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Vorwort

Dieses Buch richtet sich an Pflegende, die aufgrund von vorhandenen Schluckstörungen auf eine ganz besondere Ernährung achten müssen. Bei zahlreichen schweren Nervenkrankheiten, wie z. B. der Chorea Huntington und vielen weiteren, sind die Herausforderungen beim Essen besonders hoch. Angelika Schmid hat schon 16 Jahre Pflegeerfahrung und darüber hinaus hat sie eine komplette Umstellung der Ernährung vornehmen müssen.

 

Die Schluckstörungen (Fachbegriff: Dysphagie) sind bei ihrem Mann, aufgrund seiner Huntington-Erkrankung, dauerhaft und massiv vorhanden. Die gesunde Ernährung musste deshalb auf die richtige Ernährung bei Schluckbeschwerden umgestellt werden. Unter dieser Maßnahme muss allerdings der Geschmack nicht leiden, wie ihr bei der Lektüre selbst erkennen könnt. Die Konsistenz der Speisen benötigen die Patienten in ganz unterschiedlicher Weise. Sowohl Beschaffenheit wie auch die Konsistenz muss auf den jeweiligen Krankheitsstand des Pflegebedürftigen angepasst werden. 

 

Nicht nur die Rezepte helfen bei der Umstellung, sondern auch zahlreiche Hilfsmittel für die Küche. Hierfür hat sie eine ganze Reihe pfiffiger Tipps und Tricks zusammengetragen. Sowohl die Rezepte, als auch ein Blick in die Kräuterküche von Angelika Schmid geben dir Anleitungen, wie der Genuss dabei möglichst gut erhalten bleiben kann.

Wie entstehen Schluckstörungen?

Schluckstörungen können die verschiedensten Ursachen haben. Dies kann auf Erkrankungen der Speiseröhre und weitere unten stehende Ursachen, zurückzuführen sein. Krankheiten können ausgelöst werden durch Viren oder eine Immunschwäche des Körpers, oder auch wie bei der Huntington Krankheit durch einen Gendefekt. Einige Probleme könnten auch altersbedingt oder infolge einer Demenz auftreten. Bestimmte Krankheitsbilder können jedoch sowohl Erwachsene wie auch Kinder zeigen. Wenn Hindernisse im Hals stecken bleiben, oder eine ernsthafte Erkrankung dahinter steckt. 

 

Schluckstörungen können auftreten bei:

 

  • Schweren Erkrankungen (Parkinson, Huntington Krankheit, ALS, MS, Demenz, Tumoren usw.
  • Entzündlichen Prozessen im Halsbereich
  • Disharmonien im Mund- und Rachenraum
  • Speiseröhren-Erkrankungen
  • Herz- Kreislauf Erkrankungen (Schwellungen im Brustraum)
  • Psychischen Erkrankungen
  • Unverträglichkeit von Medikamenten

 

Häufig handelt es sich bei Schluckbeschwerden um nervlich bedingte Auslöser. Das Nervensystem steuert in unserem Körper unglaublich viele Vorgänge, unter anderem auch das Kauen und Schlucken. Deshalb bringen Nervenkrankheiten in mittleren oder fortgeschrittenen Stadien schwere Schluckstörungen mit sich. Dies liegt an der gestörten Koordination aller Körperfunktionen, dazu gehören auch der Schluckreflex und der Transport durch die Speiseröhre. Ich kenne diese Beschwerden von meinem Mann, denn aufgrund der Chorea Huntington werden die Nervenzellen zerstört. Das Kauen und Einspeicheln fiel und fällt ihm mit den Jahren immer schwerer. Hieraus resultiert ebenfalls, dass auch das Führen des Bestecks zum Mund bei schweren Krankheiten nicht mehr automatisch funktioniert. Die hohe Konzentration auf jeden Vorgang beim Essen, strengt die Patienten enorm an. Er verschluckt sich häufig auch an seinem eigenen Speichel, was regelmäßig schwere Hustenanfälle auslöst. Im Endstadium verlieren Chorea Huntington Kranke komplett die Fähigkeit noch Nahrung oder Flüssigkeiten zu sich zu nehmen.

 

Künstliche Ernährung ja oder nein?

