Gedanken, die mir so kommen
Das Geschenk
Strom, warum machst du das?
Panik im Weihnachtsdorf
Die rettende Idee
Die Moral von der Geschichte
Liebe Geschichtenleser!
Wie so viele Geschichten und Märchen beginnt auch diese mit … ‚Es war einmal‘ oder ‚Es begab sich‘.
Aber wie, wo, was? Ich sitze hier und raufe mir die Haare. Verdammt! Quarantäne, das ist ein Thema, was komplizierter nicht sein kann. Dazu noch eine Weihnachtsgeschichte. Wo soll das spielen? Wie stelle ich die Figuren dort hinein? Was machen die Figuren da? Verdammt noch mal! Ich brauche auch dringend noch eine Wichtelgeschichte, habe aber gar keine Zeit, noch zwei Geschichten zu schreiben. Also muss ich beides verbinden. Die Themen passen aber so gar nicht zusammen. Oder vielleicht doch? ...
Es ist gar nicht so einfach, über ein Thema zu schreiben, von dem man keine Ahnung hat. Das man vorgelegt bekommt mit der Bitte … „Hey du da an der Tastatur! Hier hast du einige Begriffe, schreibe eine Geschichte über das Thema Quarantäne und eine Weihnachtsgeschichte. Dort sollten die Begriffe "Katzenfutter", "Stromrechnung" und "Bankräuber" vorkommen. Nun sieh mal zu, dass dir etwas dazu einfällt. Mach da mal eine Geschicht.“ Ich lache mich gerade krumm. Ideen kommen mir immer. Nur taugen sie etwas? Aber wie es nun mal so ist, reizt einen gerade das, was man noch nie gemacht hat. Also, ich werde es einmal versuchen. Werde mich auf ein Terrain wagen, was ich noch nie betreten habe. Lest selber, was daraus wird …
Viel Spaß beim Lesen, Eure schmunzelnde Katja Neumann
… Es begab sich vor vielen Jahren, der Weihnachtsmann war noch ganz jung, war frisch verliebt und glücklich, wie noch nie in seinem Leben. Wie es leider so oft war, wenn man glücklich war, wenn man vor Glück im Himmel schwebt, passiert etwas Schlimmes. Man vergaß jede Vorsicht. Ihr müsst wissen, auch ein Weihnachtsmann war nicht fehlerfrei. Dieser Fehler führte fast dazu, dass das Weihnachtsfest in jenem Jahr ausfiel. Hört genau zu, damit euch solche Fehler nicht selber passieren. Dies war eine verdammt ernste Angelegenheit, auch wenn ihr vielleicht darüber lacht. Santa, wie der Weihnachtsmann im Weihnachtsdorf von allen liebevoll genannt wurde, bekam immer noch Gänsehaut, wenn er daran dachte. Noch heute erinnerte sich Santa an das Weihnachtsfest vor 432 Jahren, als wenn es gestern gewesen wäre. Nach wie vor packt ihn das blanke Entsetzen, wenn er daran dachte, was damals geschah. Ganz automatisch fuhr er sich mit der Hand durch den Bart …
An jenem Tag kam Ruprecht, sein Gesell und Helfer, mit einem Päckchen zu ihm. „Schau mal Santa, was ich hier habe. Das kam heute früh, mit dem Weihnachtswünschesonderpostboten.“ Verwundert sah Santa seinen guten Freund Ruprecht an, starrte auf das Paket. Dass eindeutig seine Anschrift trug. „Wie? Ich bekomme ein Paket? Ich bin es doch, der Geschenke verteilt und nicht anders herum.“
Völlig irritiert, völlig sprachlos, starrte Santa auf jenes Paket, welches so viel Unheil brachte.
„Mach es auf“, sprach Ruprecht. Aufgeregt und neugierig tippelte er auf der Stelle. Wer mochte dem Weihnachtsmann ein Päckchen schicken? Vor allem, was mag da wohl drin sein?
Santa zögerte immer noch, es zu öffnen.
„Komm Santa mach auf, ich bin ja so neugierig“, forderte Ruprecht mit lachender Stimme, ganz ungeduldig.
