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Hallo ihr da, wo kommt ihr denn her? Euch habe ich noch gar nicht gesehen. Wer seid ihr denn? Habt ihr auch so eine Langeweile wie ich? Ich muss heute im Bett bleiben, weil ich Husten und Fieber habe und das finde ich gar nicht schön. Aber vielleicht können wir ja ein bisschen reden, dann haben wir keine Langeweile mehr.

Ich werde mich erst einmal vorstellen, ich heiße Lilly, aber meine Freunde nennen mich Pinky. Ich bin ein Mädchen, ich glaube das wisst ihr schon. Meine Freunde nennen mich so, weil ich immer gerne pinke Sachen trage. Im Kindergarten lachen mich die Jungs immer aus. Die sagen, Pink ist eine Babyfarbe. Aber das stimmt nicht, meine Oma trägt auch gern Pink und die ist schon uralt, schon über 50 Jahre. Sie sagt oft zu mir, sie ist in ihrer pinken Phase und wenn sie mal stirbt, dann will sie einen pinken Sarg. Da schimpfe ich immer mit ihr, denn die Mama macht das auch immer so. Sie sagt, solche Sachen spricht man nicht, das bringt Unglück.

Bei mir Zuhause, werde ich immer Kleene gerufen, da ich die kleinste von fünf Geschwistern bin.  Oft ärgere ich mich darüber, weil die anderen immer denken, dass ich nichts kann. Dabei bin ich schon ein großes Mädchen, und hab schon viel erlebt. Immerhin bin ich schon sechs Jahre alt und gehe nach dem Sommer in die Schule. Aber da will ich nicht hin, doch ich werde wohl müssen, haben mir alle erklärt, da kommt man nicht drum herum.

 Gestern war ich mit Mama beim Arzt, das war vielleicht ein Spaß.  Da war so ein komischer Mann, der war sowas von dumm, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Stellt euch mal vor, der wusste gar nichts.  Fragte der mich doch wirklich, wie viele Finger er an der Hand hat und nicht mal die Farben kannte der und rechnen konnte er auch nicht. Der hat so vieles nicht gewusst und mich so viele Sachen gefragt, die jeder Mensch weiß. Glaubt mir manchmal sind die Erwachsenen, schon ganz schön komisch und ausgerechnet der soll entscheiden, ob ich in die Schule muss oder nicht. Wahrscheinlich war der noch nie in einer Schule, sonst würde der nicht so komische Fragen stellen. Aber Mama hat mir erklärt, dass dies schon richtig ist, der darf solche Fragen stellen. Sonst kann er nicht entscheiden, ob ich in die Schule gehen  kann oder nicht. Na ja, ich verstehe es nicht, der kennt sich doch selber gar nicht aus. Soll aber festlegen, dass ich in die Schule gehen muss.

Ich habe dem Schularzt aber erklärt, so nannte er sich, dass ich nicht in die Schule gehen kann, dass ich einfach keine Zeit dazu habe. Er fragte mich wieso, jedes Kind hätte Zeit in die Schule zu gehen. Deshalb erklärte ich ihm, dass ich nicht gehen kann, wer kümmert sich dann um Goldmähne. Das geht ja mal gar nicht. Er fragte mich wer Goldmähne sei. Also wirklich jeder kennt doch Goldmähne. Wie ihr kennt Goldmähne auch nicht?

 Was, ihr wisst nicht, wer Goldmähne ist? Wirklich, jeder bei uns im Dorf kennt Goldmähne. Goldmähne ist ein Held, mein besonderer Held. Wieso kennt ihr ihn nicht? Wo seid ihr denn her?

Ach, ihr kommt bestimmt aus der Stadt und seid nur auf der Durchreise. Na gut, ihr scheint ihn ja wirklich nicht zu kennen, ich sehe es euren Augen an. Tja, dann muss ich es euch erzählen, wer er ist, also hört genau zu.

Vor zwei Winter, spielte ich mit meiner Schwester Tina und ihren Freunden Verstecken, die waren alle schon sieben Jahre alt und ich erst vier, draußen hinter dem Haus, auf der Alm. Ich lief ein Stücken in Richtung Wald, so wie ich es immer mache.

 Ihr müsst wissen, unser Dorf liegt am Hang des Tropfsteingebirges, weit ab von der nächsten großen Stadt. Auf der einen Seite ist das Dorf, auf der anderen Seite der Berg und um das Dorf herum sind lauter Wälder. Nur ein schmaler Pfad führt ins Dorf, der zwischen den  hohen Bergen, ins Tal führt und im Winter kommt es oft vor, dass wir völlig eingeschneit sind und dann wochenlang niemand zu uns kommen kann. Aber das ist nicht schlimm, sagen alle im Dorf, so haben wir wenigstens unsere Ruhe. Am Rande des Tals in dem unser Dorf liegt, gibt es viele Schluchten dort dürfen wir Kinder im Winter nicht hin und machen das auch nicht, weil man da in Spalten hineinfallen kann und dann fürchterlich erfriert.

