Cover

Part 1 Falk

Sleeping City streets

Genetic machinery

Neon lights under darkest heights

Light up the Scenery

The rusty wheels of mankind

Still twist and turn

Another conflict

Let’s your mind Burn

 

Zwanzigster Stock. Hinter der Betonmauer ging es mehr als fünfzig Meter grade in die Tiefe, bis man auf dem erkaltenden Asphalt der Straßen aufschlagen würde.

Selbst nachts war es fast unerträglich heiß. Die Klimatisierten Türme der inneren City-Ebenen von Vektor  waren fast alle klimatisiert, hier draußen jedoch wäre selbst diese Kleinigkeit  noch Luxus.

Die Temperaturen in den Ballungszentren stiegen selbst im Spätherbst nun gerne über 30 Grad und auch im Winter wurde es selten kälter als 10 Grad. Das Klima war seit Jahrzehnten hinüber.

Dem Mann, der durch einem geöffnetem Fenster nach draußen sah schien das  alles wenig zu kümmern.

Durch das Glas fiel das Licht der Stadt, die in der Ferne schimmerte. Wolkenkratzer , gewaltige Träger  aus Glas und Stahl, die in den Himmel ragten und eine weitere Plattform, weitere Ebenen, trugen auf denen wiederum neue  Lichtsäulen in den dunklen Himmel ragten.

Bis an den Horizont erstreckte sich das Lichtermeer, durchsetzt von unendlichen Farben. Von blendend hellem weiß, dass das Licht der Sterne überstrahlte und den Himmel sein Funkelspiel nahm, über orange Natriumlampen bis hin zu den bunt blitzenden Neonreklamen und Plakatscheinwerfer.

Ein Sternenhimmel am Boden um den im Himmel zu ersetzen. Ein Himmel… oder ein Hölle… ein Spielplatz für die Mächtigen und den Geist.

Falk wendete sich von dem Anblick ab. Er war ihn gewohnt, sah ihn jeden Tag.

Er besah sich einen kurzen Augenblick im Spiegel des kleinen Badezimmers.

Das Glas war an mehreren Stellen angelaufen und der Rahmen gesprungen, aber das störte ihn nicht.

Langsam besah er sich im Spiegel. Ihm blieben noch ein paar Stunden.

Eine Feder an seinem Arm fiel ihm ins Auge.

Die würde auffallen…  Selbst unter der Jacke konnte er sie nicht ganz verbergen.

 Er zögerte kurz, dann riss er den schwarzen Kiel mit einem Ruck raus. Er zuckte kurz, dann legte er die dunkle Feder beiseite.

Die Farbe schien das  spärliche Licht der nackten Glühbirne an der Decke zu schlucken.  Rabenfedern. Eigentlich ganz passend, dachte Falk.

Ein schmales, fast raubvogelartiges Gesicht und blaue Augen sahen ihn aus dem Spiegel heraus an.

Die dunklen Federn, die eine seiner Schultern bedeckten und sich bis über den Rücken zogen bildeten einen scharfen Kontrast zu den ansonsten Blonde Haaren.

Wenigstens konnte er diese Auffälligen Merkmale meist unter einer Jacke verstecken. Nur im Gesicht zog sich vom Auge bis über die Wange ein Streifen kleiner dunkler Daunen, die die Form eines auf der Seite liegenden M hatten.

Falk hatte eigentlich noch Glück.

Andere waren teilweise vollständig gezeichnet. Trotzdem… ein fragwürdiges Glück. Heute jedoch sollte sich das alles ändern.

Die Verträge sollten heute stehen.

Er trat aus dem Bad in ein etwas heruntergekommenes Wohnzimmer.

,, Einschalten.“

Das Licht ging auf Kommando an und auf einen weiteren Befehl schaltete sich auch der Fernseher an. Eine flache Metallplatte auf einem niedrigen Schrank, welche das Bild und Bedienelemente direkt an die Wand projizierte. Das war allerdings ohnehin mehr Dekoration. Die Sprachsteuerung funktionierte reibungslos.

,, Such nach Nachrichten. Alles zu den EV-Verträgen bitte. Und Ton aus“

,, Sehr wohl.“ Antwortete eine künstlich klingende Stimme. Wie er den kalten Computerton hasste.

Falk ließ sich aufs Sofa fallen und beobachtete lediglich die Bilder, die in einem schier endlosen Strom vorbeirauschten. Ein paar hundert Kanäle, die gleichzeitig berichteten. Einem Menschen wäre es unmöglich gewesen, sich auf alles gleichzeitig zu konzentrieren. Aber er war ja auch kein Mensch. Nicht vollständig.

Ein Beitrag erregte seien Aufmerksamkeit.

,, Kanal oben links. Stopp, Ton an.“

Das entsprechende Bild wurde vergrößert, bis es die übrigen parallel laufenden Kanäle verdrängte.

 Eine Reporterin mit kurzgeschnittenen braunen Haaren unterhielt sich mit einem grauhaarigen, hochgewachsenen Mann, der sie um fast zwei Köpfe überragte.

Er trug einen schlichten Laborkittel und sah aus, als hätte er ein paar Tage nicht geschlafen. Trotzdem blitzten seine Augen intelligent und wach und er lächelte breit.

Einen Teil der Einleitung hatte Falk wohl verpasst, aber es interessierte ihn auch nicht wirklich. Er kannte die Details.

,, Zu den K-EV -Verträgen über Halbhumane… Dr. Isaac Sterling. Einer der Vorreiter auf dem Gebiet der Chimärologie und Gründer von Future Dynamics.  Doktor, sie waren es vor nun fast 20 Jahren, der als erster mit der Forschung im Bereich der Genübertragung auf menschliche Embryonen begann.“

Der grauhaarige Mann räusperte sich,, Das ist durchaus richtig, wobei ich klar stellen muss, das Chimärologie nicht ein Begriff ist, den ich wählen würde. Das klingt nach schwarzer Magie, was nun wirklich albern ist. Aber die Menschen denken sich ja gerne Haarsträubende Begriffe aus.“ Er lachte leise.

,, Ein Begriff, den sie bevorzugen würden ?“

,, Experimentalgenetik vielleicht ? Auch wenn das für viele Menschen wieder nach Frankensteins Laboratorium klingen dürfte.“

Die Reporterin schein einen Moment nicht zu wissen, wie sie fortfahren sollte, dann jedoch begann sie: ,,Wieso glauben sie, das einheitliche Rechte für Menschen und K- EVs nötig sind?“

,, Ich glaube die meisten werden den Begriff künstlich Evolvierte vorziehen.  EV  klingt  so abwertend Mrs… „ Er blickte kurz zu dem Namensschild an ihrer Bluse.  ,, Mrs. McTyre  Ich versuche mit diesen Vorurteilen grade aufzuräumen.  Es war immer mein Ziel, zu helfen, egal was mein Kritiker zur Genetischen Forschung sagen oder die Leute die mir finanzielle Motivationen vorwerfen behaupten.  EVs sind wertvolle Mitglieder der Gesellschaft, sie übernehmen Aufgaben, die für Menschen zu gefährlich sind, aber es wird Zeit, dass wir sie auch als Mitglieder der normalen Gesellschaft behandeln. Nur dann wird das Leben durch unsere Forschung wirklich für alle besser, nicht nur für Vollmenschen. “

,, Nun gut Doktor Sterling. Was sagen sie  aber zu den vielen Bedenkend er Menschen, die wie ich finde durchaus berechtigt sind.“

,, Welche genau ?“

,, Stadtkanzler Kian Featherstone gab an, da EVs den meisten Menschen in einigen Bereichen immer überlegen seien, das die Gefahr besteht, das beispielsweise viele Arbeitsplätze wegfallen würden.

,, Kian ist Politiker.“ , erwiderte Sterling als würde das die Frage beantworten. ,, Die Wahlen stehen an und ich denke mal er…“

,, Doktor Sterling… könnten wir zurück zum Thema kommen ?“

,, Das ist Teil des Themas.“ , erklärte der Mann.

,, Natürlich… Also, können sie diese Vorwürfe entkräften?“

,, Das Arbeitsplätze verloren gehen könnten ist Schwachsinn. EVs können ganz einfach schwerere oder gefährliche Arbeiten übernehmen, wie schon immer. Nur mit echten rechten, richtiger Bezahlung und als vollständige Bürger. Und noch sehr viel wichtiger, werden eher neue Jobs entstehen.

Die Experimentalgenetik würde einen Aufschwung erleben der zehntausenden einen Arbeitsplatz geben würde, Aufbau von  Industrien, Laboratorien, wir könnten vielleicht endgültig dazu übergehen unsere größeren Ziele ins Auge zu fassen.“

,, Ihre größeren Ziele Doktor ?“

,, Sicher, Eigenschaften willkürlich zu übertragen ist doch erst der Anfang, eine Spielerei bei dem was möglich sein wird. Wenn wir die Forschung weiter vorantreiben… „ Sterling zögerte kurz ,, Krankheiten werdend der Vergangenheit angehören, Produktivität und Fitness  bis ins hohe Alter, ja vielleicht der Tod selbst wird nicht länger existent sein.“

,, Vielen Dank. Das war Doktor Isaac Sterling, Der Schöpfer der Experimentalgenetik und Vorsitzender von Future Dynamics mi seinem Statement zum EV-Vertrag, der morgen im Foyer des Light-Towers auf dem 2 Cityring unterzeichnet werden soll.“

 

Falk schaltete den Fernseher ab.

Auch wenn er Sterlings Ansichten nicht vollkommen teilte, vor allem wohl nicht seinen schier grenzenlosen Optimismus, der Doktor setzte sich ein. Das war etwas. Vielleicht würden seien Vision ja wirklich irgendwann Wirklichkeit. Falk zumindest würde morgen dabei sein.

Er stand auf und sah erneut aus dem Fenster. Wenn er vor der Polizei, die sicher alles abriegeln würde, auf dem zweiten Ring sein wollte, müsste er sich beeilen. Sonst würde man ihn

Vermutlich erst gar nicht mehr in die Stadt lassen.  Nicht, das Falk nicht trotzdem reinkommen würde, aber er wollte unnötige Schwierigkeiten vermeiden.

Vielleicht machte man heute einen Schritt in die richtige Richtung. 

 völlig neue Bedeutung bekommt…

Part 2 Die Stadt

 

Don’t trust the tiniest Lies

Under this death metropolis eyes

These worried greedy souls

Fled on highways into the sky’s

Watch the dark towers Rise

Until the day the last light dies

Electrified surveillance

Let’s you sleep well at night.

 

 

 

Falk trat hinaus auf die noch dunklen Straßen. Er trug eine einfache braune Jacke, die er aus einem der Geschäfte die es hier gab erstanden hatte. Sie hatte ein paar Flicken hielt aber den Wind ab.

Mit sich trug er außerdem noch eine leichte Laptop-Tasche, in der er neben einem Handcomputer auch seine Ausweiße und Papiere verstaute. Ein digitaler Pass, eigentlich nicht mehr, als eine simple weiße Plastikkarte mit seinem Foto und einem Chip mit allen biometrischen Daten war unverzichtbar, wenn er auf den 2 Ring gelangen wollte.

Sofort schlug ihm die kühlere Abendluft entgegen. Eine willkommenere Abwechslung im Vergleich zu den stickigen Apartments im Wohnblock. Mit dem Wind aber kam auch der Geruch der Industrieabgase und Mülldeponie, die hier draußen, ein gutes Stück vom Stadtzentrum entfernt lagen. Die Menschen in den Leuchtenden Türmen und Glaskathedralen bekamen davon vermutlich nichts mit. Das sollten sie auch nicht. Die oberen Zehntausend wollten nichts mitbekommen.

Der Gedanke machte ihn mittlerweile nicht mehr wirklich wütend. Früher… noch vor ein paar Jahren, hätte es ihn zur Weißglut getrieben. Nicht mehr.

Er sah auf seien Füße, während er über das rissige Pflaster ging. Ein Blick auf seien Armbanduhr zeigte ihm, das es kurz nach fünf Uhr morgens war.

Fast niemand war mehr auf den Straßen. Nur ab und an kam ihm ein Fahrzeug entgegen und zwang ihn, von der Mitte der Straße auf den Bürgersteig auszuweichen.

Die meisten bremsten.

Jedoch nicht alle.

Er bemerkte nur noch, dass es um ihn plötzlich heller wurde. Ein Mensch wäre wohl überfahren worden. Falk jedoch warf sich grade noch rechtzeitig, schneller als man der Bewegung folgen konnte, zur Seite und schlug hart auf dem Asphalt auf, während eine weiße Limousine an ihm vorbeirauschte.

,, Penner.“ , rief er dem Auto hinterher, das nicht einmal jetzt langsamer wurde und mit gut hundert Sachen auf die Lichter am Horizont zuraste.

Vermutlich hätte der Fahrer nicht mal angehalten wenn er Falk wirklich überfahren hätte. Für so was hatten Leute in solchen Fahrzeugen Anwälte… Und hier im äußeren Ring Vektors kümmerte es sowieso niemanden, wenn mal eine Leiche auftauchte. Schon gar kein EV.

Langsam ließ er die Außenbezirke hinter sich. In den Seitenstraßen lag weniger Müll, wenn auch hier und da noch Feuer in Mülltonnen brannten, um die sich einige zusammengesunkene Gestalte kauerten.

Wieder größtenteils EVs, aber auch Menschen, die hier keine Scheu vor ihnen zeigten. Keine Angst oder noch schlimmer Hass. Vielleicht trennte sie letztlich nur der Umstand, dass die einen mehr besaßen als die anderen… und so bald dieser Unterschied nicht mehr existierte, wenn man um überleben kämpfte, war Speziesismus plötzlich zweitrangig .

Langsam ließ er die klobigen Wohnhäuser hinter sich und erreichte die mittleren Bezirke.

Von hier waren die hoch aufragenden Türme des 1. Rings und die Himmelsplattform, die sie trugen bereits gut zu sehen.

Die Straßen waren ordentliche gepflegt und sauber und gesäumt von Reihen mit, unwirtlich gleich aussehenden, Ein oder Mehrfamilienhäusern. Gleichfarbige, weiß getünchte Wände, rot gedeckte Dächer, grüner Kunstrasen… Man hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten.

Wären da nicht die Kameras an den, die Häuser umgebenden, Metallzäunen, die automatisch in die Richtung jedes Passanten schwenkten.

Es war jetzt 7 Uhr morgens und die meisten Bewohner machten sich grade auf dem Weg zur täglichen Arbeit. Ein Mann in dunklen Anzug, der als Falk grade an dem Haus vorbeiging aus der Tür trat, sah ihn einen Augenblick schief an, bis Falk um die nächste Straßenecke verschwand.

Es war mittlerweile vollständig hell geworden, als er endlich die ersten Ausläufer des ersten City-Rings erreichte.

Der erste Ring bestand vor allem aus  Dienstleistungsfirmen, Büros, Geschäfte,  einigen Nachtclubs aber auch Forschungslabore  von Future Dynamics und Produktionsanlagen weiterer Firmen, deren hoch aufragende Bauten als Stütze für das gewaltige Stahldach dienten.

Und als Penthousewohnungen der Bessergestellten . In den oberen Etagen befanden sich  Zugängen zur Himmelsplattform, die auf den zahllosen Hochhausdächern ruhte und einem das Gefühl gab, sich lediglich in einer gigantischen mehrere Quadratkilometer einnehmenden Höhle zu befinden.

Ein Effekt davon war, dass alles unter der Plattform außer für wenige Stunden morgens und abends, ständig im Zwielicht lag.

Der 2 Ring, die Stadtebene auf der Plattform,  war reiner Wohnbezirk für die, die es sich leisten konnten  und für die Firmen als repräsentativer Standort beliebt. Jegliche Aktiengesellschaft, jedes noch so kleine Unternehme, dass sich eine Vertretung auf der Himmelsplattform leisten konnte, hatte auch eine.

Der Light-Tower mit den Büros des Stadtkanzlers  bildete, das Zentrum des 2. Ringes. Ein Bau, der sich gut und gerne noch einmal einhundert Meter über die Plattform erhob und von so gut wie jedem Punkt in der Stadt und noch weit hinaus ins Umland gesehen werden konnte.  Das Nervenzentrum der gesamten Stadt, mit Verwaltungen, Fernsehstudios aber auch so essentiellen Diensten wie Stromverteilung, alles lief in diesem einen Bau zusammen.

Falk lenkte seine Schritte in Richtung eines großen, modern aussehenden Bahnhofsgebäudes.

Eine große Halle mit geschwungenem Metalldach und bis zur Decke reichenden Glasfenstern.

Ein Hochgeschwindigkeitszug fuhr über eine Rampe ständig zwischen dem 1 und dem 2 Ring und transportierte Personen, aber auch Güter auf den Ebenen hin und her.

Es gab auch eine Auffahrt für Autos, aber der Weg war steil und nicht ganz ungefährlich zu Fuß.

Die Halle lief über mit Pendlern, die entweder auf dem Weg zur Arbeit waren oder wie er zur Konferenz und der anschließenden Unterzeichnung der EV-Verträge wollten.

Vermutlich waren auch einige der unerfreulicheren Besucher schon da, dachte er, während er sich zu einem Ticketschalter vor kämpfte. In der Menge fielen die paar sichtbaren Federn in seinem Gesicht kaum auf und auf die Entfernung hielten es die meisten vielleicht auch einfach für eine Tätowierung.

Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass der Mann direkt vor ihm am Kartenautomat ein EV war.

Er rechnete nicht damit, hier bereits auf Schwierigkeiten zu stoßen, aber desto länger niemand wusste was er war, desto leichter würde es werden.

Der Mann drehte sich um und Falk konnte feststellen, während er an ich vorbei ging um selbst eine Fahrkarte zu lösen, dass er offenbar irgendwelche amphibischen Elemente besaß. Die Augen hatten einen seltsamen umwölkten Farbton, der einen Stich ins rote Aufwies und die Haut schien eine Spur zu hell und reflektierte das Licht ungewöhnlich. Er trug eine auffällige grüne Jacke, die irgendwie furchtbar ausgebeult wirkte, als würde er einen halben Supermarkt mit sich herumschleppen.

Falk bezweifelte, dass er dafür bezahlt hatte.

Er wollte schon weitergehen, als ihm etwas auffiel… Aus der Hosentasche der Gestalt ragte ein Pistolenmagazin.

Seltsam…

Vielleicht ein Schwarzhändler, dachte er.  Nicht ungewöhnlich für den ersten Stadtring . Hier bekam man alles für Geld, was man wollte. So oder so, es ging ihn nichts an.

 

Part 3 Die Bahn

The day we lost all what was earned

The day the market burned

Nothing was learned

The whole world turned

In waves of conflict

Fulfilled

What was predict

History’s repeating

Let’s make sure your hart is still beating

 

 

Falk brauchte eine Weile, bis er einen freien Sitzplatz in einem fast leeren Abteil fand. Niemand schenkte ihm wirklich Beachtung, als er durch die Wagons hastete, während die Bahn langsam anfuhr.

Vor den Fenstern flog die Landschaft bereits mit unglaublicher Geschwindigkeit vorbei als er sich endlich auf einen leeren Platz, direkt neben der Abteils-Tür,  fallen ließ. Die Fahrt würde vermutlich nur wenige Minuten dauern.

Angenehme Kälte strömte aus der Lüftung über ihm. Das Klima wurde seit den 50er Jahre des 21 Jahrhunderts endgültig merklich wärmer. 

Etwas, das nicht ohne folgen geblieben war.

Vor 6 Jahren waren die ersten Flüsse in Asien rocken gefallen. Der Ganges floss seit etwa 3 Jahren nicht mehr und die Berge des Himalajas waren, wie die Arktis, mittlerweile komplett Eisfrei.

Hungersnöte in den stark bevölkerten asiatischen Staaten waren jetzt an der Tagesordnung, aber auch in den besser entwickelten und noch gemäßigteren Europäischen Ländern kam es vermehrt zu Ernteausfällen. Einige Länder hatten ihre Grundwasserreserven praktisch aufgebraucht.

Die USA, die bereits seit den Anfängen des 21 Jahrhunderts schwächelte hatten sich mittlerweile in 5 große Einzelstaaten geteilt, die nur noch Loose zusammenarbeiteten und diese versanken zunehmend in der Bedeutungslosigkeit.

China, das einstmals so vielversprechende Schwellenland , war zurück gefallen, in einen Zustand von Anarchie und verschärfter Diktatur, was die gewaltige Masse der nun heimatlosgewordenen aber nicht davon abhielt, trotzdem in das Land zu strömen und Zuflucht zu suchen.

Europa hingegen hatte sich so gut es ging endgültig abgeschottet gegen alle Zuwanderungen.

Insgesamt war auf dem Planeten keine  dominierende Großmacht mehr verblieben, die nicht unter den Folgen litt. Auch wenn die wenigsten s zugeben wollten, gegen Mitte des Jahrhunderts hatte der Planet in den letzten Zügen gelegen.

Es mangelte an allem. Arbeitern, Ressourcen… die wenigen noch für Menschen erreichbaren Lager waren ausgebeutet worden und weitere Minen tiefer in die Erdkruste hineinzutreiben erforderte unglaubliche Anstrengung und die Arbeiter fanden sich oftmals unter den schrecklichsten fast sklavischen Bedingungen wieder um den Hunger der Menschheit zu stillen.

In schierer Verzweiflung versuchte man nun auch den Mond auszubeuten, neue Ressourcenlager zu finden…  letztlich war aber alles, was das große und übereilte Kolonialisierungsprojekt auf dem Erdtrabanten zurück lies ein gewaltiger Krater, den man selbst mit bloßem Auge sah,  als die erste Anlage bei einem Unfall zerstört wurde.

Es schien der letzte Versuch, das Ruder noch herumzureißen sei gescheitert.

Und dann… dann kam Isaac Sterling. Mit einer Vision, für die man ihn unter anderen Umständen  als Wahnsinnig abgestempelt hätte. Manche taten das immer noch.

,, Mit stärkeren Händen… gibt es nichts, das wir nicht tun können .“

Das war Vergangenheit, Geschichte und er hatte nicht viel davon persönlich mitbekommen. Als er… geboren wurde… ging es bereits wieder etwas Bergauf. Zumindest für die meisten.

Die Menschheit erholte sich langsam und neue Regierungssystemen  entstanden. Unabhängige Städte entstanden in den von den neuen Völkerwanderungen zurückgelassenen Einöden und nahmen diese in Beschlag.

Städte und Stadtstaaten wie Vektor-City, die nicht wie die historisch gewachsenen Metropolen über Jahrhunderte wuchsen, sondern praktisch  über Nacht aus dem Boden gestampft wurden. Mammut-Projekte, die ohne EVs Jahrzehnte in Anspruch nehmen würden, gelangen in wenigen Monaten.

,, Fahrkarten ?“

Die Stimme riss Falk aus seinen Gedanken, als er vorsichtig aufsah. Kontrollen waren nichts Ungewöhnliches und er hatte damit gerechnet. Aus dem Blickwinkel des Mannes würde er hoffentlich als Mensch durchgehen.

,, Natürlich…“ Er suchte schnell seien Taschen nach dem Ticket ab und reicht es dem Kontrolleur.

Dabei konnte er jedoch nicht ganz vermeiden, weiter nach oben zu sehen, ohne das es merkwürdig gewirkt hätte.

Der Mann hatte garantiert etwas gemerkt, denn er reichte Falk das Ticket zurück und sagte:

,, Ausweis ?“

Falk zögerte kurz. Der Kontrolleur trug ein blaues Hemd und dazu passende Krawatte. Bewaffnet war er nicht.  Was ihn allerdings stutzig machte, war die Krawattennadel. Ein metallenes Emblem , das ein Kreuz mit einer stilisierten Wolke dahinter zeigte.

Ein Churchler ?

Falk gab sich einen Ruck.

Er war sicher, in jedem Fall. Ohne irgendeine  Waffe hätte der Mann keine Chance.

Dann überreichte er dem Mann die kleine weiße Plastikkarte. Neben dem Chip und einem Foto gab es nur noch eine Seriennummer. Die Daten waren so fälschungssicher wie es nur möglich war.

Der Kontrolleur zog die Karte kurz über einen Scanner.

,, So… Rabe also ja ?   Wer macht den so was?“

,, Jemand, der jemanden brauchte, der denken kann.“ , erwiderte Falk ruhig.

Ob der Kontrolleur die unterschwellige Beleidigung verstand oder nicht, er drehte sich um und ging davon.

Es war Sterling selbst gewesen, der diese spezielle Kombination erschaffen wollte.

Vogel-Eigenschaften…

Wozu das hatte man Falk nicht mitgeteilt. Sterling experimentierte einfach gerne, arbeitete an den Grenzen des Möglichen und ging auch schon einmal darüber hinaus. Und was ethische Richtlinien anging, so waren die dem Mann nach allem was Falk wusste ziemlich egal.

 Meist waren die Ergebnisse dieser persönlichen Forschung aber besser dran und… hochwertiger, als Aufträge.

Vermutlich, dachte Falk wäre er ohne diese zweifelhafte  Auszeichnung… einfach nur auf den Straßen verhungert.

So jedoch schlug er sich durch. Gelegenheitsarbeiten. Manchmal im IT-Bereiche oder auch mal als Security für einen Club auf dem 1 Ring. Niemand wollte sich mit einem EV anlegen, jedenfalls kein Mensch.

Er war nicht dumm und dass merkten die meisten schnell. Dass er in vielen Fällen sogar intelligenter war als seine jeweiligen  Arbeitgeber und Mitarbeiter, stellten sie aber meist erst fest, wenn sie ihn rausschmissen. Natürlich unterbezahlt. Bis ihnen auffiel, dass jemand jegliche Systemelektronik, an die Falk herankam, lahmgelegt hatte.

So wie die meisten Menschen mit Verachtung auf ihn herabsahen, tat er es ihnen gleich. Es war eine Möglichkeit für ihn zu überleben, nicht mehr. Und wenn er ihnen  Schaden konnte, tat er das auch.

Falk holte den Handcomputer aus seiner Tasche und rief eine Nachrichtenseite auf, während der Zug die halbe Strecke zwischen Erdboden und Himmelsplattform hinter sich gebracht hatte.

 

Part 4 Der Turm

So there are those,

Who still care

Gathered in this square

Can they still dare

To question this unique flair?

A garden of wealth

Between towers of light

They still can turn

Let’s let them learn

 

 

 

Als Falk den Light-Tower erreichte bot sich ihm ein ungewöhnliches Bild.

Der Turm aus Glas und Stahl ragte mehrere hundert Meter in die Luft über der Himmelsplattform.

Insgesamt nahm der Bau leicht die Fläche eines Fußballfeldes ein und die verspiegelten Fenster zogen sich schier endlos in einer Spirale in die Höhe.

Auf der Oberseite der Himmepsplattform merkte man kaum, dass man sich hoch über dem Erdboden befand. Breite Straßen und Baumallen teilten die links und rechts aufragenden Wolkenkratzer und Bürobauten in konzentrische Muster. An den Außenseiten der Plattform befanden sich großzügig angelegte Gärten und Wasserspiele und dazwischen auch immer wieder die ein oder andere versteckt liegende Villa.

Falk achtete kaum darauf, während er  auf das Gebäude im Zentrum der Plattform zuging.

Der Eingang wurde von mehreren Polizisten bewacht, die einen Weg zwischen zwei Gruppen von Demonstranten frei hielten.

Mehrere Wagen mit Wasserwerfern und tragbare Barrieren waren um den Eingangsbereich und in einem Pfad weg vom Turm aufgebaut worden.

Mit einer der beiden Demonstranten-Gruppen hatte er ja gerechnet, dachte Falk, darauf bedacht nicht näher zu gehen, bis sich die Situation etwas beruhigte. Aber die anderen…

 

Die Church würde auftauchen, das war ziemlich klar gewesen. Er konnte die Männer und Frauen, natürlich alles Menschen, praktisch riechen, währen die Transparente mit dem Wolkenkreuz nicht genug gewesen.

Die Krisen des mittleren und beginnenden 21 Jahrhunderts hatten vor allem der Religion wieder einen neuen Aufschwung gegeben und während die meisten Kirchen ihren zwar konservativen aber  halbwegs toleranten Kurs beibehielten, bildeten sich schnell dutzende neue radikale Splittergruppen. Die am schnellsten wachsende Gruppierung dieser Art war die Kirche der  Restauration  oder einfach nur Church, die vor allem aus den vielen Anti-EV Liegen Unterstützung bekam, so zum Beispiel von der Partei Human Purity, einer Organisation,  die sich zuerst in dem was von Amerika noch übrig war formiert hatte, als der Einsatz von EVs langsam normal wurde.

Religiös-Ideologische Idioten.  Anders konnte Falk sie nicht nennen. Aber sie hatten Zulauf… und waren wohl Stadtkanzler Kian Featherstone treueste Wähler.

Soweit Falk wusste, war die ganze Bewegung von einer Frau namens  Amelia Khanna,  vor etwa 15 Jahren gegründet worden.

Er hatte sie nur ein paar Mal in verschiedenen Berichten und Nachrichtensendungen gesehen.

Eine Frau Ende dreißig, mit dunklen Haaren und leicht gebräunter Haut und einer Arroganz, die ihn wohl auch sofort auf die Nerven gegangen wäre, selbst wenn sie nicht dafür einsetzen würde, das man ihn und jeden seiner Art  zu rechtlosen Arbeitern machte.

Obwohl Evs in anderen Gegenden der Erde  nicht so häufig waren wie hier  gab es überall die gleichen Reaktionen.

In manchen Fällen wurden sie direkt ganz von der Gesellschaft ausgeschlossen.

Sie arbeiteten einfach, außerhalb der eigentlichen Städte und bekamen die Bevölkerung nie zu Gesicht.

Einer der Hauptgründe,  aus denen Vektor-City in diesem Fall eine  Sonderstellung einnahm , waren die Vertretungen von Future Dynamics , die das Patent auf direkte genetische Eingriffe mit Fremd-DNA nach wie vor innehielt und einem guten duzend anderer Firmen, die sich auf  andere Bereiche des Gen-Design oder fortschrittlicher Human-Biologie  wie beispielsweise das Klonen von Organen aus Stammzellen spezialisiert hatten. Es gehörte hier einfach zum Arbeitsalltag. Und doch herrschte selbst hier eine  Abneigung gegen EVs, die man nicht Ignorieren konnte. Theoretisch besaßen sie zwar einige Rechte, aber die meisten kümmerte das wenig. Offiziell galten sie noch nicht als Menschen.

Die Verträge heute sollten ein und für allemal gleiche Rechte  schaffen.  Zumindest für das Gebiet von Vektor. Wahlrecht, Menschenrecht, gleiche Lohnbedingungen. Arbeitsrecht.

Es wäre nur ein Stück Papier.

Und doch ein wichtiger Schritt, auch wenn Falk sich keine Hoffnungen machte, dass eine eventuelle Verordnung schnell durchgesetzt werden würde.

 Es war aber besser als nichts, dachte er, während sein Blick zur zweiten Demonstranten-Gruppe wanderte.

Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, das sie jemand Verteidigen würde. Und doch hatten sich gut hundert, zweihundert  Menschen, keine EVs, Menschen, zusammengefunden, die  versuchten die Churchler zu übertönen.

Dann flog irgendwo ein Stein.  Falk konnte später nicht sagen, wer angefangen hatte, während er das Ganze noch aus sicherer Entfernung beobachtete. Es war wohl auch egal, dachte er.

Der Effekt wäre derselbe gewesen.

Innerhalb von Sekunden veränderte sich die Atmosphäre. Was eben noch eine halbwegs friedliche, wenn auch gespannte Situation gewesen war, wurde plötzlich ernst.

De Stein folgte, ein zweiter, dann plötzlich ein brennender Feuerwerkskörper, der das ausbrechende Chaos endgültig perfekt machte. Der erste Demonstrant versuchte über die Polizeiabsperrung zu klettern und bekam die volle Wucht einer Taser-Pistole  zu spüren, als er die wiederholte Warnung eines Polizeibeamten ignorierte.

Die Sicherheitskräfte versuchten, ihre Position zwischen den zwei aufgebrachten Gruppen zu behaupten.

Als die Situation allerdings endgültig zu eskalieren drohte, verloren die Beamten die Nerven.

,, Alle zurück. Ok. Treibt sie auseinander.“ , konnte Falk einen der Männer bei den Wasserwerfern in ein Megafon rufen hören.

Für die nächsten Augenblicken verschwand der Platz um den Tower in Wasserdampf und rennenden Menschen, die aus den Schwaden auftauchten.

 

Hoch über den Straßen und den Demonstranten stand Doktor Isaac Sterling an einem Fenster des Light Towers und sah über das Chaos unter ihm hinweg über die Stadt. Es waren noch einige Stunden, bis die letzte Debatte und schließlich, hoffentlich, endlich, die Unterzeichnung  der Verträge stattfinden würde.

Stadtkanzler Featherstone und Amelia Khanna würden da sein. Zwei mächtige Gegner, in der Tat. Aber ich werde sicher nicht weglaufen, dachte Sterling

Die grauen Haare hatte er sich glatt nach hinten gekämmt und den Laborkittel, den er meist trug gegen einen schlichten dunklen Anzug getauscht. Keine Krawatte.

Ich bin nicht zu einem Höflichkeitsbesuch hier, hatte er erklärt, als man ihm auf die Etikette hatte hinweisen wollen.

Nein… Etikette war etwas für alte Männer ohne Ziele, die stundenlos  sinnfrei debattieren wollten.

Und doch konnte er einen gewissen Anflug von Müdigkeit nicht unterdrücken, als er zusah, wie die Demonstranten sich zerstreuten.

War das die Welt, die er hatte erschaffen wollen? Nein… Es war auch nicht die Welt, die er gebaut hatte.

Etwas zog seine Aufmerksamkeit auf den nun verlassenen Platz vor dem Turm zurück.

Unten ging eine einzelne Gestalt auf den Turm zu.

Seltsam, dass jemand so früh kam. Selbst die Presse würde wohl noch eine halbe Stunde auf sich

warten lassen. Sterling wendete sich vom Fenster ab und machte sich auf den Weg hinunter ins Foyer. Irgendetwas an dem Mann kam ihm seltsam vor. 

Part 5 Der Doktor

I am tired of all their false Pledge

These dulling politics

Driven on the edge

Election of fools and saints,

Break law down in chains

All these greater minds

Which society just restrains

So no one can truly see

Lets set the will free

 

 

Nach zehn Minuten war der ganze Spuk vorbei und der Platz glich einer Wüste. Einige zerrissene Plakate lagen im mehrere Zentimeter hoch stehenden Wasser .

Wie ironisch, dachte Falk, dass es vermutlich ein EV sein würde, der hier aufräumen durfte, während er langsam auf den Eingang zuging.

Es war noch früh.  Dass die Demonstranten wiederkommen würden, war klar. Im Moment aber wollte Falk die Gelegenheit nutzen, ungestört ins Foyer des Turms  zu gelangen. Das Wasser floss langsam in die Abflusssysteme der Himmelsplattform und verschwand dort gluckernd, ohne eine Spur zu hinterlassen.

Es spülte den gröbsten Schmutz mit sich. Kleinere Fragmente, Stoffstücke, ausgebrannte Feuerwerkskörper… und ein in der Sonne glitzerndes Wolkenkreuz aus Silber, das wenige Augenblicke später in einem schwarzen Gitterschacht verschwand.

Falk achtete nicht sonderlich darauf, während er weiter ging. Die wieder auf ihre Posten zurück gekehrten Sicherheitskräfte mussten den einzelnen Mann, der sich vorsichtig näherte mittlerweile entdeckt haben, denn einer der Polizeibeamten trat vor und hielt ihn an.

,, Gibt es ein Problem ?“ , fragte Falk und versuchte dabei sich so zu drehen, dass man die Gesichtshälfte mit den Federn nicht sehen konnte.

,, Sie haben die Party verpasst, wenn sie das meinen.“ , erwiderte der Mann und deutete hinaus auf den leeren Platz.

,, Deshalb bin ich auch nicht hier.“ ,  sagte er.

,, Sie sind ziemlich früh, wenn sie nur wegen der Konferenz und den Verträgen herkommen.“ Seine Augen verengten sich kurz als versuche er abzuschätzen, wie viel Ärger ihm der Mann vor ihm machen konnte, dessen Gangart und  Aussehen ein wenig zu sehr  an einen Vogel erinnerten. ,,Ausweis und Papiere?“

Damit hatte Falk gerechnet und trotzdem zögerte er, als er dem Beamten die Plastikkarte reichte.

Dieser ließ sie kurz durch einen Scanner wandern, den er am Handgelenk trug und sah dann einen Augenblick zwischen dem Gerät, Falk und dem Bild auf der Karte hin und her.

,,EV ?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

,, Spielt das eine Rolle ?“ , wollte er wissen und ließ auch durchklingen, das er nicht in der Laune für irgendwelche Diskussionen war.  Das letzte was er heute gebrauchen könnte, wäre ein Polizist mit Vorurteilen.

Der Mann hob jedoch abwehrend die Arme. ,, Mir ist ziemlich egal, wer oder was sie sind. Nur denen da drinnen vielleicht nicht. Die Church ist später bestimmt  ziemlich gut vertreten. Das ist nur ein Hinweis.“

,, Mein Risiko.“ Falks treckte die Hand aus und verlangte seinen Ausweis zurück.

,, Ich möchte aber ungern später ihre Leiche aufsammeln müssen, falls das eskaliert. Außerdem…“

Er verstummte, als hinter ihm eine Gestalt auftauchte und ihm die weiße Karte einfach aus der Hand pflückte.

,, Ich denke, wir werden keine Probleme haben.“ , sagte sie.

Der Polizist drehte sich um  und auch Falk sah neugierig zu dem Neuankömmling auf. Er musste tatsächlich nach oben sehen, denn der Mann überragte selbst ihn noch etwas.

Er hatte glatt zurückgekämmte Haare und trug einen dunklen Anzug. Trotzdem erkannte Falk ihn wieder.

,, Doktor Sterling, ich muss sie wirklich darauf hinweisen das…“ , setzte der Beamte an.

Der Doktor ignorierte ihn, während er einen kurzen Blick auf die Karte warf und sie dann Falk zuwarf.

Dieser war nicht ganz darauf vorbereitet, konnte sie aber trotzdem grade noch auffangen. Ein Mensch hätte sie garantiert fallen lassen.

,, Der Mann ist mein Gast.“ , erklärte Sterling, als würde das alles regeln.

,, Ist das überhaupt legal…“ Der Mann schien mehr mit sich selbst zu reden und  schien nicht zu wissen, was er erwidern sollte.

 Schließlich nickte er nur und trat beiseite. ,, Natürlich. Ich verstehe…“

Isaac Sterling ging einfach an dem Poste vorbei, ohne darauf zu achten, ob Falk ihm nun folgte oder nicht.

Dieser zögerte kurz, bevor er sich in Bewegung setzte. Deshalb war er doch hergekommen und bisher lief alles besser als erwartet.

,, Falk richtig ?“ , fragte Sterling, als sie die Wasserwerfer und Absperrungen um den Eingangsbereich des Light-Towers hinter sich ließen.

,, Richtig.“ Er fragte sich nicht, woher der Doktor seinen Namen kannte. Er stand nicht auf der Karte aber…

,, Ich erinnere mich an fast alle meine…Schöpfungen.“ , beantwortete Sterling die unausgesprochene Frage.

In diesem Moment fuhr eine weiße Limousine aus einer Straße auf den Platz hinaus und verschwand irgendwo hinter dem Gebäude, wo sich vermutlich ein Parkplatz oder eine Tiefgarage befand.

,, Sieht so aus, als wäre Feahterstone jetzt auch da. Und ich habe so gehofft er überlässt einfach Khanna das Feld “

Falk wusste nicht recht, ob er mit dem Mann reden sollte. Sterling wirkte freundlich, aber auch angespannt und gereizt.

,, Von heute hängt viel ab…“ , stellte er fest.

Sterling blieb stehen, als sie die Eingangstür erreichten. Zwei große Glasflügel, die automatisch aufglitten, als sie sich näherten und den Blick in das Foyer erlaubten. Eine große Halle, die fast die gesamte erste Ebene des Baus einnahm.

Der Boden war  mit weinrotem Teppich ausgelegt und man konnte von unten durch einen Rundgang aus Glas in die nächste Etage sehen.  Die Wände des Saals, wenn auch von außen verspiegelt, waren von innen vollkommen durchsichtig und erlaubten einen Rundblick über den ganzen Platz draußen.

Stühle standen in mehreren langen Reihen verteilt vor einer Bühne, vor der man bereits dutzende von Mikrofonen und Kameras der staatlichen Sender platziert hatte. Lediglich die privaten Reporter und Fotografen würden sich später ihre Plätze erkämpfen müssen.  Eine Doppeltreppe nebst Fahrstuhl führte, auf der der Bühne gegenüberliegende Seite, weiter nach oben in das Gebäude.

,, Mehr als du vielleicht denkst.“

,, Ich habe die Diskussionen in den Nachrichten gesehen…“ , erwähnte er, als er dem Doktor weiter folgte, der scheinbar ziellos durch die Halle lief, unfähig, lange irgendwo stehen zu bleiben.

,, Pah… alles nur ein großes politisches Spiel .“

Falk sah ihn nur fragend an.

,, Featherstone ist erledigt, wen diese Verträge durchkommen, verstehst du das ? Er kann vergessen wiedergewählt zu werden, bei dem Anti-EV-Kurs, den er propagiert.“

Der Doktor war ohne zu fragen sofort zum du übergegangen. Ein wenig seltsam, wo er dem Mann grade zum ersten Mal persönlich begegnete. Aber…es störte Falk aber auch nicht wirklich.

Trotzdem konnte er ein gewisses Unbehagen nicht unterdrücken, das Sterling derart offen sprach.

,, Wieso ?“

,, Denk nach, wenn EVs wählen dürfen, verschiebt sich das Gleichgewicht der Wähler schlagartig. Du würdest sicher nicht für ihn stimmen, und ich bezweifle, dass das irgendein EV tun würde.“

Falk schüttelte den Kopf, während Sterling ungebremst weitersprach. Es schien ihm, der Mann redete sich etwas in Rage, endlich in der Lage, sein ganzes Missfallen einmal auszusprechen.

Falk dachte daran, wie ihn die Reporterin gestern Abend unterbrochen hatte. Vermutlich hatte der Doktor ähnliches schon öfter hinter sich.

,, Bisher hat Kians radikaler Kurs ihm zumindest die Unterstützung der Church eingebracht, aber die nützt ihm nach heute auch nicht mehr viel. Wenn dieser Vertrag heute unterzeichnet wird, ist seine politische Karriere am Ende und das weiß er.“

,, Er könnte seinen Kurs ändern…“ , meinte Falk.

Sterling lachte. Schadenfroh, wie es schien.

,, Dann steht er endgültig als Heuchler da. Er verfolgt seinen Speziesismus-Kurs schon seit Jahren. „

Falk hörte nur halb zu, während er den Blick weiter durch die Halle wandern ließ.

Hinter der Bühne hatte man vor der Glaswand ein großes Stofftransparent mit dem Logo von Future Dynamics aufgehängt. Einem DNA-Strang, der in der Mitte zersplitterte.

,, Doktor Sterling ?“ Falk drehte sich fast zeitgleich mit Sterling zu der neuen Stimme um.

Eine Frau mit kurzen Haaren, die ein dunkles Hemd mit silbernen Knöpfen unter einem nur lose übergeworfenen Laborkittel trug. Sie wirkte, als wäre sie gerannt und vermutlich war dem auch so, überlegte Falk. So wie sie aussah, kam sie direkt von Future Dynamics.

Sie trug ein Klemmbrett unter dem Arm, das sie dem Doktor reichte.

,, Hallo Leah .“ , sagte Sterling nur, während er begann, die Zeilen auf dem Papier zu studieren.

Irgendetwas mit der Frau, die er Leah genannt hatte, störte Falk noch immer, aber er brauchte einen Moment um zu erkennen, was.

Die Haare hatten tatsächlich verschiedenste Farben. Was er anfangs für eine Lichtreflektion gehalten hatte, bestätigte sich jetzt. Einige Haarsträhnen waren braun, andere dunkelblond, wieder andere pechschwarz,  als hätte jemand einen Eimer mit Färbemittel verschüttet.

Und auch die Augen waren nicht ganz normal. Die Pupillen waren nicht komplett rund, sondern verliefen  leicht geschlitzt von oben nach unten. Auf die Entfernung fiel es nicht auf, aber wenn man einmal darauf achtete war es nicht mehr zu übersehen.

,, Eine EV-Arbeiterin bei Future Dynamics ?“ , fragte Falk und versuchte dabei nicht selbst respektlos zu klingen. Das schien, trotz Sterlings liberaler Einstellung ungewöhnlich, so selten wie man EVs in anderen als niedrigen Arbeiten antraf. In Wissenschaftlichen Betrieben schon mal gar nicht.

,, Assistenten… wenn auch eher freiwillig. Sie ist ein kluger Kopf und das sage ich nicht zu jedem. Klüger als die meisten Menschen, wie ich hinzufügen möchte. “ , bemerkte Sterling noch , nachdem er das Klemmbrett nun wieder ihr übergab.

,, Und manche Evs.“ , fügte sie ernst an Falk gerichtet hinzu.

,, Ich wollte nicht…“

Sie lachte. ,, Schon gut. Manche Vorurteile sind so normal, das man schon selber damit anfängt.“

,, Und was war das mit den Arbeitsplätzen…“ , setzte Falk an.

Der Doktor schüttelte den Kopf.

,, Alles Politik… Falk.  Arbeit , das ist es, worum es dem Stadtrat geht, aber der Stadtrat hat keinen Einfluss auf den Kanzler.“

Der Rat bestand aus Vertretern und Abgeordneten aller größeren Gruppierungen innerhalb der Stadt. Seien es Firmen, politische Parteien oder religiöse Gruppierungen, letztlich hatte jeder einen Abgeordneten im Rat, welcher dem Stadtkanzler allerdings nur beratend zur Seite stand.

Die Firmen und Wirtschaftsvertreter nahmen hierbei die weitaus größte Gruppe ein und verfügten über entsprechenden Einfluss.

 Als Vorsitzender dieser Gruppierung jedoch lenkte der Stadtkanzler praktisch alleine die Geschicke von Vektor. Der Stadtrat konnte ihn dabei zwar unterstützen, aber nicht wirklich behindern. Die einzige Möglichkeit in dieser Richtung war ein Misstrauensvotum, das bei einer Mehrheit zu Neuwahlen führte. In letzter Zeit hatte es immer wieder Gerüchte über ein geplantes Votum gegeben, aber letztlich war es nie durchgeführt worden. Featherstones Position wackelte vielleicht,

war aber noch sicher.

,,Nach der großen Wirtschaftskriese Kriese 2047 waren  doch sowieso schon alle am durchdrehen

Was kann ich dafür, dass man erst 2075 endlich gemerkt hat, dass die EU nicht funktioniert und selbst jetzt noch  Europa samt Balkan und Nahem Osten als Scherbenhaufen da liegt?