In diesem Moment öffnete sich die Tür. Gleich darauf betrat Santa`s Freundin Mary Christmas den Raum, erfreut, ihn zu sehen, da sie den Weihnachtsmann gesucht hatte. Überrascht sah sie das Paket, welches er in seinen Händen hielt. „Oh Santa, wie lieb von dir, du hast ein Geschenk für mich?“, flötete sie erfreut, auch etwas aufgeregt. Santa zuckte mit den Schultern.
Was für ihn bestimmt war, wollte er mit seinem Schatz teilen, dachte Santa sich. Vor allem wusste er, wie sehr es Mary freute, Pakete aufzupacken. Santa machte Anderen immer gern eine Freude. Wie ihr alle wisst, ist das auch heute noch so. Nichts Schlimmes ahnend, übergab er seiner Freundin das Paket.
„Mary, das Paket, es ist nicht von mir. Es kam heute in der Früh, mit der Weihnachtswünschesonderpost. Aber wenn es mir gehört, soll es auch dir gehören.“ Er lächelte dabei liebevoll seine Mary Christmas an und reichte ihr das Päckchen.
„Mary öffne du es bitte“, bat Santa seine Freundin, nicht ahnend, dass dabei nichts Gutes herauskommen würde.
Vorsichtig löste Mary Christmas das Band, das fest um das Paket gewickelt war, zerschnitt mit einem Messer vorsichtig den vernähten Stoff, der den Karton zusätzlich sicherte. Alle Drei, Santa Ruprecht und Mary, wollten wissen, von wem das Paket war, vor allem was darin wohl verborgen sei. Sie waren so neugierig, dass sie gar nicht über eine Gefahr nachdachten. Warum auch? Wer sollte dem Weihnachtsmann auch etwas Böses wollen? Damit konnte doch keiner rechnen. Der Weihnachtsmann war doch stets nett zu allen Menschen. Keiner kam auf die Idee, dass hier eine Gefahr lauerte. Damit nahm das Unglück seinen Lauf, vier Wochen vor Weihnachten. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie schlimm dies war, was das für eine Katastrophe bedeutete.
Kaum dass Mary Christmas das letzte Stück Stoff vom Paket löste, öffnete sich das Paket von ganz alleine, wie von Zauberhand. Als eine schwarze dunkle Wolke aus dem Paket aufstieg, gaben Santa und seine Freunde einen Entsetzensschrei von sich. Schwarzer, atemraubender, dichter, Unheil bringender Dampf verbreitete sich im Büro des Weihnachtsmannes. Geistesgegenwärtig löste Ruprecht noch den Alarm aus. Schon lagen alle in einer tiefen Ohnmacht. Der böse, Unheil bringende Zauber hatte sie voll erwischt.
Fern ab von dem Geschehen, hoch oben auf dem Gipfel des Galgenberges, sah die Hexe Strom in ihre Kristallkugel. So schön, wie sie von Gestalt her war, so kalt war ihr Herz. Feuerrotes, bis zur Taille reichendes, in Locken fallendes Haar schmückte ihren Kopf. Sie hatte ein ebenmäßiges, oval geschnittenes Gesicht, mit klaren, türkisfarbenen, mandelförmigen Augen, die sie mit Kohlestift schwarz umrandete. Hoch gewachsen war sie von der Statur, makellose, bronzefarbene, war ihre weiche Haut. Außerdem trug sie stets schwarze, seidenglänzende, elegante Kleider und Roben, schwarze Handschuhe, auch einen spitzen Hut, alles akkurat geschnitten, sauber, von edelstem Stoff. Stets auch einen schwarzen Schal, der die Warzen, an ihrem Hals, bedeckte. Sie sah so überhaupt nicht wie eine Hexe aus. Diese stellt man sich ja immer mit Buckel und einer Warze auf der Nase vor. Nein, Strom verkörperte Schönheit pur. Auch mochte sie, im Gegensatz zu anderen Hexen, keine Katzen. Die fraßen schließlich lieber Mäuse als Katzenfutter. Das ging ja überhaupt nicht. Diesen kleinen niedlichen Mäuschen könnte Strom niemals ein Leid antun. Und schon gar nicht würde sie Mäuse an eine Katze verfüttern. Ihre Gedanken kehrten zu Santa zurück. Sie wollte ihre Rache. Niemand hatte das Recht, ihr, Strom vom Galgenberg, etwas abzuschlagen. Einer von ihrer ausgesprochenen Bitte nicht nachzukommen. So wie dieser Frechling, Santa Claus, es tat. Kopfschüttelnd gedachte sie ihrer letzten Begegnung, mit diesem … diesem …
Ach, ihr fiel kein passender Name für diesen Frechling ein.
