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Vorwort

Die Informationen zu den neuen Pflegegraden sind essenziell für alle Pflegefamilien. Dabei ist es ganz gleich, ob man schon eine Pflegestufe hat, oder eine neue Einstufung beantragen sollte. Als „altgediente“ Pflegeperson, es sind immerhin schon 16 Jahre, hat sich Angelika Schmid bis ins letzte Detail sachkundig gemacht. Aufgrund einer Erbkrankheit in der Familie ist die Beschäftigung mit Pflegethemen schon seit fünf Jahrzehnten unvermeidlich. Unzählige Auseinandersetzungen mit Behörden, Pflegekasse usw. liegen hinter ihr. Die zusätzlichen Praxistipps geben dir wertvolle Hinweise, damit du in verschiedene Fallstricke gar nicht erst hineingerätst.

 

Mit den Pflegereformen wurde im Bundesgesundheitsministerium ein stärkerer Fokus auf die Pflege gelegt. Ab Anfang 2017 gelten in Deutschland bei der Pflege nicht mehr die Pflegestufen. Stattdessen gibt es eine Einteilung nach Pflegegraden. Die Überleitung vom einen in das andere System wird vermutlich einige Unsicherheiten und auch Fehlerquellen verursachen. Die Begutachtungskriterien verändern sich grundlegend. Dies dürfte für alle Pflegebedürftigen, jedoch vor allem den Menschen mit Demenz und Alzheimer, grundlegende Verbesserungen bringen. 

 

Nur gut informierte Pflegefamilien kennen ihre Rechte. Aus diesem Grund kann Angelika Schmid dir eine umfassende Beschäftigung mit allen Themen zur Pflege wärmstens empfehlen. Nur auf dieser Grundlage kannst du diese auch durchsetzen. Jede Unterstützung zu bekommen, die einem auch zusteht, das ist zumindest ein kleiner Nachteilsausgleich im anstrengenden Pflegealltag.

 

Was muss ich tun wenn eine Pflegebedürftigkeit eintritt?

Um finanzielle Unterstützungs-Leistungen zu bekommen, sind einige Schritte wichtig. Die meisten Leistungen sind gekoppelt an einen offiziell bestätigten Pflegegrad. Zu dieser Feststellung lässt sich die Krankenversicherung vom Medizinischen Dienst unterstützen. Welche Krankheit der Pflegebedürftigkeit zugrunde liegt, ist zunächst einmal unerheblich. Es kommt hauptsächlich darauf an, in welchem Umfang Unterstützungsleistungen notwendig sind, nur das interessiert den Prüfer bei der Pflegeeinstufung. 

 

Bei den Pflegestufen lag die Gewichtung auf der Grundpflege, nun wird auch der Umfang der Betreuung anerkannt. In welche der fünf Pflegegrade Betroffene nun eingeordnet werden, hängt ganz davon ab, was der Kranke noch selbstständig erledigen kann.

 

Folgende Schritte sind nun für den Pflegebedürftigen wichtig:

 

  • ärztliche Feststellung der Krankheit
  • Antrag zur Feststellung des Pflegegrades
  • Vorbereitung auf den Besuch des MDK
  • Beratung durch Pflegeberater/innen

 

aber zusätzlich neben der Pflegeeinstufung auch:

 

  • Antrag zum Schwerbehindertenausweis
  • Vollmachten zur Vorsorge erstellen

 

Eine festgestellte Schwerbehinderung hilft dir, die Schwere der Krankheit nachzuweisen. 

 

Die Vollmachten wiederum sorgen dafür, dass du als Pflegeperson eines schwer kranken Menschen handlungsfähig bleibst. Häufig ist es notwendig, mit der Pflege- oder Krankenkasse oder anderen Behörden, einen Schriftwechsel zu führen. Willst du dies stellvertretend für einen Behinderten tun, so wird von verschiedenen Stellen verlangt, dazu eine Legitimation vorzulegen.