Natürlich machen sich alle vor allen Dingen Sorgen um ihre schönen gemütlichen Büroplätze. Als ob EVs nicht zumindest ein Anrecht auf eine Chance hätten. Aber  genau das wollen wir heute ändern.“ , erklärte Sterling. ,, Das heißt wenn die Church uns lässt.“

,, Gibt es da ein Problem ?“ , wollte Falk wissen, ,, Ich habe die Proteste gesehen aber…“

,, Die haben versucht uns in letzter Minute zu verklagen.“ , antwortete Leah. ,,  Kann sich das jemand vorstellen?“ .

,, Verklagt ?“ Sterling hatte seine ziellose Wanderung durch das menschenleere Foyer wieder aufgenommen und ging nun in Richtung der Treppen und Aufzüge davon. ,,  Weswegen wenn ich fragen darf?“

,, Die Handlungen und Aktionen von Future Dynamics seien in höchstem Maße unethisch und wir würden gegen geltendes Recht verstoßen, ha, aber wie es aussieht, sind sie damit nicht mal bei ihrem eigenen Anwalt durchgekommen. Die Church  sitzt mir seit Jahren im Nacken, ich handle unethisch, pah, ich wette, das haben sie zu Kopernikus auch gesagt. Wobei sie damals ja noch Richtung Scheiterhaufen winken konnte.“

,, Das heißt, sie wussten von Anfang an, das ihre Klage abgewiesen wird ?“

,,Sie versuchen eben einfach alles.“ ,antwortete  Leah für Sterling. ,,  Wenn die das heute verhindern, dann hat Featherstone zumindest bis nach der Wahl Zeit gewonnen.“

,, Und danach kann es ihm egal sein.“ , ergänzte Sterling. ,, Mehr als eine zusätzliche Amtszeit kann er ohnehin nicht mehr bestreiten.“

,, Was voraus setzt, das er dann abtritt…“

,, Er wird es müssen Leah. Der Stadtrat würde sonst dafür Sorgen.“ , antwortete der Dotkor.

,, Oder er muss sie ausschalten…“

,, Das kann er mal versuchen… mein Sicherheitsdienst lässt mich ohne Kugelsichere Weste schon gar nicht mehr aus dem Haus. sollen sie mich doch erschießen, diese religiösen Vollidioten. An den Verträgen heute ändert das auch nichts mehr.“

,, Doktor…“ Leah klang bestürzt.

Isaac Sterling machte eine wegwerfende Handbewegung, als wollte er erklären, dass das ein Scherz war. Falk jedoch glaubte ihm das keine Sekunde.

,, Und außerdem  macht mich das Teil mindestens zwanzig Kilo schwerer.“

Er klopfte auf das Jackett das er trug.  ,, Fällt aber kaum auf, oder ?“

Bevor Falk irgendetwas Erwidern konnte, drehte sich der Doktor beinahe beiläufig um. ,, Ich muss noch ein paar Dinge klären, bevor die ersten… regulären Besucher ankommen. Falk.“ , er nickte ihm kur zu zu. ,, Leah, ich hoffe ich sehe sie beide dann später.“

,, Ich weiß nicht ob ich bleiben…“ , setzte er an, allerdings war Sterling bereits im Aufzug verschwunden.

,, Ist der immer so ?“

,, Man gewöhnt sich dran.“ , erwiderte sie.

 

Part 6 Die Vorurteile

 

Cruel unnecessary Preconception

Darkness  whispers cold Rejection

Hunters on the run

First step to justice undone

Light flash and howling sirens

Dust without a trace Remains

Lets overcome the lies

 

 

 

Falk schwieg eine Weile einfach nur. Es schien nichts mehr zu besprechen zu geben, deshalb sah er auch immer wieder zu der Gestalt herüber, die grade ihren Laborkittel über einen Stuhl hängte.

Die Halle war vielleicht klimatisiert, aber auch das Ventilationssystem konnte nicht wirklich mit der Hitze fertig werden, die sich über die ganze Stadt legte.

Jetzt wo die Sonne  wirkte die Glasfront des Foyers wie ein Treibhaus. Und es würde wohl noch etwas schlimmer werden, wenn die Sonne ganz am Himmel stand.

,,Und sie sind nochmal ?“ , wollte Leah wissen.

,, Falk.“ , antwortete er, nach kurzem Zögern. ,, Wenn sie das meinen. Ansonsten, ein EV.“ Falk sah sich erneut langsam im Foyer um, in das nun die ersten vereinzelten Gestalten eintraten. Die meisten trugen graue Overalls und gehörten wohl zum Technikerstab des Towers. Man wollte sicherstellen,

dass es keine Pannen gab, vermutete er.

,, Ich war noch nie hier.“ , stellte Falk beiläufig fest. Die Glasdecke über seinem Kopf war über mehrere  vielleicht einen Meter dicke, Metallträger gesichert, die direkt unter dem Glas verliefen. Allerdings hatte der Architekt die Stützen so geschickt angebracht, dass sie dem Auge kaum auffielen.

,,Sie arbeiten nicht für Isaac , oder ?“ , fragte Leah.

,, Nein ich bin ihm nur zufällig begegnet. Und… Ohne den Doktor wäre ich wohl nicht mal durch die Tür gekommen.“ Es war eine Feststellung. Es nützte nichts, deshalb wütend zu werden. Trotzdem konnte er es nicht  ganz verhindern. ,, Ich glaube wir werden wohl die einzigen EVs hier  bleiben, wie ?“

,, Sie sollten sich glücklich schätzen.“ , meinte Leah.

,,Was ?“ Die Antwortüberraschte ihn so sehr, dass er einen Augenblick nur verwirrt dastehen  konnte.  ,, Denken  sie ich habe mir das ausgesucht ? Darum gebeten ? Ich kann kein öffentliches Gebäude betreten, ohne mich dabei schief ansehen zu lassen. Ich muss mir von der Church erklären lassen, ich sei ein Monster und gegen den Willen irgendeines Gottes und sie sagen mir jetzt ernsthaft… “ , Falk verstummte. Seine alte Wut, die kurz wieder zum Vorschein gekommen war verrauchte.  ,, Sie können ja nichts dafür. Sie arbeiten in Sterlings innerem Kreis. Ich wette, da haben sie schon ihre eigenen Erfahrungen gehabt. “

Leah schüttelte lediglich den Kopf. ,, Sterling sagt immer, ich solle lieber stolz darauf sein, was ich bin, egal, was andere sagen.

Nicht was wir sind, nicht unsere Gene,  machen uns Menschlich, sondern wie wir uns verhalten, handeln und denken.“

,, Das macht es nicht wirklich einfacher.“ , erwiderte er und drehte sich weg. Trotzdem brachten ihn die Worte kurz zum Lächeln. Es war wenig, nur Worte, Laute, aber… es machte ihm Hoffnung.

 Trotzdem, als er sich wieder der Schwarzgekleideten Gestalt zuwendete, hatte sich sein Tonfall wenig verändert. ,, Es ist vielleicht schön, wenn sie sich das einreden können, deshalb wird es aber nicht wahr…“

Leah trat einen Schritt auf ihn zu,.

Falk  musste sich zwingen nicht wegzusehen. Er hatte sein Leben im Schatten verbracht. Sie offenbar nicht. Und das spürte man, so sehr er es auch leugnen wollte.

Was vor ihm stand war, was er sein könnte…

,, Falk,  niemand kann sich aussuchen, wie man geboren wird, aber wir können uns freie entschieden, ob wir uns Vorurteilen und Misstrauen  akzeptieren, oder ob wir mit erhobenen Kopf durch leben gehen, eben grade deshalb.“ , schloss Leah.

,, Sterling hat ja auch leicht reden.“, gab er zurück.

Leah wirkte einen Moment wütend, als wollte sie ihn zurechtweisen. Dann jedoch

wischte sie  sich lediglich  eine der seltsam bunten Haarsträhne aus dem Gesicht.

,, Sie kennen ihn nicht und wissen nichts über ihn.“

 

,, Ich hab seine Biographie gelesen… ich glaube ich habe sie sogar auf meinem Tablett…“ Er tastete nach der Umhängetasche mit dem Computer. Nicht weil er wirklich danach suchte, aber vor allem um eine Gelegenheit zu haben Leahs Blick zu entkommen.

Der wütende Ausdruck verschwand endgültig wieder aus ihrem Gesicht und wirkte stattdessen einem Moment, verdutzt,  Plötzlich fing sie an zu lachen.

,,Was ?“

,, Du glaubst …“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. ,, Falk, ein Buch ist nur Text. Es kann gutes darin sein, oder Schwachsinn. Aber letztlich bleibt es eben nur Papier, nichts… lebendiges. Du hast Isaac doch grade kennengelernt… wirkt er wie jemand, den man zwischen 2 Buchdeckel packen kann? “

,, Nein“ , musste er zugeben. ,, Ehrlich gesagt, ich habe jemand… anderes erwartet schätze ich. Von seinem Verhalten her meine ich. Hat er Familie?“

,, Ich dachte sie hätten seinen Lebenslauf gelesen.“

,, Die Jahre nach der Gründung von Future Dynamics. Doktor Sterling hält sich was sein Leben davor angeht offenbar recht bedeckt.“

,, Dazu hat er auch allen Grund.“ , erwiderte Leah und auf Falks fragenden Blick ,, Er wird es ihnen selbst sagen oder nicht, wenn er möchte. Wenn sie mich jetzt ebenfalls entschuldigen würden.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Leah und verschwand ebenfalls in Richtung der Aufzüge.

Falk ließ sich auf einen der aufgestellten Stühle fallen. ,, Einfach Großartig.“ , er sagte die Worte laut und sie hallten in dem fast menschenleeren Saal ungewöhnlich lange nach.

Er nahm den Tablett-Computer aus der Tasche und überflog einige Nachrichten und Schlagzeilen , die auf dem Bildschirm auftauchten. Dann wechselte er weiter zu einer Sammlung an E-Books.

Neben einigen aktuellen Romanen, die alle noch ungelesen waren fanden  sich noch Ovids Metamorphosen.  Er las überhaupt keine Klassische Literatur. Das musste einfach langweilig sein. Falk  konnte sich kaum daran erinnern, das Buchüberhaupt  gekauft zu haben.

Und darunter befand sich  noch eine Biographie.  Isaac Sterling -Der Mann mit einem Traum, der Welt ein neues Gesicht zu geben.

Ohne lange nachzudenken löschte er den Text. Er hatte jetzt wohl Gelegenheit sich ein eigenes Bild zu machen.

Vorurteile…

Vielleicht musste er selbst mit ein paar davon aufräumen. Noch während des Gedankens öffnete er das Textdokument mit Ovids Gedichten.

 

Der Raum war mittlerweile mehr als nur überfüllt. Sämtliche Plätze vor der Bühne waren besetzt und überall, wo keine Stühle standen hatten sich weitere Zuschauer versammelt. Soweit Falk das von seinem Platz aus erkennen konnte standen einige sogar vor dem Turm und warteten. Aber wohin er  auch blickte, er entdeckte keinen einzigen anderen  EV.

Trotzdem fühlte er sich in der Menge weniger beunruhigt als auf dem Weg hierher. Alle waren zu sehr damit beschäftigt, die vier Personen zu beobachten, die grade auf die Bühne traten.

Da war natürlich Doktor Sterling, den Falks sofort erkannte. Dann Amelia Khanna , deren Anwesenheit hier ihn wenig überraschte. Das Churchsymbol an ihrem Hals konnte er selbst über die Menschenmenge hinweg problemlos ausmachen.

  Der zweite Mann auf der Tribüne wiederum musste Kian Featherstone  persönlich sein.

Eine hagere Gestalt im grauen Nadelstreifenanzug, dessen unterlaufene Augen die Menge vor ihm beobachten und einzuschätzen versuchten. Er wirkte älter, als Falk ihn non seinem letzten Presseauftritt in Erinnerung hatte.  Er konnte geradezu spüren, was im Kopf des Mannes vorging. Eiskalte Berechnung politischer Interessen.

Wo Sterling sich offenbar von seiner Leidenschaft hinreißen ließ schien Feahterstone der kühle Gegenpol zu sein.

Der letzte Mann war wohl lediglich ein Mediator, den weder erkannte Falk ihn, noch schienen Featherstone oder Khanna ihm viel Aufmerksamkeit zu schenken.

,, Heute ist ein großer Tag.“ , begann Sterling nun.

,, Groß vor allem für sie.“ , erwiderte Khanna.

Der Doktor ging jedoch nicht darauf ein und ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. ,, Ich möchte zuerst allen Danken, die heute ihren Weg hierher gefunden haben. Und zweitens mit einigen Gerüchten aufräumen, die… mein Spezialgebiet betreffen. Vor der Unterzeichnung der Verträge will ich mich gerne allen Fragen stellen, die sie… oder auch der Stadtkanzler oder meine Kollegin aus dem Stadtrat in den letzten Jahren geäußert haben.

Es ist jetzt mehr als zwanzig Jahre her, das ich mit meiner Arbeit begonnen habe und es war eine Aufregende Zeit, nicht nur für mich. Viele hier dürften sich noch an die schweren Jahrzehnte erinnern, die hinter uns liegen. Jahrzehnte, deren Überwindung wir nicht zuletzt EVs zu verdanken haben, egal was manche sagen möchten.“

,, Könnten sie ihre Methoden vielleicht einmal erläutern ? Wie sind wir so weit gekommen?“ , wollte der Mediator wissen. Er sah auf einen Tabletcomputer, den er mit sich herum trug und auf dem vermutlich Fragen aus dem Publikum oder auch über das Intranet der Stadt auftauchten.

Falk selbst tippte einige Augenblicke unruhig selbst auf seinem Computer.  Mit Händen stärker als unsere…  Was sollte das bedeuten?  Schließlich löschte er aber wieder alles, ohne die Frage abzusenden.

,, Die frühen Beginne der Genetischen Forschung dürften nur den ältesten noch selbst bekannt sein. Letztlich lief alles darauf hinaus, das Genom überhaupt aufzuschlüsseln und aufzuzeichnen.  Das Humangenomprojekt nahm Jahre in Anspruch. Damit aber hatten wir den Schlüssel zum Verständnis unserer eigenen Genetik in Händen. Einen Schlüssel, den wir viele Jahre lang fürchteten. Rote Gentechnik am Menschen anzuwenden schien außer aus diagnostischen Gründen immer ein Tabu.

Manche hier glauben das nach wie vor. Aber das sind nur Spielereien. Am ureigenen Genom eines Lebewesens zu arbeiten, einzelne Gene an oder abzuschalten, das ist eine alte Methode.  Was wir tun, ist völlig neue Fremdsequenzen einzubringen. 

Eigenschaften , die so in der menschlichen Grund-DANN nicht vorhanden sind.  Funktionelle Sequenzen aus Tieren. Manchen wiederum mag das unethisch erscheinen.

Aber ich gebe zu bedenken: Der Mensch ist das unvollkommenste aller Tiere. Wir können praktisch nichts besonders gut und alles nur durchschnittlich. Unsere Augen erkennen nur einen winzigen Teil des Lichtspektrums. Wir sind nicht besonders schnell. Unsere Ohren sind verglichen mit anderen Lebewesen praktisch Taub und unsere Nasen darf ich als Schandfleck der Evolution bezeichnen.

Das einzige, was uns besonders macht, ist unsere Intelligenz.

Und warum diese nicht nutzen um unsere natürlichen Unzulänglichkeiten auszumerzen? Eine berechtigte Frage, wie sie zugeben müssen. Aber so einfach ist es nicht. Das Erbgut eines Ausgewachsenen Lebewesens zu verändern ist praktisch unmöglich, weil einem nur die DNA aller Zellen auszutauschen bliebe. Ein Ding der Unmöglichkeit. Wir waren also gezwungen andere Wege zu gehen. Eizellen oder Blastozysten  sind eine andere Geschichte. Wenige Zellen erlauben uns überhaupt erst zu Arbeiten.   Zuerst an Tieren und schließlich an Menschen. Die Ergebnisse, das gebe ich zu, sind nicht immer sauber.  Auch tausend Versuche kommt vielleicht ein Erfolg, aber selbst das ist deutlich mehr, als wir Anfang dieses Jahrhunderts auch nur zu hoffen gewagt hätten.

,, Sind EVs also.. besser ?

,, Sie sind leistungsfähiger, geschickter und unempfindlicher. Was für einen Menschen unzumutbar ist, stellt für einen entsprechenden EV nur ein kleines Problem dar. Ich würde aber nicht das Wort besser verwenden. Unsauberes Arbeiten bei der Einbringung neuer Sequenzen hat schnell unabsehbare Folgen. Die animalisch Wirkenden Merkmale mancher EVs sind eben darauf zurückzuführen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir den Punkt erreichen werden, wo wir  völlig saubere Sequenzen und damit nicht mehr von normalen Menschen zu unterscheidende EVs haben werden. “

,, Es sind und bleiben keine Menschen.“ , warf Amelia Khanna ein.

,, Entschuldigung ?“ Der Mediator sah zwischen der Frau und Sterling hin und her. ,, Sie haben später noch Zeit ihre Gegendarstellung zu äußern. Ich würde sie bitten, bis dahin zu warten.“

,, Miss Khanna… Ich versuche manchmal wirklich ihren Standpunkt zu verstehen…“ ,, Es ist nicht richtig Gottes Geschöpfe derart zu verändern. Sie sind nicht der Schöpfer.“ , unterbrach sie ihn.

,, Ich möchte sie einmal bitten, über folgendes Nachzudenken Amelia.“ ,  fuhr Sterling ruhig fort.

,, Ich habe die Menschen gerettet. Ohne mich wäre diese Stadt nie entstanden… und sie wären vermutlich in einer Mine gestorben, statt es sich in einer Millionärsvilla auf dem oberen Stadtring bequem zu machen. Einer Stadt erbaut von EVs. Nicht von ihrem Gott.“ Er lächelte überlegen, als die Churchlerin zurücktrat.

,, Sie haben das Wort Featherstone.“ , meinte Sterling schließlich. ,, Ich glaube nicht, das Miss Khanna heute noch etwas beizutragen hat.“ Falk musste Sterling innerlich wieder Respekt zollen. Auf der einen Seite bewunderte er, wie er die Church-Vertreterin mit wenigen Worten ausgebremst hatte. Auf der anderen … erschien Sterling ihm plötzlich nicht mehr nur Freundlich und von seiner Sache überzeugt. Er wirkte Gnadenlos.

Nur Stadtkanzler Featherstone wirkte davon unbeeindruckt, als er nun vortrat. Genau so Selbstsicher wie Sterling, aber mit mehr zu verlieren als dieser.

Das konnte nichts gutes bedeuten. Irgendeinen Trumpf musste der Mann noch haben.

 

Part 7 Die Verfolgung

 

Search some way to start anew

If I only knew

Something lost in the past

that I cant erase

Assasins and old shadows

Its just another calamity

Everything seems just like a vanity

Lets let them pay

 

 

 

,, Würden sie mir erklären, wie sie diesen Leuten klar machen würden, das sie ihre Jobs in Zukunft mit EVs teilen müssen ?“

Sterling sah einen Moment aus, als wäre ihm zum Lachen zumute. ,, Sie wiederholen das immer wieder. Dabei übersehen sie,  dass der gesamte Stadtrat mich bei meinen Antrag auf die Verträge unterstützt hat. Es wird keine Gefährdung von Arbeitsplätzen für irgendjemanden  geben Featherstone.

EVs, und da bin ich mir sicher, werden weiterhin ihre Aufgaben übernehmen. Alles, was wir nicht können. Ich will helfen,  EVs sollen helfen mehr nicht. Es werden mehr Jobs durch die Verträge entstehen, als auch nur Potentiell verloren gehen könnten. Dann mit den Verträgen können wir endlich den Fehler ausmerzen, der sich Breitgemacht hat. Das wir uns alle wieder als Menschen sehen können, unabhängig wie rein unsere DNA ist.“

,, Es ist do so, Sterling.  Egal, wie sie vorhin versucht haben das zu leugnen. Es sind keine Menschen. Waren das nicht sogar ihre eigenen Worte, als ihnen der Ethikausschuss 2063 die Weiterführung ihrer Genforschung gestattete. ? Ihre eigenen Worten ,  als sie mit den  Vorschlag kamen, nicht weiter an bloßen  Simulationen  und Tierversuchen zu arbeiten, sondern einfach mit der Praxis beginnen wollten ?“

Da war er also. Featherstones Trumpf. Falk beobachtete Sterling jetzt angespannt. Der Raum war mittlerweile vollkommen Still geworden. Selbst das endlose leise Gewitter der Fotografen schien einen Augenblick auszusetzen.

Und in diesem kurzen Moment der Ruhe bemerkte Falk noch etwas anderes aus dem Augenwinkel. Oder nicht mal aus dem Augenwinkel. Er war sich später nicht mehr sicher, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Aber er sah nach oben, wo die Stahlstreben verliefen.

Eine grün gekleidete Gestalt balancierte auf einem der Träger und trat lautlos an die Kante des selbigen, der über die Bühne ragte.

Was zum…

,, Das war ein Fehler.“ , begann Sterling auf der Bühne nun wieder zu sprechen. ,, Schluss mit dem Speziesismus. Wir haben lange genug…“  

Alles schien unendlich Langsamer abzulaufen. Als wäre die Zeit kurz zu Sirup geworden.

Falk stand auf. Irgendetwas stimmte nicht. Einige Köpfe drehten sich unruhig in seine Richtung, während er die Gestalt auf dem Stahlträger beobachtete.

Der Fremde hatte sich mittlerweile aufgerichtet und neben Falk bemerkten ihn nun auch andere.

,, Was macht denn…“ , bevor der Sprecher den Satz zu Ende brachte, hatte der hoch über ihnen stehende Fremde bereits etwas aus der Tasche gezogen, das Falk zu seinem Bedauern sofort erkannte.

Nein, verdammt nein, konnte er noch denken, bevor das Mündungsfeuer der Waffe aufblitzte. Seltsamerweise hörte er fast nichts. Schallgedämpft.

Eine Kugel traf Amelia Khanna, die grade direkt vor Sterling stand. Ob aus einem Versuch heraus ausgerechnet den Doktor zu schützen oder aus Zufall. Es war egal, die Kugeln verfehlen ihre Wirkung nicht.

Drei Projektile Durchschlugen den Körper der Churchlerin, die praktisch sofort Tod zu Boden fiel.

Eine weitere Kugel jagte über sie hinweg und Sterling in die Brust.

Featherstone hingegen wurde sofort von einem halben Dutzend Leibwächter umstellt, die auf die Tribüne stürmten.

Die Gestalt auf dem Stahlträger gab noch ein paar Schüsse wahllos in die Menge unter sich ab, bevor sie losrannte. Falk verlor sie praktisch sofort aus den Augen, als die Panik endgültig über die Menschen hereinbrach.

Er hatte nur die Wahl mit dem Strom zu schwimmen oder übertrampelt zu werden.

Also ließ er sich, anfangs mit Wiederstand mit aus dem Gebäude treiben. Irgendwo in der Ferne heulten bereits die Sirenen.

 

Falk stolperte ein wenig erleichtert ins kühle Freie. Kurz hatte er geglaubt, er würde es gar nicht mehr schaffen, so verzweifelt versuchte jeder als erster  heraus zu kommen, während gleichzeitig die Mittlerweile eingetroffenen Rettungskräfte einen Weg ins Innere suchten.

Die Sonne stand genau über dem Turm und leuchtete die Szenerie unwirtlich aus, als hunderte von Menschen aus dem Light-Tower strömten.

Falk selbst versuchte seien Gedanken zu ordnen.  Ein Attentat. Und dann ein derart dreistes. Sein Verstand versuchte die Folgen abzuwägen aber… er wusste nichts.

Er tastete nach seinem Tabletcomputer fand ihn aber nicht da, wo er sein sollte. Natürlich, er hatte ihn drinnen gelassen.

Ohne zu Fragen riss er einem der vorbeiströmenden den eigenen Computer aus der Tasche. Der Mann bemerkte nichts. Seis drum.

Rasch rief er einige Nachrichtenportale auf, auf denen bereits erste kurze Meldungen auftauchten.

,, Anschlag am Light Tower, Restaurationskirchenvertreterin Tot, Doktor Sterling, der Vater der Chimärologie ebenfalls Opfer eines Attentats. Kanzler Featherstone offenbar  unverletzt. Mindestens drei weitere Tote oder Verletzt.“

Das war nicht viel.

Er ließ das Gerät einfach in seiner Tasche verschwinden. Aber eins war ihm klar. Die Verträge würden heute nicht unterschrieben werden…

Wer immer der Attentäter gewesen war… er hatte alles mit ein paar Kugeln zu Nichte gemacht.

Falk musste einen Anflug von Wut unterdrücken. Es hatte keinen Sinn…

Es war vorbei. Aber Narren, die die Dinge mit Gewalt lösen wollten gab es immer und immer wieder. Das war doch kein Weg… Nicht für ihn. Nicht mehr.

Er drängte sich zwischen den auf dem Platz versammelten Menschen hindurch. Einige Sanitäter  trugen mehrere schwarze Leichensäcke aus dem Tower, während mehrere Polizisten den Eingang absuchten. Den Flackernden Lichter, die Falk in der Ferne sah nach zu urteilen wurde auch die Umgebung abgesucht.

Er würde jedoch nicht länger bleiben. Er hatte genug gesehen. Er passierte mehrere Rettungswagen, deren Lichter die Umgebung in einen ständigen Wechsel aus Blau und Rot tauchten. Offenbar bildeten die Fahrzeuge einen Kreis um den Platz.

Kleiner Gruppen verwirrter Besucher hatten sich davor versammelt, unterhielten sich gedämpft oder sahen einfach nur vor sich hin.

Falk beachtete sie kaum, als er zwischen zwei Wagen hindurchzutreten versuchte.

,, Entschuldigen sie Sir, sie müssen noch bleiben, „ , hörte er eine Stimme hinter sich. Aus den Augenwinkeln erkannte er eine Frau und einen Mann  in Polizeiuniform ,, Wir brauchen erst Aussagen von...“

Auch das noch. Er hatte keine Lust stundenlang hier herum zu stehen.

Falk wich zur Seite hinter einen der Rettungswagen zurück, so dass er für ein paar Sekunden aus dem Blickwinkel der beiden Beamten verschwand. Im nächsten Moment  zog er sich bereits unter den Boden des Fahrzeugs hindurch und tauchte Geschickt auf der anderen Seite, jetzt im Rücken der Polizisten wieder auf.

Diese sahen sich nach allen Seiten um. ,, Wo ist der denn hin…“

Bevor sie jedoch auf die Idee kamen, sich hinter ihnen umzusehen war er bereits wieder in der wartenden Menge verschwunden und suchte einen anderen Ausweg.

Er fand auch bald eine Lücke zwischen zwei weiteren Fahrzeugen über die er endlich vom Platz des Light Towers gelangte.

Die Wege um den Turm waren überfüllt mit weiteren Autos und Transportern, in denen bereits Schaulustige oder Reporter warteten und nur von einigen weiteren Polizeibeamten zurück gehalten wurden.

Falk bemühte sich, so schnell wie möglich in der Masse zu verschwinden und hindurchzukommen.

Niemand schien ihn zu bemerken, während er sich seinen Weg suchte. Wohin auch immer. Zurück nach Hause. Es schien beinahe lächerlich.

 Falk blieb ruckartig stehen. Er hatte das Ende des Menschenauflaufs erreicht. Vor ihm lagen nur noch die um diese Tageszeit nicht weniger dicht befahrenen Straßen der Himmelsplattform.

Die gewaltigen Fassaden  Firmengebäude ragten um ihn herum auf und reflektierten die Sonne blendend grell. Das aber war s nicht, was ihn zum Anhalten gebracht hatte. Vor ihm, keine fünfzig Meter die Straße hinab lief eine Gestalt in einer ausgebeulten grünen Jacke. Eine, die er schon mal gesehen hatte. Zweimal…

Es war ihm nicht gleich aufgefallen, aber das war der Mann, den er am Bahnhof begegnet war. Und das Waffenmagazin…

Das gab es doch nicht.

Ohne groß nachzudenken rannte er auf den EV zu, der sich, durch das Geräusch der Schritte aufgeschreckt nach ihm umdrehte.

Spätestens jetzt hatte Falk keine Zweifel mehr.

Die seltsam blasse, schimmernde  Haut und die rötlich geränderten Augen hatte er schon einmal gesehen.

,, Hey.“

Der Schütze rannte los, sobald er Falk erblickte. Quer über die Straße hastend achtete er kaum auf den Verkehr oder die empörten Rufe der Autofahrer, die allesamt eine Vollbremsung hinlegen mussten.

Ein Wagen bremste direkt vor Falk, so dass er sich über die Motorhaube abrollen musste. Ein Reflex. Offenbar war er doch noch nicht ganz aus der Übung.

Der Verfolgte Attentäter sah sich erneut nach Falk um. Ohne Vorwarnung riss er eine Hand aus der Tasche. Eine Pistole mit Schalldämpfer tauchte darin auf.

Falk hatte grade noch Zeit sich hinter ein am anderen Straßenrand geparktes Auto in Deckung zu werfen.

Die Kugeln hielt das dünne Blech nicht auf, aber wenigstens konnte der Mann so nicht direkt auf ihn zielen.

Er konnte kaum  hören, wie mehrere Kugeln tödlich leise  über seine Deckung hinwegfegten und einige das Auto trafen. Eine Scheibe zersplitterte und ein weiteres Projektil riss ein Stück Blech mit sich.

Wie war der Fremde mit der Waffe überhaupt durch die Security gekommen? Die Metalldetektoren würden eine Pistole niemals entgehen. Es sei denn…

Er sprang auf und verfolgte die Gestalt weiter, die ihren Abstand mittlerweile erheblich Vergrößert hatte.

Es sei denn, die Waffe bestünde aus Plastik.  Es wäre durchaus möglich als sich entsprechende Teile an einem 3D-Drucker zurechtzumachen. Nicht grade haltbar, aber für die Zwecke des unbekannten Mannes wohl mehr als genug.  Allerdings waren alle verkauften Geräte so eingestellt, dass es unmöglich wäre, damit eine funktionstüchtige Waffe herzustellen. Eine Sperrung, die fast unmöglich zu umgehen war.

Falk zwang sich nicht weiter nachzudenken, sondern setzte weiter dem Schützen nach.

Er konnte mittlerweile auch näher kommende Sirenen hören. Natürlich war die kurze Verfolgungsjagd direkt hinter dem Light-Tower nicht unbemerkt geblieben und jemand hatte eins und eins zusammengezählt.

Falk sah die grün gekleidete Gestalt auf ein Grundstück einbiegen, das zu einem der Firmensitze gehörte. Ein dreistöckiges Gebäude, das sich grade im Aufbau befand erhob sich durch ein Stück Brachland von der Straße entfernt.

Der Schütze blieb so abrupt stehen, da Falk beinahe in ihn hineingelaufen währe. Ohne zu zögern riss er erneut die Waffe hoch.

Verdammt…

Falk tauchte schneller als jeder Mensch  unter dem Ausgestreckten Arm hindurch und hörte kurz darauf wie sich mehrere Schüsse aus der Pistole lösten, die ihn jedoch verfehlten.

Bevor der Mann die Zeit finden konnte, noch einmal auf ihn zu zielen, stürzte Falk sich auf ihn und versuchte, der Waffe habhaft zu werden. Irgendwie schaffte der Schütze es trotzdem, noch einmal den Abzug zu betätigen. Die Kugel streifte ihn lediglich  am Kopf und hinterließ eine blutige Linie.

Der Schütze versetzte ihm einen Tritt in die Magengrube, den er jedoch kaum mitbekam. Mehrere ungezielte Schläge folgten.

Sein Glück war mehr als Überstrapaziert. Kam der Fremde noch einmal mit der Waffe auf die Beine, wäre er tot. Falk schlug dem Mann seinerseits gegen die Schläfe, worauf sich dessen Griff um die Pistole endlich löste.

Hustend, aber mit der Pistole nun in der Hand, kam Falk wieder zum Stehen. Einen Augenblick stand er schweratmend und gebückt da, bis er bemerkte, wie auch der Schütze sich wieder erhob.

Sofort richtete er die Waffe auf diesen. In der Nähe konnte er bereits Polizeisirenen hören.

,, Schön… Schön bleiben wo sie sind.“ , rang er zwischen zwei Atemzügen hervor.

Die Gestalt ignorierte ihn und kam stolpernd auf die Beine.

,, Ich habe gesagt stehen bleiben.“

Ohne ihn auch nur anzusehen beschleunigte der Mann seine Schritte.

,, Ach verdammt.“ Er wollte einen Warnschuss vor die Füße des flüchtenden Mannes abgeben, aber alles, was die Waffe hergab war ein trockenes Klicken. Keine Munition mehr…

Er wollte grade erneut losrennen, als das erste Polizeiauto gefolgt von drei weiteren auf das Grundstück gefahren kam.

Sofort sprang ein dutzend Beamte in Sturmpanzerung  ins Freie und umstellten… ihn.

Natürlich, er hielt ja noch die Waffe in der Hand…

,, Sie sollten sich beeilen, der Mann dort…“ Falk sah in die Richtung, in die der Schütze geflohen war.

Niemand war mehr zu sehen.

Aber so schnell konnte er doch unmöglich…

,, Da, das ist der Mann der auf mich geschossen hat.“ Falk erkannte die Stimme wieder und als er sich umdrehte, stand Featherstone knapp außerhalb das Rings aus Beamten und deutete ausgerechnet auf ihn.

Das konnte doch unmöglich wahr sein…

,, Sir lassen sie sofort die Waffe fallen.“ , wies ihn einer der Beamten an.

Falk warf die Pistole zu Boden. Die war ohnehin leer.

Sofort schloss sich der Kreis aus  Polizisten endgültig um ihn und er merkte, wie ihm jemand Handschellen anlegte. Das war doch ein schlechter Scherz.

 Im nächsten Moment spürte er einen kurzen Einstich am Hals. Sein Gesichtsfeld verengte sich sofort. Das letzte was er sah, bevor das Betäubungsmittel endgültig anschlug war , über die Schultern mehrerer Polizisten hinweg, das Gesicht von Kian Featherstone.

 

 

Part 8 Die Fragen

Just  all of us

We have our history

In which nothing was sacred.

All they ever thought me was hatred

Glass shards  and broken souls on the floor.

This world is rotten right to the core

Cant see whats happening

Any more

Lets bring some light.

 

 

 

Falk starrte an die Decke seiner kleinen Zelle und zählte die Risse im Beton.

Er konnte nur zu gut verstehen, wieso der Stadtkanzler ihn beschuldigt hatte. Und dieses Verständnis machte ihm Angst.  Er setzte sich auf. Es war ein Todesurteil. Wenn nicht mehr.

Der Raum in dem er sich befand war kaum größer als ein Schrank und zwischen der Rückwand und einer Barriere aus bruchsicherem Glas lagen vielleicht vier Schritte.

Soweit er sagen konnte, war er nicht mehr auf dem zweiten Stadtring der Himmelsplattform. Vermutlich nicht einmal mehr im darunter liegenden  ersten. Die Gefängnisse, die ihm bekannt waren lagen allesamt außerhalb der Kernstadt von Vektor, aber sicher sein konnte er nicht. Es gab kein Fenster, das ihm zumindest erlaubt hätte sich einen Überblick zu verschaffen.

Ihm blieb nur abzuwarten. Er hatte nichts mehr. Der Computer war weg, die Waffe sowieso und selbst seine Kleidung hatte er vor den Augen der Polizisten Austauschen müssen.

Er hatte die Überraschung, gefolgt von der üblichen Ablehnung  als sie die Federn auf seinem Rücken gesehen hatten bemerkt.

Offenbar hatten sie ihn bis dahin noch für einen Menschen gehalten.

Und dann hatten sie natürlich seine Daten und seine Strafgeschichte überprüft. Er glaubte nicht, dass er noch eine große Chance hatte. Aber… sie mussten etwas finden, das seine Unschuld bewies. Zumindest versuchte er immer noch darauf zu hoffen. Fingerabdrücke. Wenn sie die auf der Waffe überprüften musste auffallen, das es zwei verschiedene Paar gab, oder ?

Wenn ihnen das Wort des Kanzlers nicht Beweis genug war…. Deshalb wütend zu werden Verbot er sich nach wie vor.

Schritte auf dem Gang, die sich seiner Zelle näherten, rissen Falk aus seinen Gedanken.

Langsam stand er auf und trat an die Glaswand heran um etwas zu erkennen.

Im nächsten Moment wünschte er sich, er hätte es nicht getan, denn er fand sich Angesicht zu Angesicht mit Kanzler Featherstone wieder.

,, Was zur Hölle wollen sie denn hier?“

Er bekam keine Antwort. Der Mann war offenbar in Begleitung zweier weiterer Personen, die wohl die Funktion von Leibwächtern erfüllten.

,, Ich könnte ihnen ja beinahe gratulieren.“ , meinte Falk nach weiteren Sekunden des Schweigens und trat ein paar Schritte zurück. ,, Ich kann mir vorstellen, dass sie sich jetzt selbst auf die Schulter klopfen… wie sie das gelöst haben. Der Anschlag kam ihnen doch nicht etwa ungelegen?“

Featherstone ging nicht auf die Unterschwellige Anschuldigung ein, als er endlich selbst zu sprechen begann: ,, Sie wurden beobachtet, wie sie den Tatort verließen. Sie wurden gesehen als sie das Gebäude betraten. Sie sind zwei Polizisten davongelaufen. Die Waffe wurde bei ihnen gefunden.

Sie haben Schmachspuren an ihrer Kleidung und den Händen. Ihre Fingerabdrücke waren an der Waffe. Keine sonst.“

Verdammt… Soviel zu dieser kleinen Hoffnung.  Hatte der Schütze etwa Handschuhe getragen? Und er war so nah gewesen, als dieser auf ihn gefeuert hatte… daher die Schmachspuren. Das war beinahe zu perfekt. Hatte der Fremde EV es am Ende genau darauf abgesehen gehabt?

,, Sie wissen genau, das ich es nicht war.“ , erklärte er. ,, Warum lügen sie ? Sind sie so darauf bedacht einen Vorteil aus all dem zu ziehen? Khanna ist tot. Sterling auch. Ist ihnen das alles so wichtig?“

Der Kanzler schien einen Moment verwirrt, als Falk die Namen der Toten nannte, dann fuhr er aber Selbstsicher fort. ,, Vielleicht… vielleicht nicht. Die Menschen in jedem Fall  kümmert das nicht. Es war ein EV der Schoss, das ist es was für sie  zählt. Und das werden wir ihnen liefern.“

Falk wendete sich vom Glas ab. Was immer der Mann hier wollte, er konnte es sich fast denken, das Wort Geständnis blitzte kurz in seinem Kopf auf, es interessierte ihn nicht. Und er würde ihm nicht mehr zuhören. Die Alte Wut meldete sich zurück, die Art von Wut und Verachtung, die er sich nicht erlauben wollte.

,, Sie nutzen das alles aus, als wäre das alles ein Spiel. Als wären keine Menschen gestorben…“

,, Khanna hat das provoziert. Vielleicht auch Sterling.“ , gab der Kanzler zurück. ,, Irgendjemanden gefiel nicht, was sie taten. Irgendjemand hat einen Fehler korrigieren wollen. Als Sklaven, als Arbeiter seid ihr wertvoll, Falk. Als Bürger… wertlos.“ Ruhig, befahl Falk sich. Er will dich nur provozieren, darauf zielte dieses ganze seltsame Schauspiel doch ab. Ein Schauspiel, das an seinen Nerven zehrte, je länger es dauerte. Es sollte einfach vorbei sein. Er würde jedes Angebot annehmen, dass der Mann machte. Er hatte nicht wirklich irgendwelche  Optionen offen. ,, Sie sind nur ein Tier, sie verdanken ihr Leben nicht mal sich selbst, sie verdanken es der Gnade dieser Gesellschaft, die Kreaturen wie sei weiterexistieren lässt.  Sie sind…“

,, Sie wissen gar nichts.“ Falk schlug frustriert gegen die Scheibe, die allerdings kein Stück nachgab. Dafür allerdings der Kanzler, der wie ein erschrecktes Insekt von der Barriere zurücksprang . Er stolperte in Richtung des gegenüberliegenden Walls, wo er sich an einem Heizungsrohr abstützte.

Damit hatte er nicht gerechnet. Wiederworte, Opposition. Nicht von einem EV.

Einen Moment genoss den verängstigten Eindruck des Mannes, etwas, das er sich sofort wieder Untersagte.

Die Angst wich allerdings sofort Wut oder wurde damit überspielt. Falk verfluchte sich innerlich. Er hatte sich einen Feind gemacht.

,, Ich weiß vieles Falk. Ich weiß wer sie sind. Ihre Komplette Geschichte.“

,, Meine Geschichte geht sie gar nichts an.“ , rief Falk und musste sich zurückhalten, nicht noch einmal auszuholen.

,, Die ELL.  Sie waren fünf Jahre dort, ganz oben. Was mich interessieren würde, ist warum sieausgestiegen sind. Kurz bevor ihre kleine Truppe bei einem Feuergefecht mit der Polizei umkam. Den Richter wird das aber kaum kümmern. Sie sind der perfekte Schuldige. Und Sterlings verrückte Idee  ist erledigt, mit einem mordenden EV.“

Falk wusste, dass er verloren hatte. Auf ganzer Linie. Es blieb ihm nur noch eines.

,, Was wollen sie ?“

Entfernter Lärm, wie Metall, das auf Metall schlug. Falk achtete kaum darauf, als er auf die Antwort des Kanzlers wartete

,, Ich will so ehrlich wie möglich sein, es sieht nicht gut für sie aus. Sie können bei einer Verurteilung, und die wird es geben glauben sie mir, mit nicht weniger als der Todesstrafe rechnen. Ein EV weniger oder mehr kümmert auch die Richter nicht. Ich will sie jedoch nicht tot sehen.  Ich ergreife hier nur eine Gelegenheit. Was ich will, ist ein Geständnis.  Dann kann ich dafür sorgen, dass man sie zumindest nicht hinrichtet. Wie einen bissigen Hund.“

Falk ging einen Augenblick in der Zelle auf und ab. Das die Augen des Kanzlers ihn dabei verfolgten war klar.

Frustriert setzte er sich schließlich auf das Bett und starrte ins leere. Das ging alles viel zu schnell.

Ohne es zu wollen, war er zu einem Politischen Spielstein geworden. Ein Spielstein um was zu tun… Featherstone wollte einen Schuldigen präsentieren. Aber wer war der echte Attentäter? Und vor allen Dingen… Er sah zu Featherstone. Ihm fiel grade nur einer ein, der einen Vorteil von dem Anschlag gehabt hatte.

,, Haben sie das etwa  alles geplant ?“ , wollte er wissen. Es schein zu passen, auch wenn er noch nicht ganz selbst glauben konnte, das Featherstoen so weit gegangen wäre. Andererseits… Andererseits wusste er, wozu  Menschen fähig waren. Trotzdem, das Angebot des Kanzlers zumindest sein Leben retten zu wollen stand im Wiederspruch dazu.

Es könnte ihm egal sein. Den letzten Sargnagel eines Geständnisses brauchte er nicht und ging er durch Falks Leben nicht sogar ein größeres Risiko ein?

Bevor der Stadtkanzler auf seine letzte Frage antworten konnte, sah Falk aus den Augenwinkeln eine Gestalt auftauchen.

Featherstone und seine zwei Leibwächter mussten auch etwas bemerkt haben und drehten sich um. Für die fremde Gestalt waren sie allerdings ein gutes Stück zu langsam.

Der erste Leibwächter hatte sich grade halb herumgedreht, als ihm der Neuankömmling bereits eine Elektroimpulswaffe in die Seite hielt und abdrückte.

Der Mann klappte sofort bewusstlos zusammen, während der zweite etwas schneller als sein unglücklicher Kollege reagierte.

Rasch hatte er einen Schlagstock in der Hand und holte aus.

Der Fremde trat beinahe entspannt zur Seite und ließ eine Faust in den Nacken des Mannes krachen, der ebenfalls bei seinem Gefährten auf dem Boden landete.

Featherstone wich zurück ,, Moment…“

Weiter kam er nicht, als ihm der Fremde ebenfalls den Elektroschocker an den Hals setzte. Er brach praktisch sofort zusammen.

Falk wunderte mittlerweile gar nichts mehr.  Das war unglaubliches Seltsames Ereignis Nummer vier oder fünf für diesen Tag. Mindestens.

Ohne ihn groß zu beachten machte sich der Fremde, den Falk jetzt zum ersten Mal Richtig sehen konnte an der Zellentür zu schaffen.

Eine Hälfte des Gesichts des Mannes war mit Fell bedeckt, was ihn sofort als EV auswies.

Er trug einen schwarzen Anzug ohne sichtbare nähte und eine Jacke in derselben Farbe darüber, so das er fast selbst wie ein Schatten gewirkt hätte, wenn da nicht die kurzgeschorenen,  strohblonden, fast weißen Haare gewesen wären.

,, Ich schätze ich darf mich… bedanken…. Hoffe ich…“

,, Ich bin nicht hier um sie zu töten, wenn sie das meinen.“ , sagte er kurz angebunden. ,, Wir sollten nur…“ Er ließ vom Schloss ab. ,, Leah, ich bekomm die verdammte Tür nicht auf.“

Falks Gedächtnis meldete sich bei dem  bekannten Namen sofort und keine zwei Sekunden später trat die EV, die wohl den Gang hinab Wache gehalten hatte in sein doch recht beschränktes Sichtfeld.

,, So sieht man sich wieder.“ , meinte sie, als sei das ganze mehr eine zufällige Begegnung.

,, Offenbar…“ Falk versuchte seiner Verwirrung her zu werden. Das ging grade alles zu schnell.

,, Können wir das vielleicht verschieben, wenn wir hier Weg sind ?“ , fragte der immer noch Namenlose Fremde.

,, Schon gut Gavin .“ Jetzt wusste Falk wenigstens wie der Mann hieß. ,, Das Schloss… verdammt. An alles Gedacht nur daran nicht.“ Sie klang überraschend ruhig, immer noch, als sei das alles ein gemütlicher Spaziergang und nicht der Versuch einen Häftling zu befreien.  ,, Können wir es nicht einfach aufbrechen?

,, Womit ?“ ,, Elektronisches Schloss ?“ , wollte Falk wissen.

,, Sieht so aus.  Tastenfeld .“ , antwortete  Gavin ihm. ,, Wieso ?“

,, Sollte nicht zu schwer sein, Brechen sie die Abdeckung mit irgendwas auf.“

Gavin sah ihn kurz skeptisch durch das Glas an. ,, Sie wissen wie man ein Sicherheitsschloss umgeht ?“

,, Ein wenig.“ , gab er zu. ,, Also die Abdeckung.“

Gavin machte sich sofort an die Arbeit und brach das Plastikgehäuse des Tastenfelds mit einem Ruck ab.