Vor nun mehr fast 99 Jahren traf sie das erste Mal, am Fuße des Galgenberges, auf Santa Claus - den Weihnachtsmann. Oh je, wie hatte sie sich doch Hals über Kopf in ihn verliebt, sofort als sie Santa sah. Sie hätte ihn auf Händen getragen, alles für ihn getan. Deshalb lud sie ihn zu sich auf die Burg ein, wollte ihn nur für sich. Santa war auf dem Weg zur Burg, um allen Bewohnern dort Geschenke zu bringen. Ruhte sich nur in der Mitte des Galgenberges einen Moment aus.
Ihr müsst wissen, der Galgenberg war ein Fels mitten in einem weitläufigen Tal. Es hatte den Eindruck, als stellte ein Riese einen spitzen Stein in die Mitten des Tales. Ganz oben auf diesem Felsen thronte eine dunkle düstere Burg, mit den Namen Geiselburg. Schwarz und unheimlich wirkte sie, mit ihren 13 Türmen, die noch spitzer als der Fels in den Himmel ragten. Die kleinen, schmalen und vergitterten Fenster, wirkten auch nicht besonders einladend. Zum Schloss hoch führte eine schmale Serpentine, nicht breite als ein Mann, die kahl und unfreundlich, steil nach oben führte. Mühsam und anstrengend war der Weg, hoch in die Burg. Mit dem Schlitten müsst ihr wissen, konnte er nicht zum Galgenberg fliegen, da Strom einen Antiflugzauber um den gesamten Berg gelegt hatte. Also musste Santa jedes Jahr die Geschenke zu Fuß hoch auf die Burg bringen. Das war anstrengend.
Da auf der Burg viele Leute lebten, hatte Santa einen riesigen Sack voller Geschenke dabei. Die Wichtel, die ihm sonst immer halfen, konnte er in jenem Jahr nicht mitnehmen, da sie alle krank zu Hause lagen. Es war halt nicht sein Jahr. In der Hälfte des Aufstieges befand sich ein Überhang, so als wenn durch einen Zauber ein Stück aus dem Felsen herausgesprengt wurde. So hatte man ein geschütztes Flecken, auf dem man sich ausruhen konnte. Von dieser Stelle aus reichte der Blick weit über das Tal. Hier genoss man eine wunderschöne Aussicht. Man sah Weingärten, Felder, auch Wiesen, auf denen sich Schafe, Pferde, aber auch Kühe tummelten.
Oft flogen hier auch die Adler ihre Runde, über der Bank unterhalb der Burg, befand sich deren Horst. So kreisten sie majestätisch um den Berg. Von dieser Bank aus konnte jeder die Adler beobachten, ohne deren Kreise zu stören. Es war ein schönes Flecken Erde. Deshalb stand hier auch eine Bank, die von Steinhauern in den Fels gemeißelt wurde. Eine breite Sitzfläche, auf der Sitzfläche bequem zwei Personen, Platz nehmen konnten. An dessen beiden Seiten, sich zwei, wie Schlangen geformte Armlehnen befanden. Die Rückenlehne wurde von einem, in Stein gehauen großen Ahornblatt, gebildet. Die Füße der Bank waren Tatzen, wie von einer Katze. Eine eigenartige Bank war dies, fast sah sie aus, wie ein Thron. Der Aufstieg war schwer, deshalb ruhte er sich stets an dieser Stelle aus.
Genau an dieser Stelle, begegneten sich Santa und die Hexe das erste Mal. Strom traf Santa, nämlich genau am 24. Dezember, in der Mitte des Galgenberges auf ihrer Lieblingsbank. Der Weihnachtsmann blickte tief in seinen Gedanken versunken um, den schönen Ausblick genießend, achtete gar nicht auf seine Umgebung. Saß mitten auf der Bank. Strom wollte sich kurz setzen, sich etwas ausruhen. Dieser Bankräuber, der nun auch noch ihr Herz gestohlen hatte, stand nicht einmal auf. Nein dieser Bankräuber blieb einfach sitzen. Es machte ihm nichts aus, dass sie Strom vom Galgenberg vor ihm stand. Keinen Anstand hatte er.