Mit dem Fortschreiten der Störungen oder Krankheiten verlieren die Huntington- und auch Demenz - Patienten die Fähigkeit Nahrung oder Flüssigkeiten zu sich zu nehmen. Viele Huntington Kranke, oder auch MS- oder Krebserkrankte werden deshalb eines Tages eine künstliche Ernährung benötigen. Bei Erbkrankheiten wissen die Erkrankten schon, welcher Weg ihnen bevorsteht. Aus diesem Grund möchten sie die künstliche Ernährung nicht, denn bei hoch eingeschränkter Lebensqualität empfinden sie diese nur noch als Verlängerung der Leiden. 

 

Lehnen sie diese lebensverlängernde Maßnahme allerdings ab, so ist das Schicksal besiegelt. Ein rechtskräftiges Mittel, als Gegenmaßnahme zu lebensverlängernden Maßnahmen, ist die Patientenverfügung. Diese sollte in schriftlicher Form vorliegen, und vom Betroffenen auch eigenhändig unterschrieben sein. Hierbei handelt es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung des Patienten. Er sollte diese deshalb bei klarem Verstand und mit freiem Willen für sich entscheiden. 

 

Tipp: Eine Patientenverfügung sollte mithilfe eines Arztes erstellt werden. Der Hausarzt oder ein Facharzt des Vertrauens weiß, wie er die Wünsche des Patienten in einen verbindlichen Text umwandeln kann. Nur auf diese Weise werden keine unnötigen und zeitraubenden Nachfragen notwendig. Jeder Notarzt kann in diesem Fall unverzüglich handeln oder ganz nach Vorgaben dies auch unterlassen. Einen Hinweis auf eine vorhandene Patientenverfügung, unter Angabe des Bevollmächtigten, sollte man immer bei sich tragen.

 

Unterschiedliche Ansichten der Ärzte

 

Viele Ärzte raten bei einigen Krankheitsbildern sogar davon ab, das Leiden durch diese Maßnahme in die Länge zu ziehen. Manche Krankenhäuser weigern sich aber auch, der Patientenverfügung zu folgen, da sie noch Besserungschancen sehen. Bei einigen Ursachen, oder bei unterschiedlichen Ausprägungen der Dysphagie, ist dies vermutlich auch möglich. Zudem sind Ärzte auch dazu verpflichtet, in Notfällen nach bestem Wissen und Gewissen Leben zu retten. Dies birgt, trotz gegenteiliger Patientenverfügung, immer das Risiko, dass eine Magensonde gesetzt wird.

 

Bei schweren Krankheiten, wie zum Beispiel bei der Huntington Krankheit ist eine Besserung oder Heilung mit Sicherheit (noch) nicht in Sicht. Im Verlauf dieser tödlich fortschreitenden Krankheit werden alle Nervenzellen irreparabel zerstört. In den nachfolgenden Erklärungen erläutere ich, warum die gesunden Nervenzellen in unserem menschlichen Organismus so ausnehmend wichtig sind.

 

Kontrollfunktionen unseres nervlichen Organismus

 

Das Nervensystem kontrolliert und koordiniert sämtliche Körperfunktionen. Milliarden von Nervenzellen wirken in unserem Körper und sorgen für das harmonische Zusammenspiel von Körper und Geist. Der Huntington-Kranke verliert aufgrund der Degeneration sämtliche Fähigkeiten, die ein menschenwürdiges Leben ausmachen.

 

Alle wichtigen Körperregionen werden koordiniert:

 

  • das Gehirn
  • im Rückenmark 
  • sämtliche Nervenstränge
  • die Muskulatur

 

Zahlreiche Kontrollverluste bei Huntington Kranken

 

Alle menschlichen Fähigkeiten, wie das Essen, das Trinken, die Sprache, das Gedächtnis, bewusste Handlungen, die Gefühle usw. sind darauf angewiesen, dass unser Nervenkosmos gut miteinander vernetzt ist. Jegliche Störungen verursachen eine Unterbrechung und damit können Impulse anfangs gestört, später gar nicht mehr weitergegeben werden. All dies verursacht, dass Schmerzen nicht mehr wahrgenommen werden und kein Hungergefühl mehr auftritt. Die Kommunikation wird anfangs erschwert, dann stark verlangsamt und im letzten Stadium sogar unmöglich. Auch zum Laufen benötigt man die Signale der Nervenzellen. Dies bedeutet, die Muskelbewegungen werden nicht mehr selbstständig koordiniert und plötzlich ausschießende Bewegungen sind daher unkontrolliert. Die unwillkürlichen und plötzlich hervorschießenden Bewegungen des Oberkörpers, der Arme, der Beine oder der Zunge sind deshalb auch typisch für Huntington Patienten. Unterschiedliche Medikationen können eine gewisse Zeit lang, diesen heftigen Prozess ein wenig eindämmen. Sie werden kurzfristig eine Linderung bringen, eine Heilung ist bis heute nicht möglich.

