist, einen Kerl mal so richtig zu Boden zu werfen.
Nur eben Mentor Gregor konnte an der Sache so gar nichts genießen und reagierte wieder mit seinem hochroten Kopf und Spucke vor dem Mund.
Dieses Mal mußte ich nicht mit auf sein Büro, sondern er hat mich zur Strafe aus der „Sanddornplantage“ gefeuert. Zur Begründung meinte er, daß durch meine Anwesenheit die Arbeitsproduktivität der Lehrlingsmädchen beim Sanddornschneiden rapide gesunken sei und daß meine Aufgabe eigentlich darin bestünde, den jungen Gärtnerinnen bei der beruflichen Ausbildung zu helfen, statt mit ihnen Blödsinn zu machen.


* * *




Schönheit




oh - du Schöne

wie ein Lächeln deine Lippen ziert
so weiß - so rot - so leicht
ein Funken aus dem Augenblau
mich treffend in dein Bannen nimmt
um Stille meines Atems ringt.


Sacht nur deine Nähe spürn
reichlich Lohn für alle Mühn
nie berühren bis zur Qual
schenkend Freude mir im Schönheitsglück
wo Zerbrechen nur dein Schicksal ist.


Die Zeit zieht weiter ihre Bahn
keine Rast, kein Blick zurück und kein Erbarm'
das Neue blüht, das Alte welkt
beseelest du mein Augenlicht
so bleibet Schönheit ewiglich.




An allem Anfang steht der Traum.



Aus der Ferne hallte ein Name durch die Finsternis. Jemand rief nach mir. Alles was ich sah, war Dunkelheit.
Mit ausgestreckten Armen drehte ich mich im Kreise. Die Knie zitterten. Es gab kein vorn und hinten. Kein oben und unten. Plötzlich sackte ich zusammen und fiel ins Nichts. Das Nichts fühlte sich weich an. Aber es blieb immer noch dunkel und rief meinen Namen. Ich wurde ergriffen von Angst, die mich auf Händen und Füßen über die weiche Masse meinem Rufer entgegenführte. Pausenlos spannten sich Fäden über mein Gesicht, die mich aufhalten wollten. Doch ich war ein Angstgetriebener! Spannte alle Fäden bis zum Zerreißen, auf daß sie mich mit etwas Ekelhaftem bespuckten, das schon über den ganzen Körper strömte und übers Gesicht. Die Tropfen auf den Lippen schmeckten süß und ich strebte noch schneller meinem Ziele zu, um schließlich erschöpft in der weichen Masse zu versinken. Und da kam es mir vor, als sei ich gar nicht von der Stelle gekommen.
Trotzdem! Kurz vor dem Ertrinken wühlte ich mit letzter Kraft. Tränen brannten in den Augen und ich schrie nach meiner Mutter. Die erschien sofort. Ich war glücklich! Endlich ein Bild in der ewigen Dunkelheit. Sie faßte entschlossen eines meiner Beine und zog. Ich aber schrie und brüllte noch entsetzlicher als je zuvor. Denn die Mutter zog mich tiefer und tiefer. Verzweifelt schien sie mir etwas sagen zu wollen. Ich verstand nicht. Als ich bis über den Hals versank, rief ich den Vater. Die Mutter verschwand und der Vater kam. Ich war glücklich! Eifrig schnappte er das andere Bein und zog. Mit einem Ruck tauchte ich unter, und der erste Schluck des Todes schwappte in meinen Mund. Voller Panik riß ich mich los - wühlend, spuckend, heulend.
Immer noch war Finsternis. Immer noch hörte ich meinen Namen. Und ich schwamm, hatte den Kopf oben, die Luft zum Atmen, und irgendwo in der Ferne sah ich ein Licht!
Nun also zog ich meine Bahn. Die Eltern hinter mir lassend, ließ ich mich vom fernen Licht durch das Reich der Finsternis leiten. Der Weg wand sich weit und beschwerlich dahin. Nur langsam rückte ich näher meinem Lichte zu. Es wurde größer, schöner und leuchtete hell. Das Leuchten tauchte seinen Schein in die Dunkelheit ein. Plötzlich sah ich sie! Alle standen sie im Lichte des Seins. Standen Spalier, um auf mich herabzusehen. Meine Lehrer, der Direktor, mein Trainer, die Polizisten aus dem Nachbarhaus und die Kinderärztin meiner Schule. Alle riefen sie mir zu, feuerten mich an und fuchtelten mit den Armen. Ich verstand sie ebenso wenig wie meine Eltern. Getrieben von innerer Hektik schwamm ich schneller und schneller. Die Figuren an meinen Seiten verloren ihre menschliche Gestalt.
Bald waren sie völlig verschwommen, und aus ihren Augen schlugen Blitze auf mich ein. Das Licht vor mir wurde so groß und so hell, daß es mich blendete. Ich machte kehrt, um zurück in die Dunkelheit zu flüchten. Aber da war keine Finsternis mehr, es gab kein Dunkel, und ich stand mitten im Licht. Wo ich auch hinsah, überall strahlte nur noch Licht um mich herum. Mir wurde heiß und der Schweiß rann übers Gesicht. Die Luft brannte so feurig, daß ich mich weigerte, sie einzuatmen. Meine Hände umklammerten den Hals. Und ich staunte, wie meine Unterarme Feuer fingen. Ich schrie ...


DIONYSOS




Auf der Stufe vom Mädchen zur Frau
dem Schritt der Jungfrau zum Weibe hin
von Schönheit zur Reife
wo Unschuld zur Sünde wird!