Doch er sah so süß aus mit seinem Rauschebart, mit den roten Backen und diesem einnehmenden Lächeln, diesem schönen, runden, dicken Bauch, an den man sich legen und an dem man so herrlich hätte träumen können. Vor allem, ihr hättet sie mal hören müssen, seine warme dunkle Stimme. Santa hatte alles, was sie sich von einem Mann wünschte.
Aber dieser … dieser … ach sie fand keinen passenden Namen für ihn.
Dieser Frechling lehnte sogar ihre Einladung zum Tee ab. Er sagte einfach, NEIN. Könnt ihr euch das vorstellen? Stroms Herz schlug vor Wut wieder bis zum Hals.
‚Wie konnte er sich das wagen?‘, fragte sie sich nach so langer Zeit immer noch.
Santa Claus war im Dienst, er hatte gar keine Zeit, auf einen Tee zu Strom auf die Burg zu kommen. Aber Strom war zu Tode gekränkt. Noch niemals wagte ihr jemand eine Bitte, gar eine Einladung ausgeschlagen.
Wütend ließ sie den Weihnachtsmann stehen, lief nach oben in ihre Burg. Strom eilte weiter die Serpentine hinauf, in Richtung Burg, kam ein großes schwarzes Tor, das bedrohlich wirkte, so schwarz, wie es war. An dem sich, zwei aus Blei gegossene Totenköpfe, als Türklopfer befanden.
Stürmisch klopfte sie ans Tor. Kaum das sich das Tor einen Spalt öffnete, quetschte sie sich hindurch. Stieß die, sich ihr entgegenstellende Wache einfach um, lief quer über den großen dunklen Hof. Hinüber zu der Steintreppe, die hineinführten in die Halle. Stürmte die Treppe hoch, in ihren Gemächer, schloss sich dort tagelang ein. Strom war für keine Erklärung mehr offen, seit diesem Tag, wünschte sie dem Weihnachtsmann alles Schlechte dieser Welt. Nichts, aber auch rein gar nichts konnte sie vom Gegenteil überzeugen.
Selbst die lieb gemeinten, erklärenden Worte, dass der Weihnachtsmann sich bei aller Gutmütigkeit, einfach am 24. Dezember keine Zeit nehmen konnte - mit denen ihr Berater immer wieder versuchte, die Wellen des Hasses zu glätten - fanden keinen Zugang zu Strom. Sie war für kein Argument offen, so wütend war sie wegen der Absage.
Keiner in der Hexenburg konnte dies verstehen. Doch jeder bemitleidete den Weihnachtsmann, seit nun mehr 99 Jahren versuchten alle in der Burg, den Weihnachtsmann zu schützen. Ihr müsst wissen, jeder hier auf der Burg, freute sich über die Geschenke, die der Weihnachtsmann brachte. Ihnen allen war bewusst, ob Stallbursche, Magd, Koch oder Wache, wenn Strom ihr Ziel erreichte, würden sie nie wieder Geschenke bekommen.
In jenem Jahr hatte Strom, niemanden etwas von ihrem Vorhaben verraten. Ganz heimlich bereitete sie alles alleine vor. Dieses Jahr hatte Strom alles Selbst geplant, sodass den Weihnachtsmann niemand warnen konnte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Endlich war es geschafft! Endlich würde sie ihre Rache bekommen. Für immer würde das Weihnachtsfest zerstört, damit würde auch Santa gezwungen, von seinem hohen Ross herunterkommen. Stroms Wut war unendlich groß, auf alles, was mit dem Weihnachtsmann zusammenhing. Niemals würde sie Ruhe finden, bis dies alles zerstört war.
Deshalb rief sie einen uralten Zauber ins Leben zurück, den ihre Großmutter entwickelte. Er würde denjenigen erfassen, der das Paket öffnete. Jeder würde von dem Zauber befallen, der den Paketöffner berührte. Es würde wie eine Seuche sein. Keiner könnte diesen Zauber brechen. Einzig und alleine die Liebe eines Menschen könnte zur Heilung von dieser schlimmen Krankheit führen.