 Bei dem Verstecken spielen an dem Tag, einen Tag vor meinem vierten Geburtstag, versteckte ich mich hinterm Haus am Rande des Waldes, so wie ich es immer machte. Doch auf einmal brach ein Schneesturm los, so ganz ohne Ankündigung, von jetzt auf gleich. Ich wusste nicht mehr, wo ich hinlaufen sollte, im Wald war es aber nicht gerade warm und der Wind heulte so sehr, dass mich niemand hörte. Ich wollte nach Hause zu meiner Mama und zu Tina und meinen Geschwistern. Doch konnte ich den Weg nicht mehr finden, bin einfach in die falsche Richtung gelaufen.

Es war so fürchterlich kalt und der Schnee war so dicht, dass ich nicht mehr sah, wo ich hinlief. Auf einmal gab einfach der Schnee unter mir nach und ich fiel tief in eine Spalte. Ach wie habe ich geweint. Es war dort so dunkel und so frostig. Ich lag in der Spalte, umgeben von lauter Eiswänden und weinte, rief laut um Hilfe, aber keiner hat mich gehört.

Unerwartet kam eine warme Schnauze und stupste mich an, ich war bestimmt über das Weinen eingeschlafen, denn ich hatte niemanden kommen gehört. Erst stupste mich etwas ganz vorsichtig an und dann mehr und heftiger. Es war so dunkel, da fing ich abermals an zu weinen, weil ich mich so fürchtete. Wisst ihr, ich hatte solche schlimme Angst und mir taten alle Knochen weh, vor allem mein Kopf, die Beine und der linke Arm. Auf einmal zog es an meinem Skianzug und ich merkte wie jemand in mein Hosenbein biss, da kam nämlich heißer Atem aus den Nüstern. Ich dachte es wäre ein Drache. Meine Angst wurde größer und schlimmer, doch konnte ich nichts tun, da mir alles weht tat. Das Etwas schleifte mich einfach immer weiter und schleppte mich aus der Spalte. Ich schlug mit dem Kopf gegen das Eis, dann war alles vorbei. Als ich wieder zu mir kam, müsst ihr wissen, war es plötzlich ganz hell um mich herum und ich sah, wer mich gezogen hatte. Es war kein Drache, darüber war ich sehr froh.

Ich konnte erst nicht glauben, was ich da sah. Da war ein braunes Pferd, mit einer wunderschönen goldener Mähne und es hatte ganz große und braune Augen und sah mich lange an. Es hatte sich zu mir gelegt und wärmte mich mit seinem Körper von hinten, von vorn machte war es auch ganz warm. Ich glaube sonst wäre ich erfroren, ich war nämlich schon ganz schlimm kalt. Ich sah mich vorsichtig um, so ganz wenig durch die fast geschlossenen Augen.

Mitten in einer großen Höhle lag ich, dort waren viele Eiszapfen, die von der Decke hingen und vom Boden nach oben wuchsen. Alle funkelten wie tausend bunte Sterne, und in dessen Mitte lag ich und hier brannte sogar ein Feuer. Das wunderte mich sehr, auch wenn ich noch klein war, wusste ich das Pferde kein Feuer machen konnten.

Das Pferd merkte, dass ich munter war und fing an zu rufen, ganz laut und ganz lange wieherte es. Als ich mich nicht rührte, stand es auf und  lief um das Feuer herum, und holte mit seiner Schnauze eine Decke für mich und zog diese über mich. Sofort legte sich das Pferdchen wieder hinter mich, um mich zu wärmen und rief weiter ganz laut: als wenn es um Hilfe rufen würde. Das Wiehern hörte man bestimmt bis ins Dorf, dachte ich bei mir.

Auf einmal jedoch, hörte ich schwere Schritte, könnt ihr euch vorstellen wie ich mich erschrocken habe, ganz laut: wie von einen Bären. Erschrocken krabbelte ich so schnell ich konnte, auch wenn es schrecklich weh tat, in eine Ecke und versteckte mich unter der Decke. Es war jedoch nur ein ganz alter Mann, der schimpfte das arme Pferd aus.

„Goldmähne, was machst du für einen Krach, wegen dir lösen sich noch die Lawinen, vom Berg“, sprach er dabei lachend und ging zu dem Braunen, tätschelte seinen Hals. Wieder wieherte das Pferd und biss den Mann einfach in seinen dicken Mantel.