 

Welche Therapien helfen bei Schluckbeschwerden?

In erster Linie wäre hier die Logopädie zu nennen. Mein Mann bekommt aufgrund seiner massiven Schluckstörungen schon eine lange Zeit regelmäßig diese Therapie. Einmal, besser zweimal die Woche eine Übungsstunde, das ist bei Nervenkrankheiten die Voraussetzung zum Erhalt der Schluckfähigkeiten. Das kann das Fortschreiten einer unheilbaren Krankheit leider nicht aufhalten. Es kann aber so lange wie möglich die Lebensqualität, zu der das Essen als Genuss nun einmal unabdingbar gehört, solange wie möglich erhalten.

 

Folgende Aktivierungen konnte ich bei der Logopädie-Therapie beobachten in diesen Jahren: 

 

  • Massagen im Hals-Mundbereich 
  • Aktivierung des Zungenbereiches
  • Aktivierung der Schluckmuskulatur
  • Übungen mit Strohhalm, Kaunudel, Eisspritzen
  • Übungen und Kontrolle des Schluckvorganges
  • Tipps zu weiteren täglichen Übungen
  • Tipps zu sinnvollen Hilfsmitteln
  • Sprech- und Gesangs-Übungen
  • Gedächtnistraining
  • Hilfsanleitung bei Anfällen zum Verschlucken
  • Praktische Anleitung zum Essen und Trinken

 

Benötigt der Pflegebedürftige ein weiteres Hilfsmittel zum Essen oder Trinken, so bekommt man von diesem Therapeuten wertvolle Hinweise oder Kauftipps. Die wirksam unterstützenden Hilfsmittel zu finden, das ist für Laien in der Fülle des Angebotes gar nicht so einfach. 

 

Tipp: Hilfsmittel sollte man im Vorfeld, aufgrund von diagnostizierten Schluckstörungen, vom Arzt verordnen lassen. Mithilfe der Verordnung kann man diese dann bei der Krankenkasse beantragen. Vielfach bekommt man, je nach vorhandener Krankheit, auch einen Zuschuss. Falls man eine festgestellte Pflegestufe hat, dürfte es gar keine Schwierigkeiten machen, eine Verordnung zu bekommen.

 

Warum sind manche Speisen schwerer zu essen?

Bei Schluckstörungen wird es immer schwerer für die Patienten, verschiedene Konsistenzen herunterzuschlucken. Eine Suppe zum Beispiel ist sehr flüssig und eventuell vorhandene Knödel, Gemüse oder Fleischstücke dagegen eher bissfest. Da ein nervenkranker Mensch den Schließmuskel des Kehldeckels häufig nicht mehr voll kontrollieren kann, konzentriert er sich auf die festen Nahrungsinhalte. Während er beißt, könnte die Flüssigkeit vom Löffel unkontrolliert eventuell sogar in die Luftröhren gelangen.

 

Daraufhin folgt zumeist ein heftiger Hustenanfall. Im schlimmsten Falle laufen die Flüssigkeiten auch aus Mund und Nase. Mit der Zeit folgt dann sogar die Angst vor dem Essen bzw. vor einem weiteren Verschlucken. Die Koordination des Bestecks zum Mund wird ebenfalls auf Dauer erschwert und das ergibt dann bei vielen Patienten eine totale Überbelastung. Die Speisen sollten deshalb nicht zu flüssig, aber auch nicht in zu fester Konsistenz auf den Tisch kommen. Dass dies ein großer Spagat ist, kann man sich gut vorstellen. Doch unmöglich ist es nicht, dies genau richtig und essbar herzustellen.

 

Gefahren bei häufigem Verschlucken

 

Es gelangen häufig Flüssigkeiten in die Luftröhre, statt in die Speiseröhre. Bei häufigem Verschlucken können dabei auch Lungenentzündungen entstehen. Die Atemwege sind für den Lufttransport sehr geeignet, jedoch nicht für den Transport von Flüssigkeiten. Jeder gesunde Mensch hat sich schon einmal verschluckt und kennt das Gefühl der Luftnot, die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Angelika Schmid
Bildmaterialien: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 31.03.2016
ISBN: 978-3-7396-4624-4

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