 

Bedingungen zum Erreichen eines Pflegegrades

Die erste und wichtigste Voraussetzung ist der Antrag. Diesen stellen Pflegebedürftige bei ihrer Krankenkasse, weitere Ausführungen hierzu findest du in weiteren Lektionen. Sinnvoll ist ein Antrag erst, wenn eine erhebliche Pflegebedürftigkeit vorliegt. Anhand meiner Ausführungen zu den einzelnen Pflegegraden 1 - 5 kannst du erkennen, ob dein Angehöriger tatsächlich schon einen erheblichen Betreuungs- und Pflegeaufwand benötigt. Es muss für eine hohe Pflegeeinstufung ein erheblicher Pflegebedarf nachgewiesen sein. Diesen kannst du beispielsweise auch dokumentieren in einem Pflegetagebuch. Ich kann berichten, wie das Prozedere bei unseren Pflegeleistungen ablief. Ich erhebe hierbei nicht den Anspruch, alle Eventualitäten im individuellen Fall abzudecken. Es ist daher grundsätzlich klug, wenn man sich vorher bei seiner Kranken- oder Pflegekasse erkundigt.

 

Grundsätze aus dem SGB (Sozialgesetzbuch)

 

Es genügt nicht, dass man als Angehöriger bemerkt, mein Verwandter benötigt Pflege. Wichtig ist auf jeden Fall zunächst einmal der Gang zum Arzt, falls die Diagnose noch nicht feststeht. Wenn die Diagnose ärztlich fundiert festgestellt ist, kann man die nächsten Schritte einleiten. 

 

Empfehlung: Wir haben uns von allen Fachärzten Expertisen zum Krankheitsstand ausstellen lassen. Diese Dokumente helfen, um bei Behörden und Krankenkassen die eigenen Interessen durchzusetzen. Nicht nur für einen Antrag zur Feststellung des Pflegegrades benötigt man eine grundlegende Diagnose und bestenfalls eine Expertise. Sie ist auch für alle weiteren Anträge bei Behörden hilfreich. 

 

Ein ärztliches Attest ist für den Antrag, natürlich je nach Schwere der Krankheit, schon fast ein Garant dafür, dass man seine Anliegen, und zwar zugunsten des kranken Angehörigen, auch durchsetzen kann.

 

Erheblich Pflegebedürftige haben grundsätzlich einen Anspruch auf finanzielle Hilfe unter folgenden Voraussetzungen:

 

  • 6 Monate in einer Krankenkasse versichert sein
  • Pflegebedürftigkeit muss 6 Monate und länger dauern
  • Pflegebedarf muss erheblich sein
  • Eine Pflegestufe muss festgestellt sein 
  • Antrag formlos bei der Krankenkasse
  • Begutachtung MDK

 

Diese Geldleistungen ergänzen die familiäre, nachbarschaftliche und sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung, sie garantieren allerdings keine Vollversorgung. Die Hilfe wird auch gern als „Teilkaskoversicherung“ bezeichnet.  Die Unterstützung, auch finanzieller Art, durch Angehörige und andere Helfer wird vorausgesetzt. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das 2. Pflegestärkungsgesetz. Die meisten, und zudem einschneidenden Änderungen, werden nun ab 1.1.2017 in Kraft treten.

 

Regelungen zur finanziellen Unterstützung

 

Um eine finanzielle Unterstützung zu erhalten, muss ein erheblicher Pflegebedarf bestehen. Die Leistungen richten sich danach, welchem Pflegegrad der pflegebedürftige Mensch zugeordnet wird. Der Grad der Pflegebedürftigkeit wird aufgrund des Antrags bei der Pflegekasse, festgestellt. Die Pflegekasse folgt hierbei der persönlichen Begutachtung des MDK. Begutachtungen erfolgen nach speziellen Richtlinien. Die Einstufung gliedert sich in die Pflegegrade 1 – 5. Zusätzlich kann die Begutachtung ergeben, dass die betroffene Person auf ein hohes Maß an Betreuung angewiesen ist. Dies ist bei zahlreichen Krankheiten, vor allem bei Demenz oder bei psychischen Erkrankungen, im fortgeschrittenen Stadium immer gegeben. In diesem Falle liegt eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz oder der Selbstständigkeit vor. Diese wiederum führt zu einer Erhöhung der Punktvergabe und damit des Pflegegeldes. Dazugehörige Sachleistungen nennt die Pflegekasse auch Betreuungs- und Entlastungsleistungen.

