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Vorwort

 

Als Zahnarzt habe ich beide Seiten der Zahnbehandlung kennengelernt, jene als behandelnder Zahnarzt und jene als Patient. Meine Erlebnisse als Patient, speziell in jüngster Zeit, stehen in völligem Kontrast zu meinem Verständnis einer Therapie im Sinne des Erhaltes der Zahngesundheit. Die Gespräche in der Zahnarztpraxis hatten den Charakter von Verkaufsgesprächen, wobei teilweise Geschichten erzählt wurden, die eigentlich ins Märchenland gehören. Als Therapeut weiß man, wie man behandeln müsste, ist aber auf dem Stuhl der Willkür des Zahnarztes ausgeliefert. Möglicherweise habe ich in meiner Patientenkarriere einfach nur Pech gehabt.

Dies ist meine Art meine Erlebnisse aufzuarbeiten. Möglicherweise kann der eine oder andere Nutzen aus dem ziehen, was ich erlebt und im Rahmen von Recherchen geschlussfolgert habe. Eine meiner Erkenntnisse ist letzten Endes, dass im Rahmen der ökonomischen Zwänge einer Praxis, diese zu einem Ort des Verkaufes und der Fließbandarbeit verkommen ist. Dabei treten die gesundheitlichen Bedürfnisse des Patienten in den Hintergrund. Das Vergütungssystem gibt klar vor, dass umso mehr verdient wird, je umfangreicher und im Grunde destruktiver gearbeitet wird. Ich persönlich habe mittlerweile fast den Eindruck gewonnen, dass die Implantologie keine Therapieoption nach Zahnverlust darstellt, sondern ein Therapieziel geworden ist, das es zu erreichen gilt. Es wird bis in die Randbereiche der rechtlichen Zulässigkeit nach Gründen gesucht, um dem Patienten Therapien verkaufen zu können. Meinen eigenen Erlebnissen zufolge, wird unter fadenscheinigen Geschichten der Randbereich auch überschritten. Der Patient als Laie hat ohnehin keine Ahnung von dem, was mit ihm passiert.

 

Abschnitt 1


1 Zahnbehandlung im Kindesalter


Im Grunde lässt sich dieser Abschnitt sehr kurz gestalten. Als Kind hatte ich ein einwandfreies Milchgebiss und ich verlor meine Milchzähne in kariesfreiem, blütenweißem Zustand. Das sah man anhand jedes Milchzahnes, der mir ausfiel. In meiner Kindheit haben sich Zahnärzte noch nicht so gerne mit Kindern auseinandergesetzt. So wurde ich dem Zahnarzt erstmals vorgestellt nachdem meine bleibenden Zähne, abgesehen von den Weisheitszähnen, vollständig die Kauebene erreicht hatten und in Funktion waren. In meiner Kindheit gab es auch schon Süßigkeiten und wir haben sicherlich auch nicht wenig genascht. Damals gab es die beliebten Kindertees noch nicht. Es ist kein Geheimnis mehr, dass Kindertees in Nuckelflaschen nicht selten zu Zahnschäden führen. Diese und andere Folgen der Neuerungen in der Ernährung sah auch ich in meinen Notdiensten. Derartige Schäden im Milchgebiss sorgen heutzutage für viel früheren Kontakt der Kinder mit dem Zahnarzt und für viel Arbeit in der Kinderzahnheilkunde.

Heutzutage gibt es Kinderzahnärzte, eine Neuerung gegenüber meiner Kindheit. Möglicherweise waren die fehlenden Kinderzahnärzte ein Grund dafür, dass meine Milchzähne von Zahnarztarbeit verschont wurden. Im Studium lernten wir im Fach Kinderzahnheilkunde nicht nur den Umgang mit behandlungsbedürftigen Zuständen im Milchgebiss sowie im Wechselgebiss. Die meisten unserer Patienten wiesen Frontzahntraumata, also Zustände nach unfallbedingter Schädigung der Schneidezähne, auf. Ansonsten gehörte es zur Behandlung, den Kindern den richtigen Gebrauch von Zahnbürste und Zahnseide zu erklären und mit ihnen zu üben. Rückblickend wäre es ein Vorteil gewesen, eine derartige Mundhygiene selbst bereits im Kindesalter erlernt zu haben. Darüber hinaus lernten wir als Studenten, bei welcher Art von Fissur, also bei welchem Kaureliefmuster, eine Fissurversiegelung günstig war und wie aufwändig und schwierig es teilweise war, sie fachgerecht zu legen. Sie soll nur dort gelegt werden, wo die Fissur so ungünstig ausgeformt ist, dass sie nicht richtig sauber gehalten werden kann. Eine Fissurversiegelung hat einen Füllungsrand, genau wie jede andere Füllung, was die Entstehung von Karies in diesem Bereich begünstigen kann. Erst relativ spät, im Alter von 16 Jahren kam ich selbst in den Genuss einer Art Fissurversiegelung für ein palatinales Foramen caecum, also eine leichte Einziehung des Zahnschmelzes auf der Gaumenseite des Zahnes 16, also des ersten großen Backenzahnes im Oberkiefer rechts. Unter dieser Versiegelung faulte der Zahn, ohne, dass es äußerlich sichtbar oder durch Mundhygiene zu verhindern gewesen wäre. Die Wahl des Materials zur Fissurversiegelung stellt ein Problem dar, welches an anderer Stelle noch genauer beleuchtet wird. Inhaltsstoffe von Komposit sind auch in den beliebtesten Fissurversiegelungsmaterialien vorhanden.