,, Und jetzt ?“

Falk versuchte sich zu erinnern.  Er hatte die Pläne… vor zu langer Zeit gesehen. Er musste sich gleichzeitig zwingen sich darauf zu konzentrieren und nicht darüber nachzudenken. Dass er selbst nichts sehen konnte war alles andere als Vorteilhaft.

,, Da müssten zwei Platinen sein. Eine große und eine kleine. Die Kleine  ist ein Sicherheitsschaltkreis, der bei Feuer die Türen automatisch öffnet. Reißen sie ihn raus, aber berühren sie die andere Platine nicht mal, sonst gibt es eine Sperre für das Schloss..“ Es dauerte nicht lange und ein kurzer Ton erklang. Im nächsten Moment sprang das Schloss ohne den geringsten Laut auf.

,, Ich möchte grade wirklich nicht… undankbar klingen aber ich habe grade nicht die geringste Idee,

was hier eigentlich vor sich geht“ , meinte Falk , währender  unsicher aus der Zelle trat.

,, Wir bringen sie hier raus.“ , antwortete Leah.

,, Das hatte ich eigentlich nicht gemeint.“ ,, Ich weiß, alles zu seiner Zeit Falk. Wichtig ist nur, das wir ihnen nichts tun wollen. Wir bringen sie erst einmal zu Isaac.“

,, Sterling lebt ?“

,, Er lebt.“ , erklärte Gavin kurz angebunden. ,, Was machen wir mit dem da ?“ Er deutete auf den am Boden liegenden Kanzler.

,, Liegenlassen  Gavin den findet schon jemand. Zumindest, sobald sie merken das ich die Wachpläne ausgetauscht habe und dieser Block momentan völlig lehr steht.“

,,Wir könnten es auch einfach zu Ende bringen.“ Die Wut in der Stimme des EV gefiel Falk gar nicht ,, Es würde keiner merken.“

,, Ich würde es merken.“ , sagte er entschieden. Glaubst ihr, irgendjemand hat den Tod verdient?“

Gavin antwortete darauf nichts, sondern sagte nur. ,, Bewegung, wir haben sicher nicht den ganzen Tag Zeit.“ ,, Gut…“ Falk setzte sich dem dunkel gekleideten EV nach in Bewegung. ,, Ich könnte wirklich ein paar Antworten gebrauchen.“

,, Eigentlich hatten wir die von ihnen erhofft.“ , meinte Leah, die neben ihm herlief.

 

 

 

Part 9 Die Reise

Endless road

Keep on wondering

Stars of old

Dust and cheap bitter tears

Keep on wandering

Lets let it end.

 

 

 

 

Sie kamen ohne große Umstände nach draußen,. Wie Leah gesagt hatte, der gesamte Block war wie ausgestorben. Zwischen den einzelnen Zellenabschnitten, di sie passierten und zwei Büroräumen fand sich niemand außer ihnen.

Trotzdem war Falk erleichtert, als sie endlich eine Tür erreichten, durch die Tageslicht hereinfiel.

Eine kleine Vorhalle mit einer verlassenen Rezeption und einigen Metalldetektoren war alles, was ihn noch von der Freiheit oder zumindest etwas frischer Luft trennte.

Er gab sich nicht der Illusion hin, einfach seiner Wege gehen zu können, während sie rasch die kurte Strecke überbrückten.

Man würde ihn suchen, da war Falk sich nicht nur deswegen sicher, weil sie den Stadtkanzler betäubt zurück gelassen hatten.

Die Tür war unverschlossen und Gavin stieß sie auf.

Falks Augen hatten keine Zeit gehabt, sich von dem schummrigen Licht in den Gängen und der Zelle zu erholen.

Einen Augenblick lang blendete ihn das hereinflutende Licht, so dass er kaum etwas erkennen konnte.

Trotzdem stolperte er, den anderen beiden nach, ins Freie.

Wie er bereits vermutete hatte, waren sie nicht mehr in der Stadt. Ein Staubiges Stück Landstraße lag vor ihm, während die Sonne grell ein Stück über dem Horizont brannte und ihm sofort den Schweiß auf die Stirn trieb. Und das obwohl es im Begriff war dunkel zu werden.

Er musste mindestens einen Tag in der Zelle zugebracht haben, auch wenn er sich nicht erinnern konnte, geschlafen zu haben.

Hinter ihm erhob sich ein ausgebleichter Ziegelbau des Gefängnisses. Einige Wirtschaftsgebäude, mehr Blechhütten als irgendetwas anderes, waren darum und um einen daneben liegenden eingezäunten Hof verteilt.

Und rundherum… Nichts. Soweit er sehen konnte nur trockener Staub und eine einzige Straße.

Wie weit von der Stadt entfernt waren sie? Normalerweise konnte man die Silhouette von Vektor bereits aus mehreren Kilometern Entfernung ausmachen. Das Betäubungsmittel das man ihm auf der Himmelsplattform verabreicht hatte, hatte offenbar … sehr viel länger gewirkt als er erwartet hatte.

Direkt an der Straße wartete bereits ein Auto mit laufendem Motor,

,, Los jetzt , bevor man uns doch noch entdeckt.“ , wies Gavin sie an, während er die Türen entriegelte und sich auf den Fahrersitz schwang.

Leah hingegen trat rasch an den Kofferraum und warf Falk ein Stück Stoff daraus zu. Es war eine kurzärmlige Jacke.

,, Ich musste ihre Größe Schätzen, aber damit sehen sie weniger nach Gefängnis aus.“ Falk nickte. 

,, Oh und bevor ich es vergessen…“

Eine kleine Tasche folgte der Jacke, die Falk geschickt aus der Luft fischte.

Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Und nach einem Blick hinein wusste er auch warum. Darin befand sich ein Tabletcomputer.

Seiner… Er brauchte das Gerät nur kurz einschalten um sicher zu sein.

,, Den hatten sie verloren.“

,, Ja… Danke.“ , murmelte er, bevor er endlich.

Leah drehte lächelte kurz, wobei sie einige für Menschen zu spitz zulaufende Zähne offenbarte und sich dann neben Gavin auf den Beifahrersitz setzte.

Kopfschüttelnd stieg nun auch Falk ein und Gavin wartete erst gar nicht, bis er saß, sondern gab gleich Vollgas.

Er musste sich kurz an der Rückenlehne abstützen, dann aber ließ er sich doch einfach auf seinen Platz zurückfallen und genoss einen Moment das Gefühl, unterwegs zu sein.

Es hatte etwas, das musste er zugeben, während die Ziegelbauten langsam hinter ihnen verschwanden.

Ein seltsam Aufregendes Gefühl, das er seit Jahren nicht gekannt hatte. Und das ihm Angst machte. Es hatte alles mit einem Gedanken an Abenteuer angefangen. Jetzt… war er in de gleichen Situation und wusste nicht ob er sich freuen oder das neue Gefühl ersticken sollte.

 

 

Die leichte Begeisterung hielt nicht lange an.

Falk hatte Vektor selten verlassen und wenn, dann nur mit dem Flugzeug von Stadt zu Stadt.

Wenn so das gesamte offene Land aussah, war es nichts Besonderes.

Die Fahrt verlief Größtenteils Schweigend, nur unterbrochen von vereinzelten Meldungen aus dem Radio, die Falk aber nichts sagten. Er lauschte auf Berichte über das Attentat oder gar über seine Flucht, falls diese bereits bekannt wäre. Sicher würde man sie verfolgen. Und wo sie hin wollten war wohl absehbar.

Statt sich weiter mit diesen eher deprimierenden Gedanken zu beschäftigten sah er der Landschaft zu, die vor dem Fenster vorbeizog.

Steine, Felsen und Sand, der von einer leichten Windbriese über die Straße geweht und von den Reifen des Wagens wieder verstreut wurde.

Sie mussten mittlerweile gut zwei Stunden unterwegs gewesen sein , als die endlose  Leere endlich von einem weiteren Gebäude unterbrochen wurde.

Eine Tankstelle oder zumindest sollte das Gebäude wohl  einmal etwas in der Richtung darstellen. Heute erstreckten sich hinter dem heruntergekommenen Bau allerdings dutzende von Solarpanelen.

Die meisten Autos wurden heutzutage  Elektrisch betrieben, es sei denn es ging um längere Strecken. Wie ihre offenbar eine zu werden drohte.

Aus Mangel an Rohöl, die letzten Ergiebigen Quellen waren bereits vor mehr als einem Jahrzehnt versiegt, war man dazu übergegangen,  mit Hilfe von Sonnenenergie aus Kunststoffabfall wieder Kohlenwasserstoffe zu gewinnen. Teuer, aber es funktionierte wenigstens.

Gavin steuerte das Fahrzeug auf den Hof der Tankstelle und stoppte den Motor.

,, Ich denke, wir sind fürs erste  weit genug weg.“ , meinte er erleichtert und stieg aus.

Leah und Falk, der sich unbedingt die Beine vertreten wollte folgten ihm.

,, Wie weit draußen sind wir ?“ , wollte er wissen, während Gavin damit beschäftigt war, das Auto wieder zu betanken.

 ,, Noch gut zehn Stunden.“ , meinte dieser. ,, Offenbar wollte Featherstone sie wirklich… weit weg haben.“ ,, Und wie haben sie mich dann gefunden ?“

,, Nicht wir, Sterling hat sie gefunden.“ , antwortete  Ab einer gewissen Summe redet wohl jeder.“

,, Und ich bezweifle mal stark, das ich ihm die zurückzahlen kann. Warum helfen sie mir ?“

,, Als Isaac von ihrer Festnahem erfahren hat, wusste er sofort, was vorgefallen sein musste. Er will sie sprechen. Wir wollen alle wissen, was im Light-Tower passiert ist.“

Und da was… schickt er sie einfach mal so um in ein Gefängnis einzubrechen?

,, Sterling ist ein Mann mit Einfluss“ , erklärte Gavin als würde das alles klar machen.

,, Sie sind mit einem jetzt gesuchten Sträfling unterwegs.“ , konterte Falk ungläubig.

,, Wenn wir erst wieder in Vektor sind, kann Sterling sie schützen.“

,, Das gefällt mir nicht.“

,, Es muss ihnen auch nicht gefallen Falk. Ihnen muss nur klar sein, das sie keine andere Wahl haben.“ Mit diesen Worten schien die Diskussion für Gavin erledigt und er wendete sich dem Blechschuppen auf der anderen Seite der Zapfsäulen zu um zu bezahlen.

,, Ist er immer so ?“ , wollte er von Leah wissen.

,, Wenn sie ihn erst mal Kennenlerne ,und wir grade nicht aus einem Gefängnis ausbrechen,  ist er ganz nett.“

 

Danach fuhren sie weiter durch die scheinbar Menschenleere Einöde. Was auch immer Falk für den Moment davon halten mochte, dachte er, vermutlich war nichts besser als eine Polizeikontrolle.

Um wenigstens etwas zu tun, schaltete er seinen wiedererlangten Tabletcomputer ein und Überflog rasch einige Nachrichtenseiten um vielleicht so etwas Neues zu erfahren.

Letztlich gab es aber nichts, als vereinzelte Berichte darüber, dass ein Verdächtiger gefunden und festgenommen worden  sei. Er.

Trotzdem war er froh, das Gerät zurück zu haben, nicht nur weil er sich niemals ein neues hätte leisten können, sondern weil er sich einfach auch daran gewöhnt hatte.

Und auch wenn er Leah traute…

Falk rief rasch einige versteckte Programme auf, die er über die Jahre gesammelt oder selbst Programmiert hatte und startete einen Eingabeverlauf für das Gerät. Alles, was seit dem letzten Aufladen damit geschehen war, wäre ausgezeichnet worden.

Er wollte wissen, ob sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte, ein solcher Suchlauf würde allerdings eine Weile dauern.

Genug Zeit um sich seine Situation noch einmal vor Augen zu führen..,

Kaum zu glauben, dass er gestern Nacht noch Gedacht hatte lediglich zu einer zwar Vielversprechenden aber noch nicht Weltbewegenden Konferenz zu gehen.

Aber das Weltbewegen hatte er ohnehin Aufgegeben.

Schließlich ließ ihn das ewig Monotone Geräusch der Reifen auf dem Asphalt zumindest in einen Dämmerzustand fallen, in dem seine Gedanken ein seltsames Eigenleben zu entwickeln schienen.

Die ELL… wie hatte Featherstone  das Wissen können? Das war Jahre her… Aber irgendwo hatte der Kanzler seine Vergangenheit aus ihrem Grab gerissen.

Über die Frage schlief er schließlich ein.

 

Ein schriller Alarmton  ermahnte ihn, dass der Akku seines alle war und riss ihn zurück ins Bewusstsein.

Er konnte grade noch einen kurzen Blick auf den Suchverlauf werfen, bevor der Bildschirm Schwarz wurde… und damit den Eingabeverlauf löschte.

,, Verdammt.“ , flüsterte er leise.

Vor den Fenstern des Wagens  war es mittlerweile vollkommen dunkel.

,, Was ist ?“ , fragte Gavin offenbar ungehalten.

,, Nichts.“ , entgegnete Falk. ,, Gar nichts.“ Er sah einen Moment auf das jetzt dunkle Display.

Die Zeit hatte nicht ausgereicht, viel zu erkennen. Aber in der Liste der Eingaben hatte er  mindestens eine entdeckt, die nicht von ihm stammen konnte.

Oder ?

Er konnte nicht sicher sein…

 

Draußen jagte die nächtliche Wüstenlandschaft in unverändertem Tempo vorbei, Allerdings nicht länger vollkommen Dunkel.

Die Sterne standen in einer Anzahl am Himmel, die Falk noch nie untergekommen war. Das Licht der Stadt überstrahlte den Himmel meist vollkommen, so das er an manchen Tagen nicht mehr als eine schwarze Fläche zu sein schien.

Hier jedoch war das nicht der Fall und zusammen mit dem Mond, der halbvoll am Himmel stand schimmerte die Flache Landschaft um sie herum und schein nur aus Silber und schwarzen Schatten zu bestehen.

Schließlich bremste Gavin den Wagen ab und lenkte es von der Straße. Nach einer Weile Fahrt durch flaches Gelände parkte er hinter einer kleinen Erhebung, die von der Straße nicht eingesehen werden konnte.

,, Weiter kommen wir heute nicht mehr.“ , meinte er und stieg aus.

,, Wir fahren also nicht gleich durch ?“

Leah schüttelte den Kopf, bevor sie Gavin folgte. ,, Heute nicht. Wir könnten durchfahren aber Nachts in Vektor anzukommen… Die Polizei fährt jetzt verstärkt Patrouille.  Wir sollten bis wir bei Isaac sind keine Risiken eingehen.“

Nun folgte auch Falk den beiden nach draußen. Die Luft war nach wie vor Warm, doch Wind, der Sand und Staub mit sich trug kühlte sie rasch ab.

Gavin war bereits an den Kofferraum des Autos getreten und förderte nach kurzer Suche ein paar Schlafsäcke zutage… und ein Gewehr mit Zielfernrohr, das er ans ich nahm.

,, Was wollen sie damit ?“ , fragte Falk sofort.

,, Wache halten.“ , kam seine knappe Antwort, bevor er ihm einen der Schlafsäcke zuwarf.

Falk wendete sich Kopfschüttelnd ab, während Gavin den Hügel hinauflief und sich dort im Sand niederließ. Immer die Straße im Blick, die sich wie eine silberne Linie quer durch die Ödnis zog.

Ein schöner Anblick für jetzt, aber Falk vermutete, dass man dem wohl genauso schnell überdrüssig würde, wie am Tag.

,, Wenn das alles ist, was es außerhalb der Städte gibt bin ich nicht beeindruckt.“

,, Du hast noch nie etwas anderes gesehen ?“ , fragte Leah geradezu ungläubig.

Sie schien die nüchterne Autorität die sie beim Gefängnis gezeigt hatte praktisch abgelegt zu haben.

,, Nicht mal  einen Wald ?

,,Ein paar Bilder.“ , antwortete er betreten. Es war ihm nie in den Sinn gekommen.

,,Das ist nicht das gleiche Falk...“

,,Nein… ich schätze wohl nicht. Ist irgendwie auch schwer sich das vorzustellen.“ Er kannte Bäume, aber die Idee von hunderten davon oder gar mehr auf einen Fleck schien lächerlich. Eine Baum-Stadt… Wirklich lächerlich, auch wenn er wusste, dass es die Wahrheit war.

,,Es gibt ein paar Wälder, einige Kilometer außerhalb der Stadt, in den Bergen. Eine der wenigen übrigen. Eines Tages, wenn du mich daran erinnerst,  Nehm ich dich mal mit.“

,, Ich denke… das würde mir gefallen. Die meisten EVs, die ich kenne verlassen die Stadt eher selten.“

,, Was glaubst du, warum EVs keine Nachnahmen tragen ?“

Die Frage überraschte ihn. Noch so etwas, über das er bisher kaum nachgedacht hatte. Es war einfach so. Menschen hatten Nachnamen, EVs nicht. Oder ? Und was hatte das mit Wäldern zu tun?

 

 

 

 

Part 10 Rückkehr

Voices with no Border

All falls in disorder

Chants and distant sinners

Chant Give us the doctor

Give us the murderer

Lets silence them

 

 

 

Vektor kam am nächsten Morgen in Sicht, als die Straßen noch in Nebel lagen.  Die ersten Vororte der Stadt begannen bereits mehrere Kilometer vor dem unteren ersten Ring.

Verfallene Wohngegenden wechselten sich mit Reihen von Fertigbau und Einfamilienhäusern ab, deren Grundstücke allesamt mit Zäunen umgeben waren. Und die ewig wachsamen Glasaugen einiger Kameras verfolgten sie, bis sie die wieder außer Sicht verschwanden.

Hier draußen zumindest schien alles wie immer, allerdings war s wohl auch noch zu früh, als das Falk sich ein Bild hätte machen können. Hier draußen war um diese Uhrzeit noch nichts los, anders als weiter in der Innenstadt, die nie zu schlafen schien. Aus der Ferne konnte er bereits die Bahn zur Himmelsplattform erkennen, die in regelmäßigen Abständen von einigen Minuten hin und her pendelte.

Einen halben Kilometer von den ersten Hochaufragenden Türmen und dem alles bedeckendem Schatten der Plattform stellte Gavin den Wagen schließlich ab.

,, Ab hier gehen wir  besser zu Fuß weiter.“ , meinte er nach wie vor kurz angebunden.

Falk nickte.

,, Wir sind vermutlich schneller, wenn wir den Berufsverkehr auswichen.“ , stimmte er zu.

,, Und eventuellen Kontrollen. Ich bezweifle, dass sie jetzt schon Fußgänger überprüfen.“ , meinte Leah.

,, Hoffen wir es, sonst wird das  ein kurzer Spaziergang.“

Als Falk ausstieg kam ihm die Stadtluft auf einmal fremd vor. Schwer und Stickig. Etwas, das er immer unterschwellig Wahrgenommen hatte, wie ihm klar wurde, aber… es hatte schlicht dazu gehört. Jetzt jedoch merkte Industriestaub und Abgase, die sich wie ein Film auf alles zu legen schienen.

In der Ferne schimmerten die Neonreklamen des ersten Stadtrings durch den zunehmend verschwindenden Nebel, als sie sich auf den Weg machten.

Bald nahm auch der Verkehr zu und Falk sah, wie sich seine Vermutung bestätigte.

Bereits wenige hundert Meter von dort, wo sie ihr Fahrzeug zurück gelassen hatten Quoll die Straße bereits mit Verkehr über. Auch einige Fußgänger waren bereits unterwegs, die meisten hasteten allerdings, Aktenkoffer in den Händen, vorbei  und versuchten wohl entweder eine Bahn zu erreichen oder noch Rechtzeitig auf die Arbeit zu kommen.

Das Leben schien das Attentat von vor zwei Tagen praktisch bereits vergessen zu haben. Es ging weiter.

Nur wenn man ganz genau darauf achtete konnte man die unterschwellige Unruhe sehen, die einige Befallen hatte.

Ein zur Arbeit eilender, der sich an der Ampel lieber dreimal umdrehte, bevor er sie überquerte. Eine Frau, die ihre Kinder beim Spielen auf einem der öffentlichen Plätze keine Sekunde aus den Augen ließ… und die Augen einiger Verkehrspolizisten, die an den drei EVS einen Moment länger hängen blieben, als üblich.

Ein Mann hielt sogar ein Taxi an, als er drei Fremde Gestalten im Nebel entdeckte.

Das typisch gelbe Fahrzeug hielt und der Mann verschwand im inneren ohne den Fahrer zu Grüßen.

 Sämtliche Pendelfahrzeuge wurden zumindest innerhalb der Städte durch ausgeklügelte Computerprogramme zur Routenplanung und Umgebungserkennung gelenkt. Lebende Fahrer gab es hier nur noch selten.

Falk selbst waren die unpersönlichen Maschinen, trotz ihrer kalten einprogrammierten Stimmen ohnehin allemal lieber. Sie hatten wenigstens den Vorteil, keine Vorurteile zu kennen.

Sie durchquerten einen Tunnel, der unter der Straße zur anderen Seite führte und von dort aus weiter. Wohin genau ihn Leah und Gavin brachten wusste er nicht, aber Falk schätzte, das es eines der Gebäude von Future Dynamics ein Würde. Sterlings Firma hatte dutzende von Zweigstellen in der Stadt und den Hauptsitz oben auf der Himmelsplattform.

Allerdings passierten sie mehrere Niederlassungen ohne anzuhalten. Und das aus gutem Grund, wie Falk sofort einsah.

Hatte er eben noch geglaubt bis auf einige versteckte Symptome habe die Stadt den Vorfall bereits wieder vergessen wurde er nun eines besseren Belehrt.

 

Mittlerweile hatte sich der restliche Nebel vollkommen Verzogen und die morgendlichen Sonnenstrahlen fanden ihren Weg noch unter die Plattform, bevor dieser Bereich bis zum Abend in Dämmerlicht versinken würde.

Bereits einige Straßen vorher konnte Falk den Lärm hören. Aufgebrachte Rufe und Stimmen hören.

,, Was ist hier den los ?“ Gavin setzte sich an die Spitze der Gruppe und Falk konnte ihm Ansehen, das er es bereute die Waffe am Wagen zurück gelassen zu haben. Allerdings… mit einem Jagdgewehr durch die Straßen zu laufen wäre so ziemlich das Auffälligste gewesen, das ihm einfallen wollte.

 Gut hundert Menschen hatten  sich vor einer Filiale von Future Dynamic eingefunden,. Das Neonleuchtende Logo des zersplitterten DANN-Strangs war bereits sichtbar, bevor Falk einzelne Personen in der Menge ausmachen konnte.

Er konnte mehrere Church-Transparente erkennen und einen Mann, der offenbar den Wortführer der Gruppe bildete.

Sie beeilten sich unauffällig weiterzukommen, trotzdem bekam Falk einen guten Teil der Worte des Fremden mit.

Und das Wolkenkreuz um dessen Hals entging ihm nicht. Manche Dinge schienen sich nie zu ändern.

,, Amelia Khanna  das war feiger Mord. Durch einen EV. Und wer hat daran schuld?“  Übertrieben theatralisch deutete der Churchler auf die Leuchtende Neonreklame.  ,, Er hat diesen Wahnsinn geschaffen. Und welche Schritte wird der Stadtrat unternehmen? Nichts. Keiner von uns ist mehr Sicher, was soll werden, wenn mehr EVs zur Waffe greifen ? Es ist mehr als einmal vorgekommen, “ Welche Beweise brauchen wir denn noch, das EVs nicht friedlich bleiben und ein verdammtes Sicherheitsrisiko sind ?“

Falk hätte es ihm am liebsten gesagt…

Da war wieder die alte Wut, die er sofort irgendwo einsperrte, wo sie hingehörte und sich zwang weiterzugehen.

Leah hingegen hatte diese Probleme nicht.

,, Nenne  sie mir einen Menschen, der Besser ist.“ , sagte sie im Vorübergehen, aber nach wie vor so laut, das der Mann es gehört haben musste. Und vielleicht noch die, die in seiner Nähe standen.

Er verstummte mitten im Satz.

,, Keine Antwort ? ich hatte auch keine Erwartet.“

,, Sie erinnern mich zunehmend an Sterling.“ , gab Falk zu, als sie nun zügig weitergingen. Gavin trieb sie zur Eile an, was zumindest bei Falk nicht nötig war. Er wollte nicht bleiben und ehrausfinden was geschah wenn der verrückte Prediger sich von seiner Verwirrung erholte.

,, Isaac ist besser darin als ich.“ , entgegnete sie nur. Mittlerweile erkannte Falk auch, wohin sie gingen.

Die Bahnstation zur oberen Plattform war nicht mehr weit.

,, Also begeben wir uns direkt zum Hauptsitz von Future Dynamics ?“ , fragte er.

,, Wo anders kommen wir vermutlich auch nicht rein.“ , entgegnete Gavin. ,, Sie haben gesehen, was da eben los war.“ ,, Sagen sie nicht, das sie das Wundert.“ , sagte Leah.

,, Nein.“ ,war alles was Gavin darauf erwiderte. ,, Ich hatte nur mehr Leute erwartet.“ ,, Das ist ziemlich pessimistisch.“ Gavin antwortete nicht, sondern lief einfach weiter und ließ ihnen keine Wahl als ihm zu folgen, wollten sie ihn nicht verlieren.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie den Bahnhof erreichten. Überraschender Weise war hier fast nichts los. Die meisten Schalter und Automaten unbesetzt oder abgeschaltet.

Ein weiteres kleines Zeichen. Die Leute mieden unnötige Versammlungen…

Trotzdem wunderte es ihn, dass sich hier nicht wenigstens ein paar Churchler eingefunden hatten.

Falk konnte es recht sein. Auf einen weiteren  Zusammenstoß konnte er getrost verzichten

Sie verließen die Halle und traten auf den Bahnsteig. Zwei Gleise führten eine Rampe hinauf zur Himmelsplattform und einige weitere fächerten einige hundert Meter vom Bahnhofsgebäude entfernt auf und verliefen Quer durch die Stadt und auch darüber hinaus.

 

 

Einige hundert Meter über den Köpfen der drei EVs saß Isaac Sterling in seinem Büro und betrachtete stirnrunzelnd eine Reihe von Bildschirmen.

Kameraaufzeichnungen von den verschiedenen Niederlassungen von Future Dynamics in der Stadt.

Er konnte die Worte nicht hören, die gesprochen wurden, aber das musste er auch nicht.

Sterling stand auf und die Bildschirme wurden auf einen Handwink schwarz, während er hinter seinem Schreibtisch hervor trat.

Der Raum nahm ein gutes Stück der obersten Etage des Hauptsitzes von Future Dynamics ein, eines großen Bogenförmigen Baus nahe des Zentrums der Himmelsplattofrm.  Die spiegelnde Fassade hob sich ein Stück Höher als die meisten der umstehenden Bauten und war deshalb bereits von weitem gut zu erkennen. Hier oben wurde nicht geforscht  und produziert wie in den unter der Plattform liegenden Niederlassungen. Die Verwaltung der einzelnen Filialen, von Aufträgen und der Finanzen lief alles über den Hauptsitz. Auf mehr als dreißig Stockwerken reihten sich Verwaltungsräume aneinander. Tausende Schreibtische und Rechner, die das Unternehmen am Laufen hielten.

Sterling wurde ein wenig melancholisch während er darüber nachdachte was aus dem, das mal als unabhängiger Forschungsbetrieb mit ihm und einer Handvoll Kollegen als einzige Mitarbeiter hatte werden können.

Viele von seiner alten Garde gab es nicht mehr. Die, die die Grundlagen gelegt hatten für das, was heute möglich war. Einen Augenblick bedauerte er das, wünschte sich beinahe zurück zu den Tagen, wo sein Unternehmen grade die schwierige Startphase hinter sich gebracht hatte. Die Genehmigungen der Ethikausschüsse für seine Forschungen  in der Tasche hatte es für Sterling nichts gegeben, das ihn Zwang sich von seinem Ziel abzuwenden. Allerdings… Wahnsinn ließ sich auch schlecht kurieren.

Vermutlich war er tatsächlich  eine Zeitlang Wahnsinnig gewesen.

,, Ich habe den Menschen ihre Schwächen genommen.“ , flüsterte er. ,, Ich fürchte nur, das ich damit vielleicht grade ihre gute Seite beschnitten habe Elin.“ Er lächelte bei dem Gedanken, das er einen geist um Verzeihung bat.

Während sich unten in der Stadt ein Hexenkessel zu bilden schien, war hier oben noch alles ruhig.

Aber wer wusste, wie lange das so bleiben würde. Er nicht. Das hier war eine Probe wie er dachte. Eine Bewährung...

Wie viele Menschen würden den stürmischen Protesten der Chruch und Human Purity nachgeben?

Alles war jetzt im Fluss…

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken und zwang ich in die Gegenwart und in seine Büroräume zurück.

,, Herein.“

 

Falk sah sich fasziniert in dem geräumigen Büro um, als er nach Gavin und Leah eintrat.

Schon der Weg durch das riesige Gebäude konnte einen Einschüchtern. Ein schier endloses Gewirr aus Etagen, Aktenräumen, endlosen Schreibtischreihen…

Er konnte sich gut vorstellen, dass man sich hier verlaufen und Stundenlang umherirre konnte.

Konnte…

Wenn man keine Pläne hatte.

Er hatte die kurze Zugfahrt nach oben genutzt um seinen Tabletcomputer wieder aufzuladen und sich einen Gebäudeplan zu besorgen. Bei den dutzenden von Computernetzwerken und Verbindungen brauchte er nicht lange suchen, bis er einige ungesicherte Zugänge für weniger sensible Informationen fand und sich diese auch prompt auf dem kleinen Gerät abspeicherte.

Schließlich erreichten sie aber einen Fahrstuhl, der sie ins oberste Stockwerk des weitläufigen Baus brachte. Und damit über ein kurzes Stück holzgetäfelten Flurs in Doktor Sterlings Büro.

Der Raum war halb rund gebaut wobei die Mitte der Rückwand aus Glas bestand und einen Blick über die gesamte Himmelsplattform gestattete.

An den ebenfalls holzverkleideten Wänden hingen verschiedene Eingerahmte Zertifikate und Urkunden. Auszeichnungen, einige Zeitungsartikel und einige Bilder  in schwarz-weiß gehalten. Eines davon zeigte lediglich einen schwarzen Kreis mit einem Kreuzförmigen  Objekt in der Mitte.

Darunter weiß eine Plakette es als ein Bild der ersten Röntgenaufnahme der DNA von Rosalind Franklin aus.

Doktor Sterling stand mitten im Raum als sie eintraten. Ein großer Schreibtisch mit dutzenden von Computerbildschirmen und interaktiver Oberfläche stand in seinem Rücken.

,, Falk, schön sie wiederzusehen.“ , meinte Sterling, als wäre dieses Treffen Zufall.

,, Ich schätze… ich muss mich wohl bei ihnen bedanken.“

Der Doktor winkte ab. ,, Featherstone hat eine Grenze übertreten. Betrachten sie das hier als meine persönliche kleine Rache. Gavin, ich hoffe sie hatten keine Probleme?“ ,, Der Kanzler wird ein paar Tage Kopfschmerzen haben, fürchte ich.“

,, Er war also da ?“ , fragte Sterling sofort nach, diesmal an Falk gerichtet. ,, Was wollte er von ihnen ?“

Falk war sich kurz unsicher, wie er antworten sollte. Das hier war von der Begrüßung praktisch sofort zur Befragung geworden.

Vor dem Fenster wirkte die Stadt, die sich unter der Plattform erstreckte wie das Myzel eines riesigen Pilzes.

,, Sie zuerst.“ , sagte er schließlich. Er konnte keine Ansprüche stellen andererseits… Andererseits hatte er etwas, das Sterling wollte.  Oder dieser glaubte zumindest, dass er es hatte. Antworten.

. ,, Ich tappe seit Stunden nur im Dunkeln. Warum helfen sie mir wirklich, was haben sie davon und das wichtigste… wie haben sie überlebt?“

 

 

 

 

Part 11 Die Fragen

 

 

 

Back into the Mainstream

Sweep and run

Deep into These citys grid

Where Every trace was erased

Which dark secrets once forbid

Wont back down

Let the system crash

 

 

 

,, Das sind gute Fragen.“ , meinte Sterling nach einer Weile, als Falk schon fürchtete, das er gar nicht mehr antworten würde. ,, Und ich mag Leute die die richtigen Fragen stellen können. Der Umstand, dass ich heute noch vor ihnen stehe, den verdanke ich etwa drei Zentimeter  dicken Platten aus Kevlar. Eingenäht in meiner Kleidung.“ Wie zur Demonstration knöpfte er sein Hemd ein Stück auf, so dass man einen gewaltigen blauen Fleck erkennen konnte, der sich über Sterlings gesamten Oberkörper erstreckte. ,, Tut höllisch weh.“ , fügte er Augenzwinkernd hinzu.

,, Und sie wollten  erst keine Weste tragen.“ , sagte Leah fast tadelnd.

,, Ich weiß,  ich weiß. Ich bin ein alter Narr, der immer noch an das Gute in allem glauben möchte.“ Er ließ sich in den Lehnstuhl an seinem Schreibtisch fallen und mit einer Handbewegung sprangen die Computermonitore an. ,, Und das trotz… dem hier.“

Jeder einzelne Bildschirm zeigte eine andere Niederlassung von Future Dynamics und vor jeder davon schien sich eine mehr oder weniger große Menschenmenge versammelt zu haben.

,, Menschen können doch nicht so dumm sein.“ ,, Menschen sind leider oft sehr dumm. Das einzige, was sie alle gemeinsam haben ist, das jeder einzelne es letztlich gut meint.“ , antwortete Sterling.,, Egal was er tut.“ ,, Ich sehe nicht, wie das gut ist.“ , erwiderte Gavin.

,, Ich habe auch nie behauptet es sei gut.“ Sterling schaltete die Bildschirme wieder aus und wendete sich an Falk. ,, Sie haben den Attentäter also gesehen ?“ ,, Kurz.“ , antwortete er. ,, Wie viele andere auch.“

,, Sicher. Aber alles was ich höre ist, das es sich dabei um einen EV gehandelt hat. Können sie das bestätigen?“

,, Unglücklicherweise… ja. Ich fürchte allerdings,  dass ich ihnen sonst kaum helfen kann.“

Er gab dem Doktor und den anderen eine kurze Beschreibung des Angreifers. Die rötlichen Augen wären wohl ein gutes Erkennungsmerkmal aber vor allem Mutationen der Retina waren unter EVs nichts Ungewöhnliches.

,,  Das ist nicht grade fiel.“ , schloss Sterling.  Seltsamerweise klang er zufrieden, nicht enttäuscht.

,, Glauben sie, Featherstoen steckt  hinter dem Anschlag ?“ , wollte Leah wissen.

,, Ich glaube nicht, aber man kann nie wissen. Es hat mich selber Überrascht, als ich von ihrer Festnahme hörte Falk. Kian hat nur eine Gelegenheit gesehen und hat gehandelt. Überlassen sie das mir. “

,, Und was soll ich jetzt tun ?“ , wollte Falk wissen. Es schien ihm unmöglich, einfach weiterzumachen wie zuvor. Oder etwa doch ?

Sterling sah einen Moment nach draußen über die Himmelsplattform hinweg. ,, Ich werde mir etwas überlegen. Fürs erste ist es wohl sicher, wenn sie nach Hause gehen. Die Polizei war längst dort und dürfte wohl ein ziemliches Chaos hinterlassen haben.  Ich werde… durchsickern lassen, sie befänden sich bereits weit weg. Werden sie trotzdem  von der Polizei angehalten… rufen sie mich an.“

Sterling nahm eine Visitenkarte aus einer seiner Schreibtischschubladen.

,, Wieso tun sie das alles ?  Ich habe nichts von Wert für sie. “

,, Das glaube ich nicht . Sie haben vielleicht… mehr als sie zugeben möchten. Ich will das hier aufklären und darin spielen sie vielleicht eine Rolle.“ Er öffnete eine weitere Schublade und zog eine Pistole und ein Magazin daraus hervor und hielt sie Falk über den Tisch hin. ,, Das ist der Grund warum ich kein Risiko eingehen will.  Kian könnte etwas Dummes versuchen. Schon einmal eine Waffe abgefeuert?“

,, Dreimal.“

Er konnte sehen, dass die Antwort sowohl Gavin als auch Leah überraschte. Sollte es doch. Das war lange her. Falk zögerte trotzdem, bevor er die Waffe an sich nahm. Es zwang ihn keiner sie zu benutzten redete er sich ein ,, Und ich habe nicht vor, das zu wiederholen.

,, Damit schätze ich… können sie gehen wenn sie das Wünschen. Wenn es etwas Neues gibt kann ich sie informieren wenn sie das möchten.“

Falk nickte. ,, Ich hätte nichts dagegen auf dem Laufenden zu bleiben.“

,, Leah , wenn sie Falk nach draußen bringen würden… Vorausgesetzt sie haben keine Fragen mehr?“

Er winkte ab. Aber in seinem Kopf arbeitete es. Ein paar Verbindungen konnte er herstellen. Wieso Sterling ihn sprechen wollte, wieso ihm das so wichtig war… aber der Sinn hinter dem ganzen schien sich nicht zu erschließen. Wer hatte etwas hiervon? Ein EV hätte doch niemals aus eigenem Antrieb die Vertragsverhandlungen  sabotiert. Oder ?

Er würde sich die vorläufige Fassung der EV-Verträge ansehen, sobald er Gelegenheit dazu fand.

 

Nachdem sich die Tür hinter Falk geschlossen hatte blieben nur noch Gavin  und Sterling zurück.

,, Wieso ziehen sie ihn hier mit rein ?“ , fragte Gavin, ,, Sie wissen genau wie ich, wer er mal war.“ ,, Und vielleicht ist das grade der Grund. Ich brauche jemanden wie ihn. Um sicher zu sein. Aber noch ist alles im Fluss. Es muss sich erst entschieden wie Featherstone weiter reagiert. Der Kanzler bestimmt jetzt über das weitere Schicksal von Vektor.  Vielleicht nur nicht ganz… wie er glaubt“

 

 

,, Ich gebe ihnen noch meine Mailadresse. „ , meinte Leah beiläufig, als sie den Ausgang des Gebäudes erreichten. ,, Wenn irgendetwas ist, melden sie sich am besten dort zuerst. Es sei denn die Polizei steht vor ihrer Tür, da kann ihnen Sterling am besten helfen.“

,, Danke.  Warum auch immer sie das tun.“ Er meinte es ehrlich.

Leah nickte lediglich. ,, Ich sollte langsam zurück an die Arbeit. Ab jetzt können wir alles  Isaac überlassen. Er weiß was er tut.“

,, Sie halten viel von ihm.“

,, Wenn es jemanden gibt der herausfinden kann, was hier vor geht, dann ist das Isaac, glauben sie mir.“ Mit diesen Worten verabschiedete Leah sich von ihm und verschwand zurück in den endlosen Fluren.

,, So überzeugt wäre ich gerne auch davon…“ Er beneidete Leah ein wenig wegen ihrer Sicherheit. Überzeugungen…  Die hatte er auch gehabt.

Als Falk das Gebäude verließ und den Platz davor, den der Bogenförmige Bau auf drei Seiten einschloss, betrat stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Von den frühmorgendlichen Nebelfeldern war nichts mehr zu sehen.

 Stattdessen brachen sich die Sonnenstrahlen in der Fontäne mehrerer Springbrunnen, die in der Mitte der Anlage standen und die Luft mit einem feinen Aerosol aus Feuchtigkeit durchtränkten.

Einen Moment stand Falk einfach nur da und betrachtete die Lichtreflektionen.

Er schalt sich selbst, das er sich so lange ablenken ließ, aber irgendetwas an dem Wasserspiel machte ihn nachdenklich. Als könnte er die ganzen Losen stellen in seinem Kopf damit verbinden.

Ein irrsinniger Gedanke wie ihm klar war. Die Wahrheit war… das er sich verloren vorkam.

Falk seufzte bevor er sich zwang weiterzugehen. Er war ohne es zu wollen Teil von etwas geworden, das er noch nicht Verstand und vielleicht auch nicht verstehen wollte.

Das Gewicht der Waffe in seiner Tasche machte ihn unruhig, während er sich auf dem Weg zurück zu den Bahnstationen und damit hinunter in die Stadt machte.

Die Villen und Firmensitze zogen in einer schier endlosen Schleife an ihm vorbei. Hatte er die gewaltigen Einfamilienhäuser-Siedlungen vor der Stadt schon Monoton gefunden… langsam erkannte er , das selbst der Überfluss hier sein eigenes sich ewig wiederholendes Schema zu besitzen schien.

Verspiegelte Fenster oder hochaufragende weiße Fassaden. Die Gärten entweder sauber gepflegt oder mit einem Pool durchschnitten…

Ein Muster, fast wie bei einem Programm wie es ihm schien. Und war es nicht auch so? Ganz Vektor war durchgeplant bis ins letzte Detail. Eine Fertigstadt wie sie sich innerhalb weniger Monate überall auf dem Planeten erheben konnte.

So etwas wie ein Attentat sollte es hier nicht geben. Keine  Proteste…

Wenn etwas bei einem Programm schief ging war der Programmierer schuld. Wer war schuld, wenn eine Stadt in Aufruhr geriet?

In den Straßen unter der Plattform zwang er sich diesmal alles in sich aufzunehmen. Nicht nur die simplen kleinen Eindrücke von Unruhe, die hier und da spürbar waren…

Nein, die ganze Stadt schien zu einem grad Unsicher, als wäre sie ein Lebewesen. Falk hatte einmal gehört, dass Tiere bereits kurz vor einem Erdbeben unruhig werden können. Vielleicht traf das auch auf Menschen und EVs zu. Nur versuchten diese es sich nicht anmerken zu lassen.

Selbst die vertrauten Gestalten die sich in den Außenbezirken an die improvisierten Feuer drängten, während es langsam dunkel wurde zeigten die gleichen Symptome.

Und spürte er es nicht auch?

 

Den gesamten Abend brachte er damit zu, die Entwürfe für die EV-Verträge durchzusehen. Letztlich ohne Ergebnis. Nichts, das ein EV bedauern würde.

Allerdings war er kein Jurist. Trotzdem… er konnte sie so gut wie ausschließen. Nicht als Motivation für einen EV  geeignet. Also doch vielleicht ein Auftrag… irgendwas gut bezahltes… schließlich opferte der EV-Attentäter auch seine Vorteile durch die Verträge…

Es ergab keinen Sinn und er hatte nur einen Flickenteppich mit gewaltigen Lücken vor sich.

Er wünschte sich seien Gedanken irgendjemanden mitzuteilen, etwas das ihm bisher noch nie passiert war. Allerdings war er bisher auch noch nicht in einer derartigen Sackgasse gewesen.

Vielleicht war s das, was mancher Einsamkeit nennen würde.

Schließlich begann er auch noch damit die ungeschützten Daten zu sichten, die er von Future Dynamics hatte  mitgehen lassen hatte. Nichts Besonderes. Abrechnungen über Lieferungen für Laborbedarf und einige Mails zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen über Bilanzen und Steuerabgaben.

Falk hoffte auch nicht wirklich etwas zu finden aber er wollte wenigstens irgendwas tun.

Schließlich blieb ihm aber nichts übrig, als das Tablet frustriert bei Seite zu legen.

,, Fernseher an.“ , sagte er in die plötzlich kalt erscheinende Raumluft und ließ sich auf ein heruntergekommenes Sofa fallen. Die Waffe die Sterling ihm gegeben hatte legte er so weit wie möglich weg auf das andere Ende des Poslters.

Einige Berichte auf Nachrichtensendern flackerten vorbei, aber er achtete nur halb darauf. Irgendetwas über Erdbeben in Ostasien, einige Berichte über die Zunehmende Verwüstung Südeuropas, die mittlerweile Frankreich bedrohte… Wenigstens nichts über Vektor. Der Rest der Welt schien sich nur bedingt für die Vorgänge  hier zu interessieren und die lokalen Sender würden nur Berichten, was Featherstone ihnen Gebot oder der Stadtrat durchboxte.

Seine Wohnung war wie Sterling bereits Angekündigt hatte tatsächlich durchsucht worden.

Schubladen und Regale waren ausgeräumt und nur halblinks wieder zusammengesetzt worden. Einige Ordner, die er in einem kleinen Schrank aufbewahrte waren verschwunden. Nichts Wichtiges. Wenn überhaupt waren es Zeitungsartikel, die er lediglich aus einer Eingebung heraus aufgehoben hatte und einige Magazine für Programmiersprachen, die er seit Jahren praktisch auswendig kannte.

Der gesprungene Rahmen seines Spiegels hatte sich endgültig gelöst und war auf dem Fußboden zersplittert.

Es lohnte sich nicht wegen dem Chaos wütend zu werden. Es würde sich alles finden, wenn er endlich wieder etwas Normalität in seinen Alltag zurückbringen könnte. Irgendwie glaubte Falk aber nicht daran.

Es war zu viel passiert, dachte er. Zu viel in viel zu kurzer Zeit.

Er hatte zu wenig Antworten und zu viele Fragen.  Vielleicht musste er noch einmal mit Leah reden oder Gavin. Irgendjemanden zumindest, der mehr Wissen konnte. Sterling… Er wusste nicht ob Sterling ihm alles erzählte, was er wusste. Wie hatte Leah es formuliert? Er kannte den Doktor nicht. Und das stimmte.

,, Abschalten.“ , flüsterte er nur und schloss die Augen, während das Fernsehbild vor ihm noch dunkel wurde. Nach einer Weile stand er, ohne Schlaf gefunden zu haben wieder auf und nahm wieder das Tablet-PC in die Hand.

Vielleicht übersah er nur etwas. Es musste etwas geben…

 

 

Part 12 Gejagt

Hunters in the night.

They speak of protection

Outcast

Now I am someone else

Reflection

Well, seems you still  cant catch

My  digital shadow

Break ing down the walls of your commoners Order

Lets not rebuild them

 

 

 

Ein lauter Schlag.

Er musste doch eingeschlafen sein, denn als er die Augen wieder Aufschlug war es draußen bereits Hell.

Vorsichtig setzte er sich auf, Verschwimmende Schatten huschten durch den Raum, als das Licht vor den Fenstern plötzlich zur Seite verschwand.

Das war nicht die Sonne…

Wieder ein Schlag. Der gleiche, der ihn Anfangs geweckt hatte. Irgendjemand war vor der Tür.

,, Verdammt Falk machen sie auf.“

Er kannte die Stimme…

Falk stand auf, steckte dabei seinen Tabletrechner ein und nahm die Pistole vom Sofa.

Dann erst trat er an die Tür seiner Wohnung und warf einen Blick durch den Spion. Kein Zweifel mehr.