 

Wichtig: Für jede Pflegeunterstützung ist ein gesonderter Antrag zu stellen. Doch auch hierbei gibt es Ausnahmen von der Regel.

 

Ausnahme: Betreuungs- und Entlastungsleistungen, denn diese erhält jeder Mensch mit Pflegegrad 2 automatisch. Der Betrag wird angespart in die Mitte des folgenden Jahres. Ab 2017 müssten auch Hilfsmittel nicht mehr beantragt werden, und zwar wird dabei vorausgesetzt, dass der Gutachter diese in seinem Bericht aufführt. Ansonsten bleibt es bei der alten Regelung des voraussetzenden Antrages, der zumeist durch den Versorger gesichert wird.

 

Tipp für den Übergang von Pflegestufen zu Pflegegraden

 

Der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidet, ob der Pflegebedürftige nach dem alten Recht in 2016 oder nach den neuen Kriterien eingestuft wird. Da sich Laien mit diesen Grundlagen nicht auskennen, wäre eine Beratung bei einem Pflegestützpunkt zu empfehlen. Wer „lediglich“ körperliche Gebrechen hat, könnte damit eventuell besser fahren. Die Überleitung in die neuen Pflegegrade wird dann automatisch stattfinden. Anhand des persönlichen Einzelfalles könnte so festgestellt werden, welche Begutachtung günstiger ist. Bei geistig psychischen Einschränkungen könnte sich das Warten bis 2017 lohnen, das muss aber nicht zwangsläufig so sein. Natürlich steht jedem Pflegebedürftigen so oder so frei, einen Antrag auf Neufeststellung zu stellen.

 

Pflegegrade sind Voraussetzung für das Pflegegeld & Co

Damit man Leistungen der Pflegekasse überhaupt erhalten kann, ist das Feststellen eines Pflegegrades ab 2017 unerlässlich. Ohne einen Antrag bekommst du auch nachträglich keine Vergünstigungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Bei unserer Familien-Erbkrankheit sind zum Beispiel ein langes Verdrängen und auch die späte Feststellung aufgrund der Seltenheit der Krankheit üblich. In solchen Fällen ist die nachträgliche Feststellung einer Pflegestufe so gut wie ausgeschlossen.

 

Was ist ein Pflegegrad? 

 

Der Pflegegrad bildet die Schwere einer Pflegebedürftigkeit ab. Er sagt, je nach Einstufung, aus, wie stark die Selbstständigkeit oder die Fähigkeiten beeinträchtigt
sind. Dies wiederum entscheidet über die Art und Höhe der Leistungen, die die Bedürftigen von der Pflegeversicherung erhalten.

 

Diese Pflegegrade gibt es: 

Grad 1 Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten 

Grad 2 Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten 

Grad 3 Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten 

Grad 4 Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten 

Grad 5 Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung 

 

Den Antrag zu Pflegestufen so früh wie möglich stellen

 

Ein früher Antrag hat Auswirkungen auf rasche finanzielle Unterstützungen. Er wirkt positiv auf die Rente von Pflegebedürftigen und bei den Pflegepersonen. Sowohl die richtige Pflegeeinstufung wie auch ein Schwerbehindertenausweis sind aufgrund eines ärztlichen Attestes früher zu bekommen.

 

Tipps: In allen Lebenslagen, ganz besonders bei der Existenz einer Erbkrankheit in der Familie, kritisch auf den Gesundheitszustand aller Familienmitglieder achten. Stelle so bald wie eben möglich den Antrag auf die Feststellung einer Pflegestufe.