2 Zahnbehandlung als Schüler


Meine Zahnarzterfahrungen im Schulalter kann ich unterteilen in jene mit einem Zahnarzt und jene mit einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie.


Der Kieferorthopäde

Viele Kinder und Jugendliche machen nicht nur mit dem Zahnarzt, sondern auch mit dem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie Bekanntschaft. Es gibt einen sogenannten Normalbiss, es gibt aber auch den Idealbiss. In der Regel finden sich Abweichungen vom Idealbiss, so dass eine kieferorthopädische Behandlung gerechtfertigt erscheint. Eltern wollen nichts versäumen, um nicht später mit Vorwürfen konfrontiert zu werden, so auch meine.

Im Alter von 11 Jahren wurde ich der Kieferorthopädin vorgestellt, da ich nicht ganz gerade gewachsene Zähne hatte. Die leichte Fehlstellung des seitlichen Schneidezahnes im Oberkiefer rechts, also des Zahnes 12, veranlasste die Kieferorthopädin die Entfernung von vier Zähnen zu fordern. Damals war ich damit nicht einverstanden und heute kann ich sagen, dass es richtig war, die vier Prämolaren zu behalten. Noch heute habe ich eine Klasse I Okklusion, also ein ganz normales Verhältnis von Ober- zu Unterkiefer. Ansonsten waren alle Zähne sauber und ohne Engstand im Zahnbogen angeordnet.

Wenn ich schon keine Zahnentfernung wollte, so sollte es doch zumindest ein kleinerer kieferchirurgischer Eingriff sein. Eine kleine Struktur sollte aus dem Oberkiefer rechts entfernt werden. Was es genau war, wusste man nicht. Um mich zu dem Eingriff zu bewegen, wurde mir erklärt, dass das was da im Kiefer war, möglicherweise den ganzen Kiefer zerstören könnte. Es war letztlich ein Stück Knorpel, wie ich erfuhr. Im Bereich des Operationsgebietes habe ich immer noch die Narbenstränge, aber keine weiteren Schäden, denn Knochen heilt und Mundschleimhaut auch.

Ich musste zwei verschiedene Apparaturen tragen, mit dem Ergebnis, dass nach der Behandlung der Zahn 12 richtig verschachtelt war und sich in der Unterkieferfront gleichfalls Zähne überlappten. Nun, die kieferorthopädische Therapie war schon mal nicht so ganz gelungen. Das Kapitel war beendet und ich wollte nur, dass nicht noch mehr Schaden entsteht.


Der Zahnarzt

Eltern sind, wie gesagt, besorgt um die Gesundheit Ihrer Kinder und wollen nichts versäumen. Somit war es nun an der Zeit, dass sich auch einmal ein Zahnarzt um meine Zähne kümmert. Meine Kieferorthopädin hatte gesagt, dass man sich regelmäßig die Zähne putzen muss. Das versteht sich von selbst. Leider lernte ich erst im Studium, wie Mundhygiene richtig betrieben werden muss. Eine Anleitung dazu erhielt ich weder von meiner Kieferorthopädin, noch später von meinem Zahnarzt. Der Zahnarzt war stets bereit die Zähne aufzubohren, wenn ich nachsehen lassen wollte, ob es ein Loch im Zahn gab. Immer wieder entdeckte ich auch in den Nachbarzähnen Bohrerspuren. 35 Jahre später erfuhr ich auf einer zahnärztlichen Fortbildung, dass etwa 67% der Nachbarzähne beim Präparieren mit angebohrt werden. Das sind offizielle Zahlen, die somit sicherlich nicht zu hoch angesetzt sind. Beim Aufbohren meines Zahnes 26, also des ersten großen Backenzahnes im Oberkiefer links, bohrte der Zahnarzt auch großzügig in den Nachbarzahn dahinter (Zahn 27). Eine Füllung bekam der Zahn 27 damals nicht. 12 Jahre später wollte ein anderer Zahnarzt den Zahn mit einem Inlay versorgen. Jetzt, 35 Jahre später hat der Zahn auch ohne Füllung immer noch keine Karies, ist also nicht versorgungsbedürftig. Dass selbst ein vorgeschädigter Zahn nicht kariös wurde zeigt, dass die Kariesaktivität bei mir doch nicht so hoch sein konnte. Allerdings bissen sich immer wieder Essensreste in den Defekt ein. Da solle ich doch Zahnseide verwenden, hieß es. Wie Zahnseide angewendet wird, ohne Schäden am Zahnfleisch zu hinterlassen, lernte ich auch erst im Studium.

