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Widmung

 

An alle Mädels da draußen,

die sich von den Stürmen des Lebens

nicht unterkriegen lassen wollen!

 

Kapitel 1

Freitag, 13 Februar

 

MARIA

 

Wer auch immer behauptet hat, das Leben sei ungerecht, hat maßlos untertrieben. Das Leben war das größte Arschloch der Welt.

Vor dem Fenster schob eine junge Frau einen Kinderwagen vorbei. Hinten in der Ecke, ganz am Ende des Baldinis, beugte sich eine Frau über ihr Kleinkind, das fröhlich das Besteck durch die Gegend warf. Auf dem Weg hierher hatte ich gleich zwei Schwangere gesehen.

Sie wollte sich am liebsten vor den nächsten Bus werfen oder irgendwo ertränken.

»Maria?«

Sie riss ihren Blick von dem Kleinkind los und heftete ihn an Claudia, die ihr gegenübersaß und sie besorgt anstarrte. Es war schon das dritte Mal heute, dass sie sie aus ihren Gedanken reißen musste.

»Hm?«

»Ob dir der 6. März passt. Hast du da Urlaub?«

Sie zuckte mit den Schultern. Sollten sie doch planen, was sie wollten. Sie brauchten meinen Geburtstag nicht zu feiern. Nicht diesen und keine weiteren.

»Ein bisschen mehr Begeisterung, bitte!« Hannah schlug auffordernd auf den Tisch. »Als ich dreißig wurde, gab es die Party meines Lebens!«

»Kein Zweifel«, murmelte Maria. Jeder von Hannahs Geburtstagen war die Party ihres Lebens. »Ich habe einfach keine Lust, zu feiern.«

»Och, wird da jemand sentimental?« Hannah übte sich in ihrer besten Mutti-Stimme. »Dreißig ist nicht das Ende der Welt, Süße.«

»Im Gegensatz zu euch Omis bleibe ich noch jahrelang knackig.« Sie trennten immerhin vierzehn Jahre. »Vielleicht solltet ihr lieber sentimental werden.« Wider Willen musste sie grinsen, als sie Claudias empörte Miene sah.

Maria dachte kurz daran, was Claudia vor zwei Jahren hatte durchmachen müssen. Die Trennung von Ken, die Liaison mit Lutz, Kens zweite Chance und die herben Enttäuschungen hatten Spuren an ihr hinterlassen, aber seit ein paar Wochen schien sie das alles sehr gut verkraftet zu haben.

»Ist doch super! Du kannst uns dann später im Altenheim neue Puzzles bringen und mir die Nummer von dem süßen Pfleger besorgen.« Hannah suchte nach ihrem Lieblingskellner, während sie sprach. Sie entdeckte ihn, nickte und hielt drei Finger in die Luft.

»Ihr habt doch nichts gegen eine weitere Runde?«, fragte sie. Als ob sie das wirklich interessieren würde.

Schade, dass Karin es heute nicht geschafft hatte. Aber seit die Kleine auf der Welt war, hatte sie kaum noch Zeit. Sechs Kinder. Sechs! Und Maria durfte nicht mal ein einziges haben.

Genug! Sie sollte wirklich aufhören, sich immer in diese Laune hineinzusteigern. Die Diagnose stand fest und sie konnte daran nichts ändern. Sie und Christian würden nie eigene Kinder haben.

»Wen willst du denn alles einladen?« Claudia tippte auf ihrem Handy herum, grinste breit und steckte es wieder ein. Das war schon das dritte Mal heute.

Auch Hannah war es aufgefallen. »Sag mal, wem schreibst du da eigentlich?«

Claudia schoss Blut in die Wangen. »Niemandem.« Sie bemühte sich, nicht zu grinsen. »Maria, wer soll denn nun kommen?«

Es war ihr so was von egal, wer zu ihrem Geburtstag kam. Sie interessierte viel mehr, wer Claudia wieder zum Lachen brachte. Sie wirkte viel aufgekratzter als sonst.

»Sag schon: Wem schreibst du?«, war Marias Antwort.

Claudia überlegte offenbar, ob sie sich trauen sollte, ihnen die Wahrheit zu sagen. Gerade wenn Hannah dabei war, musste man gut auf seine Worte achten. Maria kannte sie nun schon viele Jahre und hatte alle Facetten ihrer scharfen Zunge kennengelernt.

»Keine Chance! Wir planen jetzt Marias Abschiedsparty von der Jugendlichkeit und nicht mein Handyverhalten.« Claudias spitzbübisches Grinsen, das sich nicht mehr verheimlichen ließ, verriet mehr, als sie wollte. Es musste ein Mann im Spiel sein. Hannah und Maria bedrängten sie, ihnen alles zu erzählen, aber Claudia blieb stumm. Über Marias Kopf hinweg planten die beiden nun den Geburtstag.

 

Gemeinsam fuhren Maria und Hannah zwei Stunden später im Taxi. Hannahs Wohnung lag nur etwa fünfzehn Gehminuten von ihrer entfernt. Beide waren merklich angetrunken. Sie hielten vor Marias Auffahrt und stiegen aus.