Sofort entriegelte er den Durchgang und keine Sekunde Spötter stürmte Gavin herein, der die Tür sofort wieder hinter sich verschloss.

,,Verdammt. Was machen sie den hier ?“

,,Ein Auge auf sie haben. Haben sie noch irgendetwas wichtiges hier ?“ , verlangte er lediglich zu wissen, während von draußen wieder das Licht auftauchte und den Raum kurz Taghell ausleuchtete. Licht… und das im 20 Stock. Ein Hubschrauber ?

,, Was ist los ?“

,, Das ist los.“ , erklärte Gavin , schaltete den Fernseher ein und wechselte zu einem Stadtsender.

Ein Nachrichtensprecher vor einem blauen Hintergrund erschien. ,, Wie vor wenigen Stunden bekannt gegeben nimmt der Stadtrat mit einer Stimme Mehrheit den Antrag des Stadtkanzlers an, die äußeren Bezirke von EVs zu räumen.

Solange nicht völlig klar sei, wie ein EV vorgestern Waffen auf den oberen  Ring schmuggeln und damit mehrere Hochgeschätzte Vertreter der Stadt attackieren konnte…“ Gavin schaltete ab. ,, Frage beantwortet ?“

,, Sie räumen den ganzen Bezirk ?“ , fragte er ungläubig. Das konnte doch nicht sein…

,, Nicht nur den. Und nicht grade sanft. Wir müssen weg.“

,, Es war wohl zu viel zu hoffen, das sich das im Sand verläuft wie ?“ Gavin ging nicht darauf ein. ,, Haben sie alles, oder nehmen sie noch irgendetwas mit ?“

Falk schüttelte den Kopf. Er hatte den Computer mit all seinen Daten. Der Rest… war ohnehin schon zuvor durchsucht worden. Es gab nichts hier, mit dem er sich belasten wollte.

,, Dann los. Aber schnell. Ich hatte schon Probleme nur hierher zu kommen.“ Gavin zog eine Pistole und hielt die Waffe halb verborgen aber Feuerbereit unter seiner Jacke. ,, Rauskommen könnte noch komplizierter werden.“

Falk folgte ihm nach draußen ins Treppenhaus des Baus. Gewunden Stufen führten über die verschiedenen Etagen in die Tiefe. Einen Aufzug gab es nicht.

Durch die mit Milchglas versehenen Fenster konnte Falk während des Abstiegs blau-rote Lichter auf der Straße erkennen, die sich wenn er die Höhe richtig einschätzte praktisch um den ganzen Häuserblog verteilen mussten.

,, Hat Sterling sie geschickt ?“ , wollte er wissen.

,, Dumme Frage.“ , erwiderte

,, Ich meine nur ob er uns nicht helfen kann. Das da draußen sieht für mich nicht so aus, als hätten wir große Chancen.“

Gavin verneinte. ,, Die ganze Aktion wurde vom Stadtrat in einer Sondersitzung abgesegnet. Und raten sie mal, wer erst möglichst spät davon erfahren hat.“ ,,Großartig. Sie haben Sterling ausgebootet.“

,, So sieht es aus.“

Die zwei erreichten endlich den Fuß der Treppe. Ein kurzer Flur, der mit gesprungenen oder fehlenden Fliesen ausgelegt war führte zur Tür, vor der Falk allerdings bereits Lichter ausmachen konnte.

Und eine Figur, die sich dem Eingang näherte.

,, Verdammt.“ Gavin musste die Bewegung auch bemerkt haben und duckte sich in die Schatten unter der Treppe. Falk tat es ihm gleich. Grade ncoh rechtzeitig um Mitzubekommen, wie drei gestalten zur Tür hereintraten, Taschenlampen im Anschlag und sich langsam umsahen.

,, Wie viele hier ?“ , fragte einer der Männer.

,, Alles.“ , antwortete jemand.

,, Das ganze Gebäude ?“ ,, Vom Keller bis zum Dach. Jeder einzelne EV muss raus, so lauten die Befehle.“ Einer der Männer kam langsam in ihre Richtung. Falk hielt den Atem an und hoffte, dass man sie nicht entdecken würde. Wenn sie Glück hatten würden die drei einfach verschwinden und sie könnten weiter.

Gavin allerdings war offenbar nicht bereit zu warten.

Bevor Falk es überhaupt registrierte stand er aus seinem Versteck auf. Zeitgleich zog er die Pistole unter dem Mantel hervor und drückte den Abzug durch.

Drei Schüsse hallten durch den kleinen Flur. Mit jeder Kugel ging eine der Gestalten zu Boden, bevor diese auch nur reagiert hatten.

Falk starrte einen Moment Fassungslos auf die Leichen. Blut sickerte  langsam aus den Körpern und bildete eine zunehmend größer werdende Lache um diese.

,, Was…“ Er suchte nach Worten, während er Aufstand. ,, Warum haben sie das getan ?“ ,, Wir haben keine Zeit.“ , war alles was der Mann erwiderte

Falk hatte genug,, Zeit ist keine Leben wert.“ , brach es aus ihm hervor. Auch wenn er flüsterte klang seine Stimme wütend genug um Gavin in der Bewegung inne halten zu lassen.

,, Sie sollten sich besser daran gewöhnen, dass es das für viele doch ist.“

Zwei Gestalten schlüpften unbemerkt aus der Tür eines hoch aufragenden Wohnblocks. Falk sah sich ungläubig und in den Schatten eines parkenden Fahrzeugs gebückt die Straße hinab. Alle paar Meter stand mindestens ein Streifenwagen, meist mehr.

,, Was machen die hier ?“

,, Sie haben es gehört.“ , erwiderte Gavin nur leise. ,, Der Kanzler hat beschlossen seine… speziellen Mitbürgern nicht mehr zu vertrauen.“

Drei Polizisten rissen eine einzelne Gestalt aus der Tür des Gebäudes auf der anderen Straßenseite.

,, Ich habe Recht verdammt, nehmen sie ihre Hände weg.“ Die drei achteten nicht auf die Proteste des Mannes, sondern verfrachtete ihn einfach in einen bereit stehenden Wagen.

,, Wir können ihnen nicht helfen. Weiter.“ , wies Gavin ihn an.

,, Sieh es überall so aus ?“

,, Momentan nur in den äußeren Bezirken. Aber verdamm, das wird Wellen schlagen…“

Falk nickte. Wie würden die EVs, die weiter im Stadtinneren wohnten darauf reagieren? Das hier… war mehr als eine Unannehmlichkeit für einige Einzelne, das war Willkür oder im positivsten Fall blinder Aktionismus.

Er entschloss sich bis auf weiteres einfach letzteres zu Glauben. Vielleicht ein verzweifelter Versuch Featherstones, sein Opferlamm wiederzufinden.

Gavin lief ihm voraus über die Straße und verschwand in einer der zahlreichen Seitengassen, die die Lücken zwischen den einzelnen großen Wohnblocks schlossen.

Zwischen Abfalltonnen und Sperrmüll parkte derselbe Wagen, mit dem sie am Vortag wieder in die Stadt gekommen waren.

,, Wohin geht es ?“ , fragte Falk nur, als er sich auf den Beifahrersitz schwang.

,, Sterling. Er kann alle EVs schützen die für ihn arbeiten und für sie denken wir uns schon was aus. Wenn das nicht möglich ist… an den nächstbesseren Sicheren Ort.“

Gavin startete das Auto, ohne Licht zu machen.  ,, Wenn wir Glück haben, kommen wir in die Stadt ohne Aufmerksamkeit zu erregen.“ Langsam fuhr der Wagen an und Gavin war darauf bedacht, dass sie die direkten Wege mieden. Lieber in den Seitenstraßen bleiben.

Aber selbst hier standen im Abstand weniger hundert Meter Streifenwaagen und Transporter vor den Wohnungen.

Mit jedem Meter, dem sie hinter sich brachten verließen sie jedoch mehr und mehr die Vororte und allmählich tauchten keine neuen Wagen mehr vor ihnen auf. Im Gegensatz zu den von Lichtern erhellten Wohnblocks stand hier alles dunkel. Kein rot-blaues Leuchten durchbrachen die Nacht und die einzige Lichtquelle schienen die vereinzelten Straßenlaternen zu sein.

Schließlich, als sie glaubten weit genug Weg zu sein, lenkte Gavin das Fahrzeug heraus aus den Seitenstraßen auf eine der großen Autostraßen, die vom Land ins Herz von Vektor führten.

Erst jetzt gestattete Falk es sich, dem Mann Vorwürfe zu machen.

,, Sie haben die Männer eben einfach getötet.“ , sagte er.

,, Und hätte ich das nicht, wären wir nicht mehr Weggekommen.“ ,, Das können sie nicht wissen!“ , erwiderte er. Gavin sprach es aus, als sei es eine Gewissheit. Aber es war eben keine.

,, Ich kann.“ , war alles, was er erwiderte.

,, Mit dem Tod ist niemanden geholfen. Es gibt immer einen anderen Weg.“

,, Sie sind naiv das zu glauben.“

,, Vielleicht und vielleicht sind sie naiv zu glauben, sie würden so etwas erreichen können. Auf Blut folgt immer nur mehr Blut.“

Gavin antwortete nicht, als hinter ihnen ein weiteres Fahrzeug auftauchte. Ansonsten war um diese Uhrzeit hier draußen kaum Verkehr mehr. Das Flackernde Blaulicht sagte ihnen alles, was sie wissen mussten.

,, Anhalten ?“

Gavin lachte bitter. ,, Das können sie mal vergessen.“ Ohne Vorwarnung riss er das Lenkrad herum und steuerte das Fahrzeug auf die Gegenüberliegende Fahrspur.

Der Wagen hinter ihnen folgte und beschleunigte dabei, als die Insassen merkten, das Gavin nicht langsamer wurde.

,, Was haben sie vor ?“

,,Ich bringe sie zu Sterling, aber erst müssen wir die da los werden.“ , antwortete Gavin knapp und jagte den Wagen eine Ausfahrt hinab. Auf dem Highway gab es kein Entkommen in den Straßen jedoch konnten sie hoffen ihre Verfolger noch abzuschütteln.

In Falks Kopf arbeitete es erneut, während Gavin den Wagen auf einem verschlungenen Weg zurück in Richtung Stadtrand lenkte. Die blauen Lichter hinter ihnen blieben jedoch ständig in Sichtweite, egal wie viele Abzweigungen Gavin nahm. Um diese Uhrzeit und hier draußen herrschte praktisch kein anderer Verkehr mehr.

 Falk bemerkte es. Und hatte vielleicht eine Idee.

,,Nein Nein, Fahren sie in die Stadt“

,,Was ?“ Gavin drehte sich nur kurz ungläubig zu ihm um, um sich dann sofort  wieder auf die Fahrbahn zu konzentrieren. ,, Sie sind  verrückt. Die erwischen uns spätestens da oder fangen uns auf der Autobahn ab.“ ,, Wir müssen nur bis zur Stadt. Danach wird es keine Verfolger mehr geben.“ , erklärte Falk.

,, Und das wissen sie woher ?“

,, Nun ich werde etwas sehr.. .sehr... dummes tun.“

,, Ich soll ihnen vertrauen ?“

Falk antwortete nicht, sondern deutete nur aus dem Rückfenster. ,, Mir oder denen suchen sie es sich aus.“

Gavins seufzte. ,, Schön, Schön. Ich mache es. Aber wehe ich bereue das.“

,, Das habe ich ihnen nicht  versprochen.“ , meinte Falk mit einem Anflug von Genugtuung. Wenn sie das schafften… wenn… wäre er froh dem Mann nie wieder zu begegnen.

Gavin wendete das Auto, während der sie verfolgende Streifenwagen bereits auf weniger als hundert Meter ehrangekommen war. Den plötzlichen Richtungswechsel auf offener Straße hatte der Fahrer offenbar nicht erwartet und raste knapp an ihnen vorbei.

,, Soviel dazu.“

,, Abwarten, noch haben wir es nicht geschafft. Ich hoffe wirklich, sie wissen was sie tun.

Gavin jagte ohne einmal langsamer zu werden auf die näherkommenden Lichter Vektors zu, während Falk den Tabletcomputer aus der Tasche nahm. Das würd nicht einfach werden…

Schließlich  erreichten sie endlich die unter der Himmeplsplattform liegenden Bezirke der Stadt

Mittlerweile allerdings wurden sie nicht mehr länger nur von einem einzelnen Fahrzeug verfolgt.

Falk sah kurz in den Rückspiegel und entdeckte mindestens vier Wagen, die sich ihnen langsam näherten, egal wie sehr Gavin versuchte sie abzuhängen.

Einige automatisch fahrende Busse fuhren vor ihnen über die Straße, die Gavin geschickt umfuhr, nur damit ihm ihre Verfolger das sofort gleicht taten.

,, Also, was ist jetzt mit ihrem Versprechen ?“ ,, Sie sehen die Busse oder ?“

,, Ja, aber was zum…“ Gavin umfuhr ein weiteres der Fahrzeuge während ihn die Erkenntnis traf. ,, Sie sind verrückt.“ ,, Hören sie ich muss ihre Zielführung stören ohne dabei die Verkehrserkennung zu Schrott zu machen, sonst gibt das hier den größten Massenunfall in der Geschichte.“ Von den möglichen Toten mal ganz abgesehen.

,, Von mir aus können sie die sofort abschalten.“

Ein Polizeiwagen schloss bis zu ihnen auf und Gavin konnte nur mit einem schnellen Kurswechsel wieder etwas Abstand zwischen sie bringen.

,, Einen Moment noch…“ Die Lenkssignale waren  alles andere als einfach von außen zugänglich.  Zwar funktionierten sie über dasselbe Prinzip wie eine simple Funk oder W-Lanverbindung, aber derart gesichert, das man sich nur schwer daran zu schaffen machen konnte.

,, Wir haben keinen Moment mehr.“

,, Ich hoffe, sie sind  bereit.“ Falk lud das Programm.

Durch das plötzliche Wegfallen der Zielführung konnten die automatischen Fahrzeuge ihre Position nicht mehr genau bestimmen, was letztlich dazu führte, das sie unkontrolliert und ohne auf Verkehrsregeln zu achten nur noch auf ihr Ziel zusteuerten.

Und genau das Geschah.

Ein leerer Bus verließ plötzlich direkt vor ihnen die Fahrbahn und raste quer über den Asphalt nur um durch ein Schaufenster zu krachen… und auf der anderen Seite direkt weiterzufahren.

Gavin konnte grade noch rechtzeitig reagieren und ausweichen, aber ihre völlig überraschten Verfolger wurden ausgebremst. Zwei Polizeiwagen kamen grade noch rechtzeitig zum Stehen, bevor sie gegen den Bus geschlittert währen.

Der dritte schaffte es vorbei und verfolgte sie weiter. Bevor der nächste Bus seien Fahrbahn änderte.

Viel zu schnell um noch anzuhalten oder auch nur langsamer zu werden jagten die Fahrzeuge ineinander.

Falk sah weg, während der Polizeiwagen von dem viel größeren Fahrzeug praktisch zerquetscht wurde.

Das hatte er nicht beabsichtigt… Ein Unfall…

Gavin pfiff anerkennend, als er einen Blick in den Rückspiegel warf.

,, Sie sind ja doch zu was zu gebrauchen.“

,, In einer Stadt aus Stahl und Strom… gibt es nichts was ein Computer nicht durcheinanderbringen kann.“

,, Erinnern sie mich nur daran, nie wieder Bus zu fahren, wenn sie in der Nähe sind.“ , antwortete er und steuerte die Rampe hinauf zur Himmelsplattform an.

Wenn jetzt nichts mehr Schiefging wären sie bald in Sicherheit.

 

 

Part 13 Spurensuche

Distant Whispers

Wasted breath

Damn the guilt my past is death

Shades of dark wealth

Without pain they sleep

On a way to devastation

So can’t they just open their eyes and see

Lets let them bleed

 

 

 

Es musste weit nach drei Uhr morgens sein, als Gavin den Wagen vor dem Eingang von Future Dynamics abstellte.

Trotzdem brannte in fast allen Etagen noch Licht und einige Dutzend Leute hatten sich im Innenhof versammelt.

Falk erkannte beim Aussteigen vor allem EVs. Flüchtlinge, dachte er. Das Wort passte.

An der offenen Seite des Innenhofs standen ständig vier oder mehr EVs Wache und spähten ins Dunkel der Nacht, als fürchteten sie, bis hierher verfolgt zu werden.  Eine berechtigte Angst.

Zwei mit Elektroschockern bewaffnete Personen hielten wiederum am Eingang zum Hauptgebäude  Wache, winkten sie aber durch sobald sie Gavin erkannten.

,, Der Doktor erwartet sie bereits.“ Gavin nickte ihnen lediglich zu, während er und Falk sich beeilten durch die Reihen der übrigen EVs zu kommen.

Drinnen war ebenfalls alles in heller Aufregung. Ein übermüdet wirkender Mann mit Halbglatze und Brille  war damit beschäftigt, einige weitere Mitarbeiter zu koordinieren, die Kaffee und einige Decken nach draußen brachten.

,, und das alles für die verdammten…“ Der Mann verstummte als er merkte, das Falk und Gavin hinter ihm standen.

,, Wollten sie grade etwas sagen ?“ , fragte dieser.

,, Nein… gar nichts…“ Und an seinen Kollegen gerichtet. ,, Schafft alles nach draußen. Wir… werden uns etwas überlegen.“

,, Allen verbliebenen Göttern sei Dank, sie haben es geschafft.“

Falk drehte sich zu der mittlerweile fast vertrauten Stimme von Leah um. Sie wirkte nicht weniger erschöpft, wie jeder andere draußen vor den Türen. Eine Reihe bunter Haarsträhnen fiel ihr  ins Gesicht und sie händigte Rasch einem der umstehenden ein Klemmbrett aus.

,, Schicken sie das bitte an alle Übrigen Niederlassungen. Wenn es geht sollen sie alle aus dem Bett klingeln und herbestellen.“

Der Mann nickte, bevor Leah sich wieder Gavin und Falk zuwendete.

,, Isaac will sie sicher beide sofort sprechen. Beeilen wir uns besser. Was ist da draußen los?“ ,, Das sehen sie doch.“ , antwortete Gavin ,, Chaos. Featherstone hat mit einem einzigen Erlass direkt in ein Wespennest gestochen.“ ,, Die Leute haben Angst, das ist alles.“ ,  meinte Falk.

,, Angst… Und das ist das Problem. Sollen sie doch Wut daraus machen, es gibt in dieser Stadt dreimal so viele EVs wie Menschen.“ ,, Das ist kein Weg Gavin.“

Der Mann blieb stehen. ,, Sie wiederholen das, als wäre es ein Gebet. Aber Gebete haben noch keinem Geholfen.“

,, Nein… und das werden sie auch nie.“ , wie er Zugabe.

,, Wie dem auch sei. Ich werde sehen ob ich draußen irgendwie helfen kann. Leah kann sie auch alleine zu Sterling bringen.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Gavin. Insgeheim war Falk einerseits froh, ihn vorerst los zu sein. Auf der anderen… wäre er ohne ihn heute nicht weit gekommen.

Auch die übrigen Ebenen des Hauptquartiers von Future Dynamics waren n Aufruhr. Aus dutzenden der Büroräume hörte Falk im Vorübergehen nicht enden wollendes Telefongeklingel, das Arbeiten von Tastaturen und leises Stimmengemurmel. ,, Wie meinten sie das eben?“ , fragte Leah.

,, Was ?“ ,

,, Das Wut… Gewalt keine Lösung wäre? Eine interessante Überzeugung.“

,, Ich denke, das sieht jeder so.“ , antwortete Falk. Zumindest erweckte es doch den Anschein. Niemand war auf einen Konflikt aus. Wenn man nicht zufällig Gavin hieß.

,, Aber die wenigsten bleiben auch dabei wenn es ernst wird.“

,, Eine alte Geschichte,“ , erwiderte er.

Sie erreichten den Aufzug, der hinauf in Sterlings Büro führte und stiegen ein.

,, Muss eine interessante Geschichte sein.“ ,,Die ich nicht erzählen werde. Es gibt Dinge, die hoffentlich nicht mal Sterling weiß.“ Auch wenn der Stadtkanzler definitiv davon wusste… Wie viel konnte der Doktor erfahren?

Auch wenn es grade wie das geringste seiner Probleme vorkam…

,, Ich wollte nicht…“

,, Schon gut.“ , unterbrach er sie. ,, Es ist Vergangenheit, das ist wichtig für mich.“ Es gab drängendere Probleme. Wie einen nach wie vor nicht identifizierten Attentäter da draußen.

Wenn er wenigstens wüsste, wer der Mann war, wäre er vielleicht schon ein Stück schlauer.

,, Hat Future Dynamics eigentlich Aufzeichnungen über all seine EVs ?“

,, Ich denke schon. Sterling behält gern die Übersicht. Aber warum…“

Die Fahrstuhlkabine hielt und sie traten hinaus auf den kurzen Holgetäfelten Flur vor dem Büro des Doktors.

Bevor sie aber auch nur die Hälfte des Gangs hinter sich gebracht hatten stürmte ein offenbar Aufgebrachter Kian Featherstone in Begleitung von Isaac Sterling aus dem Raum

,, Isaac, ich verlange…“ Der Stadtkanzler blieb stehen, während er Falk erkannte, der gar nicht erst versuchte sich zu Verstecken. Wo  sollte er auch?

 ,, Interessant. Wirklich interessant. Haben sie das alles geplant?“ , fragte er an Sterling gerichtet.

,, Ich schlage vor, sie gehen jetzt einfach Kian. Das hier ist meine Firma und damit mein Grund und Boden.  Ich schätze, sie finden den Ausgang alleine, ansonsten zeigt ihnen gerne meine Security den Weg.“ ,, Das hier ist noch nicht vorbei.“ , murrte der Stadtkanzler nur, bevor er in die Aufzugskabine trat und sich die Tür hinter ihm schloss.

,, Nein, das ist es in der Tat nicht.“ , seufzte Sterling. ,, Entschuldigen sie, dass sie das mitbekommen haben.“

Er lud sie mit einer Handbewegung ein, ihm zu folgen, bevor er das Büro wieder betrat und sich an seinen Schreibtisch setzte. Falk und Leah nahmen davor Platz.

,, Ich schätze, dass sie für das Chaos auf dem ersten Stadtring verantwortlich sind.“

,, Nur ein paar lahmgelegte Busse.“ ,, Nur, hm ?“ Sterling lachte leise. ,, Ich bin sicher, das war eine Anstrengende Nacht. Für sie alle. Kann ich ihnen irgendetwas anbieten… Wasser, etwas zu Essen..“

,, Ein paar mehr Antworten würden mir schon reichen. Was wollte Featherstoen hier?“ ,,  Das können wir uns alle denken.“ Sterling trat ans Fenster und sah hinunter in den Hof des Gebäudes, wo immer noch dutzende verschreckte EVs standen.

War es wirklich die Hoffnung auf Schutz, die so viele hierher getrieben hatte… oder schlichte Verwirrung darüber, was zu tun wäre?

,, Er hat überstürzt gehandelt. Hat wohl nicht damit gerechnet, dass seine Aktion so einen Aufstand auslösen würde.  Was tut er also? Stürmt keine zwanzig Minuten vor ihnen in mein Büro und erklärt, entweder ich händige die zur Umsiedlung bestimmten EVs aus oder er lässt sie holen. Verdammter Narr.“ ,, Das haben sie aber nicht vor, oder ?“ , fragte Falk.

,, Nein. Natürlich nicht. Selbst wenn, wenn ich diese Leute jetzt wegschickte… ist das Chaos perfekt.“ Er machte eine ausholende Handbewegung. ,, Gestern, war das ein Pulverfass und Featherstone  hielt die Lunte. Jetzt scheint er unfähig sie, einmal entzündet, wieder zu löschen. “

,, Das kann er einfach nicht tun. Zustimmung des Stadtrats oder nicht er kann nicht wegen der Taten eines einzelnen alle bestrafen.“ , erklärte Leah aufgebracht. ,, Nur weil die Leute Angst haben.“ ,, Nur ruhig. Er wird es nicht wagen weiter zu gehen. Nichtwenn er noch einen Funken gesunden Menschenverstandes übrig hat. Das ist reine Politik. Machtdemonstration.“ ,, Ich hoffe wirklich, wirklich, sie haben Recht.“

,, Was wird also aus den ganzen  Leuten da unten ?“ , wollte Falk wissen.

,, Ich kann nichts versprechen. Es sind zu viele. Aber ich tue was ich kann.“

,, Schön. Und was soll ich tun?“

,, Nach all dem wäre es wohl keine gute Idee für sie schon wieder zu gehen. Ich kann alle meine Mitarbeiter schützen. Featherstone würde nicht wagen so weit zu gehen. Er weiß, dass die Verträge nur verschoben aber längst nicht Geschichte sind. Ein paar einzelne EVs hätten mit einer Klage gegen ihn kaum eine Chance, aber wenn ich mich einschalte…“

,, Sie könnten ihm richtig Schwierigkeiten machen.“

,, Das ist was ich seit Jahren tue.“ , ergänzte Sterling. ,, Langsam glaube ich, das hat Kian und die Church nur noch störrischer gemacht.“

,, Es wird alles noch schlimmer oder ?“ , fragte Leah.

Zum ersten Mal trat ein Anflug von Sorge auf Sterlings Gesicht. Falk konnte sich denken, was im Kopf des Doktors vorging. Gerne hätte er die Wahrheit geleugnet. ,, Ich fürchte es. Aber es wird auch vorbei gehen. In einem Monat sind Wahlen. Ich kann mir nicht vorstellen, das Kian noch viele Anhänger übrig hat, wenn das hier vorbei ist.  Wenn er aber darauf besteht im Amt zu bleiben… Der Stadtrat lässt sich, ohne mich, von ihm vielleicht zu Entscheidungen drängen, aber stumm bleiben werden sie dabei nicht.“

,, Und da sind sie sich sicher ?“

,, Wenn ich mir dessen sicher wäre Falk, würde ich mir keine Sorgen mehr machen. Also, wie gesagt, sie sind keiner meiner Mitarbeiter. Aber… sie könnten einer werde, zumindest auf dem Papier.“

,, Wenn ich mir dann auch ihre EV-Archive ansehen kann. Sie haben doch Aufzeichnungen über alle EVs von Future Dynamics, richtig?“

Sterling wurde hellhörig. ,,Sicher.  Und was erhoffen sie sich davon ?“

,, Der Attentäter war ein EV. Solange er nicht aus einem anderen Land kam, ist Vektor und damit Futur Dynamics der… Produzent. Wenn ja, haben sie Aufzeichnungen über ihn.“

,, Einfach. Einfach  aber genial.“ Meinte Leah.  ,, Es ist fast peinlich, dass ich noch nicht selbst auf die Idee gekommen bin.“

,, Leah, ich glaube wir haben soeben einen neuen Mitarbeiter  gewonnen. Geben sie ihm Zugriff auf alle Datenbanken über Evs, die er sehen will.“

,, Und die sind wo ?“

,, Kelleretage.“ , erklärte Leah. ,, Da befindet sich das ganze Rechenzentrum von Future Dynamics.

,, Wir müssen nochmal durchs ganze Gebäude ?“ , fragte er. Draußen war bereits der erste Lichtschimmer am Horizont zu sehen.

,, So sieht es aus. Die Computer hier oben haben alle nur begrenzten Zugriff auf die Großrechner.“ , antwortete sie.

Falk  staunte nicht schlecht, als er das Kellerarchiv zum ersten Mal sah.

Am Ende einer langen Treppe führte eine mehrfach verschlossene Metalltür hinaus auf einen Gitter-Laufsteg, der eine Halle umlief, die mindesten noch einmal so groß wie die Grundfläche des gesamten Gebäudes war.

Dicht an dicht Reihten sich hier neben endlosen Reihen von Regalen mit Aktenordnern riesige Rechnerschränke, deren elektrisches Summen den ganzen Raum auszufüllen schien. Grellweißes Licht von mehreren Deckenscheinwerfern Leuchteten das ganze Areal, denn das war das richtige Wort hierfür, dachte Falk, aus.

Das hier war das Herz der gesamten Verwaltung und Organisation von Future Dynamis und auch wenn es sicher Backups übe Backups gab…

Der Schaden, den ein Ausfall dieser gewaltigen Datenspeicher anrichten würde, wäre wohl kaum wieder gut zu machen.

,, Nicht schlecht wie ?“

,, Das müssen doch unglaubliche Datenmengen sein.“ , stellte er lediglich fest, während sie über eine von insgesamt vier Treppen hinunter in die Halle stiegen.

,, Sie haben noch nicht die Rechenzentren im Light-Tower gesehen.“ , meinte Leah. ,, Wir verwalten hier ein Unternehmen.  Die dort hingegen ganz Vektor.“

In der Mitte des Raumes standen mehrere Tische mit interaktiven Oberflächen und Bildschirmen. Dutzende von Kabeln liefen von dort aus oder führten wieder zurück zu den Schnittstellen.

Falk schätze, das in der ganzen Halle mehrere Kilometer Kabel verteilt lagen mussten und obwohl diese unterirdisch lag war es überraschend war, beinahe heiß.

Allein die Kühlsysteme für den ganzen Komplex mussten ein Vermögen verschlingen.

Leah trat an einen der Computer zu und legte ihre Handfläche auf das Display. Es dauerte einen Moment, dann sprangen mehrere Anzeigen auf dem Gerät auf Grün.

,, Zugang erkannt und verifiziert.“ , meldete eine leere Computerstimme.

,, Also dann… fangen wir an.“

Falk nickte zuversichtlich. Hier musste es etwas geben und sei es nur die geringste Spur. Und endlich ein paar mehr Antworten. Fanden sie den Attentäter, erfuhren sie seine Motive. Und damit….

Ja was dann ?

Falk schob den Gedanken von sich. Er würde einen Schritt weiter sein, zu verstehen, was hier eigentlich vorging. Und wenn man Featherstone einen echten Schuldigen präsentierte… Dann musste er doch einlenken.

 

 

 

Part 14 Die Aufforderung

 

In thought I wish my self away

To change the past

 that reads decay.

They claim

to see a fire in the darkness

A requiem for what ones was.

Don’t know the Cause

Cast out by the Man that is

Lets let them seek some remnants of what was

 

 

 

 

Es war eine frustrierende Arbeit die endlos erscheinenden Aufzeichnungen von Future Dynamics durchzugehen. Für jeden  EV hatte das System  komplette Lebensläufe und Berichte erstellt, die Falk mehr Angst machten, als das sie wieder eine alte Wut in ihm wachriefen.

Diese unglaubliche Menge an Informationen war bestenfalls beunruhigend… Sterling schien alle Unternehmen für die EVs arbeiteten, jeden Vermieter oder Makler  in der Stadt gewissermaßen auf seiner gehaltsliste zu haben. So viel er von dem Mann mittlerweile hielt, das war praktisch Paranoid.

Oder der Doktor sah sie immer noch in gewisser Weise als seinen Besitz. Was Falk aber nicht glaubte. Nicht mehr.

 Am liebsten hätte er nachgesehen, wie viel Sterling über ihn hatte, aber es gab wichtigeres. Egal wie viel der Doktor wusste, für den Augenblick spielte es keine Rolle.

Falk gähnte müde und von dem langen sitzen vor dem Bildschirm und den endlosen Reihen mit Akten und Dateien brannten ihm mittlerweile die Augen.

Er konnte sehen, dass es Leah ähnlich erging.

Die Suche war alles andere als einfach.

Zwar hatte Falk die die Ergebnisse auf das wenig Eingegrenzt, an das er sich von seiner kurzen Begegnung mit dem Attentäter erinnern konnte, aber das war nicht viel. Und ziemlich entmutigend.

Über Zehntausend Einträge, von denen sie mittlerweile allerdings beinahe Achttausend durchsucht hatten ohne irgendetwas zu finden, das vielversprechend Aussah.

Vielleicht war die gesuchte Information nicht hier…

Aber das schien unmöglich. Ein EV von.. sonst wo…  wäre in Vektor gemeldet worden. Damit hätte sich die gesamte Geschichte innerhalb weniger Stunden erledigt gehabt.

Wenn es nichts in den Archiven gab, wären Daten abhanden gekommen. Und wenn dem so wäre…

,, Leah, wie wahrscheinlich ist es, dass hier etwas verloren geht ?“

,, Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Es würde keinen Sinn machen. Dieses ganze Archiv besitzt mehrere Backups, die ständig mit den vorhandenen Informationen abgeglichen werden. Es ist praktisch unmöglich etwas dauerhaft zu löschen oder zu verändern.“

,, Das heißt, wir würden es merken, wenn etwas fehlt ?“

,, Ich kann die Archive sofort mit den Backups abgleichen lassen. Das wird aber eine Weile dauern.“

Falk stand von seinem Platz auf. ,, Gut… Ich will mir sowieso ein wenig die Beine vertreten.“

 Und vielleicht ein wenig Zeit zum Nachdenken haben. Es viel ihm leichter sich zu konzentrieren, wenn er allein wahr. Hier hatte er wieder das Bedürfnis seien chaotischen Gedanken in Worte zu fassen. Aber die vielen losen Enden, die in seinem Kopf anfingen ganz eigene Muster zu formen…

Es waren unausgereifte Ideen.

,, Ich komme mit.“ , meinte Leah, die mittlerweile das Programm gestartet hatte, das nach veränderten oder fehlenden Dateien suchen sollte.

Damit hatte sich das erledigt, dachte Falk. Auf eine Art allerdings war er froh eine Ausrede zu haben nicht weiter mit seinen Gedanken allein zu sein. Und nach Antworten zu suchen, die es nicht gab.

,, Schön. Ich denke es hat keinen Sinn die ganze Zeit allein zu warten.“ , sagte Falk, als sie sich auf dem Weg die Treppen hinauf machten.

Leah schwieg einen Moment, bevor sie fortfuhr :,, Vielleicht brauche ich einfach eine zweite Meinung.“

Falk blieb kurz stehen. Irgendetwas sagte ihm worauf das hier hinauslief. ,, Entweder Featherstone gibt sein Amt in einem Monat ab, oder der Stadtrat wird dafür Sorgen.“ , antwortete er nur und hoffte, das Thema damit beendet zu haben.

,, Und wenn nicht geht es einfach immer so weiter ?“

, Es wird sich eine Lösung finden.“  Er beschleunigte seine Schritte, um sie jetzt doch abzuhängen. Ihm gefiel nicht in welche Richtung dieses Gespräch umschlug.

Ohne Vorwarnung stellte sich ihm Gavin in den Weg. Kurz Fragte sich Falk, ob der Mann hier gewartet hatte… oder das tatsächlich Zufall sein sollte. Um beider Willen beschloss er letzteres zu Glauben. Sonst war das geplant. Und das würde er ihnen nicht verzeihen.

,, Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr schlimmer geht. Reichen ihnen die Leute da draußen nicht?“ Gavin deutete in die Richtung, in der der Innenhof lag.

,, Wenn  Featherstone nicht abtritt… wenn es schlimmer wird… , setzte Leah an.

,, Wir brauchen jeden Mann. Jemanden mit Erfahrung.“ , unterbrach Gavin sie und sprach einfach direkt aus, worum es hier ging.

,, Dann habt ihr den falschen. Was immer sie vorhaben… Was immer sie hier Planen, es hat keinen Zweck.“

,,Und sie würden lieber zusehen, wie das alles hier weitergeht ? Sie haben e s heute Nacht selbst erleben dürfen. Featherstone macht vor nichts mehr halt. Entweder aus Angst oder Machtgier. Das ist es egal.“ ,, Der Stadtrat wird nicht zulassen.“ , erwiderte Falk.

,, Er hat es heute zugelassen.“ , entgegnete Gavin.

Falk wendete sich ab. ,, Und was, sie wollen dann Unrecht mit Unrecht beantworten ? Sie beide ?“

,, Wir und Tausende EVs, die nur auf eine Gelegenheit warten sich endlich zu wehren.“

,, Weiß Sterling davon ?“ , fragte er nur um sich die Frage selbst zu beantworten. ,, Natürlich weiß er davon…“  Ging es hier je um etwas anderes?

Gavin reagierte wütend. ,, Sie können doch nicht einfach weiter so tun, als wäre nichts.“

Falk ignorierte ihn. ,, Leah.“

,, Wir bitten sie nur.“ , antwortete sie. ,, Ich kann sie zu nichts zwingen.“

Er schüttelte den Kopf. ,, Ich werde ihnen nicht helfen. Ich tue was ich kann, aber wenn sie mich fragen ob ich irgendjemanden, Irgendjemanden egal wer das ist, Schaden soll, dann vergessen sie das wieder.“

,, Es wird so oder so passieren.“ , erwiderte Gavin. ,, Die Leute werden sich das nicht mehr sehr viel länger gefallen lassen und  dann...

,, Dann wird es noch mehr unnötige Tote geben!“ , unterbrach Falk ihn. ,, und sie wollen das auch noch beide Beschleunigen.“

Er drehte sich auf dem Fuß um und lief an Leah und Gavin vorbei, die ihm nur einen Augenblick nachsahen.

 

Falk stolperte nach wie vor aufgebracht zurück ins Archiv. Die Metalltür warf er hinter sich zu. Von innen war das ganze lediglich mit einem einfachen Riegel gesichert.

Einen Augenblick lang lehnte er sich gegen das selbst in der aufgeheizten Raumluft  kühle Metall.

Alte Schreckensbilder flackerten in seinem Verstand hoch. Tote… ohne die geringste Chance erschossen. Warum ? Weil einige glaubten etwas mit Waffen ändern zu können…

Wieso wollte offenbar niemand verstehen, dass die Dinge so nicht funktionieren. Es war wie die Idee ein kaputtes Programm zu reparieren in dem man einfach alle fehlerhaften Befehlszeilen löschte. Anstatt sie zu korrigieren.

Und vielleicht war er am Ende hier der Narr, weil er an dieser Überzeugung festhielt.

Falk stieg die Treppe hinab zu den Rechnern und Aktenschränken. Ein Blick auf die Bildschirme der Computer im Zentrum der Halle zeigte ihm, das der Abgleich mit den Backups des Archivs fast abgeschlossen war.

Er ließ sich auf einen Platz davor fallen und beobachtete lediglich den Fortschritt des Ladebalkens.

Irgendwann jedoch fielen ihm die Augen zu. Er hatte die letzte Nacht praktisch nicht geschlafen und mittlerweile musste es bereits Morgen sein.

Falk zwang sich, die Augen wieder  halb zu öffnen. Der Datenabgleich war stehen geblieben…

Er schüttelte die Müdigkeit ab und besah sich das Problem

 ,, Korrumpierte Dateien entdeckt.“ , las er halblaut vor. ,, Bitte anderen Datensatz zum Abgleich wählen.“  Was zum…

Es gab mehrere verschiedenen Backups, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden waren.

Rasch suchte er eine Datei raus, die vor der letzten erstellt worden war.

Das gleiche.

Dann eben noch einmal, dachte Falk. Es konnte Zufall sein. Noch.

Angespannt beobachtete er den Bildschirm. Erneut eine Fehlermeldung.

Seltsam… als hätte jemand Daten mutwillig zerstört. Auf sämtlichen Kopien…

 Schlampige Arbeit, bei der allerdings einige Überreste geblieben waren… grade genug für das Abgleichprogramm um zu merken, dass etwas nicht stimmte.

Sofort machte er sich an die Arbeit. Jemand hatte etwas gelöscht, aber nicht ganz. Das war praktisch nicht möglich. Die nächsten Stunden brachte er damit zu, so viele der Backups durchzutesten wie möglich, jedes Mal mit demselben Ergebnis.

Aber vielleicht war der Schaden nicht überall gleich groß, überlegte er.

Falk  kopierte die Beschädigten Dateien jedes einzelnen Backups rasch auf einen bereitliegenden Datenträger. Er musste sich das näher ansehen. Und es würde ihn ein wenig ablenken.

Aber nicht hier. Rasch ließ er den Datenträger in seiner Tasche verschwinden und machte sich auf dem Weg hinaus aus dem Archiv und dann aus dem Gebäude. Die Sonne stand bereits in der Nähe des Horizonts. Er hatte wirklich eine Ewigkeit in den Archiven verbracht Trotzdem fühlte er sich nicht mehr so Müde wie zuvor. Er hatte endlich eine Spur in Händen, etwas, das ihn weiterbringen würde.

Am Ausgang hielt ihn jedoch einer der Wachmänner an.

,, Falk ?“

,, Der bin ich.“ , erwiderte er nach kurzem Zögern.

,, Ich soll ihnen das hier geben.“ Der Mann übergab ihm eine kleine Plastikkarte nicht unähnlich einem Ausweis. Unter einem Foto von ihm befanden sich verschiedene Angaben und einem Magnetstreifen auf dem Rücken. Ein Mitarbeiterausweis.

,, Doktor Sterling lässt ihnen Ausrichten, ab jetzt geht alles auf seine Rechnung.“

Falk besah sich die Karte einen Moment. ,, Darf ich das wörtlich nehmen ?“

,, Was der Chef sagt, das sagt er.“ Vorsichtig steckte er die Karte ein. Er dachte nicht daran in seine verwüstete Wohnung zurück zu gehen. Nach dem was er gestern Nacht gesehen hatte… Das Viertel musste praktisch leer sein.

Nein… Er drehte die Karte in seiner Tasche zwischen den Fingern. Auf dem Platz befanden sich nach wie vor dutzende EVs, die nicht wagten nach Hause zurückzukehren.

Falk war sich klar, dass er wieder einmal eine dumme Idee hatte. Die allerdings auch mit einer gewissen Genugtuung verbunden wäre.

Ein Grinsen trat auf sein Gesicht, als er die Menschen auf dem Platz hinter sich ließ.

Falk zog seinen Tabletcomputer aus der Tasche und suchte die Adresse eines Pizzalieferservie, während er versuchte die Anzahl an Personen vor dem Firmensitz von Future Dynamis zu schätzen.

Hundertfünfzig Stück sollten genügen.

Nun tatsächlich leise lachend tippte er rasch die Bestellung und die Adresse ein und verschwand in den Straßen der Himmelsplattform.

Wieder einmal war er dankbar, bis auf das kleine Mal an seiner Wange, wie ein Mensch auszusehen.

Einige Leute drehten sich natürlich nach dem Mann um, der soeben Future Dynamis verließ. Aber nachdem sie ihn als Mensch erkannt zu haben schienen gingen sie rasch weiter.

Ein EV… er wollte nicht herausfinden wie sie darauf reagiert hätten.

Falk ärgerte sich nicht darüber. Oder gab sich zumindest Mühe.

Unter ihm wurde der erste Stadtring grade ins Licht der untergehenden Sonne getaucht, der das sonst allgegenwärtige Zwielicht aus den Straßen vertrieb.

Und in diesen  plötzlich erleuchteten Straßen irgendwo unter ihm lief eine Gestalt mit bleichen Gesichtszügen und leicht rötlichen Augen.

Falk blieb vor der Bahnstation  nach unten stehen.

Ihm fiel ein, dass er die Computer im Archiv hatte laufen lassen. Wenn sich jemand Zugriff verschafft hatte…

Er zuckte mit den Schultern. Wenn sich jemand Zugriff verschafft hatte durfte dieser Ruhig sehen,

das er aufgeflogen war.

Mit diesen Gedanken betrat er die um diese Zeit überfüllte Station und suchte sich einen freien Ticketautomaten. Er wollte schon nach seinem eigenen Geldbeutel greifen, als er es sich andere Überlegte. Stattdessen musste sein Firmenausweis herhalten. Und tatsächlich spuckte der Automat sofort ein Ticket aus.

Falk schüttelte den Kopf. Er sollte das eigentlich nicht missbrauchen, aber nach Gavin und Leahs Überfall fühlte er sich kaum mehr schuldig.

Future Dynamics machte an einem Tag vermutlich mehr Reingewinn, als er in einem Jahrzehnt ausgeben konnte.

 

Part 15 Tote Spur

 

 

Electric eyes and

a million flashing lights

I am just another number

In an endless seeming  code

Just another lonely no one on the road

A shadow hunting me

And a past thats haunting me

Let’s see the fall

 

 

 

 

Eine halbe Stunde später saß Falk in einer der besseren Bars der unteren Stadtebene. Vor allen Dingen aus praktischen Gründen.  Polizei würde hier nicht so schnell  auftauchen, falls nach wie vor nach Evs gesucht wurde. Er wollte nicht darauf vertrauen, dass ihm das kleine Plastikkärtchen wirklich schützte. So hatte er sich eine stille Ecke gesucht, die ihn vor den meisten Neugierigen Blicken schützen würde und an die Arbeit gemacht.

Jetzt lag das Ergebnis von zwei Stunden vor ihm.

Er besah sich immer wieder die Überreste der Dateien, die er aus den Future Dynamics Archiven mitgenommen hatte.

Falk hatte gehofft aus den verschiedenen Datenmüll hier und da noch etwas Sinnvolles gewinnen zu können, aber Fehlanzeige. Bis auf wenige Bruchstücke ließ sich der Großteil nicht wiederherstellen. Jemand war sehr gründlich gewesen, was ihn endgültig davon überzeugte, auf der richtigen Spur zu sein. Aber das was er hatte war praktisch nichts…

Als er eine Bewegung am Eingang des Lokals wahrnahm sah er auf. Falk schüttelte den Kopf, als er die Gestalt erkannte.

,, Wie haben sie mich gefunden ?“ , wollte er wissen, antwortete sich aber selbst. ,, Lassen sie mich raten…“ Falk warf den weißen Plastikchip auf den Tisch. ,, Diese Karte hat einen Peilsender.“

,, Fast richtig.“ , antwortete Leah. Wenigstens musste er sich nicht auch noch mit Gavin herumschlagen.

,, Wenn sie hier sind mich doch noch  zu überzeugen, bei ihrer kleinen Revolution mitzumachen Leah, dann fürchte ich haben sie den Weg umsonst gemacht.“ , sagte er, ohne von seinem Computer aufzusehen. ,, Meine Antwort bleibt die Gleiche.“

Er hatte sich vor zu langer Zeit von diesem Weg abgewandt.

,, Deshalb bin ich nicht hier.“

Falk legte endlich das Tablet bei Seite.

,, Sie und ich wissen, dass das eine Lüge ist.“

,, Sie haben sich ihre Meinung gebildet.“ Stellte Leah bitter fest.

,, Ich habe mir meine Meinung gebildet.“ Im selben Moment taten ihm die Worte auch schon leid. Sie konnte es nicht besser wissen. ,, Also gut… Warum sind sie hier?“

,, Ich wollte mich entschuldigen. Wir hätten sie nicht so überfallen dürfen.“

 ,, Das stimmt allerdings.“ , stellte Falk trocken fest. Er war noch nicht bereit, sie so einfach davonkommen zu lassen.