Bei jedem Zahnarztbesuch war zahnärztliche Arbeit notwendig, sei es die Notwendigkeit einer Füllung oder die Entfernung eines Weisheitszahnes. Im Alter von 18 Jahren bestand aus der Sicht meines Zahnarztes die absolute Notwendigkeit eine Amalgamfüllung durch ein Goldonlay zu ersetzen. Als Schüler hat man keine Ahnung von notwendiger Zahnbehandlung und vertraut dem Zahnarzt als scheinbar seriöse und vertrauenswürdige Institution. Nachdem ich diesen Zahnarzt nicht mehr aufgesucht habe, waren nur noch Reparaturen schadhafter Füllungen notwendig. Die Notwendigkeit einer Füllung an einem bis dahin füllungsfreien Zahn gab es nur bei ihm. Wie ich später erfuhr rechtfertigte der Zahnarzt seine vielen Eingriffe damit, dass er seine Praxis abbezahlen musste. „Bei jedem Besuch ist eine Behandlung notwendig“, war offenbar das Motto. In seiner Eigenschaft als Oralchirurg hatte der Zahnarzt einen quer im Unterkiefer liegenden Weisheitszahn entfernt, eine gute und richtige Behandlung. Weisheitszähne, die nicht durchbrechen können und im Kiefer verbleiben, können zu Zysten führen, welche alle möglichen Komplikationen nach sich ziehen. Derartige Folgen habe ich als Therapeut selbst behandelt. Ein im Oberkiefer sitzender, durchgebrochener Weisheitszahn wurde entfernt, ohne dass ich es wollte. Solch ein Zahn kann sich später immer noch einmal als wertvoll erweisen, wenn ein davor liegender Zahn verloren geht. Die Entfernung des Weisheitszahnes im Oberkiefer stellte den endgültig letzten Eingriff bei diesem Zahnarzt dar. Ich habe den Zahnarzt nie wieder aufgesucht. Die Füllungen hatte er immer sehr schnell gelegt. Das fand ich damals natürlich toll. Beim Auswechseln von später gebrochenen Füllungen zeigte sich, dass in der Eile nur eine grobe und schlampige Präparation erfolgt war. Im Rahmen meines Studiums lernte ich, wie Präparationen erfolgen mussten und sah, was bei der Präparation meiner Zähne schief gelaufen war. So eine schlampige und vor allem zerstörerische Arbeitsweise wollte ich nicht mehr dulden.

Ich hatte gelernt, wie gearbeitet werden muss. Wenn man als Patient auf dem Stuhl sitzt, hat man jedoch keinen Einfluss mehr auf die Behandlung. Wie ich später erkennen sollte, konnte es möglicherweise sogar ein Nachteil sein als Kollege behandelt zu werden. Alles, was ich noch erleben sollte, war - mit einer Ausnahme - nicht weniger zerstörerisch.

Als ich das bereits erwähnte Goldonlay im Alter von 18 Jahren beim Oralchirurgen bekam, begann das knacken im Kiefergelenk. Es war unangenehm, aber man glaubt dem Zahnarzt, wenn er sagt, dass es sich „einbeißt“. Schon an dieser Stelle sei gesagt, dass es sich bei mir nicht „eingebissen“ hat. Dieser flotte Spruch sorgt aber dafür, dass der Zahnarzt den Patienten erst einmal los ist. Eine Zahnarztpraxis ist, objektiv gesehen, leider nur noch ein Handwerksbetrieb mit Fließbandarbeit. Ein Zeitverlust durch entstehende Problematiken ist möglicherweise existenzgefährdend.


3 Zahnbehandlung als Student


Im Studium lernte ich selbst Füllungen zu legen, sauber und vorsichtig. Es wurde um den Erhalt jedes noch so kleinen Stückchens Zahnsubstanz gekämpft. Ich lernte die Wahl der Materialien zur Restauration unter den Aspekten Zahngesundheit und Ästhetik. Die Zahngesundheit kam immer an erster Stelle. Schließlich hatten wir eine Ausbildung zum Zahnarzt und nicht zum Kosmetiker. Wir gingen auch sehr kritisch mit den allgemeinmedizinischen Problemen der Zahnmaterialien um. Als Student wird man in seiner Denkweise geleitet. Man merkt sich immer am besten das, was in den Prüfungen abgefragt wird. So war das auch bei uns, wobei wir alle Zahnmaterialien genau unter die Lupe nahmen.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 14.10.2013
ISBN: 978-3-7309-5521-5

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