Lockt mich die Süße der Schöpfung
ruft mich die Stimme der Ewigkeit
führt mich die Ahnung wallenden Herzens
auf unsicheren Pfaden in das Nirgendwo!


Der Verstand wehrt sich - glüht in den Schläfen
peitscht das Blut durch die Adern
um daß ein Schauer von Angst erzittert
und der Zweifel die Vernunft verbittert!


Träge nun - fast schon gelähmt
labet sich der Zweifel fett an meiner Kraft
die innere Leere schreit mich um Hilfe an
und ich laufe davon - in den Rausch!





Brüder aller Länder. . .



Da ziehen wir aus in ein besseres Land
die Fahne fest in der Hand
weht das vereinte Bruderband
auf Fortschritts Straßen dem Menschen zugewandt

Kein reich und arm - kein gut und böse
das Heucheln und das Staatsgetöse
uniformierter Gleichschritt macht das Denken spröde
in einem Land so wüst und öde

Der Herrscher ist dem Menschen fremd
besessen von Macht - erstarrt in Zement
verspottete Freiheit - beschwindeltes Kind
verloren die Fahne im fauligen Wind

Auf niemands Wegen kehren wir zurück
verdurstet die Hoffnung - erloschen der Blick
das Land der Brüder gibt es nicht
nur der Mensch bleibt ewiglich


Eine begriffliche oder sogar moralische Vorstellung von Werten darf ich nicht erwarten. Denn wir Erwachsenen selber haben die Werte längst aufgegeben und unser Zusammenleben besteht nur noch aus: „ … mein Haus, mein Garten, mein Auto, mein, mein, mein … “!

Es ist schwer vorstellbar, daß wir Erwachsenen uns in dieser Beschränktheit wohlfühlen, für unsere Kinder jedoch ist das schlicht eine Katastrophe, denn sie sehen zu uns auf und erwarten, daß wir ihnen Werte mit auf ihren Lebensweg geben – doch wir haben keine.


* * *




Der Ver-rückte



Ein leuchtender Punkt
außerhalb
der grauen Masse!
wirft das erhellende Licht
mit der eisigen Kälte
seiner Einsamkeit.




* * *




* * *




LEBENSKREIS




Ein Samenkorn zu Boden fällt,
das Wasser ihn mit Leben quillt,
sein erstes Grün die Schalen bricht,
daß ein zartes Blatt zum Lichte blickt.


So liege Du in sanfter Ruh,
schaue Deinen Träumen zu,
daß ein Lächeln Deine Lippen ziert,
wenn der Sonnenstrahl Dein Haar berührt!


Der Baum dann steht in voller Pracht,
lockend seine Blütentracht,
ein Schmetterling die Süße trinkt,
daß die reife Frucht dem Winde winkt.


So führe Du im festen Schritt,
Deinen Ursprung in Dir mit,
daß die Weisheit aus dem Herzen strömt,
wenn die Weite Deine Kinder nimmt!


Gelbes Laub nun zu Baumes Füßen liegt,
frischer Wind die kahlen Äste biegt,
der Lebenssaft sich in die Wurzel zieht,
daß in seinem Schoße neues Wesen wiegt.


So setze Dich nieder ins gelbe Laub,
Dein Rücken fest die Rinde spürt,
daß der Friede durch den Körper raunt,
wenn Ihr eins seit im Abendrot!


* * *




Natürlich ist die Versuchung groß, seine Überzeugung, die man für die eigentlich wahre hält, gleich auch noch dem Mitmenschen überzustülpen. Dabei mag man Gutes im Schilde führen, doch der Bekehrte kann sich trotzdem wie in einer Zwangsjacke fühlen.
Wenn einem die Jacke von außen übergezogen wird, so hat man wenigstens einen, der die Schuld trägt. Viel schlimmer scheint es zu sein, wenn man sich die Jacke selber anzieht. Dann ist das mit dem Schuldigen schon schwieriger. Für diese Fälle gibt es zum Glück noch die Masse. Keiner trägt allein die Verantwortung, denn schließlich machen es doch alle so. Diese Wanderung auf dem Grat zwischen sich und den anderen kann mitunter verdammt unangenehme Folgen haben. Zum einen läuft man Gefahr, als Eigenbrötler abgestempelt zu werden, den die Mitmenschen nicht mehr beachten und der fortan von seiner Einsamkeit zerfressen wird. Zum anderen ist es schwer vorherzusagen, wie tief einer in die Masse abtauchen kann, bis er sich selbst nicht mehr wiederfindet.


Der Aussteiger




Wieviel Tage schlägt der Tod,
wieviel das Leben.

Die Maske ist ihm bleiern auf die Haut geklebt,
und sie reißt und sie schmerzt.
Er bekommt Falten,
Risse in die Seele.

Er trägt Aasgerüche im Gesicht
- doch die Hoffnung lebt,
er wirft den Kadaver euch vor die Füße
- ihr Fratzen.

Spielt nur euer Spiel,
ihr Schauspieler dieser Welt.
Redet und redet,
lügt und wißt.
Ihr werdet schlecht dabei.

Er will leben.
Er will seine Seelenruhe.
Steigt von der Bühne,
die ihr das einzig wahre Leben nennt,
hinein in den Wahnsinn der Liebe,
hinein in die süße Seligkeit.


Aber euch - euch läßt er draußen vor,
stehn in eurem sauren Regen.
Und nur der soll ihm die Geige spielen,
dessen Maske zerberstet am Moder dieser Zeit.


* Ende *




P.S.

Menschen sind wie das Meer,
mal glatt und freundlich,
mal aufbrausend und tückisch,
ansonsten nur Wasser.
Albert Einstein



Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Poesie

Nächste Seite
Seite 1 /