,, Falk, ich will sie nur darum bitten jetzt nicht aufzuhören. Wir wissen nach wie vor zu wenig und…“

,, Das hatte ich nie vor.“ , erklärte er ruhig. ,, Ich werde ihnen jedoch nicht helfen irgendjemanden zu verletzten. Egal wieso. „

,, Es ist nur wichtig, dass sie bei uns bleiben. Wir brauchen sie.“

,, Das könnte sogar stimmen.“ Diesmal grinste er. ,, Also schön. Schwamm drüber und vergessen?“ Leah nickte.

,, Gut.“ Er schob ihr den Tabletcomputer über den Tisch zu.

,, Was ist das ?“ , wollte sie wissen und besah sich die für sie unzusammenhängenden Zahlen und Buchstaben, die nur gelegentlich lesbare Worte bildeten.

,, Was von einem Teil ihres Archivs noch übrig ist. Der Abgleich hat das zu Tage gefördert. Sämtliche Backups sind betroffen.“

Er konnte beobachten wie ihre Augen weit wurden. ,, Das ist unmöglich.  Nicht mal unsere Mitarbeiter können irgendwelche Daten hieraus löschen. Das ist absolut unmöglich.“

,, Nicht so unmöglich wie sie dachten anscheinend. Irgendjemand hat sich richtig Mühe gegeben alles was auf diesen Backups war zu zerstören. Und viel ist nicht übrig geblieben. “

Er streckte die Hand nach dem Tablet aus und Leah gab es ihm zurück.

Rasch suchte Falk die wenigen Dokumente heraus, die er hatte wiederherstellen können.

,, Es sind ein paar Akten, die wohl nur als… Kollateralschaden zu werten sind. Ich schätze, wer immer das war hatte nicht zu viel Zeit und hat sich darauf beschränkt gleich eine ganze Sektion zu löschen als nur das… worum es ihm ging.“

,, Aufzeichnungen über den Attentäter.“

,, Die Schlussfolgerung scheint logisch. Aber wir könne es nicht überprüfen. Alles was ich hier finde sind nicht mehr auswertbare Bruchstücke… Und noch einen seltsamen Eintrag über Redundante und Dominante Gene und Sterilität bei Evs.“ ,, Alle Evs sind steril.“ M antwortete Leah nur. ,, Das hängt mit der Inkompatibilität der meisten Genetischen Veränderungen untereinander zusammen.“

,, Sie und Gavin… ?“

,,  Was meinen… Oh wir sind nicht… nicht zusammen, wenn sie das meinen.“ E lachte. ,, Meinte ich nicht. Ich wollte Fragen, wie sie ausgerechnet bei Future Dynamics hängen geblieben sind ?“

,, Was mich angeht, bin ich nie woanders gewesen. Isaac hat mir eine komplette Ausbildung finanziert. Studium der Humangenetik und Biologie. Es ist interessant, der einzige Ev an Schulen voller Menschen zu sein. Aber man findet da nicht viele Freunde.“

,, Aber sie haben es geschafft nicht ?“

Und danach arbeitete ich bei Future Dynamics in der Forschung. Anfangs noch als Assistentin und mittlerweile als Isaac Stellvertreterin.  Er  hat wohl noch geglaubt, wenn er einige Evs in Führugngspositionen setzt würden andere Firmen seinem Beispiel leichter folgen.“

,, Und Gavin ?“ ,, Über ihn weiß ich eigentlich nicht viel. Er ist nicht sehr gesprächig, wie sie gemerkt haben dürften.“

,, Und ob.“ , bemerkte Falk.

,, Isaac hat ihn eines Tages gefunden. Er stammt nicht von Future Dynamics.  Die meisten Evs bekommen Wachstumsbeschleuniger bei ihm jedoch hatte man die überdosiert.“

,, Mit was für Folgen ?“

,, Er war davon abhängig, als Isaac ihn fand. Es hat ihn… verändert schätze ich.

,, Ist er deshalb immer schlecht gelaunt ?“

Leah schüttelte den Kopf und achte leise. ,,Nein.  So ist er einfach. Wie gesagt, sie müssen ihn erst mal kennenlernen.“

,, Ich bin nicht sicher ob ich das möchte. Ihr Weg ist schlicht falsch.“

,, Sie sagen das immer wieder.“ , meinte Leah.

,, Glauben sie,  sie und Gavin sind die ersten, die versuchen etwas zu ändern und dabei nicht auf die Politik  warten wollen?“

,, Sie ?“ Leah wirkte kurz ungläubig. Natürlich. Er war niemand dem man das zutrauen würde. Nicht mehr.

,,Ich. Und ein Haufen Narren. Die Geschichte, die ich nicht erzählen wollte… Sieht aus als könnte ich diesen Vorsatz vergessen wie ?“

,, Wenn ihnen das Schwerfällt dann…“

,, Oh für mich ist das nicht schwer.“ , erwiderte Falk bitter. ,, Für sie hingegen… „ Er schüttelte den Kopf. ,, Ich war bei der ELL. EV-Liberation-League. Bescheuerter Name wenn sie mich fragen. Eine Gruppe von EVs, die genug hatten.“

,, Ich habe den Namen glaube ich schon einmal gehört.“

,, Das ist durchaus möglich, aber es gab uns … zum Glück… nicht sehr lange. Wir waren zu siebt. Ich war derjenige, der und das Geld besorgt hat , während die Planung bei den anderen Hängenblieb. Es ist so einfach ein paar Konten zu hacken, vor allem wenn man in der Buchhaltung einiger Firmen arbeitet.“ Er war naiv gewesen. Damals. Das Gefühl etwas zu bewirken trieb bei fast allen die gleichen Blüten. Hoffnung, egal was man tat. ,, Für Future Dynamics habe ich nie gearbeitet keine Sorge.“ , fügte er noch hinzu.

,, Das erklärt nicht wieso…“ , setzte Leah an.

,, Ich war auch noch nicht fertig. Irgendwann… blieb es dann nicht mehr nur beim Planen. Ich hielt mich aus allen Aktionen raus.  Ich hab Waffen immer gehasst, auch wenn ich letztlich das Training nicht abgelehnt habe. Aber mitgehen, das wollte ich nicht riskieren.“ Falk  machte eine Pause. Er hatte Gedacht selbst darüber hinweg zu sein. Offenbar nicht. Es schien wieder alles grade erst passiert zu sein.

,,Letztlich hatten sie den tollen Plan ein Einkaufszentrum zu Überfallen. Was auch gelang. Ich hatte ihnen erklärt, wie sie die Sicherheitssysteme des Gebäudes lahmlegen und diese dann nutzen können um alles Abzuriegeln. Über Einhundert Geißeln  sind ihnen letztlich in die Hände gefallen.

Mehr als Genug, wie man meinen sollte.  Die Idee war, die Geißel dann gegen die Zusicherung von freien Abzug , baldigen Reformen  für neue Rechte und einer Summe Geld , das für die Flucht reichen sollte,  freizulassen.

Als das Ausblieb… Als der Stadtrat auf kein einziges Angebot einging…“ Er stockte.

,, Sie haben sie getötet ?“

Falk nickte. ,, Alle.“ Seine Faust landete auf dem Tisch, als die Erinnerungen sich Bahn brachen. ,, Verdammt da waren Kinder darunter. Sie hätten einfach aufgeben sollen nicht… so was. Gestorben sind sie dann trotzdem. Keiner hat dieses Kaufhaus lebend verlassen. Und ich bin abgehauen, habe jeden Beweis, der mich mit ihnen in Verbindung brachte zerstört.“ Oder zumindest hatte er das gehofft.

,, Deshalb also wollen sie uns nicht helfen.“

,, Ich war es, der ihnen den Weg ebnete. Ich hatte immer schon ein Händchen für Technik. Und das brauchten sie… Ohne mich hätten sie nie auch nur ihre Ausrüstung zusammen bekommen. Was ich in bester Absicht getan habe ist direkt verantwortlich für den Tod von über einhundert Menschen.“

Leah schüttelte den Kopf. ,,Falk, sie haben doch keine Schuld daran was andere mit dem tun was sie ihnen geben. „

,, Sieht das Sterling genauso?“ , war alles, was er erwiderte. Als sie nicht antwortete fuhr er fort. ,, Wenn ich ihnen jetzt eine Waffe geben würde… und Featherstoen durch diese Tür hereinkäme, sie würden ihn töten , oder ?“

Es dauerte einen Moment, bis sie antwortete: ,, Sicher.“

,, Und damit hätte ich ihn genau so ermordet. Weil ich es ihnen ermöglicht habe. Obwohl ich wusste, wie es ausgehen würde. Ich kann meine Schuld nicht leugnen, selbst wen mich kein Gericht der Welt verurteilen würde. “

,, Und trotzdem können sie damit leben.“

,, Weil ich es hinter mir gelassen habe Leah. Ich werde in meinem Leben nie wieder jemanden Schaden ob absichtlich oder nicht. Es gibt immer einen besseren Weg. Es muss einen geben.“

Leah stand auf. ,, Also werden sie einfach zusehen, wenn Featherstone weiter macht ?“

,, Ich weiß nicht, was ich tun werde.“ , erwiderte er. ,, Es gibt immer noch zu viele Lücken.“

Falk stand ebenfalls auf. Es war spät genug und er hatte das letzte Mal vor… einer Ewigkeit geschlafen. ,, Ich denke wir sehen uns morgen ?“

,, Isaac will sicher wissen, was sie herausgefunden haben.“ Mit diesen Worten verabschiedete sie sich.

Falk sah ihr einen Augenblick nach. Erst als Leah aus seinem Blickfeld verschwunden war, nahm er seine Jacke und das Tablet mit den Daten, die er hatte retten können.

 

Die kühle Nachtluft schlug ihm entgegen, sobald er aus dem Lokal auf die Straße trat. Wirklich Kalt wurde es nie, aber der leichte Wind brachte ihn doch dazu, die Jacke zu schließen.

In Gedanken achtete er kaum wohin er lief. Nur in die Grobe Richtung seiner Wohnung, die diesmal hoffentlich sicher war. Auf einigen Straßenzüge  die er passierte waren die Farbahnen gesperrt. Vermutlich noch Überreste der Flucht mit Gavin. Das Bild, wie einer der Polizeiwagen unter einen Bus geriet blitzte wieder in seinem Verstand auf. Er hatte das nicht gewollt, hatte sie nur ausbremsen wollen.

Vielleicht war der Fahrer ja nicht tot. Eine trügerische Hoffnung.

Einige Fußgängerbrücken führten über die stärker befahrenen Stadtautobahnen, die Vektor in einem Ring umliefen um dann zu den Vororten und weiter durch die Ödnis zu führen.

Es hatte etwas hypnotisches, dem Verkehr in der tiefe zuzusehen. Wie ein Fluss aus rot und weiß leuchtendem Metall.

Falk blieb einen Moment stehen. Er hatte es nicht eilig und die frische Luft hatte seine Müdigkeit wieder etwas vertrieben.

Es war fast als ob…

Eine Bewegung hinter ihm, riss ihn aus seinen Gedanken. Viel zu schnell, selbst für ihn.

Er spürte nur noch einen gewaltigen Stoß, der ihm den Boden unter den Füßen nahm. Einen Moment hing Falk zwischen Fallen und Stehen in der Schwebe, dann gewann die Schwerkraft die Oberhand und das fragile Gleichgewicht zerfiel.

Plötzlich war da nichts mehr zwischen ihm und dem stahlüberfluteten Asphalt als Luft…

 

 

Part 16 Mordversuch

 

 

Air and Steel

A turning weel

Fallign into void

Promises to my self

Broken could

Memories I avoid.

Secret rage

And boiling blood

I feel like in a cage

Let’s let them know

 

 

 

 

Mit einer Hand klammerte Falk sich an das Metallgitter des Fußgängerüberwegs. Unter ihm rasten die Autos in unverändertem tempo dahin, während er, nur durch eine dünne Strebe gehalten über dem Asphalt baumelte.

Das war knapp gewesen…

Jemand hatte grade Versucht ihn umzubringen. Und konnte nach wie vor  durchaus Erfolg damit haben.

Langsam zog Falk sich wieder nach oben. Einen Moment lang glaubte er abzurutschen, bevor seine Füße schließlich Halt am Rand des Geländers fanden.

Sofort schwang er sich über das Gitter und landete wieder auf dem halbwegs sicheren Steg.

Eine Gestalt , mehr ein Schatten als das er mehr erkennen konnte, rannte in Richtung Stadt davon.

Falk machte sich gar nicht erst die Mühe, dem Flüchtigen etwas zuzurufen, sondern rannte sofort hinterher.

Der Fremde hatte versucht ihn zu töten… Warum ? Die Antwort jedenfalls begann ebenfalls schneller zu laufen, sobald sie bemerkte, das sie Verfolgt wurde.

Und das der Mordversuch grade gescheitert war, dachte Falk während er weiterlief. Was wohl geschehen wäre, wenn nicht? Vermutlich hätte man das Ganze als Selbstmord durchgehen lassen, egal ob er einen Grund dazu gehabt hatte oder nicht.

Aber wer würde versuchen ihn auszuschalten? Nach wie vor wusste er nichts. Oder nicht fiel.

Die dunkle Gestalt bog in eine Seitengasse ein, sobald sie die Brücke überquert hatte.

Falk hastete sofort hinterher, nur um fast von einer umgestoßenen Mülltonne von den Füßen geholt zu werden.

Aber nur fast.

Er strauchelte kurz, rannte dann aber weiter die Gasse entlang. An deren Ende sich eine Mauer befand…

Das war eine Sackgasse. Der Verfolgte hatte sich irgendwie selbst in die Enge getrieben.

Hastig tastete Falk nach der Waffe, die Sterling ihm gegeben hatte. Er würde sie nicht benutzen müssen, beruhigte er sich selbst.

,, Stehenbleiben.“

Die Gestalt rührte sich nicht.

,, Umdrehen, langsam.“

Noch immer machte die Gestalt keine Anstalten sich zu bewegen.

Falk umklammerte den griff der Waffe fester, während er näher trat.

,, Sie haben keine Ahnung, um was es hier geht.“ , meinte die Gestalt. Eine seltsam dünne, leise Stimme. Aber immer noch bedrohlich genug, das er stehen blieb.

,, Dann sollten sie mir das vielleicht sagen.“ Er streckte eine Hand. ,, Denn sie kommen jetzt erstmal…“

Die dunkle Gestalt war blitzschnell und wirbelte in einer fließenden Bewegung herum. Aber Falk ließ sich nicht so leicht überrumpeln und trat ebenso schnell Beiseite. Eine Messerklinge in der Hand der Gestalt traf ins Leere. Falk erhaschte einen Blick auf ein blasses Gesicht und gerötete Augen.

Der Fremde, der nun versuchte an ihm vorbei zu hasten stolperte über seinen ausgestreckten Fuß.

Die Gestalt  taumelte jedoch nur kurz während sie weiterlief.

Falk hob die Waffe. Die Gasse ließ dem Mann keinen Platz zum Ausweichen.

,, Stehen bleiben.“

Der Fremde hörte nicht auf ihn.

Einen Augenblick zögerte Falk . Er hielt den Atem an. Die Pistole in seiner Hand zitterte, während er versuchte zu zielen.

Schließlich ließ er die Waffe jedoch nur sinken.

Nein. Das würde er nicht tun. Falk zitterte immer noch leicht während er die Waffe wieder einsteckte und nur der fliehenden Figur nachsah, die bald außer Sicht verschwand.

Er hatte das Gefühl grade endgültig zur Schachfigur geworden zu sein.

Kopfschüttelnd über seine eigene Dummheit machte er sich zurück auf den Weg zu seiner Wohnung.

 

Am nächsten Morgen stand er bereits früh auf. Trotz seiner zunehmenden Müdigkeit hatte er auch am Abend zuvor kaum Ruhe gefunden. Viel zu sehr beschäftigten ihn nach wie vor die zerstörten Daten… und der Mordanschlag auf ihn. Auch wenn er langsam zu verstehen glaubte. Wer immer sich Zugriff zu den Archiven von Future Dynamics verschafft hatte, dieser jemand hatte auch gemerkt, dass er ertappt worden war. Die Sicherheitslücke die das System hatte blieb ja bestehen und wenn jemand alle Eingaben überwachte...

Dann würde er sich nicht mehr an die Computer bei Future Dynamics wagen, bis diese geschlossen war.

Falk stand auf, zog sich an und machte sich ohne etwas zu essen direkt auf den Weg zum Firmensitz des Konzerns. Wenn jemand noch etwas Licht in diese Sache bringen konnte, dann Sterling.

Die Straßen waren nach den Unruhen in der vorletzten Nacht beinahe Gespenstisch ruhig, als er nach draußen trat. Fast, als wären die Gebäude um ihn herum leer. Was, wenn er die Anzahl an Fahrzeugen gestern richtig eingeschätzt hatte gut sein konnte. Unterschwellige Wut, die er diesmal nicht sofort wieder begrub, machte sich breit.

Erst, als er den Weg zur Stadt schon halb hinter sich hatte legte sich das schon beinahe ungewohnt gewordene Gefühl wieder.

Hier waren die Straßen wieder voller und er entdeckte zu seiner Erleichterung auch immer mehr Evs.

Es war etwas. Trotzdem entging ihm die größere Anzahl an Polizeiwagen auf der Straße keines Wegs. Fast, als würden die Vororte jetzt stärker Patrouilliert. Falk bezweifelte allerdings, dass ein wirkliches Verbrechen der Grund dafür war. Das hier… war nur eine weitere Art Schikane.

Während er noch weiter darüber nachdachte, hörte er auf einmal Stimmen. Aufgebrachte Rufe, die offenbar die meisten anderen Menschen und EVs geflissentlich ignorierten. Als wäre es nicht da…

Einen Augenblick lang fühlte Falk den gleichen Impuls, den alle anderen Spüren mussten. Weitergehen. Das ging ihn nichts an, er hatte eigene Geschäfte zu erledigen.

Kurz bewegten sich seine Füße tatsächlich weiter im Strom der Menschen. Dann jedoch zwang er sich entschieden stehen zu bleiben. Die Masse aus Fußgängern brach sich an ihm, wie an einem Felsen, während er versuchte die Stimmen über das Summen und Gewirr der Masse erneut auszumachen.

Da war es wieder. Mehrere Stimmen, noch zu undeutlich, das er genaueres Verstehen konnte…

Trotzdem machte er sich auf dem Weg in die Richtung.

Falk löste sich aus dem Strom und überquerte Rasch die Straße. Mittlerweile konnte er schon mehr hören und auch verstehen. Zwei Stimmen, beide offenbar Autoritätsgewohnt…

Schnell bog Falk in die nächste Straße ein. Hier war bereits deutlich weniger los und je weiterer ging, desto mehr blieben die Menschen hinter ihm zurück. Bis die Straße schließlich wie Ausgestorben wirkte. Selbst wenn die belebte Stadt nur wenige hundert Meter entfernt war, hier wirkte sie fast verlassen. Alles war verscheucht von den lauten Stimmen, die niemand beachten wollte.

Niemand außer Falk.

 

Zwei Polizeibeamte standen in einem Halbkreis um eine am Boden kauernde Gestalt. Einer sprach laut in ein Funkgerät, während die anderen Beiden einfach nur dabei standen.

Falk hatten sie bisher nicht bemerkt und er duckte sich Rasch um eine Häuserecke damit das auch so blieb. Drei waren zu viele. Er konnte unmöglich helfen.

,, Kein registrierter EV nein.“ , sagte der Mann am Funkgerät. Offenbar erstattete er irgendjemanden Bericht oder bat um Anweisungen.

,, Wohnt auch nicht hier wie es aussieht.“ , antwortete ein zweiter. ,, Wie machen wir also ?“

Falk schlich sich Vorsichtig etwas näher, so dass er etwas mehr erkennen konnte. Nur um sicherzustellen, dass der Gestalt am Boden weiter nichts geschah, log er sich selbst an.

Zwischen den Beamten lag tatsächlich eine Person auf dem Boden aber die Gestalt wirkte überraschend klein.

Falk erstarrte als ihm klar wurde wieso. Das war ein Kind…

Er vergaß alle Vorsicht, die er sich noch eben selbst vorgeschrieben hatte und stand aus seinem Versteck auf.

,, Ist Featherstone jetzt vollkommen durchgedreht ?“

Die drei waren offenbar überrascht genug über sein plötzliches auftauchen, das sie einen Moment brauchten um zu reagieren. Der reichte ihm auch.

Falk schubste den ersten Officer beiseite. Offenbar stärker, als er beabsichtigt hatte. Der Mann viel in den Staub und blieb einen Moment reglos Sitzen.

Er ignorierte ihn und auch die zwei verbliebenen Polizisten als er sich neben die am Boden kauernde Gestalt kniete.

,, Hey alles in Ordnung ?“

Verängstigte Augen schauten ihn kurz aus einem runden Gesicht an, bevor sich die Gestalt wieder auf die Seite drehte. Das gab es doch nicht.

Das war tatsächlich ein Ev…. Die Augen, die ihm entgegenblickten waren leuchtend orange. Ein Kind und ein Ev. In seinem Kopf arbeitete es, aber im nächsten Moment überwog die Wut, die er all die Jahre lang im Zaum gehalten hatte.

,, Was zur Hölle haben sie getan ?“ , schrie er den ersten Mann an, der das Pech hatte ihm am nächsten zu stehen.

,, Wir… Der Befehl lautete alle Evs aus diesen Teil der Stadt…“ Der Polizist fing sich offenbar wieder. ,, Sir ich muss sie bitten zu gehen, das hier ist eine Angelegenheit der allgemeinen Sicherheit. Ich kann ihnen versichern, dass niemanden hier etwas geschehen wird. Wir haben lediglich den Auftrag alle EVS aus  den Vorbezirken zu holen, bis die Situation in Vektor geklärt ist.“

Und wann diese Situation ,, geklärt“ sein würde bestimmte ganz allein Featherstone, dachte Falk bitter.

,, Die Situation ist für mich ziemlich klar.“ , meinte Falk. Er hatte noch die Chance, die Sache friedlich zu lösen. Wenn die Drei ihn weiterhin für einen Menschen hielten.  ,, Ich sehe drei bewaffnete Erwachsene, die ein verdammtes Kind drangsalieren.“ Er zog seinen Tabletrechner aus der Tasche. Und die Pistole, die er dahinter verborgen hielt. Nur für den absoluten Notfall, schwor er sich.  ,, Was meinen sie, wie lange dauert es, bis sie alle Arbeitslos sind wenn ein Wort davon an die Öffentlichkeit kommt ?“ Er hielt das Tablet demonstrativ hoch, auf dem auf Knopfdurck ein Foto der drei und dem Bündel zu ihrem Füßen erschien.

,,  Das wagen sie…“

Falk hielt wieder das Tablet hoch.

,, Ein Knopfdruck und das hier landet per Verteilermail bei allen größeren Nachrichtenagenturen der Stadt.“ Die zwei Beamten sahen sich einen Moment unsicher an.

Der dritte Polizist, den Falk zu Boden gestoßen hatte jedoch stand jetzt wieder auf. Ein überlegenes Lächeln trat auf das Gesicht des Mannes, der Falk überhaupt nicht gefallen wollte.

,, Und wer wird einem Ev genau glauben ?“

Falk schüttelte den Kopf. ,, Wollen sie das wirklich riskieren ?“

Einen Augenblick schien die Zeit eingefroren. Falk konnte mit Seelenruhe verfolgen, wie der Mann seine Antwort gab. Er griff zur Waffe an seinem Gürtel. Die anderen beiden wirkten noch erstarrt.

Falk ließ das Tablet fallen, das wie alles andere kurz eingefroren in der Zeit  zu hängen schien.

Sein Verstand arbeitete noch schneller als sonst, analysierte das Geschehen ohne, das sich einer der vier beteiligten merklich zu Bewegen schien.

Alte Erinnerungen an Stundenlanges üben kamen wieder hoch. Erinnerungen, die er eigentlich unter Verschluss hatte halten wollen.

Zuerst musste er den Mann mit der Waffe ausschalten. Er war langsam und würde die Pistole nicht in die Hände bekommen, bevor Falk ihn ausschalen könnte.

Die anderen Beiden waren keine sofortige Bedrohung, würden aber schnell eine werden können.

Die Erstarrung fiel von der Welt.

Die Schwerkraft gewann endlich die Oberhand über das Tablet.

Der Mann vor ihm hatte die Waffe halb aus dem Holster gezogen, als Falk vorstürzte.

Abwehrend hob der Polizist die freie Hand unter der er jedoch gekonnt durchtauchte und ihm einen Schlag in die Magengrube versetzte.

Der Beamte zu seiner linken holte mit einem Schlagstock aus, der jedoch ins leere Traf. Bevor er die Hand wieder heben konnte, entriss Falk ihm die Waffe und ließ sie in einem Schwung gegen das Schienbein des verbliebenen Gegners zu seiner rechten krachen.

Der Beamte zur linken versuchte nun ebenfalls seine Pistole zu ziehen, jedoch war Falk schneller. Sein Gegenüber erstarrte in der Bewegung, als er sich plötzlich Auge in Auge mit einem Pistolenlauf befand.

Jetzt erst fiel das Tablet in den Staub zu Falks Füßen.

Die Pistole in seiner Hand zitterte, während er sie auf den Kopf des Mannes vor ihm gerichtet hielt.

Ein Teil von ihm wollte den Abzug drücken, der andere nicht. Es dauerte einen Augenblick, bis eine Entscheidung die Oberhand gewann.

Er ließ die Waffe sinken, mit der er den letzten noch stehenden Polizisten bedrohte.

,, Verschwinden sie.“ , sagte er, während sich die anderen beiden Männer vom Boden aufrappelten.

Das musste er ihnen offensichtlich nicht zweimal sagen. Sobald die Gestalten außer Sichtweite waren, gaben seine Beine unter ihm nach.

Er musste sich mit einer Hand abstützen um nicht mit dem Gesicht voran im Staub zu landen. Ihm wurde Schlecht, während die Welt sich in jede Richtung gleichzeitig zu drehen schien.

Was hatte er grade getan?

Er hatte ein Jahrelanges Verbot gebrochen. Sein Versprechen sich selbst gegenüber.

Aber sie hatten ihm keine Wahl gelassen nicht?

Trotzdem ließ es einen schalen Geschmack in seinem Mund zurück und die Befürchtung, das es nicht das letzte Mal gewesen war.

Er klopfte sich den Staub von der Kleidung und hob das Tablet auf, das wie durch ein Wunder unbeschädigt geblieben war.

Dann wendete er sich der kleinen  Gestalt zu, die sich mittlerweile aufgesetzt hatte und ihn aus orangeverfärbten Augen musterte.

Und da sprangen sie wieder an, die Räder in seinem Kopf. Was er sah, war unmöglich. Ein EV und ein Kind…

 

 

 

Part 17 Puzzleteil

 

Vigilant eyes

A fire

Without a cause

Burns within

Beyond fallen Skyes

In the shadows of golden spires

And speeding cars

Lets get some Parts

 

 

 

 

 

Alle EVs waren ausgewachsen, wenn sie ins Leben traten. Um irgendwo zu Arbeiten.  Bei denjenigen, wo diese Entwicklung nicht schnell genug ging, wurden Wachstumsbeschleuniger eingesetzt.

So waren die meisten mit wenigen  Jahren oder in Einzelfällen Monaten Alter Erwachsene Lebewesen. Die Folgen, die das auf die Psyche einiger haben konnte, interessierten dabei die wenigsten.

Etwas über das die wenigsten gerne Sprachen noch dem sich viele Menschen wirklich bewusst schienen.

Letztlich würde man daher aber nie einen EV finden, der merklich jünger als 20 wirkte.

Nur stimmte das nicht länger…

Falk musterte die kleine Gestalt ihm gegenüber. Sie hatte halblange schwarze Haare und wirkte bis auf diese ungewöhnliche Farbe die Orange verfärbten  Augen wie ein Mensch. Sieben Jahre, Acht ? Oder doch durch Wachstumsbeschleunigung verfälscht? Es spielte kaum eine Rolle. Um ihn herum schien sich nach wie vor alles zu drehen, trotzdem zwang er sich zu einem gequälten Lächeln.

,, Alles in Ordnung bei dir?“

Das Mädchen nickte nur.

,, Gut.“ Mehr konnte er momentan nicht sagen. Etwas stimmte hier einfach nicht. Entschieden nicht. Als ob  das hier die eine unbeantwortete Frage wäre, die zu viel für seinen Verstand war.

,, Du solltest wirklich verschwinden. Die drei Männer von eben kommen wieder. Und dann sind wir beide besser weit Weg.“

Sie schüttelte nur den Kopf, anstatt zu antworten.

,, Aber du musst doch irgendwo hin können ?“ , fragte Falk. Auch wenn er nicht wirklich damit rechnete.

Statt einer Antwort deutete die kleine Gestalt nur auf ihren Hals und schüttelte kurz den Kopf.

,, Was soll…“ Die Erkenntnis traf ihn wie einen Blitz. ,, Du kannst nicht sprechen ?“ Allein die Feststellung sorgte dafür, dass sich ein Teil seiner Wut erneut Bahn brach. Jemand hatte mit unsauberen Sequenzen gearbeitet. Das Mädchen vor ihm besaß schlicht keine Stimmbänder.

Falk schloss einen Moment die Augen. Er würde sie sicher nicht hierlassen. Sterling könnte sich sicher darum kümmern, dass ihr nichts passierte. Das wäre die beste Lösung.

Aber war das wirklich die Antwort auf eine nach wie vor nagende Frage? Oder konnte es eine andere Erklärung geben?  Eine die ihm noch unglaublicher erschien, als die Tatsache, dass jemand einen EV ohne Wachstumsbeschleunigung erschaffen würde?

Es ließ sich durch eine einfache Frage beantworten. Eine allerdings, die er fast nicht wagte zu stellen.

Wenn er falsch lag, wäre die Frage bestenfalls verletzten. Aber wenn auch nur die geringste Chance bestand, das er mit seinem Bachgefühl richtig lag…

,, Wo sind deine Eltern ?“

Die Antwort war kein Kopfschütteln, wie er gehofft hatte. Es wäre.. einfacher gewesen. Stattdessen zeigte sie in die Richtung, in welche die drei Polizisten vorhin verschwunden waren…

 

 

Keine halbe Stunde später stürmte Falk in das Firmengebäude von Future Dynamics auf der Himmelsplattform.  Er hatte nicht lange gebraucht um herzukommen. Was ihn vorwärtstrieb war die Erkenntnis, dass Sterling ihm etwas verschwiegen hatte…

Etwas möglicherweise unglaublich wichtiges.  Es schien unmöglich, das er nicht davon gewusst hatte…

 

Das kleine EV-Mädchen folgte ihm zögerlich. Er hatte sie ja schlecht zurück lassen können. Und das würde er auch nicht. Trotzdem musste er allein mit Sterling sprechen. Der Mann schuldete ihm jetzt mehr als nur eine Antwort. Er musste die nun plötzlich allgegenwärtig scheinende Wut wieder in ihre Schranken weißen. Einmal freigebrochen schien es, konnte er sie kaum noch beherrschen. Und wen wunderte das?  Er hatte sie Jahrelang ignoriert. Jetzt aber zwang er sich erneut, die Türen und Tore zu schließen, die all die Zeit zwischen ihm und dem Zorn gestanden hatten.  Aber nicht ganz.

Nicht mehr…

Er blieb stehen und drehte sich zu seiner neuen Begleitung um, die sich neugierig im Flur des Erdgeschosses umsah.

,, Du..“ Sie konnte ihm ihren Namen ja schlecht verraten, ,, Du musst vielleicht eine Weile hier bleiben.“ , sagte er. ,,  Die Leute hier sind nett, keine Sorge.“

Die kleine Gestalt schien einen Moment unsicher, nickte dann aber.  Es gefiel ihm nicht, sie jetzt einfach hier zurück zu lassen. Aber was folgte musste sie wohl wirklich nicht mitbekommen. Und würde es noch weniger verstehen.

Und an einen der Wachleute an der Tür gerichtet fügte Falk hinzu: ,, Kümmert euch um sie.“

Dann erst machte er sich auf in Richtung von Sterlings Büro. Unterwegs kam ihm bereits Leah entgegengelaufen. ,, Sie sind spät. Sterling wartet…“

,, Er kann noch etwas länger warten.“ , antwortete er nur und lief wortlos weiter bis zum Aufzug, der in nach oben brachte.

Leah hastete ihm hinterher und schaffte es grade noch herein, bevor die Tür zufiel.

,, Was ist passiert ?“

Falk antwortete ihr wieder nicht. Die Wut, die er dachte vorhin wieder ausgeschlossen zu haben

 Die Zeit, bis die Kabine endlich das Dachgeschoss erreichte schien ihm endlos. Trotzdem ignorierte er weiterhin Leahs Fragen. Sie würde es noch früh genug erfahren. Zusammen mit Sterling.

Sobald sich die Aufzugstüren öffneten trat Falk nach draußen und überbrückte die kurze Distanz zum Büro des Doktors.

Er machte sich erst gar nicht die Mühe anzuklopfen, sondern rat unaufgefordert ein.

Zwei Personen waren im Raum. Sterling, der hinter seinem Schreibtisch aufstand, sobald er Falk erkannte und Gavin, der ebenfalls den Kopf in seine Richtung drehte.

,, Falk ? Was ist los?“ , fragte der Doktor angespannt. Vermutlich spürte er bereits, dass etwas nicht in Ordnung war. Aber eben nicht was…

,, Unten im Flur sitzt ein kleines Mädchen, dessen Eltern von der Polizei mitgenommen wurden.“ , erklärte Falk.

,, Wie bitte ?“ , setzte Gavin an. ,, Ich dachte Featherstones Anweisungen bezogen sich nur auf…“ ,

,, Evs“ , beendete er den Satz und musterte dabei Sterling. Dessen Augen weiteten sich ein Stück, zeigten aber keine große Überraschung. ,, Möchten sie mir das erklären ?“

,, EVs sind steril Falk.“ , meinte Leah, ebenso ungläubig, wie er sich vor einer guten Stunde Gefühlt hatte.

,,Die meisten. Wir konnten es nie ganz ausschließen.“ antwortete Sterling knapp, aber da war doch mehr…

,, Was soll das heißen ?“ , verlangte nun auch Gavin zu wissen.

,, Es heißt,“ , antwortete Sterling leise. ,, Das ich die Kompatibilität einiger Gensequenzen nicht bedacht habe.“

,, Weiß die Church das ? Oder Featherstone ?“ , fragte Leah. ,, Verdammt Isaac das hätten sie mir sagen müssen.“

,, Es schien nicht wichtig.“ , verteidigte Sterling sich schwach. ,, Ich meine, wen würde es kümmern ? Es gäbe ein paar Probleme wenn bestimmte genetische Eigenheiten…“ Er stockte. ,, Es war nicht wichtig.“

Gavin blieb skeptisch,, Schön das zu wissen. Aber.. das hat nichts mit dem zu tun was momentan hier vorgeht oder?“

,, Ich weiß es nicht, ich weiß nicht ob er überhaupt etwas weiß.“ , erklärte der Doktor. ,, Klar ist, wenn, dann hat ihm der Anschlag offenbar die nötige Zustimmung gesichert. Und wer weiß schon was in seinem Kopf vorgeht. Church Schwachsinn vermute ich. Alles was Nötig ist,  um sich seinen Platz als Stadtkanzler zu sichern…“ ,,Verdammt nochmal. Ich weiß nicht auf welcher Seite sie stehen, ich weiß nicht wie viel sie wissen oder was sie planen… Wie kann  ich ihnen da vertrauen?“

,, Ich habe es allen Vorenthalten Falk.“ Sterling klang nun mehr gereizt. ,, Nicht nur ihnen. Ich möchte sie bitten das zu bedenken. Sie sind keiner meiner offiziellen Mitarbeiter und selbst wenn ihre Fähigkeiten sich gestern für uns als nützlich erwiesen haben, sie können nicht erwarten, dass ich ihnen jedes Detail haarklein berichte.“

Auch wenn es Falk schwerfiel nickte er. In diesem Punkt zumindest hatte der Doktor Recht, das musste er zugeben.

Dieser fuhr nun fort: ,, Ich hoffe trotzdem,  sie können mir verzeihen. Ich hätte es öffentlich machen sollen aber… Wir wissen nach wie vor nicht, ob es etwas hiermit zu tun hat.“

Nein, dachte Falk. Es erklärte den Anschlag nicht. Nicht die gelöschten Daten, über die Leah Sterling sicher informiert hatte. Nicht den Mordversuch an ihm…

Langsam wurde er wieder ruhiger. 

Aber es war ein weiteres großes Puzzleteil. Endlich eines, das eine konkrete Gestalt hatte. Wie es letztlich ins Gesamtkonzept passte, da musste er dem Doktor Recht geben, das wusste er nicht. Und wenn dieser einige Stücke für sich behalten wollte… nun das war sein Risiko.

 

Sterling wurde jetzt wieder geschäftsmäßig. ,, Wo ist der Ev jetzt den sie gefunden haben  ?“

,, Sie meinen das Mädchen ?“ , fragte Gavin

Sein gegenüber nickte.

,, Ich kann mich darauf verlassen, das sie auf sie aufpassen ?“ , fragte er

,, Natürlich.“ Der Doktor wirkte einen Augenblick geradezu entsetzt wegen Falks unterschwelligem Vorwurf. Und dieser musste zugeben, dass er ihm das abnahm Sterling hatte einen Fehler gemacht. Das war alles. Aber er war immer noch derjenige, der immer als erster Bereit war sich für EVs einzusetzen. ,, Wer denken sie bin ich ?“

,, Ich weiß momentan nicht ganz, was ich von ihnen halten soll.“ , gab Falk zu. ,, Ich habe sie am Eingang gelassen. Einer ihrer Leute kümmert sich um sie.“

,, Sie haben ein Kind allein irgendjemanden überlassen ?“ , fragte Leah

,, Ähm…“ Er sah einen Augenblick betreten zu Boden. ,, Als was tun wir jetzt ?“

,,Wir müssen abwarten“ , erklärt Sterling. ,, Mehr können wir nicht tun. In einem Monat muss sich dann alles entscheiden… Und sie Falk könnten in der Zwischenzeit herausfinden, wie sich jemand Zugriff zu unseren Datenbanken und Archiven verschaffen konnte. Das beunruhigt mich momentan mehr als alles andere.“

,, Dann muss ich wieder an die Zentralrechner.“, erwiderte er. ,, Vielleicht finde ich auch noch einen Weg die beschädigten Sektionen wiederherzustellen.“

Ihm blieb auch nicht wirklich etwas anderes übrig. So wie es aussah… war er wieder bei null.

 

 

Sobald er Sterlings Büro verlassen hatte, war es Gavin, der Falk  hinter her hastete und ihn Abfing

,, Seht ihr es jetzt Falk…  Es wird immer schlimmer nicht besser. Und Sterling weigert sich nach wie vor etwas zu unternehmen.“

,, Weil es keinen Sinn macht.“ , warf Falk ihm an den Kopf,  ,,Was wollen sie bitte tun hm? Ich sage ihnen was sie tun wollen Gavin . Sie wollen daraus gehen, sie wollen es irgendjemanden heimzahlen. Aber bringt das irgendetwas? Wenn sie glauben, dass es ihnen etwas bringt, nur zu, gehen sie da raus, schießen sie von mir aus auf ein paar Leute. Aber halten sie mich da einfach draußen.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und beeilte sich, den Fahrstuhl zu erreichen, der ihn wieder nach unten brachte.

,, Falk… sie  können nicht mehr einfach  davon laufen.“ , rief Gavin ihm nach.

,, Oh doch ich kann! Das sehen sie doch.“ Und es war besser als sein Weg… Die Türen der Kabine fielen zu.

 

Leah, die Gavin gefolgt war trat nun ebenfalls auf den kurzen Gang zwischen Sterlings Büro und dem Fahrstuhl zum restlichen Gebäude.

,, Lass es gut sein.“ , meinte sie.

Gavin lachte bitter. ,, Bis zu dem Moment, wo er merkt, das es zu spät ist irgendetwas zu ändern?“

,, Ich glaube sie schätzen ihn schlicht falsch ein.“

Er schüttelte den Kopf. ,, Was siehst du in ihm ?

,, Ich weiß es nicht.“ Es war die einzige ehrliche Antwort, die sie geben konnte.

Es gab Fragen auf die man keine echten Antworten fand. 

,, Was wäre schließlich aus ihnen geworden, wenn Sterling seinem ersten Eindruck gefolgt wäre ?“

,, Tot mit einer Überdosis in der Gasse.“ , erwiderte Gavin trocken. ,, Ich fürchte nur, so könnten wir diesmal alle Enden. Tot in irgendeiner Gasse.“

,, Es wird alles gut.“ , erklärte Leah. Allerdings nur halb überzeugt. ,, Der Stadrat kann Featherstoen unmöglich weiter gewähren lassen. Allein diese eine Verordnung alle EVs aus den Randbezirken zu bringen… Wissen wir mittlerweile wohin?“

,, Wenn, wäre ich nicht hier, sondern dort.“ , antwortete er.

,, Tun sie bitte Einfach nichts unüberlegtes. Zumindest nicht vor nächstem Monat.“

,, Ein Monat. Das kann ich versprechen. Danach jedoch…“

Gavin beendete den Satz nicht, sondern verschwand ohne sich zu verabschieden im Fahrstuhl.

 

 

 

Part 18 Maulwurf

 

I keep watching  the world go by

Broken streams and nothing to loose

A City just going nowhere

Even though there seems hope to be

Time trickles away before my eye

A new voice

Rings out to the city

Just keep pushing the pain

back down inside

Lets find some peace

 

 

 

Falk rieb sich die Augen, während er einen Moment vom Monitor sah. Schon wieder brachte er mehrere Stunden in den Kellerarchiven zu.

Aber wenigstens war es nur halb so frustrierend wie letztes Mal. Er wusste wonach er suchte.

Es machte ihm beinahe Spaß, die verschiedenen Firewalls des Programms auf die Probe zu stellen. Allerdings war das bisher auch Erfolglos geblieben. Seit drei Tagen versuchte er herauszufinden, wo genau die Schwachstelle im Sicherheitssystem von Future Dynamics lag.

Drei Tage in denen er trotz zunehmender Müdigkeit kaum geschlafen hatte. Nachdem alle Spuren ihn kaum weitergebracht hatten, versuchte Falk nun erst recht diesen letzten Anhaltspunkt alles abzugewinnen. Doch langsam aber sicher sah er ein, dass er  das Problem so nicht finden würde. Zumindest nicht mehr diese Woche. Er wollte sich den nächsten Samstag freistellen lassen um wieder einmal ausschlafen zu können. Egal, wie sehr er versuchte es zu ignorieren er kam langsam an eine Grenze, wie ihm immer stärker Bewusst wurde.

Falk stand auf und streckte sich einen Augenblick. Die meisten hätten es wohl nicht lange in der vollkommen Menschenleeren Halle ausgehalten, aber ihm machte das wenig. Im Gegenteil, so hatte er die Ruhe, die er brauchte.

Immerhin waren die Polizeiaktionen gegen Evs in den letzten Tagen zurück gegangen, dachte er, während er sich auf dem Weg nach oben ins Hauptgebäude machte. Das war etwas. Viele der Flüchtlinge, die sich im Innenhof von Future Dynamics gerettet hatten, hatten sich wieder nach Hause gewagt. Vielleicht hatte Sterling mit seinem unbegründeten Optimismus am Ende doch Recht. Es könnte noch alles gut werden.  Statt Polizeipatrouillen pflasterten nun Wahlplakate die Straßen und auch wenn Featherstoen noch keinen offiziellen Gegenkandidaten hatte…  In Vektor zählte die Gesamtzahl der Möglichen Stimmen. Bekam der Kanzler nicht mindestens fünfundzwanzig Prozent der Gesamtstimmen würde der Stadtrat bis auf weiteres die Regierung allein übernehmen. Bis ein Kandidat mit genug Unterstützung  bestimmt werden würde. Featherstones Umfragewerte wenigstens sahen nicht allzu gut aus.  Aber lagen eben grade noch über dieser Marke. Noch. Es schien nur eine Frage der Zeit, wie der Doktor beteuert hatte.

Und irgendwie rechnete Falk schon damit, dass Sterling für diesen Fall bereits Vorgesorgt hatte.

Falk betrat die Mitarbeiterkantine.

Mittlerweile konnte er sich halbwegs in dem Riesigen Bau orientieren auch wenn es nach wie vor ganze Stockwerke gab, auf denen er bisher nie gewesen war. Neben den Verwaltungsebenen gab es auch noch ein kleines Labor , das vor allem Sterling zur Forschung diente. Selten benutzt hatte  es die letzten Monate wohl leer Gestanden. Seit drei Tagen jedoch arbeitete der Doktor dort offenbar wieder.

Falk hatte ihn nur einmal dort Besucht. Auch wenn er Sterling nie als Büromensch eingeschätzt hatte, der Mann schien eine völlig andere Person zu sein. Eben in seinem Element. Offenbar untersuchte Sterling das Blut des EV-Mädchens. Zwar wusste Falk nicht ob sie das irgendwie weiterbringen würde, aber es konnte auch nicht schaden.  Er sah die Kleine ab und zu und versuchte auch Nebenbei ein Auge auf sie zu haben. Aber ewig konnte ein Kind wohl nicht einfach im Firmenhauptsitz eines der größten Unternehmen der Stadt verbleiben.

Falk trat an einen der im Raum verteilten Automaten und holte sich einen Kaffee. Einige der Anwesenden nickte ihm zu. Vermutlich hatten sich die meisten bereits an ihn Gewöhnt und er war verblüfft gewesen festzustellen, wie viele davon Evs waren. Man sah es vielen schlicht nicht direkt an und egal ob Mensch oder nicht, es gab keine Konflikte, wie er erwartet hatte. Entweder duldete Sterling keinen Rassismus oder das war einfach ein normaler Effekt der Zusammenarbeit hier. Falk hoffte, wollte glauben, dass es letzteres war. Aber die nur unzureichend wieder Verschlossene Wut auf alles in dieser Stadt…

Falk schüttelte den Gedanken ab, während er sich einen freien Platz suchte.

Er nahm sich vor bevor er nach Hause ging mit einigen der verbliebenen EV-Flüchtlinge zu reden. Es würde sich sicher jemand Vertrauenswürdiges für die Kleine  finden. Sterling konnte sicher  weiter dafür sorgen, dass jemand sie überwachte. Zumindest, bis sie herausfand was aus den Eltern geworden war Und den restlichen Evs, die aus den Vororten abgeholt worden waren.

Aber das hatte erst einmal Zeit. Er hatte noch etwas zu tun.

Ohne wirklich darauf zu achten, dass ihm der Kaffee die Zunge verbrannte leerte er den Becher in einem Zug und schaltete dann seinen Tabletrechner ein. Nach wie vor hatte er nicht ganz aufgegeben, die zerstörten Daten in den Archiven wiederherzustellen. Falk musste jedoch zugeben, das das ein wenig über sein Verständnis ging.