„Was soll das Goldmähne lass mich los“, schimpfte er jetzt. Doch Goldmähne ließ ihn nicht los, sondern zog ihn mit aller Gewalt zu mir. Verwundert folgte der Mann seinem Pferd und kam zu mir in die Ecke.

„Was willst du denn? Wieso liegt die Decke hier?“

Er hob die Decke hoch und gab einen erschrockenen Schrei von sich.

„Wo kommst du denn her?“ Er drehte sich zu dem Braunen um. 

„Das hast du gut gemacht, mein Freund. Hast du sie gefunden?“, erkundigte er sich. Wie zur Bestätigung wieherte Goldmähne dann laut und bekam als Dankeschön ein paar Streicheleinheiten.

„Na komm mal mit, hier in der Ecke ist es viel zu kalt“, sprach der Mann zu mir und nahm mich auf den Arm. Da fing ich an zu weinen, weil alles weh tat. „Nicht weinen, meine Kleine, ich helfe dir gleich.“

Vorsichtig legte er mich ans Feuer und untersuchte mich, so gut er konnte. Goldmähne legte sich wieder hinter mich, um mir Wärme zu geben. Auch kochte der Mann für uns einen heißen Tee, den er mir zu trinken gab. „Wie heißt du denn, meine Kleine?“, fragte er mich nach dem er mich untersucht und mich vorsichtig in dicke Felle eingepackt hatte.

„Pinky“, gab ich leise zur Antwort.

„Na, da hast du aber Glück gehabt, dass uns der Schneesturm überrascht hat und wir hier in der Höhle, Unterschlupf gefunden haben. Wie bist du denn hier her gekommen, bis zum Dorf ist es doch noch ganz schön weit und du bist doch noch so klein. Hast du dich verlaufen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe Verstecken gespielt …“, leise erzähle ich ihm die ganze Geschichte. „… dann kam das Pferdchen und zog mich hier her, ich hab mich so erschreckt“, erklärte ich dem Mann. „Wer bist du denn? Du gehörst nichts ins Dorf, dich kenne ich nicht“, setze ich noch nach.

Der Mann, hatte in der Zwischenzeit eine Suppe gekocht und neues Holz aufgelegt. Jetzt setzte er sich zu Goldmähne und mir, und zog mich auf seinen Schoss. „Ich bin der Max und hinter dir ist mein Freund Goldmähne. Eigentlich heißt er ja Maxi, aber ich nenne ihn immer Goldmähne, das passt besser zu  ihm oder was meinst du?“, lachend sah er mich an und ich nickte.

„Wir werden heute Nacht hier schlafen müssen, denn draußen tobt immer noch der Sturm, zum Dorf kommen wir heute nicht durch. Aber morgen, wird das Wetter bestimmt wieder besser. Dann bringe ich dich zu deinen Eltern, die werden vor Sorge vergehen.“ Schon holte er einen großen Teller Suppe und gemeinsam aßen wir. Kaum, dass ich die fertig war, wurde mir mollig warm und ich schlief ein.

Als ich am nächsten Morgen munter wurde, saß ich mit Max auf Goldmähne und von weitem sah ich schon das Dorf. Als ich mich regte, erkundigte sich der Mann bei mir, in welchem Haus ich wohnen würde. Dort ritten wir dann hin. Meine Mama hat so geweint und der Papa auch, sie dachten alle, ich wäre tot und Tina, hatte schlimme Schimpfe bekommen, das fand ich ganz schön gemein, sie konnte doch nichts für den Sturm.

 Max blieb mit Goldmähne bei uns zu Hause wohnen, er hatte sich schlimm erkältet und wurde schlimm krank. Weil er mir seine Felle gegeben hat. Drei Wochen später holten ihn die Englein. Maxi allerding blieb bei uns, er wurde als Held gefeiert, weil er mich gerettet hat.

Könnt ihr jetzt verstehen, dass ich nicht in die Schule gehen kann. Wer soll sich denn sonst um Goldmähne kümmern? Wer soll ihn striegeln, ihm Futter geben und ihm Geschichten erzählen und mit ihm ausreiten. Aber vielleicht kann ich ihn ja mit in die Schule nehmen. Der Weg dorthin ist sehr weit, da muss ich einmal drüber nach denken und mit der Mama drüber reden. Ja, so werde ich es machen, dann ist Goldmähne bei mir und ich bin schneller zu Hause.

Jetzt mache ich aber Schluss, ich bin müde und werde jetzt schlafen, damit ich morgen wieder zu meiner Goldmähne kann. Und ihr müsst jetzt auch Schlafen gehen, denn es ist schon spät.

Also Guten Nacht und schlaf schön, Eure Pinky und Goldmähne.

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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.08.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle Kinder und alle junggebliebenen.

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