 

Pflegegrade richten sich nach bestimmten Kriterien

 

Die Feststellung der Pflegestufe macht sich im Jahr 2016 noch am Minutentakt zur sogenannten „Grundpflege und Haushaltsversorgung“ fest. Je nach Pflegestufe bestanden bestimmte Zeit-Vorgaben für die körperliche Versorgung, welche zur Einstufung herangezogen wurden. Die seelischen Bedürfnisse der Kranken kamen bei der Bewertung im durchgetakteten Minutensystem der Pflegesturen nicht vor. Mit Einführung der neuen Pflegegrade wird der Fokus vorrangig auf die Selbstständigkeit gelegt. Dies wird zwangsläufig zu mehr Anspruchsberechtigten führen. Trotzdem soll niemand benachteiligt werden bei der Umstellung.

 

Besonderheiten der Pflegegrade bei Kindern

 

Der MDK verfügt über Richtwerte, die grundlegend feststellen, welchen Aufwand Eltern haben, um ein Baby oder Kleinkind zu versorgen. Bei Kindern werden in aller Regel auch speziell qualifizierte Gutachter eingesetzt. Bei der Begutachtung hat man es mit Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern zu tun oder mit Kinderärzten.

 

Bei Kindern ist ausschlaggebend, wie hoch der Mehraufwand in der Versorgungsleistung im Vergleich mit gesunden Kindern ist. Es wird bei Säuglingen und kleinen Kindern zudem nicht nur dem Alter gemäß bewertet, sondern ein über das „normale“ Maß hinausgehendes Zeitfenster zur Pflegebewertung angesetzt. Nur was über einen allgemein üblichen Versorgungsaufwand von Eltern hinausgeht, wird berücksichtigt bei der Festlegung des Pflegegrades für Kinder.

 

Zu beachten bei Kindern bis zu 18 Monaten: 

 

Für diese Beurteilung gibt es Sonderregelungen. In diesem Fall sind ja auch gesunde Kinder noch sehr unselbstständig. Naturgemäß entfällt deshalb der Bereich der Mobilität. Es werden nur die Bereiche der Verhal­tensweisen und psychischer Problem­lagen und der selbststän­dige Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen bei der Beurteilung gewertet. Es wird einbezogen, ob eine außergewöhnliche Bedarfskonstellation vorliegt. Bei der Versorgung wird nachgefragt, ob Probleme bei der Nah­rungsaufnahme bestehen. 

 

Kinder bis zu diesem Lebensalter werden folgendermaßen eingestuft: 

 

Pflegegrad 2 ab 12,5 Punkten

Pflegegrad 3 ab 27 Punkten

Pflegegrad 4 ab 47,5 Punkten

Pflegegrad 5 ab 70 Punkten 

 

Ab dem 18. Lebensmonat, erfolgt die Einstufung, unter Einbeziehung der Besonderheiten der Kinder, entsprechend des Punktesystems für Erwachsene. 

 

Wissenswertes zur Festlegung des Pflegebedarfs 

 

Für die Beurteilung kann es hilfreich sein, im Vorfeld den Unterstützungsbedarf zu dokumentieren. Neben dem Pflegetagebuch kann man auch einen Fragebogen zum Pflegebedarf bei der Pflegeversi­cherung anfordern. 

 

Tipp: Alle wichtigen Berichte, Atteste der Ärzte sowie die Dokumentation sollten beim Besuch des MDK griffbereit vorliegen.

 

 Die Krankenversicherung überprüft die getroffenen Feststellungen regelmäßig in angemessenen Zeitabständen. Nicht nur um den Stand festzustellen, sondern auch um zu beraten, ob weitere Hilfestellungen die Pflegebedürftigkeit mindern könnten. Aus diesem Grund ist es für Eltern auch sehr wichtig, jeden einzelnen Schritt zu dokumentieren. Auf diese Weise kann man schwarz auf weiß belegen, wie hoch der tägliche Mehraufwand ist. Diese Dokumentation kannst du in einem Pflegetagebuch führen und diese auch in

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Angelika Schmid
Bildmaterialien: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 19.05.2016
ISBN: 978-3-7396-5579-6

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