Das löschen einer Datei auf einer Festplatte führte letztlich nur dazu, das die dazugehörigen Informationscluster vom System als Leer markiert wurden. Eine derartige Datei wiederherzustellen war kein Problem, solange die entsprechende Datei selbst nicht direkt überschrieben wurde, war die Information noch vorhanden. Hier aber lag das Problem. Bei einem derartigen Zentralrechner wurde ständig Datenmaterial verschoben oder neu abgespeichert. Alles, was ihm also wirklich blieb, waren die wenigen noch nicht Überschriebenen Bruchstücke. Und selbst die musste er erst einmal alle ausfindig machen um zu wissen, ob überhaupt noch verwertbare Information übrig war.

 

,,Sie klappen noch zusammen, wenn sie so weitermachen.“ Er sah auf und entdeckte Leah, die sich ihm gegenüber Gesetzt hatte.

,,Ja vermutlich“, meint er ungehalten über eigenen Fortschritt und legte den Computer weg. ,, Ich habe das Gefühl ständig auf der Stelle zu treten. Nichts hiervon ergibt bisher irgendeinen Sinn. Wenn es einen hat…“ Es gab immer noch die Möglichkeit, das der Anschlag, Featherstones Vorgehen und alles andere Zufälle waren. Ohne Verbindung zueinander. Aber das, dachte Falk, wäre sehr unwahrscheinlich.

,, Sie müssen mal Raus Falk. Anordnung vom Chef.“

Er lachte ,, Und seit wann sind sie das ?“

,, Seit dem Moment, wo sie hier ein und ausgehen und ihren Mitarbeiterausweis tragen.“

,, Gut ich schätze dagegen kann ich nicht argumentieren.“ Falk nahm wieder das Tablet in die Hand.

,, Versprechen sie mir nur, das sie es nicht übertreiben.“ , sagte Leah  und stand auf. ,, Mein Angebot mit dem Wald steht übrigens noch.“  , fügte sie fast wie  beiläufig hinzu.

Falk sah kurz erneut auf, allerdings hatte Leah  sich bereits umgedreht.

Wieso eigentlich nicht ? , überlegte er. Er mochte sie und auch wen er es sich selbst gegenüber nur zögerlich zugab, der Gedanke brachte ihn ein wenig zum Grinsen.

Es war eine Weile her, das er wirklich geglaubt hatte jemanden vertrauen zu können?

Auch wenn dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt ist, ermahnte er sich selbst. Aber für den Moment schob er den Gedanken zusammen mit seiner stetig glimmenden Wut auf Polizei und Stadtkanzler beiseite.

Ich werde sonst noch wie Gavin, dachte Falk.

Er stand ebenfalls auf und dabei fiel ihm der Zettel auf dem gegenüberliegenden Platz auf.

Entweder hatte Leah in verloren oder… Er entfaltete das Blatt.

,, Morgen um zwölf an der Bahnstation auf der unteren Stadtebene. Seien sie bitte da. Allein Reisen ist Langweilig. Leah.“

Er steckte die Notiz schnell ein.

Das hatte ja fast etwas Romantisches… Er verbannte den Gedanken sofort wieder dahin, wo er hingehörte.

Sie machte sich nur Sorgen um ihn und wenn er ehrlich war, waren die wohl auch berechtigt. Falk hielt sich eine Hand vors Gesicht, die leicht zitterte. Wann hatte er das letzte Mal mehr als ein paar Stunden Geschlafen? Es konnte gut fünf Tage her sein.

Aber auf der anderen Seite, nahm ihn das ganze Geschehen auch Gefangen. Nicht nur, dachte er, weil er sich irgendwie dazu Verpflichtet fühlte. Es war auch Neugier dabei. Eine selbstzerstörerische Neugier, die ihn langsam aber sicher auffraß, weil er keine Antworten bekam.

 

Er ging zurück in die Archive, fand aber nicht mehr die Ruhe, die er vorher gehabt hatte.

Falk hatte alles ausprobiert. Es schien keinerlei Möglichkeit zu geben, das System auszutricksen. Zumindest keiner, der Spuren hinterlassen hätte. Viren oder Schadsoftware konnte er ohnehin ausschließen. Die Scanner in den Archivdatenbanken fanden alles. Und einen Zugriff von außen… Daran saß er jetzt drei Tage ohne Fortschritte zu erzielen.

Niemand  hätte sich Zugriff verschaffen können. Nicht von außen. Aber wie…

Falk hielt inne.

Das war es….

Er sprang auf und rannte die Treppe wieder hinauf. Falk lief beinahe in einen Mann, der einen Stapel Akten mit sich schleppte, konnte aber in letzter Sekunde noch an ihm vorbeihuschen. Ein Mensch hätte das nicht mehr geschafft.

Der völlig perplexe Mann  drehte sich einen Augenblick nach ihm um, schüttelte dann aber nur den Kopf und ging weiter seinen eigenen Geschäften nach.

Einige Minuten später stürzte er in Sterlings Büro. Der Doktor war nicht da, wie er mit einem kurzen Blick feststellt. Vermutlich immer noch in seinem Labor.  Nur Gavin stand wie eine lebende Statue vor dem Fenster des Raums und spähte über Vektor hinweg. Fast als suche er etwas.

Er hielt eine Mappe in der Hand, die offenbar verschiedene Fotos enthielt. Polizeiwaagen, Beamte, die Leute aus Wohnungen führten… Das waren Bilder von den Festnahmen.

Als Gavin ihn bemerkte schlug er den Ordner jedoch rasch zu und drehte sich zu ihm um.

,, Suchen sie immer noch nach ihnen ?“ , fragte Falk.

,, Ich werde nicht aufhören nach den Vermissten Evs zu suchen , bis ich sie auch gefunden habe.“ , erklärte er entschlossen. Etwas, das Falk gut verstehen konnte. Sie wussten nicht einmal, ob die Evs noch lebten. Auch wenn er davon ausging… Soweit würde Featherstone dann hoffentlich doch nicht gehen.

,, Doch deshalb sind sie wohl nicht hier.“ , stellte Gavin fest und legte den Ordner beiseite.

,, Nein. Können wir nachprüfen, an welchen Zeitpunkten Zugriff auf ihre Archive genommen wurden und vor allem, welch Eingaben gemacht wurden?“

Gavin zuckte mit den Achseln und trat an Sterlings Computer. ,, Ich denke schon, aber wieso ?“ Er tippte rasch ein Passwort und einen neuen Accountnamen ein, dann erschienen einige Befehlszeilen gefolgt von einer schier endlosen Auflistung von Daten.

Falk trat rasch zu ihm und scrollte die Liste durch, bis ihm etwas ins Auge sprang.

,, Da, sehen sie das ? Vor drei Monaten hat jemand Zugriff genommen.“

,, Ja aber… sollten die Eingaben nicht auch dokumentiert sein ?“ , fragte Gavin unsicher.

Und genau das war der Punkt, der ihn stutzig gemacht hatte.

,, Der Zugriff ist noch da, aber die Eingaben fehlen. Die wurden gelöscht. Und wie ich vermute zusammen mit ihren fehlenden Archivdaten.“

,,Ja, aber die Backups..“ , setzte Gavin an.

,, Wie alt ist ihr ältestes Backup ?“ , unterbrach Falk ihn.

Gavin sah ihn einen Augenblick Antwortete:,, Drei Monate. Wir speichern auch noch ein paar ältere zwischen aber meist werden die dann wieder überschrieben, wenn wir neue Anfertigen. Sie wollen doch jetzt nicht etwa sagen…“

Die Tür zum Büro schwang auf und unterbrach Gavin damit abermals. Isaac Sterling trat herein , einen weißen Laborkittel über der Kleidung, aber strahlend. Offenbar hatte Falk mit seiner Einschätzung des Mannes richtig gelegen. In der Laborarbeit war er in seinem Element, so wie er wenn es um Elektronik ging.

,, Und, irgendetwas das ich wissen sollte ?“

Falk wollte seine gute Laune ja nicht zerstören, aber etwas anderes blieb ihm  offenbar nicht übrig.

,, Sterling, sie haben keine Sicherheitslücke im System. An ihrer Cyberabwehr hab ich mir die letzten Tage die Zähne ausgebissen und es gab auch keine bereits vorhandenen Viren oder Schadsoftware, die ihre Daten zerstört haben konnte. Ich habe mir aber die Zugriffe auf die Datenbanken angesehen. “ , erklärte er ruhig, während er vom Schreibtisch zurück trat. ,, Sie haben einen Maulwurf.“

Das Gesicht des Doktors wurde schlagartig düsterer.

,, Das hätten sie ihm auch schonender beibringen können.“

Sterling ging nicht darauf ein sondern setzte sich lediglich an seinen Tisch. Einen Augenblick schwieg er. Falk konnte sich in etwa vorstellen, wie der Mann sich Fühlen musste. Irgendjemand in diesem Gebäude hatte die ganze Zeit gegen sie gearbeitet. Und es musste jemand mit Zugriff auf die Datenbanken sein. Neben ihm, Sterling , Leah und Gavin… konnten nicht viele bleiben. Menschen, denen Sterling persönlich vertrauen musste. Oder zumindest geglaubt hatte vertrauen zu können.

,, Und was, sollen wir ihrer Meinung nach nun tun ?“ , fragte er schließlich.

 

 

 

 

 

 

Part 19 Wald

 

Theres a Price to pay

For a lie that

 I don’t want to live

Broken Hands align

Can you shed all of the ashes of

Your past ?

What would you  give of yourself to be

At last someone

A kiss you can’t repeal

There are no more  bright lights that flash

Far from your world

Looks like there’s security

But wait

Just wait for regret that’s to come

It will soon call for you

Lets live a moment before the fall

 

 

 

 

Falk sah aus dem Fenster des Zugs, der durch die Einöde raste. Eine endlose Staubwolke hinter sich herziehend. Am Morgen hatte er sich auf dem Weg zur Bahnstation gemacht, ohne wirklich zu wissen, was ihn erwartete. Hätte er gewusst, dass die Antwort aus einer Stundenlangen Fahrt durch die Wüste bestand, er hätte sich die Sache noch einmal überlegt.

Wäre da nicht Leah gewesen. Das machte die ganze Sache wenigstens etwas erträglicher… Die ganze Reise allein und schweigend zu verbringen hätte er kaum überstanden.  Und wenn er ehrlich war, Genoss er ihre Gegenwart ganz einfach.

Sterling hatte auf die Nachricht über einen möglichen Maulwurf alles andere als begeistert reagiert. Aber wenigstens wussten sie jetzt wonach sie suchen mussten. Die Augen offenhalten. Mehr blieb ihnen nicht übrig.  Falks Arbeit schien soweit getan. Bleiben nur die Beschädigten Daten

Er versuchte immer noch diese irgendwie wiederherzustellen.

,, Jetzt leg das doch mal weg.“  Leah klang fast ein wenig böse.

,, Das kann ich immer noch wenn ich tot bin.“ , erwiderte er aber eher scherzhaft.

,, Das passiert dir echt noch.“

Er packte den Tabletrechner wieder in die Tasche. Die Batterien waren sowieso so gut wie leer und er bezweifelte, dass es hierdraußen irgendwo neue gab, geschweige denn einen Ladeanschluss.

Einen Moment  sah er einfach hinaus in die vorbeiziehende Landschaft. Staub, hier und da zusammengebacken durch eine feine Salzkruste. Soweit er wusste lag Vektor am Rande eines schon vor Jahrzehnten verdampften Sees. Die zunehmenden Klimaveränderungen hatten dafür gesorgt, dass weite Landstriche Europas und Amerikas mittlerweile so wie hier  aussahen. Er persönlich hatte es auch  nie anders gekannt. Leute wie Sterling vielleicht noch oder auch Featherstone, aber sicher niemand, der jünger als fünfzig war.

,, Was ist eigentlich aus dem Kind geworden, das du  gerettet hattest?“ , fragte Leah.

,, Ich habe Gestern noch mit einigen der Flüchtlinge gesprochen ob sich jemand im sie kümmern kann. Es gibt einige gute Leute darunter  und Sterling soll sie noch überprüfen und dann selbst entscheiden.“ , antwortete er.

,, Ich hoffe du hast Recht.“

Das hoffte Falk ebenfalls. Irgendwie hatte er eine Verantwortung übernommen, die er gar nicht gewollt hatte. Sie war einfach aufgetaucht. Ein interessanter Gedanke… Nicht anders war er ja erst hier hereingestolpert. Er hätte den Attentäter ignorieren können, als er ihn auf der Straße entdeckt hatte. Dann wäre nichts hiervon passiert.

Andererseits, wenn er genauer darüber Nachdachte, er hätte es nicht anders gewollt. Natürlich hatte all das hier Schattenseiten aber in gewisser Weise hatte er das Gefühl etwas zu bewegen oder es zumindest wieder zu versuchen. Und auch wenn er kaum vorangekommen war… es war wenigstens etwas gewesen.

,, Ich habe wohl zu viel Zeit damit zugebracht einfach nichts zu tun.“ , murmelte er halblaut.

,, Wie meinst du das ?“

,, Ich habe es dir“ , er konnte wohl auch zum du übergehen. ,,doch erzählt. Nachdem die ELL tot war… ich weiß nicht, ich habe wohl nicht mehr damit gerechnet noch einmal irgendetwas Wichtiges zu tun. Und ich hatte es eigentlich auch nicht vor.“

,, Was ist wichtig, ihre Arbeit für Sterling oder das sie das Kind gerettet haben ?“

,, Und wenn ich sie frage, was sie für wichtiger halten ?“

,, Sie haben einer irgendeiner Familie einen großen Gefallen getan. Das überwiegt die Politik. Egal wie viele von uns Featherstone jagen lässt.“

,, Dann sind die kleinen Dinge wichtiger als die Großen ?“

,, Ohne kleine Schritte gibt es keine Großen.“

,, Das ist fast Philosophisch. Für jemanden…“

,, Für jemanden was ?“ , unterbrach sie ihn.

,, Für jemanden der den ganzen Tag mit Laborarbeit zubringt.“ , meinte Falk zögerlich.

,, Wissenschaft ist Philosophie auf höherem Niveau.“ , konterte Leah.

Er musste lachen. ,, Ich wette das sieht die Church anders.“

,, Das beweist bestenfalls ihre Unfähigkeit. Sie werden noch vom Wert des Lebens und ihrem angeblichen göttlichen Recht schwafeln, wenn Featherstone  anfängt uns alle umzubringen.“

,, Und jetzt klingst du absolut wie Sterling.“

,, Weil es die Wahrheit ist. Ich mache mir nur manchmal Sorgen,  das Isaac zu weit geht.“ ,, Zu weit mit was ? Gavin ist derjenige, der darauf drängt, dass wir zurückschlagen. Und was ich davon halte, brauche ich hoffentlich nicht nochmal klar machen.“

,, Er ist nur frustriert, dass musst du doch verstehen.“

Falk nickte. Auf eine Art… konnte er es. Aber auf die falsche Art. Während Gavin noch nicht wusste, wie mehr frustrierend es war, wenn man am Ende vor dem nichts stand, er hatte diese Erfahrung machen dürfen.

,, Ich hoffe, das ist kein weiterer Versuch mich doch noch für Gavins Plan zu gewinnen.“

,, Nein Falk.“  Kicherte Leah. ,, Das sicher nicht.“

Und ihr Lachen steckte an. Bevor Falk wusste warum lachte er einfach mit.

Ein Außenstehender hätte vielleicht sowohl die offensichtliche EV als auch den Mann mit der seltsamen Feder-Tätowierung an der Wange für Verrückt gehalten.

Falk hingegen kam sich plötzlich um einiges weniger Bedrückt.

Als wäre eine Lastetwas weniger schwer geworden, die er die letzten Tage und vielleicht auch schon Jahre zuvor mit sich herumgetragen hatte.

Eine Weile schwiegen sowohl er als auch Leah nur, während die Landschaft weiter in den gleichen monotonen Staubgrau und Gelb tönen vorbeizog.

Aber irgendwie störte es ihn weniger. Er sah zu der Gestalt ihm gegenüber, blickte aber fast sofort wieder zu Boden. Er kam sich fast ertappt vor. Und das war geradezu dämlich.

 

Nach etwa einer Stunde weiterer fahrt änderte sich das Landschaftsbild schließlich. Zuerst allmählich, dann jedoch immer schneller. Im Sand der Einöde wuchs zunehmend Gras. Anfangs noch nicht mehr als vertrocknete Halme, die sich im Wind und der Zugluft der Bahn wiegten.  Später dann schien die Landschaft komplett unter einem geblichen Grasteppich verschwunden zu sein, in dem nach und nach einzelne Wassertümpel auftauchten.

Die Landschaft wurde praktisch grüner, während Falk dabei zusehen konnte. Eine Gruppe Vögel wurde aufgeschreckt, als der Zug einen der Wassertümpel passierte, der praktisch direkt neben den Gleisen lag.

Vektor beherbergte tausende von Tauben, die sich vor allem unter der Himmelsplattform eingenistet hatten. Von Zeit zu Zeit musste die Population durch drastische Maßnahmen eingeschränkt werde.

Meist durch zwischen den Türmen aufgespannte Drahtnetzte mit elektrischer Spannung. Die Vögel verpufften bei Kontakt praktisch zu Asche.

 Aber das hier waren nicht die schmutzig grauen Schwärme , die er gewohnt war.

Das hier hingegen war etwas völlig anderes. Ein dutzend großer Schatten, die ihm wohl knapp bis an die Schultern gereicht hätten.

,, Was sind das für welche ?“ , fragte er

,, Graureiher glaube ich.“ , erwiderte Leah.

Falk folgte den aufgescheuchten  Tieren einen Augenblick mit den Augen, bis sie schließlich aus seinem Sichtfeld verschwanden.

In den kleinen Seen und Teichen in der Umgebung konnte er jedoch weitere ausmachen, die vollkommen regungslos auf den Wiesen oder im flachen Wasser standen.  Irgendwie schienen diese Wesen etwas Erhabenes auszustrahlen. Entgegengesetzt zu Vektors war dies nicht die Erhabenheit der Technik, des menschlichen Willens, der aus Stahl und Beton eine eigene Welt geformt hatte. Das war ein Überrest der alten Welt hier. Einer Welt, die EVs nie kennengelernt hatten und die möglicherweise bald völlig verschwinden würde. Die Wüsten breiteten sich aus und es war wohl nur eine Frage von Jahrzehnten bis auch diese Wiesen hier unter Sand und Staub verschwinden würden. Für den Moment aber drängte Falk diese negativen Gedanken zusammen mit seinen übrigen zurück.

In einiger Entfernung konnte er bereits Berge erkennen, die sich einige hundert Meter über das Grasbewachsene Flachland erhoben.  Und davor, auf die Entfernung fast wie eine grüne  Wand erscheinend Bäume.

Es war etwas völlig anderes, einen Wald auf einigen Bildern zu sehen und dann in Wirklichkeit. Es gab einzelne Parks in Vektor und anderen Städte, das vor ihm aber war eine derart gewaltige Fläche aus Holz und Blättern, das der einzige vergleich der ihm Einfiel, erneut eine Stadt war. Eine eigene Welt komplett aus Grün.

,, Und ?“ , wollte Leah wissen. ,, Habe ich Zuviel versprochen ?“

Falk fühlte sich unfähig zu antworten, während die Bahn allmählich langsamer wurde. Auf den Gängen wurde es jetzt unruhig, während Leute begannen ihr Gepäck zusammenzusuchen oder anderen Platz machten. Vor ihnen kam neben den Wäldern langsam eine größere Siedlung in Sicht, deren Baustil noch aus dem letzten Jahrhundert stammen musste. Einige Plattenbauten, die in der grünen Eben absolut fehl am Platz wirkten umgeben von einigen Backsteinhütten und dem ein oder anderen Geschäft.

Falk war dankbar für die Unterbrechung, erlaubte es ihm doch sein Schweigen zu überspielen.

Er stand ebenfalls auf, nahm seine Tasche und gesellte sich Gefolgt von Leah zu dem guten Dutzend Menschen, die in Richtung der Ausstiege strömten. Vermutlich war die Bahnstation der einzige Grund, das sich hier überhaupt eine Siedlung hatte halten können.  Die meisten Menschen lebten heute dort, wo es Arbeit gab und das waren nun mal mehr und mehr die Städte geworden.  Hier hingegen gab es vielleicht noch eine Holzindustrie, auch wenn Falk das bezweifelte. Es lohnte sich einfach kaum mehr, da Ersatzstoffe und Recycling fast jeden Verwendungszweck dafür ersetzt hatten.

Endlich hielt der Zug endgültig an und die Türen öffneten sich.

Falk trat etwas unsicher nach draußen. Selbst die Luft schien hier anders zu sein. WO in der Einöde jeglicher Geruch zu fehlen schien und Vektor die Sinne mit Asche und Staub erstickte war hier etwas, das er wiederum nur als Grün beschreiben konnte vermischt mit dem Duft von Harz, der sich in allem festsetzte, was mit frisch geschnittenem Holz in Berührung kam.

Die wenigen Leute, die mit ihnen ausstiegen verteilten sich rasch und verschwanden, während die Bahn wieder anfuhr und ihren Weg fortsetzte. Vermutlich durch die Berge zu einer weiteren Stadt oder verbliebenen Siedlung.

Falk stellte das Gepäck kurz auf den Boden, während er sich zu Leah umdrehte. Einen Augenblick kam er sich wirklich etwas verloren vor.

,, Ähm… Wo genau müssen wir hin?“

,, Immer die befestigte  Straße lang. Es gibt nur eine.“

,, Wo bin ich bloß hier gelandet…“ , meinte er kopfschüttelnd.

,, Weit weg von jeglichem Computer. Wies geplant war.“

,, Du hattest das geplant.“ , gab er lachend zurück während sie sich auf den Weg machten. ,, Und ich dachte du arbeitest gerne bei Future Dynamics.“

,, Richtig, aber ab und an braucht man eine Pause. Das hier gibt mir erst gar nicht die Gelegenheit an irgendetwas zu arbeiten.“

,, Und mir auch nicht….“

Sein erster Eindruck der Siedlung erwies sich als Richtig. Einige Häuser und Plattenbauten, dazwischen vereinzelt Geschäfte. Das war alles. Er warf einen Blick auf den Tabletrechner, dessen Batterie sich grade endgültig verabschiedete.  ,, Na wenigstens haben sie ein Funknetz.“

,, Wir sind grade mal ein paar hundert Kilometer von Vektor entfernt, nicht mitten im Nirgendwo.

Falk sah das ein wenig anders. ,, Wir sind mindestens einmal an der Grenze zu Nirgendwo.“

Die Straße weiter hinab gab es eine Reihe von Backsteinbauten, die Neuer als die meisten Gebäude wirkten.  Leah trat zielstrebig auf eines davon zu und öffnete die Tür.

,, Müssen wir uns nicht bei irgendjemanden anmelden oder…“

,, Das Haus gehört mir.“ , antwortete Leah während sie eintrat und das wenige Gepäck einfach im Flur abstellte.  ,, Ich habs vor ein paar Jahren gekauft. Nichts Besonderes, aber ich bin auch nicht besonders oft hier.“

Sie  trat  allerdings praktisch sofort wieder nach draußen, bevor Falk Gelegenheit hatte einen Blick ins Innere des Hauses zu werfen.

,, Also, du wolltest einen Wald sehen ? Dann sollten wir los.“

Leah ließ ihm erst gar keine Zeit für wiederworte. Und er ließ sich ein wenig von ihrer fast kindlichen Begeisterung anstecken.

Er war hier um mal den Kopf frei zu bekommen. Nach kurzem  Zögern folgte er ihr schließlich weiter den Weg entlang.

 

 

Part 20 Zwei Seelen

 

Life spins into endless coils

Electric candles will go out

Someday the rain will come

And Wash it all away

Shattered remains

No we are two lonely numbers on the road

Lets find something new to behold

 

 

 

Ein kleiner Bachlauf zog sich einige Schritte von ihm entfernt  durchs Unterholz. Allerdings konnte Falk das Wasser nur hören, nicht sehen.

Mehrere Pfade durchzogen den Wald, der wie Falk schnell feststellte gar nicht so weitläufig war, wie er von außen wirkte. Die Bäume standen lediglich so dicht, dass man die Perspektive für die Größe schnell verlor und so, dass ein Großteil der Sonnenstrahlen abgeblockt wurde. Lediglich da wo ausgetretene Pfade eine Schneise zwischen den Baumreihen hinterließen gelangte das Licht bis zum Boden.

Wieder fiel ihm nur der Vergleich mit Vector ein. Die ewigen Schatten unter der Himmelsplattform wirkten hiergegen aber beinahe noch hell. Doch die Dunkelheit hier hatte weniger etwas Bedrohliches. Nicht die unsichere Ausstrahlung einer finsteren Gasse.

Sie hatten sich auf ein paar Steinen niedergelassen, die einen der halb zugewucherten Pfade markierten. So unbequem Falk  die Abgeschiedenheit hier draußen war… das grüne Blätterdach hatte etwas. Es ließ einem Vergessen in was für einer Welt man lebte.

Es erschien ihm beinahe merkwürdig, dass sich nicht mehr Leute hierher verirrt hatten.

Aber für die meisten spielte das Leben jetzt in den Städten. Er wäre ja selbst aus eigenem Antrieb niemals hierhergekommen.

Andererseits war es Falk ganz recht. Immer wieder blickte er kurz zu Leah herüber und musterte die Gestalt mit den vielfarbigen Haaren. Er schien weder seine Augen noch seine Gedanken von ihr lassen. Und der Grund war einfach. Er mochte sie. Mehr als er zugeben wollte.

War es nur ihre selbst in dieser Zeit leicht optimistische Art, die so schnell dafür gesorgt hatte…

Weder er noch Leah sprachen ein Wort.  Er, weil er es nicht wagte, die Stille zu durchbrechen.

Und mit der Stille kamen auch wiederandere Gedanken und die losen Enden, die immer noch darauf warteten verknüpft zu werden. Klar war,  jemand hatte Khanna erschossen und es bei Sterling versucht. Klar war, jemand hatte wiederum die Informationen über diesen Attentäter gelöscht.

Und klar war, Featherstone hatte versucht das ganze auszunutzen um seine Position zu festigen. Oder tat es auch noch. Und dann war da Sterlings Fehler.  Blieb die große Frage, wie das alles in Verbindung stand. Oder ob es das überhaupt tat.

Wer hatte als einziger bei all dem etwas zu gewinnen? Die nahe liebendste Antwort schien nach wie vor der Stadtkanzler. Er könnte jemanden bestechen um die Daten zu löschen, einen Auftragskiller auf Sterling ansetzen. Und auch auf Falk, sobald sein Maulwurf bei Future Dynamics herausfand, das er aufgeflogen war… 

Aber auf eine Art war das schlicht zu einfach. Auffällig unelegant. Aber wer hatte je gesagt, dass die Wahrheit elegant sein musste?

,, Du bist schon wieder in Gedanken.“ , meinte Leah.

Er sah auf und nickte lediglich. ,, Ertappt. Ich bekomme die Fäden einfach nicht zusammen. In all dem was passiert, ist irgendein Muster, aber… es ist fas zu eindeutig.“

,, Isaac kümmert sich darum. Egal was Featherstone noch plant. Er wird es nicht zulassen.“

,, Vielleicht bin ich mir auch da nicht sicher. Sterling ist ein guter Mann,  aber wird er wirklich seinen ganzen Erfolg riskieren…“

,, Er wird.“ , sagte Leah entschieden. ,,Weißt du, , warum er das tut, was ihn dazu  brachte , EVs zu erschaffen ?“

,, Ich schätze…  das ist nicht die offizielle Version oder ?“

,, Eigentlich ist es die Version, die Isaac niemanden erzählen würde. Nicht freiwillig.“

,, Ich bin mir nicht sicher, dass ich das dann wissen möchte.“

,, Und doch ist es vielleicht nötig. Weil du es dann verstehen kannst. Er hatte mal Familie.“

,, Er hatte… so beginnen die meisten traurigen Geschichten, wie ?“

Leah ging nicht darauf ein.

,, Er hatte grade erst mit seiner Arbeit begonnen, als es passiert ist.  Das war noch die Zeit der ausbrennenden Industrie, als die leicht erreichbaren Rohstoffe des Planeten fast aufgebraucht waren…“

Falk konnte sich die chaotischen Zustände damals nur vorstellen und Leah vermutlich auch. Der gesamte im Verlauf der letzten Jahrhunderts aufgebaute Industriekomplex drohte zu dieser Zeit schlicht einfach… leerzulaufen.

,, Die Versorgung war eine Katastrophe und in dem ganzen Zusammenbruch.. gab es viele, die nicht überlebten. Ich kann nur raten was genau  passiert ist. Aber Isaac  trieb das nur noch mehr an. Auch wenn er es nicht zugibt, ich fürchte eine Zeit war er tatsächlich fast Wahnsinnig  geworden.“

,, Eine Welt zu ändern, die ihm alles genommen hatte. Mit Händen die stärker wären als unsere, gäbe es nichts was wir nicht tun konnten.“ Die Worte ergaben plötzlich in einem völlig anderen Kontext Sinn. Nicht Größenwahn , sondern schiere Verzweiflung.  Er sah zu Leah. ,, Ich glaube ich verstehe es. Und sie und Gavin…“

,, Ich glaube er sieht alle seine Evs ein wenig als Ersatz-Familie.“ , antwortete sie.

Falk hingegen wurde etwas ganz anderes klar. ,, Deshalb die Frage mit den Nachnamen.“

,,Was ?“

,,Familie. Das ist die Antwort, oder?“ Er stand auf.

Leah zögerte einen Moment. Zu lange, das es Falk nicht aufgefallen wäre.  ,, Wir haben keine Zugehörigkeit, keine Familie.“  , erklärte sie schließlich.

,, Und deshalb ist dieser ganze Wahnsinn hier erst möglich.  Featherstone kann tun was er will, weil es keinen gibt, der für uns eintritt. Nicht einmal untereinander. Er spürte Wut in sich aufsteigen, als ihm die Tragweite, dieser einen kleinen Erkenntnis bewusst wurde.  ,,Gavin hatte absolut recht. Gavin hatte sogar von Anfang an Recht.“

,, Das bist doch nicht du.“ , Sie flüsterte fast. Nein, das war nicht er, wie ihm immer stärker bewusst wurde. Er war nicht mehr er selbst. War es seit dem Moment in der Gasse nicht mehr. Drei Leute verletzt. Und vielleicht war  lediglich der letzte Schritt gewesen. Eigentlich war er nie anders geworden, oder? Und  sein Pazifismus? Eine Fassade, die geradezu Beiläufig niedergerissen worden war.

Falk lachte bitter. ,, Ihr wolltet doch genau das.“

,,Nein.“

Er lief an ihr vorbei, ohne sich umzudrehen.

,, Du hast es einfach nicht verstanden.“

,, Oh ich verstehe alles.“ , erwiderte Falk leise, blieb aber tatsächlich einen Augenblick stehen.

Er drehte sich langsam wieder um.

Geblieben war nur der Wunsch, dass es ihm erspart geblieben wäre.  Erkenntnis über sich selbst war die Schmerzhafteste.

Falk spürte eine Berührung an der Wange. Ein Teil seines Zorns verrauchte, aber nicht seine absolute Abscheu vor dieser neuen Wahrheit. Über sich selbst…

Und doch konnte er sie nicht dafür hassen. Wollte es auch nicht.

,, Wir haben keine Zugehörigkeit, keine Familie.“ , sagte Leah neben ihm  ,, Aber wir haben immer einander.“

,, Und damit bist du Weiser als ich.“ , gab er ruhig zu. Es kostete Überwindung zu akzeptieren,  aber wenn er das konnte, wenn er das schaffte…

Dann konnte er  verzeihen. Und vielleicht konnte ihm dann jemand einen Rettungsanker zuwerfen. Etwas Reales, das seine zerstörten Illusionen ersetzen konnte. Und es waren Illusionen gewesen. Leah hatte mit einer kleinen Feststellung lediglich einen letzten Halt weggetreten.  ,, Es gibt Dinge, die ich nie wissen wollte.“

,, Und das ist deine Schuld ?“ , fragte sie. Falk war sich unsicher, ob er es verstand.

,,  Ich hätte es sehen müssen.“

,, Das du an etwas glaubst macht dich doch nicht zu einem schlechten… Menschen.“

,, Nein, aber an was. Ich hätte so oft eingreifen können, aber habe es nicht getan. Familie. Wenn wir alle wirklich nur einander haben… dann habe ich nichts.“ Er konnte das Chaos, das sich seiner bemächtigt hatte nicht in Worte fassen.

,, Du hast mehr als die meisten.“

,, Dann vergib mir… Ich kann weder für euch kämpfen noch dieses Rätsel lösen.“

Wie zur Antwort nahm sie lediglich seine Hand und nickte.

Simples Verständnis. Hatte er je mehr gebraucht?

Der Zorn und die Wut waren verschwunden. Diesmal nicht bloß unterdrückt sondern begraben.

Falk atmete freier, während ihm das klar wurde.

Sie würden nach Vektor zurückkehren. Und diesmal würde er kämpfen wenn nötig. Nur wenn man ihm keine Wahl ließ.  Aber er wusste was zu tun war.

Und sollte er der einzige sein, der dazu bereit war, dann sollte auch das so sein.

Und für diese neue Hoffnung…

Er sah kurz auf, direkt in Leahs Augen. Dafür liebte er sie.

 

 

Als sie wieder aus dem Wald heraus traten, stand die Sonne knapp über dem Horizont. Sie hatten sich Zeit gelassen, waren oft stehengeblieben und jedes Mal wenn sich ihre Blicke kurz trafen, sah Falk  entweder betreten zu Boden oder ging rasch weiter.

Leah kicherte leise, als sie das bemerkte.

,, Was ?“ , war meist seine einzige Reaktion darauf.  Falk wusste selber gut genug, wie seltsam das ganze wirken musste. Er kam sich selbst beinahe ein wenig betrunken vor.

Gern hätte er seine Gefühle auch in Worte gefasst, aber das wagte er nicht.

Er wusste nicht genau wie und Falk hatte das Gefühl sich eben bereits lächerlich genug gemacht zu haben.

Was war geschehen? Nein, was geschehen ist, das wusste er Er hatte sich verliebt. Aber das  war noch nicht das Ungewöhnliche. Wie konnte das passieren?

Er hätte jeden Ausgelacht, der ihm vor ein paar Tagen etwas davon hätte erzählen wollen. Gefühle ja, das war nichts ungewöhnliches, aber so was… das verging wieder. Das kurze Verlangen nach jemand. Das hier erschien Falk völlig anders.

Und das schlimmste war doch… er hatte keine Ahnung wie Leah dachte.

Der Rückweg war ihm viel zu kurz erschienen.

Falk betrat das Haus nur zögerlich, während er ihr folgte. Die Tür fiel hinter ihm zu ohne, dass er es wirklich registriert hätte.

Einen Augenblick lang standen sie sich Schweigend gegenüber.

Jeder spähte ständig nach dem anderen.

Sie versuchte zu lächeln. Etwas, das seine Zweifel und Bedenken hinwegspülte.

„Erklär mir doch einfach was du fühlst.“ ,, Was…“ Einen kurzen Augenblick lang spürte er den Impuls einfach alles abzustreiten. Aber nur einen Moment. „Was soll ich da groß rumreden… Ich…“, Begann er und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

Leah gab ihm lediglich einen schnellen Kuss auf den Mund. Er war völlig überrumpelt.

„Na und?!“ flüsterte sie und küsste seinen Hals. Natürlich hatte sie Recht.

Und widerstehen hätte er ihr sowieso nicht können, selbst wenn er es gewollt hätte.

Er fühlte sich wie auf Drogen. Dann ging alles recht schnell. 

Ein weiterer diesmal inniger Kuss ließ die Beiden alles um sich herum vergessen. Das wohlige warme Empfinden schien ihre Körper von den Haar- bis zu den Zehenspitzen zu erfassen.

Falk spürte sein Herz überdimensional schnell aufgeregt schlagen.

Leah schmiegte sich an ihn, küsste seinen Nacken und bemerkte dabei, dass auch sie vor Aufregung zu zittern begann.

Sich aneinander fest haltend ließen sie sich treiben, durch das Haus in Richtung Schlafzimmer.

Beide  merkten wie sich ihre Hände verselbständigten, sich ihren Weg zu jenen Stellen ihres Körpers bahnten, kannten ihren Weg, ihr Ziel.

Nur kurt Atem holend, entledigten sie sich ihrer Kleider, bevor Leah ihn sanft aufs Bett stieß.

Und ihm wurde dabei etwas klar. Beinahe komisch, das es ihm auffiel.

Es gab nur ein Bett.

,, Ich denke du hast das von Anfang an  Geplant.“ , meinte er schwerer atmend.

,, Und ich denke ich mag dich.“ , erwiderte Leah und gab ihm einen letzten Kuss, bevor beide die letzte bewusste Kontrolle verloren.

 

 

Part 21 Stille

 

To soon there’s again reality

If you think that you can run

If you think that you can stand

You forget who rose this city from the sand

They will not switch it off again.

They tell me : Keep Quiet

Lets see them fall silent

 

 

 

 

Die Rückreise kam für Falk viel zu früh bereits am nächsten Nachmittag.

Und auch die endlose Fahrt durch die Einöde war alles andere als ermutigend. Viel zu schnell lagen die Wälder und Wiesen wieder weit zurück und vor ihnen erstreckte sich nur Sand und Staub, der bereits im Licht der Abendsonne funkelte. Ein schöner Anblick, der Falk jedoch kaum ablenken konnte. Hatte er doch das Gefühl etwas viel wichtigeres gefunden zu haben, das ihm gegen über saß.

Ob mehr daraus werden konnte… Auf eine Weise hoffte er es, und auf eine andere war er sich nur zu bewusst, was die harte Realität der Stadt daraus machen konnte.

Auch wenn sein Herz ihm sagte, das dem nicht so war, der rationale und ständig anwesende Teil seines Verstands sagte ihm, dass er sich keine zu großen Hoffnungen machen sollte. Egal, was er oder Leah jetzt empfanden.

 Und dann kam Vektor in Sicht,  das langsam am Horizont auftauchte, wie ein gewaltiges Schiff aus einem Wellenberg.

Die Realität hatte sie beide wieder. Beinahe verschüchtert standen sie sich einen Augenblick gegenüber, als er und Leah vom Bahnhofsgebäude hinaus in die Wirklichkeit Vektors traten.

Es schien sich wenig verändert zu haben. Einige Plakate flatterten im Wind und der Gestank von Industrieabgasen vermischt mit Staub und Ozon erfüllte die Luft. Vorher hatte Falk ihn kaum wahrgenommen, aber nun, da er auch den Unterschied kannte, konnte er ihn nicht mehr ignorieren.

Die Neonreklame tauchte die dunkle Unterseite der Himmelsplattform über ihnen in psychedelisch Anmutende Lichtreflektionen.

,, Tja..“ , setzte er an.

,, Tja…“

,, Wenn du nicht…“ Er stockte. ,, Wir können die ganze Sache auch vergessen wenn du…“

,, Nein, nein das ist es nicht…“ , setzte Leah an.

,, Ich habe natürlich auch kein Problem wenn..

Beide schwiegen einen Augenblick und sahen sich nur an. Dann brachen sie fast zeitgleich in Gelächter aus.

,, Lassen wir uns etwas Zeit ?“ , fragte Leah, als sie wieder zu Atem kam.

Falk nickte.

,, Gut,  Schön… Wir sollten uns wohl erst einmal nach Isaac umhören. Wenn es etwas Neues gibt, weiß er es.“

Während sie sich auf den Weg machten nutze Falk die Gelegenheit und überprüfte kurz die Nachrichtenfunktion seines Tabletcomputers.  Nichts, das er nicht schon wusste außer einer Ankündigung über eine Sitzung des Stadtrats die am Abend stattfinden sollte.

Seltsam. Er hatte den ständigen Informationsfluss nur fast vermisst.

Die Straßen die sie passierten wirkten aufgeräumter als zuvor, so als seien jetzt auch die letzten Spuren der  Unruhen der letzten Woche verschwunden. Vielleicht würde es wirklich  so bleiben. Falk hoffte zumindest, dass es vorbei war. Ansonsten war der Staub nur entfernt worden um einem neuen Ansturm Raum zu machen.

Gavin  nahm sie bereits auf dem Platz vor der Future-Dynamics-Zentrale in Empfang. Der düsterte Gesichtsausdruck auf dem Gesicht des Evs sagte ihm  eigentlich bereits alles, was er wissen musste.

,, Lassen sie mich raten…  schlechte Nachrichten ?“ , fragte Falk.

,, Das weiß ich noch nicht.“ , antwortete er. ,, Aber das Featherstone schon wieder hier rumschleicht reicht mir.“

,, Der Kanzler ist hier ?“ , fragte Leah mit einer Mischung aus Überraschung und Misstrauen.

,, Vor zehn Minuten hier aufgetaucht.“ , erwiderte Gavin.

,, Wo ist er ? Bei Isaac vermute ich?“

,, Das ist auch der einzige Grund, aus dem ich ihn reingelassen habe.“ Der Doktor bestand darauf.“

,, Das will mir so was von gar nicht gefallen.“

,, Nicht nur ihnen Falk, nicht nur ihnen. Sterling ist in seinem Labor, nur falls sie auf Nummer sicher gehen wollen.“ , erklärte er. ,,  Ich habe eigentlich Anweisung niemanden zu ihm zu lassen, aber verdammt… Wenn jemand fragt, ich habe sie nicht gesehen.“

 

Als er und Leah die Etage des Gebäudes erreichten, auf dem das Labor lag, konnte Falk bereits die aufgebrachte Stimme von Isaac Sterling hören, dessen Worte von den weiß getünchten Wänden wiederhallten.

Rasch traten sowohl Falk als auch Leah näher an die Tür zu den Forschungsräumen. Einen kurzen Augenblick lang hatte er ein schlechtes Gewissen den Doktor zu belauschen. Aber das hier klang nicht so, als sollte es privat bleiben. Jeder, der zufällig hier vorbeikam musste zumindest fetzen des Gesprächs mitbekommen.

Hinter einer mit Stahlstreben verstärkten Glastür standen  Sterling und die Quelle seines Missmuts ihm direkt gegenüber.

 

,, Sie können sie nicht alle beschützen Sterling. Glauben sie mir das. Ich bekomme was ich will und sie treten dann entweder bei Seite oder spüren die Konsequenzen.“ Offenbar hielt Featherstone das Gespräch damit für beendet.

,, Seien sie sich da nicht zu sicher.“ , rief der Doktor ihm lediglich nach

Als der Kanzler aus dem Labor herausstürmte, duckten sich sowohl Leah als auch Falk tiefer in die Schatten der aufschwingenden Tür.

Trotzdem hätte der Mann sie wohl gesehen, wäre da nicht dessen eigene Wut gewesen, die ihn dazu brachte strak grade aus zu sehen.

Einen Moment schoss eine geradezu Irre Idee durch Falks Kopf. Er konnte den Kanzler hier töten, ohne dass der Mann ihn auch nur registrierte. Er vertrieb den Gedanken sofort. Nein… er hatte sich entschlossen zu kämpfen wenn es nötig wurde. Nicht ein Mörder zu werden. Selbst wenn es ihm hier wie Tyrannenmord vorkommen würde, Featherstone hatte weder gegen bestehende Gesetze verstoßen noch etwas absolut falsches getan. Oder zumindest konnten sie ihm das bisher nicht nachweisen…

Die Idee verschwand schließlich endgültig als der Stadtkanzler unbehelligt und unwissend, wie nahe sein Tod ihm kurz gekommen war, die Treppe hinab verschwand.  Sterlings Stimme hallte erneut über den Flur, diesmal jedoch leiser und mit einem Anklang von Erschöpfung.

,, Kommen sie ruhig rein. Ich hab sie bemerkt.“

Sie standen auf und traten durch die Tür, durch die eben noch Featherstone getreten war.

Falk war noch nicht hier gewesen und sah sich deshalb einen Augenblick in dem gut zweihundert Meter breiten Raum um. Dutzende von elektronischen Analysegeräten, die er nicht benennen konnte standen zusammen mit Spektrometern und mehreren Schränken für Zellkulturen auf Keramikarbeitsflächen und unter  Sicherheitswerkbänken verteilt. Dazu entdeckte er noch einen Aufbau, der selbst ihm als Laien für ein DNA-Labor unpassend erschien. Einige Glasbehälter, die über Destillierbrücken miteinander verbunden waren, so dass ständig Flüssigkeit hin und her lief, bis sie im letzten Behälter zur Ruhe kam.

Für Falk hatte es mehr den Anschein, als würde irgendetwas hergestellt.

,, Was ist hier  los ?“ , wollte Leah wissen.

Der Doktor hatte sich auf eine der Arbeitsflächen gestützt und blickte finster auf die Fugen zwischen den einzelnen Keramikscheiben. Er wirkte plötzlich Älter, als Falk ihn in Erinnerung gehabt hatte.

,, Was glauben sie was hier los ist.“ , entgegnete Sterling. ,, Featherstone hat eine weitere Stadtratssitzung einberufen.“

,, Und das ist schlecht.“

,, Ich habe keine Ahnung was genau er vor hat, aber ich bin kein Narr. Er wird sie bitten seine Amtszeit zu Verlängern und damit fängt der ganze Irrsinn wieder von vorne an. Dann hat er freie Hand.“

,, Damit kommt er nie durch.  So dumm kann niemand sein. Seine letzte Anordnung, die der Stadtrat unterstützte war schon Wahnsinn.“

,,  Genau da wäre ich mir nicht zu sicher. Er muss nur ihre Angst weiter ausnutzen und wie ich ihn kenne, weiß er genau wie. Ansonsten ist er nach wie vor der Kanzler. Er kann tun was er will, solange er den Großteil des Rats auf seiner Seite hat.“

,, Und sie können nichts dagegen tun ?“

,, Ich bin eine Stimme im Stadtrat, nicht mehr.“ , erwiderte der Doktor. ,, Natürlich, wenn ich mich gegen Featherstone stelle werden andere folgen. Aber bei weitem nicht genug.“

,, Dann haben sie sich verschätzt.“ , stellte Falk fest.

,, Es sieht so aus.“ , gab Sterling zu.

,, Das ist nicht ihre Schuld.“ , warf Leah ein.

,, Nein. Und es wird nicht ewig so weitergehen. Featherstone kann die Zukunft nicht aufhalten. Er kann uns nicht stoppen. Und das werde ich auch nicht erlauben.“ Der Mann schien wieder etwas Selbstvertrauen und Optimismus zurück zu gewinnen. Gleichzeitig wirkte er allerdings noch düsterer als zuvor.

Falk musterte den Doktor beunruhigt über dessen letzte Worte. Die Entschlossenheit darin machte ihm neben Hoffnung auch Angst. Featherstone war nicht der einzige Fanatiker in diesem Spiel.