Kurz nachdem Mary Christmas das Weihnachtswunschbüro betrat, gab es unerwarteterweise Alarm im Weihnachtsdorf. Noch nie, solange sich die Wichtel zurückerinnern konnten, hatte es das gegeben. Noch nie wurde Alarm ausgelöst. Man machte zwar regelmäßig Alarmübungen. Doch diese wurden nur durchgeführt - so dachten die Wichtel immer - um etwas Abwechslung in das eintönige Leben im Weihnachtsdorf zu bringen. Nie rechnete jemand damit, dass es jemals einen wirklichen Eindringlingsalarm geben würde. Noch immer funktionierten die Abwehrzauber hervorragend. Noch niemals bestand für das Weihnachtsdorf und damit für den Weihnachtsmann eine Gefahr.
Die Wichtel freuten sich immer über den Alarm, es entstand ein richtiger Wettkampf um den ersten Platz. Wer am schnellsten auf dem Posten war, bekam immer eine große Brezel von Mary Christmas - die seit fast 70 Jahren im Weihnachtsdorf zu Hause war. Sobald der Alarm ausgelöst wurde, liefen alle Wichtel auf ihren zugewiesenen Platz. Doch diesmal kam kein Weihnachtsmann, um ihnen ein Lob auszusprechen wegen ihres schnellen Reagierens. Auch Ruprecht kam nicht, von Mary Christmas, der Freundin des Weihnachtsmannes, gab es keinerlei Spuren. Verständnislos sahen sich die Wichtel an.
„Es wird …“, flüsterte Broker, der diensthabende Hauptmann der Wachtmannschaft. „ … es wird doch kein Ernstfall sein?“, ängstlich und nervös sah er sich um. Straffte jedoch sofort seinen Rücken, nahm die Schultern zurück. Kurz ging er die Dienstvorschrift für den Ernstfall durch. Dort hieß es wortwörtlich: „Wenn bei einem Alarm kein Verantwortlicher erscheint, ist dies ein als Notfall einzustufendes Ereignis.
Erstens Alle strategisch wichtigen Punkte im Weihnachtsdorf besetzen. Zusätzliche Wichtel zur Sicherung, eben dieser Punkte abstellen.
Zweitens Sofort den Weihnachtsmann in Sicherheit bringen. Dazu die Sicherheitstruppe, die Santa-Claus-Bodyguards, vom Vorhandensein einer Gefahr informieren. Diese übernimmt dann die Leitung.“
Broker sagte sich die Regel leise vor und leitete alle nötigen Schritte ein, um dieses Szenario auszuführen, in dem er seinen Untergebenen Befehle zurief. Nach nicht einmal drei Minuten rückten die Santa-Claus-Bodyguards an, bewaffnet bis unter die Zähne. Sie waren alles Wichtel mit Spezialausbildung, in schwarze, eng anliegende Kampfanzüge gehüllt. Bewaffnet waren diese mit Zauberstäben, Ersthelferkästen sowie Flammenwerfern, Bogen und Schleudern. Borker, in grüner Hose und holunderfarbenem Hemd war ein kleiner zierlicher Wichtel und daher sehr froh, an diese gut ausgebildete Elitewichteleinheit übergeben zu können. Capitano Filippo, ein muskelbepackter, gut durchtrainierter Wichtel mit ernstem Gesicht, übernahm dankend die Einsatzleitung - für diese Übung, wie er immer noch annahm. Er ging zusammen mit Broker, geschützt - von den zwei Zauberwichteln Gofgar und Lutson - in Richtung des Weihnachtswunschbüros.
Als die Anderen das Büro betreten wollten, blieben sie erschrocken an der Tür stehen. Broker war zu Tode erschüttert, gab einen erstickenden Schrei von sich, schlug sich die Hand vor dem Mund. Gofgar und Lutson fingen an zu fluchen und der Capitano war erst einmal sprachlos über das, was er hier erblickte. Kopfschüttelnd stand Filippo da, rieb sich nervös das Kinn. Er konnte nicht fassen, was er hier erblickte. Als Broker den Raum betreten wollte, hielt ihn der Chef der Sicherheitstruppe im letzten Moment zurück.
