Cover


Cover:

Das wundervolle Cover wurde von einer Freundin entworfen.
Copyright: Vera K.
www.unbornsaint.deviantart.com
http://unbornsaint.deviantart.com/#/d52ij6r







Beauty in the Beast - Unschuld



Wut.
Unerbitterlich pirschte das Gefühl durch seinen Körper, brachte seine Muskeln zum Erzittern. Hart ballte er seine langen Finger zu Fäusten, seine Nägel gruben sich schmerzhaft in seine Haut.
Ein Laut der Aggression entkam ihm, hallte durch den leeren Raum. Doch der Druck in seinem Inneren ließ nicht nach, stieg sogar noch mehr an.
Ein unbändiges Bedürfnis überkam ihn, nahm sein ganzes Denken, sein ganzes Handeln ein.
Der Drang, seine ganze Wut körperlich auszulassen, wurde immer größer, nahm ihn letztendlich vollständig ein, vernebelte seinen gesunden Menschenverstand.
Ein verborgener Teil in ihm übernahm die Führung, verdrängte den sonst so dominanten Teil seiner Seele. Das Tier in ihm erwachte. Unbändig. Wütend. Aggressiv. Mit dem Wunsch etwas zu zerstören, den Auslöser seiner Wut zu vernichten.
Seine Sicht verschwamm, als er den Blick zu Boden richtete. Sein Herz pochte viel zu schnell gegen seinen Brustkorb, sein Atem wurde hektisch und unregelmäßig aus seinen Lungen gepresst.
Der Raum drehte sich um ihn, Farben vermischten sich, wurden zu einem einzigen bunten Strudel.
In einem letzten, verzweifelten Versuch die Kontrolle über sich zu bewahren, schloss er gepeinigt die Augen, konzentrierte sich auf die kalte Wand in seinem Rücken, an die er sich lehnte. Sie hielt ihn im hier und jetzt, war ihm eine Stütze in der Realität.
Er versuchte seinen Atem zu kontrollieren, das Zittern seiner Muskeln zu unterdrücken, wieder der Herr seiner Gefühle zu werden, seinen Verstand einschalten.
In seiner jetzigen Situation musste er einen kühlen Kopf bewahren, Risiken abwägen und möglichst erfolgreich seinen eigenen Arsch retten. Die Fehler, die gemacht wurden, ungeschehen machen, oder zumindest ihre Folgen abmildern.
Er musste stärker sein als die Wut in ihm, musste dagegen ankämpfen und erst alles Wichtige erledigen, bevor er sich gehen lassen konnte, dem Tier in sich freie Hand lassen konnte.
Er, der zivilisierte Teil in ihm durfte die Kontrolle nicht verlieren, sondern versuchen den Plan zu retten und unversehrt und vor allem unschuldig aus der ganzen Misere entfliehen.
Sein Ansehen durfte nicht geschädigt werden, niemand durfte ihn verdächtigen.
Doch es war ein unverzeihbarer Fehler geschehen, etwas, das alles gefährdete, ihn zerstören würde.
Wenn erst einmal heraus kommen würde, dass er für all das verantwortlich war, wäre die ganze Mühe umsonst gewesen. Sein jahrelanges Schauspiel, die Verzicht so vieler Dinge. Sein sorgsam aufgebautes Image als freundlicher, hilfsbereiter Nachbar, treuer Freund und erfolgreicher Filialleiter eines Bekleidungsgeschäfts.
Niemand ahnte, dass das alles nur gespielt war, keiner kannte auch nur annähern sein wahres Gesicht. Sein größtes Geheimnis war nur ihm selbst bekannt – zumindest war das bis vor wenigen Stunden so gewesen. Doch dieses Mal war etwa schief gelaufen – sein Opfer war entkommen.
Und die alleinige Schuld trug er selbst daran. Er hatte ihr nicht widerstehen können, war ihrem Charme erlegen, hatte sich von ihr um den Finger wickeln lassen.
Noch nie zuvor war ihm so etwas passiert. Mit eiserner Willensstärke hatte er bisher jeden noch so verführerischen und attraktiven Frauenkörper verweigert, keines seiner Opfer hatte solch ein Verlangen in ihm geweckt.
Die tiefblauen Augen, die ihn so unschuldig von unten herauf angeschaut hatten, der große Ausschnitt, der mehr preisgab als verdeckte, der zierliche und trotzdem durchtrainierte Körper, und schlussendlich die sinnlichen, vollen Lippen.
Sie hatte nichts gesagt, ihn einfach nur stumm angesehen, mit keinerlei Angst, sondern einer unausgesprochenen Herausforderung in ihren Augen. Sie hatte ihn an seinem Stolz gepackt. Er wollte sich selbst beweisen, dass er das konnte. Sie besitzen, bis zur Bewusstlosigkeit ausnutzen, und am Ende töten. Der Welt ein Zeichen setzen und sie von solch unreinen Wesen erlösen.
Doch dann war alles schief gegangen. Die einladende Wärme zwischen ihren Schenkeln hatte ihn um den Verstand gebracht, jeder Stoß hatte ihn näher an den Abgrund getrieben. Pure Lust war in ihren Augen gestanden, als sie seinen groben Bewegungen entgegen kam. Statt einfach nur da zu liegen und darum zu beten, dass es schnell vorbei war, hatte sie ihn gerne empfangen und sich ihm hingegeben. Für sie war es keine Bestrafung, sondern pure Leidenschaft.
Jeder lustvolle Laut, der seinem Opfer entkam, hatte einen Schub glühender Lava in seine Körpermitte transportiert, hatte ihn dazu getrieben zu vergessen, was sie waren. Mörder und Opfer.
Ein psychisch kranker Mann und eine unreine, wertlose Frau.
Für einen Moment waren sie nichts anderes als zwei Menschen, die dem ureigenen Trieb nachgingen, sich von ihren Instinkten leiten ließen. Sie waren ein Ganzes, sie waren vollkommen.