,, Tuen sie mir nur beide einen Gefallen. Passen sie heute Nacht auf sich auf. Was immer auch passiert, es sieht aus als wäre die Entscheidung wie alles ausgeht vorverlegt worden.“

 

 

Die Stadtratsversammlung sollte wenige Stunden später stattfinden. Und während Isaac Sterling längst auf dem Weg zum Light-Tower war, blieben Falk, Gavin und Leah zusammen mit einem Großen Teil der Belegschaft von Future Dynamics zurück. Jeder hier schien zu wissen, das heute Abend etwas absolut Bedeutendes für ganz Vektor entschieden werden musste.

Nach und nach versammelten sich alle in der Kantine, in der jemand bereits einen tragbaren Projektor aufgestellt hatte, der eine Live-Übertragung der Ratssitzung zeigte.

Falk und die anderen suchten sich einen Platz in der bereits überfüllten Halle.

Gespannt und still musterten die meisten die an die Wand projizierten Bilder.

Der Stadtrat bestand aus gut fünfzig Personen, die sich in einem der oberen Stockwerke des Light-Towers eingefunden hatten. Der Kreisrunde Raum war mit Sitzplätzen zugestellt worden und ließ nur einen Halbkreisförmigen Platz mit Pult in der Mitte für eventuelle Sprecher frei. Grade eben beendete Featherstone seine Rede. Was der Mann zu sagen hatte, interessierte Falk ohnehin kaum. Und es reichte ihm bereits die letzten Worte zu hören.

,,… Deshalb und vor allem durch die Bedrohung, die Bewaffnete Evs darstellen,  fühle ich mich  verpflichtet in dieser Zeit auf meinem Posten zu bleiben. Ich bitte den Rat daher, meine Amtszeit als Kanzler einstweilen zu verlängern, bis die Situation vollständig geklärt ist. Und das ist sie nicht, wie ich nur wieder zu betonen brauche.“

Falk schüttelte lediglich leicht den Kopf. Er spürte, wie Leah ihre Hand wie beiläufig in seine legte.

Gavin bemerkte es offenbar sah kurz zu ihnen herüber. Das sonst durch ein kurzes Grinsen aufgehellt, bevor es sich wieder verfinsterte, als Sterling an die Stelle des Kanzlers trat.

Einen Augenblick lang stand er nur da und sah offenbar direkt in die aufgestellten Kameras. Oder jeden einzelnen der Zuschauer  direkt an.

,, Meine Position kennen die meisten von ihnen. Und noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als würden die hier anwesenden diese Teilen.“ , begann er. ,, Wir standen davor, die Frage der Rechte von EVs ein für alle Mal zu klären. Freiheit , Rechte, Fairness. Für manche sind das Worte. Worte, die sie zu ihrem Belieben einsetzen um die Welt so zurecht zu Rücken, wie sie sie gerne sehen möchten. Durch Anspruch einer Religion oder eines politischen Ziels.“ Der Doktor nahm das Mikrofon vom Pult

Und trat weiter hinaus in den Kreis der versammelten Räte. Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft oder eben Religion. Er konnte sie doch niemals alle erreichen, selbst wenn sie direkt vor ihm standen. Die einzelnen Gruppen bereits trennten Welten.

,, Ich weiß, was die Meinung dieses Rats verändert hat. Aber ich wage es nicht auszusprechen, weil jeden von ihnen dann keine Möglichkeit mehr bleibt, als sich selbst zu fragen, was sie eigentlich in diesen Hallen verloren haben. Jeder von ihnen, der noch vor einer Woche die EV-Verträge unterstützt hat und nun seine Meinung plötzlich ändern will, dem unterstelle ich Angst. Um nicht zu sagen Feigheit. Es kann nicht sein, das die faire Entscheidung über das Schicksal von Millionen an ihren Emotionen scheitern muss und das wird es, wenn Featherstone im Amt bleibt, das verspreche ich ihnen.“

Sterling knallte das Mikro zurück in die Halterung. ,, Ich bin fertig.“ , flüsterte er fast, aber die Verstärker fingen die Worte trotzdem auf und ließ es in der Nachfolgenden Stille durch den ganzen Raum klingen.

Da es keine weiteren Sprecher gab sollte die Abstimmung offenbar direkt folgen. Ein Mann mittleren Alters trat vor.

,, Die Abstimmung erfolgt per Handzeichen. Wer dem Antrag des Stadtkanzlers für eine Verlängerung der Amtszeit bis auf weiteres stattgibt hebt den Arm.“

Falk hielt einen Moment den Atem an. So wie es aussah hoben gut zwei Drittel der Anwesenden die Hand.

,, Wer ist dagegen ?“

Deutlich weniger aber immerhin einige Hände fuhren nach oben.

Falk brauchte trotzdem nicht länger zusehen. Es war vorbei. Eine Mehrheit war eine Mehrheit.

Wortlos stand er auf und ging mit hängendem Kopf in Richtung Ausgang. Leah folgte ihm fast genau so  leise.

Gavin hingegen blieb noch einen Augenblick zurück, während sich langsam auch die restlichen Versammelten Leute entfernten und jemand den Projektor abschaltete.

Kurz saß er in der allein Dunkelheit. Das konnte einfach nicht sein…

 

 

 

Part 22 Sturm

 

This dying city might become our pyre

And the light now just seems like a treachery

Weak and awaiting the end to come

A future that disappeared into nothingness

Nothing was learned

But still I keep drifting, fate is still shifting

Into the hands of chance

We have to trust

The life of one of us is drawing thinner

Let’s use our borrowed time

(and when its trough, I hope to still be with you)

 

 

 

Falk blinzelte gegen die Helligkeit der Morgensonne. Einen Augenblick lang gab er sich der Illusion von Frieden hin, welche das Licht, das zwischen den Gebäuden Vektors hindurchschimmerte vermittelte.

Aber hier war kein Frieden mehr zu finden. Von irgendwo her wehte schwarzer Dunst durch die Straßen.

 Er drehte sich vorsichtig zu der Gestalt neben sich um. Leah schlief noch. Besser das blieb so, dachte er.

Er stand langsam auf um sie nicht zu wecken und sah sich um. Neben ihm auf dem Nachttisch lag sein Tabletcomputer, den er aber ignorierte. Er hatte aufgegeben, die zerstörten Archiv-Daten wiederherstellen zu wollen.

Sie befanden sich in Leahs Wohnung einer Apartmentwohnung, die sich noch auf dem unteren Stadtring befand, grade so, dass der Bau  nicht im Schatten der Himmelsplattform lag.

Durch einige Fenster, die im Gegensatz zu seiner eigenen Wohnung nicht gesprungen oder verhängt waren hatte man einen Rundblick über einen Großteil von Vektor.

Falk trat aus dem Schlafzimmer in eine angrenzende Küche

Eine kleine Anrichte mit Kochplatten , an die sich ein Tisch anschloss.

Falk schaltete das Radio ein.

Die Berichte drehten sich natürlich allesamt wieder einmal um ein Thema. Featherstones Amtszeitverlängerung. Falk konnte lediglich den Kopf schütteln. Bisher war alles ruhig, aber es schien ihm, ab jetzt war es nur eine Frage der Zeit, bis alles wieder von vorne losging. Die dünne Rauchwolke, die von den Außenbezirken in Richtung Stadt wehte deutete er fast gegen seinen Willen als schlechtes Omen. Auch wenn noch nichts in den Nachrichten kam, er war sich sicher, gar nicht erfahren zu wollen, woher das Feuer kam.

Schnell fand Falk was er gesucht hatte. Kaffeemaschine und Pulver, das entgegen dem was er gewohnt war keinen Hauch von Chemie verriet.

Während er darauf wartete, dass der Filter durchlief, musste auch Leah aufgewacht sein.

,, Woher kommt der Rauch ?“ , wollte sie wissen, während sie sich an den Tisch setze.

,, Ich möchte es nicht herausfinden.“ , erwiderte Falk  heftiger als geplant,.,, Tut mir leid.“ , fügte er hinzu, während er erneut nach draußen sah.

Leah trat zu ihm. ,, Hey, wir wissen alle nicht wie es weitergeht. Aber wie immer es auch…“

Sie verstummte, als sie eine Meldung aus dem Radio unterbrach.

Eine heißer klingende Stimme las monoton vor, was in ihren Ohren wie ein Todesurteil klang.

,, Der Stadtrat hat soeben bekannt gegeben, das nach der gestrigen Ausweitung der Amtszeit des amtierenden Stadtkanzlers nun dessen Pläne zur Sicherung der Stadt in die Tat umgesetzt werden sollen. Zu diesem Zweck sei es, so betonte ein Sprecher,  unbedingt nötig auch die letzten Evs aus Vektor…“

,, Verflucht.“ Leah versetze dem Gerät einen Schlag, der es auf den Boden zerschellen ließ.

,, Und ich soll ruhig bleiben ?“ , meinte Falk lachend, aber es klang unecht. Ihm war nicht nach Lachen zumute. Stattdessen stellte er rasch die Kaffeemaschine ab und verteilte den Inhalt  auf zwei Tassen, die er mit an den Tisch brachte.

,, Du glaubst doch auch nicht mehr daran.“ , entgegnete sie.

,, Stimmt.“ Er nahm einen Schluck Kaffee. ,, Tue ich nicht.“

,, Wir sollten Featherstone einen Besuch abstatten.“

,, Ja sicher. Und wir kommen auch weiter als hundert Meter an ihn ran…“

,, Nur ein Gedanke.“

,, Ich weiß. Und ich würde sogar mit dir kommen, egal ob wir dabei sterben.“ Und er meinte es ehrlich. Im Augenblick hatten sie ein neues Tief erreicht. Und zu bedenken das das alles hier durch ein Stück Blei ausgelöst worden war. Eine einzige Kugel zu viel in dieser Stadt…

Er wünschte sich irgendjemandem die Schuld geben zu können…

,, Aber es wäre Sinnlos.“ , meinte Leah, wie um seine Gedanken und seine vorangegangene Bemerkung zeitgleich zu vervollständigen.

Falk nickte. Eine ganze Weile saßen sie nur schweigend da. Schließlich war es Leah, welche die Stille wieder brach.

,, Aber hey… egal wie das alles endet… Wir haben uns.“  Noch , fügte Falks  Verstand hinzu ohne das er etwas dagegen tun konnte.

,, Wir sollten zu Sterling.“ , erklärte er stattdessen und stand auf. Leah tat es ihm gleich.

Bevor jedoch auch nur einer von Beiden dazu kam, die Tür zu öffnen klingelte es.

Falk erstarrte einen Moment, die Hand auf halbem Weg zum Türgriff. Zwei Möglichkeiten. Gute oder schlechte Nachrichten. Die schlechteste wäre vermutlich eine Gruppe Polizeibeamter.

Allerdings war das bei der Momentanen Lage ohnehin nur eine Frage der Zeit.

Er warf einen kurzen Blick in Richtung Leah, die lediglich nickte, aber ein wenig näher zu ihm trat.

Falk zog die Tür auf.

,, Falk, ich habe sie gefunden.“ , erklärte ein aufgeregt hereinplatzender Gavin. ,, Unglaublich, es war die ganze Zeit direkt vor meiner Nase. Ich hätte da schon früher drauf kommen sollen. Vielleicht wären sie es. Aber..“

,, Moment, wen haben sie gefunden ?“ , unterbrach Leah den Redeschwall des Mannes. Falk konnte sich kaum dagegen wehren etwas Hoffnung aus Gavins Aufregung zu schöpfen.

Der sonst immer pessimistische Ev wirkte wie Sterling in seinen besseren Tagen. Die erst eine gute Woche zurück lagen, wie Falk sich erinnern musste. Konnte so viel in so wenig Zeit geschehen?

Gavin packte ihn bei den Schultern, als wollte er ihn zwingen doch zu verstehen, von was er sprach.

 ,, Die Evs Falk.“

,, Was ?“ , fragte er einen Moment ungläubig.

,, Die EVs, die Featherstone aus den Randbezirken bringen ließ.“

Er konnte einen Augenblick nicht antworten, so sehr traf ihn die Vorstellung. Sie hatten wieder etwas, wie Falk schlagartig klar wurde und er konnte sehen, das Leah zu der gleichen Schlussfolgerung kam. Sie hatten mehr als nur etwas. Wenn sie wussten wo die Evs waren, wenn sie wirklich etwas tun konnten…

Antworten… mit dieser Nachricht hatte Falk auch wider die Hoffnung auf Antworten und wenn er Beweise gegen Featherstone finden würde, dann könnte Sterling den Stadtrat noch überzeugen.

,, Ich vermute einmal, sie haben einen Plan.“ ,stellte Leah fest.

,, Nicht nur einen Plan.“ , erwiderte Gavin grinsend. ,, Kommen sie, wir müssen zur Future Dynamics zentrale zurück. Der Doktor kann das wichtigste erklären. Heute, wenden wir das Blatt.“

 

 

 

Die Fahrt durch die Straßen jedoch war alles andere als ermutigend. Wohin Falk sah, erneut Polizei, erneut aufgebrochene Türen…

Das war zu schnell, zu organisiert. Featherstone hatte das nicht eben so angeordnet. Das hier, war lange geplant worden, wie er mit Abscheu feststellte

Dich diesmal beschränkte es sich nicht länger auf die Außenbezirke. Ganze Straßenzüge, die sich durchquerten waren ausgestorben, andere noch unberührt, aber schon machte sich Panik breit.

Er sah Menschen wie EVs, die ihre Wohnungen räumten, bevor die Polizei eintraf und immer wieder zu seiner eigenen Überraschung auch, wie einzelne Menschen, hier und da auch Polizisten, die stehenblieben, hinsahen… und handelten.

Mehrere Beamte schienen sich einfach zu weigern, irgendetwas zu tun, sondern drehten sich lediglich Kopfschüttelnd um, als ein einzelner, wohl der Vorgesetzte, ihnen Befehle gab. Schließlich zuckte auch der Vorgesetzte nur mit den Schultern und blieb stehen wo er war.

Falk konnte ihn beinahe fluchen hören. Für diesen Irrsinn hatte er sich nicht freiwillig gemeldet.

Ein älterer Mann stand, ein verrostetes Gewehr neben sich, am Eingang eines Wohnblocks und winkte rasch jeden EV ins Innere, der ihn bemerkte.

Falk wagte zu bezweifeln,  dass das viel brachte, aber trotzdem… Es war etwas. Sie waren nicht allein.

Aber das hier war Chaos. Jeder schien das zu tun, was er grade für richtig hielt und diese Erkenntnis machte ihm Angst.  Die Stadt war am Rande eines Bürgerkriegs. Es war nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand etwas furchtbar dummes tun würde.

War Featherstone diese Situation klar gewesen? Falk wollte es bezweifeln. Nein, dieser Narr hatte Gedacht, das man seinem Befehle schon Folge leisten würde, sobald er den Rat im Rücken hatte. Aber das war was er unterschätzt haben musste. In der Politik, reichte es einige auf seiner Seite zu haben. Aber wenn das auf das Leben umschlug…

Vektor hatte keine Einheitliche Meinung.

Er sah zu Gavin, der jedoch kaum langsamer wurde. ,, Wir können nichts tun. Grade nicht.“

,, Sieht so aus, als wären sie jetzt der vernünftige.“ , entgegnete Falk leise.

 

Als sie am Firmenhauptsitz angelangten wartete Sterling dort bereits auf sie. Ein Dutzend weiterer Fahrzeuge parkte vor dem Eingang und verstellte so den Zugang zum Platz, den die Gebäude einschlossen.

Erneut hatten sich dutzende Evs eingefunden, die von einer Gruppe bewaffneter Security-Leute diesmal aber alle nach drinnen gebracht wurden. Sicher schien sicher und wenn Falk richtig lag würden Featherstones Leute auch bald hier auftauchen. Die Uhr lief. Und alles was sie hatten war Gavin, der glaubte einen letzten Hinweis gefunden zu haben. Vielleicht den entscheidenden.

Ab jetzt… schien alles davon abzuhängen was sie fanden. Und was sie tun würden.

Sobald er, Leah und Gavin nach auf den Platz trat, kam der Doktor ihnen bereits entgegengelaufen.

,, Es wundert mich, das noch keine von Featherstones Leuten hier sind.

,,Er traut es sich noch nicht.“ , erwiderte der Doktor. ,, Kian ist nicht so dumm zu glauben, dass er damit einfach durchkommt. Nein, erst ist die Unterstadt ran, dann wir.“

,, Und wie viel Zeit haben wir ?“ , wollte Leah wissen.

,, Eine Tag, dreißig Stunden… Ich weiß es nicht.“

Das reichte Falk. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. ,, Gavin, sie meinten sie haben die vermissten Evs gefunden ?“

,, Ich habe mir die ganze Nacht damit um die Ohren geschlagen.“ , erklärte dieser. ,, Aber ja. Sehen sie…“

Er nahm einen der umstehenden Bewaffneten Securityposten einen Tabletcomputer ab und tippte kurz darauf, bis eine Karte von Vektor und Umland erschien.

,, Wären die EVs in irgendein Gefängnis oder an auch nur irgendeinen uns bereits  bekannten Ort gebracht worden, wir hätten es längst erfahren. Also blieben nur zwei Möglichkeiten. Entweder, sie sind über die Stadtgrenze hinaus verschleppt worden, was bei der Anzahl  wiederaufgefallen wäre, oder sie müssen noch irgendwo innerhalb der Stadt oder des Umlands ein.“

,, Was nach wie vor ein ziemlich großes Gebiet ist.“ , gab Falk zu bedenken.

,, Also , was tue ich ? Ich habe versucht es einzugrenzen. In der Stadt sind sie vermutlich nicht. Das wäre wieder zu auffällig. Bleibt nur das Gebiet rund um die Stadt. Aber wo dort ?“

,, Irgendwo in der Nähe der Randbezirke.“ , vermutete Leah. ,, Sie können sie nicht sehr weit gebracht haben schätzte ich. Und es muss etwas sein, das sie verwenden konnten.“

,, Genauer gesagt gibt es nur einen einzigen Ort in der Nähe, der in Frage kommt. “ , erwiderte Gavin.

,, Und der ist ?“

,, Eine alte Kaserne aus der Zeit noch bevor Vektor gebaut wurde.“

,, Sind wir sicher, dass sie da sind ?“ , wollte Falk wissen. Es schien zu Vage.

,, Wir wissen das etwas da ist.“ , schaltete sich Sterling ein, der rasch Gavin das Tablet abnahm und zwei  Bilder aufrief, die aus der Vogelperspektive einige graue Betongebäude zeigten, die von einer Mauer umlaufen wurden. Es waren offenbar Satellitenaufnahmen, die bei Nacht gemacht wurden.

Das linke Bild zeigte dort alles komplett verlassen. Das rechte hingegen hätte man auf den ersten Blick zwar auch noch für unauffällig halten können… Wäre da nicht die Tatsache das einige Fenster in den Bauwerken hell erleuchtet waren.

,, Das erste Bild stammt aus einer Satellitenkarte der Gegend, die vor einigen Wochen gemacht wurde. Das zweite ist aktuell.“ ,, Wir setzen ziemlich viel auf ein paar Wage Anhaltspunkte und zwei Fotos.“

,, Es ist was wir haben.“ , antwortete Gavin.

,, Klar ist, wir müssen schnell handeln, wollen wir noch eine Chance haben.“ , sagte der Doktor. ,, Kians Verordnung wird bald auch hier  Kraft treten und wie das für sie und vielleicht auch mich endet brauche ich nicht zu erklären. Entweder, das hier hat Erfolg, oder wir finden uns in ein paar Stunden alle gemeinsam in einer Zelle wieder. Wenn die Evs aber da sind, kann ich damit vor den Stadtrat treten. Das ist Massenfreiheitsberaubung. Dann muss Kian zurücktreten oder riskiert, dass sich der Rat gegen ihn stellt. Ich habe gestern ein paar Stimmen zurück gewonnen. Noch ein paar mehr…“ Sterling beendete den Satz nicht.

Falk hingegen  sah auf. ,, Und welche Rolle sollen wir dabei spielen ?“

 

 

 

Part 23 Rettungsaktion

 

Alive in spite of it all

We have no law no restrictions left, no line left in the sand

The time of running now seems over

Last stand now go

Last answers to be found.

Now I regret that I dint just see

There was so much greater danger waiting to attack.

So  if they don’t want to learn

Let them fear us.

 

 

 

 

,, Wir brauchen jemanden,  der ihre Sicherheitssysteme ausschalten kann, wenn es welche gibt. “

Falk nickte. ,, Ich tue was ich kann.“

Sie hatten den Plan sorgfältig durchgesprochen.

Er und Gavin sollten sich mit einer vier der Sicherheitsleute von Future Dynamics auf dem Weg zur alten Kaserne machen. Ihre wichtigste Aufgabe war, die vermissten Evs zu finden und herauszufinden, wieso Featherstone sie dorthin gebracht hatte. Dann konnten sie mit diesen neuen Beweisen hoffentlich den Stadtrat überzeugen, einem Misstrauensantrag gegen den Kanzler stattzugeben. Und das hier alles zu beenden bevor es Anfing.

Leah  sollte hingegen bei Future Dynamics bleiben und sich um die Koordination kümmern, soweit das erforderlich war.

Alles unter der Annahme natürlich, das Sterling und Gavin sich nicht irrten. Aber dann, dachte Falk, wäre sie hier sicherer als irgendwo draußen in der Stadt.

,, Also muss es so enden.“ , meinte er, während sich Gavin und die anderen zum Aufbruch bereit machten.

Die Bewaffnung der Security bestand lediglich aus einfachen Handfeuerwaffen und einigen Elektroschockern. Aber das musste reichen. Wenn sie Glück hatten musste gar kein Schuss fallen.

Und dafür zu sorgen, das wiederum lag bei ihm.

Leah trat zu ihm. ,, Pass auf dich auf.“

,, Du aber auch.“

,, Als ob. Ich bin hier so sicher wie nirgendwo sonst im Moment.“

,, Was dir gar nicht recht ist.“ , bemerkte er.

Statt einer sofortigen Antwort gab sie ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. ,, Worauf du wetten kannst. Und sieh zu das du lebend wiederkommst.“

Er konnte sich einen Augenblick nicht dazu überwinden zu antworten. Ihm war kurz, als säße ein gewaltiger Stein über seinem Herz. Wieso hatte er das Gefühl, das könnte das letzte Mal gewesen sein, das er sie sah?

Falk riss sich los und wendete sich zu Gavin und den vier anderen Männern um, die Sterling mit ihnen schickte.  Es war an der Zeit.

 

Während der ganzen Fahrt durch die Stadt und die Randbezirke sagte niemand ein Wort. Jeder schien in Gedanken bei sich zu sein. Einige überprüften alle paar Augenblicke mechanisch und Stockend das bisschen Ausrüstung, das sie hatten.

So wie Falk, der das nach wie vor volle Magazin der Pistole, die Sterling ihm vor einer Woche gegeben hatte stumm musterte.  Kämpfen war eine Sache. Töten eine andere. Wenn es nach ihm ginge würde auch heute Abend keine Kugel fehlen.

Dann nahm er seinen Tabletrechner aus der Tasche. Seine Aufgabe…

Nicht zum ersten Mal kam ihm nun in den Sinn, das viel von ihm abhängen würde. Zu viel vielleicht.

Der Wagen wurde langsamer, während durch die von außen abgedunkelten Fenster einige Betonbauten sichtbar wurden die er von der Sattelitenaufnahme her zu kennen schien.

Gavin stellte das Fahrzeug eine halbe Meile vor den ersten Gebäuden ab und sie stiegen aus. Hinter sich konnte Falk Vektor sehen, wie es mit der gewaltigen Konstruktion der Himmelsplattform in der Ferne fast zu schweben schien.

Sie waren überraschend gut durchgekommen trotz des zunehmenden Chaos. Aber er wusste, dass die Zeit lief. Jeder hier wusste es.

Jetzt oder nie. Vorsichtig gingen sie in Richtung des alten Militärgeländes.

Von außen und auf die Entfernung hätte Falk nie vermutet, dass der Bau bewohnt war. Die Betonmauer, welche zwischen den einzelnen Gebäuden verlief war teilweise brüchig  oder sogar eingefallen und auf der ehemals gepflasterten Straße die dorthin führte hatten sich tiefe Risse und Schlaglöcher gebildet in denen hier und da vertrocknetes Unkraut wucherte.

Der Drahtzaun allerdings, der den  ganzen Komplex umlief machte Falk wieder Hoffnung. Das war kein verrostendes Relikt einer toten Zeit. Das Metall blinkte und funkelte noch in der Sonne und ein am Rand der zerfallenen Straße aufgestelltes Schild dessen Farbe noch neu war  wies jeden an, das staatliche Gelände zu verlassen.

,, Ich glaube Gavin, wir haben Glück.“ , meinte Falk. Ein Tor schloss den Zaun dort, wo die Straße weiter in Richtung der Betonbauten führte.

 Irgendetwas, das war hier in jedem Fall.

Gavin erwiderte nichts, sondern trat lediglich an das Tor. ,, Ich hoffe nur, wer immer da drüben ist weiß noch nicht das wir da sind.“

,, Oh, das werden sie früh genug merken.“ , meinte einer der vier Security-Leute, der ein Fernglas dabei hatte. ,, Die haben Kameras an den Gebäuden.“

Falk selbst konnte auf die Entfernung nichts erkennen.

,, Darf ich mal sehen ?“ , fragte er und der Mann gab ihm das Fernglas. Sobald er sich ein wenig an die herangeholte Perspektive Gewöhnt hatte fand er auch, was er gesucht hatte. Tatsächlich befanden sich an der Außenseite der Betonbauten mehrere Dutzend elektronische Augen. Ebenfalls definitiv neu, daran bestand für ihn kein Zweifel.

,, Darum kann ich mich kümmern, wenn wir näher rankommen.“ So wie es im Moment aussah würden die Kameras sie erst erfassen können, wenn sie praktisch direkt vor der Mauer standen.

Bis dahin würde er hoffentlich Zugriff auf das Funksignal bekommen, über das sie ihre Bilder übermittelten und könnte sie so entweder abschalten oder einfrieren.

Gavin war in der Zwischenzeit an das Tor getreten. Ein Tritt gegen das Metall blieb ohne Folgen.

,, Verschlossen.“ , meinte er nur, bevor er mit wenigen Sätzen die Zaunkrone erklomm und sich auf der anderen Seite wieder auf den Boden fallen ließ.

,, Was haben sie vor ?“

,, Aufmachen.“ , erklärte er, und zog zwei Sicherungsbolzen aus dem Boden, die das Tor von der anderen Seite aus blockierten.

Vorsichtig gingen sie weiter. Es gab auf dem ganzen Gelände kaum eine Möglichkeit sich zu verstecken und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu hoffen dass man sich drüben bei den Kasernengebäuden lediglich auf die Kameras verließ.

Falk nutzte die gut fünfzehn Minuten Wegstrecke, um die Funksignale der Videoüberwachung zu suchen. Offenbar hatte man kaum damit gerechnet, dass es jemand wagen würde sich über die Warnung am Zaun hinweg zu setzen. Die Verbindungen und damit die Kontrolle über die Kameras hatte er schnell geknackt. Mit einigen wenigen Handgriffen schaltete er jedes der Glasaugen aus und stellte die letzte Aufnahme, die sie übertrugen als Standbild ein. So würde niemand merken, dass das Sicherheitssystem nicht länger arbeitete.

 

Jetzt , wo sie näher waren konnte Falk auch erkennen, dass jemand die größeren  Lücken in der Metallmauer mit Stacheldraht verstärkt hatte. Die Fenster der Gebäude wiederum waren allesamt vor kurzem ersetzt worden wie es aussah. Das Glas war durchsichtig, keine Spur von Blindheit oder Staub.

Gavin bedeutete ihnen, ein wenig zurück zu bleiben, während er sich an eine der Mauerlücken heranschlich und einen raschen Blick darüber warf.

,, Wir haben Glück.“ , flüsterte er, während Falk vorsichtig zu ihm aufschloss und ebenfalls durch die Drahtstreben spähte.

Das gab es doch nicht…

Der Ummauerte Bereich, den die alten Militärgebäude umgaben wurde zu einem Teil eingenommen von mehreren Dutzend Zelten , die sich dicht an dicht Reihten. Kein Wunder.

Falk konnte nur schätzen, wie viele Evs sich auf der Fläche befanden. Ein oder zweihundert mindestens. Und das war eine grobe Schätzung.

Wenigstens schien es den meisten halbwegs  gut zu gehen. Einige saßen am Boden und sahen mit ausgebranntem Blick vor sich hin, aber niemand wirkte ernsthaft krank.

Das war etwas. Trotzdem… das hier... war ein Käfig. Featherstones Worte fielen ihm wieder ein.

,, wie ein bissiger Hund.“ Und genau das hier war das. Ein Käfig, damit der Kanzler keine Angst haben musste gebissen zu werden. Oder übersah er etwas?

Es war nicht wichtig. Das hier endete heute.

Rasch sah er sich um.

Noch mehr Kameras, die an der Außenseite der umliegenden Gebäude den Platz beobachteten.  Und etwas, das für Falk wie eine Alarmanlage aussah.

Rasch hatte er das Tablet wieder in der Hand. Unglaublich, wie nachlässig man mit der Abschirmung der Sicherheitssysteme gewesen war, dachte er. Eine Firewall, die ein zehnjähriger mit etwas Glück würde umgehen können, und er hatte Zugriff auf die kompletten Schaltpläne der Anlage.

,, Jemand einen Vorschlag wie wir da reinkommen ?“ , fragte Gavin. Falk hob kurz eine Hand, während er sich weiter die Pläne besah. Die Alarmanlagen waren alle einzeln gesteuert.

,, Ich glaube ich habe eine Idee.“ , sagte er. ,, Ich kann an der anderen Seite der Anlage Alarm auslösen. Das wird hoffentlich einen Teil wenn nicht alle Wachen ablenken und uns ein Zeitfenster geben. Während wir freie Bahn haben, reißen wir den Draht weg und holen so viele wie möglich raus.“

,, Und das funktioniert ?“ , wollte einer der Security-Männer wissen.

,, Wenn wir schnell und leise sind sicher. Ansonsten… wird das eine kurze Befreiungsaktion.“ , erwiderte Gavin.  ,, Sind sie bereit , wir haben kaum Zeit zu verlieren ?“

Falk nickte lediglich. Einen Augenblick zögerte er, bevor er schließlich den Alarm einschaltete.

 

Ein Heulender Signalton ertönte fast zeitgleich aus einem der am weitesten von ihnen entfernten Gebäude.

Eine der Wachen auf dem Gelände rief den anderen Anweisungen zu, bevor sich eine Gruppe in Richtung der Quelle des Alarms aufmachte.

Wie Falk gehofft hatte waren kaum Leute zurück geblieben, welche die Es bewachten. Nur zwei Uniformierte Gestalten hielten weiter die Stellung, blickten aber immer wieder nervös in die Richtung des Alarms. Und damit weg von Falk, den anderen und Gavin. Dieser verschwendete keine Zeit, sondern durchtrennte den Draht vor ihnen einfach mit einem Messer.

,, Ihr fünf bleibt hier.“ , wies er Falk und die Future-Dynamics-Leute an. ,, Ich schalte die verbliebenen Wachen aus und schicke dann nach und nach die Evs durch. Sagen sie ihnen, sie sollen die Straße hinunter bis sie auf unser parkendes Auto stoßen. Wir müssen sehen, wo wir sie danach verstecken können.“

Falk hielt ihn auf.

,, Ich komme mit ihnen.“

Gavin sah ihn einen Moment unsicher an. ,, Notfalls, werden wir Menschen töten müssen.“

,, Ich weiß.“ , erwiderte er tonlos. ,, Aber das hier ist was persönliches.“ Mit diesen Worten verschwand er, knapp gefolgt von Gavin durch den Zaun.  Den meisten Evs entging ihr plötzliches auftauchen. Vermutlich waren in den letzten Stunden so oder so derart viele neue aufgetaucht, das es einfach nicht auffiel, wenn zwei weitere Gestalten sich dazu gesellten.

Nur diese zwei waren bewaffnet.

Falk trat Vorsichtig näher an den ersten der verbliebenen Wachleute. Dabei drehte er die Pistole in seiner Hand so, dass er den Waffengriff als Schlagstock benutzen konnte.

,, Entschuldigung.“ Der dunkel Uniformierte Mann drehte sich blitzartig zu ihm um, aber kaum schnell genug. Falk ließ die zur Hiebwaffe umfunktionierte Pistole in die Nieren des Polizisten krachen, der nach Atem ringend zusammenbrach.

,, Wenn ich du wäre, würde ich einfach liegen bleiben bis alles vorbei ist.“ , warnte er ihn, bevor er sich nach Gavin umsah, der dem letzten Wachmann einfach die Pistole an den Hinterkopf setzte und abdrückte.

Er hatte Falk gewarnt. Aber dieser zuckte trotzdem kurz zusammen und musste wegsehen.

In die versammelten Evs kam Bewegung, als sie die verbliebenen Wachen zusammenbrechen sahen.

,, Okay, Ladys and Gentelmann.“ , rief Gavin ihnen zu. Nach dem Pistolenschuss würde die übrigen Bewacher sicher bald wieder hier sein. Kein Grund länger ruhig zu halten. ,, Es sei den sie genießen ihren kleinen Aufenthalt hier würde ich Vorschlagen, das sie sich jetzt langsam zum Ausgang begeben.“ Er deutete in Richtung der Mauerlücke. ,, Draußen erwarten sie vier Herrn, die ihnen gerne weiterhelfen.“

Einen Moment schienen sie noch zu zögern, dann setzten sich auch die letzten in Bewegung.

Gavin hingegen sah in Richtung der Gebäude, in denen die übrigen Wachen verschwunden waren. Und die jetzt grade zurückkamen.

Falk hatte die Reihe von Gestalten ebenfalls entdeckt.

,, Was machen wir ?“ , fragte er aufgeregt, aber gefasst. Er glaubte die Antwort zu kennen. So sie es also. So endet es also.

,, Aufhalten so lange wir können.“

Falk hielt seine Waffe einen Augenblick in die Luft. ,, Wie viel Magazine haben sie ?“

,, Vier, plus eines in der Waffe.“

,, Ich würde mir gerne zwei leihen.“

 

 

Part 24 Enden

 

What they said  is a lie

You hear the shots that kill

Broken left alone

One has come to an end

To still hands

So now I walk in the shadow of a lost name

When one’s moment has come

Just speed means nothing when its death that you are running from

Let’s set a mark

 

 

Sie hatten auf dem Platz kaum Deckung. Allerdings galt das gleiche für die Rasch näher kommenden Wachleute. Insgesamt waren es acht. Gar keine so schlechten Aussichten überlegte Falk, wären sie was Ausrüstung und allgemein Ausbildung anbelangte nicht absolut unterlegen.

Im Nahkampf war ein Ev den meisten Menschen weit über. Schneller, stärker und Geschickter, dafür waren sie geschaffen worden. Gegen Kugeln jedoch schützte das nur bedingt.

Er selber hatte vielleicht ein paar Mal eine Waffe abgefeuert und auch wenn Gavin ein gutes Stück mehr Erfahrung haben dürfte, viele Hoffnungen wollte er sich nicht machen.

Sie hatten sich hinter einen kleinen Schuttstapel zurückgezogen, der direkt zwischen den nach wie vor fliehenden EVs und den mittlerweile bis auf wenige hundert Meter herangekommenen  Wachen. Das Feuer hatten sie noch nicht geöffnet. Vermutlich, weil sie noch nicht kapiert hatten, was los war. Die schiere Menge an Leuten, die versuchten durch die Mauerlücke nach draußen zu gelangen versperrte ihnen schlicht die Sicht und Falk und Gavin lagen in ihrem Versteck.

,, Lass sie ganz nah herankommen.“ , flüsterte Gavin.

Falk nickte. Überraschung wäre ihr einziger Vorteil. Und vielleicht ein Entscheidender.

Er konnte jetzt sogar die Schritte der bewaffneten Männer hören und schloss den Griff fester um die Pistole in seiner Hand.

,, Tun sie mir einen Gefallen ?“ , fragte er.

,, Werden sie mir  jetzt bitte nicht sentimental.“ , erwiderte Gavin.

Falk schwieg lieber. Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihm nun ohnehin nicht mehr.

Er spürte wie sich die Zeit zu verlangsamen schien. Ein weiterer Stiefel, der Staub aufwirbelte. Noch einer.

Gavin schnellte neben ihm in die Höhe. ,, Jetzt.“

Falk reagierte automatisch. als er es ihm gleichtat. Es gab kein Zögern oder Angst mehr.

Einen Moment sah er die vor Überraschung aufgerissenen Augen ihrer Gegner. Augen, die sich aber sofort wieder klärten, sobald sie die Gefahr erkannten.

Für einige zumindest jedoch zu langsam. Falk zielte und drückte den Abzug dreimal durch, bevor die ersten Männer sich in Sicherheit bringen konnten.

Jede Kugel traf ihr Ziel und zwei ihrer Gegner gingen zu Boden. Der dritte wurde ins Bein getroffen, war aber nicht tödlich verletzt.

Gavin neben ihm legte eine tödlichere Präzession an den Tag. Eine Salve Kugeln traf vier der Wachen in die Brust, bevor die verbliebenen zwei  es endlich schafften mit den Maschinenpistolen auf sie anzulegen.

Sofort riss Gavin Falk mit sich zu Boden, der sonst in jedem Fall getroffen worden wäre

Der erste Kugelhagel ging so jedoch weit über ihre Köpfe hinweg.

,, Danke.“

,, Das nächste Mal ducken sie sich gefälligst selbst.“ , erklärte Gavin, während er sich schon wieder aus der Deckung lehnte und ein paar ungezielte Schüsse in Richtung ihrer letzten zwei Gegner abgab.

 

In der Zwischenzeit brach unter dem eben noch halbwegs geordneten Flüchtigen Panik aus.

Die vier am provisorischen Eingang zurück gebliebenen Securityleute von Future Dynamics blieb nichts anderes übrig, als zurückzuweichen, als mehrere dutzend Evs versuchten möglichst zeitgleich ins Freie zu entkommen.

Nun fiel auch den zwei verbliebenen Wachleuten auf, dass ihr Problem nicht nur aus ein paar bewaffneten Eindringlingen bestand.

,, Oh verdammt.“ , konnte Falk die Stimme von einem hören. ,, Stehenbleiben alle, oder…“

Der Mann hatte offenbar kurz außer Acht gelassen, dass sie da waren. Etwas, das Gavin ihm offenbar nicht durchgehen lassen wollte. Erneut sprang er einen Moment auf und jagte der völlig offen stehenden Gestalt eine Kugel durch den Kopf, bevor er sich dem letzten Wachmann zuwendete, der jedoch seine Waffe wegwarf.

Gavin interessierte das wenig. ,, Etwas zu spät dafü…“

Falk  packte seinen Arm und riss ihn rasch zur Seite, so dass die Kugel den überlebenden Wächter um mehrere Meter verfehlte.

,, Das waren genug tote für heute.“ , sagte er bestimmt.

Gavin sah ihn einen Augenblick mit einer Mischung aus Wut und Überraschung an. Dann nickte er jedoch und ließ die Waffe sinken.

 ,, Das war ohnehin meine letzte Kugel. Sieht aus, als wäre heute euer Glückstag.“ , sagte er an den letzten Wachmann gerichtet,  bevor er dessen Waffe und die der Toten aufsammelte und außer Reichweite schaffte.

Falk half inzwischen ihrem Gefangenen auf die Füße, ließ aber ständig die Pistole auf ihn gerichtet. Selbst wenn ihm ebenfalls nur noch ein halbes Magazin verblieben war

,, Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen.“  , schlug Gavin vor. Mittlerweile war der Hof so gut wie verlassen und die meisten Evs draußen vor den Mauern.

,, Gleich“ , erwiderte Falk, der sich nun dem Wachmann zuwendete. ,, Was habt ihr hier gemacht ? Wieso sind die ganze Evs hier. “

Der Mann zuckte mit den Schultern. ,, Sie fragen den falschen. Unsere Aufgabe hier war nur sie zu bewachen und dafür zu sorgen, dass keiner das Gelände betritt oder verlässt.“

,, Und das ist alles ?“ , fragte Gavin.

,, Alles was ich weiß. Hören sie wir haben ihnen nichts getan wenn sie das meinen. Ich hatte nur Anweisungen…“ ,,  Es sind immer nur Anweisungen.“ , erwiderte er wütend. Und es ist mir vollkommen egal, wie sie behandelt wurden, sie haben über einhundert Leute ohne Prozess oder Anklage festgehalten.“

Falk hielt ihn zurück. ,, Und sonst wissen sie wirklich gar nichts ? Sicher ? Ich meine, Gavin hier kann sicherstellen, dass sie wirklich keine Antworten mehr  für uns haben also…“ Er wollte den Mann sicher nicht verletzten. Aber Angst machen… nichts sprach dagegen.

,, Vor ein paar Tagen war jemand hier. Irgend so ein Kerl im Arztkittel, der ihnen Blutproben abgenommen hat. Und ein paar Tage danach nochmal.“

Blutproben ? Das schien kaum Sinn zu machen. Außer sie wollten sicherstellen das die Evs hier gesund blieben… oder ging es hierbei um etwas ganz anderes? Etwas in seinen Gedanken meldete sich, wie ein kratzendes Tier, das sich einen Weg graben wollte. Aber er kam nicht darauf was.

,, Was war beim zweiten Mal ?“ , fragte er stattdessen.

,, Ich weiß es nicht. Ein paar wurde irgendetwas verabreicht glaube ich.“ , erklärte der Mann. ,, Aber geschadet hat es ihnen ja wohl nicht.“ Fügte er hastig hinzu.

Egal . Das war mehr als sie brauchten, überlegte Falk.

Medizinische Eingriffe ohne Einverständnis der Betroffenen, Freiheitsberaubung ohne Anklage…

Wenn der Stadtrat davon erfuhr konnte Featherstone einpacken. Wenn er sich so einfach  geschlagen gab hieß das…

Und doch blieb die Frage wozu das Ganze? Welchen Zweck hatte es?

Eine Frage, die ihm nur noch der Kanzler persönlich beantworten konnte wie es schien.

,, Also schön, wir sind hier fertig.“ , Falk drehte sich um, ,, Wenn wir noch…“

Er nahm noch einen Schatten aus den Augenwinkeln war, bevor ihn ein Schlag in die Magengrube halb zusammenklappen ließ.

Gavin wirbelte herum und wich grade noch rechtzeitig aus um einer Messerklinge zu entgehen.

Falk richtete sich langsam wieder auf.

Eine Gestalt mit einer hellgrünen Jacke und rötlich verfärbten Augen stand ihnen gegenüber.

Das gab es nicht. Und vor allem… wie hatte der Mann es geschafft sich derart an sie heran zu schleichen?

,, Was zahlt Featherstone ihnen , das sie noch immer für ihn arbeiten ?“  , fragte Falk.

,, Arbeit… nennt man das so wenn man keine Wahl hat ?“ , erwiderte die Gestalt und trat ein paar Schritte zurück.

,, Was meinen sie damit ?“

,, Was glauben sie Falk, hier ist Endstation.“ , erwiderte Gavin und warf die leergeschossene Pistole weg. ,, Bringen wir das zu Ende.“

Falk zögerte einen Augenblick, dann nickte er und legte mit der Waffe auf den Fremden an. Den Attentäter. Den Kern des ganzen ? Oder nur ein weiteres Rat im Getriebe von Featherstones Maschinerie ? Einer Maschinerie, deren Zweck er noch nachvollziehen musste.

Im nächsten Augenblick geschah alles gleichzeitig.

Der Man in der grünen Jacke stürzte vor, während Falk den Abzug seiner Waffe einen Moment zu spät abfeuerte.

Die Kugel jagte knapp am Kopf des Angreifers vorbei, der mit einer geschwärzten Messerklinge nach ihm hieb.

Falk sprang zurück, während Gavin sich nun dem Attentäter in den Weg stellte. Dieser hatte kein Problem sein Ziel zu wechseln und holte erneut mit dem Dolch aus. Gavin fing die Hand mit der Waffe ab.

Der Fremde versetzte ihm einen Kopfstoß, während er die Hand wieder befreite.

Gavin zögerte keine Sekunde, sondern stürzte sich auf den Mann und riss ihn zu Boden.

 

Falks Hände zitterten während er den Kampf verfolgte und versuchte zu zielen. Er wusste nicht wie viele Kugeln er noch hatte und um das Magazin zu wechseln blieb ihm keine Zeit.

 

Gavin kam als erster wieder auf die Füße und trat dem Attentäter die Beine weg bevor er aufstehen konnte.

Dieser rollte sich jedoch zur Seite, bis er außer Reichweite war und spannte sich an, während er kurz rührungslos liegenblieb.

Gavin trat auf ihn zu.

Ein Fehler, wie Falk sofort klar wurde. Der Mann war nicht bewusstlos oder verletzt.

 

Es blieb keine Zeit mehr. Zielen hin oder her, besser er verletzte Gavin mit dem Fremden zusammen als nichts zu tun.

Falk drückte den Abzug.

Ein trockenes Klicken war die Antwort.

Nein.

Der Mann in der grünen Jacke schnellte hoch, bevor Gavin oder er reagieren konnten.

,, Vorsicht.“ , hörte Falk sich noch selbst rufen, aber die Worte waren zu langsam, zu spät.

Einen Augenblick standen sich Gavin und der Attentäter erstarrt gegenüber. Dann wanderte der brechende Blick des Evs nach unten.  Blut lief aus seiner Brust und tränkte das Messer des Fremden

Der Mann in Grün zog die Klinge aus der Wunde und als wäre es das einzige, was Gavin noch aufrecht gehalten hätte, brach er im Staub zusammen.

Nein.

Falk ließ das leere Magazin aus der Waffe fallen und ersetzte es mit zitternden Händen durch ein neues.

Der Fremde bemerkte es und gab Fersengeld.

Falk war das egal. Er legte auf ihn an und feuerte.  Eine Kugel. Daneben. zwei, drei…. Dasselbe. Vier. Der Mann strauchelte. Fünf. Und zuckte zusammen, rannte aber weiter.

Falk ließ die Pistole sinken.

Nein. Er ließ sich rasch neben dem verletzten Gavin in den Staub fallen.

,, Gavin, hey hören sie mich.“

Mühselig richtete dieser sich auf einen Arm auf.

,, Ich schätze… das lief nicht wie geplant.“ , meinte er und hustete Blut, bevor er wieder zurück auf den Boden sackte.

Falk konnte nicht anders, als sich von der Wunde abwenden, die das Messer des Fremden gerissen hatte. Das hätte nicht passieren sollen. Sie hatten was sie brauchten, waren am Ziel…

,, Falk, reißen sich… mal zusammen. Hören sie, es ist noch nicht vorbei.“

Er nickte. Noch nicht. Sterling musste wissen, was sie gefunden hatten.