„Nein!“, sprach er in einem befehlenden Ton.
„Keiner betritt diesen Raum, bevor ich dies erlaube.“
Broker blickte erschrocken zu Filippo hinüber.
„Aber …“
Weiter ließ ihn Capitano Broker nicht reden, unterbrach ihn einfach. „Keiner weiß, was dies hier ausgelöst hat. Wir müssen das Seuchenkommando informieren. Es hilft alles nichts. Santa lebt, auch Mary und Ruprecht. Seht hin! Ihre Brust hebt und senkt sich. Es besteht keine direkte Gefahr für das Leben der Drei. Also bleibt besonnen. Ihr wisst nicht, mit was wir es hier zu tun haben.“
Ernst sah er seine drei Begleiter an.
„Lutson, du informierst den Heiler. Gofgar, du das Seuchenkommando. Broker, du holst mir Caspar, Dorle, Slupo und Krale, die sollen hier weitläufig absperren, mit je einer Gruppe von zehn Wichteln. Macht hin, es ist keine Zeit zu verlieren“, befahl Filippo im ernsten eindringlichen Ton.
Schon liefen die Angesprochenen in verschiedene Richtungen davon. Ihr müsst wissen, dass das Weihnachtswunschbüro genau im Zentrum des Weihnachtsdorfes lag. Keine zwei Minuten später trafen der Heiler, das Seuchenkommando und die Sicherheitstruppe ein. Die Wichtel waren gut organisiert und vor allem waren sie sehr diszipliniert, sodass sie sehr schnell reagieren konnten. Filippo sah den Heiler Miro besorgt an. Dieser inspizierte durch die geöffnete Tür das Weihnachtswunschbüro, wackelte mit dem Kopf.
„Sudo, was meint ihr? Mit Handschuhen und Mundschutz dürfte uns doch nicht sehr viel passieren. Ich müsste die Opfer dringend untersuchen. Ohne diese Untersuchung kann ich nicht sagen, was hier genau geschehen ist.“
Der Angesprochene war der Leiter des Seuchenkommandos.
„Miro, ich denke, das können wir riskieren. Es scheint ja nichts Lebensbedrohliches zu sein. Mich wundert nur, dass die Santa und seine Freunde ohne Bewusstsein sind. Es wäre deshalb wirklich ratsam, sie genauestens zu untersuchen.“ Heiler Miro nickte. „Dann gebt mir mal einen Mundschutz und ein paar Handschuhe.“
Doch Sudo schüttelte den Kopf, gab leise Befehle an einen Mitarbeiter seines Kommandos. Eine Minute später kam dieser zurück, lief auf Sudo zu. „Bitte.“
Schon bekam Sudo zwei Anzüge, Masken und Handschuhe, in die Hand gedrückt.
„Miro und auch du Lutson, zieht beide vorsichtshalber diese Sachen an, so sind wir auf der sicheren Seite“, befahl Sudo, der Leiter des Seuchenkommandos.
Miro und Lutson zogen sich je einen orangenen durchgehenden Anzug an, der bis obenhin geschlossen war, mit einer Kapuze, die fest am Gesicht anlag, dazu Handschuhe und eine Maske - die das ganze Gesicht abdeckte, sodass nirgends Haut herausschaute. Nach dem sie fertig angezogen waren, nahm Miro seinen Erste-Hilfe Koffer auf, betrat nach Lutson den Raum.
„Sie bleiben immer hinter mir, Miro“, befahl dieser ernst.
Vorsichtig näherten sie sich den am Boden liegenden Personen. Doch außer Miro, Lutson und den drei Ohnmächtigen, war niemand im Raum - also entspannten sich beide. Der Heiler kniete sich neben Mary nieder, da diese ihm am nächsten lag. Zügig untersuchte er die Ohnmächtige nachdem er die losen Haare zur Seite gewischte. Doch sie war gesund. Lag nur in einem, so schien es, tiefen Schlaf. Weiter ging er zu Ruprecht. Auch dieser schien soweit gesund. Dann weiter zu Santa, der auch nur tief und fest schlief. Traurig sahen sich Miro und Lutson an.