»Mal ehrlich, Maria ... du brauchst keine Kinder. Sei froh, dass du einen Mann hast, der dich liebt.«

Sie legte ihren Arm um sie und ihren Kopf auf ihre Schulter. »Nein, wirklich, Maria ... andere müssen alles alleine schaffen.«

»Bist du sicher, dass du alleine nach Hause laufen willst? Das Taxi könnte dich auch fahren.«

Hannah hob den Kopf und grinste sie breit an. »Ich suche mir einfach jemanden, der mich begleitet.« Sie lachte über ihre eigene Aussage, schnallte sich ab und umarmte Maria. »Nein, ehrlich ... ich brauche frische Luft ... Weissu eigentlich ... dass ich dich richtig lieb hab?« Sie musste sich an der Kopfstütze des Fahrers festhalten.

»Ach, du Süße. Ich dich auch.«

Hannah drückte mich erneut. Sie stiegen aus und Hannah wankte sofort davon.

»Schlaf gut nachher und schick mir eine SMS, wenn du zu Hause angekommen bist!«

Sie salutierte. »Yes, Ma’am!«

Die kalte Februarnacht hatte sie schnell verschluckt. Wenn sie sich in zwanzig Minuten nicht meldete, würde Maria sie anrufen.

Maria schloss die Haustür auf, legte ihren Mantel ab und ging ins Wohnzimmer. Ihr Mann war auf der Couch. Benny, der schwarze Pudel, lag zusammengerollt neben seinen Füßen, während seine große Liebe Coco (liebevoll »Flöckchen« gerufen) es sich auf Christians Bauch gemütlich gemacht hatte. Als sie einen Fuß ins Wohnzimmer gesetzt hatte, hoben die Hunde synchron ihren Kopf, sprangen auf und rannten auf sie zu. Coco hüpfte an ihrem Bein hoch, während Benny so sehr mit dem Schwanz wedelte, dass es aussah, als würde er bald abheben.

»Na, meine Schnuffis, habt ihr das Herrchen wachgehalten?«

»Im Gegenteil! Das sind vielleicht zwei Schlafmützen.« Christian richtete sich auf. »War es schön?«

»Sie wollen eine Party schmeißen.« Maria zog eine Schnute, streifte ihre Schuhe von den Füßen und krabbelte zu ihm auf die Couch. Die Hunde sprangen dazu.

»Ist doch klasse!«

»Nicht.«

»Ein Mal im Leben darfst du dich ruhig deinem Alter entsprechend benehmen.«

Sie kuschelte sich als Antwort noch näher an Christian, sog seinen männlichen Duft ein und ignorierte die Spitze. Einige Minuten lagen sie so ineinander verschlungen, Maria lauschte seinem Herzschlag und ließ die Gedanken schweifen. Seit ihrer Diagnose vor zwei Jahren hatten sie den Versuch aufgegeben, ein Baby zu zeugen, aber der Gedanke ließ sie niemals los. Er kreiste in ihr wie ein Geier über einem Stück Aas, stets bereit, zuzuschlagen, wenn die Luft rein war. Es war zermürbend. Sie war definitiv unfruchtbar, das hatten ihr nun bereits drei Ärzte bestätigt. Christians Idee, einen zweiten Hund zu kaufen, war süß gemeint, aber so sehr sie Coco auch liebte: Sie konnte die Leere in ihr nicht füllen. Und wenn sie noch so exzessiv ihre Hand ableckte.

»Lass das, Coco.« Sie schob sie sanft zur Seite. Beleidigt kuschelte Coco sich an Benny.

Christian kraulte mit geschlossenen Augen Marias Lockenkopf. Anfangs genoss sie es, aber dann glitt seine Hand ihren Nacken entlang und suchte sich ihren Weg unter ihr T-Shirt.

»Schatz, nicht ...«

Er zog seine Hand zurück. Es tat ihr leid, ihn seit Monaten wieder und wieder abzuweisen, aber sie war nicht mehr in der Stimmung, mit ihm zu schlafen. Was für einen Sinn hatte es überhaupt, wenn man ohnehin nie Kinder haben würde?

»Schatz ...«, mahnte sie erneut, als er wieder Anstalten machte.

Er drehte sich etwas, sodass er sich über sie beugen konnte. Maria rutschte von ihm herunter und sah in seine traurigen Augen.

»Ich will nicht betteln müssen.«

»Und ich will nicht überredet werden«, antwortete sie eine Spur zu bissig.

»Manchmal wünsche ich mir unsere Studienzeit zurück«, hauchte er. »Du und ich ... an unserer Bushaltestelle.«

Sie erinnerte sich nur allzu gut an die Zeit, als sie noch nicht zusammengewohnt hatten. Zwar hatte er ab und zu bei ihr übernachtet, aber er wohnte zu dem Zeitpunkt noch bei seinen Eltern und war in der Woche häufig nach Hause gefahren. Nicht selten hatte er den ersten oder zweiten Bus weiterfahren lassen, weil sie sich nicht hatten trennen können. Es war diese unbeschwerte, unproblematische Zeit gewesen, in der sie einfach nur

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Schmetterlingsfabrik.at
Tag der Veröffentlichung: 26.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9692-5

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle Mädels da draußen, die sich von den Stürmen des Lebens nicht unterkriegen lassen wollen!

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