,, Dann…“ Gavin richtete sich wieder halb auf und packte ihn einen Moment an den Schultern. ,, Dann  tun sie gefälligst weswegen wir hergekommen sind. Bringen sie alle in Sicherheit. Und dann..“ Gavin sollte den Satz nie beenden. Trotzdem blieb Falk noch einen Moment im Sand sitzen. Als wartete er auf eine Antwort. Aber… hier gab es keine mehr. Nur tot.

Vorsichtig schloss der dem Mann, den er nie verstanden hatte die Augen, bevor er sich erhob. Mit einem hatte er recht gehabt. Es war noch nicht vorbei.

Langsam machte er sich auf den Rückweg über den Platz und die zerbröckelnde Straße.

 

Am Wagen warteten bereits die vier Sicherheitsleute von Future Dynamics und ein gutes Dutzend Evs. Der Rest musste sich bereits aufgemacht haben um sich irgendwo zu verstecken. Bis das hier endlich vorbei war.

Er nickte dem Rest zu.

,, Wo ist Gavin ?“ , wollte einer der vier Männer von ihm wissen.

Falk schüttelte nur den Kopf, dann jedoch wendete  er sich an die Evs.

 ,, Was ist in dem Lager passiert ?“

Die meisten zuckten mit den Schultern. ,, Wir wissen nicht viel. Sie haben Blutproben genommen und einigen Injektionen gegeben. Das war alles.“

Falk kratzte sich am Kopf. Das ergab alles einfach keinen Sinn. Oder vielleicht hielt ihn Gavins tot nur davon ab, in dem ganzen einen Zusammenhang erkennen zu können. So oder so. Er würde den letzten Wunsch des Mannes ausführen.

,,Sie verstecken sich am besten, bis es ruhiger wird.“ , erklärte er den Evs, bevor er sich an die vier Sicherheitsleute wendete. ,, Wir haben was wir brauchen. Jetzt müssen wir nur noch Doktor Sterling erreichen.“ Falk trat ans Fahrzeug und schwang sich ins Innere. Desto schneller das hier vorbei wäre, desto besser. ,, Also los.“

 

 

Eine in Grün gekleidete Gestalt in Begleitung eines verängstigt wirkenden Mannes in dunkler Uniform sah aus der Ferne zu, wie der Wagen sich entfernte.

Blut sickerte dem Attentäter aus mehreren Wunden, die den Stoff seiner Kleidung dunkel färbten. Aber entweder schenkte er ihnen keine Beachtung oder war gut darin, den Schmerz zu verstecken.

,, Wir…. Featherstone muss das wissen…“ , setzte der Wachmann an.

,, Ich weiß wo sie hin wollen.“ , erwiderte die langsam blutende Gestalt ,,  Und wir sind lange vor ihnen da.“ Mit diesen Worten zog er ein Funkgerät aus der Tasche.

Für die Familie. Aber war es das alles wert?

Die Frage beunruhigte ihn.

 

 

 

 

Part 25 Sterben

 

It's Better to burn out - than fade away

You cant just et the world

On someone else’s feed

When all you  have it rest on ticking time

And not get trampled underneath

The road goes still one

A man made hell here on earth

Tomorrow all will be gone

So here I stand face the last storm all alone

This Time till the end will carry one.

They try to have us stoned up from their mighty throne

Let’s challenge them ones and for all

 

 

 

 

 

Leah lief aufgebracht in Sterlings Büro, einen Stapel Papiere in der Hand.

Der Doktor sah von seinem Tisch auf, an dem er die letzten Stunden gesessen und düster vor sich hin gestarrt hatte. Grade rechtzeitig, als ihm die Papiere auf den Tisch geknallt wurden.

,, Was hat das zu bedeuten ?“ , fragte Leah.

,, Ein Weg, all das zu beenden.“ , erwiderte er nach einer Weile und stand auf. ,, Endgültig.“

,, Sie werden das nicht tun.“

,, Ich habe alle Mittel ausgeschöpft Leah. Sagen sie mir, was ich noch nicht versucht habe. Der Rat wird seine Entscheidung nicht zurückziehen.“

,, Das wissen sie noch nicht.“

Der Doktor nickte. ,, Aber ich kenne diese Narren zu gut. Vektor ist für die Evs tot. Und wenn es ohne sie nie entstanden wäre… dann ist es damit an der Zeit es sterben zu lassen.“

,, Das sind nicht die Worte des Isaac den ich kenne.“

,, Und wie wollen sie mich aufhal….“

Bevor er noch  weiter antworten konnte, gab es eine gewaltige Explosion auf dem Hof draußen. Leah konnte hören, wie mehrere Scheiben im ganzen Gebäude splitterten und einige scharfkantige Scherben an ihr vorbeijagten, als auch das Fenster des Büros nachgab.

Es schien, als wäre ihre Zeit abgelaufen. Egal was Sterling geplant hatte.

 

Nein…

Falk sah sich mit weit aufgerissenen Augen um, sobald er aus dem Wagen sprang. Die vier Sicherheitsleute, die Sterling ihm mitgegeben hatte, hatte er längst zurückgelassen.

Wie erstarrt saßen sie nach wie vor auf ihren Sitzen und rührten sich nicht.

Glasscherben bedeckten den Platz vor dem Firmensitz von Future Dynamics. Die einstmals verspiegelten Fassaden lagen in Milliarden von  scharfkantigen Splittern zerschmettert am  Boden.

Bis in die oberen Stockwerke hinein schein es, gab es kein intaktes Glas mehr. Hinter einigen der zerstörten Fenster meinte er aufgeregte Gestalten hin und herlaufen zu sehen. Und im obersten Stockwerk wo Sterlings Büro lag glaubte er ebenfalls kurz jemanden gesehen zu haben.

Das ganze Gebäude war in heller Aufruhr.

Die Fahrzeuge, die noch vor wenigen Stunden den Eingang blockiert hatten lagen in Einzelteilen über das Gelände verteilt.

Er beschleunigte seine Schritte über das Trümmerfeld, als er eine vertraute Gestalt entdeckte. Sterling, um den sich einige verletzte Gekauert hatten, während andere lediglich niedergeschlagen in die Flammen starrten. Viele Evs fehlten…

Nein, dachte er wieder. Das konnte doch nicht sein.

,, Was ist hier passiert ?“

,, Sie waren nur ein Stück zu langsam. Das ist passiert.“ , erwiderte der Doktor kopfschüttelnd. ,, Featherstones Order ist in Kraft.“  Er zuckte kraftlos mit den Schultern,  ,, Seine Leute haben den Platz gestürmt und… alle Mitgenommen.“

,, Und euch hier zurück gelassen ?“ Er schüttelte den Mann, als wollte er ihn aus seiner Lethargie reißen. ,,  Sterling, ich habe was wir brauchen, ich habe Beweise gegen Featherstone.“

,, Die kommen zu spät.“ Einen Augenblick sagte keiner ein Wort.

,, Wo ist Gavin?“

,, Wo ist Leah ?“

Die Fragen wurden beinahe gleichzeitig gestellt und im selben Moment wusste jeder die Antwort.

Trotzdem weigerte Falk sich, die Wahrheit anzuerkennen, die ihm das Schweigen des Doktors offenbarte.

,, Wo ist Leah ?“ Und als er nach wie vor keine Antwort erhielt: ,, Sterling, wo ist Leah ?“

Der Mann schüttelte nur langsam den Kopf. ,, Ich habe sie seit dem Angriff nicht mehr gesehen.“

Aber war das nicht ein Funken Unehrlichkeit in seinen Augen? Am liebsten hätte Falk  es geglaubt. Doch eine Täuschung war keine Hoffnung.

,, Suchen sie das hier ?“

Falk drehte sich nur wiederwillig zu der Stimme um. Zu einem Toten Mann.

Die Kleidung der Gestalt war nun mehr rot  als grün. Durchtränkt von Blut, das aus einer Wunde am Bein und im Brustkorb sickerte. Aber noch lebte der Fremde, eine Haarsträhne in der Hand haltend. Haare, die ein buntes Durcheinander an Farbtönen wiederspiegelten.

,, Woher…“ Er spürte Wut in sich hochkochen. Wut aber gleichzeitig das Gefühl des Entsetzens und der Trauer, die er grade noch zurückhalten konnte. Grade genug um den Mann nicht direkt zu erschießen…

,, Aus den Trümmern.“

Nein, das war schlicht nicht möglich…

,, Was wollen sie ?“ , schrie er den Attentäter an, die Gestalt, die ihm neben seinem Frieden und einem Freund nun auch noch  etwas unendlich wertvolleres nehmen wollte.

Als hätten  die Worte dem Mann den letzten Rest Kraft genommen, der ihn eben noch auf den Füßen gehalten hatte, knickten ihm die Beine weg.

,, Wenigstens… haben sie Gewissheit.“

,, Nein verdammt. Wagen sie es nicht zu sterben bevor…“ Falk musste sich einen Augenblick wegdrehen. Es war zwecklos.

Die in grün gekleidete Gestalt brach zusammen und regte sich nicht mehr. Ausgleichende Gerechtigkeit.

Die Finger, die eben noch die Haarlocke gehalten hatten öffneten sich.

Mit den Haaren, die Rasch vom Wind verweht wurden entfiel seiner Hand noch etwas anderes. Ein Stück Papier.

Mit Tränen der Wut und Trauer gleichzeitig kämpfend zwang Falk sich, es aufzuheben und zu entfalten.

Es war ein Foto…

Das Bild eines kleinen Mädchens mit halblangen dunklen Haaren sah ihm entgegen. Und Orange leuchtenden Augen…

Das gab es einfach nicht…. Langsam ergab sich für ihn  ein abstoßendes Bild.

Warum der Mann so gehandelt hatte, wie er es tat. Er hatte wirklich keine Wahl gehabt. Wer wusste, was Featherstone ihm angeboten hatte. Schutz für… War die Kleine seine Tochter gewesen?

Falk konnte es nicht wissen.

Familie. Das war ein Beweggrund, den Falk nicht verstehen aber akzeptieren konnte.

Auf einmal fühlte er Mitleid statt Hass. Sie waren beide auf ihre Art verloren.

 

 

Sterling, der der kurzen und letzten Begegnung der Beiden Fremden Schweigend beigewohnt hatte trat Vorsichtig auf Falk zu, der das Foto langsam zusammenfaltete und dem Toten respektvoll in die Hand zurücklegte.

Ihm war, als wollte das Sterben heute kein Ende nehmen. Und es hatte vielleicht grade erst begonnen.

,, Ich kenne ihn.“ , sagte Sterling nur.

Falk sah auf. ,, Wen ?“

,, Diesen Mann.“ , er deutete auf den Toten. ,, Ich erinnere mich an jeden einzelnen Ev.“

,, Hat er mal für sie gearbeitet ?“

Der Doktor nickte.

,, Dann wissen wir jetzt wenigstens, wer die Daten aus ihrem Archiv zerstört hat.“ , stellte Falk tonlos fest.  ,, Es ist vorbei, oder ? Wir sind ganz offiziell am Ende.“

Sterling sah einen Moment vor sich hin. Dann jedoch hellten sich seine Gesichtszüge ein Stück auf.

,, Vielleicht noch nicht ganz.“

,, Wie meinen sie das ?“

 ,, Vielleicht gibt es noch eine Chance, alles richtig zu stellen. Doch dafür muss Featherstone endgültig handlungsunfähig gemacht werden.“

Falk wurde hellhörig. ,, Was soll das bringen ?“

,, Es gibt mir Zeit. Der Rat wird ihn nach heute ausschalten. Er hat gar keine andere Wahl.  Aber ob sie auch seine Verordnungen außer Kraft setzen… Verdammt, ich weiß es nicht.“ , erwiderte Sterling. ,, Ich muss in jedem Fall noch etwas zu Ende bringen. Vertrauen sie mir?“

Ohne zu zögern nickte Falk. Viel zu verlieren hatten sie so oder so nicht mehr.

,, In diesem Fall haben wir keine Zeit zu verlieren.“

,,Wie ?“

,, Kian befindet sich Momentan sicherlich im Light-Tower.“ , begann Sterling ,,Es würde mich wundern, wenn er sich auf die Straße traut. Die Rechenzentren im Turm steuern einen Großteil Vektors. Strom, Wasser, alles.“

,, Man müsste sie lahmlegen. Dann wären ihm auf einen Schlag die Hände gebunden.“

,, Und das Chaos könnte man ausnutzen.“ , fuhr Sterling fort. ,, Um Beispielsweise wenn man schon mal da ist… den Rechner des Kanzlers zu durchsuchen und alle Daten… an den Stadtrat weiterzuleiten. In jedem Fall brauchen wir ein Geständnis. Das ist das einzige, was sie überzeugen muss.“

,, Und das wird funktionieren ?“

,, Wenn nicht, verschafft es uns, verschaffte es mir, Zeit zu tun was getan werden muss.“ Falk wollte nicht Fragen was das war. Sie würden fliehen müssen. Und dabei irgendwie so viele Evs wie möglich aus der Stadt schaffen. Also war Zeit in jedem Fall ein Faktor. Aber wie der Doktor tausende Evs aus Vektor heraus bringen wollte…

,, Sie wollen Vektor verlassen. Das ist es doch oder?“

Sterling antwortete nicht, sondern erklärte lediglich: ,, Sie sind er einzige, der übrig ist Falk. Der einzige, der mir bleibt. Ich kann sie hierum nur bitten.“

Er zog ein kleines Metallkästchen aus der Tasche und warf es Falk zu.

,, Was ist das ?“ , wollte er wissen.

,, Sprengstoff. Genug um, wird er im Untergeschoss des Light-Towers positioniert, das komplette Rechenzentrum dort zu zerstören.“

,, Woher haben sie den ?“

,,Ich habe ihn selber hergestellt.“

Falk glaubte zu verstehen. Die Apparatur in Sterlings Labor, die ihm so unpassend vorgekommen war.

Er fragte nicht, ob der Doktor hiermit gerechnet hatte, Sprengstoff zu brauchen. Offenbar lautete die Antwort ja. Und wenn Falks sich die Situation vor Augen führte…

,, Und dann muss ich Featherstone einen Besuch abstatten.“ , meinte er.

,, Und zwar besser, bevor der Sprengsatz detoniert. Sonst dürfte er reichlich Gewarnt sein.“ , antwortete ihm Sterling. ,, Sie können den Zünder selber einstellen.“

Falks Hand umklammerte den Griff der Pistole an seiner Hüfte, während er über die beschädigten Gebäude von Future Dynamics in Richtung des Zentrums der Himmelsplattform sah.

Er hatte die Gelegenheit gehabt, das alles zu beenden und sie einmal nicht ergriffen. Diesmal nicht.

,, Ich könnte mir vorstellen, er wird sich freuen mich zu sehen.“

,, Sie werden nicht einfach zur Vordertür herein kommen.“ , warnte Sterling ihn.

,, Ich wäre mir da an ihrer Stelle nicht zu sicher.“

 

Falks Weg zu seinem Ziel war praktisch menschenleer. Hier oben gab es keine Patrouillen, keine Straßensperren. Aber auch hier hatten  Angst und  Unsicherheit die Menschen in ihre Häuser getrieben.

Die wenigen Gestalten denen er begegnete wichen vor ihm zurück, als spürten sie, was in den Gedanken des Mannes vorging, der sich stetig dem Gebäude im Zentrum der Himmelsplattform näherte.

Es war egal.

In so kurzer Zeit war so viel geschehen… War es wirklich erst ein wenig mehr als eine Woche her, das er das letzte Mal hier war?

Doch nun vernebelte eine tödliche Mischung aus Wut und Trauer seinen Verstand, trieb ihn vorwärts, während er die Firmengebäude und Villen hinter sich ließ, die ihn damals beeindruckt hatten. Jetzt aber wirkte es für ihn grau.  Beinahe alt und verfallen.

Der Eingang zum Light-Tower war zwar bewacht, aber nicht stark. Vier Polizeibeamte, die ihn längst gesehen haben mussten. Offenbar hielten sie Falk aber nach wie vor für einen Menschen. Etwas, das sie bereuen würden.

,, Ausweis Sir ?“ , hielt ihn einer der Männer an.

,, Natürlich.“ Falk spannte sich an, während um ihn herum erneut alles langsamer zu werden schien.

Eine Hand am Griff der Waffe hielt er mit der anderen das helle Kärtchen hoch.

Der Beamte griff danach.

Falk versetzte ihm einen Schlag gegen den Kopf, während der Ausweis durch die Luft flatterte.

Zwei der Polizisten zu seiner linken legten die Hände auf die Waffen.

Schneller, als sie jemals reagieren könnten wirbelte Falk, die Pistole bereits im Anschlag herum, musste sich aber unter dem hieb des vierten Wachmanns wegducken.

Bevor der Mann jedoch wieder einen festen Stand gefunden hatte, trat Falk ihm die Beine weg.

Die letzten zwei hatten es nun geschafft ihre Waffen auf ihn zu richten, doch war er mindestens genauso schnell.

Er sah das Aufblitzen der Waffen und spürte im nächsten Moment, wie etwas sein Gesicht streifte. Die Kugel riss ihm die Schläfe auf, verletzte ihn aber ansonsten kaum.

Dafür traf den ersten seiner Gegner in den Arm, so dass dieser die Waffe fallen ließ. Der letzte wiederum  bekam eine verirrte Kugel direkt ins Bein und fiel mit einem Aufschrei um.

Falk trat auf den Mann zu, dem  er in den Arm geschossen hatte und schaltete ihn mit einem Schlag gegen die Schläfe aus.

Einen Augenblick blieb er inmitten der vier kampfunfähigen Polizisten stehen. Tat es ihm leid? Er wusste es nicht mehr. Aber er hatte sie nicht getötet. Es gab genug Tote für einen Tag und in den nächsten Minuten würde alles entschieden sein. So oder so. Nur noch ein Leben stand heute auf dem Spiel…

Erst jetzt betrat Falk das Foyer des Light-Towers, das diesmal vollkommen leer stand. Keine Stühle, keine Sitzplätze…

Er zog Sterlings Sprengsatz aus der Tasche und rief rasch einen der zwei Aufzüge im Foyer und drückte den Knopf für das Untergeschoss.

Dann stellte er den Zeitzünder   ein und warf ihn in die Kabine. Der Sprengsatz würde sich um sich selbst kümmern. Er hingegen…

Falk sah nach oben durch den Glasboden des zweiten Stockwerks und weiter hinauf in den Turm.

Er hingegen hatte eine Verabredung mit Kian Featherstone.

 

Part 26 Rache

 

 

The road that i walk is a gathering storm

My mind keeps blurring between wrong and right

A figure in a chess game

No hope is on my side

So now it all begins

Will I let it make a monster out of me?

Shall be your light on through the night

Lets find an End

 

 

 

 

Die zwei Wachen die sich überrascht zu ihm umdrehten kamen nicht mal dazu, sich auch nur zu wehren. Beide lagen am Boden, bevor Falk den Fahrstuhl ganz verlassen und auf einen kurzen Flur hinaus getreten war. Atmeten aber noch.

Er hatte kaum Augen für die Aussicht, die ihm die verglasten Seitenwände boten, während er dem Gang entlanglief. Falk musste sein Ziel nicht suchen. Es gab nur eine einzige Tür, die mit einem elektronischen Sicherheitssystem geschlossen war.

Etwas, das ihn kaum aufhalten würde. Mit einer Hand nach wie vor den Pistolengriff haltend zog er mit der anderen den vertrauten Tabletrechner aus der Tasche.

Es dauerte keine zehn Sekunden, bis die Tür aufsprang und er auf einen weiteren Gang dahinter einbog. Hier waren die Wände aus mit Tapeten bezogen und einige Lampen spendeten grelles Licht, das ihn einen Augenblick in den Augen schmerzte.

Falk war noch nie hier gewesen und so verlangsamte er seine Schritte, während er die einzelnen Schilder an den Türen musterte, die den Flur hinab verliefen.

Während er nach dem richtigen Namen suchte, konnte er nicht verhindern, dass ihm einen Moment Tränen über die Wangen liefen. Falk blieb stehen.

Bis hierher hatte er versucht auszublenden was passiert war. Zu viel in zu wenig Zeit. Mal wieder.

Doch diesmal um ein vielfaches bitterer.

Seine Hände begannen zu zittern. Was tat er hier?

Die Antwort war einfach. Er würde den Mann finden, der dafür verantwortlich war und es ihm heimzahlen.

Aber es brachte keine Toten zurück…

,, Verdammt.“ Die ganze Angestaute Wut der letzten Stunden legte er in einen einzigen Schlag, der das Schild an der Tür zu seiner linken zerschmetterte. Die scharfkantigen Plastikbruchstücke bohrten sich ihm in die Finger, aber er achtete kaum darauf.

Was hatte er verkehrt gemacht? Nichts. Die Antwort war so einfach wie ehrlich. Aber er hätte sich anders entschieden können…

Er war zu spät gewesen, zu langsam, zu unsicher…

Es war genug.

Falk sammelte sich, als er auf der letzten Tür des Gangs endlich den Namen las, den er gesucht hatte.

Es endete wie es Enden musste. Aber würde er zulassen, dass es ein Monster aus ihm machte?

Die Frage schwebte einen Augenblick in seinen Gedanken. Es gab eine Möglichkeit alles unblutig zu beenden. Wenn er sich selbst verzeihen konnte.

Wenn…

Mit der blutüberströmten Linken hielt er einen Moment das Tablet und in der anderen nach wie vor die Pistole.

Eines davon würde er heute nicht mehr brauchen. Und die Wahl lag bei ihm.

 

 

Featherstone sah auf, als eine fremde Gestalt wortlos durch die Tür seines Büros trat. Der für eine einzige Person riesige Raum war recht spärlich, dafür aber extravagant  möbliert. Ein gewaltiger Schreibtisch aus Holz mit interaktiver Oberfläche, dazu mehrere schere Schränke. Die Rückwand des Raums wurde wiederum durch eine Scheibe aus halbdurchlässigem Glas eingenommen, durch die man zwar nach draußen sehen, aber niemand hinein blicken konnte. Isoliert…

,, Wer sind sie ?“

Falk ließ die Tür hinter sich zufallen. Es gab keine anderen Ausgänge.

,, Ich bin die Stimme, die ihr vergessen habt zum schwiegen zu bringen.“ Das Wiedererkennen, das sich in den Augen des Kanzlers wiederspiegelte, vermischt mit einem plötzlichen Anflug von Angst nahm er nicht ohne eine gewisse Genugtuung war. Aber Genugtuung würde hier nicht reichen.

,, Sie….“

,, Ich.“ Falk richtete die Waffe auf den Mann, während seine andere Hand  in die Tasche wanderte. ,, Soll ich ihnen sagen, wieso ich sie töten werde… oder möchten sie das selber tun ?“ Featherstone schwieg.

,, Schön, dann hoffe ich, das sie zuhören. Sie haben einen Mann mit dem Leben seiner Familie, seines Kindes, erpresst mehrere Morde zu begehen. Stimmt das soweit?“

,,Ein Idealist wie sie Falk. Ich hoffe sie können das verstehen. Er wollte schützen, was ihm wichtig war.“

Er lachte nur düster. Ausreden.  ,, Sie haben ihn als Werkzeug benutzt tuen sie nicht so.“

,,Vielleicht. Aber es wäre ein dummer Plan gewesen wenn oder?  Amelias tot bestenfalls ein Unfall.“

,, Oder ein Opfer, das sie bereitwillig bringen wollten. „erwiderte Falk.  ,, Sie mussten Angst schüren um den Stadtrat manipulieren zu können ist es nicht so ? “

,, Manche Dinge sind notwendig.“ , antwortete der Kanzler nur.

,, Notwendig ?“ Er war näher an den Schreibtisch getreten und ließ eine Faust mit der Pistole  auf die Oberfläche krachen, so dass das Glas teilweise sprang. ,, Wozu verdammt ? Hassen sie uns so sehr , dass sie es nicht ertragen könnten auch nur einen einzigen Ev in Frieden leben zu lassen ? Glauben sie den Wahnsinn den die Church verbreitet am Ende selbst?“

Falk musste sich zurückhalten um nicht doch einfach den Abzug der Waffe durchzuziehen und damit alles zu beenden. Was hatte der Mann zu seiner Verteidigung vorgebracht als Lügen?

Wenn er es zugeben könnte… Falk  musste die Wahrheit wissen.

,, Die Church ?“ Featherstone schien einigermaßen verwirrt.

Dann aber erhellte Begreifen seine Züge. ,, Die Church Falk hat hiermit nicht das Geringste zu tun.“

,, Was soll das Ganze dann ?  Sie entführen Evs aus der Stadt, sie hetzen mir und… anderen… einen Attentäter auf den Hals, sie lügen ganz offenbar den Stadtrat an, nutzen die Angst, die sie selbst geschürt haben aus… Wozu  verdammt nochmal?!“

,, Er hat es euch nicht verraten richtig ?“  Ein Anflug von Spott trat in die Stimme des Kanzlers. ,, Sterling hat euch nichts erzählt  oder?

,, Was hat er mir nicht erzählt ?“

,, Evs, die sich reproduzieren können. Sterling muss das doch Wissen?“

,, Sie erzählen mir nichts neues.“ , entgegnete Falk. ,, Das ist doch kein Grund… „  Falk stockte. Nein.  Oh Nein, das hatte Featherstone nicht getan. ,, So wahnsinnig können sie nicht sein.“ , flüsterte er.

,,Reproduktion von Evs.“Featherstone ließ die Worte wie eine Anklage klingen.  ,, Er hat normale Menschen auf lange Sicht zum Aussterben verurteilt.“

Falk schüttelte den Kopf. Irre. Was der Kanzler sagte war Wahnsinn in Reinform. Egal welche Bedenken man einbringen mochte, allein die Möglichkeit…

,, Und deshalb das alles also ? Wegen ihrer Angst vor einer Überzahl an Evs  haben sie diese  aus der Stadt verschleppt?“

,,Nur um diesen… Fehler zu korrigieren.  Es ist ganz einfach. Eine Injektion mehr nicht. Es wäre niemanden mehr geschehen.  Das Sterling dazu nicht das Herz hat, das können sie sich ja denken und durch seine Sturheit muss eben alles derart eskalieren.“

,, Sie sind natürlich nie schuld, nicht wahr ?“ Falk hob den Arm mit der Waffe wieder und richtete diese auf Featherstones Kopf. ,, Sie sind ein kranker, kranker Mensch.“

Draußen auf dem Flur hörte er eilige Schritte.

Vor ihm stand der Mann, der für ihn alles zerstört hatte. Rache… wäre s das was er wollte?  Die Antwort war Nein. Sie machte niemanden wieder lebendig.

,, Nur zu, tuen sie sich keinen Zwang an.“ Der Kanzler stand hinter seinem Schreibtisch auf. ,, Schießen sie.“

Falk ließ langsam die Pistole sinken.

,, Ich muss sie nicht töten Featherstone.“

Mit diesen Worten zog er die andere Hand endlich aus der Tasche und hielt seinen Tabletrechner hoch. Auf dem ein Saal mit dutzenden Menschen zu sehen war, die gebannt in Richtung einer für ihn und den Kanzler unsichtbaren Kamera sahen.

Der Stadtrat.

,, Ich schätze, sie haben alles gehört meine Herren ?“ , fragte Falk.

Einer der Versammelten, ein Mann mittleren Alters, trat vor. ,, Ich denke ich spreche für alle hier Kian, wenn ich sage, dass sie sich als Abgesetzt betrachten dürfen.“ Im nächsten Moment wurde die Tür zum Büro aufgestoßen und ein halbes Dutzend Polizeibeamter mit den Waffen im Anschlag kam hereingestürmt.

Falk blieb ganz ruhig.

,, Da“ Der Kanzler deutete auf ihn. ,, Verhaften sie diesen Mann.“ Einer der Männer trat auf Featherstone zu und drehte ihm ohne ein Wort den Arm auf den Rücken.

,, Nehmen sie ihre Hände weg.“ , protestierte er, ,, Ich bin der Stadtkanzler. Sie sollen ihre Hände…“

,, Kian Featherstone, sie sind verhaftet im Namen des Stadtrats und der Öffentlichen Ordnung von Vektor. Sie werden Angeklagt wegen Verstößen gegen mehrere Gesetze, die wissentliche Falschinformation  des Stadtrats, Anstiftung zum Mord, Erpressung….“

Falk sah lediglich zu, wie der Mann nach draußen geführt wurde. Damit hatte sich das erledigt. Nun blieb ihm nur eines.

,, Wenn sie mich entschuldigen würden.“ , erklärte er den verbliebenen Beamten und machte sich auf den Weg.

Die Männer ließen ihn unbehelligt durch.

Für den Sprengsatz gab es jetzt keine Verwendung mehr und wenn er sich beeilte könnte er ihn nach wie vor abschalten.

Der Stadtrat würde es sicher nicht gut auffassen wenn jetzt doch noch die gesamte Versorgung Vektors lahmgelegt wurde.

 

 

Es war vorbei. Diesmal anscheinend Wirklich. Featherstone wurde kurz vor ihm aus dem Gebäude geführt, nach wie vor fluchend.

Nur wirklich freuen konnte Falk  sich nicht darüber. Viel zu viel schien verloren. Und nach wie vor konnte er nicht verstehen, was den Kanzler soweit hatte treiben können. War es wirklich nur die bloße Angst gewesen?

Es wirkte für ihn einfach so Sinnlos, dass er es am liebsten nicht glauben wollte. Was blieb war das Gefühl nicht genug erreicht zu haben.

Falk beschleunigte seine Schritte ein wenig, aber nicht viel. Die Himmelsplattform war nach wie vor fast ausgestorben, während die Stadt unter ihm in der Tiefe langsam wieder zur Ruhe finden musste.

Die Sonne stand mittlerweile tief am Himmel und überflutete alles entweder mit Gold oder tauchte es in Schatten.

Die angestrahlten  Fassaden der Villen und Firmengebäude blendeten ihn Zusehens, während er ziellos oder auch manchmal in eine bestimmte Richtung durch die Straßen ging.

Es war vorbei, dachte er wieder während vor ihm ein Gitter auftauchte.

Ein Zaun umlief die komplette Plattform, so dass niemand zu nah an den Rand treten konnte.

Allerdings nur, sofern es niemand wirklich darauf anlegte. Für Falk hingegen war es kein Problem auf die andere Seite zu gelangen, wo die Bepflanzte Oberfläche in eine Stahlplatte überging, die gut zwanzig Meter ins leere ragte. Unter ihm strömten Fahrzeuge in alle Richtungen in und aus der Stadt, während die Sonne langsam endgültig am Horizont versank und einige letzten Strahlen tauchten den spiegelnden Stahl in Gold und Rottöne.

Für wie viele würde das Leben einfach weitergehen wie gewohnt?

Für die meisten schätzte Falk.

Auf eine Art war es richtig, dass dem so war. Die kleinen und großen Veränderungen ließen die meisten Menschen in ihrem Innern unberührt. Sie blieben alle gleich. Eben wer sie waren.

Einen Augenblick beneidete er sie fast darum. Es war eine kurze Reise bis hierhin gewesen. Kurz , verwirrend und brutal.

Aber hätte er das vermissen wollen?

Einige Zeit saß er stumm an der Kante. Dann zog er langsam die Pistole und hielt das schwarze Metall noch kurz in der Hand. Dann schleuderte er es im weiten Bogen davon.

Funkelnd verschwand das Objekt in der Tiefe und landete irgendwo in dem tobenden Asphaltmeer Vektors.

Es gab immer noch einen nächsten Tag. Und was er nun bringen würde, Falk wollte ihn erleben.

Er stand auf klopfte sich den Staub von der Kleidung und machte sich auf dem Weg zurück über den Zaun.

Diesmal wusste er wohin. Future Dynamics . Sterling würde wissen wollen, was geschehen war. Auch wenn Falk davon ausging, das er es längst erfahren hatte.

 

 

 

Part 27 Ein letzter Schritt

 

What is he value oft he common man?

Nothing without something left to behold

So I have found

Something lost again

So because they have no regret I send them down from their heaven

Put it to the ground

Left in the rain

Lets find a better way

 

 

 

 

,,Wo ist Sterling?“ 

Falk war seit einer guten halben Stunde wieder am Firmensitz von Future Dynamics, bisher aber hatte er den Doktor nirgends finden können. Die meisten Leute waren entweder damit beschäftigt, die beschädigten Gebäude zu räumen oder die Glasscherben zusammenzufegen, die sich mittlerweile zu einem richtigen Berg auftürmten.

,, Er ist nicht hier.“ , erwiderte jemand.

,, Wie bitte ?“

,, Wie ich gesagt habe : Er ist nicht hier. Der Doktor ist vor einer guten Stunde verschwunden. Keine Ahnung wohin.“

Falk wusste nicht, ob ihm das gefiel. Aber er würde schon wieder auftauchen, überlegte er. Irgendwann in jedem Fall und so schnell wie sich die Nachricht von Featherstones Verhaftung sich durch die ganze Stadt verbreitete wusste er sicher längst Bescheid.

Falk selbst hielt sich lieber im Hintergrund. Ab und an konnte er seinen Namen in Verbindung mit den Ereignissen hören, aber zum Glück wussten die wenigsten wer er war.

Und wenn es nach ihm ginge blieb das auch so.

Langsam ging er auf den Eingang des Gebäudes zu. Bis auf die Tatsache, dass fast sämtliches Glas an der Außenfassade zersprungen war, sah alles ziemlich in Takt aus. Sobald das Chaos in der Stadt sich etwas gelegt hatte würde es sicher kein Problem darstellen, diese zu ersetzen. Was aber ansonsten jetzt aus Vektor werden würde…

Er wusste es nicht.

Grade als er die Tür passiert hatte sprang von irgendwo her ein Lautsprecher mit einem knisternden Ton an. Vielleicht überprüfte jemand, ob die Anlage noch funktionierte?

Falk wusste sofort, das er falsch lag, als es Sterlings Stimme war, die scheinbar aus dem nichts sprach.

,, Alle mal herhören und ich Speicher das hier, damit es sich jeder nochmal anhören kann falls nötig : Wenn ich das hier nicht überstehe dann will ich, das Leah hier den Laden schmeißt. Sie sollte in meinem Büro sein. Und, eine Warnung, sie ist sicher sauer, verdammt ich kann’s verstehen. Und verschwinden sie aus Vektor. Alle.“

 

Er erstarrte praktisch in der Bewegung. Das war doch vollkommen unmöglich… und wenn nicht was zur Hölle hatte das grade zu bedeuten?

Entweder war Sterling verrückt geworden… oder so unglaublich es für ihn klang, so unmöglich es gleichzeitig schien und so gern er es glaubte…

Leah lebte. Und was das wieder bedeutete, wieso Sterling gelogen hatte…

Falk kam sich einen Moment schlicht vor den Kopf gestoßen vor. Vor einer Sekunde hatte er Gedacht alles wäre vorbei. Jetzt aber schien es als finge alles noch einmal an.

Endlich löste sich die Erstarrung von ihm und er rannte los, an einem Mann vorbei, der einen Stapel Akten nach draußen  trug und ihm grade noch ausweichen konnte.

Déjà-vu .

Schnell hatte er den Fahrstuhl erreicht, der ihn nach oben in das Büro des Doktors bringen würde.

Sobald die Kabine wieder anhielt sprang er nach draußen auf den kurzen Holzgetäfelten Gang.

Falk kam schlitternd vor der Tür zum Büro stehen und rüttelte kurz am Griff. Verschlossen…

Warum sollte sich Sterling die Mühe machen in all dem Chaos die Tür abzuschließen noch dazu wenn…

,, Hallo ?“ Die vertraute Stimme, eine Stimme, die er nicht mehr erwartet hatte zu hören drang dumpf durch das Holz. ,, Isaac wenn sie das sind bringe ich sie höchstpersönlich um.“

,, Leah ?“

,, Falk ? Du lebst noch?“

,, Ich wollte dich grade das selbe Fragen.“ , erwiderte er halb lachend halb wahnsinnig, das ihm die Tür im Weg war.

,, Du kannst nicht zufällig die Tür öffnen ?“

Er verfluchte sich, dass er die Pistole weggeworfen hatte.

Was war hier los? Falk wusste es nicht, nur das er diese Tür aufbekommen musste.

,, Kann ich. Vermutlich…“ Aber das würde wehtun wenn es schief ging. ,, Tritt lieber ein Stück zurück.“

Er nahm kurz Anlauf und hoffte,  dass es reichte. Das Holz war stabil, aber die Angeln im besten Fall eben nicht.

Der erste Schlag brachte den gewünschten Erfolg, die Tür selbst hielt, aber die dünnen Metallbolzen, die diese in der Wand verankerten nicht. Das ganze Konstrukt bog sich nach innen, so dass es unter einem weiteren gezielten Tritt schließlich endgültig nachgab.

Einen Augenblick war Falk unfähig sich zu rühren oder auch nur zu sprechen.

Vor ihm stand, selbst wenn er immer noch unfähig war es zu begreifen, Leah in Fleisch und Blut. Und offenbar bei bester Gesundheit.

,, Wie ?“

Offenbar brauchte sie genauso lange um die Situation zu verarbeiten.

,, Wie was ?“

,, Ich dachte du bist tot.“ Er spürte, dass seine Beine kurz drohten nachzugeben, weshalb er einige Schritte auf sie zu stolperte.

Im nächsten Moment war es ihm einfach egal und er zog sie an sich. Einen Augenblick standen sie so unbeweglich da, dann jedoch zwang Falk sich sie loszulassen und einen Schritt zurück zu treten.

,, Ich dachte du bist tot.“ , wiederholte er leise.

,, Hat Isaac dir das erzählt ? Wo ist er? Falk, bitte sag mir, das er noch hier ist.“

,, Der Doktor ist weg, ich verstehe nicht…“

,, Falk, Isaac hat vor die gesamte Himmelsplattform zu zerstören.“

,, Was ? Wieso sollte er…“ Falk schüttelte verwirrt den Kopf. ,, Wir haben gewonnen, Featherstone ist am Ende…“

,, Er… ich habe seine Pläne gefunden. Er hat Sprengstoff an den Trägerbauten angebracht… oder will ihn dort anbringen. Wenn auch nur eines der Stützgebäude wegbricht fällt alles in sich zusammen.“

Deshalb hatte Falk die Rechenzentren zerstören sollen… Der Doktor wollte unbehelligt arbeiten können und desto größer das Chaos wäre, desto besser. Deshalb die Anweisung, dass seine Leute aus der Stadt verschwinden sollten…

,, Wo will er hin ?“

,, Ein Gebäude außerhalb der Kernstadt. Ich komme mi…“

Falk schüttelte den Kopf. ,, Nein, du schaffst alle von der Plattform.“

,, Und du glaubst ich höre auf dich ?“

,, Ich bitte dich darum.“

Einige Momente des Schweigens waren die Antwort. Schließlich nickte sie.

,, Gut, ich gehe Sterling suchen. Was immer er vorhat, ich werde sicher nicht zulassen, dass er jemandem Schadet. “

 

 

 

Es war nicht schwer gewesen, das Gebäude zu finden, das Sterling in seinen Plänen erwähnte. Falk fragte sich lediglich insgeheim, wie lange der Doktor beabsichtigt hatte, diese Pläne auch in die Tat umzusetzen.

Es konnte nicht lange sein. Zumindest wollte er das nicht glauben, während er Stufen um Stufen herauf hastete, immer mit der Gewissheit im Hinterkopf, das er keine Ahnung hatte, wie viel Zeit ihm blieb.

Schließlich trat er über eine Tür auf das Dach hinaus, eine große Betonplatte mit viereckigem Grundriss, die von einer niedrigen Mauer umlaufen wurde.

Und dort stand Sterling, fast am Rand des Abgrunds und sah in Richtung Vektor zurück, wo die Himmelsplattform in der Nacht wie ein zweites Sternenzelt in der Luft schimmerte.

Und darunter, das zweite Lichtermeer der eigentlichen Stadt.

,,Ich frage nicht, wie sie mich gefunden haben. Eigentlich hatte ich sogar darauf gehofft.“

,, Sie scheinen das ja alles detailliert geplant zu haben.“ , erwiderte Falk und trat auf ihn zu.

In einer Hand hielt  Sterling eine Pistole, die er auf Falk richtete, sobald er ihm zu nahe kam.

,, Es macht keinen Unterschied oder ?“

,, Sterling, es ist vorbei. Featherstone ist am Ende, der Stadtrat hat die Kontrolle und wird seine Verordnungen zurückziehen.“

,,Und wie lange hält das an ?“ , erwiderte der Doktor ruhig. ,,Ich wollte immer nur das Beste für alle. Aber diese Gesellschaft wollte ich niemals. Ich korrigiere heute lediglich einen Fehler.

Du siehst es doch. Ein kleiner Schubs und alles verfällt. Schon sind sie bereit, dich dafür zu töten, was du bist.“

Er zog einen kleinen Gegenstand aus der Tasche und warf ihn Falk zu. Der Zünder…

,, Es ist deine Entscheidung Falk, aktiviere die Sprengsätze und ihr seid frei. Mit Vektor…. Geht es so oder so zu Ende.“

,,Und Millionen werden sterben“

,, Aber ICH habe ihnen den Zünder gegeben nicht wahr ? ich bin der Mörder, sie… nur ein Werkzeug. Das Blut das muss ich tragen.  Ist das nicht ihre Philosophie, der Mann der die Waffe aushändigt trägt die Schuld?“

,, Sie woher… Sie haben mich überwacht !“ , erwiderte Falk ungläubig, während er immer wieder zwischen dem Doktor und dem Zünder hin und her sah.

,, Über ihr Tablet. Sie Falk müssen grade nur eines entscheiden, vollkommen frei… Wollen sie diese Millionen auch Leben lassen? Haben sie es verdient? Sie haben es gesehen. Kinder, Familien, ganze Straßen entvölkert um der Angst eines Mannes zu dienen.

Lassen sie mich Prophet sein. Vektor starb bereits vor sehr langer Zeit. Wir  töten nur noch die Hülle.

Das ist der Preis, den ich gezahlt habe, weil ich dachte die Menschen könnten sich einmal ändern.“

Falk schüttelte entschieden den Kopf. ,,Das ist nicht wofür ich kämpfe. Wenn die Menschen sich nicht bessern können, dann sei dem so. Aber ich werde das erst akzeptieren wenn ich keine Wahl mehr habe.“

Mit diesen Worten holte er aus und schleuderte den Zünder mit einem Wurf vom Dach.

,,Enttäuschend…“ Sterling richtete die Waffe auf ihn und drückte ab. Die Kugel durchschlug Falks Bein , das ihn daraufhin nicht mehr trug und unter ihm wegknickte.

Er stürzte zu Boden, während er entsetzt mit ansehen musste, wie der Doktor einen zweiten Zünder aus der Tasche holte.

Ohne, dass er ihn aufhalten könnte…

,,Dies Stadt wird sich nicht ändern Falk. Fehler muss man ausmerzen, koste es was es wolle.“

,, Das, sind die Worte eines Featherstone, nicht eines Sterling. Diese Stadt kann sich wahrhaft ncith ändern. Nicht, wenn der einzige Mann der sie dazu bringen könnte einen Massenmord verübt. Ich habe es gesehen Sterling. Ich habe gesehen dass diese Leute anders sein können und  sie Doktor,  sind besser als das.“

Er versuchte sich wieder aufzurichten und schaffte es auch irgendwie wieder auf die Füße

,,Sie werden jetzt gebraucht, mehr denn je. Sehen sie auf diese Stadt, noch gibt es eine Zukunft. Aber sie wollen das zerstören, weil sie es nicht wahrhaben möchten.“

Sterling sah einen Augenblick erneut hinaus über die Dächer.

,, Ich konnte Leah  nicht töten. Ich konnte sie eben nicht töten Falk. So wie ich es jetzt nicht kann…“ Er ließ den Zünder fallen. ,, Vergeben sie mir.“

Falk atmete lediglich erleichtert auf.

Diesmal… diesmal schien es vorbei zu sein.

 

Epilog

 

Now it seems

The fires have burned down

There’s only one Question left to ask.

Let’s let them know…

Was it worth it all?

 

 

 

 

 

Ein Monat später humpelte Falk ins Foyer des Light-Towers. Und er war nicht der einzige. Die gesamte Halle war wieder einmal bis auf den letzten Platz ausgefüllt. Doch diesmal waren es nicht länger nur Menschen. Wohin er sah entdeckte er auch Evs, die sich teilweise ganz nach vorne gedrängt hatten, wo der Stadtrat sich auf einer Tribüne versammelt hatte.

Isaac Sterling trat aus den Reihen der versammelten hervor.

Falk musterte ihn nun mit Bedenken. Es hatte ihn Überwindung gekostet, dem Doktor noch einmal zu vertrauen. Aber nun… nun musste sich bestätigen, ob er damit recht gehabt hatte.

 Featherstone war weniger als eine Woche nach seiner Festnahme wegen Amtsmissbrauch und weiterer Verbrechen verurteilt worden und er bezweifelte, dass der Mann noch einmal das Tageslicht sehen würde. Nicht wenn  es nach dem Stadtrat ging, den so getäuscht sie auch gewesen waren… auf gewisse Weise war es auch ihre Schuld gewesen.

 ,, Und,  was glaubst du ?“ , fragte Leah die zu Falk trat, dem einige respektvoll Platz machten. Er hatte versucht, seinen Namen und sein Gesicht aus den Berichten über die Vorkommnisse der letzten Zeit und die Festnahme des Kanzlers heraus zu halten. Ganz gelungen war es ihm letztlich nicht.

,, Ich glaube, vielleicht könnte jetzt alles gut werden.“ , entgegnete er und gab ihr einen Kuss.

Alle Augen ruhten jetzt ohnehin auf Sterling, der  sich zu den versammelten Menschen und Evs umdrehte.

Der Stadtrat hatte nicht lange gebraucht um einen passenden Kandidaten für die Stelle des Kanzlers zu finden und die Wahlen, die nun unter Einbezug der Evs stattgefunden hatten waren eindeutig gewesen. Auch wenn zumindest Falk sein Kreuz mit gemischten Gefühlen gemacht hatte.

Der Doktor jedoch sah in die Menge direkt in seine Richtung und nickte lediglich langsam, dann begann er zu sprechen:

,,Menschen. Menschen sind anpassungsfähig. Sie können lernen, ihre Fehler erkennen und ausbessern. Aber sie können auch ihre Fehler anpassen. Zu ihren Herrschern machen. Vorurteile und Unsicherheit sind ihre größten Feinde. Aber was immer auch kommen mag. Wir sind immer in der Lage den Weg zu wählen, der uns entspricht. Keiner kann dafür sorgen, dass wir einem Pfad folgen der nicht der unsere ist. Erst wenn wir es zulassen. Und mit Zeit, mit der Zeit können wir wirklich großes Tun. Es wird dauern. Jahrtausende an Wut und Hass überwindet man nicht so einfach. Aber es wird geschehen. Es wird sogar geschehen müssen. Denn wenn wir nicht einmal miteinander leben können, wie können wir dann überhaupt leben?“

Die Zeit würde die Antwort liefern müssen.

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.08.2014

Alle Rechte vorbehalten

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