„Was wird nun aus Weihnachten?“, fragte Lutson den Heiler verzweifelt. „Warte ab, noch ist nicht Heilig Abend. Wir haben noch ganze 4 Wochen. Uns wird schon etwas einfallen.“
Miro drehte sich zu Sudo um.
„Können wir es uns leisten, die Kranken ins Weihnachtshospital zu bringen? Oder ist die Gefahr einer Seuchenverbreitung zu groß?“
Sudo schüttelte den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass es sich um eine Tröpfcheninfektion - also durch die Luft übertragbare Seuche handelt - wenn dann nur durch Schmierinfektion, also unmittelbaren Hautkontakt. Wäre sie über die Luft übertragbar, lägen wir auch schon auf dem Boden. Hier muss ein Magier her, dieses Paket dort auf den Boden aufs Genaueste untersuchen. Wieso ist dies nicht durch die Kontrolle gegangen?“
Fragend sah er Filippo an, der hier der Sicherheitschef war.
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich sehe das Paket das erste Mal.“
Sudo winkte ab. Das hatte Zeit, das konnte man später klären. Erst einmal mussten Santa, Mary und Ruprecht ins Weihnachtshospital gebracht werden, da man sie dort gründlicher untersuchen konnte. Schnell legte man die Drei auf eine Trage, transportierte sie vorsichtig hinüber ins Hospital. Dort legte man die Drei in die Intensivbetten. Miro untersuchte alle noch einmal genau. Stellte aber fest, dass keiner von den Dreien ernsthaft verletzt war. Wenn man von dieser einen, schrecklichen Sache absah. Nach über drei Stunden bangen Wartens, wurde als Erstes Ruprecht munter. Kurze Zeit später erwachte auch Mary, nur Santa war noch nicht ansprechbar. Doch nach sechs Stunden war auch Santa wieder zu sich gekommen. Alle, wirklich alle, atmen erleichtert auf.
Ihr könnt euch den Schrecken der Drei nicht vorstellen, als sie sich ansahen. Mary fing an zu weinen. Ruprecht bekam fast einen Panikanfall, als er sich über seinen Bart streichen wollte. Er war weg, einfach weg. Dann wollte er sich seine Haare raufen, die waren auch alle weg. Nirgends, an seinem sonst so behaarten Körper, war mehr ein Haar. Er sah nach rechts, hinüber zu Mary, das Gleiche. Diese lag kahl um den Kopf in ihrem Bett. Als er nach links zu Santa schaute, bleibt ihm das Herz fast stehen. Das lange, weiße Haar, der wunderschöne Rauschebart, alles weg. Wie nackt lagen alle drei hier. Konnten nicht fassen, was ihnen geschah. Heiler Miro hatte inzwischen die Quarantäne um das Weihnachtshospital herum ausgerufen. Um zu verhindern, dass noch mehr Leute ihre Haare verloren. Selbst er, Lutson und ebenfalls die Sanitäter, hatten in den letzten Stunden alle ihre Haare verloren, liefen genau wie Santa, Ruprecht und Mary völlig ohne ein einziges Haar herum. Nach genausten Untersuchungen durch die zuständigen Magier der Seuchenkommission stellte man fest, dass ein uralter böser Zauber auf Santa und seine Freunde gelegt wurde, der jeden erfasste, der einen der Drei berührt. Und dass nur jemand der Santa ganz sehr liebt, diesen Zauber brechen würde.
Fast drei Wochen waren danach ins Land gegangen. Santa saß traurig, kahlköpfig und ohne Bart am Fenster, schaute hinaus in das Schneegestöber. Eine einsame Träne lief über seine Wange. Dann sagte er leise zu seiner Mary, die auf seinem Schoss saß, ihn lieb tröstend in den Arm hielt.
„Nun fällt Weihnachten aus. Das allererste Mal, dass dies passiert, doch kann ich es nicht verantworten, zu den Kindern zu fahren. Was wohl die vielen Kinder sagen werden? Mary, es wird dieses Jahr viele Tränen geben und noch mehr traurige Kinder.“
Da nahm Mary ihren Weihnachtsmann in den Arm, küsste ihn innig und schüttelte dann ihren Kopf. Vor wenigen Minuten erfuhr sie von dem einzigen Heilmittel gegen die Seuche - deshalb suchte sie Santa auf.