Mit der Erlösung war die Realität zu ihm zurückgekommen. Das Ausmaß des Geschehenen war mit voller Wucht auf ihn eingedrungen, hatte ihn für einen Moment paralysiert. Während er noch versucht hatte zu realisieren, was passiert war und vor allem, wie das geschehen konnte, war sie schon aufgestanden, hatte sich mit einem frechen Zwinkern zu ihm gewandt und die Worte gesprochen, die ihm wie ein Mantra unaufhörlich durch den Kopf gingen.
„Du hast dich mit der falschen Person angelegt, liebster Carlos.“
Innerhalb eines Blinzelns waren sie und ihre Kleider spurlos verschwunden gewesen.

Allein die Erinnerung an das Geschehen ließ ihn leise aufstöhnen, während sich sein Blut bereits wieder in seiner Körpermitte sammelte.
Das Tier in ihm knurrte wütend über die Reaktion dieser unnützen Frau auf seinen Körper. Seine Muskeln spannten sich an, fest kniff er die Augen zusammen, versuchte das Verlangen zu unterdrücken.
Dagegen anzukämpfen, so, wie es ihm in jüngster Kindheit beigebracht wurde. Tief ein und ausatmen, sich an etwas Schönes erinnern. Früher war diese Erinnerung sein letzter fröhlicher Tag mit seiner Mutter gewesen. Doch dieses Mal drängte sich sofort das Bild der Frau in seinen Kopf, deren Enge er vor nicht einmal einer Stunde gespürt hatte.
Ein lauter Schrei entkam ihm, als er ausholte und zuschlug. Immer wieder. Immer fester. Immer härter.
Ohne auf seine schmerzende Hand zu achten.
Unkontrolliert ließ er seine Aggression an der Wand aus, verletzte damit mehr sich selbst als die Steine. Er hinterließ blutige Abdrücke auf der weißen Tapete, doch das kümmerte ihn nicht. Das Monster in ihm genoss es sogar, drang ihn dazu weiter zu machen. Endlich den Übeltäter zu bestrafen, der alles zerstört hatte – ihn selbst.
Der Wunsch sich selbst für seine Fehler zu bestrafen wurde unwiderstehlich, er selbst war zu schwach. Mit einem laut wiederhallenden Schrei verlor er vollends die Kontrolle, überließ die Führung dem Tier in sich, das immer heraus kam, wenn er einen Fehler begangen hatte.
Das Tier, das dafür sorgte, dass so etwas nicht noch einmal passieren würde.
Am nächsten Morgen würde er aufwachen, umgeben von einer Blutlache, überfüllt mit hässlichen Hämatomen, die sich nur schwer verstecken ließen.
Und wohl mit einer gebrochenen Hand.
Doch das störte ihn nicht, war er doch mit dem Monster in sich aufgewachsen und hatte es mittlerweile zu schätzen gelernt. Denn es zeigte ihm seine größten Fehler, sorgte dafür, dass er so etwas dummes nicht noch einmal tun würde und es lernte zu bereuen.
Doch im Moment war er noch weit davon entfernt das kleine Abenteuer mit seinem eigentlichen Opfer zu bereuen.

… Es würde wohl eine sehr lange und schmerzhafte Nacht für ihn werden.
Und am Morgen würde er aufwachen, und sich einen Plan ausdenken, wie er diese unverschämte Frau beseitigen konnte.
Oh nein, er war kein Mensch, der sich auf der Nase herum tanzen ließ.
Vielmehr ließ er die Menschen für sich tanzen. Und auch das kleine Biest, das es gewagt hatte ihn zu verführen, würde ein letztes Mal für ihn tanzen, bevor auch aus ihren Augen der Hauch des Lebens verschwand.

Impressum

Bildmaterialien: Vera K., http://unbornsaint.deviantart.com/#/d52ij6r
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2012

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