„Nein, Weihnachten wird nicht ausfallen. Das darf einfach nicht geschehen. Dazu lieben dich die Kinder viel zu sehr.", ganz lieb sah sie ihren Liebsten an, lächelte ihm aufmunternd zu. "Santa mein geliebter Weihnachtsmann, du weißt auch ich liebe dich von ganzem Herzen, möchte dir dies heute beweisen. Morgen ist zwar Weihnachten, aber wir haben heute noch Zeit. Deshalb frage ich dich jetzt. Möchtest du mich heiraten? Ich möchte dir viele kleine Wichtel schenken. Selbst wenn du jetzt keine Haare hast, sie dir nie wieder wachsen, wirst du zu den Kindern fahren. Schau mal, was ich dir knüpft habe.“
Damit hielt sie Santa einen Rauschebart und eine Perücke hin. Beides hatte sie in tagelanger Arbeit, aus schneeweißem Einhornhaar gefertigt.
„Wieso … wo … wie … wann … hast du das gemacht?“, stotterte Santa völlig aus dem Häuschen.
„Santa, beantworte mir erst meine Frage, dann erkläre ich dir alles“, forderte Mary Christmas von ihrem Liebsten. Dieser sah seine Freundin lächelnd an. „Aber ich kann auch dann nicht zu den Kindern. Alle würden ihr Haar verlieren. Das kann ich doch nicht verantworten!“
Fest drückte er Mary an sich, antwortete dann aber mit einem Lächeln. „Natürlich heirate ich dich. Egal ob mit oder ohne Haare. Ich liebe dich doch!“, erklärte er immer noch traurig seiner geliebten Mary.
Plötzlich, kaum dass er die Worte ausgesprochen hatte, erleuchtete ein goldenes Licht den Raum. Eine wohlige Wärme durchflutete die Körper der Verzauberten, ein wunderbares Glücksgefühl machte sich in ihnen breit. Miro, der gerade mit Lutson den Raum betrat, wurde ebenfalls von diesem Licht erfasst. Lange blieb dieses Licht um den Weihnachtsmann und seine Freunde. Diese fühlten sich auf einmal voller Tatendrang, voller Elan. Nach einer kurzen Untersuchung stellte der Heiler fest, dass alle von dem Fluch befreit wurden. Er erklärte allen, dass auch ihre Haar wieder wachsen würden. Dank Mary - die Santa über alles liebte - wurden alle von dem Fluch befreit. Keine zwei Stunden später heiratete Santa seine Mary. So lebten sie glücklich zusammen, bis zum heutigen Tag …
Es wurde ein kleines Fest gefeiert, groß feiern wollte man erst am 31. Dezember. Erst dann, wenn alle Kinder der Welt, ein neues Jahr einläuteten. Seitdem feiert man im Weihnachtsdorf nicht nur das Einläuten des neuen Jahres am 31. Dezember, sondern auch die Hochzeitstage von Santa und seiner Mary.
Egal, was man für Feinde hat, die Liebe wird immer siegen. Auch wenn ihr mir mit solchen Worten kommt, wie Stromrechnung, Bankräuber, Katzenfutter, stets kommt es auf die Sichtweise des Wortes, auf die Auslegung an. Wir werden die Worte immer so drehen, wie wir sie brauchen.
Santa, Mary und Ruprecht sind genesen. Die Rechnung von Strom ist nicht aufgegangen. Die Stromrechnung wurde ohne die Liebe gemacht, daher hat die Liebe gesiegt.
So wurde in jenem Jahr nicht nur Weihnachten gerettet, sondern auch die Perücke erfunden und der falsche Bart. Der Bart, der von den vielen fleißigen Weihnachtsmannhelfern in den Reha-Kliniken, den Schulen, Kaufhäusern, Krankenhäusern, Kinderheimen, Altenheimen in aller Welt mit Stolz getragen wird, von Menschen die stets so viel Liebe verschenken, an Menschen, die sie oft nicht kennen und danach nie wiedersehen. So hatten Stroms böse Absichten doch keine Aussicht auf Erfolg, hat sogar etwas Positives gebracht.
Tag der Veröffentlichung: 23.11.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle die gern Lesen und die Welt nicht so mit ernsten Augen sehen.